L 17 U 85/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 26 U 239/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 85/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 08. Februar 2000 geändert und die Klage abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes Lebzeitenrente wegen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 1303 der Anlage zur Berufskrankheiten- Verordnung (BKV) zusteht.

Die Klägerin ist die Witwe des 1953 geborenen und am 00.00.1996 während einer stationären Behandlung in den USA verstorbenen Versicherten N A (im Folgenden: Z.). Z. war ab August 1967 als Auszubildender im Maler- und Lackiererhandwerk und nach seiner Gesellenprüfung - mit Unterbrechung durch Wehrdienst vom 01.10.1974 bis 31.12.1975 - im erlernten Beruf beschäftigt, zuletzt seit Oktober 1980 bei der Firma B H in X. Ab dem 14.11.1995 war Z. wegen einer akuten myeloischen Leukämie arbeitsunfähig erkrankt und wurde ab dem 16.11.1995 in der Medizinischen Klinik II (Onkologie, Hämatologie, Immunologie) des St. K-Hospitals E-I (Chefarzt: Prof. Dr. X1) mehrfach stationär behandelt. Dr. B1, Oberarzt dieser Klinik, erstattete der Beklagten im Januar 1996 ärztliche Anzeige wegen des Verdachts auf das Vorliegen einer BK und gab an, der Versicherte führe seine Beschwerden auf eine Lösemittelexposition zurück. Die Beklagte holte Auskünfte vom Versicherten sowie von früheren Arbeitgebern, nämlich der Firma C, der Firma U, bei der Z. von Januar 1976 bis 31.08.1980 beschäftigt war, und der Firma H ein und zog die Unterlagen des Arbeitsmedizinischen Dienstes sowie den Arztbrief des St. K-Hospitals E-I vom 06.03.1996 über die dort von November 1995 bis Februar 1996 stattgefunden stationären Behandlungen des Versicherten bei. In der Auskunft der Firma H vom 01.02.1996 heißt es, der Versicherte habe tapeziert, Dispersionsfarben und -lacke verarbeitet, Bautenlacke, Spritzlacke, Korrossionsschutzlacke und Holzschutzmittel aufgetragen sowie verschiedene Lacke entfernt. Handschuhe, Schutzbrille, Atemschutzmasken und andere Schutzvorrichtungen hätten zur Verfügung gestanden. Entsprechende Angaben machte auch der Versicherte.

Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten - Dipl.-Ing. T - äußerte sich in der Stellungnahme vom 07.06.1996 zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen der streitigen BKNr. 1303 wie folgt: Der Erkrankte habe bis auf die Beschäftigung bei der Firma U in Y überwiegend allgemein übliche Malerarbeiten verrichtet. Während seiner Tätigkeit bei der Firma U habe er überwiegend (zu ca. 90 %) textile Beläge verlegt. Nach telefonischer Auskunft des Herrn U hätten diese Bodenlegearbeiten einen Großteil an Einbau von Teppichböden in verschiedenen Räumen ausgemacht. Dabei seien die üblichen lösemittelarmen Dispersionskleber bzw. Kunstharzkleber verwendet worden. In geringem Maße seien jedoch diese textilen Beläge auf Treppenstufen verlegt worden. Dabei seien die seinerzeit üblichen stark lösemittelhaltigen Neopren-Kleber verwendet worden. Die Kunstharzklebstoffe hätten einen Lösemittelanteil von ca. 13 - 18 % mit einem Anteil an Benzolhomologen (hier: Toluol) von ca. 0 - 7 % enthalten. Bei der Verarbeitung von Neopren-Klebern sei von einem Lösemittelanteil von ca. 65 - 85 % auszugehen. Der Anteil an Benzolhomologen (hier: Toluol und Xylol) liege hier bei bis zu 25 %. Es sei davon auszugehen, dass beim Verarbeiten von Neopren-Klebern - abgesehen von den vorbereitenden Arbeiten (Zuschnitt der Stufenbeläge) - in der Regel fast immer Grenzwertüberschreitungen der Lösemittelbestandteile vorgelegen hätten. Für die Verarbeitung der Kunstharzklebstoffe gelte dies nicht. Insbesondere unter Berücksichtigung der geringeren Anteile an Benzolhomologen werde hier eine Einwirkung aus technischer Sicht als nicht wahrscheinlich angesehen. Der Anteil der Verlegung von Textilbelägen in Treppenbereichen habe vom Unternehmer nicht näher als mit "gering" beschrieben werden können.

Die Beklagte beauftragte sodann Dr. Q, Dipl.-Chem. und Arzt für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin in D-S mit der Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage. Darin führte dieser unter dem 05.08.1996 aus, aufgrund der im Februar 1954 erlassenen Lösemittelverordnung sei es in den folgenden Jahren bis Anfang der 60er-Jahre zu einer drastischen Reduktion des Benzols in handelsüblichen Lösemitteln gekommen. Somit sei davon auszugehen, dass seit Anfang der 60er-Jahre weniger als 5 %, seit Anfang der 70er-Jahre weniger als 1 % Benzol in malerüblichen Lösemitteln enthalten gewesen seien. Da auch die Kanzerogenese Dosis-/Wirkungsbeziehungen gehorche, müsse nach aller arbeitsmedizinischer Erfahrung und toxikologischer Erkenntnis davon ausgegangen werden, dass von der geringen Exposition gegenüber den Spuren an Benzol, welche noch in Lösemitteln enthalten (gewesen) seien, keine konkrete Gefahr der Entstehung einer benzolbedingten BK ausgehe. Gesichert sei, dass eine Benzolexposition von 50 ppm-Jahren mit einer erhöhten Rate an Leukämien einhergehe. Ab 20 ppm-Jahren würden im Einzelfall Anerkennungen von Leukämien, bedingt durch Benzol, ausgesprochen. Zusammenfassend kam Dr. Q zu dem Ergebnis, die arbeitstechnischen Voraussetzungen zum Entstehen einer benzolbedingten BK hätten bei Z. nicht vorgelegen.

Mit dem der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes erteilten Bescheid vom 28.01.1997 lehnte die Beklagte die Anerkennung und Entschädigung der Leukämie-Erkrankung des Versicherten als BK nach Nr. 1303 der Anlage zur BKV ab, weil die arbeitstechnischen Voraussetzungen zum Entstehen einer benzolbedingten BK nicht vorgelegen hätten.

Dagegen legte die Klägerin am 10.02.1997 Widerspruch ein. Im März 1997 übersandte die Beigeladene der Beklagten das von ihr in Auftrag gegebene Gutachten des Prof. Dr. R. N1, Arzt für Arbeitsmedizin/Sozialmedizin am Zentrum für Sozialpolitik der Universität C1, vom 12.02.1997. Darin kam dieser zu dem Ergebnis, die Exposition des Versicherten gegenüber Benzol sei als wesentliche Teilursache für die Entstehung der akuten myeloischen Leukämie anzusehen und führte dazu aus, Z. sei von 1967 bis 1995 einer wesentlich höheren Benzolexposition als beruflich nicht belastete Bevölkerungsgruppen ausgesetzt gewesen. Bis heute existierten keine eindeutigen Aussagen zur sog. Wirkungsschwelle von Benzol. Selbst bei Verwendung von Lacken mit weniger als 0,1 % Benzolgehalt sei die Einhaltung der Technischen-Richtlinie-Konzentration (TRK) und der Auslöseschwelle nicht gewährleistet. Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte - einer Forderung der Beigeladenen entsprechend - eine Stellungnahme zur Benzolexposition bei Malern in den Jahren 1967 bis 1995 vom Berufsgenossenschaftlichen Institut für Arbeitssicherheit (BIA) des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften in T1 B2 ein. Dr. X2 vom BIA kam darin am 22.05.1997 i.S. einer worst-case-Betrachtung - ausgehend von den vom TAD ermittelten Lösemittelexpositionszeiten - zu dem Ergebnis, der Versicherte sei während seiner Tätigkeit als Maler und Anstreicher von 1967 bis 1995 insgesamt 1,92 Benzoljahren (ppm-Jahren) ausgesetzt gewesen. Derzeit gelte eine Verdoppelung für Leukämien bei 50 Benzol-Jahren als plausibel. Auf den Inhalt der Stellungnahme des Dr. X2 nebst ergänzender Stellungnahme von Dr. C2 vom 23.05.1997 wird verwiesen.

Schließlich übersandte die Beigeladene im August 1997 ein weiteres von ihr in Auftrag gegebenes (internistisch-hämatologisches) Gutachten des Prof. Dr. X1 vom 06.07.1997. Darin führte dieser u.a. aus, bei Z. habe eine sog. refraktäre myeloische Leukämie i. S. einer biphänotypischen akuten Leukämie mit deutlicher myeloischer Komponete vorgelegen. Es sei zu konstatieren, dass auch an den für Z. üblichen Arbeitsplätzen durchaus Benzol-Werte hätten erreicht werden können, welche den gültigen TRK-Wert von Benzol (1993) hätten überschreiten können. Wenn also ein Arbeitnehmer - so der Gutachter - eine langjährige Exposition mit einem Kanzerogen - hier Benzol - gehabt habe und bei ihm eine für diese Kanzerogenität charakteristische Tumorart auftrete, könne es nicht als gerechtfertigt angesehen werden, die Anerkennung einer entschädigungspflichtigen BK i. S. der Nr. 1303 zu verweigern. Der Umstand, dass eine biphänotypische akute Leukämie vorgelegen habe, unterstreiche den Zusammenhang zwischen Benzolexposition und Leukämie-Erkrankung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.10.1997 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Dagegen hat die Klägerin am 21.11.1997 Klage beim Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben und geltend gemacht, das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Entstehung einer BK nach Nr. 1303 insbesondere während der ersten Berufsjahre ihres Ehemannes dürfe nicht bezweifelt werden. Auch nach Meinung des TAD seien die für Lösungsmittel geltenden Grenzwerte während der Fußbodenverlegearbeiten fast immer überschritten worden. Für eine berufliche Verursachung der Leukämie-Erkrankung, die sich als therapieresistent erwiesen habe, spreche deren rasanter Verlauf. Im Übrigen hat sich die Klägerin zur Stützung ihres Anspruchs auf das von der Beigeladenen eingeholte Gutachten des Prof. Dr. N1 bezogen. Die Beklagte hat sich demgegenüber auf das ihren angefochtenen Verwaltungsentscheidungen zugrundeliegende Ermittlungsergebnis, insbesondere auf das Gutachten des Dr. Q sowie auf die Stellungnahme des BIA aus Mai 1997 gestützt und vorgetragen, die quantitative Einschätzung der Benzoleinwirkung sei aufgrund der Angaben des Versicherten und seiner Arbeitgeber erfolgt. Die Menge der Benzoleinwirkung lasse nicht den Schluss zu, dass diese Exposition mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ursächlich für die akute myeloische Leukämie gewesen sei.

Nach den Berechnungen des BIA sei ein Wert von 1,92 Benzoljahren errechnet worden, der weit unter dem Wert von 50 Benzoljahren liege, bei dem eine Verdoppelung myeloischer Leukämie-Erkrankungen im Vergleich zur übrigen Befölkerung angenommen werde.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines toxikologischen Gutachtens von Prof. Dr. O, Toxikologisches Labor am Universitätsklinikum F, das am 31.05.1999 im Zusammenwirken mit der Allgemeinmedizinerin Dr. O erstattet und unter dem 26.08.1999 ergänzt worden ist. Zusammenfassend ist der Sachverständige (SV) zu dem Ergebnis gelangt, für Benzol seien sog. Schwellenwerte nicht gängig. Im vorliegenden Fall seien die an den Arbeitsplätzen des Versicherten aufgetretenen Spitzenkonzentrationen an Benzol noch nicht berücksichtigt, aber auch nicht berechenbar. Die vom Tabakrauch ausgehende Benzolexpositon lasse sich mathematisch genauer berechnen als die berufliche Exposition, die sich lediglich auf die Angaben zum prozentualen Benzolgehalt der am Arbeitsplatz verwendeten Lösungsmittel stütze. Da zuverlässige Daten, welche zu einer quantitativen Einschätzung führen könnten, nicht vorlägen, seien beide Schadstoffquellen (berufliche und private) in gleichem Maße "verdächtig". Die Zusammenhangsfrage könne derzeit nicht abschließend beantwortet werden.

Mit Beschluss vom 04.02.2000 hat das SG die IKK Nordrhein gemäß § 75 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zum Verfahren beigeladen und sodann mit Urteil vom 08.02.2000 - im Wesentlichen gestützt auf die Gutachten von Prof. Dr. N1 und Prof. Dr. X1 - die Beklagte verurteilt, die Leukämie-Erkrankung des verstorbenen Versicherten N A als BK nach Nr. 1303 im Sinne der Anlage zur BKV zu entschädigen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.

Gegen das ihr am 29.02.2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23.03.2000 Berufung eingelegt. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass der beruflichen Benzoleinwirkung nach dem derzeitigen medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht die Rolle einer rechtlich wesentlichen Teilursächlichkeit zukommen könne. Sie hat eine Stellungnahme ihrer Technischen Abteilung - Referat Gefahrstoffe - vom 05.05.2000, auf deren Inhalt verwiesen wird, sowie ein von ihr veranlasstes Gutachten des Prof. Dr. X3, Direktor des Instituts für Pathologie des Universitätsklinikums M, vom 31.07.2000 vorgelegt, der zusammenfassend keinen Zusammenhang zwischen der akuten myeloischen Leukämie (AML) des Versicherten und der Benzolexposition gesehen hat.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 08.02.2000 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Gutachter erneut zu hören, um auf der Grundlage des Referats von Dr. H1 und dessen Rekonstruktion den Fall zu beurteilen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladene schließt sich dem Antrag der Klägerin an und hält - wie diese - das gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten von Prof. Dr. O1 für überzeugend.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage von Prof. Dr. T2, Leiter des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin des Universitätsklinikums V, vom 04.02.2002. Der von der Klägerin als Arzt ihres Vertrauens gemäß § 109 SGG zunächst benannte Prof. Dr. X4, Direktor des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der K1-M1-Universität H2, hat mit Schreiben vom 02.05.2002, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten verwiesen wird, den Gutachtenauftrag zur Vermeidung weiterer Kosten für die Klägerin zurückgegeben, weil aufgrund der nicht mehr fassbaren Einwirkungen (von Nikotinkonsum des Versicherten einerseits und von Benzol am Arbeitsplatz andererseits) eine Beurteilung hinsichtlich der wesentlichen Teilursache nicht mehr möglich sei. Der sodann von der Klägerin benannte Arbeitsmediziner Prof. Dr. O1 in N2 hat sein Gutachten am 31.10.2002 erstattet. Wegen des Ergebnisses dieser medizinischen Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der genannten Gutachten Bezug genommen. Zum Gutachten von Prof. Dr. O1 hat die Beklagte ein von ihr veranlasstes arbeitsmedizinisches Zusammenhangsgutachten nach Aktenlage des Prof. Dr. U1, Direktor des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin des Universitätsklinikums I1, vom 30.04.2003 vorgelegt. Die Klägerin sieht darin einen Verstoß der Beklagten gegen die Vorschrift des § 200 Abs. 2 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII), weil ihr Recht auf Gutachterauswahl verletzt worden sei und hält das Gutachten von Prof. Dr. U1 für nicht verwertbar. Sie hat ferner einen im Zentralblatt für Arbeitsmedizin 53 (2003) auf S. 126 ff. veröffentlichten, von Prof. Dr. X4 et al. verfassten Aufsatz zum Thema der Benzolerkrankungen überreicht, auf dessen Inhalt verwiesen wird. Die Beklagte ihrerseits hat einen in englischer Sprache abgefassten Beitrag "Benzol- und lymphohaemotopoetische bösartige Neubildungen beim Menschen" aus dem American Journal of Industrial Medicine 2001 vorgelegt. Die Klägerin hat im Termin zur mündlichen Verhandlung die Kopie eines Referates von Dr. H1, Bau-BG Rheinland und Westfalen, gehalten an den Potsdamer BK-Tagen 2002, überreicht.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet.

Das SG hat zu Unrecht der Klage stattgegeben, denn der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zutreffend bei dem Versicherten die Anerkennung einer BK nach Nr. 1303 der Anlage zur BKV abgelehnt. Es ist nämlich nicht wahrscheinlich zu machen, dass die bei Z. bestehende akute myeloische Leukämie vom Subtyp II wesentlich ursächlich auf seine berufliche Tätigkeit zurückzuführen ist.

Der Entschädigungsanspruch richtet sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), weil Leistungen auch für die Zeit vor dem Inkrafttreten des SGB VII zum 01.01.1997 begehrt werden (vgl. Artikel 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz [UVEG], §§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII).

Gemäß § 547 RVO gewährt der Träger der Unfallversicherung nach Eintritt eines Arbeitsunfalls nach Maßgabe der folgenden Vorschriften Entschädigungsleistungen, insbesondere Verletztenrente nach §§ 580, 581 RVO. Als Arbeitsunfall gilt nach § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO auch eine BK. Letztere sind nach § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet hat und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Die hier allein streitige BK Nr. 1303 der Anlage zur BKV erfasst Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder Styrol.

Die Feststellung einer BK setzt voraus (vgl. zum Folgenden: Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung [Handkommentar] , § 9 SGB VII, Rdnr. 3; Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung [Kommentar], E § 9 SGB VII Rdnr. 14), dass in der Person des Versicherten zunächst die sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen gegeben sind, d.h., dass er im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen - wie das Bundessozialgericht (BSG) in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2) entschieden hat - die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes im Sinne des Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, bewiesen sein. Für den ursächlichen Zusammenhang (haftungsausfüllende Kausalität) als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Unfallversicherungsrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung (vgl. BSGE 61, 127, 129; 63, 272, 278; Mehrtens, a.a.O., Rdnr. 12) zu beurteilen ist, reicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Möglichkeit - aus (BSG, a.a.O. sowie SozR 2200 § 551 Nr. 1; Mehrtens/Perlebach, a.a.O. Rdnr. 26). Dieser Zusammenhang ist unter Zugrundelegung der herrschenden unfallmedizinischen Lehrauffassung, die bei der Zusammenhangsbeurteilung zu beachten ist (BSG Urteil vom 20.09.1977 = Meso B 30/51 und Urteil vom 12.11.1986 - 9 b RU 76/86; Plagemann/Hontschik, Medizinische Begutachtung im Sozialrecht, 3. Aufl., S. 27 ff.) erst dann gegeben, wenn mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel an einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSG Breithaupt 1963, 60, 61; BSGE 32, 303, 309; 45, 285, 286). Die für den Kausalzusammenhang sprechenden Umstände müssen danach die gegenteiligen deutlich überwiegen (vgl. Schulz-Weidner, SGb 1992, 59).

Von diesen rechtlichen Voraussetzungen ausgehend lässt sich nach dem Gesamtergebnis der arbeitstechnischen und medizinischen Ermittlungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nicht wahrscheinlich machen, dass die Erkrankung des Versicherten wesentlich ursächlich auf seine berufliche Tätigkeit als Maler und Anstreicher zurückzuführen ist. Der Senat stützt sich insoweit zum einen auf das von der Beklagten im Feststellungsverfahren eingeholte Gutachten des Arbeitsmediziners und Diplomchemikers Dr. Q. Es entspricht in Form und Inhalt den Anforderungen, die an ein wissenschaftlich begründetes Sachverständigengutachten zu stellen sind. Derartige Gutachten, die vom Versicherungsträger im Rahmen der Amtsermittlungspflicht (§§ 20, 21 des Zehnten Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - [SGB X]) eingeholt worden sind, sind keine Parteigutachten (BSG SozR § 118 SGG Nr. 3; Meyer-Ladewig, SGG 7. Aufl., § 118 Rdnr. 12 b). Solche Gutachten können im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden und nach der Rechtsprechung des BSG, der der erkennende Senat folgt, auch alleinige medizinische Grundlage der gerichtlichen Entscheidung sein (BSG SozR § 128 SGG Nr. 66; BSG Urteil vom 08.12.1988 - 2/9 b RU 76/87 -; Meyer-Ladewig, a.a.O. sowie § 117 Rdnr. 6; Krasney/Udsching, Handbuch des Sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Aufl., Abschnitt III Rdnrn. 49, 50). Zum anderen hat die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren durch das Gutachten von Prof. Dr. T2 die Richtigkeit der Entscheidung der Beklagten bestätigt. Schließlich sind auch die von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahmen von Prof. Dr. X3 und Prof. Dr. U1, die rechtlich als qualifiziertes Parteivorbringen zu werten sind, nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 06.04.1989 - 2 RU 55/88 -; vgl. auch Meyer-Ladewig, a.a.O.) deshalb bei der medizinischen Beweiswürdigung aber nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, zu dem Ergebnis gelangt, dass angesichts der nur geringen Exposition des Z. gegenüber Benzol jedenfalls die haftungsausfüllende Kausalität nicht wahrscheinlich gemacht ist. Soweit die Klägerin vorgebracht hat, die Beklagte habe durch Vorlage dieser Gutachten und Stellungnahmen gegen § 200 Abs. 2 SGB VII verstoßen, teilt der Senat diese Rechtsauffassung nicht. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine vertrauensbildende Maßnahme der Transparenz gegenüber den Versicherten im Feststellungsverfahren (vgl. Mehrtens, a.a.O., § 200 SGB VII, Rdnr. 4; Ricke in KassKomm, § 200 SGB VII, Rdnr. 3). Sie verpflichtet indes den Versicherungsträger nicht, bei der Einholung beratungsärztlicher Stellungnahmen und Gutachten zu Gutachten, die im anschließenden Gerichtsverfahren eingeholt worden sind, den Kläger vorher zu befragen oder ihm gar die Möglichkeit einzuräumen, den zu hörenden Arzt zu bestimmen (Ricke, a.a.O., Rdnr. 4). Eine andere Auslegung würde dem verfassungsrechtlich abgesicherten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 63 SGG), der auch für den Versicherungsträger gilt, widersprechen (vgl. dazu auch Urteil des erkennenden Senats vom 11.12.1991 - L 17 U 54/90 -). Im Übrigen beweist der vorliegende Sachverhalt exemplarisch den Erkenntnisgewinn, der in schwierigen und kontrovers beurteilten Verfahren über das Vorliegen einer BK durch diese Verfahrensweise erzielt wird. Das medizinische Beweisergebnis wird in derartigen Fällen auf eine breitere Basis gestellt, was der Aufklärung der Sach- und Rechtslage in hohem Maße dienlich ist. Soweit die von der Beigeladenen beauftragten Gutachter Prof. Dr. N1 und Prof. Dr. X1, deren Darlegungen urkundsbeweislich zu verwerten sind, sowie der nach § 109 SGG im zweiten Rechtszug gehörte SV Prof. Dr. O1 zu einer anderen Beurteilung der Zusammenhangsfrage gekommen sind und das Vorliegen der streitigen BK beim Versicherten angenommen haben, vermögen ihre Ausführungen nicht zu überzeugen. Dafür sind folgene Erwägungen maßgebend:

Der Versicherte war während seiner beruflichen Tätigkeit von August 1967 bis November 1995 insbesondere bei der Verlegung von Teppichböden gegenüber Lösungsmitteln und Klebern exponiert. Diese enthielten seinerzeit Toluol oder Xylol, die der BK Nr. 1303 unterfallen. Die krebserregende Wirkung von Benzol ist seit langem bekannt. Dementsprechend wurde - wie aus den von der Beklagten eingeholten Stellungnahmen des Dr. X2 und des Dr. C2 vom BIA folgt - am 01.04.1954 eine Lösemittelverordnung erlassen, wonach ein benzolhaltiger Arbeitsstoff mit mehr als 5 % Benzol kennzeichnungspflichtig war. Die Arbeitsstoffverordnung von 1971 hat den Benzolgehalt auf 1 % begrenzt und die Gefahrstoffverordnung von 1991 sogar auf weniger als 0,1 %. In Anbetracht der Tatsache, dass es in früherer Zeit technisch nicht möglich war, geringe Benzolkonzentrationen am Arbeitsplatz zu bestimmen, ist ein sicherer Nachweis des Umfangs der Schadstoffexposition bis zum Beginn der 60er Jahre nicht möglich. Deshalb - und weil die expositionsbedingungen im Einzelnen nicht mehr mit hinreichender Sicherheit nachgewiesen werden können - kann die Benzolkonzentration, der der Versicherte von 1972 bis Ende 1995 ausgesetzt war, nur anhand von Messdaten im Vergleich zur allgemeinen Lösemittelexposition von Malern und Anstreichern abgeschätzt werden. Danach muss für die Zeit von 1961 bis 1970 von einer Benzolkonzentration mit dem Mittelwert von 1 ppm, für die Zeit bis 1990 mit 0,3 ppm und ab 1991 mit 0,03 ppm ausgegangen werden. Im Hinblick darauf ergab die Risikoabschätzung durch das BIA eine Gesamtbelastungsdosis für Z. von 1,92 ppm-Benzoljahren. Dabei wurde der höchste Wert während der Tätigkeit des Versicherten bei der Firma U von 1976 bis 1980 erreicht, weil dort in größerem Umfang Fußbodenverlegearbeiten durchgeführt wurden. Der Senat folgt dieser schlüssig erscheinenden Bewertung, weil sie auch aus arbeitsmedizinischer Sicht von dem SV Prof. Dr. T2 geteilt wird, dessen Gutachten den Senat besonders beeindruckt hat, weil er sich mit den Vorgutachten eingehend auseinandergesetzt und überzeugend unter Anführung der neuesten Fachliteratur dargetan hat, warum die Gesamtbelastungsdosis des Z. weit unter dem Wert liegt, bei dem ein berufliches Risiko für die Entstehung einer benzolinduzierten Leukämie angenommen wird. Dieser SV hat ferner darauf hingewiesen, dass alle Menschen in Deutschland gegenüber Benzol exponiert sind, da dieser Stoff eine ubiquitäre Noxe ist. Soweit demgegenüber Prof. Dr. O1 meinte, einen Rechenfehler bei der Berechnung der ppm-Jahre durch Dr. X2 und Dr. C2 gefunden zu haben, und er selbst die ppm-Jahre mit 4,89 errechnet hat und damit in die Nähe eines Wertes von 5 Jahren gekommen ist, bei dem er ein beruflich bedingtes Erkrankungsrisiko für nicht ausgeschlossen (!) hält, ist diese Berechnung unrichtig. Denn für den Zeitraum von 1980 bis 1990 ist nicht fälschlich nur ein Jahr angesetzt worden. Vielmehr sind nach der Tabelle 4 12,52 Beschäftigungsjahre zugrunde gelegt worden, die - wie in den anderen Zeiträumen auch - mit 8 % Benzoljahren berechnet worden sind, so dass sich - rechnerisch zutreffend - eine Expositionszeit von einem Jahr ergibt. Diese wiederum ist mit dem Schichtmittelwert von 0,3 ppm in 0,3 ppm-Jahre umgerechnet worden. Damit erweist sich aber der ermittelte Gesamtwert von 1,92 ppm-Jahren als richtig. Weshalb der TAD in seiner Stellungnahme vom 05.05.2000 in einer offenbar recht groben Schätzung unter sog. "worst-case-Bedingungen" dann auf 10 bis 25 ppm-Jahre gekommen ist, hat sich dem Senat mangels nachvollziehbarer Begründung in Abweichung von den BIA-Werten nicht erschlossen. Letztlich kann diese Frage auch dahinstehen, denn selbst dann, wenn man dem letztgenannten Wert folgen würde, wäre die haftungsausfüllende Kausalität nicht gegeben.

Wie aus den Darlegungen von Dr. Q, Prof. Dr. N1, Prof. Dr. O, Prof. Dr. T2 und Prof. Dr. U1 folgt, gibt es keine gesicherten Grenzwerte, bei deren Erreichen oder Überschreiten eine beruflich induzierte Leukämie angenommen wird. Auf diese Schwierigkeiten der Risikobewertung hat insbesondere Prof. Dr. T2 eingehend hingewiesen und sie wird von Prof. Dr. U1 nachdrücklich geteilt. Letzterer hat bemängelt, dass vom Sachverständigenbeirat beim Bundesministerium insoweit bedauerlicherweise noch keine Klärung erfolgt ist. Dementsprechend ist in der Vergangenheit davon ausgegangen worden, dass erst - so der Gutachter Dr. Q - beim Nachweis von 50 ppm-Jahren eine relevante Risikoerhöhung für die Entstehung einer beruflich bedingten Leukämie durch Benzol besteht. Im Einzelfall - so hat er weiter ausgeführt - könnten auch Anerkennungen von Leukämien als Folge einer BK nach Nr. 1303 der Anlage zur BKV ab 20 ppm-Jahren ausgesprochen werden. Von diesen arbeitsmedizinischen Erfahrungswerten bzw. Annahmen ist auch Prof. Dr. N1 ausgegangen, wie sich aus Blatt 13 seines Gutachtens ergibt. Seinerzeit war aber eine Berechnung der Gesamtbelastungsdosis noch gar nicht erfolgt und der Gutachter selbst hat insoweit entsprechende Ermittlungen - etwa durch das BIA - für erforderlich erachtet. Wenn er dann - in Unkenntnis der später ermittelten niedrigen Benzoljahre - allein im Hinblick darauf, dass der Versicherte im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit gegenüber Benzol exponiert war und es dabei zu "Grenzwertüberschreitungen" gekommen sein soll, der beruflichen Tätigkeit eine wesentliche Teilursache beigemessen hat, überzeugen seine Ausführungen daher nicht. Es gibt nämlich keinen Beweis des ersten Anscheins dafür, dass bei Nachweis einer Benzolexposition und Vorliegen einer Leukämie der ursächliche Zusammenhang nach § 9 Abs. 3 SGB VII vermutet wird (so ausdrücklich zur BK Nr. 2108 der Anlage zur BKV, BSG, Urteil vom 18.11.1997 - 2 RU 84/94 - = SGb 1999, 39). Vielmehr ist immer eine einzelfallbezogene individuelle Beantwortung der Kausalitätsfrage durch den medizinischen SV erforderlich. Dementsprechend hat Prof. Dr. T2 zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beantwortung der Zusammenhangsfrage durch Prof. Dr. N1 unschlüssig ist. Insoweit hat er auch unter Hinweis auf neueste Kohortenstudien nachgewiesen, dass sich im Hinblick auf die seit den 70er Jahren geänderten Expositionsbedingungen jetzt ein generell erhöhtes Leukämierisiko für Maler und Anstreicher in aller Regel nicht mehr begründen lässt. Zum gleichen Ergebnis ist Prof. Dr. U1 gelangt. Er hat betont, ein statistisch signifikantes verdoppeltes Erkrankungsrisiko sei bei einer akuten myeloischen Leukämie erst bei einer kumulativen Benzoldosis von 200 ppm-Jahren unstreitig und bei einer niedrigeren Dosis von 40 ppm-Jahren oder weniger gebe es keine Anhaltspunkte für ein erhöhtes Erkrankungsrisiko. Diese Darlegungen stehen in Einklang mit der neueren arbeitsmedizinischen Lehrauffassung (vgl. dazu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, S. 1021 ff.; so auch schon LSG Schleswig-Holstein, Urt. vom 20.07.2000 = MesoB 100/34). Unterstellt man zu Gunsten des Versicherten die vom TAD der Beklagten am 05.05.2000 ermittelte Gesamtbelastungsdosis von 10 bis 25 ppm-Jahren, so lässt sich eine durch versicherte Tätigkeit entstandene Leukämieerkrankung bei Z. gleichfalls nicht wahrscheinlich machen. Der von dem SV Prof. Dr. O1 angenommene Grenzwert von 5 ppm-Jahren entspricht nicht der herrschenden Lehrmeinung.

Soweit von Prof. Dr. O und auch von Prof. Dr. X3 die Frage einer kumulativen Einwirkung zwischen Benzol am Arbeitsplatz und den Rauchgewohnheiten des Versicherten erörtert worden ist, ist dies - wie Prof. Dr. T2 überzeugend dargetan hat - hier ohne entscheidungserhebliche Relevanz, weil selbst bei Annahme einer - von der Klägerin bestrittenen - langjährigen Raucheranamnese von 20 Zigaretten pro Tag sich dadurch eine wesentliche Risikoerhöhung im Vergleich zu den Benzoleinwirkungen am Arbeitsplatz nicht begründen lassen würde.

Aufgrund der vom BIA ermittelten Gesamtbelastungsdosis von nur 1,92 ppm-Benzoljahren hat sich auch der vom SG gehörte toxikologische
SV Prof. Dr. O gehindert gesehen, eine BK nach Nr. 1303 der Anlage zur BKV anzunehmen. Seine Darlegungen stützen daher den Anspruch der Klägerin ebenfalls nicht. Schließlich ist auch beachtenswert, dass der von der Klägerin im Berufungsverfahren benannte SV Prof. Dr. X4, der einer der namhaftesten Arbeitsmediziner und ein außerordentlich erfahrener Gutachter in BK-Verfahren wie diesem ist, dem Klagebegehren keine Chancen eingeräumt hat, denn nur so ist seine Erklärung zu verstehen, er möchte - um der Klägerin Kosten zu ersparen - vom Gutachtenauftrag entbunden werden.

Soweit das SG sich für seine positive Entscheidung auf die von der Beigeladenen vorgelegten Gutachten von Prof. Dr. N1 und Prof. Dr. X1 gestützt und mit dem letztgenannten hervorgehoben hat, dass gerade die Seltenheit der beim Versicherten bestehenden akuten myeloischen Leukämie M II biphänotypischer Art mit deutlicher myeloischer Komponente für eine relevante toxische Schädigung durch ein auslösendes Agens am Arbeitsplatz spreche, wird diese Auffassung, die von dem Gutachter nicht näher belegt worden ist, von keinem der anderen Gutachter und Sachverständigen geteilt. Insbesondere Prof. Dr. X3 hat aus pathologischer Sicht dargetan, dass es in der gesamten Literatur für die von Prof. Dr. X1 vertretene These keinen Nachweis gebe. Im übrigen hat auch Prof. Dr. X1, dem offensichtlich - ebenso wie Prof. Dr. N1 - die in der gesetzlichen Unfallversicherung geltende Kausalitätslehre und die dabei zu beachtenden Beweisgrundsätze nicht geläufig sind, im Wesentlichen aus der beruflichen Exposition gegenüber Benzol auf das Vorliegen der BK beim Versicherten gechlossen. Dies ist - wie vorstehend im Einzelnen dargelegt - unzulässig. Seine Begründung der Zusammenhangsfrage überzeugt - ebenso wie die von Prof. Dr. N1 - in keiner Weise, hat er doch die entscheidungserhebliche Frage des Umfangs der Exposition gegenüber Benzol, die nach alledem außerordentlich gering war, vernachlässigt.

Nach alledem ist zur Überzeugung des Senates der Sachverhalt durch die angeführten medizinischen Gutachten und Stellungnahmen von Dr. Q, Prof. Dr. X3, Prof. Dr. U1 und insbesondere durch den SV Prof. Dr. T2 hinreichend aufgeklärt und die gegenteilige Beurteilung der Zusammenhangsfrage durch Prof. Dr. N1, Prof. Dr. X1 und den nach § 109 SGG gehörten SV Prof. Dr. O1 zuverlässig widerlegt. Zu weiteren Ermittlungen gab das Berufungsvorbringen der Klägerin keinen Anlass. Insbesondere brauchte dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, die Gutachter und SVen zu dem im Termin überreichten Referat des Dr. H1 ergänzend zu hören, nicht nachgekommen zu werden. Auch wenn insoweit zu Gunsten der Klägerin unterstellt wird, dass in der Vergangenheit die MAK- und TRK-Werte hinsichtlich Benzol, denen Z. ausgesetzt gewesen war, überschritten worden sind, belegt dies - wie Prof. Dr. T2 einleuchtend dargetan hat - nicht eine berufliche Verursachung der Erkrankung, denn diese Werte orientieren sich daran, was als technischer Standard durchführbar ist und sind nicht beweisend dafür, dass bei einer Überschreitung mit einer Gesundheitsschädigung zu rechnen ist.

Das angefochtene Urteil des SG konnte daher keinen Bestand haben. Es war auf die Berufung der Beklagten abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Zur Revisionszulassung bestand kein Anlass, denn die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 SGG sind vorliegend nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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