Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 4 An 277/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 RA 10/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 R 31/07 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Die Revision d.Kl. mit Urteil zurückgewiesen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28. Mai 1998 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höhere Altersrente; streitig ist, welche Fassung des 6. Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB VI) anzuwenden ist.
Der am 00.00.1931 geborene Kläger beantragte im September 1996 die Gewährung einer Regelaltersrente ab vollendetem 65. Lebensjahr. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 20.01.1997 diese Leistung in Höhe von 799,60 DM ab dem 01.01.1997. Der Rentenberechnung legte sie das SGB VI in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) vom 25.09.1996 zugrunde. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15.07.1997).
Mit der am 14.08.1997 beim Sozialgericht Dortmund erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat geltend gemacht: Nach einer Rentenauskunft vom September 1996 hätte seine Rente 884,30 DM monatlich betragen sollen. Für seine Rente dürfe nicht das WFG zur Anwendung kommen, denn er habe bereits im Dezember 1996 das 65. Lebensjahr vollendet und damit die Rentenanwartschaft erfüllt gehabt. Selbst wenn die Berechnung den gesetzlichen Bestimmungen entspräche, seien nach seiner Ansicht Anpassungszeiten in keiner Weise berücksichtigt worden. Zudem sehe er eine Ungleichbehandlung in der Rentenbemessung bei gleichem Versicherungsverlauf und nur geringfügigen Altersunterschied.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 06.03.1998 die Altersrente des Klägers unter Berücksichtigung eines Zuschusses zur Krankenversicherung neu berechnet. Sie hat im übrigen ihre Bescheide für rechtmäßig gehalten und darauf hingewiesen, daß die im September 1996 erteilte Rentenauskunft nicht rechtsverbindlich gewesen sei.
Durch Urteil vom 28. Mai 1998 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Rente des Klägers sei zutreffend berechnet worden. Aus der Rentenauskunft vom September 1996 könne er keinen Anspruch auf eine höhere Rente herleiten, weil die Rentenauskunft kein Verwaltungsakt und nicht rechtsverbindlich sei (§ 109 Abs. 4 SGB VI).
Zu Recht habe die Beklagte auch die ab 01.01.1997 geltende Fassung des SGB VI ihrer Berechnung zugrundegelegt. Dies folge aus den §§ 300 Abs. 1 und 2, 306, 99 SGB VI. Danach habe der Kläger bis zum Inkrafttreten des WFG nämlich keinen Anspruch auf Zahlung einer Altersrente gehabt. Eine solche Rente sei erst von dem Kalendermonat an zu leisten, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind. Zu Beginn des Monats Dezember 1996, das bedeute, 01.12.1996, 0.00 Uhr, habe er das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt und es seien deshalb die Anspruchsvoraussetzungen noch nicht erfüllt gewesen. Ein Anspruch auf Zahlung einer Rente habe ihm daher erst mit Beginn des Folgemonats, des Monats Januar 1997 zugestanden.
Die damit anzuwendende Regelung des SGB VI in der ab 01.01.1997 geltenden Fassung des WFG verstoße nicht gegen die Verfassung. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) sei nicht verletzt. Die Änderung der Bewertung der ersten 48 Kalendermonate habe nur die Bewertung betroffen, die über die Anrechnung der geleisteten Beiträge hinausgegangen sei. Mit der Neuregelung habe der Gesetzgeber sich im Rahmen seines Rechts, Inhalt und Schranken des Eigentumsrechts zu bestimmen, bewegt. Mit dem WFG habe eine Sicherung des Rentenversicherungssystems durch notwendig gewordene Anpassung an veränderte demographische Werte gewährleistet werden sollen. Insbesondere das frühe Austreten aus dem Erwerbsleben, die steigende Lebenserwartung und die dadurch bedingt längere Rentenlaufzeit auf der einen Seite und die sinkende Geburtenhäufigkeit auf der anderen Seite hätten die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung gefährdet. Es habe daher im öffentlichen Interesse gelegen, die Struktur der gesetzlichen Rentenversicherung, auch durch Stärkung der Beitragsbezogenheit, sicherzustellen. Die Regelungen des WFG seien auch geeignet, zu einer Konsolidierung der angespannten Finanzlage der Rentenversicherung und damit der Sicherung der wirtschaftlichen Grundlage des Sozialstaates beizutragen. Die prognostizierten Einspareffekte durch die Regelung des WFG insgesamt seien nicht unerheblich. Diese Ziele seien nicht auf weniger einschneidende Weise ebenso erreichbar gewesen. Die vom Kläger beanstandete Veränderung der Bewertung der ersten Jahre seien somit im öffentlichen Interesse erlassen worden. Für den einzelnen Versicherten seien die damit verbundenen Eingriffe weder unzumutbar noch außer Verhältnis. Grundsätzlich seien zwar bei schwerwiegenden Eingriffen in eigentumsgeschützte Rechtspositionen schonende Übergangsregelungen vorzusehen. Hier jedoch sei kein besonders schutzwürdiges Vertrauen in die uneingeschränkte Fortgeltung des bisherigen Rechts zu erkennen gewesen. Eine Übergangsvorschrift hätte umfangreiche Ausweitungen ausgelöst, die dem Gesetzeszweck der möglichst umgehenden Konsolidierung der Finanzen der Rentenversicherung im Wege gestanden hätten.
Auch Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt. Härten, die mit Stichtagsregelungen verbunden sind, müßten dann hingenommen werden, wenn die Einführung eines Stichtages notwendig ist und die Wahl des Zeitpunktes, orientiert am gegebenen Sachverhalt vertretbar ist. Eine gleichheitsrechtswidrige, willkürliche Wahl des Zeitpunkts sei hier aber nicht ersichtlich.
Gegen das am 21.07.1998 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.08.1998 Berufung eingelegt. Die Anspruchsvoraussetzungen seien nach Angaben der Beklagten im Rentenbescheid zum 01.12.1996 erfüllt und der Beginn der Rente gemäß § 99 SGB VI angezeigt. Wenn zum Beginn eines Monats auch nur der erste Tag (01.12.1996) gezählt werde, so sei anzumerken, daß im Gegensatz zur Urteilsbegründung sehr wohl um 0.00 Uhr das 65. Lebensjahr beendet gewesen und mit 0.01 Uhr das 66. Lebensjahr begonnen habe. Dies sei nicht nur eine philosophische Erkenntnis, sondern eine exakte mathematische Notwendigkeit. Mit dieser Erkenntnis müsse die gesamte Urteilsbegründung hinfällig werden. Außerdem müsse auch in der Sozialgesetzgebung seinen Niederschlag finden, was nach § 103 Abs. 3 GG einem Angeklagten zugestanden werde.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28.05.1998 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 20.01.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.07.1997 und des Bescheides vom 06.03.1998 zu verurteilen, seine Rente neu zu berechnen unter Zugrundelegung des bis zum 31.12.1996 geltenden Rechts.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Vehandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Altersrente.
Ein höherer Rentenanspruch ergibt sich nicht aus der Rentenauskunft vom September 1996, weil es sich hierbei nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nicht um eine verbindliche Bestimmung der Rentenhöhe handelt. Rentenauskünfte sind vielmehr nicht rechtsverbindlich (§ 109 Abs. 4 SGB VI).
Die Beklagte hat der Berechnung der Rente des Klägers zutreffend die ab 01.01.1997 geltende Fassung des SGB VI zugrundegelegt, denn diese war gem. §§ 300 Abs. 1, 99 SGB VI bei einem frühestmöglichen Rentenbeginn am 01.01.1997 anzuwenden.
Der Kläger hatte, wie das Sozialgericht richtig dargelegt hat, zu Beginn des Monats Dezember 1996 nämlich noch nicht alle Voraussetzungen des Anspruchs auf Altersrente erfüllt gehabt. Der Kläger hat nämlich nicht am 01.12.1996, 0.00 Uhr, das 65. Lebensjahr vollendet gehabt, sondern erst 24 Stunden später, mithin nicht zu Beginn des Monats Dezember.
Die Anwendung der ab 01.01.1997 geltenden Fassung des SGB VI führt zwar zur Minderung der Anwartschaft des Klägers, verletzt ihn aber nicht in seinen Grundrechten.
Nach der alten Fassung des SGB VI richtete sich die Bewertung der ersten Berufsjahre nach § 70 Abs. 3 SGB VI. Nach Satz 1 dieser Vorschrift wurde jeder Kalendermonat mit Pflichtbeitragszeiten für eine Berufsausbildung mindestens mit 0,075 Entgeltpunkten (EP) bewertet. Die ersten 48 Kalendermonate bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, die mit Pflichtbeiträgen aufgrund versicherter Beschäftigung oder versicherter selbständiger Tätigkeit belegt waren, galten zudem nach § 70 Abs. 3 Satz 2 SGB VI als Pflichtbeitragszeiten für eine Berufsausbildung. Auch waren auf die ersten 48 Kalendermonate auch Anrechnungszeiten wegen einer Lehre anzurechnen (§ 70 Abs. 3 Satz 3 SGB VI). Diese Regelung führte zu einer höheren Bewertung der ersten 48 Kalendermonate und damit zur Steigerung des Wertes der Rentenanwartschaft gegenüber einer Regelung, die allein die tatsächlich entrichteten Beiträge berücksichtigt, denn die während einer Berufsausbildung entrichteten Beiträge liegen regelmäßig weit unter dem Durchschnittsverdienst.
Durch das WFG wurde diese Regelung gestrichen. Nunmehr gelten noch die ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für die Zeit einer versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres als Zeit einer beruflichen Ausbildung. Diese Zeiten beruflicher Ausbildung sind inzwischen auch Anrechnungszeiten und gehen in die Rentenberechnung als beitragsgeminderte Zeiten ein. Der Bewertungszeitraum wird dadurch nicht nur erheblich verkürzt, sondern auch nicht mehr mit mindestens 90 % des allgemeinen Durchschnittsverdienstes (dem entspricht 0,075 EP) bewertet. Soweit es sich um Anrechnungszeiten handelt, wird nunmehr die Gesamtleistungsbewertung auch für Zeiten beruflicher Ausbildung nach einem bestimmten, sich aus der Übergangsregelung des § 263 Abs. 3 SGB VI ergebenden Prozentsatzes zwischen 91 und 75 % des individuellen Durchschnittsverdienstes bestimmt (beim Kläger waren es noch 91 %).
Die den Kläger betreffende Gesetzesänderung stellt eine Einschränkung bzw. Rücknahme einer gesetzlichen Vergünstigung dar, denn die Höherbewertung nach altem Recht führte zu Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die weit über das der tatsächlichen Beitragsleistung für diese Zeiten Entsprechende hinausgingen. Diese Rückführung in Richtung einer Beitragsäquivalenz verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Sie ist erforderlich, geeignet und nicht unverhältnismäßig. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die überzeugende Ausführung des Sozialgericht im angefochtenen Urteil.
Weil der Rentenberechnung die richtige Gesetzesfassung zugrundegelegt worden ist und sie auch im übrigen Fehler nicht erkennen läßt, mußte die Berufung ohne Erfolg bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil zur Verfassungsmäßigkeit der hier anzuwendenden Vorschriften des WFG noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höhere Altersrente; streitig ist, welche Fassung des 6. Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB VI) anzuwenden ist.
Der am 00.00.1931 geborene Kläger beantragte im September 1996 die Gewährung einer Regelaltersrente ab vollendetem 65. Lebensjahr. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 20.01.1997 diese Leistung in Höhe von 799,60 DM ab dem 01.01.1997. Der Rentenberechnung legte sie das SGB VI in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) vom 25.09.1996 zugrunde. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15.07.1997).
Mit der am 14.08.1997 beim Sozialgericht Dortmund erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat geltend gemacht: Nach einer Rentenauskunft vom September 1996 hätte seine Rente 884,30 DM monatlich betragen sollen. Für seine Rente dürfe nicht das WFG zur Anwendung kommen, denn er habe bereits im Dezember 1996 das 65. Lebensjahr vollendet und damit die Rentenanwartschaft erfüllt gehabt. Selbst wenn die Berechnung den gesetzlichen Bestimmungen entspräche, seien nach seiner Ansicht Anpassungszeiten in keiner Weise berücksichtigt worden. Zudem sehe er eine Ungleichbehandlung in der Rentenbemessung bei gleichem Versicherungsverlauf und nur geringfügigen Altersunterschied.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 06.03.1998 die Altersrente des Klägers unter Berücksichtigung eines Zuschusses zur Krankenversicherung neu berechnet. Sie hat im übrigen ihre Bescheide für rechtmäßig gehalten und darauf hingewiesen, daß die im September 1996 erteilte Rentenauskunft nicht rechtsverbindlich gewesen sei.
Durch Urteil vom 28. Mai 1998 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Rente des Klägers sei zutreffend berechnet worden. Aus der Rentenauskunft vom September 1996 könne er keinen Anspruch auf eine höhere Rente herleiten, weil die Rentenauskunft kein Verwaltungsakt und nicht rechtsverbindlich sei (§ 109 Abs. 4 SGB VI).
Zu Recht habe die Beklagte auch die ab 01.01.1997 geltende Fassung des SGB VI ihrer Berechnung zugrundegelegt. Dies folge aus den §§ 300 Abs. 1 und 2, 306, 99 SGB VI. Danach habe der Kläger bis zum Inkrafttreten des WFG nämlich keinen Anspruch auf Zahlung einer Altersrente gehabt. Eine solche Rente sei erst von dem Kalendermonat an zu leisten, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind. Zu Beginn des Monats Dezember 1996, das bedeute, 01.12.1996, 0.00 Uhr, habe er das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt und es seien deshalb die Anspruchsvoraussetzungen noch nicht erfüllt gewesen. Ein Anspruch auf Zahlung einer Rente habe ihm daher erst mit Beginn des Folgemonats, des Monats Januar 1997 zugestanden.
Die damit anzuwendende Regelung des SGB VI in der ab 01.01.1997 geltenden Fassung des WFG verstoße nicht gegen die Verfassung. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) sei nicht verletzt. Die Änderung der Bewertung der ersten 48 Kalendermonate habe nur die Bewertung betroffen, die über die Anrechnung der geleisteten Beiträge hinausgegangen sei. Mit der Neuregelung habe der Gesetzgeber sich im Rahmen seines Rechts, Inhalt und Schranken des Eigentumsrechts zu bestimmen, bewegt. Mit dem WFG habe eine Sicherung des Rentenversicherungssystems durch notwendig gewordene Anpassung an veränderte demographische Werte gewährleistet werden sollen. Insbesondere das frühe Austreten aus dem Erwerbsleben, die steigende Lebenserwartung und die dadurch bedingt längere Rentenlaufzeit auf der einen Seite und die sinkende Geburtenhäufigkeit auf der anderen Seite hätten die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung gefährdet. Es habe daher im öffentlichen Interesse gelegen, die Struktur der gesetzlichen Rentenversicherung, auch durch Stärkung der Beitragsbezogenheit, sicherzustellen. Die Regelungen des WFG seien auch geeignet, zu einer Konsolidierung der angespannten Finanzlage der Rentenversicherung und damit der Sicherung der wirtschaftlichen Grundlage des Sozialstaates beizutragen. Die prognostizierten Einspareffekte durch die Regelung des WFG insgesamt seien nicht unerheblich. Diese Ziele seien nicht auf weniger einschneidende Weise ebenso erreichbar gewesen. Die vom Kläger beanstandete Veränderung der Bewertung der ersten Jahre seien somit im öffentlichen Interesse erlassen worden. Für den einzelnen Versicherten seien die damit verbundenen Eingriffe weder unzumutbar noch außer Verhältnis. Grundsätzlich seien zwar bei schwerwiegenden Eingriffen in eigentumsgeschützte Rechtspositionen schonende Übergangsregelungen vorzusehen. Hier jedoch sei kein besonders schutzwürdiges Vertrauen in die uneingeschränkte Fortgeltung des bisherigen Rechts zu erkennen gewesen. Eine Übergangsvorschrift hätte umfangreiche Ausweitungen ausgelöst, die dem Gesetzeszweck der möglichst umgehenden Konsolidierung der Finanzen der Rentenversicherung im Wege gestanden hätten.
Auch Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt. Härten, die mit Stichtagsregelungen verbunden sind, müßten dann hingenommen werden, wenn die Einführung eines Stichtages notwendig ist und die Wahl des Zeitpunktes, orientiert am gegebenen Sachverhalt vertretbar ist. Eine gleichheitsrechtswidrige, willkürliche Wahl des Zeitpunkts sei hier aber nicht ersichtlich.
Gegen das am 21.07.1998 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.08.1998 Berufung eingelegt. Die Anspruchsvoraussetzungen seien nach Angaben der Beklagten im Rentenbescheid zum 01.12.1996 erfüllt und der Beginn der Rente gemäß § 99 SGB VI angezeigt. Wenn zum Beginn eines Monats auch nur der erste Tag (01.12.1996) gezählt werde, so sei anzumerken, daß im Gegensatz zur Urteilsbegründung sehr wohl um 0.00 Uhr das 65. Lebensjahr beendet gewesen und mit 0.01 Uhr das 66. Lebensjahr begonnen habe. Dies sei nicht nur eine philosophische Erkenntnis, sondern eine exakte mathematische Notwendigkeit. Mit dieser Erkenntnis müsse die gesamte Urteilsbegründung hinfällig werden. Außerdem müsse auch in der Sozialgesetzgebung seinen Niederschlag finden, was nach § 103 Abs. 3 GG einem Angeklagten zugestanden werde.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28.05.1998 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 20.01.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.07.1997 und des Bescheides vom 06.03.1998 zu verurteilen, seine Rente neu zu berechnen unter Zugrundelegung des bis zum 31.12.1996 geltenden Rechts.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Vehandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Altersrente.
Ein höherer Rentenanspruch ergibt sich nicht aus der Rentenauskunft vom September 1996, weil es sich hierbei nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nicht um eine verbindliche Bestimmung der Rentenhöhe handelt. Rentenauskünfte sind vielmehr nicht rechtsverbindlich (§ 109 Abs. 4 SGB VI).
Die Beklagte hat der Berechnung der Rente des Klägers zutreffend die ab 01.01.1997 geltende Fassung des SGB VI zugrundegelegt, denn diese war gem. §§ 300 Abs. 1, 99 SGB VI bei einem frühestmöglichen Rentenbeginn am 01.01.1997 anzuwenden.
Der Kläger hatte, wie das Sozialgericht richtig dargelegt hat, zu Beginn des Monats Dezember 1996 nämlich noch nicht alle Voraussetzungen des Anspruchs auf Altersrente erfüllt gehabt. Der Kläger hat nämlich nicht am 01.12.1996, 0.00 Uhr, das 65. Lebensjahr vollendet gehabt, sondern erst 24 Stunden später, mithin nicht zu Beginn des Monats Dezember.
Die Anwendung der ab 01.01.1997 geltenden Fassung des SGB VI führt zwar zur Minderung der Anwartschaft des Klägers, verletzt ihn aber nicht in seinen Grundrechten.
Nach der alten Fassung des SGB VI richtete sich die Bewertung der ersten Berufsjahre nach § 70 Abs. 3 SGB VI. Nach Satz 1 dieser Vorschrift wurde jeder Kalendermonat mit Pflichtbeitragszeiten für eine Berufsausbildung mindestens mit 0,075 Entgeltpunkten (EP) bewertet. Die ersten 48 Kalendermonate bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, die mit Pflichtbeiträgen aufgrund versicherter Beschäftigung oder versicherter selbständiger Tätigkeit belegt waren, galten zudem nach § 70 Abs. 3 Satz 2 SGB VI als Pflichtbeitragszeiten für eine Berufsausbildung. Auch waren auf die ersten 48 Kalendermonate auch Anrechnungszeiten wegen einer Lehre anzurechnen (§ 70 Abs. 3 Satz 3 SGB VI). Diese Regelung führte zu einer höheren Bewertung der ersten 48 Kalendermonate und damit zur Steigerung des Wertes der Rentenanwartschaft gegenüber einer Regelung, die allein die tatsächlich entrichteten Beiträge berücksichtigt, denn die während einer Berufsausbildung entrichteten Beiträge liegen regelmäßig weit unter dem Durchschnittsverdienst.
Durch das WFG wurde diese Regelung gestrichen. Nunmehr gelten noch die ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für die Zeit einer versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres als Zeit einer beruflichen Ausbildung. Diese Zeiten beruflicher Ausbildung sind inzwischen auch Anrechnungszeiten und gehen in die Rentenberechnung als beitragsgeminderte Zeiten ein. Der Bewertungszeitraum wird dadurch nicht nur erheblich verkürzt, sondern auch nicht mehr mit mindestens 90 % des allgemeinen Durchschnittsverdienstes (dem entspricht 0,075 EP) bewertet. Soweit es sich um Anrechnungszeiten handelt, wird nunmehr die Gesamtleistungsbewertung auch für Zeiten beruflicher Ausbildung nach einem bestimmten, sich aus der Übergangsregelung des § 263 Abs. 3 SGB VI ergebenden Prozentsatzes zwischen 91 und 75 % des individuellen Durchschnittsverdienstes bestimmt (beim Kläger waren es noch 91 %).
Die den Kläger betreffende Gesetzesänderung stellt eine Einschränkung bzw. Rücknahme einer gesetzlichen Vergünstigung dar, denn die Höherbewertung nach altem Recht führte zu Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die weit über das der tatsächlichen Beitragsleistung für diese Zeiten Entsprechende hinausgingen. Diese Rückführung in Richtung einer Beitragsäquivalenz verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Sie ist erforderlich, geeignet und nicht unverhältnismäßig. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die überzeugende Ausführung des Sozialgericht im angefochtenen Urteil.
Weil der Rentenberechnung die richtige Gesetzesfassung zugrundegelegt worden ist und sie auch im übrigen Fehler nicht erkennen läßt, mußte die Berufung ohne Erfolg bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil zur Verfassungsmäßigkeit der hier anzuwendenden Vorschriften des WFG noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt.
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