Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 Ka 19/95
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 Ka 42/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.12.1995 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen zu 4) auch für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger verpflichtet ist, einen sonstigen Schaden für die Quartale I/1992 bis IV/1992 zu ersetzen.
Der Kläger ist als Zahnarzt mit der Zusatzbezeichnung Oralchirurgie in C zu vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Arbeitsgemeinschaft gesetzlicher Krankenkassen im P Kreis stellte am 05.01.1993 einen Prüfantrag für die Quartale I/1992 und II/1992, da die Abrechnungen des Klägers Anhaltspunkte für eine unwirtschaftliche Behandlungsweise enthalten würden. Viele Behandlungen führe er in ITN durch. Zweifelhaft sei, ob Narkosen immer indiziert seien. Darüber hinaus beantragte die Arbeitsgemeinschaft unter dem 25.03.1993, einen sonstigen Schaden festzustellen. Der zur Stellungnahme aufgeforderte Kläger rechtfertigte sein Behandlungsverhalten damit, daß Narkosen infolge veränderter Narkosemethoden und verbesserter Überwachungsverfahren zunehmend ambulant und damit kostengünstiger auch bei oralchirurgischen und zahnärztlichen Behandlungen durchgeführt werden könnten. Traumatisierungen bei Kindern mit Dentophobie könnten hierdurch verhindert werden. Mit Bescheid vom 14.09.1993 stellte der Prüfungsausschuß L II einen sonstigen Schaden für die Quartale I/1992 und II/1992 über 25.334,22 DM fest. In seinem Widerspruch wies der Kläger u.a. darauf hin, daß die Anästhesisten auch teilweise nicht erbrachte Leistungen abgerechnet hätten. Mit Bescheid vom 15.06.1994 hob der Beklagte den Bescheid des Prüfungsausschusses auf und setzte statt dessen einen Regreß über 13.044,50 DM wegen eines sonstigen Schadens fest, denn der Kläger habe schuldhaft gegen die auch ihn bindende Regelung des Abschnitts B III Nr. 10 der Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung verstoßen. Die von ihm veranlaßten Intubations- bzw. Kurznarkosen seien in den meisten Fällen medizinisch nicht indiziert gewesen.
Es habe sich vielfach um Serviceleistungen für Eltern behandlungsunwilliger Kinder gehandelt. Auch Jugendliche und Erwachsene hätten das Narkoseangebot des Klägers wegen Dentophobie gern angenommen, ohne in vollem Umfang zu erkennen, daß dies zu Leberschädigungen führen könne und sie hierdurch herz- und kreislaufmäßig mehr belastet würden als im Falle von Leitungs- oder Infiltrationsanästhesien. Die vom Kläger als besonders gefährlich eingestufte Adrenalinauschüttung sei wissenschaftlich erwiesen nicht von gravierender Bedeutung. Von ihm angeführte ethische und moralische Gründe für die durchgeführten Narkosen seien nicht nachvollziehbar.
Für die Quartale III/1992 und IV/1992 stellte der Prüfungsausschuß L II aufgrund des Antrags der Arbeitsgemeinschaft vom 25.08.1993 mit Bescheid vom 11.10.1994 einen sonstigen Schaden in Höhe von 25.645,83 DM fest. Auf den Widerspruch des Klägers reduzierte der Beklagte durch Bescheid vom 21.12.1994 den Regreß auf 15.197,54 DM.
Die gegen die Bescheide vom 15.06.1994 und 21.12.1994 vom Kläger erhobenen Klagen hat das Sozialgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Der Kläger hat vorgetragen: Ein sonstiger Schaden liege nicht vor, denn der Schaden sei nicht von ihm, sondern vom Anästhesisten verursacht worden. Dieser habe in eigener Verantwortung zu überprüfen, ob er die Leistung vertragsgemäß erbringen könne. Selbst wenn ein Verstoß gegen die Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche zahnärztliche Versorgung angenommen werde, liege kein sonstiger Schaden vor, da es allenfalls um eine Wirtschaftlichkeitsprüfung im engeren Sinne gehen könne.
Der Kläger hat beantragt
die Bescheide des Beklagten vom 15.06.1994 und 21.12.1994 aufzuheben,
hilfsweise,
unter Aufhebung dieser Bescheide über die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 14.09.1993 und 11.10.1994 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Zudem wird beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Der Kläger könne seine Verantwortung nicht auf den Anästhesisten verlagern, denn dieser prüfe nur die Narkosefähigkeit des Patienten. Die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit es notwendig sei, einen Anästhesisten hinzuzuziehen, obliege dem Zahnarzt, der hierzu die Indikation nach zahnmedizinischen Gesichtspunkten erstelle.
Die Beigeladenen zu 1) und 4) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Grundurteil vom 13.12.1995 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien dem Grunde nach nicht rechtswidrig. Die Prüfgremien seien auch für die Feststellung eines sonstigen Schadens zuständig. Einen solchen habe der Beklagte zu Recht festgestellt. Der Kläger habe gegen vertragszahnärztliche Pflichten verstoßen, indem er die Regelungen des Abschnitts B III Nr. 10 Abs. 1 und 2 der Richtlinien über einen ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung nicht beachtet habe. Die Durchsicht der Behandlungsausweise zeige, daß er in einer Vielzahl von Fällen u.a. ein- und zweiflächige Füllungen gelegt, Milchzähne extrahiert und Sanierungen vorgenommen habe, ohne daß eine medizinische Indikation für ITN erkennbar sei. Der hierdurch entstandene Schaden bestehe darin, daß die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein aus der von den Krankenkassen an sie entrichteten Gesamtvergütung Honorare für nicht indizierte anästhesistische Leistungen an die Anästhesisten gezahlt habe. Dieser Schaden sei vom Kläger und nicht von den Anästhesisten verursacht worden. Dies folge schon daraus, daß der Anästhesist nur die Narkosefähigkeit des Patienten zu prüfen habe, die Beurteilung hingegen, ob ein Anästhesist hinzugezogen werde, allein dem Kläger obliege. Dessen Verhalten sei schuldhaft, denn zumindest aufgrund des Einführungslehrganges in die vertragszahnärztliche Tätigkeit hätte er mit den genannten Richtlinien vertraut sein müssen.
Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend: Er bestreite, daß für die Quartale I bis IV/1992 am 05.01.1993 ein rechtzeitiger Antrag gestellt worden sei. Das Sozialgericht habe sich nicht ausreichend mit den verschiedenen Möglichkeiten der Überweisung auseinandergesetzt. Er habe stets die Weiterbehandlung durch den Anästhesisten gewählt. Bei der Weiterbehandlung habe der Vertragsarzt, an den überwiesen werde, die Verantwortung für die Wirtschaftlichkeit. Infolgedessen liege kein sonstiger Schaden vor; allenfalls komme ein Wirtschaftlichkeitsprüfung beim Anästhesisten in Betracht. Ansonsten wäre jeder Überweisungsschein eine Blankobescheinigung für eine durchzuführende Narkose, da sich der Anästhesist dann keine Gedanken mehr darüber machen brauche, ob die Narkose indiziert sei. Ginge man von einem Zielauftrag aus, so würde auch dann die wirtschaftliche Verantwortlichkeit den Anästhesisten treffen. Angesichts der unterschiedlichen Ausbildung von Zahnarzt und Arzt spreche viel dafür, daß jeder die Indikation für die eigene Leistung prüfen müsse und deshalb hierfür die Verantwortung trage. Er habe in jedem beanstandeten Fall die Notwendigkeit der Narkose nachgewiesen. Der Beklagte könne sich nicht einfach darauf zurückziehen, er - der Kläger - haben lediglich Serviceleistungen erbracht. Die Annahme, Narkosen könnten nur im engen Rahmen des § 14 BMV-Z erbracht werden, sei unzutreffend. Standard sei es, Narkosen bei schwieriger chirurgischer Behandlung anzuwenden. Es sei nicht dem Beklagten, sondern allenfalls der KV Nordrhein ein Schaden entstanden. Der Beklagte habe seine Auffassung, daß Inkubationsnarkosen grundsätzlich nicht indiziert seien, in Verfahren für die Folgequartale zwischenzeitlich aufgegeben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.12.1995 abzuändern und nach dem Klageantrag vom 13.12.1995 zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene zu 4) schließt sich dem Antrag des Beklagten an.
Sie trägt vor, es komme allein darauf an, ob der Kläger durch sein Verhalten einen Schaden verursacht habe. Dieser sei dadurch entstanden, daß er ohne erkennbare medizinische Indikation ITN durchgeführt habe. Unerheblich sei, ob er zur Weiterbehandlung oder in anderer Weise überwiesen habe, denn er habe diese Leistungen veranlaßt.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im übrigen nimmt der Senat Bezug auf die Gerichtsakte und den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorganges des Beklagten. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide dem Grunde nach nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 SGG). Diese sind insoweit rechtmäßig.
Das Sozialgericht hat sich ausführlich und zutreffend mit der maßgebenden Rechtslage auseinandergesetzt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat hierauf gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug. Im übrigen merkt der Senat zum Berufungsvorbringen an:
1.
Die Prüfanträge sind rechtzeitig innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist (hierzu BSG vom 28.08.1996 - 6 RKa 88/95 -) gestellt worden. Sie datieren vom 05.01.1992 für die Quartale I und II/1993 sowie vom 25.08.1993 für die Quartale III und IV/1992.
2.
Die Prüfgremien sind für die Feststellung eines sonstigen Schadens zuständig. Das Sozialgericht hat die hierfür maßgebenden Erwägungen ausführlich und unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG dargestellt. Der Senat schließt sich dem an und verweist ergänzend auf das dies bestätigende Urteil des BSG vom 28.08.1996 - 6 RKa 88/95 -.
3.
Mit den verschiedenen Möglichkeiten der Überweisung mußte sich das Sozialgericht nicht auseinandersetzen. Im hier interessierenden Zusammenhang ist es rechtlich unerheblich, welche der insgesamt sechs Überweisungsformen der Kläger gewählt hat (hierzu Schirmer, Handbuch für den Vertragsarzt, 11.2.2.2). Entscheidungsrelevant ist allein, daß der Kläger die Leistungen der Anästhesisten schuldhaft veranlaßt hat, obgleich hierfür eine medizinische Indikation vielfach nicht vorlag. Der Kläger verkennt, daß bei jeder der Überweisungsformen allein er darüber zu befinden hat, ob die ITN aus zahnmedizinischen Gründen notwendig ist. Dabei hat er selbstverständlich die gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben zu beachten. Das ist hier nicht geschehen, denn seine Verfahrensweise verstößt gegen § 70 SGB V und, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, gegen die ihn bindenden Richtlinien über eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Abschnitt B II Nr. 10 Abs. 1 und 2). Daß notwendigerweise individuell unterschiedlich bewertete ethische und moralische Gründe es nicht rechtfertigen, gegen bindendes Gesetzesrecht (z.B. § 12 SGB V) und bindende Richtlinien zu verstoßen, ist schlicht eine Selbstverständlichkeit. Ob und inwieweit diese Richtlinien aus der subjektiven Sicht des Klägers nicht mehr den aktuellen zahnmedizinischen Erkenntnisstand widerspiegeln, ist irrelevant. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang weiter geäußerte Auffassung, angesichts der unterschiedlichen Ausbildung von Zahnarzt und Anästhesist spreche viel dafür, daß jeder die Indikation für die eigene Leistung prüfen müsse und hierfür die Verantwortung trage, trifft zwar zu. Die vom Kläger hieraus hergeleiteten Schlußfolgerungen sind indes verfehlt. Das Sozialgericht hat den Kläger unter Bezugnahme auf die Weiterbildungsordnung bereits darauf hingewiesen, für welchen Bereich dem Anästhesisten die Verantwortung obliegt. Daß allein der Zahnarzt darüber zu entscheiden hat, ob aus zahnmedizinischen Gesichtspunkten eine Narkose angezeigt ist, hält der Senat nicht für erörterungswürdig. Der hinzugezogene Anästhesist hat demgegenüber darüber zu befinden, ob gegen die Narkose aus Sicht seines Fachgebietes Bedenken bestehen oder Kontraindikationen vorhanden sind, der Patient also narkosefähig ist.
4.
Der Kläger kann die ihm obliegende Verantwortung für die veranlaßten Leistungen auch deswegen nicht auf die ausführenden Anästhesisten verlagern, weil seine Behauptung, stets die Überweisungsform Weiterbehandlung durch den Anästhesisten gewählt zu haben, nicht zutrifft. Die Durchsicht der Überweisungsscheine zeigt, daß der Kläger vielfach die Rubrik "wird überwiesen zu a) Untersuchung/Weiterbehandlung bzw. b) Vornahme folgender Leistungen" nicht angekreuzt hat und in der Rubrik "Begründung" nur "ITN" vermerkt hat. Dies ist keine Überweisung zur Weiterbehandlung. Es handelt sich um Zielaufträge. Denn aus Sicht des Anästhesisten ist die zu erbringende Leistung (ITN) hierdurch genau beschrieben, er mithin an den Umfang des Auftrags gebunden. Die Auffassung des Kläges, bei dieser Rechtslage sei jeder Überweisungsschein eine Blankobescheinigung für eine durchzuführende Narkose, weil sich der Anästhesist dann keine Gedanken darüber zu machen brauche, ob die Narkose indiziert sei, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat mittels des Vermerks ITN in einer Vielzahl von Fällen Zielaufträge mit der Folge erteilt, daß der Anästhesist hieran gebunden ist. Hierdurch hat der Kläger genau das bewirkt, was er nunmehr kritisiert. Im übrigen aber kann von einer Blankobescheinigung schon deswegen keine Rede sein, weil es die originäre Aufgabe des Anästhesisten ist, zu überprüfen, ob aus Sicht seines Fachgebietes medizinische Gründe gegen die aus Sicht des Kläger indizierte ITN bestehen.
5.
Entgegen dem Vortrag des Klägers (Schriftsatz vom 18.10.1996) hat der Beschwerdeausschuß seine Auffassung nicht geändert, was sein Vorsitzender dem Senat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt hat.
6.
Soweit der Kläger meint, es liege kein sonstiger Schaden vor, da allenfalls eine Wirtschaftlichkeitsprüfung beim Anästhesisten in Betracht komme, ist dies unzutreffend. Der Kläger hat einen Schaden verursacht, weil auf seine Veranlassung und ohne erkennbare medizinische Indikation ITN von Anästhesisten durchgeführt und abgerechnet worden sind. Ob die betreffenden Anästhesisten einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen werden, ist eine hiervon losgelöste Frage. Da in der Regel nur eine statistische Vergleichsprüfung (§ 106 Abs. 2 Nr. 1, 1.Alternative SGB V) in Betracht kommt, ist schon offen, ob die betreffenden Anästhesisten überhaupt auffällig werden. Im übrigen wird bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung das angeforderte Honorar in der Regel allenfalls bis auf die Grenze zum offensichtlichen Mißverhältnis gekürzt. Damit würden dem Anästhesisten immer noch Überschreitungen zugestanden, die weit über dem Durchschnitt der Vergleichsgruppe liegen. Im Fall einer Wirtschaftlichkeitsprüfung ist daher niemals konkret feststellbar, ob gerade die vom Kläger veranlaßten Leistungen gekürzt werden. Zu einem zweifachen Schadensausgleich, einerseits durch den Regreß gegenüber dem Kläger und andererseits durch eine Wirtschaftlichkeitsprüfung beim Anästhesisten, kann es daher nicht kommen.
7.
Der Einwand des Klägers, es sei nicht dem Beklagten, sondern allenfalls der beigeladenen KV Nordrhein ein Schaden entstanden, vermag ihn ebenfalls nicht zu entlasten. Daß den Prüfgremien kein Schaden entstanden sein muß, ist selbstverständlich. Sie haben einen solchen nur zuständigkeitshalber festzustellen. Ungeachtet der Frage, ob die anästhesistischen Leistungen 1992 unter einer gedeckelten Gesamtvergütung gezahlt worden sind, ist der Schaden letztlich bei den Krankenkassen eingetreten. Dies folgt aus § 12 Abs. 1 SGB V, wonach die Krankenkassen nicht notwendige Leistungen nicht bewilligen und damit auch nicht bezahlen dürfen. Bestätigt wird dies durch § 106 SGB V. Die gesetzliche Anordnung, Wirtschaftlichkeitsprüfungen durchzuführen, würde zum einem erheblichen Teil leerlaufen, wenn infolge von Budgetierungen, Kontingentierungen oder gedeckelten Gesamtvergütungen ein konkreter, auf den Einzelfall bezogener Schaden bei den Krankenkassen nicht nachweisbar wäre. Letztlich kann dahinstehen, ob der Schaden bei den Krankenkassen oder bei der beigeladenen KV Nordrhein entstanden ist. Die §§ 19, 28 der Vereinbarung über das Verfahren zur Überwachung und Prüfung der Wirtschaftlichkeit der kassenzahnärztlichen Versorgung in Nordrhein verlangen nur, daß der Zahnarzt infolge schuldhafter Verletzung kassenzahnärztlicher Pflichten einen Schaden verursacht hat. Die Prüfgremien sind hiernach nicht verpflichtet, im einzelnen darzulegen, bei wem der Schaden entstanden ist. Insofern reicht es auf alternativer Grundlage aus, daß der Schaden entweder bei der KV Nordrhein, dann wiederum zu Lasten aller Vertragsärzte, oder bei den Krankenkassen eingetreten ist. Angesichts dieser Rechtslage bedarf es keines Rückgriffs auf die Rechtsfigur des normativen Schadens.
8.
Der Senat weist abschließend darauf hin, daß § 106 Abs. 2 SGB V eine Prüfung der Häufigkeit von Überweisungen, Krankenhauseinweisungen und Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit verlangt. Krankenkassen und Kassenzahnärztliche Vereinigung haben als Adressaten dieser Vorgabe entgegen dem Normbefehl bislang nicht die Grundlagen dafür erstellt, daß die Prüfgremien diesen Auftrag in Form von Prüfungen nach Durchschnittswerten erfüllen können. Wenn der Beklagte eine statistische Prüfung mangels Vergleichswerten nicht durchführen kann, hält es der Senat nicht nur für sachgerecht, sondern für geboten, einen durch ungerechtfertigte Überweisungen entstandenen sonstigen Schaden im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung festzustellen (vgl. auch Jörg, Kassenarztrecht, 1993, Rdn. 498).
Die Berufung des Klägers konnte nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183 und 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger verpflichtet ist, einen sonstigen Schaden für die Quartale I/1992 bis IV/1992 zu ersetzen.
Der Kläger ist als Zahnarzt mit der Zusatzbezeichnung Oralchirurgie in C zu vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Arbeitsgemeinschaft gesetzlicher Krankenkassen im P Kreis stellte am 05.01.1993 einen Prüfantrag für die Quartale I/1992 und II/1992, da die Abrechnungen des Klägers Anhaltspunkte für eine unwirtschaftliche Behandlungsweise enthalten würden. Viele Behandlungen führe er in ITN durch. Zweifelhaft sei, ob Narkosen immer indiziert seien. Darüber hinaus beantragte die Arbeitsgemeinschaft unter dem 25.03.1993, einen sonstigen Schaden festzustellen. Der zur Stellungnahme aufgeforderte Kläger rechtfertigte sein Behandlungsverhalten damit, daß Narkosen infolge veränderter Narkosemethoden und verbesserter Überwachungsverfahren zunehmend ambulant und damit kostengünstiger auch bei oralchirurgischen und zahnärztlichen Behandlungen durchgeführt werden könnten. Traumatisierungen bei Kindern mit Dentophobie könnten hierdurch verhindert werden. Mit Bescheid vom 14.09.1993 stellte der Prüfungsausschuß L II einen sonstigen Schaden für die Quartale I/1992 und II/1992 über 25.334,22 DM fest. In seinem Widerspruch wies der Kläger u.a. darauf hin, daß die Anästhesisten auch teilweise nicht erbrachte Leistungen abgerechnet hätten. Mit Bescheid vom 15.06.1994 hob der Beklagte den Bescheid des Prüfungsausschusses auf und setzte statt dessen einen Regreß über 13.044,50 DM wegen eines sonstigen Schadens fest, denn der Kläger habe schuldhaft gegen die auch ihn bindende Regelung des Abschnitts B III Nr. 10 der Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung verstoßen. Die von ihm veranlaßten Intubations- bzw. Kurznarkosen seien in den meisten Fällen medizinisch nicht indiziert gewesen.
Es habe sich vielfach um Serviceleistungen für Eltern behandlungsunwilliger Kinder gehandelt. Auch Jugendliche und Erwachsene hätten das Narkoseangebot des Klägers wegen Dentophobie gern angenommen, ohne in vollem Umfang zu erkennen, daß dies zu Leberschädigungen führen könne und sie hierdurch herz- und kreislaufmäßig mehr belastet würden als im Falle von Leitungs- oder Infiltrationsanästhesien. Die vom Kläger als besonders gefährlich eingestufte Adrenalinauschüttung sei wissenschaftlich erwiesen nicht von gravierender Bedeutung. Von ihm angeführte ethische und moralische Gründe für die durchgeführten Narkosen seien nicht nachvollziehbar.
Für die Quartale III/1992 und IV/1992 stellte der Prüfungsausschuß L II aufgrund des Antrags der Arbeitsgemeinschaft vom 25.08.1993 mit Bescheid vom 11.10.1994 einen sonstigen Schaden in Höhe von 25.645,83 DM fest. Auf den Widerspruch des Klägers reduzierte der Beklagte durch Bescheid vom 21.12.1994 den Regreß auf 15.197,54 DM.
Die gegen die Bescheide vom 15.06.1994 und 21.12.1994 vom Kläger erhobenen Klagen hat das Sozialgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Der Kläger hat vorgetragen: Ein sonstiger Schaden liege nicht vor, denn der Schaden sei nicht von ihm, sondern vom Anästhesisten verursacht worden. Dieser habe in eigener Verantwortung zu überprüfen, ob er die Leistung vertragsgemäß erbringen könne. Selbst wenn ein Verstoß gegen die Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche zahnärztliche Versorgung angenommen werde, liege kein sonstiger Schaden vor, da es allenfalls um eine Wirtschaftlichkeitsprüfung im engeren Sinne gehen könne.
Der Kläger hat beantragt
die Bescheide des Beklagten vom 15.06.1994 und 21.12.1994 aufzuheben,
hilfsweise,
unter Aufhebung dieser Bescheide über die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 14.09.1993 und 11.10.1994 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Zudem wird beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Der Kläger könne seine Verantwortung nicht auf den Anästhesisten verlagern, denn dieser prüfe nur die Narkosefähigkeit des Patienten. Die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit es notwendig sei, einen Anästhesisten hinzuzuziehen, obliege dem Zahnarzt, der hierzu die Indikation nach zahnmedizinischen Gesichtspunkten erstelle.
Die Beigeladenen zu 1) und 4) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Grundurteil vom 13.12.1995 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien dem Grunde nach nicht rechtswidrig. Die Prüfgremien seien auch für die Feststellung eines sonstigen Schadens zuständig. Einen solchen habe der Beklagte zu Recht festgestellt. Der Kläger habe gegen vertragszahnärztliche Pflichten verstoßen, indem er die Regelungen des Abschnitts B III Nr. 10 Abs. 1 und 2 der Richtlinien über einen ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung nicht beachtet habe. Die Durchsicht der Behandlungsausweise zeige, daß er in einer Vielzahl von Fällen u.a. ein- und zweiflächige Füllungen gelegt, Milchzähne extrahiert und Sanierungen vorgenommen habe, ohne daß eine medizinische Indikation für ITN erkennbar sei. Der hierdurch entstandene Schaden bestehe darin, daß die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein aus der von den Krankenkassen an sie entrichteten Gesamtvergütung Honorare für nicht indizierte anästhesistische Leistungen an die Anästhesisten gezahlt habe. Dieser Schaden sei vom Kläger und nicht von den Anästhesisten verursacht worden. Dies folge schon daraus, daß der Anästhesist nur die Narkosefähigkeit des Patienten zu prüfen habe, die Beurteilung hingegen, ob ein Anästhesist hinzugezogen werde, allein dem Kläger obliege. Dessen Verhalten sei schuldhaft, denn zumindest aufgrund des Einführungslehrganges in die vertragszahnärztliche Tätigkeit hätte er mit den genannten Richtlinien vertraut sein müssen.
Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend: Er bestreite, daß für die Quartale I bis IV/1992 am 05.01.1993 ein rechtzeitiger Antrag gestellt worden sei. Das Sozialgericht habe sich nicht ausreichend mit den verschiedenen Möglichkeiten der Überweisung auseinandergesetzt. Er habe stets die Weiterbehandlung durch den Anästhesisten gewählt. Bei der Weiterbehandlung habe der Vertragsarzt, an den überwiesen werde, die Verantwortung für die Wirtschaftlichkeit. Infolgedessen liege kein sonstiger Schaden vor; allenfalls komme ein Wirtschaftlichkeitsprüfung beim Anästhesisten in Betracht. Ansonsten wäre jeder Überweisungsschein eine Blankobescheinigung für eine durchzuführende Narkose, da sich der Anästhesist dann keine Gedanken mehr darüber machen brauche, ob die Narkose indiziert sei. Ginge man von einem Zielauftrag aus, so würde auch dann die wirtschaftliche Verantwortlichkeit den Anästhesisten treffen. Angesichts der unterschiedlichen Ausbildung von Zahnarzt und Arzt spreche viel dafür, daß jeder die Indikation für die eigene Leistung prüfen müsse und deshalb hierfür die Verantwortung trage. Er habe in jedem beanstandeten Fall die Notwendigkeit der Narkose nachgewiesen. Der Beklagte könne sich nicht einfach darauf zurückziehen, er - der Kläger - haben lediglich Serviceleistungen erbracht. Die Annahme, Narkosen könnten nur im engen Rahmen des § 14 BMV-Z erbracht werden, sei unzutreffend. Standard sei es, Narkosen bei schwieriger chirurgischer Behandlung anzuwenden. Es sei nicht dem Beklagten, sondern allenfalls der KV Nordrhein ein Schaden entstanden. Der Beklagte habe seine Auffassung, daß Inkubationsnarkosen grundsätzlich nicht indiziert seien, in Verfahren für die Folgequartale zwischenzeitlich aufgegeben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.12.1995 abzuändern und nach dem Klageantrag vom 13.12.1995 zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene zu 4) schließt sich dem Antrag des Beklagten an.
Sie trägt vor, es komme allein darauf an, ob der Kläger durch sein Verhalten einen Schaden verursacht habe. Dieser sei dadurch entstanden, daß er ohne erkennbare medizinische Indikation ITN durchgeführt habe. Unerheblich sei, ob er zur Weiterbehandlung oder in anderer Weise überwiesen habe, denn er habe diese Leistungen veranlaßt.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im übrigen nimmt der Senat Bezug auf die Gerichtsakte und den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorganges des Beklagten. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide dem Grunde nach nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 SGG). Diese sind insoweit rechtmäßig.
Das Sozialgericht hat sich ausführlich und zutreffend mit der maßgebenden Rechtslage auseinandergesetzt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat hierauf gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug. Im übrigen merkt der Senat zum Berufungsvorbringen an:
1.
Die Prüfanträge sind rechtzeitig innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist (hierzu BSG vom 28.08.1996 - 6 RKa 88/95 -) gestellt worden. Sie datieren vom 05.01.1992 für die Quartale I und II/1993 sowie vom 25.08.1993 für die Quartale III und IV/1992.
2.
Die Prüfgremien sind für die Feststellung eines sonstigen Schadens zuständig. Das Sozialgericht hat die hierfür maßgebenden Erwägungen ausführlich und unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG dargestellt. Der Senat schließt sich dem an und verweist ergänzend auf das dies bestätigende Urteil des BSG vom 28.08.1996 - 6 RKa 88/95 -.
3.
Mit den verschiedenen Möglichkeiten der Überweisung mußte sich das Sozialgericht nicht auseinandersetzen. Im hier interessierenden Zusammenhang ist es rechtlich unerheblich, welche der insgesamt sechs Überweisungsformen der Kläger gewählt hat (hierzu Schirmer, Handbuch für den Vertragsarzt, 11.2.2.2). Entscheidungsrelevant ist allein, daß der Kläger die Leistungen der Anästhesisten schuldhaft veranlaßt hat, obgleich hierfür eine medizinische Indikation vielfach nicht vorlag. Der Kläger verkennt, daß bei jeder der Überweisungsformen allein er darüber zu befinden hat, ob die ITN aus zahnmedizinischen Gründen notwendig ist. Dabei hat er selbstverständlich die gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben zu beachten. Das ist hier nicht geschehen, denn seine Verfahrensweise verstößt gegen § 70 SGB V und, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, gegen die ihn bindenden Richtlinien über eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Abschnitt B II Nr. 10 Abs. 1 und 2). Daß notwendigerweise individuell unterschiedlich bewertete ethische und moralische Gründe es nicht rechtfertigen, gegen bindendes Gesetzesrecht (z.B. § 12 SGB V) und bindende Richtlinien zu verstoßen, ist schlicht eine Selbstverständlichkeit. Ob und inwieweit diese Richtlinien aus der subjektiven Sicht des Klägers nicht mehr den aktuellen zahnmedizinischen Erkenntnisstand widerspiegeln, ist irrelevant. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang weiter geäußerte Auffassung, angesichts der unterschiedlichen Ausbildung von Zahnarzt und Anästhesist spreche viel dafür, daß jeder die Indikation für die eigene Leistung prüfen müsse und hierfür die Verantwortung trage, trifft zwar zu. Die vom Kläger hieraus hergeleiteten Schlußfolgerungen sind indes verfehlt. Das Sozialgericht hat den Kläger unter Bezugnahme auf die Weiterbildungsordnung bereits darauf hingewiesen, für welchen Bereich dem Anästhesisten die Verantwortung obliegt. Daß allein der Zahnarzt darüber zu entscheiden hat, ob aus zahnmedizinischen Gesichtspunkten eine Narkose angezeigt ist, hält der Senat nicht für erörterungswürdig. Der hinzugezogene Anästhesist hat demgegenüber darüber zu befinden, ob gegen die Narkose aus Sicht seines Fachgebietes Bedenken bestehen oder Kontraindikationen vorhanden sind, der Patient also narkosefähig ist.
4.
Der Kläger kann die ihm obliegende Verantwortung für die veranlaßten Leistungen auch deswegen nicht auf die ausführenden Anästhesisten verlagern, weil seine Behauptung, stets die Überweisungsform Weiterbehandlung durch den Anästhesisten gewählt zu haben, nicht zutrifft. Die Durchsicht der Überweisungsscheine zeigt, daß der Kläger vielfach die Rubrik "wird überwiesen zu a) Untersuchung/Weiterbehandlung bzw. b) Vornahme folgender Leistungen" nicht angekreuzt hat und in der Rubrik "Begründung" nur "ITN" vermerkt hat. Dies ist keine Überweisung zur Weiterbehandlung. Es handelt sich um Zielaufträge. Denn aus Sicht des Anästhesisten ist die zu erbringende Leistung (ITN) hierdurch genau beschrieben, er mithin an den Umfang des Auftrags gebunden. Die Auffassung des Kläges, bei dieser Rechtslage sei jeder Überweisungsschein eine Blankobescheinigung für eine durchzuführende Narkose, weil sich der Anästhesist dann keine Gedanken darüber zu machen brauche, ob die Narkose indiziert sei, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat mittels des Vermerks ITN in einer Vielzahl von Fällen Zielaufträge mit der Folge erteilt, daß der Anästhesist hieran gebunden ist. Hierdurch hat der Kläger genau das bewirkt, was er nunmehr kritisiert. Im übrigen aber kann von einer Blankobescheinigung schon deswegen keine Rede sein, weil es die originäre Aufgabe des Anästhesisten ist, zu überprüfen, ob aus Sicht seines Fachgebietes medizinische Gründe gegen die aus Sicht des Kläger indizierte ITN bestehen.
5.
Entgegen dem Vortrag des Klägers (Schriftsatz vom 18.10.1996) hat der Beschwerdeausschuß seine Auffassung nicht geändert, was sein Vorsitzender dem Senat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt hat.
6.
Soweit der Kläger meint, es liege kein sonstiger Schaden vor, da allenfalls eine Wirtschaftlichkeitsprüfung beim Anästhesisten in Betracht komme, ist dies unzutreffend. Der Kläger hat einen Schaden verursacht, weil auf seine Veranlassung und ohne erkennbare medizinische Indikation ITN von Anästhesisten durchgeführt und abgerechnet worden sind. Ob die betreffenden Anästhesisten einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen werden, ist eine hiervon losgelöste Frage. Da in der Regel nur eine statistische Vergleichsprüfung (§ 106 Abs. 2 Nr. 1, 1.Alternative SGB V) in Betracht kommt, ist schon offen, ob die betreffenden Anästhesisten überhaupt auffällig werden. Im übrigen wird bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung das angeforderte Honorar in der Regel allenfalls bis auf die Grenze zum offensichtlichen Mißverhältnis gekürzt. Damit würden dem Anästhesisten immer noch Überschreitungen zugestanden, die weit über dem Durchschnitt der Vergleichsgruppe liegen. Im Fall einer Wirtschaftlichkeitsprüfung ist daher niemals konkret feststellbar, ob gerade die vom Kläger veranlaßten Leistungen gekürzt werden. Zu einem zweifachen Schadensausgleich, einerseits durch den Regreß gegenüber dem Kläger und andererseits durch eine Wirtschaftlichkeitsprüfung beim Anästhesisten, kann es daher nicht kommen.
7.
Der Einwand des Klägers, es sei nicht dem Beklagten, sondern allenfalls der beigeladenen KV Nordrhein ein Schaden entstanden, vermag ihn ebenfalls nicht zu entlasten. Daß den Prüfgremien kein Schaden entstanden sein muß, ist selbstverständlich. Sie haben einen solchen nur zuständigkeitshalber festzustellen. Ungeachtet der Frage, ob die anästhesistischen Leistungen 1992 unter einer gedeckelten Gesamtvergütung gezahlt worden sind, ist der Schaden letztlich bei den Krankenkassen eingetreten. Dies folgt aus § 12 Abs. 1 SGB V, wonach die Krankenkassen nicht notwendige Leistungen nicht bewilligen und damit auch nicht bezahlen dürfen. Bestätigt wird dies durch § 106 SGB V. Die gesetzliche Anordnung, Wirtschaftlichkeitsprüfungen durchzuführen, würde zum einem erheblichen Teil leerlaufen, wenn infolge von Budgetierungen, Kontingentierungen oder gedeckelten Gesamtvergütungen ein konkreter, auf den Einzelfall bezogener Schaden bei den Krankenkassen nicht nachweisbar wäre. Letztlich kann dahinstehen, ob der Schaden bei den Krankenkassen oder bei der beigeladenen KV Nordrhein entstanden ist. Die §§ 19, 28 der Vereinbarung über das Verfahren zur Überwachung und Prüfung der Wirtschaftlichkeit der kassenzahnärztlichen Versorgung in Nordrhein verlangen nur, daß der Zahnarzt infolge schuldhafter Verletzung kassenzahnärztlicher Pflichten einen Schaden verursacht hat. Die Prüfgremien sind hiernach nicht verpflichtet, im einzelnen darzulegen, bei wem der Schaden entstanden ist. Insofern reicht es auf alternativer Grundlage aus, daß der Schaden entweder bei der KV Nordrhein, dann wiederum zu Lasten aller Vertragsärzte, oder bei den Krankenkassen eingetreten ist. Angesichts dieser Rechtslage bedarf es keines Rückgriffs auf die Rechtsfigur des normativen Schadens.
8.
Der Senat weist abschließend darauf hin, daß § 106 Abs. 2 SGB V eine Prüfung der Häufigkeit von Überweisungen, Krankenhauseinweisungen und Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit verlangt. Krankenkassen und Kassenzahnärztliche Vereinigung haben als Adressaten dieser Vorgabe entgegen dem Normbefehl bislang nicht die Grundlagen dafür erstellt, daß die Prüfgremien diesen Auftrag in Form von Prüfungen nach Durchschnittswerten erfüllen können. Wenn der Beklagte eine statistische Prüfung mangels Vergleichswerten nicht durchführen kann, hält es der Senat nicht nur für sachgerecht, sondern für geboten, einen durch ungerechtfertigte Überweisungen entstandenen sonstigen Schaden im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung festzustellen (vgl. auch Jörg, Kassenarztrecht, 1993, Rdn. 498).
Die Berufung des Klägers konnte nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183 und 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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