Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 8 (11) RJ 133/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 RJ 153/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 07. August 2001 abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 09.07.1999 und des Widerspruchsbescheides vom 12.11.1999 verurteilt, bei dem Kläger Berufsunfähigkeit auf Dauer ab dem 13.04.2000 anzunehmen und ihm die entsprechendenLeistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Beklagte hat dem Kläger zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist nach dem im Berufungsverfahren eingeschränkten Antrag nur noch, ob der Kläger Anspruch auf Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit hat.
Der am 00.00.1953 geborene Kläger hat den Beruf des Starkstromelektrikers erlernt und war in seinem Beruf zuletzt von 1980 bis 1995 bei der T-Gesellschaft mbH in F beschäftigt. Nach der Arbeitgeberauskunft vom 18.11.1998 war er i.W. mit Gerätereparaturen, allgemeiner Elektroinstallation, Batterieprüfung sowie Mess- und Regeltechnik beschäftigt. Die Entlohnung erfolgte nach Lohngruppe 7 des Tarifvertrages der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie NRW. In diese Lohngruppe sind Arbeiten eingestuft, deren Ausführung ein Können voraussetzt, das durch eine entsprechende ordnungsgemäße Berufslehre erreicht wird (Facharbeiten). Seit März 1995 ist der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos. Durch Bescheid des Versorgungsamtes Gelsenkirchen vom 06.03.1996 ist er als Schwerbehinderter mit einem GdB von 90 anerkannt.
Am 07.07.1998 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. Die Beklagte zog einen Befundbericht des Praktischen Arztes C, H, vom 21.07.1998 bei und veranlasste eine Untersuchung des Klägers durch den Facharzt für Allgemeinmedizin/ Sozialmedizin E von ihrer Begutachtungsstelle in H. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 03.09.1998 folgende Diagnosen: Wiederkehrende Oberbauchbeschwerden bei Zustand nach Magenoperation März 1995 wegen Tumor (Zustand nach Gastrektomie wegen ulcerierendem Adeno-CA des Magens mit Splenektomie 3/95); wiederkehrende HWS- und LWS-Beschwerden, derzeit ohne Funktionsstörung; wiederkehrende Schulter-Arm-Beschwerden links, derzeit ohne Funktionsstörung; reduzierter Allgemeinzustand; Untergewicht sowie Nikotinkonsum. Abschließend führte dieser Arzt in seinem Gutachten aus, der Kläger sei fähig, leichteste Arbeiten regelmäßig und halbschichtig unter Beachtung gewisser Einschränkungen auszuüben. Mit einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit auf vollschichtig könne bei guter Rehabilitation gerechnet werden. Die Beklagte gewährte dem Kläger daraufhin im Mai 1999 ein Rehabilitationsverfahren in der Klinik S in C1E1. Nach dem Entlassungsbericht dieser Klinik vom 09.06.1999 waren dem Kläger damals wieder leichte körperliche Tätigkeiten zumutbar. Mit Bescheid vom 09.07.1999 lehnte die Beklagte gestützt auf diese medizinische Beurteilung den Rentenantrag mit der Begründung ab, der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig, da er mit seinem Leistungsvermögen noch auf die Tätigkeit eines Kundenberaters für Elektroinstallation verweisbar sei.
Zur Begründung des dagegen am 06.08.1999 erhobenen Widerspruchs trug der Kläger u.a. vor, er habe an einem bösartigen Magentumor gelitten, wobei ihm der gesamte Magen entfernt worden sei. Er leide unter ständigen Schmerzen und könne sich auf Grund der durchgeführten Operation nicht ordnungsgemäß ernähren, sondern müsse mehrfach täglich kleinere Mahlzeiten zu sich nehmen. Er sei 1,73 m groß und verfüge über ein Körpergewicht von 52 kg. Auf Grund dieser Umstände sei er nicht in der Lage, irgendeine vollschichtige berufliche Tätigkeit auszuüben.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes E vom 24.08.1999 ein, der empfahl, der Leistungsbeurteilung in dem Reha-Entlassungsbericht zu folgen. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.1999 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten daraufhin den Widerspruch zurück. Auf die Begründung des Widerspruchsbescheides wird verwiesen.
Zur Begründung der am 10.12.1999 erhobenen Klage hat der Kläger ergänzend u.a. vorgetragen, ein unternommener Arbeitsversuch sei daran gescheitert, dass er körperlich seine Arbeit nicht mehr habe ausüben können. Schon bei kleinsten Anstrengungen habe er sich erbrechen müssen und unter ganz erheblichen Schmerzen gelitten.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 09.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm Erwerbs- hilfsweise Berufsunfähigkeit ab dem 07.07.1998 anzunehmen und Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre angefochtenen Bescheide weiterhin für rechtmäßig gehalten.
Das Sozialgericht hat zunächst einen Befundbericht von dem praktischen Arzt C, H, vom 31.01.2000 beigezogen, dem verschiedene ärztliche Unterlagen beigefügt waren. Sodann hat das Sozialgericht weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines internistisch onkologischen Gutachtens von dem Leitenden Arzt des Marienhospitals - Universitätsklinik der Ruhr-Universität C2 - in I Prof. Dr. W vom 26.06.2000. Dieser hat folgende Diagnosen gestellt: Zustand nach operativer Entfernung eines Magenkarzinoms (3/95) mit totaler Gastrektomie, Splenektomie, Cholecystektomie, Lymphadenektomie, ohne Hinweis für ein Tumorrezidiv; Untergewichtigkeit entsprechend der Normaleinteilung, ohne Hinweis für eine Mangelernährung oder Mangelerscheinung; rezidivierende HWS-/ LWS-Beschwerden, zur Zeit ohne funktionelle Bedeutung; rezidivierende Schulter-Arm-Beschwerden links, zur Zeit ohne funktionelle Bedeutung; fortgesetzter Nikotingenuss; unklarer Bewusstseinsverlust ohne fokale neurologische Symptomatik sowie arterielle Grenzwerthypertonie. In seiner arbeitsmedizinischen Beurteilung hat der Sachverständige den Kläger noch für fähig gehalten, leichte körperliche Arbeiten wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen vollschichtig zu verrichten. Regelhafte Tätigkeit im Freien sollte vermieden werden; Arbeiten im Freien unter Witterungsschutz seien gelegentlich durchaus möglich. Im Hinblick insbesondere auf die arterielle Grenzwerthypertonie sollten nicht regelhaft Arbeiten unter Zeitdruck, mit Wechsel- oder Nachtschicht durchgeführt werden. Arbeiten in Zwangshaltung oder überwiegend einseitiger Körperhaltung seien abzulehnen. Ein regelmäßiges Arbeiten auf Gerüsten oder Leitern komme nicht in Betracht, gegen eine gelegentliche Tätigkeit auf z.B. Haushaltsleitern ergäben sich aus medizinischer Sicht keine Einwände. Auch das zeitweilige Arbeiten auf Regalleitern sowie an laufenden Maschinen sollte auf Grund der einmaligen kurzen Bewusstlosigkeit im März 1999, deren Ursache beim stationären Aufenthalt nicht eindeutig geklärt werden konnte, nicht durchgeführt werden. Tätigkeiten, die die Gebrauchsfähigkeit beider Hände erforderten, seinen durchaus möglich. Auch gegen eine Tätigkeit mit häufigem Publikumsverkehr sei nichts einzuwenden. Der Kläger sei auch in der Lage, innerhalb von 20 Minuten viermal täglich eine Gehstrecke von mehr als 500 m zurückzulegen. Der Kläger sei aber nicht mehr in der Lage, seinen bisherigen Beruf als Starkstromelektriker vollschichtig auszuüben. Die Reduktion der Körpermasse mit dem entsprechenden Gewichtsverlust bedeute nicht gleichzeitig die Unfähigkeit zu arbeiten. Der Kläger müsse allerdings die Gelegenheit haben, häufig kleine Mahlzeiten, d.h. sechs bis acht pro Tag, einnehmen zu können. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gutachtens verwiesen.
Im Hinblick auf für den Kläger in Betracht kommende Verweisungstätigkeiten hat das Sozialgericht das Urteil des Landessozialgerichts NRW vom 19.02.2001 (Az.: L 3 RJ 142/97) zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Mit Urteil vom 07.08.2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung i.W. ausgeführt, der Kläger, der unstreitig im Rahmen des vom Sozialgericht näher dargestellten Mehr-Stufen-Schemas des Bundessozialgerichts (BSG) der Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen sei, könne den Beruf des Elektrikers zwar nicht mehr verrichten. Er sei aber noch nicht berufsunfähig, weil er noch die im o.g. Urteil des Landessozialgerichts NRW beschriebene Tätigkeit eines Prüffeld-, Montage- und Verdrahtungselektrikers ausüben könne. Dabei handele es sich um eine leichte körperliche Arbeit, die wahlweise im Stehen oder Sitzen verrichtet werden könne. Diese Tätigkeit sei nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts einem Facharbeiter sozial zumutbar und auch in einer ausreichenden Anzahl von entsprechenden Arbeitsplätzen auf dem Arbeitsmarkt vorhanden. Weiter hat das Sozialgericht ausgeführt, die vom Sachverständigen geforderten häufigen kleinen Mahlzeiten könnten, soweit sie in die Arbeitszeit fielen, ähnlich wie bei Diabetikern in den Arbeitspausen oder auch während der Arbeit eingenommen werden. Der Kläger sei daher nicht berufsunfähig und erst recht nicht erwerbsunfähig, denn der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit setze das Vorliegen der Berufsunfähigkeit voraus. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verweisen.
Gegen das am 05.09.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.10.2001 Berufung eingelegt, die er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf Rente wegen Berufsunfähigkeit ausgehend von einem Leistungsfall zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. W (13.04.2000) eingeschränkt hat. Zur Begründung trägt er insbesondere vor, die vom Sozialgericht benannte Verweisungstätigkeit eines Verdrahtungselektrikers könne er insbesondere wegen der damit verbundenen Zwangshaltungen nicht ausüben. Insoweit sei eine orthopädische Begutachtung erforderlich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 07.08.2001 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Becheides vom 09.07.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.11.1999 zu verurteilen, bei ihm Berufsunfähigkeit auf Dauer ab dem 13.04.2000 anzunehmen und ihm die entsprechenden Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat ein orthopädisches Gutachten von Chefarzt Dr. B, Fachklinik Rhein-Ruhr in F, vom 14.05.2002 eingeholt, in dem folgende Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet beschrieben werden: Halswirbelsäulenbeschwerden im Sinne eines Halswirbelsäulen- und Schulter-Arm-Syndroms mit röntgenologischem Nachweis von Verschleißveränderungen der Bandscheibenräume C 5/Th 1, verbunden mit geringfügiger Bewegungsbehinderung der Halswirbelsäule; leichtgradige Fehlstatik der LWS mit geringer aktueller subjektiver Symptomatik. In seiner arbeitsmedizinischen Beurteilung hat Dr. B den Kläger für fähig gehalten, vollschichtig leichte und leichteste Arbeiten in wechselnder Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen zu verrichten. Zusätzliche Einschränkungen bestünden noch bei Akkord- und Fließbandtätigkeiten, da der Kläger vor Arbeitsrhythmus- und zeitbedingtem Stress im Rahmen der Möglichkeiten des Arbeitsalltages zu schützen sei. Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel seien nicht zumutbar. Kälte- und Hitzeeinwirkungen sowie Nässe und Zugluft seien zu meiden. Der Kläger könne noch Fußwege von täglich viermal 500 m bzw. geringfügig mehr in etwa jeweils 15 Minuten zurücklegen. Aus orthopädischer Sicht seien die zumutbaren Arbeiten unter betriebsüblichen Bedingungen zu verrichten. Gesonderte Pausen seien jedoch aus allgemeinmedizinischen Gründen für die Zeit der Einnahme von Zwischenmahlzeiten zu gewähren. Aus orthopädischer Sicht könne der Kläger Tätigkeiten wie die eines Verdrahtungselektrikers ausüben. In Zusammenhang mit dem Gutachten des Internisten Prof. Dr. W sei, was das Fachgebiet der Orthopädie anbetreffe, durchaus zustimmend zu werten, dass eine Reduktion der Körpermasse nicht gleichzeitig die Unfähigkeit zu arbeiten bedeuten müsse. Zugleich sei schon zu betonen, dass es sich nicht um eine gewollte Gewichtsreduktion, sondern um einen unter schwerwiegenden Krankheitsbedingungen eingetretenen Gewichtsverlust handele. Hierbei sei nicht nur Ballast abgeworfen worden, sondern auch eine Dezimierung der muskulären Substanz entstanden, die für Haltung und Bewegung und damit auch für die physische Leistungsfähigkeit eine Bedeutung habe. Die Aussage von Prof. Dr. W sei in diesem konkreten Punkt relativierend und ergänzend dahingehend abweichend zu bewerten, dass die körperliche Inaktivität einerseits und der krankheitsbedingte Gewichtsverlust andererseits durch die muskuläre Dekompensation des Haltungs- und Bewegungssystems durchaus im Sinne der Beeinträchtigung der Einsatzfähigkeit im Arbeits- und Berufsleben zu werten gewesen sei.
Die Beklagte sieht sich durch das Gutachten von Dr. B in ihrer bisherigen Auffassung bestätigt, dass der Kläger weder erwerbs- noch berufsunfähig sei.
Der Kläger trägt vor, er sei jedenfalls nicht mehr in der Lage, einer nach seinem bisherigen Ausbildungsstand zumutbaren Tätigkeit nachzugehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist mit dem in der mündlichen Verhandlung eingeschränkten Antrag auch begründet. Der Kläger ist jedenfalls seit dem Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. W (13.04.2000) berufsunfähig im Sinne von § 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung. Die Wartezeit sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind für diesen Leistungsfall nach dem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf vom 30.09.2002 unstreitig erfüllt, so dass der Kläger Anspruch auf die entsprechende Rente hat.
Berufsunfähig sind gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken sind. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die den Kräften und Fähigkeiten des Versicherten entsprechen und die ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und den besonderen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zur praktischen Handhabung hat das Bundessozialgericht (BSG) das im Urteil des Sozialgerichts zutreffend beschriebene Mehr-Stufen-Schema entwickelt. Unstreitig ist der Kläger in die Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters nach diesem Schema einzuordnen. Ebenfalls unstreitig ist, dass der Kläger seinen Beruf als Elektriker aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann.
Nach Auffassung des Senats gibt es jedoch keine Verweisungstätigkeiten mehr, auf die der Kläger zur Vermeidung von Berufsunfähigkeit zumutbar verwiesen werden könnte. Gegen die vom Sozialgericht benannte Tätigkeit als Prüffeld-, Montage- und Verdrahtungselektrikers bestehen hier schon Bedenken im Hinblick auf die damit verbundenen Zwangshaltungen, die dem Kläger wegen der Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet nicht mehr zugemutet werden können. Zwar hat der 3. Senat des Landessozialgerichts NRW in dem vom Sozialgericht angeführten Urteil einen Kläger, der nur noch leichte körperliche Tätigkeiten ohne längere oder häufigere Zwangshaltungen ausüben konnte, auf diese Tätigkeiten verwiesen, da diese Tätigkeiten im Sitzen oder Stehen ausgeübt werden könnten und über Schulterhöhe nicht gearbeitet werden müsse. Gleichwohl sind nach Auffassung des erkennenden Senats Verdrahtungs-, Montage- oder Prüftätigkeiten im Hinblick auf die dabei notwendigen Handhabungen kaum denkbar, ohne dass längere Zwangshaltungen des Oberkörpers und der Arme erforderlich werden, auch wenn der Betroffene wahlweise im Sitzen oder im Stehen arbeiten kann. Im vorliegenden Fall kommt aber hinzu, dass der Schwerpunkt der Erkrankung des Klägers letztlich in den Folgewirkungen der überstandenen bösartigen Tumorerkrankung und der erfolgten Magenoperation zu sehen ist. Durch die darauf beruhende Untergewichtigkeit des Klägers ist sein physisches Leistungsvermögen deutlich beeinträchtigt, auch wenn er noch vollschichtig körperlich leichte Tätigkeiten ausüben kann. Zudem muss er am Tage sechs bis acht kleinere Mahlzeiten zu sich nehmen, was jedenfalls bei qualifizierteren Tätigkeiten wie den von der Beklagten und vom Sozialgericht benannten Verweisungstätigkeiten nicht unter arbeitsplatzüblichen Bedingungen möglich ist. Dabei verkennt der Senat nicht, dass z.B. Diabetiker die für sie erforderlichen kleinen Mahlzeiten (z.B. Joghurt) während der Arbeitszeit einnehmen können. Dies ist jedoch nicht vergleichbar mit dem Fall des Klägers, der nach der schweren Magen-Operation sechs bis acht kleine (richtige) Mahlzeiten zu sich nehmen muss. Solche kleinen Mahlzeiten mögen zwar bei weniger qualifizierten Tätigkeiten z.B. als Nebenpförtner möglich sein, so dass der Kläger auch nach Auffassung des Senats noch nicht erwerbsunfähig ist. Qualifiziertere Verweisungstätigkeiten für einen Elektriker, bei denen auch dem Kläger nicht zumutbarer Zeitdruck regelmäßig auftritt, sind ihm aber nach Auffassung des Senats nicht mehr möglich. Diese Beurteilung gilt jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. W, der in seinem Gutachten insbesondere die im Anschluss an die Tumorerkrankung des Klägers bestehenden Leistungseinschränkungen beschrieben hat. Der zuletzt gehörte Sachverständige Dr. B hat in seiner Gesamtbeurteilung in gewisser Abweichung von Prof. Dr. W darauf hingewiesen, dass die Folgen des krankheitsbedingten Gewichtsverlustes durchaus im Sinne einer Beeinträchtigung der Einsatzfähigkeit im Arbeits- und Berufsleben zu werten seien. Im Anschluss daran ist der Senat der Auffassung, dass der Kläger jedenfalls ab dem genannten Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. W berufsunfähig ist, so dass die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils entsprechend zu verurteilen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nrn. 1 bzw. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Tatbestand:
Streitig ist nach dem im Berufungsverfahren eingeschränkten Antrag nur noch, ob der Kläger Anspruch auf Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit hat.
Der am 00.00.1953 geborene Kläger hat den Beruf des Starkstromelektrikers erlernt und war in seinem Beruf zuletzt von 1980 bis 1995 bei der T-Gesellschaft mbH in F beschäftigt. Nach der Arbeitgeberauskunft vom 18.11.1998 war er i.W. mit Gerätereparaturen, allgemeiner Elektroinstallation, Batterieprüfung sowie Mess- und Regeltechnik beschäftigt. Die Entlohnung erfolgte nach Lohngruppe 7 des Tarifvertrages der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie NRW. In diese Lohngruppe sind Arbeiten eingestuft, deren Ausführung ein Können voraussetzt, das durch eine entsprechende ordnungsgemäße Berufslehre erreicht wird (Facharbeiten). Seit März 1995 ist der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos. Durch Bescheid des Versorgungsamtes Gelsenkirchen vom 06.03.1996 ist er als Schwerbehinderter mit einem GdB von 90 anerkannt.
Am 07.07.1998 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. Die Beklagte zog einen Befundbericht des Praktischen Arztes C, H, vom 21.07.1998 bei und veranlasste eine Untersuchung des Klägers durch den Facharzt für Allgemeinmedizin/ Sozialmedizin E von ihrer Begutachtungsstelle in H. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 03.09.1998 folgende Diagnosen: Wiederkehrende Oberbauchbeschwerden bei Zustand nach Magenoperation März 1995 wegen Tumor (Zustand nach Gastrektomie wegen ulcerierendem Adeno-CA des Magens mit Splenektomie 3/95); wiederkehrende HWS- und LWS-Beschwerden, derzeit ohne Funktionsstörung; wiederkehrende Schulter-Arm-Beschwerden links, derzeit ohne Funktionsstörung; reduzierter Allgemeinzustand; Untergewicht sowie Nikotinkonsum. Abschließend führte dieser Arzt in seinem Gutachten aus, der Kläger sei fähig, leichteste Arbeiten regelmäßig und halbschichtig unter Beachtung gewisser Einschränkungen auszuüben. Mit einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit auf vollschichtig könne bei guter Rehabilitation gerechnet werden. Die Beklagte gewährte dem Kläger daraufhin im Mai 1999 ein Rehabilitationsverfahren in der Klinik S in C1E1. Nach dem Entlassungsbericht dieser Klinik vom 09.06.1999 waren dem Kläger damals wieder leichte körperliche Tätigkeiten zumutbar. Mit Bescheid vom 09.07.1999 lehnte die Beklagte gestützt auf diese medizinische Beurteilung den Rentenantrag mit der Begründung ab, der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig, da er mit seinem Leistungsvermögen noch auf die Tätigkeit eines Kundenberaters für Elektroinstallation verweisbar sei.
Zur Begründung des dagegen am 06.08.1999 erhobenen Widerspruchs trug der Kläger u.a. vor, er habe an einem bösartigen Magentumor gelitten, wobei ihm der gesamte Magen entfernt worden sei. Er leide unter ständigen Schmerzen und könne sich auf Grund der durchgeführten Operation nicht ordnungsgemäß ernähren, sondern müsse mehrfach täglich kleinere Mahlzeiten zu sich nehmen. Er sei 1,73 m groß und verfüge über ein Körpergewicht von 52 kg. Auf Grund dieser Umstände sei er nicht in der Lage, irgendeine vollschichtige berufliche Tätigkeit auszuüben.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes E vom 24.08.1999 ein, der empfahl, der Leistungsbeurteilung in dem Reha-Entlassungsbericht zu folgen. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.1999 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten daraufhin den Widerspruch zurück. Auf die Begründung des Widerspruchsbescheides wird verwiesen.
Zur Begründung der am 10.12.1999 erhobenen Klage hat der Kläger ergänzend u.a. vorgetragen, ein unternommener Arbeitsversuch sei daran gescheitert, dass er körperlich seine Arbeit nicht mehr habe ausüben können. Schon bei kleinsten Anstrengungen habe er sich erbrechen müssen und unter ganz erheblichen Schmerzen gelitten.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 09.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm Erwerbs- hilfsweise Berufsunfähigkeit ab dem 07.07.1998 anzunehmen und Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre angefochtenen Bescheide weiterhin für rechtmäßig gehalten.
Das Sozialgericht hat zunächst einen Befundbericht von dem praktischen Arzt C, H, vom 31.01.2000 beigezogen, dem verschiedene ärztliche Unterlagen beigefügt waren. Sodann hat das Sozialgericht weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines internistisch onkologischen Gutachtens von dem Leitenden Arzt des Marienhospitals - Universitätsklinik der Ruhr-Universität C2 - in I Prof. Dr. W vom 26.06.2000. Dieser hat folgende Diagnosen gestellt: Zustand nach operativer Entfernung eines Magenkarzinoms (3/95) mit totaler Gastrektomie, Splenektomie, Cholecystektomie, Lymphadenektomie, ohne Hinweis für ein Tumorrezidiv; Untergewichtigkeit entsprechend der Normaleinteilung, ohne Hinweis für eine Mangelernährung oder Mangelerscheinung; rezidivierende HWS-/ LWS-Beschwerden, zur Zeit ohne funktionelle Bedeutung; rezidivierende Schulter-Arm-Beschwerden links, zur Zeit ohne funktionelle Bedeutung; fortgesetzter Nikotingenuss; unklarer Bewusstseinsverlust ohne fokale neurologische Symptomatik sowie arterielle Grenzwerthypertonie. In seiner arbeitsmedizinischen Beurteilung hat der Sachverständige den Kläger noch für fähig gehalten, leichte körperliche Arbeiten wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen vollschichtig zu verrichten. Regelhafte Tätigkeit im Freien sollte vermieden werden; Arbeiten im Freien unter Witterungsschutz seien gelegentlich durchaus möglich. Im Hinblick insbesondere auf die arterielle Grenzwerthypertonie sollten nicht regelhaft Arbeiten unter Zeitdruck, mit Wechsel- oder Nachtschicht durchgeführt werden. Arbeiten in Zwangshaltung oder überwiegend einseitiger Körperhaltung seien abzulehnen. Ein regelmäßiges Arbeiten auf Gerüsten oder Leitern komme nicht in Betracht, gegen eine gelegentliche Tätigkeit auf z.B. Haushaltsleitern ergäben sich aus medizinischer Sicht keine Einwände. Auch das zeitweilige Arbeiten auf Regalleitern sowie an laufenden Maschinen sollte auf Grund der einmaligen kurzen Bewusstlosigkeit im März 1999, deren Ursache beim stationären Aufenthalt nicht eindeutig geklärt werden konnte, nicht durchgeführt werden. Tätigkeiten, die die Gebrauchsfähigkeit beider Hände erforderten, seinen durchaus möglich. Auch gegen eine Tätigkeit mit häufigem Publikumsverkehr sei nichts einzuwenden. Der Kläger sei auch in der Lage, innerhalb von 20 Minuten viermal täglich eine Gehstrecke von mehr als 500 m zurückzulegen. Der Kläger sei aber nicht mehr in der Lage, seinen bisherigen Beruf als Starkstromelektriker vollschichtig auszuüben. Die Reduktion der Körpermasse mit dem entsprechenden Gewichtsverlust bedeute nicht gleichzeitig die Unfähigkeit zu arbeiten. Der Kläger müsse allerdings die Gelegenheit haben, häufig kleine Mahlzeiten, d.h. sechs bis acht pro Tag, einnehmen zu können. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gutachtens verwiesen.
Im Hinblick auf für den Kläger in Betracht kommende Verweisungstätigkeiten hat das Sozialgericht das Urteil des Landessozialgerichts NRW vom 19.02.2001 (Az.: L 3 RJ 142/97) zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Mit Urteil vom 07.08.2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung i.W. ausgeführt, der Kläger, der unstreitig im Rahmen des vom Sozialgericht näher dargestellten Mehr-Stufen-Schemas des Bundessozialgerichts (BSG) der Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen sei, könne den Beruf des Elektrikers zwar nicht mehr verrichten. Er sei aber noch nicht berufsunfähig, weil er noch die im o.g. Urteil des Landessozialgerichts NRW beschriebene Tätigkeit eines Prüffeld-, Montage- und Verdrahtungselektrikers ausüben könne. Dabei handele es sich um eine leichte körperliche Arbeit, die wahlweise im Stehen oder Sitzen verrichtet werden könne. Diese Tätigkeit sei nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts einem Facharbeiter sozial zumutbar und auch in einer ausreichenden Anzahl von entsprechenden Arbeitsplätzen auf dem Arbeitsmarkt vorhanden. Weiter hat das Sozialgericht ausgeführt, die vom Sachverständigen geforderten häufigen kleinen Mahlzeiten könnten, soweit sie in die Arbeitszeit fielen, ähnlich wie bei Diabetikern in den Arbeitspausen oder auch während der Arbeit eingenommen werden. Der Kläger sei daher nicht berufsunfähig und erst recht nicht erwerbsunfähig, denn der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit setze das Vorliegen der Berufsunfähigkeit voraus. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verweisen.
Gegen das am 05.09.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.10.2001 Berufung eingelegt, die er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf Rente wegen Berufsunfähigkeit ausgehend von einem Leistungsfall zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. W (13.04.2000) eingeschränkt hat. Zur Begründung trägt er insbesondere vor, die vom Sozialgericht benannte Verweisungstätigkeit eines Verdrahtungselektrikers könne er insbesondere wegen der damit verbundenen Zwangshaltungen nicht ausüben. Insoweit sei eine orthopädische Begutachtung erforderlich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 07.08.2001 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Becheides vom 09.07.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.11.1999 zu verurteilen, bei ihm Berufsunfähigkeit auf Dauer ab dem 13.04.2000 anzunehmen und ihm die entsprechenden Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat ein orthopädisches Gutachten von Chefarzt Dr. B, Fachklinik Rhein-Ruhr in F, vom 14.05.2002 eingeholt, in dem folgende Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet beschrieben werden: Halswirbelsäulenbeschwerden im Sinne eines Halswirbelsäulen- und Schulter-Arm-Syndroms mit röntgenologischem Nachweis von Verschleißveränderungen der Bandscheibenräume C 5/Th 1, verbunden mit geringfügiger Bewegungsbehinderung der Halswirbelsäule; leichtgradige Fehlstatik der LWS mit geringer aktueller subjektiver Symptomatik. In seiner arbeitsmedizinischen Beurteilung hat Dr. B den Kläger für fähig gehalten, vollschichtig leichte und leichteste Arbeiten in wechselnder Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen zu verrichten. Zusätzliche Einschränkungen bestünden noch bei Akkord- und Fließbandtätigkeiten, da der Kläger vor Arbeitsrhythmus- und zeitbedingtem Stress im Rahmen der Möglichkeiten des Arbeitsalltages zu schützen sei. Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel seien nicht zumutbar. Kälte- und Hitzeeinwirkungen sowie Nässe und Zugluft seien zu meiden. Der Kläger könne noch Fußwege von täglich viermal 500 m bzw. geringfügig mehr in etwa jeweils 15 Minuten zurücklegen. Aus orthopädischer Sicht seien die zumutbaren Arbeiten unter betriebsüblichen Bedingungen zu verrichten. Gesonderte Pausen seien jedoch aus allgemeinmedizinischen Gründen für die Zeit der Einnahme von Zwischenmahlzeiten zu gewähren. Aus orthopädischer Sicht könne der Kläger Tätigkeiten wie die eines Verdrahtungselektrikers ausüben. In Zusammenhang mit dem Gutachten des Internisten Prof. Dr. W sei, was das Fachgebiet der Orthopädie anbetreffe, durchaus zustimmend zu werten, dass eine Reduktion der Körpermasse nicht gleichzeitig die Unfähigkeit zu arbeiten bedeuten müsse. Zugleich sei schon zu betonen, dass es sich nicht um eine gewollte Gewichtsreduktion, sondern um einen unter schwerwiegenden Krankheitsbedingungen eingetretenen Gewichtsverlust handele. Hierbei sei nicht nur Ballast abgeworfen worden, sondern auch eine Dezimierung der muskulären Substanz entstanden, die für Haltung und Bewegung und damit auch für die physische Leistungsfähigkeit eine Bedeutung habe. Die Aussage von Prof. Dr. W sei in diesem konkreten Punkt relativierend und ergänzend dahingehend abweichend zu bewerten, dass die körperliche Inaktivität einerseits und der krankheitsbedingte Gewichtsverlust andererseits durch die muskuläre Dekompensation des Haltungs- und Bewegungssystems durchaus im Sinne der Beeinträchtigung der Einsatzfähigkeit im Arbeits- und Berufsleben zu werten gewesen sei.
Die Beklagte sieht sich durch das Gutachten von Dr. B in ihrer bisherigen Auffassung bestätigt, dass der Kläger weder erwerbs- noch berufsunfähig sei.
Der Kläger trägt vor, er sei jedenfalls nicht mehr in der Lage, einer nach seinem bisherigen Ausbildungsstand zumutbaren Tätigkeit nachzugehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist mit dem in der mündlichen Verhandlung eingeschränkten Antrag auch begründet. Der Kläger ist jedenfalls seit dem Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. W (13.04.2000) berufsunfähig im Sinne von § 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung. Die Wartezeit sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind für diesen Leistungsfall nach dem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf vom 30.09.2002 unstreitig erfüllt, so dass der Kläger Anspruch auf die entsprechende Rente hat.
Berufsunfähig sind gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken sind. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die den Kräften und Fähigkeiten des Versicherten entsprechen und die ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und den besonderen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zur praktischen Handhabung hat das Bundessozialgericht (BSG) das im Urteil des Sozialgerichts zutreffend beschriebene Mehr-Stufen-Schema entwickelt. Unstreitig ist der Kläger in die Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters nach diesem Schema einzuordnen. Ebenfalls unstreitig ist, dass der Kläger seinen Beruf als Elektriker aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann.
Nach Auffassung des Senats gibt es jedoch keine Verweisungstätigkeiten mehr, auf die der Kläger zur Vermeidung von Berufsunfähigkeit zumutbar verwiesen werden könnte. Gegen die vom Sozialgericht benannte Tätigkeit als Prüffeld-, Montage- und Verdrahtungselektrikers bestehen hier schon Bedenken im Hinblick auf die damit verbundenen Zwangshaltungen, die dem Kläger wegen der Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet nicht mehr zugemutet werden können. Zwar hat der 3. Senat des Landessozialgerichts NRW in dem vom Sozialgericht angeführten Urteil einen Kläger, der nur noch leichte körperliche Tätigkeiten ohne längere oder häufigere Zwangshaltungen ausüben konnte, auf diese Tätigkeiten verwiesen, da diese Tätigkeiten im Sitzen oder Stehen ausgeübt werden könnten und über Schulterhöhe nicht gearbeitet werden müsse. Gleichwohl sind nach Auffassung des erkennenden Senats Verdrahtungs-, Montage- oder Prüftätigkeiten im Hinblick auf die dabei notwendigen Handhabungen kaum denkbar, ohne dass längere Zwangshaltungen des Oberkörpers und der Arme erforderlich werden, auch wenn der Betroffene wahlweise im Sitzen oder im Stehen arbeiten kann. Im vorliegenden Fall kommt aber hinzu, dass der Schwerpunkt der Erkrankung des Klägers letztlich in den Folgewirkungen der überstandenen bösartigen Tumorerkrankung und der erfolgten Magenoperation zu sehen ist. Durch die darauf beruhende Untergewichtigkeit des Klägers ist sein physisches Leistungsvermögen deutlich beeinträchtigt, auch wenn er noch vollschichtig körperlich leichte Tätigkeiten ausüben kann. Zudem muss er am Tage sechs bis acht kleinere Mahlzeiten zu sich nehmen, was jedenfalls bei qualifizierteren Tätigkeiten wie den von der Beklagten und vom Sozialgericht benannten Verweisungstätigkeiten nicht unter arbeitsplatzüblichen Bedingungen möglich ist. Dabei verkennt der Senat nicht, dass z.B. Diabetiker die für sie erforderlichen kleinen Mahlzeiten (z.B. Joghurt) während der Arbeitszeit einnehmen können. Dies ist jedoch nicht vergleichbar mit dem Fall des Klägers, der nach der schweren Magen-Operation sechs bis acht kleine (richtige) Mahlzeiten zu sich nehmen muss. Solche kleinen Mahlzeiten mögen zwar bei weniger qualifizierten Tätigkeiten z.B. als Nebenpförtner möglich sein, so dass der Kläger auch nach Auffassung des Senats noch nicht erwerbsunfähig ist. Qualifiziertere Verweisungstätigkeiten für einen Elektriker, bei denen auch dem Kläger nicht zumutbarer Zeitdruck regelmäßig auftritt, sind ihm aber nach Auffassung des Senats nicht mehr möglich. Diese Beurteilung gilt jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. W, der in seinem Gutachten insbesondere die im Anschluss an die Tumorerkrankung des Klägers bestehenden Leistungseinschränkungen beschrieben hat. Der zuletzt gehörte Sachverständige Dr. B hat in seiner Gesamtbeurteilung in gewisser Abweichung von Prof. Dr. W darauf hingewiesen, dass die Folgen des krankheitsbedingten Gewichtsverlustes durchaus im Sinne einer Beeinträchtigung der Einsatzfähigkeit im Arbeits- und Berufsleben zu werten seien. Im Anschluss daran ist der Senat der Auffassung, dass der Kläger jedenfalls ab dem genannten Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. W berufsunfähig ist, so dass die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils entsprechend zu verurteilen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nrn. 1 bzw. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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