Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 22 RJ 131/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 R 57/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 26/06 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Zurückverweisung an das LSG L 4 R 50/09 ZVW
Dieses erledigt am 09.10.2009 durch angenommenes Anerkenntnis.
Dieses erledigt am 09.10.2009 durch angenommenes Anerkenntnis.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.04.2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten der Klägerin werden nicht erstattet. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung eines Altersruhegeldes (ARG) unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).
Die am 00.00.1921 in B, Bessarabien, geborene Klägerin ist Jüdin. Im Sommer 1941 wurde sie aus M in Bessarabien nach Transnistrien deportiert. 1972 wanderte die Klägerin aus der Sowjetunion nach Israel aus und erwarb die israelische Staatsangehörigkeit.
Im März 1993 beantragte sie bei der Claims Conference die Gewährung von Leistungen aus dem Article 2 Fund. Sie gab an, sie habe sich in der Zeit von August 1941 bis Sommer 1942 im Ghetto Kopaigorod, im Sommer und Herbst 1942 im Lager neben Kopaigorod sowie von Herbst 1942 bis März 1944 im Ghetto Kopaigorod aufgehalten. Die Klägerin bezieht Leistungen aus dem Article 2 Fund.
Auf ihren Antrag von Februar 2001 erhielt die Klägerin Leistungen nach dem Gesetz über die Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZStiftG) für die Zeit "1941 in Kopaigorod".
Im Mai 2003 beantragte die Klägerin, die im Ghetto zurückgelegten Beitragszeiten nach dem ZRBG sowie Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) anzuerkennen und ihr eine Rente sowie eine freiwillige Weiterversicherung nach § 7 SGB VI zu gewähren. Sie sei Verfolgte nach § 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG) und während der Verfolgungszeit in einem Ghetto abhängig gegen Entgelt beschäftigt gewesen. Sie habe in der Zeit von Januar 1942 bis Januar 1944 innerhalb des Ghettos Kopaigorod in einer Bäckerei gearbeitet. Sie sei weder auf dem Weg von und zur Arbeit noch während der Arbeit bewacht worden. Der Arbeitseinsatz sei ihr von Herrn X vermittelt worden. Sie habe die Betriebsräume aufgeräumt, Rohmaterial getragen, Hilfsarbeiten verrichtet. Die Arbeitszeit habe 10 - 12 Stunden betragen. Als Arbeitslohn habe sie Essen am Arbeitsort und eine zusätzliche Verpflegung erhalten. Barlohn habe sie nie erhalten. Sie sei in der Zeit von 1944 bis 1947 krank gewesen. Die Klägerin verneinte die Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK). Mit Bescheid vom 15.07.2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Das ZRBG finde auf Ghettos, die sich wie das Ghetto Kopaigorod in Transnistrien befunden hätten, keine Anwendung.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und machte geltend, dass unter dem in § 1 ZRBG verwendeten Begriff "Besetzung durch das Deutsche Reich" das Tätigwerden von Hoheitsträgern des Deutschen Reiches in den Gebieten zu verstehen sei, in denen die Gebietshoheit auf diese Hoheitsträger ganz oder teilweise übergegangen sei. Transnistrien sei nicht rumänisches Staatsgebiet geworden. Der Vertrag von Tighina bestimme lediglich, dass dieses Gebiet unter rumänischer Kontrolle stehe. Trotz des Vertrages sei Transnistrien weiterhin Besatzungsland unter deutscher Oberhoheit gewesen. Am 09.11.2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Eine Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG könne nicht erfolgen. Das ZRBG finde keine Anwendung für Verfolgte, die sich in einem Ghetto aufgehalten hätten, das sich auf rumänischem Staatsgebiet bzw. in einem unter rumänischer Verwaltungshoheit stehenden Gebiet befunden habe. Das Gebiet Transnistrien habe nicht zu einem gemeinsamen deutsch-rumänischem Besatzungsgebiet gehört, sondern Rumänien habe die Verwaltungshoheit über Transnistrien durch ein vom Staatschef Antonesu erlassenes Dekret vom 19.08.1941 übernommen. Auch der zwischen Deutschland und Rumänien geschlossene Vertrag von Tighina vom 30.08.1941 habe das Gebiet Transnistrien von 1941 bis 1944 der rumänischen Verwaltung unterstellt.
Am 19.11.2004 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage mit dem Begehren erhoben, ihr unter Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten im Ghetto Kopaigorod in der Zeit von Januar 1942 bis Januar 1944 und Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI ARG zu gewähren.
Sie hat geltend gemacht, dass Transnistrien zu den vom Deutschen Reich besetzten Gebieten im Sinne des ZRBG gehört habe. Es sei gemeinsam von der Deutschen Wehrmacht und dem kriegsverbündeten Rumänien im Zuge des Überfalls auf die Sowjetunion erobert worden. Durch einseitige rumänische Erklärung sei Transnistrien unter rumänische Zivilverwaltung gestellt worden. Anschließende Verhandlungen zwischen den Verbündeten hätten zur Vereinbarung von Tighina geführt. Aus dieser Vereinbarung gehe nicht hervor, ob das Gebiet vorläufig oder endgültig der rumänischen Verwaltung unterstellt werden sollte. Von deutscher Seite sei der provisorische Charakter der Vereinbarung betont worden. Rumänien seinerseits habe Transnistrien in dem außenpolitischen Verkehr nie als rumänisches Staatsgebiet deklariert. Im übrigen habe sich die Wehrmacht auf Grundlage der Vereinbarung einige für die Kriegsführung wichtige Positionen vorbehalten. Von deutschen Hoheitsträgern seien unmittelbar und mittelbar Aktivitäten in Transnistrien entfaltet worden, die ohne deutsche Oberhoheit so nicht durchführbar gewesen seien. Auch die Einführung des Reichskreditkassenscheins - RKKS - in Transnistrien sei kein Beleg dafür, dass Transnistrien nicht zu den vom Deutschen Reich besetzten Gebieten im Sinne des ZRBG gehört habe. Es sei nahezu undenkbar, dass Rumänien ohne deutsche Einwilligung habe bestimmen können, dass der von den Reichskreditkassen emittierte RKKS gesetzliches Zahlungsmittel in Transnistrien werde.
Ihre im Ghetto Kopaigorod ausgeführte Beschäftigung sei entgeltlich gewesen. Sachbezüge für geleistete Arbeit seien nach § 14 SGB VI Entgelt, wobei es auf ihre Höhe nicht ankomme. Die schlechte Ernährungslage in Verbindung mit der Bezahlung der Arbeit mit Sachbezügen habe einen Anreiz für die Juden in Transnistrien dargestellt, sich selbst um Arbeit zu bemühen. Dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, wonach das ZRBG nur als Zahlungsvorschrift anzusehen sei, könne nicht gefolgt werden. Das BSG habe das ZRBG gegen den eindeutig erkennbaren Willen des Deutschen Bundestages zu einem reinen Zahlungsgesetz degradiert, indem es fordere, dass sämtliche Voraussetzungen, die nach dem Fremdrentengesetz für die Anerkennung von Beitragszeiten (§ 15 FRG) und Beschäftigungszeiten (§ 16 FRG) gefordert werden, auch bei Beitragszeiten nach dem ZRBG erfüllt sein müssten. Diese Auslegung des ZRBG durch das BSG widerspreche dem tatsächlichen, eindeutig zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers, die Beschäftigten in den Ghettos in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Die Voraussetzungen, unter denen Ghettobeitragszeiten zu berücksichtigen seien, habe das BSG unter Missachtung des parlamentarischen Willens auf die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des ZRBG zurückgeführt und lediglich Ausnahmen bezüglich der Rentenzahlung in das Ausland zugelassen. Mit dieser Entscheidung habe das BSG für nahezu alle Ghettobeschäftigten unüberwindbare Hürden aufgebaut und das Gesetz im Ergebnis unanwendbar gemacht. Es müsse gerichtsbekannt sein, dass das sogenannte Ostjudentum in der Regel nicht die persönlichen Voraussetzungen des Fremdrentengesetzes (FRG) erfülle. Auch die Voraussetzungen, die das BSG an das Vorliegen der Versicherungspflicht und die Anerkennung von Fremdbeitragszeiten oder Beschäftigungszeiten knüpfe, behinderten die Umsetzung des ZRBG.
Durch Urteil vom 05.04.2005 hat das SG Düsseldorf die Klage abgewiesen.
Die erforderliche allgemeine Wartezeit von 5 Jahren (§ 50 SGB VI) sei nicht erfüllt. Insbesondere könne die allgemeine Wartezeit nicht durch die Anrechnung von Beitragszeiten nach den Vorschriften des ZRBG erfüllt werden. Der Anwendungsbereich dieses Gesetzes sei nicht eröffnet, da sich die Klägerin in dem geltend gemachten Zeitraum nicht in einem Ghetto aufgehalten habe, das sich in einem Gebiet befunden habe, das vom deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert gewesen sei. Das Ghetto Kopaigorod habe in Transnistrien gelegen. Dieses Gebiet sei von Sommer 1941 bis zur Befreiung im März 1944 an Rumänien abgeschlossen gewesen. Auch wenn sich der Anwendungsbereich des ZRBG auf das Gebiet Transnistrien erstrecke, könne eine Anerkennung der zurückgelegten Versicherungszeiten als deutsche Beitragszeiten allein nach dem ZRBG nicht erfolgen. Eine umfassende Gleichstellung von nichtdeutschen und deutschen Zeiten sei durch die Vorschrift des § 2 Abs. 1 ZRBG nicht erfolgt. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG bewirke keine Anerkennung ausländischer Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung. Die dort geregelte Beitragsfiktion "für die Berechnung der Rente" umfasse nicht eine Gleichstellung hinsichtlich der Berücksichtigung der betreffenden Zeiten bei der Erfüllung der Wartezeit. Desweiteren sei der Arbeitseinsatz der Klägerin im Ghetto Kopaigorod auch nicht entgeltlich im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG erfolgt. Denn die Klägerin habe in der Zeit von Januar 1942 bis Januar 1944 im Ghetto Kopaigorod keine dem Grunde nach versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Nach ihren eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren habe sie für ihre Tätigkeit in der Bäckerei des Ghettos lediglich Essen am Arbeitsort sowie zusätzliche Verpflegung erhalten. Der von der Klägerin angegebene Sachbezug reiche nicht aus, um die Tätigkeit der Klägerin zu einer entgeltlichen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG zu machen. Soweit im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werde, die Entgeltlichkeit folge aus der Entgeltregelung für Juden, wonach jedem Arbeiter als Entgelt für geleistete Arbeit eine Lebensmittelbon im Wert eines Arbeitstages zu gewähren gewesen sei, werde darauf hingewiesen, dass die Klägerin im Verwaltungsverfahren nicht angegeben habe, dass sie für ihre Tätigkeit Lebensmittelbons erhalten habe.
Gegen das am 10.05.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20.05.2005 Berufung eingelegt.
Sie trägt vor, sie habe während ihres ersten Aufenthaltes im Ghetto Kopaigorod in der "Kommandantur" gearbeitet und habe Enttrümmerungsarbeiten geleistet. Insoweit verweise sie auf ihre Angaben gegenüber der Claims Conference. Während ihres zweiten Ghettoaufenthaltes, für den sie gegenüber der Claims Conference keine Beschäftigung angegeben habe, habe sie in der Bäckerei gearbeitet. Es seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass sie die Tätigkeiten während des ersten Ghettoaufenthaltes nicht aus eigenem Willensentschluss aufgenommen habe. Sie habe den für Transnistrien üblichen Lohn erhalten.
In dem Streitverfahren seien der Status von Transnistrien und die Fragen der Anwendung des ZRBG in Verbindung mit dem EVZSiftG, ihrer Zugehörigkeit zum dSK, ihrer Glaubwürdigkeit sowie der Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit ihrer Beschäftigung streitbefangen. Bereits der Umfang der im Verfahren streitigen Rechts- und Sachfragen zeige, dass diese in erster Linie von Befürchtungen auf fiskalischem Gebiet geprägt seien und nicht einer wiedergutmachungsgeprägten Beurteilung unterzogen werden sollten. Bei dem ZRBG handele sich um ein Gesetz mit entschädigungsrechtlichem Charakter. Deshalb sei die Sichtweise des BEG bei der Beantwortung der Frage, welche Gebiete in das ZRBG einbezogen seien, maßgebend. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Ghetto-Verbringung in Transnistrien als von deutscher Hand veranlasst angesehen und demzufolge eine Entschädigung nach dem BEG gewährt worden sei, andererseits aber den Verfolgten in den Ghettos Transnistriens eine Leistung nach dem ZRBG verweigert werde, die den Verfolgten aus Ghettos in anderen Gebieten, die auf deutsche Veranlassung errichtet worden seien, zustehe. Rumänien sei spätestens seit dem 29.05.1940 außen- und innenpolitisch vom Deutschen Reich abhängig gewesen. Insoweit verweise sie auf die Ausführungen von Lupal in RzW 1977, S. 41 ff, der dargelegt habe, dass Rumänien, wenn es sich den Forderungen des Deutschen Reiches nicht gebeugt hätte, eine deutsche Besetzung, wie in Jugoslawien geschehen, hätte befürchten müssen. Rumänien habe die Souveränität in allen die Interessen des Deutschen Reiches berührenden inneren und äußeren Angelegenheiten verloren. Transnistrien sei im Sinne entschädigungsrechtlicher Vorschriften und damit im Sinne des ZRBG ein vom Deutschen Reich besetztes Gebiet. Es sei durch eine von Hitler durchaus gebilligte, völkerrechtlich jedoch nicht zu beachtende Vereinbarung der zuständigen militärischen Befehlshaber Rumänien zur Verwaltung gegeben worden. Rumänien sei durch den Vertrag nur mit der Verwaltung des Gebietes beliehen wurden. Es habe die Verwaltung unter deutscher Aufsicht, nämlich unter Aufsicht der Wehrmacht, durchgeführt. Rumänien habe sich als Koalitionspartner vollständig dem deutschen Führungsanspruch unterworfen und sei für die Dauer des Krieges mit der Verwaltung eines Gebietes belehnt wurden.
Es sei fraglich, ob Art. 42 HLK zur Definition des Begriffs "besetztes Gebiet" in § 1 ZRBG herangezogen werden könne. Art. 42 HLK beziehe sich nur auf Gebiete, die sich tatsächlich in der Gewalt des feindlichen Heeres befinden. Nach Einführung der Zivilverwaltung in den von der Deutschen Wehrmacht eroberten Gebieten, wie etwa dem Generalgouvernement und den Reichskomissariaten, hätten sich diese Gebiete nicht tatsächlich in der Gewalt des feindlichen Heeres, sondern in der Gewalt der deutschen Zivilverwaltung, des Reichsführers SS und der Chefs der Deutschen Polizei befunden. Transnistrien unterscheide sich vom Generalgouvernement und den unter deutscher Zivilverwaltung stehenden Gebieten lediglich dadurch, dass die Zivilverwaltung unter deutscher Oberaufsicht von den Rumänen durchgeführt worden sei.
In Transnistrien seien während der ganzen Zeit des Krieges mit der UdSSR deutsche Truppen stationiert gewesen. Dieses Faktum, dass Transnistrien zu einem " vom Deutschen Reich besetzten Gebiet" im Sinne des ZRBG mache, könne im Rahmen des ZRBG nicht durch einen Hinweis auf Art. 42 HLK negiert werden. Diese Sicht stelle das ZRBG als einzige wiedergutmachungsrechtliche Regelung in der Sozialversicherung hin, die - durch Verwaltungsauslegung und Richterrecht geprägt - mit Bedacht die von der deutschen Staatsführung in Transnistrien veranlasste Verfolgung und Ghettoisierung negiere, somit für die Folgen nationalsozialistisch initiierten Terrors nicht aufkommen wolle, obwohl sich aus dem ZRBG selbst keine Handhabe dafür ergebe. Es falle auf, dass sich der Senat bemühe, den Gesetzgeber nachhaltig zu korrigieren. Die Annahme des Gerichts, sie müsse dem dSK angehören, damit Beitragszeiten nach §§ 15, 16 FRG zustande kämen, stelle einen massiven Eingriff in die Kompetenzen des Gesetzgebers dar, der bewusst entsprechendes nicht geregelt habe. Da der Referentenentwurf zum ZRBG, der eine Zahlbarmachung von Beitragszeiten nach § 12 WGSVG durch Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen vorgesehen habe, im Gesetzgebungsverfahren nicht weiterverfolgt sei, stehe in erkennbarer Weise fest, dass es im Rahmen des ZRBG nicht auf den Erwerb vom Fremdbeitragszeiten und Beschäftigungszeiten im Sinne von §§ 15, 16 FRG ankomme.
Der Glaubhaftmachung ihrer Beschäftigung stehe nicht entgegen, dass sie im Entschädigungsverfahren nur die Arbeiten, die sie während des ersten Aufenthalts im Ghetto verrichtet habe, und im ZRBG-Verfahren nur diejenige Beschäftigung angeben habe, die sie nach Rückkehr aus dem Zwangsarbeiterlager verrichtete habe. Was im Entschädigungs- und Rentenverfahren vortragen worden sei, sei unter Umständen weit von einem erschöpfenden Bericht entfernt. Im Entschädigungsverfahren habe sie die Freiheitsentziehung und nicht etwa die Arbeit dargestellt. Ihre Tätigkeit sei nach der Verordnung Nr. 23 des Oberkommandos des Heeres, Abteilung des Zivilgouverneurs von Transnistrien, entgeltlich gewesen. Nach Art. 6 Abs. 4 der Verordnung habe sie als nicht qualifizierte Arbeiterin Lebensmittel im Wert von 1,00 Mark/Tag erhalten. Hierbei handele es sich nicht um eine echte Sachbezugsgewährung, sondern um eine Entgeltumwandlung. Jeder Arbeitstag sei mit 1,00 Mark bewertet worden und in diesem Wert hätten die Arbeiter Lebensmittel erhalten. Es könne nicht von einer Sachbezugsgewährung im Sinne des Sozialversicherungsrechts ausgegangen werden.
Auch setze das ZRBG das Bestehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht voraus. Insoweit könne der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03, nicht gefolgt werden. Wenn das BSG die tatsächlich nur verfolgungsbedingt erfolgte Sachbezugsgewährung für eine entgeltliche Beschäftigung nicht ausreichen lasse, mache es eine typisch verfolgungsbedingte, von den Verfolgungsinstitutionen mit Bedacht gewählte Benachteiligung beschäftigter Ghettobewohner zum Maßstab für die Auslegung eines Wiedergutmachungsgesetzes. Das BSG habe die Entgeltproblematik des ZRBG nicht auf der Grundlage des Gerechtigkeitsempfindens, sondern auf der Grundlage der äußerst ideenreichen Willkürmodule der hitleristischen und sonstigen örtlichen Statthalter geprüft. Die Höhe des gewährten Entgelts, umgewandelt in Sachbezüge, sei nicht zu niedrig. Auch führe allein der Entgeltanspruch dazu, dass sie für den Bereich der Rentenversicherung so zu stellen sei, als sei ihr das Monatsentgelt tatsächlich ausgezahlt worden.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.04.2005 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.07.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2004 zu verurteilen, ihr unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG für die von ihr in der Zeit von Januar 1942 bis Juli 1942 und von Oktober 1942 bis Januar 1944 im Ghetto Kopaigorod zurückgelegten Zeiten einer Beschäftigung sowie unter Berücksichtigung von Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI - ggfs. nach Entrichtung von freiwilligen Beiträgen - ab dem 01.07.1997 eine Regelaltersrente zu gewähren,
hilfweise,
den Referentenentwurf und die zu den Bundestagsdrucksachen 14/8583 und 14/8602 führenden Materialien einschließlich der Stellungnahme der Rentenversicherungsträger beizuziehen,
weiter hilfsweise,
sie persönlich anzuhören,
weiter hilfsweise,
Beweis zu erheben durch Einholung eines geschichtswissenschaftlichen Gutachtens zu der Frage, ob Transnistrien zu den "vom Deutschen Reich besetzten Gebieten" im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZRBG gehört und dabei dem Sachverständigen die auf Seite 25 - 28 des Schriftsatzes vom 02.02.2006 ausgeführten Fragen zu 1. - 24. vorzulegen,
ferner hilfsweise ,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die Unterlagen der Jewish Conference on Material Claims Against Germany über die Klägerin, Vökl, "Transnistrien und Odessa (1941-1944)", Regensburg 1996, Broszat, "Das 3. Reich und die rumänische Judenpolitik", in Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte, München 1958 S. 102 ff., Weber, "Die Bukowina im Zweiten Weltkrieg", Hamburg 1972, Auszüge aus dem Kriegstagebuch der 6. Armee, Abteilung Obertquartiermeister, vom 15/16.03.1944, die Auskunft des Bundesarchivs - Militärarchiv - vom 15.09.2005 im Verfahren L 4 RJ 126/04, den Final Report of the International Commission on the Holocaust in Romania, 2004 und Ancel, "Transnistria 1941 - 1944, The Romanien Mass Murder Campaig", Volume I, Tel Aviv 2003 beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtstreit in der mündlichen Verhandlung vom 03.02.2006 trotz Nichterscheinens der Prozessbevollmächtigten der Klägerin verhandeln und entscheiden. Die Prozessbevollmächtigte ist laut Empfangbekenntnis vom 27.12.2005 ordnungsgemäß zum Termin geladen wurden. In der Terminsmitteilung ist die Prozessbevollmächtigte auf die Möglichkeit einer solchen Verfahrensweise hingewiesen worden.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klägerin ist nicht nach § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf ARG gegenüber der Beklagten nach §§ 35, 300 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Die für den Rentenanspruch erforderliche Wartezeit von 60 Kalendermonaten (§ 35 Nr. 2, 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) ist nicht erfüllt, weil auf die Wartezeit anrechenbare Versicherungszeiten nicht vorliegen. Die von der Klägerin im Berufungsverfahren geltend gemachten Beschäftigungszeiten im Ghetto Kopaigorod von Januar 1942 bis Juli 1942 und von Oktober 1942 bis Januar 1944 sind als Beitragszeiten nicht zu berücksichtigen, da die Klägerin nicht dem dSK angehörte und Beschäftigungen in Ghettos im Gebiet Transnistrien nicht dem ZRBG unterfallen. Anrechenbare Ersatzzeiten liegen nicht vor.
Nach § 35 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ist die Erfüllung der Wartezeit von fünf Jahren Voraussetzung für einen Anspruch auf ARG. Auf die allgemeine Wartezeit werden nach § 51 Abs. 1 und Abs. 4 SGB VI Kalendermonate mit Beitragszeiten und Ersatzzeiten angerechnet. Nach §§ 55 Abs. 1, 247 Abs. 3 S. 1 SGB VI sind Beitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht oder Reichsversicherungsrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind oder nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Ersatzzeiten werden nach § 250 Abs.1 SGB VI nur bei Versicherten als rentenrechtliche Zeiten berücksichtigt. Die Versicherteneigenschaft setzt voraus, dass vor Beginn der Rente zumindest ein Beitrag wirksam entrichtet worden ist oder als wirksam entrichtet gilt.
Bis zu ihrer Ausreise nach Israel im Jahre 1972 lebte die Klägerin in keinem Gebiet, das vom Geltungsbereich der Reichsversicherungsordnung (RVO) erfasst war. Sie hielt sich von ihrer Geburt bis zur Deportation im Sommer 1941 sowie nach ihrer Befreiung im März 1944 aus dem Ghetto Kopaigorod bis zu ihrer Ausreise 1972 im sowjetischen Staatsgebiet auf. Sie legte auch in der Zeit von Januar 1942 bis Januar 1944 im Ghetto Kopaigorod keine Versicherungszeiten nach deutschem Reichsrecht zurück. Denn das Ghetto Kopaigorod lag im Gebiet Transnistrien, in dem nach der Eroberung durch die deutsch-rumänischen Truppen die RVO nicht eingeführt wurde.
Bis zu ihrer Ausreise nach Israel 1972 erwarb die Klägerin keine Beitragszeiten nach dem FRG. Denn sie erfüllte nicht die persönlichen Voraussetzungen des FRG. Die Klägerin ist weder als Vertriebene im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) anerkannt noch gehört sie zu dem nach § 1 FRG begünstigten Personenkreis. Die Vorschriften des FRG sind auch nicht nach § 17a FRG oder § 20 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozilistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) auf Beschäftigungen der Klägerin bis 1972 anwendbar, da die Klägerin nach eigenen Angaben nicht dem dSK angehörte.
Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich auch aus den Vorschriften des ZRBG kein Anspruch auf Berücksichtigung der Beschäftigungszeiten im Ghetto Kopaigorod als Beitragszeiten zur Erfüllung der Wartezeit ableiten. Das SG hat zu Recht ausgeführt, dass das ZRBG nicht das Fehlen des dSK ersetzt. Das ZRBG regelt weder die Gleichstellung von Beschäftigungszeiten in einem Ghetto mit nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten nach § 55 Abs. 1 S. 1 SGB VI noch mit fiktiven Beitragszeiten im Sinne von § 55 Abs. 1 S. 2 SGB VI (LSG NRW, Urteil vom 13.01.2006, - L 4 RJ 113/04 -; Urteil vom 03.02.2006, - L 4 R 47/05 -). Der Senat folgt nicht der auch von den Rentenversicherungsträgern vertretenen Auffassung (siehe z. B. Dienstanweisung zum ZRBG der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 04.11.2005, Punkt 2), dass für die Anerkennung von Ghetto-Beschäftigungen als Beitragszeiten nach dem ZRBG eine Beziehung der Verfolgten im Sinne des BEG zur deutschen Rentenversicherung während der Verfolgungszeit nicht mehr erforderlich ist. Das ZRBG weitet nicht den Kreis der anspruchsberechtigten Verfolgten, der durch die Bestimmungen des SGB VI der §§ 1, 20 WGSVG und des FRG (§§ 1, 16, 17a FRG) festgelegt ist, aus. Vielmehr beschränkt sich der Anwendungsbereich des ZRBG auf die Bewertung von Beschäftigungszeiten in einem Ghetto sowie deren Zahlbarmachung ins Ausland, die nach § 247 Abs. 3 S. 1 SGB VI (Beitragszeiten nach RVO) oder den Bestimmungen des FRG den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichgestellt sind. Das ZRBG ändert oder ergänzt nicht die Bestimmungen des SGB VI über das Entstehen und den Bestand eines Stammrechts auf Rente, sondern es betrifft nur den sich aus dem Rentenstammrecht ergebenden monatlichen Zahlungsanspruch. Denn durch die Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZRBG wird die in § 113 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI vorgesehene "Zahlungssperre" für Leistungen an den besonderen Personenkreis der Verfolgten des Nationalsozialismus, die unter den Bedingungen eines Ghettos beschäftigt waren, beseitigt.
Damit sollen die im Rentenversicherungsrecht durch nationalsozialistisches Unrecht eingetretenen Nachteile insoweit ausgeglichen werden, als der typischerweise im Ausland wohnende betroffene Personenkreis in Zukunft über die ihm zustehenden Leistungen verfügen können soll (BSG, Urteil vom 03.05.2005, - B 13 RJ 34/04 R -). Die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 und des § 3 ZRBG betreffen die Bewertung der Beitragszeiten mit Entgeltpunkten nach § 254d Abs. 1 Nr. 5 SGB VI, die Ermittlung des Zugangsfaktors sowie den Rentenbeginn und somit nicht das Entstehen des Rentenstammrechts.
Aus dem Wortlaut des ZRBG lässt sich nicht entnehmen, dass die in § 1 ZRBG definierten Beschäftigungszeiten in einem Ghetto Beitragszeiten nach § 55 SGB VI gleichgestellt werden und damit zur Erfüllung der Wartezeit geeignet sein sollen, unabhängig davon, ob die Verfolgten dem vom FRG, WGSVG oder der RVO erfassten Personenkreis angehören. Schon die Überschrift "Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto" spricht dafür, dass dessen Regelungen nur Fragen des monatlichen Zahlungsanspruches betreffen, jedoch das Bestehen eines Rentenanspruchs voraussetzen. Der in § 1 Abs. 1 ZRBG verwendete Begriff "Verfolgte" ist im ZRBG nicht näher definiert. Soweit in den Vorschriften des § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI und des § 1251 Abs. 1 Nr. 4 RVO und der §§ 1 Abs. 1, 20 WGSVG auf die Verfolgteneigenschaft eines Berechtigten zur Berücksichtigung von rentenrechtlichen Zeiten abgestellt wird, handelt es um Verfolgte im Sinne des BEG, die einen durch die Verfolgungsmaßnahme bedingten Schaden in ihrer deutschen Rentenberechtigung erlitten haben, also in der Lage waren, zu Beginn und während der Verfolgungsmaßnahmen Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung zu erwerben (BSG, Urteil vom 08.09.2005, - B 13 RJ 20/05 - zu § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI; Urteil vom 14.08.2003, - B 13 RJ 27/02 R - zu § 1251 Abs.1 Nr. 4 RVO; Urteil vom 29.08.1996, - 4 RA 85/95 -). Aus dem Wortlaut des § 1 Abs.1 ZRBG ist nicht erkennbar, dass von diesem Verfolgtenbegriff abgewichen wird.
Auch aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 2 ZRBG lässt sich eine umfassende Gleichstellung der sog. "Ghetto-Beitragszeiten" mit nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten im Sinne von § 55 SGB VI nicht herleiten. § 2 Abs. 1 ZRBG bestimmt, dass für Zeiten der Beschäftigung in einem Ghetto Beiträge als gezahlt gelten, und zwar für die Berechnung der Rente als Beiträge nach den Reichsversicherungsgesetzen für eine Beschäftigung außerhalb des Bundesgebiets (Nr. 1) sowie für die Erbringung von Leistungen ins Ausland als Beiträge für eine Beschäftigung im Bundesgebiet (Nr. 2). Durch § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZRBG soll erreicht werden, dass die Zahlbarmachung einer Rente nicht mehr an den auslandsrentenrechtlichen Grundsätzen des SGB VI ( § 110 ff SGB VI) oder der fehlenden Beitragszahlung im Fall von Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG (§ 272 SGB VI) scheitert. Die "Ghetto-Beitragszeiten" gelten nur für die Zahlung ins Ausland als fiktive Bundesgebiets-Beitragszeiten und ermöglichen die Anwendung des § 113 SGB VI zu Gunsten der Verfolgten.
Des weiteren bewirkt auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG keine Anerkennung ausländischer Beschäftigungszeiten als Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung. Denn die dort geregelte Beitragsfiktion "für die Berechnung der Rente", d. h. die Ermittlung der Höhe der Entgeltpunkte nach § 254d Abs.1 Nr. 5 SGB VI, umfasst nicht die Berücksichtigung der betreffenden Zeit bei der Erfüllung der Wartezeit, also bei der Entstehung des Rentenstammrechts. Die Frage, ob eine Beschäftigungszeit, die nicht im Bundesgebiet zurückgelegt wurde, überhaupt in der deutschen Rentenversicherung berücksichtigt werden kann, ist keine Frage der Berechnung der Rente. Dies ergibt aus der Systematik des SGB VI, nach der die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen und die Bestimmung der rentenrechtlichen Zeiten von der Berechnung der Rente getrennt sind. Das SGB VI unterscheidet im Zweiten Abschnitt des Zweiten Kapitels (§§ 33 –105a) zwischen den Bestimmungen über Rentenarten, den Voraussetzungen für einen Rentenanspruch, den Anspruchsvoraussetzungen für einzelne Renten (§ 35 ff SGB VI) Bestimmungen, die das Entstehen des sog. Rentenstammrechts betreffen -, und den Bestimmungen über die Rentenhöhe und Rentenanpassung (§ 63 ff SGB VI), das Zusammentreffen von Renten und Einkommen (§ 89 ff SGB VI), Beginn, Änderung und Ende der Rente (§ 99 ff SGB VI) und Ausschluss und Minderung der Rente (§§ 103 - 105a SGBVI) - Bestimmungen, die den monatlichen Zahlungsanspruch aus dem Rentenstammrecht, einschließlich der Bewertung der rentenrechtlichen Zeiten betreffen -. Die Berechnung der Höhe eines Zahlungsanspruchs setzt systematisch das Entstehen eines Rentenanspruchs, voraus. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG kann daher nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die dort ausdrücklich " für die Berechnung der Rente" getroffene Regelung auch für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen gilt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die nach den allgemeinen Regeln zu bestimmenden Beitragszeiten erst bei der anschließenden Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte nach §§ 70 ff SGB VI wie Zeiten, die im Geltungsbereich der RVO außerhalb des Bundesgebiets zurückgelegt worden sind, behandelt werden sollen und nicht schon bei der Prüfung, ob diese Zeiten überhaupt in den Versicherungsverlauf aufzunehmen sind. Des weitern setzt auch die Regelung des § 3 ZRBG über den anzuwendenden Zugangsfaktor sowie über den Beginn der Rente voraus, dass ein Rentenanspruch entstanden ist.
Die Beschränkung des Anwendungsbereichs des ZRBG auf die Bewertung von Beschäftigungszeiten in einem Ghetto sowie deren Zahlbarmachung ins Ausland, die nach § 247 Abs. 3 S. 1 SGB VI (Beitragszeiten nach RVO) oder den Bestimmungen des FRG den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichgestellt sind, widerspricht nicht dem Willen des Gesetzgebers. Aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/8583 und 14/8602) ist nicht die Absicht des Gesetzgebers zu entnehmen, alle Verfolgte, die in einem Ghetto freiwillig und entgeltlich beschäftigt waren, in die deutsche Rentenversicherung einzubeziehen und den Kreis der Anspruchsberechtigten über den in §§ 1 Abs.1, 20 WGSVG und §§ 1, 16, 17a FRG erfassten Personenkreis hinaus auszudehnen. Das zentrale Problem, das durch das Gesetz gelöst werden sollte, ist die Zahlbarmachung von Renten für Zeiten einer Beschäftigung in einem Ghetto für Berechtigte mit einem Auslandswohnsitz, ohne dass die Berechtigten Vorleistungen in Form von Nachentrichtungen erbringen müssen oder ihnen eine fehlende Beitragsabführung oder das Verstreichen von Nachentrichtungsrechten entgegengehalten werden kann. Dies ergibt sich aus der im Allgemeinen Teil des Gesetzesentwurfs vorangestellten Problemdarstellung, in der ausgeführt wird, dass die auf einer Beschäftigung in einem Ghetto beruhende Rente vielfach aus auslandsrentenrechtlichen Gründen nicht ausgezahlt werden kann, insbesondere weil Bundesgebiets-Beitragszeiten nicht im erforderlichen Umfang vorliegen (BT-Drucks. 14/8583 S. 5 und 14/8602 S.5). Im Allgemeinen Teil wird zwar ausgeführt, dass mit dem ZRBG von bestimmten Grundsätzen des Rentenrechts im Bereich der Anerkennung von rentenrechtlichen Zeiten als auch bei der Erbringung von Leistungen ins Ausland abgewichen wird. Die Verwendung des Ausdrucks "Anerkennung von rentenrechtlichen Zeiten", könnte ein Hinweis dafür sein, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, die Bestimmungen im Fünften Titel, Zweiter Unterabschnitt, Zweiter Abschnitt, Zweites Kapitel des SGB VI über "rentenrechtliche Zeiten", zu denen auch der Begriff der Beitragszeit in § 55 SGB VI gehört, zu ergänzen, indem er den Kreis der Anspruchsberechtigten ausdehnte. Jedoch wird im Wortlaut des § 1 Abs. 2 ZRBG ausgeführt, dass dieses Gesetz die rentenrechtlichen Vorschriften des WGSVG ergänzt. Die allgemeine Zielsetzung des WGSVG ist, das Recht der Wiedergutmachung so zu verbessern, dass den Sozialversicherten ein voller Ausgleich des Schadens ermöglicht wird, den sie durch Verfolgungsmaßnahmen in ihren Ansprüchen und Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung erlitten haben. Dabei knüpft der Gesetzgeber daran an, ob der Verfolgte vor oder im Anschluss an Verfolgungsmaßnahmen bereits rentenversichert war (BVerfG, Beschluss vom 04.01.1981, - 1 BvR 873/81 -). Dies bedeutet für Verfolgte, die vor oder im Anschluss an Verfolgungsmaßnahmen nicht im Geltungsbereich der RVO Beitragszeiten erworben haben, dass sie Beschäftigungs- und Beitragszeiten nach dem FRG erworben haben müssen, um von dem Geltungsbereich des WGSVG erfasst zu werden. Die Vorschriften des FRG knüpfen an bestimmte persönliche Voraussetzungen an, nämlich die Innehabung eines bestimmten Status und das Erreichen eines bestimmten Lebensalters.
Aus der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 2 ZRBG (BT-Drucks. 14/8583 S.6 und 14/8602 S.6) ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber über die in §§ 20 WGSVG und § 17a FRG geregelte Gleichstellung von vertriebenen Verfolgten mit anerkannten Vertriebenen hinaus Verfolgte in die gesetzliche Rentenversicherung als Berechtigte einbeziehen wollte, die wegen fehlender Zugehörigkeit zum dSK oder fehlendem Erwerb von Beitragszeiten im Geltungsbereich der RVO außer den Beschäftigungszeiten in einem Ghetto keine weiteren berücksichtigungsfähigen Beitragszeiten oder Ersatzzeiten erworben, also durch die Verfolgungsmaßnahmen kausal keinen Schaden in der deutschen Rentenversicherung erlitten haben. Denn diese Verfolgten wären im Verfolgungszeitraum nicht in der Lage gewesen, berücksichtigungsfähige Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung zu erwerben. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das ZRBG keine Wartezeitfiktion enthält, also für die Entstehung eines Rentenanspruchs die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit erforderlich ist. Verfolgte können wegen der Dauer der Verfolgungsmaßnahmen, die mit der Besetzung des jeweiligen Heimatlandes (ab September 1939 bzw. Sommer 1941) durch die deutsche Wehrmacht begannen, und der kurzen Dauer der Existenz von Ghettos, die überwiegend in den Jahren 1942/43 aufgelöst wurden, allein durch "Ghetto-Beitragszeiten" (§ 2 ZRBG) die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllen, also kein Rentenstammrecht begründen. Damit ist der Rentenanspruch davon abhängig, dass die Verfolgten weitere berücksichtungsfähige Beitrags- und Ersatzzeiten vor und nach der Verfolgungszeit erwarben, also die im SGB VI, FRG und WGSVG festgelegten Zugangsvoraussetzungen zur deutschen Renteversicherung erfüllt oder Beitragszeiten nach über- und zwischenstaatlichem Recht erworben haben. Denn auch die Verfolgungsersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI setzen u.a. voraus, dass die Verfolgten zu Beginn der Verfolgungsmaßnahmen die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die gesetzliche deutsche Rentenversicherung erfüllten (BSG, Urteil vom 08.09.2005, - B 13 RJ 20/05 R -).
Des weiteren ist der Gesetzesbegründung zu § 2 ZRBG, insbesondere zu § 2 Abs. 2 ZRBG (BT-Drucks. 14/8583 S.6 und 14/8602 S.6) zu entnehmen, dass der Gesetzgeber für die Berechnung der aus den sog. "Ghetto-Beitragszeiten" zu leistenden Rente eine Beitragszahlung für eine nach den Reichsversicherungsgesetzen versicherungspflichtige Beschäftigung außerhalb des Bundesgebiets, d. h. für die Ermittlung der Höhe der Rente eine fiktive Beitragszahlung unterstellte und nur für die Erbringung von Leistungen aus den "Ghetto-Beitragszeiten" ins Ausland diese als Bundesgebiets-Beitragszeiten ansah. Durch diese Gleichstellung sollte der Export der Rente nach den allgemein gültigen Grundsätzen des im SGB VI geregelten Auslandsrentenrechts ermöglicht werden. Er schloss eine Zahlung von Rentenleistungen ins Ausland für Zeiten einer Beschäftigung außerhalb des Ghettos sowie ein wertmäßiges Mitziehen von Beitragszeiten, die außerhalb des Ghettos erworben worden sind, in § 2 Abs. 2 ZRBG aus. Deshalb kann der Gesetzesbegründung nicht der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, dass Verfolgte, die während der Verfolgungsmaßnahmen nicht dem Anwendungsbereich des WGSVG oder des FRG unterfielen, in die gesetzliche Rentenversicherung als Berechtigte mit einbezogen werden sollten. Vielmehr beschränkte sich der Wille des Gesetzgebers darauf, Berechtigte, die nach den Vorschriften von WGSVG und FRG während der Verfolgungsmaßnahmen berücksichtigungsfähige Versicherungszeiten durch eine Beschäftigung im Ghetto erworben hatten, den Erhalt von Leistungen aus diesen Zeiten zu ermöglichen.
Selbst wenn der Auffassung der Beteiligten gefolgt wird, dass Beschäftigungszeiten in einem Ghetto für Verfolgte im Sinne des BEG grundsätzlich Beitragszeiten nach § 55 SGB VI gleichgestellt sind, unabhängig davon, ob die Verfolgten zu dem von FRG oder WGSVG erfassten Personenankreis gehören, sind die Voraussetzungen des § 1 ZRBG nicht erfüllt. Nach § 1 Abs.1 gilt das ZRBG für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben, wenn die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist und gegen Entgelt ausgeübt wurde (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr.1 ) und das Ghetto sich in einem Gebiet befand, das vom deutschen Reicht besetzt war (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2).
Dahinstehen kann, ob die Klägerin in der Zeit von Januar bis Juli 1942 und von Oktober 1942 bis Januar 1944 im Ghetto Kopaigorod eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss aufnahm und gegen Entgelt im Sinne von § 1 Abs.1 S. 1 Nr. 1 ZRBG ausübte. Jedenfalls sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG nicht gegeben. Für den streitbefangenen Zeitraum erstreckt sich der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG nicht auf den Ort Kopaigorod. Dieser Ort befindet sich in einem Gebiet, das in der Zeit vom Sommer 1941 bis 1944 als Transnistrien bezeichnet wurde. Transnistrien umfasst als geographischer Begriff das Territorium zwischen den Flüssen Dnjestr und Südlicher Bug (südlicher Teil der West-Ukraine) und wird im Süden durch das Schwarze Meer und im Norden durch das Gebiet jenseits von Moghilev-Podolsk begrenzt. Im Zeitraum von Januar 1942 1941 bis Januar 1942 war Transnistrien im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG weder in das Deutsche Reich eingliedert noch vom Deutschen Reich besetzt.
Nach Auswertung der beigezogenen Dokumente und Literatur stellen sich für den Senat die Verhältnisse in der südlichen Ukraine nach dem Einmarsch der verbündeten deutsch-rumänischen Truppen wie folgt dar:
Als Teil der Ukraine gehörte Transnistrien 1941 zum Staatsgebiet der UdSSR. Anfang Juli 1941 marschierten die verbündeten deutsch-rumänischen Truppen, die Armeegruppe Antonescu, (4. rumänische, 11. deutsche und 3. rumänische Armee) in die südliche Ukraine ein und eroberten weite Teile. Formeller Oberbefehlshaber war der rumänische Staatschef Marschall Antonescu. Am 18.07.1941 wurde die einheitliche Befehlsführung aufgehoben. Die 4. rumänische Armee schied aus dem Verband aus und unterstand nunmehr dem rumänischen Generalstab. Die 11. deutsche Armee und 3. rumänische Armee wurden direkt der deutschen Heeresgruppe Süd unterstellt.
Die eroberten sowjetischen Gebiete wurden zunächst provisorisch von deutschen Militärbehörden verwaltet. Die Gebiete Bukowina und Bessarabien annektierte Rumänien. Die Gebiete östlich des Flusses Bug gehörten zum "Reichskommissariat Ukraine", dessen Verwaltung dem Minister für die besetzten Gebiete Rosenberg in Berlin unterstand. Am 19.08.1941 unterstellte der rumänische Staatschef, Marschall Antonescu, das als Transnistrien bezeichnete Gebiet durch einseitige Erklärung der rumänischen Zivilverwaltung und setzte als Gouverneur (Gubernator) Professor Alexianu ein.
In dem Gesetzesdekret vom 19.08.1941 heißt es u.a.:
"Dekret zur Übernahme der Verwaltung Transnistriens durch Rumänien"
Wir, General Antonescu, Oberbefehlshaber der Wehrmacht, befehlen:
Art. 1
Das besetzte Territorium zwischen Dnjestr und Bug, dessen Grenze, wie auf anliegender Karte angezeichnet ist, im Norden die Linie Nord Mogilev-Nord Zmerinka bildet, wird unter rumänische Verwaltung gestellt (mit Ausnahme der Region Odessa).
Art. 2
Wir ernennen Univ. Prof. Georg Alexianu zu unserem Bevollmächtigten für diese Provinz und statten ihn mit Vollmachten aus.
Art. 3
Unser Bevollmächtigter wird durch Ordonnanzen alle zur Durchführung der Verwaltung und zur Fortsetzung der Tätigkeit auf allen Gebieten notwendigen Maßnahmen in Übereinstimmung mit den gegebenen Instruktionen ergreifen ...
Art. 5
Die für diese Provinz ernannten Beamten werden wie folgt entlohnt:
a)
mit doppeltem Gehalt in Lei und
b)
einer Unterhaltsbewilligung im Höchstwerte des doppelten Gehaltes in Lei
Art. 6
Die RM ist die einzige Verkehrsmünze in diesem Gebiet ...
Art. 8
Unser Bevollmächtigter erhält Befehle direkt von uns und dem Ministerpräsidenten."
(zitiert nach Vökl, S. 435).
Am 30.08.1941 unterzeichneten die beiden militärischen Oberkommandos des Deutschen Reiches und Rumäniens eine Vereinbarung über die Sicherung, Verwaltung und Wirtschaftsauswertung der Gebiete Dnjestr und Bug (Transnistrien) und Bug und Dnjepr (Bug-Dnjepr-Gebiet), - Vertrag von Tighina -. Rumänien übernahm die Sicherung , Verwaltung und Wirtschaftsausnutzung des Gebietes bis zum Bug, für das weiter ostwärts bis zum Dnjepr gelegene Gebiet die militärische Absicherung. Die Wehrmacht behielt sich einige für die Kriegsführung wichtige Positionen vor, sie betrafen insbesondere die Sicherung der Transportwege und die landwirtschaftliche Nutzung. Weitere Punkte betrafen die Juden, die Grenzbewachung und die Aufteilung der Kriegsbeute. Im dem Vertrag von Tighina heißt es u. a.:
" 1.
Festlegung der Verantwortung:
Es sind verantwortlich:
a)
in Transnistrien:
Rumänien für die Sicherung und Verwaltung und Wirtschaftsausnutzung, über Verkehrs- und Nachrichtenwesen siehe Ziffer 3.
Über die vom Staatsführer an Marschall Antonescu vorgeschlagene Nordgrenze ist die Entscheidung des Führers auf diplomatischem Wege herbeizuführen.
b)
im Bug-Dnjepr-Gebiet:
Deutschland für Verwaltung und Wirtschaftsausnutzung, Rumänien für die Sicherung.
Rumänische Sicherungstruppen:
Stärke und Gliederung der rumänischen Sicherungstruppen werden so bemessen, dass die vorgesehenen Aufgaben erfüllt werden können.
Voraussichtlich werden hierzu eingesetzt ...
Über die taktische Unterstellung der rumänischen Sicherungstruppen im Bug-Dnjepr-Gebiet erfolgt eine Sondervereinbarung. Grundsätzlich sollen jedoch die rumänischen Truppen dort unter dem Befehl des rumänischen Korps - Kdos - eingesetzt werden, mit Ausnahme von Notfällen, in denen die örtlichen deutschen Dienststellen die nächsten rumänischen Truppen unmittelbar anfordern können.
Das Heranziehen der Zivilbevölkerung in Transnistrien zum Sicherheits- und Ordnungsdienst unter Aufsicht der rumänischen Truppen ist erwünscht; die Organe dieses zivilen Ordnungsdienstes sollen jedoch möglichst nicht bewaffnet sein.
Bei den rumänischen Kommando-Behörden verbleiben wie bisher "Deutsche Verbindungskommandos" (D.V.K.), die der deutschen Heeresmission unterstellt bleiben.
2.
Verkehrs- und Nachrichtenwesen in Transnistrien:
a)
Eisenbahn und Binnenschifffahrt:
Beide Verkehrsmittel stehen in erster Linie für die gemeinsamen Operationstruppen und für die Besatzungstruppen zur Verfügung und werden von einer deutschen Transportkommandantur verwaltet.
Wiederherstellung und Verwaltung beider Verkehrsmittel ist Sache deutscher militärischer Dienststellen, die Teile des Eisenbahnnetzes verantwortlich an den Chef des rumänischen Eisenbahnwesens abgeben können. Die rumänischen Dienststellen unterstützen die deutschen Dienststellen bei Bau und Unterhaltung der Eisenbahnen.
In Odessa wird für Transnistrien eine "Deutsche Transportkommandantur " eingerichtet, der zur Wahrung der rumänischen Interessen ein rumänisches Verbindungskommando beigegeben wird.
Alleintransporte bedürfen der Anmeldung bei der deutschen Transportkommandantur.
Deutscherseits werden folgende Strecken in Betrieb genommen:
Balzer-Odessa, die Gleis nach Gleis auf Normalspur umgenagelt wird,
Odessa-Vosnesensk (Breitspur),
Balta-Golta (Breitspur)).
Die Wiederherstellung (Normalspur) der Strecken ... durch den Chef des rumänischen Eisenbahnwesens ist erwünscht.
b)
Seetransporte:
Seetransporte auf dem Schwarzen Meer vereinbaren die verbündeten Marinen Deutschland und Rumänien unmittelbar.
c)
Straßen und Brücken:
Straßen und Brücken werden von rumänischen Dienststellen unterhalten ...
d)
Fernsprechverbindungen:
Die Fernsprechverbindungen werden grundsätzlich von rumänischen Dienststellen instand gesetzt und betrieben ...
Für die.Nachrichtenbelange in Transnistrien steht der Nachrichtenführer der deutschen Heeresmission zur Verfügung ...
e)
Die Sicherung der Verkehrswege und Nachrichtenverbindungen aller Art ist Sache der Rumänischen Besatzungstruppen ...
4.
Verwaltungs- und Wirtschaftsausnutzung in Transnistrien
Die Verwaltung in Transnistrien wird durch einen rumänischen Chef der Verwaltung eingerichtet und geleitet; er ist - im Interesse der gemeinsamen Kriegsführung - in entscheidenden Fragen an die Weisungen des militärischen Oberbefehlshabers in Transnistrien gebunden.
Dem Chef der rumänischen Verwaltung in Transnistrien wird auf seine Bitte ein höherer deutscher Kriegsverwaltungsbeamter zur Beratung und Unterstützung zugeteilt.
Die wirtschaftliche Ausnutzung von Transnistrien ist Sache der rumänischen Dienststellen. Zur Wahrung der Belange der gemeinsamen Kriegsführung wird eine "Verbindungsstelle der deutschen Wehrmacht in Odessa" eingerichtet, deren Aufgaben sind:
a)
Betreuung der deutschen Truppen in Transnistrien, hierfür werden "Deutsche Wehrmachts- Standort-Kommandanturen" - ... - neben dem Bahnhofskommandanturen eingerichtet.
b)
die für die wirtschaftliche Ausnutzung verantwortlichen rumänischen Dienststellen bei der Erfassung und Verteilung der hierfür die gemeinsamen Operationen notwendigen Mittel zu unterstützen und gemeinsam die für die Kriegsführung notwendigen Mitteln gemäß nachstehenden Richtlinien festzulegen:
Die Vorräte aller Art werden gemeinsam festgestellt. Die Rumänischen Besatzungstruppen, die Verwaltung und die Bevölkerung erhalten ihren Anteil.
Der Überschuss wird für gemeinsame Operationen zur Verfügung gestellt.
Falls es die operativen Interessen erfordern, haben die Belange der operativen Truppe den Vorzug gegenüber den Forderungen der Besatzungstruppe, Verwaltung und der Bevölkerung ...
7.
Abschub von Juden aus Transnistrien
Abschub der Juden über den Bug ist zur Zeit nicht möglich. Sie müssen daher im Konzentrationslager zusammengefasst und zur Arbeit eingesetzt werden, bis nach Abschluss der Operationen ein Abschub nach Osten möglich ist.
8.
Die vereinbarte rumänische Grenzsperrlinie verbleibt am Dnjestr. Die Absperrung der Ost- und Nordgrenze von Osttransnistrien übernimmt Heeresgruppe Süd ..."
(zitiert nach Völkl, S. 436 ff).
Im September 1941 wurde die Nordgrenze Transnistriens entsprechend den rumänischen Wünschen festgelegt. Nach der Eroberung Odessas im Herbst 1941 wurde das Gebiet von Odessa Transnistrien zugeordnet. Transnistrien wurde nicht in das rumänische Staatsgebiet eingegliedert, sondern von Rumänien wirtschaftlich und währungsmäßig als eigenes Territorium behandelt. Am Dnjestr entstand die Staatsgrenze Rumäniens mit Pass- und Zollkontrolle, der Personen- und Warenverkehr unterlag einer Kontrolle, Aus- und Einreise sowie Aus- und Einfuhr waren genehmigungspflichtig. Im Norden und Osten entstand gegenüber den der deutschen Besatzungshoheit unterstehenden Gebieten eine Außengrenze. Als Währung wurde nicht der rumänische Lei , sondern der RKKS als offizielles Zahlungsmittel eingeführt. Der Etat Transnistriens wurde von der rumänischen Regierung vom rumänischen Staatshaushalt getrennt aufgestellt. Die rumänische Regierung bildete einen gemeinsamen Ministerausschuss, der ab Januar 1942 für Angelegenheiten der eroberten Gebiete Bessarabien, Bukowina und Transnistrien zuständig war. Der Gouverneur von Transnistrien hatte das Recht, an den Sitzungen der rumänischen Regierung teilzunehmen. Die bisher geltenden Gesetze blieben in Kraft und wurden zunehmend durch Dekrete und Verordnungen der neuen Verwaltung ersetzt. Die rumänische Regierung erließ durch Dekrete mit Gesetzeskraft Gesetze für Transnistrien, wie z. B. in der Verordnung vom 11.11.1941, in der es u.a. heißt:
" ...kraft der Generalermächtigung, die durch Dekretgesetz Nr. 1, am 19. August 1941 zu Tighina erlassen, gegeben wurde, ordnen wir , Jon Antonescu, Marshall von Rumänien, Oberbefehlshaber des Heeres durch Prof. Gh Alexianu Zivilgouverneur, wie folgt an: ...".
Der Gouverneur bildete eine aus Direktoren bestehende Landesregierung. Transnistrien wurde in 13 Bezirke unterteilt, diese wiederum in Kreise eingeteilt. Bei den Direktoren, Präfekten, Prätoren, beim höheren Verwaltungsstab der Stadt Odessa und bei den Rayon-Bürgermeistern handelte es sich um rumänische Staatsangehörige. Die Präfekten waren in der Regel rumänische Offiziere im Obristenrang. Die rumänische Regierung entsandte ca. 4.000 Staatsangehörige zur Verwaltung von Transnistrien. Diese erhielten zwei Gehälter, in Lei und RKKS. Die in Transnistrien stationierten rumänischen Truppen, deren Aufgabe u.a. die Unterstützung der Zivilverwaltung war, unterstanden dem rumänischen Generalstab in Bukarest. Neben dem rumänischen Heer wurden rumänische Polizeiverbände als Sicherheits- und Exekutivorgane in Transnistrien eingesetzt. Das Gerichtswesen lag bei der rumänischen Militärgerichtsbarkeit. Rumänisch war Amtssprache, an den Amtsgebäuden wurden rumänische Staatssymbole verwendet, der rumänischen Nationalfeiertag wurde als gesetzlicher Feiertag eingeführt. Es wurde eine Rumänisierung der Kultur eingeleitet. 1942 und 1943 besuchte der rumänische Staatschef auf einer Inspektionsreise Transnistrien.
Die Wehrmacht war mit Sicherungs- und Etappentruppen und sonstigen rückwärtigen Einrichtungen sowie mit Kampf-Verbänden der Luftwaffe, Staffeln und Gruppen verschiedener Geschwader in Transnistrien vertreten. Die meisten Einheiten und Dienststellen des Heeres und der Luftwaffe lagen in Odessa. Zu den rumänischen Kommandostellen traten deutsche Verbindungskommandos. Die Einheiten und Dienststellen der Wehrmacht unterstanden dem Chef der "Verbindungsstelle der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien", der bis zum 30.09.1942 der Heeresgruppe Süd und ab dem 01.10.1942 der "Deutschen Heersmission in Rumänien" bzw. ab Januar 1943 dem "deutschen General beim Oberkommando der rumänischen Wehrmacht" unterstand. In der Dienstanweisung für den Chef der "Verbindungsstelle der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien" vom 03.09.1941 heißt es u.a.:
" 1.)
... Er übt gemäß ... Wehrmachtsbefugnisse gegenüber allen deutschen militärischen Dienststellen für den unter rumänischer Verwaltung stehenden Teil des Operationsgebietes zwischen Dnjestr und Bug (Transnistrien) aus ...
2)
Der Chef der "Verbindungsstelle der Deutschen Wehrmacht" fasst die von deutschen militärischen Dienststellen in Transnistrien zu erfüllenden Aufgaben zusammen. Er betreut die deutschen Truppen in Transnistrien und unterstützt die für die wirtschaftliche Ausnutzung von Transnistrien verantwortlichen rumänischen Dienststellen bei Erfassung und Verteilung der für die gemeinsamen Operationen notwendigen Mittel nach den zwischen dem OKH und dem kgl. Rumänischen Großen Generalstab getroffenen Vereinbarungen ..."
Am 21.11.1943 schuf die Deutsche Wehrmacht ein zentrales Kommando "Befehlshaber der deutschen Truppen in Transnistrien", das direkt dem Oberkommando der Wehrmacht unterstand. Im Befehl zur Einsetzung des Befehlshabers der Deutschen Truppen in Transnistrien vom 27.11.1943 heißt es u.a.:
" ... In allen Angelegenheiten, die die rumänischen Interessen berühren und die nicht mit dem rumänischen Gouverneur unmittelbar geregelt werden können, holt der Befehlshaber der deutschen Truppen in Transnistrien die Entscheidung des Chefs OKW über den Deutschen General beim Oberkommando der Rumänischen Wehrmacht ein. In diesem Falle stellt der Deutschen General beim Oberkommando der Rumänischen Wehrmacht gemäss seiner Dienstanweisung das Einvernehmen mit den rumänischen Zentralstellen her und trifft im Auftrag des Chefs OKW selbständig die notwendigen Entscheidungen ...
Aufgaben des Befehlshabers der deutschen Truppen in Transnistrien:
...
3.
Wahrnehmung der Aufgaben eines territorialen Befehlshabers aller Teile der Deutschen Wehrmacht und sämtlicher in ihrem Interesse tätigen Organisationen
4.
Wahrnehmung der Aufgaben des bisherigen Verbindungsstabes der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien
5.
Wahrnehmung der Interessen der Heeresgruppe A und Süd sowie der Luftwaffe und Kriegsmarine und der im Wehrmachtinteresse tätigen Organisationen gegenüber den örtlichen rumänischen Dienststellen.
...
6.
Ausnutzung des Landes im Einvernehmen mit dem rumänischen Gouverneur von
Transnistrien zur Unterstützung der Versorgung der Heeresgruppe A und Süd ... "
Für die landwirtschaftliche Nutzung bestand die Dienststelle des "Deutschen landwirtschaftlichen Beraters" beim Gubernator, der deutsche landwirtschaftliche Experten im Range von Sonderoffizieren der deutschen Wehrmacht zu den einzelnen rumänischen Präfekten entsandte. 1942 wurde in Odessa ein deutsches Konsulat eröffnet.
Für die Betreuung der volksdeutschen Siedlungen in Transnistrien (ca 130.000 Volksdeutsche in 228 Dörfern und neun Stadtbezirken Odessas) wurde von dem Kommando der volksdeutschen Mittelstelle (VOMI), die dem Reichsführer-SS in seiner Eigenschaft als "Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums" unterstand, das SonderkommandoR (SkR) gebildet. Das SkR setzte sich überwiegend aus SS-Angehörigen zusammen, seine Führung stammte nicht aus den Reihen der einheimischen Volksdeutschen. Anfang 1942 wurden die Volksdeutschen aufgrund der Vereinbarungen mit dem rumänischen Gouverneur weitgehend aus dem Zuständigkeitsbereich der rumänischen Verwaltung herausgelöst und der VOMI unterstellt (Verträge vom 12.12.1941 und vom 14/30.08.1942). Die rumänischen Präfekten hatten die durch die VOMI eingesetzten Bürgermeister und Lehrer zu bestätigen, die VOMI behielt sich das Schul- und Kulturwesen vor, ebenso die Einziehung der Steuern, die zu einem ermäßigten Satz pauschal an die rumänischen Behörden abzuführen waren. Andere Pflichtablieferungen gingen an die Wehrmacht. Den rumänischen Behörden verblieb die Gerichtsbarkeit im allgemeinen Zivilrecht, bei Verhaftungen bestand eine Hinweispflicht gegenüber der VOMI. Die VOMI baute einen bewaffneten volksdeutschen Selbstschutz (ca. 8.000 Mann) auf, der nur ihr unterstand und der rumänischen Gerichtshoheit entzogen war. Er unterstand politisch und disziplinarisch der SS- und Polizeigerichtsbarkeit.
Nach dem Einmarsch der deutsch-rumänischen Truppen waren in den eroberten Gebieten Bukowina, Bessarabien und Transnistrien Einsatzkommandos der Einsatzgruppe D unter Führung des SS-Gruppenführers Ohlendorf vom Beginn des Russlandfeldzuges, dem 20.06.1941, bis zum 31.10.1941 eingesetzt. Die Einsatzkommandos waren neben rumänischen Einheiten an der systematischen Ermordung der jüdische Bevölkerung der eroberten Gebiete beteiligt. Nach dem Abzug der Einsatzgruppe D war das SkR mit den dazu gehörigen Bereichskommandos sowie der von ihnen aufgestellte Selbstschutz an den Verfolgungsmaßnahmen gegen Juden, teilweise in Absprache mit den rumänischen Stellen, beteiligt, u.a. nahmen sie systematische Erschießungen von Juden im Umkreis volksdeutscher Siedlungen vor. Deutsche Zivilkräfte, die im Besatzungsgebiet Uniform tragen durften, und deutsche Militärs waren an der Ermordung von Juden in Lagern Transnistriens beteiligt.
Unabhängig von den Aktionen der Einsatzgruppe D waren rumänische Truppen und Polizeieinheiten an der Verhaftung und Erschießungen von Juden beteiligt. Nach der Eroberung Odessas ermordete die rumänische Armee innerhalb einer Woche 30.000 – 40.000 ortsansässige Juden und deportierte die überlebenden Juden in Zusammenarbeit mit deutschen Stellen in Lager im Distrikt Golta. Zwischen Dezember 1941 und Februar 1942 wurden in der Provinz Golta ortsansässige und deportierte Juden unter direkter Leitung des Präfekten Isopescu ermordet.
Die rumänischen Behörden deportierten in der Zeit von Herbst 1941 bis Herbst 1942 Juden aus Bessarabien, der Bukowina und der nördlichen Moldauregion (ca 180.000 Personen) nach Transnistrien. Ziel der Deportationen war die Verbringung der Juden in das Gebiet jenseits des Bug, in dem das Deutsche Reich die Besatzungshoheit ausübte. Die deutschen Stellen verweigerten die Übernahme der deportierten Juden in ihren Zuständigkeitsbereich. Die Deportationen wurden am 13.10.1942 eingestellt. Die in Transnistrien ansässigen, dorthin geflüchteten oder aus der Bukowina /Bessarabien deportierten Juden wurden in geschlossenen und offenen Ghettos oder Lagern festgehalten oder in bestimmten Orten angesiedelt. Für die Versorgung der Juden mit dem Lebensnotwendigen - Unterkunft, Nahrung, medizinische Betreuung - waren keine Vorkehrungen getroffen. Die Juden litten unter Hunger, katastrophalen hygienischen Zuständen, Seuchen, Kälte und einer ständigen Bedrohung. Die Lager und Ghettos unterlagen der Zuständigkeit des rumänischen Gouverneurs und der örtlichen rumänischen Behörden. Dem Inspekteur der rumänischen Polizei oblag die Beaufsichtigung der jüdischen Lager und Ghettos. Der Status der einheimischen und deportierten Juden wurde durch die Verordnung des Oberkommandos des Heeres, Abteilung des Zivilgouverneurs von Transnistrien, Nr. 23 vom 11.11.1941 geregelt. Ende 1942 hörte die systematische Ermordung von Juden auf; es stabilisierte sich die Lage. Die rumänische Regierung ließ materielle Hilfe für die Juden aus Rumänien und dem Ausland zu. Deutsche Firmen, Wehrmachtseinheiten, Bauabteilungen der Organisation Todt und andere deutsche Dienststellen zogen Juden aus den Lagern und Ghettos als Arbeitskräfte heran.
Nach dem erfolgreichen Vorrücken der russischen Armee während der Sommeroffensive 1943 begann die rumänische Regierung im letzten Quartal 1943 Evakuierungsmaßnahmen in Transnistrien einzuleiten. Am 29.01.1944 übernahm der rumänische General Potopenu auf Befehl Antonescus die Zivilverwaltung. Im Februar 1944 drangen russische Panzerverbände in Nord-Transnistrien ein. Im März 1944 gab Rumänien das verbliebene Süd-Transnistrien auf. Am 15.03.1944 wurde die Befehlsführung der 6. Armee der Heeresgruppe A auf den gesamten Raum Süd-Transnistrien ausgedehnt und die rumänische Verwaltung von der deutschen Militärverwaltung übernommen (18.03.1944). Im Kriegstagebuch der 6. Armee, Abteilung Oberquartiermeister aus März 1944 ist vermerkt:
"15.3
...
a.).
Die rumänische Verwaltung wird Zug um Zug von der deutschen Militärverwaltung übernommen ...
16.3
...
3.)
die Übernahme von Transnistrien ist nur als vorübergehende Maßnahme gedacht. Transnistrien geht, sobald es die Lage wider erlaubt, wieder in rumänische Hände über. Es ist weiterhin als Bestandteil des rumänischen Staatsgebietes zu betrachten.
...
18.3
Zur Durchführung der Verwaltung wird bei AOK 6 die Abteilung VII (Mil.-Verw.) eingerichtet ...
19.3
a)
Korück 593 meldet die Übernahme der rumänischen Verwaltung Transnistrien."
Der Ort Kopaigorod wurde im März 1944 von sowjetischen Truppen besetzt, seit dem 10.04.1944 war das gesamte Gebiet Transnistrien von den sowjetischen Truppen zurückerobert.
Ausgehend von den dargestellten Verhältnissen wurde das Gebiet Transnistrien weder in das Deutsche Reich noch in das rumänische Staatsgebiet eingegliedert. Eine Eingliederung liegt vor, wenn ein zunächst fremdes Staatsgebiet dem eigenen Staatsgebiet durch Rechtsakt (Gesetz, Erlass) angegliedert wird (Annektion). Weder das Deutsche Reich noch Rumänien haben nach der Eroberung das Gebiet Transnistrien durch Rechtsakt in das eigene Staatsgebiet einbezogen. Insoweit sind die Ausführungen der Klägerin zutreffend, dass Rumänien im völkerrechtlichen Verkehr Transnistrien nicht als Bestandteil des eigenen Staatsgebietes ansah. Rumänien behandelte Transnistrien wirtschaftlich und währungsmäßig nicht als eigenes Territorium und baute eine gesonderte Verwaltung auf. Daraus folgt aber nicht zwangsläufig, dass eine Besetzung Transnistriens durch Rumänien auszuschließen und eine Besetzung durch das Deutsche Reich anzunehmen ist. Denn im Gegensatz zur Annektion wird bei einer Besetzung/Okkupation das eroberte Staatsgebiet eines fremden Staates nicht in das eigene Staatsgebiet einverleibt. Nach Art. 42 der HLK vom 18.10.1907 (RGBl 1910,107) gilt ein Gebiet als besetzt, wenn es sich tatsächlich in der Gewalt des feindlichen Heeres befindet. Die Besetzung erstreckt sich nur auf die Gebiete, wo diese Gewalt hergestellt ist und ausgeübt werden kann. Für eine Besetzung im völkerrechtlichen Sinne ist daher charakteristisch, dass der besetzende Staat vorläufig die tatsächliche Gewalt über ein fremdes Staatsgebiet ausübt. Die Staatsgewalt des besetzten Staates erlischt nicht automatisch, sie wird nur für die Dauer der Besetzung entweder vollkommen oder zum Teil suspendiert. Die Staatsgewalt des besetzten Staates tritt soweit zurück, wie der Besetzer die Regelungsgewalt an sich zieht. Die Besatzungsmacht nimmt die Gebietshoheit über ein fremdes Territorium, aber nicht die Personalhoheit über die Einwohner des eroberten Gebiets in Anspruch (BGH, Urteil vom 13.04.1960, - IV ZR 279/50 -; BGH, Urteil vom 18.03.1959, - IV ZR 263/58; BSG, Urteil vom 16.12.1997, - 4 RA 63/96 -).
Entgegen der Auffassung der Klägerin war Transnistrien im streitbefangenen Zeitraum, der Zeit von Januar 1942 bis Januar 1944, nicht im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG vom Deutschen Reich besetzt. Der Begriff "vom Deutschen Reich besetzt" ist im ZRBG nicht näher definiert. Zur Auslegung dieses Begriffes ist der in Art. 42 HLK definierte Begriff der Besetzung heranzuziehen. Denn die HLK ist zum einen nach Beitritt des Deutschen Kaiserreiches zu diesem völkerrechtlichen Vertrag als Reichsrecht verkündet worden und stellt zum anderen als Völkergewohnheitsrecht eine allgemeine Regel des Völkerrechts dar. Als allgemeine Regel des Völkerrechts ist die HLK nach Art. 25 Grundgesetz (GG) Bestandteil des Bundesrechts. Die Rechtsprechung knüpft auch bei der Auslegung des Begriffes der "von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebiete" in § 7 Abs. 1 Nr. 3 Bundesversorgungsgesetz (BVG) bzw. des Begriffes "militärische Besetzung" in § 5 Abs. 1 Ziffer d BVG an Art. 42 HLK an. Für die Annahme einer Besetzung nach Art. 42 HLK fordert die Rechtsprechung die Errichtung und faktische Durchsetzung einer Besatzungsmacht auf dem Gebiet eines fremden Staates. Die Besatzungsmacht muss sowohl nach ihren eigenen Erklärungen als auch tatsächlich Herrschaftsgewalt ausüben (BSG, Urteil vom 24.11.1977, - 9 RV 98/76 -; Urteil vom 28.5.1995, - 9 RV 29/95 -). Die Herrschaft muss effektiv sein (BSG, Urteil vom 25.06.1965, - 11 RV 1248/60 - ). Dies entspricht den Anforderungen an eine Besetzung in der völkerrechtlichen Literatur, wonach nach der HLK ein Gebiet als besetzt gilt, wenn der fremde Staat über ein militärisch erobertes Gebiet die Gebietshoheit bzw. eine der Gebietshoheit ähnliche Zwangsgewalt ausübt; er muss die oberste Gewalt übernommen haben. (Schlochhauer, Wörterbuch des Völkerrechts, Erster Band , Stichwort: "Besetzung, Kriegerische"; Berber, Lehrbuch des Völkerrechts, Zweiter Band, Kriegsrecht, 2. Aufl, S.124 ff; Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, 6. Aufl., Rdnr. 1861 ff; Schmoller/Maier/Tobler; Handbuch des Besatzungsrecht; 1957, § 24 a, S. 20 f.). Unter Gebietshoheit ist das Recht, auf dem besetzten Gebiet gegenüber den Bewohnern Akte der Staatsgewalt zu setzen, z. B. Gesetze zu erlassen, Steuern zu erheben, zu verstehen (Berber, a.a.O; § 25 S.129 ff; Seidl-Hohenveldern, a.a.O., Rdnr. 818 ff). Eine Besetzung nach Art. 42 HLK, die nicht auf einer konkreten vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Gebietsherrn und der Besatzungsmacht, sondern auf der faktischen Innehabung der tatsächlichen Gewalt durch den besetzenden Staat beruht, endet entweder durch den Verlust der tatsächlichen Gewalt der Besatzungsmacht oder mit dem Ende des Kriegszustandes (vgl. Berber, a.a.O; 2. Aufl., § 25 S. 124 ff (125,127)).
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist für den Begriff der Besetzung im Sinne des Art. 42 HLK unerheblich, ob der Krieg auf Seiten des okkupierenden oder okkupierten Staats in legaler oder illegaler Weise begonnen worden ist oder in welcher Form die Besatzungsgewalt ausgeübt wird. Der besetzende Staat kann im okkupierten Gebiet sowohl eine Militärverwaltung wie auch eine Zivilverwaltung einsetzen (Berber, a.a.O., § 25 S. 128). Das Anknüpfen an Art. 42 HLK bei der Auslegung des Begriffs "vom Deutschen Reich besetzt" entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der unterstellt, dass ein Ghetto in den eingegliederten und besetzten Gebieten in besonderem Maße der hoheitlichen Gewalt des Deutschen Reiches ausgesetzt war und es nicht darauf ankommt, in welchem vom Deutschen Reich beherrschten Gebiet die Beitragszeiten zurückgelegt worden sind (BT-Drucksache 14/8583 S.6). Die Ausübung von hoheitlicher Gewalt entspricht dem Begriff der Gebietshoheit.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war Transnistrien vom Deutschen Reich im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG nicht besetzt (LSG NRW, Urteil vom 27.01.2006,
- L 4 RJ 126/04 -, Urteil vom 03.02.2006, L 4 R 47/05, SG Hamburg, Urteil vom 09.09.2003,
- S 26 RJ 1253/03 -). Das Deutsche Reich übte in Transnistrien gegenüber der Bevölkerung keine Gebietshoheit aus und nahm auch keine Herrschaftsgewalt in Anspruch. In der Zeit zumindest von September 1941 bis Mitte März 1944 nahm Rumänien auf der Grundlage des Dekretes vom 19.08.1941 und des Vertrages von Tighina vom 30.08.1941 die Besatzungsgewalt, d.h. die Gebietshoheit, in Transnistrien in Anspruch und übte sie aus. Weder übten das deutsche Reich und Rumänien die Gebietshoheit gemeinsam aus noch verwaltete oder besetzte Rumänien Transnistrien für das Deutsche Reich. Insoweit folgt der Senat nicht der vom Historiker Prof. Dr. C vertretenen Auffassung, auf die sich die Klägerin beruft, dass die juristische Form der Okkupation zwischen Rumänien und dem Deutschen Reich unklar blieb, de facto beide Staaten die Herrschaft ausübten (C in Benz/Houwink ten Cate/Otto, Die Bürokratie der Okkupation, S. 11ff (16)) bzw. das Gebiet von Rumänien verwaltet wurde und unter deutscher Oberherrschaft Besatzungsland war (C in Isak Weißglas, Steinbruch am Bug, S. 91 ff (95)), wobei Prof. Dr. C seine Bewertung der Verhältnisse nicht näher begründet.
Im Sommer 1941 eroberten die deutsch-rumänischen Truppen Teile des sowjetischen Staatsgebiet gemeinsam und es wurde das eroberte Gebiet zunächst provisorisch von deutschen Militärbehörden verwaltet. Anschließend annektierte Rumänien die eroberten Gebiete von Bessarabien und der Bukowina und das Bug-Dnjepr-Gebiet wurde vom Deutschen Reich als Teil des Reichskommissariats Ukraine verwaltet. Durch die einseitige Erklärung vom 19.08.1941 unterstellte der rumänische Staatschef Antonescu das Gebiet Transnistrien der rumänischen Zivilverwaltung und gab den Willen kund, dass Rumänien die gesetzmäßige Gewalt übernimmt. Dies ergibt sich insbesondere aus Art. 1, 3 und 8 des Dekretes, wonach der vom rumänischen Staatschef eingesetzte Bevollmächtigte direkt dem rumänischen Staatschef Antonescu und dem Ministerpräsidenten unterstellt war und der Bevollmächtigte alle notwendigen Maßnahmen zur Durchführung der Verwaltung in Übereinstimmung mit den von der rumänischen Regierung gegebenen Instruktionen ergreifen soll. Der Wille, die Gebietshoheit in Transnistrien in eigenem Namen, also im Namen Rumäniens auszuüben, wird auch deutlich aus der Äußerung von Staatschef Antonescu gegenüber Gouverneur Alexianu bei der Regierungssitzung vom 16.12.1941, wonach dieser dem Gouverneur Alexianu befahl, "dort zu regieren, als ob Rumänien diese Gebiete seit 2 Millionen Jahren beherrsche. Was später geschieht, werden wir sehen ..." (wiedergebenen in Final Report of the International Commission on the Holocaust in Romania S. 46; Ancel, S. 24).
Rumänien übte die von ihm in Anspruch genommene Territorialhoheit effektiv aus. Durch den Vertrag von Tighina vom 30.08.1941 teilten Rumänien und das Deutsche Reich ihre Kompetenzen im Gebiet Transnistrien und im angrenzenden Bug-Dnjepr-Gebiet auf. Das Deutsche Reich erkannte in diesem Vertrag die rumänische Verwaltung von Transnistrien, also die Ausübung der Gebietshoheit durch Rumänien, an ( Ziffer 1a ) und übernahm die Ausübung der Gebietshoheit im östlich angrenzenden Bug-Dnjepr-Gebiet (Ziffer 1b). Ein Wille der deutschen Armee oder deutschen Regierung, in Transnistrien eigene Besatzungsgewalt auszuüben, ergibt sich nicht aus dem Vertragstext. Die Sicherung des Gebietes Transnistrien sollte ausschließlich durch rumänische Truppen gewährleistet werden, diese Truppen werden in Ziffer 3 e) des Vertrages als Besatzungstruppen bezeichnet. Die in Transnistrien stationierten rumänischen Truppen waren nicht dem territorialen Oberbefehlshaber der deutschen Einheiten und Dienststellen in Transnistrien, dem Chef der Verbindungsstelle der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien, unterstellt, sondern dem rumänischen Generalstab in Bukarest.
Die Deutsche Wehrmacht behielt sich im Vertrag von Tighina nur Kompetenzen hinsichtlich der Sicherung der Versorgung (Abführen von landwirtschaftlichen Erträgen zur Versorgung der deutsch-rumänischen Truppen), der Nachschubwege (Kompetenzen deutscher Stellen im Bereich des Verkehrs- und Nachrichtenwesen) und der Stationierung von Truppenteilen vor. Die vorbehaltenen Kompetenzen sind nicht Ausdruck eines territorialen Anspruchs, sondern sie dienten den strategischen Zielen der gemeinsamen Kriegsführung und der Sicherung der Durchführung des Ostfeldzugs. Dies ergibt sich auch aus den im Verfahren beigezogenen Dienstanweisungen für den territorialen Befehlshaber der deutschen Truppenteile und Dienststellen in Transnistrien. Soweit in § 4 des Vertrags von Tighina geregelt war, dass der rumänische Chef der Verwaltung im Interesse der gemeinsamen Kriegsführung in entscheidenden Fragen an die Weisungen des militärischen Oberbefehlshabers in Transnistrien gebunden war, ist den beigezogenen Dienstanweisungen für den Chef der Verbindungsstelle der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien zu entnehmen, dass diesem die Funktion eines territorialen Befehlshabers aller in Transnistrien stationierten deutschen Einheiten und Dienststellen übertragen wurde. Die Übernahme der obersten Gewalt in Transnistrien bzw. die Übertragung von Verwaltungsfunktionen gegenüber der Bevölkerung von Transnistrien war nicht Gegenstand der Dienstanweisungen. Ebenso ergibt sich aus den Dienstanweisungen nicht, dass das Deutsche Reich von einem Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen dem Chef der Verbindungsstelle der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien und dem rumänischen Zivilgouverneur ausging, vielmehr sollte der Chef der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien bei für die Kriegsführung erforderlichen Maßnahmen das Einvernehmen mit dem Gouverneur bzw. der rumänischen Regierung herstellen. Erst Mitte März 1944, als Rumänien Transnistrien militärisch aufgegeben, d. h. die tatsächliche Gewalt verloren hatte, installierte das Deutsche Reich eine deutsche Militärverwaltung für Transnistrien und reklamierte die Ausübung der obersten Gewalt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin spricht auch die fehlende Regelung des zukünftigen staatsrechtlichen Status von Transnistrien im Vertrag von Tighina nicht gegen den Willen Rumäniens, die oberste Gewalt in diesem Gebiet im eigenen Namen auszuüben. Der Vertrag von Tighina hatte zwar nur provisorischen Charakter. Für eine kriegerische Besetzung ist aber charakteristisch, dass es sich um einen vorläufigen Zustand handelt. Denn die Dauer einer kriegerischen Besetzung hängt vom Kriegsverlauf ab, da sie entscheidend von der tatsächlichen Innehabung der Gewalt geprägt ist. Auch kann sich der Besatzungsstatus eines Gebietes durch vertragliche Vereinbarungen von verbündeten Staaten im Laufe einer Besetzung ändern. Aus den im Verfahren beigezogenen Dienstanweisungen der deutschen Wehrmacht ergibt sich, dass das Deutsche Reich Transnistrien der rumänischen Interessensphäre zuordnete und als Bestandteil des rumänischen Staatsgebietes betrachtete. Dies ist insbesondere den Eintragungen im Kriegtagebuch der 6. Armee vom 15./16.03.1944 zu entnehmen, wonach die Übernahme von Transnistrien von der rumänischen Verwaltung in die deutsche Militärverwaltung nur als vorübergehende Maßnahme gedacht war und Transnistrien auch nach Übernahme der Verwaltung als Bestandteil des rumänischen Staatsgebiets betrachtet wurde.
Rumänien verwaltete oder besetzte Transnistrien auch nicht für das Deutsche Reich. Der Senat schließt sich nach Auswertung der beigezogenen Dokumente und der Literatur der Rechtsprechung der Zivilgerichte und Verwaltungsgerichte zum Verhältnis zwischen Rumänien und dem Deutschen Reich während des Zweiten Weltkriegs an, wonach es sich bei Rumänien nicht um einen "Marionettenstaat", sondern um einen souveränen Staat mit eigener Entscheidungsfreiheit handelte. Rumänien war während des Zweiten Weltkrieges ein weitgehend autonom agierender Bündnispartner des Deutschen Reiches, der zu keiner Zeit durch das Deutsche Reich militärisch besetzt war oder von diesem direkt seinem politischen Willen unterworfen wurde. Die in Rumänien stationierten Truppen der deutschen Wehrmacht waren nicht als Besatzungsmacht, sondern als verbündete Streitkräfte mit dem Einverständnis der rumänischen Regierung ins Land gekommen, um die rumänischen Ölverkommen gegen dritte Staaten zu sichern und den Angriff auf die Sowjetunion vorzubereiten. Rumänien zählte zwar zum Einflussbereich (Interessensphäre) des Deutschen Reiches, war aber nicht dem unmittelbaren Einflussbereich der deutschen Staatsführung in dem Sinne unterworfen, dass die deutsche Staatsführung unmittelbaren Einfluss auf die rumänische Staatsführung in dem Maße ausübte, dass diese sich beugen musste und demzufolge die von der deutschen Staatsführung gewünschten Maßnahmen als deren gefügiges Werkzeug anordnete und durchführte (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.06.1975,- III C 81.70 - m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 22.07.1978, - III C 56/77 -). Insbesondere in der Innenpolitik, auch auf dem Gebiet der Judenpolitik, war Rumänien nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte, der sich der Senat nach Auswertung der beigezogenen Unterlagen anschließt, während der gesamten Dauer des Zweiten Weltkrieges ein vom Deutschen Reich unabhängiger und in seiner Willensentscheidung freier Staat (siehe die Zusammenfassung bei: BVerwG, Urteil vom 13.06.1975, - III C 81.70 - m.w.N.). Auch im Hinblick auf die von Rechtsanwalt Dr. Lupal in der RzW 1977, 41 ff vertretenen Auffassung der völligen außen- und innenpolitischen Abhängigkeit Rumäniens vom Deutschen Reich, insbesondere in der Judenpolitik, seit dem 29.05.1940, sah das Bundesverwaltungsgericht keine Veranlassung, seine eigene Wertung der historischen Vorgänge und der daraus folgenden rechtlichen Beurteilung zu ändern (BVerwG, Urteil vom 22.06.1978, - III C 56.77- ), da Rechtsanwalt Lupal seine Auffassung auf keine anderen historischen Tatsachen stützte, sondern nur auf eine andere Beurteilung.
Rumänien hatte in Transnistrien die judikative, legislative und exekutive Gewalt gegenüber der Bevölkerung inne und übte diese auch im eigenem Namen durch eigene Staatsangehörige in leitenden Positionen aus. Dabei war die Ausübung der Gebietshoheit über die volksdeutsche Minderheit, einer bestimmten Bevölkerungsgruppe, aufgrund von vertraglichen Vereinbarungen mit dem Deutschen Reich vom 12.12.1941 und 14/30.08.1942 beschränkt. Abmachungen zu Gunsten der im Gebiet des Vertragsgegners lebenden Staatsangehörigen und ihren politischen Organisationen sowie zugunsten volkszugehöriger Minderheiten hinsichtlich der Einräumung einer besonderen Rechtstellung sind übliche Gegenstände völkerrechtlicher Verträge (BVerwG, Urteil vom 08.02.1968, - III C 16.67 -) und begründen keine vertragliche Übertragung von Besatzungsmacht.
Die Tatsache, dass Transnistrien zum gemeinsamen rückwärtigen Operationsgebiet der deutsch-rumänischen Armeeeinheiten gehörte und im Vertrag von Tighina der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien Kompetenzen hinsichtlich der Sicherung der Versorgung (Abführen von landwirtschaftlichen Erträgen zur Versorgung der deutsch-rumänischen Truppen), Sicherung der Nachschubwege (Kompetenzen deutscher Stellen im Bereich des Verkehrs- und Nachrichtenwesens) und Stationierung von Truppenteilen eingeräumt waren, hat nicht zwangsläufig zur Folge, dass die Deutsche Wehrmacht oder die deutsche Regierung Besatzungsgewalt in Transnistrien effektiv ausübte. Truppenstationierungen, die Errichtung von deutschen Wehrmachtverbindungsstellen auf fremden Staatsgebiet sowie die Unterstellung fremder Truppen unter deutschen Oberbefehl sind nicht mit einer Besetzung gleichzustellen. Solche Maßnahmen sind nicht als Zeichen der Entmachtung – vorliegend Rumäniens -, sondern als Folgeerscheinungen eines Bündnisses oder gemeinsamer militärischer Operationen zu beurteilen (BVerwG, Urteil 13.06.1975, - III C 81.70 -; Urteil vom 08.02.1968, - III C 16.67 -). Dabei verkennt der Senat nicht, dass das Deutsche Reich allein durch die Anwesenheit von militärischem Personal sowie des SkR einen erheblichen tatsächlichen Einfluss in Transnistrien hatte. Grundlage der Aktivitäten deutscher Hoheitsträger in Transnistrien waren aber vertragliche Vereinbarungen mit Rumänien. Für die Auslegung des Begriffs "vom Deutschen Reich besetzt" ist nicht das Ausmaß des tatsächlichen Einflusses entscheidend, sondern ob das Deutsche Reich den Willen zur Ausübung der Besatzungsmacht hatte. Ein solcher Wille ist aus den beigezogenen Dokumenten und Literatur nicht erkennbar. Auch die Beteiligung von deutschen Hoheitsträgern, insbesondere des SkR und des Selbstschutzes an der Ermordung von Juden nach September 1941 in Transnistrien sowie die Tatsache, dass deutsche Firmen, Wehrmachtseinheiten, Bauabteilungen der Organisation Todt und andere deutsche Dienststellen Juden aus Transnistrien zum Arbeitseinsatz heranzogen, lässt nicht den Rückschluss auf die Ausübung von Gebietshoheit durch die deutsche Regierung in Transnistrien zu. Denn insbesondere aus dem Final Report of the International Commission on the Holocaust in Romania, (S.42 ff,(75,79,80,82)) ergibt sich , dass die rumänischen Hoheitsträger die deutschen Aktivitäten in Transnistrien unterstützen, förderten und diese ihrem Willen entsprachen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt aus der Tatsache, dass im Entschädigungsrecht anerkannt ist, dass es sich bei der Deportation von Juden aus der Bukowina/Bessarabien und Rumänien nach Transnistrien und dem Aufenthalt in einem Ghetto in Transnistrien um eine von den Deutschen im Sinne des § 43 BEG veranlasste Verfolgungsmaßnahme handelte (Beschluss der Länderkonferenz vom 22/23.06.1960, RzW 1960, 355; OLG Zweibrücken, Urteil vom 30.04.1969,- 4 U (WG) 17/68 - , RzW 1969,475; OLG München, Urteil vom 31.07.1957, - 9 WEG 243/53 - , RzW 1957, 307) nicht zwangsläufig, dass sich der Anwendungsbereich des ZRBG auf Transnistrien erstreckt. Die Bejahung einer von den Deutschen veranlassten Judenverfolgung in Transnistrien nach § 43 BEG ist nicht mit dem Begriff "vom Deutschen Reich besetzt" gleichzusetzen. Nach § 43 BEG wird nicht jede Verfolgungsmaßnahme eines ausländischen Staates nach dem BEG entschädigt, sondern nur eine Freiheitsentziehung durch einen fremden Staat unter Missachtung rechtsstaatlicher Grundsätze auf Veranlassung des Deutschen Reiches. Dabei ist nach § 43 Abs. 3 BEG ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen einer Freiheitsentziehung nach § 43 Abs. 1 BEG gleichgestellt. Ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen wird angenommen, wenn die Verfolgte erheblichen und laufend streng überwachten Einschränkungen der Bewegungsfreiheit unterworfen war und nach den sonstigen sich ergebenden Bedingungen ein Leben führen musste, das dem eines Häftlings sehr nahe kam (OLG Zweibrücken, Urteil vom 30.04.1969, - 4 U(WG) 17/68 – m.w.N.). Der Aufenthalt der Juden in den Ghettos Transnistriens, insbesondere in Moghilev, wurde von der Zivilrechtsprechung als Leben unter haftähnlichen Bedingungen im Sinne von § 43 Abs. 3 BEG beurteilt (OLG Zweibrücken, Urteil vom 30.04.1969, - 4 U(WG) 17/68 - ; OLG München, Urteil vom 31.07.1957, - 9 WEG 243/53 - ). Auch aus den im Verfahren beigezogenen Unterlagen, insbesondere dem Abschlussbericht der internationalen Kommission über den Holocaust in Rumänien, ergibt sich, dass die rumänische Regierung für die gegen Juden in Transnistrien ergriffenen Maßnahmen verantwortlich war und eine eigenständige Judenpolitik verfolgte. Die Veranlassung und Mitwirkung deutscher Stellen an der Judenverfolgung in Transnistrien ist zwar der Grund für die Einstandspflicht des deutschen Staates nach dem BEG, obwohl Rumänien nach der entschädigungsrechtlichen Rechtsprechung während des Zweiten Weltkriegs ein souveräner Staat war. Denn die Einstandspflicht der Bundesrepublik nach § 43 BEG wird im Entschädigungsrecht auch für Freiheitsentziehungen von Juden durch ausländische Staaten angenommen, die von souveränen Staaten gegen ihre eigenen Staatsbürger in ihrem eigenen Staatsgebiet gerichtet waren, wie z. B. Maßnahmen der ungarischen Regierung gegen Juden ab 1941, Maßnahmen der rumänischen Regierung in "Altrumänien" und Maßnahmen der bulgarischen Regierung. Für den Eintritt der entschädigensrechtlichen Einstandspflicht ist aber die Innehabung der Gebietshoheit nicht erforderlich.
Auch die Einführung des RKKS anstelle der rumänischen Währung als Währung in Transnistrien begründet nicht die Annahme der Ausübung der obersten Gewalt durch das Deutsche Reich in Transnistrien. Für eine kriegerische Besetzung im Sinne des Völkerrechts ist nicht erforderlich, dass der besetzende Staat seine eigene Landeswährung im Besatzungsgebiet einführt. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass sowohl die Internationale Historikerkommission wie auch der Historiker Ancel die von den rumänischen Stellen verfügte Pflicht der deportierten Juden zum Umtausch der rumänischen Währung Lei in Rubel und von Rubel in RKKS, insbesondere der vom rumänischen Gouverneur verfügte Umtauschkurs von Rubel in RKKS, als Maßnahme zur Beraubung der jüdischen Bevölkerung bewerten (Final Report of the International Commission on the Holocaust in Romania,S. 44; Ancel S. 30).
Da keine Beitragszeiten bestehen, können wegen Fehlens der Versicherteneigenschaft der Klägerin keine Ersatzzeiten zur Erfüllung der Wartezeit berücksichtigt werden. Selbst wenn das Vorliegen einer Beitragszeit nach den Vorschriften des ZRBG als gegeben angesehen wird, sind die Voraussetzungen einer Ersatzzeit nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI nicht gegeben. Denn § 250 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI schützt nur die Situation, die zu Beginn der Verfolgungszeit bestand und die ohne die Verfolgungsmaßnahmen fortgedauert hätte. Da die Klägerin nicht dem dSK angehörte, hätte sie – ohne die nationalsozialistische Verfolgungsmaßnahmen – keine Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten nach dem FRG, die vom deutschen Rentenversicherungsträger zu berücksichtigen wären, in der Sowjetunion (Bessarabien und Transnistrien) erwerben können. Denn sie gehörte nicht zu dem durch das FRG erfassten Personenkreis (siehe BSG, Urteil vom 08.09.2005, - B 13 RJ 20/05 R -). Das ZRBG enthält keine Bestimmungen, welche die Regelung des § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI, insbesondere die geforderte Kausalität zwischen nationalsozialistischer Verfolgungsmaßnahme und Schaden in der Rente, ergänzen oder ändern.
Weitere Ermittlungen von Amts wegen sind nicht geboten. Der Sachverhalt ist hinreichend geklärt. Der Senat hat die für das Gesetzgebungsverfahren maßgeblichen Drucksachen, insbesondere die Bundestagsdrucksachen 14/8583 und 14/8602, zum Verfahren beigezogen und bei der Auslegung der Vorschriften des ZRBG berücksichtigt. Diese lassen einen Rückschluss auf den Willen des Gesetzgebers, der bei der Auslegung von Gesetzesvorschriften zu beachten ist, zu. Die Beiziehung weiterer Unterlagen, insbesondere von Referentenwürfen, die der Gesetzgeber nicht übernommen hat, ist nicht geboten. Des weiteren verfügt der Senat unter Berücksichtigung der von ihm vertretenen Auslegung des Begriffs "vom Deutschen Reich besetztes Gebiet" und der Auswertung der beigezogenen Dokumente, insbesondere des Vertrages von Tighina, und den beigezogenen Abhandlungen mehrerer Historiker über die Verhältnisse in Transnistrien über eigene Sachkunde, um Feststellungen über die Verhältnisse in Transnistrien zu treffen und ihre rechtliche Relevanz zu beurteilen. Der Senat hat sich daher nicht gedrängt gefühlt, entsprechend dem Beweisantrag der Klägerin ein geschichtswissenschaftliches Gutachten zu den von der Klägerin vorformulierten Fragen 1 – 9 einzuholen. Soweit die Klägerin beantragt, ein solches Gutachten einzuholen zu den Fragen, ob auf der Grundlage der Vereinbarung von Tighina davon auszugehen ist, dass das Gebiet von Transnistrien allein durch rumänische Truppen im Sinne der HLK besetzt war (Frage 1) und ob Transnistrien zumindest ein "vom Deutschen Reich beherrschtes Gebiet" (vgl. BT-Drs 14/8823, Seite 4, rechte Spalte unten) war, wenn es ein ausschließlich von Rumänien besetztes Gebiet war (Frage 6), ist der Beweisantrag überdies unzulässig. Der Beweisantrag dient insoweit nicht zur Feststellung bestimmter Tatsachen, sondern ist auf eine rechtliche Schlussfolgerung - nämlich die Auslegung eines Vertrages und dessen Subsumtion unter einer völkerrechtliche Vorschrift - sowie auf die Auslegung des Willens des Gesetzgebers gerichtet. Diese rechtliche Wertung obliegt dem Senat. Auch handelt es sich nicht um einen Beweisantrag nach §§ 202 SGG, 293 ZPO zur Feststellung des Inhalts ausländischen Rechts. Die Einholung eines geschichtswissenschaftlichen Gutachtens zu den vorformulierten Fragen 10 bis 24 ist nicht geeignet, Tatsachen festzustellen, die für die Prüfung der Frage, ob Transnistrien ein vom Deutschen Reich besetztes Gebiet im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG war, von Relevanz sind.
Die Fragen 10 bis 24 zielen auf die Feststellung der Lebensverhältnisse der Juden, insbesondere der rechtlichen Vorgaben für die Organisation und die Durchführung von Beschäftigungen in den Ghettos in Transnistrien ab. Inwieweit solche Feststellungen geeignet sein sollen, die Frage, ob Transnistrien vom Deutschen Reich besetzt war, zu klären, ist dem Senat nicht ersichtlich. Historische Erkenntnisse über die Bedingungen des Arbeitseinsatzes von Juden in Ghettos können bei der Frage, ob die Ausübung einer freiwilligen und entgeltlichen Beschäftigung im Einzelfall glaubhaft gemacht ist, zwar berücksichtigt werden. Vorliegend ist aber die Frage, ob die Voraussetzungen des § 1 Abs.1 S. 1 Nr. 1 ZRBG gegeben sind, nicht entscheidungserheblich.
Die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin zur mündlichen Verhandlung nach § 111 SGG war nicht geboten. Denn der Klägerin ist im schriftlichen Verfahren rechtliches Gehör gewährt wurden, da sie im Verfahren durch eine mit der Sachmaterie und dem Verfahrensrecht vertraute Bevollmächtigte vertreten war. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens war nicht zur weiteren Sachaufklärung erforderlich. Die Klägerin hatte im schriftlichen Verfahren ausreichend Gelegenheit, die aus ihrer Sicht maßgeblichen Tatsachen vorzutragen und Beweismittel anzubieten, insbesondere nachdem das erstinstanzliche Gericht die Entgeltlichkeit der geltend gemachten Beschäftigung verneint hatte und der Senat den Beteiligten die von der Conference on Jewish Material Claims Against Germany beigezogenen Unterlagen mit den Angaben der Klägerin über ihr Verfolgungsschicksal im Ghetto Kopaigorod zur Kenntnis übersandt hatte. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin unter Zuhilfenahme ihrer Bevollmächtigten nicht in der Lage war, zur Sachverhaltsaufklärung im schriftlichen Verfahren beizutragen. Die Anordnung des persönlichen Escheinens war auch zur Durchführung einer Parteivernehmung nicht erforderlich. Die Parteivernehmung ist im sozialgerichtlichen Verfahren weder auf Antrag noch von Amts wegen zulässig (BSG, Beschluss vom 18.02.2003, - B 11 AL 273/02 B -; Beschluss vom 24.11.1990, - 1 BA 45/90 -; Beschluss vom 10.02.1998, - B 2 U 2/98 B -).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird nach § 160 Abs. 2 SGG zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung eines Altersruhegeldes (ARG) unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).
Die am 00.00.1921 in B, Bessarabien, geborene Klägerin ist Jüdin. Im Sommer 1941 wurde sie aus M in Bessarabien nach Transnistrien deportiert. 1972 wanderte die Klägerin aus der Sowjetunion nach Israel aus und erwarb die israelische Staatsangehörigkeit.
Im März 1993 beantragte sie bei der Claims Conference die Gewährung von Leistungen aus dem Article 2 Fund. Sie gab an, sie habe sich in der Zeit von August 1941 bis Sommer 1942 im Ghetto Kopaigorod, im Sommer und Herbst 1942 im Lager neben Kopaigorod sowie von Herbst 1942 bis März 1944 im Ghetto Kopaigorod aufgehalten. Die Klägerin bezieht Leistungen aus dem Article 2 Fund.
Auf ihren Antrag von Februar 2001 erhielt die Klägerin Leistungen nach dem Gesetz über die Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZStiftG) für die Zeit "1941 in Kopaigorod".
Im Mai 2003 beantragte die Klägerin, die im Ghetto zurückgelegten Beitragszeiten nach dem ZRBG sowie Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) anzuerkennen und ihr eine Rente sowie eine freiwillige Weiterversicherung nach § 7 SGB VI zu gewähren. Sie sei Verfolgte nach § 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG) und während der Verfolgungszeit in einem Ghetto abhängig gegen Entgelt beschäftigt gewesen. Sie habe in der Zeit von Januar 1942 bis Januar 1944 innerhalb des Ghettos Kopaigorod in einer Bäckerei gearbeitet. Sie sei weder auf dem Weg von und zur Arbeit noch während der Arbeit bewacht worden. Der Arbeitseinsatz sei ihr von Herrn X vermittelt worden. Sie habe die Betriebsräume aufgeräumt, Rohmaterial getragen, Hilfsarbeiten verrichtet. Die Arbeitszeit habe 10 - 12 Stunden betragen. Als Arbeitslohn habe sie Essen am Arbeitsort und eine zusätzliche Verpflegung erhalten. Barlohn habe sie nie erhalten. Sie sei in der Zeit von 1944 bis 1947 krank gewesen. Die Klägerin verneinte die Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK). Mit Bescheid vom 15.07.2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Das ZRBG finde auf Ghettos, die sich wie das Ghetto Kopaigorod in Transnistrien befunden hätten, keine Anwendung.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und machte geltend, dass unter dem in § 1 ZRBG verwendeten Begriff "Besetzung durch das Deutsche Reich" das Tätigwerden von Hoheitsträgern des Deutschen Reiches in den Gebieten zu verstehen sei, in denen die Gebietshoheit auf diese Hoheitsträger ganz oder teilweise übergegangen sei. Transnistrien sei nicht rumänisches Staatsgebiet geworden. Der Vertrag von Tighina bestimme lediglich, dass dieses Gebiet unter rumänischer Kontrolle stehe. Trotz des Vertrages sei Transnistrien weiterhin Besatzungsland unter deutscher Oberhoheit gewesen. Am 09.11.2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Eine Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG könne nicht erfolgen. Das ZRBG finde keine Anwendung für Verfolgte, die sich in einem Ghetto aufgehalten hätten, das sich auf rumänischem Staatsgebiet bzw. in einem unter rumänischer Verwaltungshoheit stehenden Gebiet befunden habe. Das Gebiet Transnistrien habe nicht zu einem gemeinsamen deutsch-rumänischem Besatzungsgebiet gehört, sondern Rumänien habe die Verwaltungshoheit über Transnistrien durch ein vom Staatschef Antonesu erlassenes Dekret vom 19.08.1941 übernommen. Auch der zwischen Deutschland und Rumänien geschlossene Vertrag von Tighina vom 30.08.1941 habe das Gebiet Transnistrien von 1941 bis 1944 der rumänischen Verwaltung unterstellt.
Am 19.11.2004 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage mit dem Begehren erhoben, ihr unter Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten im Ghetto Kopaigorod in der Zeit von Januar 1942 bis Januar 1944 und Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI ARG zu gewähren.
Sie hat geltend gemacht, dass Transnistrien zu den vom Deutschen Reich besetzten Gebieten im Sinne des ZRBG gehört habe. Es sei gemeinsam von der Deutschen Wehrmacht und dem kriegsverbündeten Rumänien im Zuge des Überfalls auf die Sowjetunion erobert worden. Durch einseitige rumänische Erklärung sei Transnistrien unter rumänische Zivilverwaltung gestellt worden. Anschließende Verhandlungen zwischen den Verbündeten hätten zur Vereinbarung von Tighina geführt. Aus dieser Vereinbarung gehe nicht hervor, ob das Gebiet vorläufig oder endgültig der rumänischen Verwaltung unterstellt werden sollte. Von deutscher Seite sei der provisorische Charakter der Vereinbarung betont worden. Rumänien seinerseits habe Transnistrien in dem außenpolitischen Verkehr nie als rumänisches Staatsgebiet deklariert. Im übrigen habe sich die Wehrmacht auf Grundlage der Vereinbarung einige für die Kriegsführung wichtige Positionen vorbehalten. Von deutschen Hoheitsträgern seien unmittelbar und mittelbar Aktivitäten in Transnistrien entfaltet worden, die ohne deutsche Oberhoheit so nicht durchführbar gewesen seien. Auch die Einführung des Reichskreditkassenscheins - RKKS - in Transnistrien sei kein Beleg dafür, dass Transnistrien nicht zu den vom Deutschen Reich besetzten Gebieten im Sinne des ZRBG gehört habe. Es sei nahezu undenkbar, dass Rumänien ohne deutsche Einwilligung habe bestimmen können, dass der von den Reichskreditkassen emittierte RKKS gesetzliches Zahlungsmittel in Transnistrien werde.
Ihre im Ghetto Kopaigorod ausgeführte Beschäftigung sei entgeltlich gewesen. Sachbezüge für geleistete Arbeit seien nach § 14 SGB VI Entgelt, wobei es auf ihre Höhe nicht ankomme. Die schlechte Ernährungslage in Verbindung mit der Bezahlung der Arbeit mit Sachbezügen habe einen Anreiz für die Juden in Transnistrien dargestellt, sich selbst um Arbeit zu bemühen. Dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, wonach das ZRBG nur als Zahlungsvorschrift anzusehen sei, könne nicht gefolgt werden. Das BSG habe das ZRBG gegen den eindeutig erkennbaren Willen des Deutschen Bundestages zu einem reinen Zahlungsgesetz degradiert, indem es fordere, dass sämtliche Voraussetzungen, die nach dem Fremdrentengesetz für die Anerkennung von Beitragszeiten (§ 15 FRG) und Beschäftigungszeiten (§ 16 FRG) gefordert werden, auch bei Beitragszeiten nach dem ZRBG erfüllt sein müssten. Diese Auslegung des ZRBG durch das BSG widerspreche dem tatsächlichen, eindeutig zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers, die Beschäftigten in den Ghettos in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Die Voraussetzungen, unter denen Ghettobeitragszeiten zu berücksichtigen seien, habe das BSG unter Missachtung des parlamentarischen Willens auf die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des ZRBG zurückgeführt und lediglich Ausnahmen bezüglich der Rentenzahlung in das Ausland zugelassen. Mit dieser Entscheidung habe das BSG für nahezu alle Ghettobeschäftigten unüberwindbare Hürden aufgebaut und das Gesetz im Ergebnis unanwendbar gemacht. Es müsse gerichtsbekannt sein, dass das sogenannte Ostjudentum in der Regel nicht die persönlichen Voraussetzungen des Fremdrentengesetzes (FRG) erfülle. Auch die Voraussetzungen, die das BSG an das Vorliegen der Versicherungspflicht und die Anerkennung von Fremdbeitragszeiten oder Beschäftigungszeiten knüpfe, behinderten die Umsetzung des ZRBG.
Durch Urteil vom 05.04.2005 hat das SG Düsseldorf die Klage abgewiesen.
Die erforderliche allgemeine Wartezeit von 5 Jahren (§ 50 SGB VI) sei nicht erfüllt. Insbesondere könne die allgemeine Wartezeit nicht durch die Anrechnung von Beitragszeiten nach den Vorschriften des ZRBG erfüllt werden. Der Anwendungsbereich dieses Gesetzes sei nicht eröffnet, da sich die Klägerin in dem geltend gemachten Zeitraum nicht in einem Ghetto aufgehalten habe, das sich in einem Gebiet befunden habe, das vom deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert gewesen sei. Das Ghetto Kopaigorod habe in Transnistrien gelegen. Dieses Gebiet sei von Sommer 1941 bis zur Befreiung im März 1944 an Rumänien abgeschlossen gewesen. Auch wenn sich der Anwendungsbereich des ZRBG auf das Gebiet Transnistrien erstrecke, könne eine Anerkennung der zurückgelegten Versicherungszeiten als deutsche Beitragszeiten allein nach dem ZRBG nicht erfolgen. Eine umfassende Gleichstellung von nichtdeutschen und deutschen Zeiten sei durch die Vorschrift des § 2 Abs. 1 ZRBG nicht erfolgt. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG bewirke keine Anerkennung ausländischer Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung. Die dort geregelte Beitragsfiktion "für die Berechnung der Rente" umfasse nicht eine Gleichstellung hinsichtlich der Berücksichtigung der betreffenden Zeiten bei der Erfüllung der Wartezeit. Desweiteren sei der Arbeitseinsatz der Klägerin im Ghetto Kopaigorod auch nicht entgeltlich im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG erfolgt. Denn die Klägerin habe in der Zeit von Januar 1942 bis Januar 1944 im Ghetto Kopaigorod keine dem Grunde nach versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Nach ihren eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren habe sie für ihre Tätigkeit in der Bäckerei des Ghettos lediglich Essen am Arbeitsort sowie zusätzliche Verpflegung erhalten. Der von der Klägerin angegebene Sachbezug reiche nicht aus, um die Tätigkeit der Klägerin zu einer entgeltlichen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG zu machen. Soweit im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werde, die Entgeltlichkeit folge aus der Entgeltregelung für Juden, wonach jedem Arbeiter als Entgelt für geleistete Arbeit eine Lebensmittelbon im Wert eines Arbeitstages zu gewähren gewesen sei, werde darauf hingewiesen, dass die Klägerin im Verwaltungsverfahren nicht angegeben habe, dass sie für ihre Tätigkeit Lebensmittelbons erhalten habe.
Gegen das am 10.05.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20.05.2005 Berufung eingelegt.
Sie trägt vor, sie habe während ihres ersten Aufenthaltes im Ghetto Kopaigorod in der "Kommandantur" gearbeitet und habe Enttrümmerungsarbeiten geleistet. Insoweit verweise sie auf ihre Angaben gegenüber der Claims Conference. Während ihres zweiten Ghettoaufenthaltes, für den sie gegenüber der Claims Conference keine Beschäftigung angegeben habe, habe sie in der Bäckerei gearbeitet. Es seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass sie die Tätigkeiten während des ersten Ghettoaufenthaltes nicht aus eigenem Willensentschluss aufgenommen habe. Sie habe den für Transnistrien üblichen Lohn erhalten.
In dem Streitverfahren seien der Status von Transnistrien und die Fragen der Anwendung des ZRBG in Verbindung mit dem EVZSiftG, ihrer Zugehörigkeit zum dSK, ihrer Glaubwürdigkeit sowie der Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit ihrer Beschäftigung streitbefangen. Bereits der Umfang der im Verfahren streitigen Rechts- und Sachfragen zeige, dass diese in erster Linie von Befürchtungen auf fiskalischem Gebiet geprägt seien und nicht einer wiedergutmachungsgeprägten Beurteilung unterzogen werden sollten. Bei dem ZRBG handele sich um ein Gesetz mit entschädigungsrechtlichem Charakter. Deshalb sei die Sichtweise des BEG bei der Beantwortung der Frage, welche Gebiete in das ZRBG einbezogen seien, maßgebend. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Ghetto-Verbringung in Transnistrien als von deutscher Hand veranlasst angesehen und demzufolge eine Entschädigung nach dem BEG gewährt worden sei, andererseits aber den Verfolgten in den Ghettos Transnistriens eine Leistung nach dem ZRBG verweigert werde, die den Verfolgten aus Ghettos in anderen Gebieten, die auf deutsche Veranlassung errichtet worden seien, zustehe. Rumänien sei spätestens seit dem 29.05.1940 außen- und innenpolitisch vom Deutschen Reich abhängig gewesen. Insoweit verweise sie auf die Ausführungen von Lupal in RzW 1977, S. 41 ff, der dargelegt habe, dass Rumänien, wenn es sich den Forderungen des Deutschen Reiches nicht gebeugt hätte, eine deutsche Besetzung, wie in Jugoslawien geschehen, hätte befürchten müssen. Rumänien habe die Souveränität in allen die Interessen des Deutschen Reiches berührenden inneren und äußeren Angelegenheiten verloren. Transnistrien sei im Sinne entschädigungsrechtlicher Vorschriften und damit im Sinne des ZRBG ein vom Deutschen Reich besetztes Gebiet. Es sei durch eine von Hitler durchaus gebilligte, völkerrechtlich jedoch nicht zu beachtende Vereinbarung der zuständigen militärischen Befehlshaber Rumänien zur Verwaltung gegeben worden. Rumänien sei durch den Vertrag nur mit der Verwaltung des Gebietes beliehen wurden. Es habe die Verwaltung unter deutscher Aufsicht, nämlich unter Aufsicht der Wehrmacht, durchgeführt. Rumänien habe sich als Koalitionspartner vollständig dem deutschen Führungsanspruch unterworfen und sei für die Dauer des Krieges mit der Verwaltung eines Gebietes belehnt wurden.
Es sei fraglich, ob Art. 42 HLK zur Definition des Begriffs "besetztes Gebiet" in § 1 ZRBG herangezogen werden könne. Art. 42 HLK beziehe sich nur auf Gebiete, die sich tatsächlich in der Gewalt des feindlichen Heeres befinden. Nach Einführung der Zivilverwaltung in den von der Deutschen Wehrmacht eroberten Gebieten, wie etwa dem Generalgouvernement und den Reichskomissariaten, hätten sich diese Gebiete nicht tatsächlich in der Gewalt des feindlichen Heeres, sondern in der Gewalt der deutschen Zivilverwaltung, des Reichsführers SS und der Chefs der Deutschen Polizei befunden. Transnistrien unterscheide sich vom Generalgouvernement und den unter deutscher Zivilverwaltung stehenden Gebieten lediglich dadurch, dass die Zivilverwaltung unter deutscher Oberaufsicht von den Rumänen durchgeführt worden sei.
In Transnistrien seien während der ganzen Zeit des Krieges mit der UdSSR deutsche Truppen stationiert gewesen. Dieses Faktum, dass Transnistrien zu einem " vom Deutschen Reich besetzten Gebiet" im Sinne des ZRBG mache, könne im Rahmen des ZRBG nicht durch einen Hinweis auf Art. 42 HLK negiert werden. Diese Sicht stelle das ZRBG als einzige wiedergutmachungsrechtliche Regelung in der Sozialversicherung hin, die - durch Verwaltungsauslegung und Richterrecht geprägt - mit Bedacht die von der deutschen Staatsführung in Transnistrien veranlasste Verfolgung und Ghettoisierung negiere, somit für die Folgen nationalsozialistisch initiierten Terrors nicht aufkommen wolle, obwohl sich aus dem ZRBG selbst keine Handhabe dafür ergebe. Es falle auf, dass sich der Senat bemühe, den Gesetzgeber nachhaltig zu korrigieren. Die Annahme des Gerichts, sie müsse dem dSK angehören, damit Beitragszeiten nach §§ 15, 16 FRG zustande kämen, stelle einen massiven Eingriff in die Kompetenzen des Gesetzgebers dar, der bewusst entsprechendes nicht geregelt habe. Da der Referentenentwurf zum ZRBG, der eine Zahlbarmachung von Beitragszeiten nach § 12 WGSVG durch Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen vorgesehen habe, im Gesetzgebungsverfahren nicht weiterverfolgt sei, stehe in erkennbarer Weise fest, dass es im Rahmen des ZRBG nicht auf den Erwerb vom Fremdbeitragszeiten und Beschäftigungszeiten im Sinne von §§ 15, 16 FRG ankomme.
Der Glaubhaftmachung ihrer Beschäftigung stehe nicht entgegen, dass sie im Entschädigungsverfahren nur die Arbeiten, die sie während des ersten Aufenthalts im Ghetto verrichtet habe, und im ZRBG-Verfahren nur diejenige Beschäftigung angeben habe, die sie nach Rückkehr aus dem Zwangsarbeiterlager verrichtete habe. Was im Entschädigungs- und Rentenverfahren vortragen worden sei, sei unter Umständen weit von einem erschöpfenden Bericht entfernt. Im Entschädigungsverfahren habe sie die Freiheitsentziehung und nicht etwa die Arbeit dargestellt. Ihre Tätigkeit sei nach der Verordnung Nr. 23 des Oberkommandos des Heeres, Abteilung des Zivilgouverneurs von Transnistrien, entgeltlich gewesen. Nach Art. 6 Abs. 4 der Verordnung habe sie als nicht qualifizierte Arbeiterin Lebensmittel im Wert von 1,00 Mark/Tag erhalten. Hierbei handele es sich nicht um eine echte Sachbezugsgewährung, sondern um eine Entgeltumwandlung. Jeder Arbeitstag sei mit 1,00 Mark bewertet worden und in diesem Wert hätten die Arbeiter Lebensmittel erhalten. Es könne nicht von einer Sachbezugsgewährung im Sinne des Sozialversicherungsrechts ausgegangen werden.
Auch setze das ZRBG das Bestehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht voraus. Insoweit könne der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03, nicht gefolgt werden. Wenn das BSG die tatsächlich nur verfolgungsbedingt erfolgte Sachbezugsgewährung für eine entgeltliche Beschäftigung nicht ausreichen lasse, mache es eine typisch verfolgungsbedingte, von den Verfolgungsinstitutionen mit Bedacht gewählte Benachteiligung beschäftigter Ghettobewohner zum Maßstab für die Auslegung eines Wiedergutmachungsgesetzes. Das BSG habe die Entgeltproblematik des ZRBG nicht auf der Grundlage des Gerechtigkeitsempfindens, sondern auf der Grundlage der äußerst ideenreichen Willkürmodule der hitleristischen und sonstigen örtlichen Statthalter geprüft. Die Höhe des gewährten Entgelts, umgewandelt in Sachbezüge, sei nicht zu niedrig. Auch führe allein der Entgeltanspruch dazu, dass sie für den Bereich der Rentenversicherung so zu stellen sei, als sei ihr das Monatsentgelt tatsächlich ausgezahlt worden.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.04.2005 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.07.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2004 zu verurteilen, ihr unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG für die von ihr in der Zeit von Januar 1942 bis Juli 1942 und von Oktober 1942 bis Januar 1944 im Ghetto Kopaigorod zurückgelegten Zeiten einer Beschäftigung sowie unter Berücksichtigung von Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI - ggfs. nach Entrichtung von freiwilligen Beiträgen - ab dem 01.07.1997 eine Regelaltersrente zu gewähren,
hilfweise,
den Referentenentwurf und die zu den Bundestagsdrucksachen 14/8583 und 14/8602 führenden Materialien einschließlich der Stellungnahme der Rentenversicherungsträger beizuziehen,
weiter hilfsweise,
sie persönlich anzuhören,
weiter hilfsweise,
Beweis zu erheben durch Einholung eines geschichtswissenschaftlichen Gutachtens zu der Frage, ob Transnistrien zu den "vom Deutschen Reich besetzten Gebieten" im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZRBG gehört und dabei dem Sachverständigen die auf Seite 25 - 28 des Schriftsatzes vom 02.02.2006 ausgeführten Fragen zu 1. - 24. vorzulegen,
ferner hilfsweise ,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die Unterlagen der Jewish Conference on Material Claims Against Germany über die Klägerin, Vökl, "Transnistrien und Odessa (1941-1944)", Regensburg 1996, Broszat, "Das 3. Reich und die rumänische Judenpolitik", in Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte, München 1958 S. 102 ff., Weber, "Die Bukowina im Zweiten Weltkrieg", Hamburg 1972, Auszüge aus dem Kriegstagebuch der 6. Armee, Abteilung Obertquartiermeister, vom 15/16.03.1944, die Auskunft des Bundesarchivs - Militärarchiv - vom 15.09.2005 im Verfahren L 4 RJ 126/04, den Final Report of the International Commission on the Holocaust in Romania, 2004 und Ancel, "Transnistria 1941 - 1944, The Romanien Mass Murder Campaig", Volume I, Tel Aviv 2003 beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtstreit in der mündlichen Verhandlung vom 03.02.2006 trotz Nichterscheinens der Prozessbevollmächtigten der Klägerin verhandeln und entscheiden. Die Prozessbevollmächtigte ist laut Empfangbekenntnis vom 27.12.2005 ordnungsgemäß zum Termin geladen wurden. In der Terminsmitteilung ist die Prozessbevollmächtigte auf die Möglichkeit einer solchen Verfahrensweise hingewiesen worden.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klägerin ist nicht nach § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf ARG gegenüber der Beklagten nach §§ 35, 300 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Die für den Rentenanspruch erforderliche Wartezeit von 60 Kalendermonaten (§ 35 Nr. 2, 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) ist nicht erfüllt, weil auf die Wartezeit anrechenbare Versicherungszeiten nicht vorliegen. Die von der Klägerin im Berufungsverfahren geltend gemachten Beschäftigungszeiten im Ghetto Kopaigorod von Januar 1942 bis Juli 1942 und von Oktober 1942 bis Januar 1944 sind als Beitragszeiten nicht zu berücksichtigen, da die Klägerin nicht dem dSK angehörte und Beschäftigungen in Ghettos im Gebiet Transnistrien nicht dem ZRBG unterfallen. Anrechenbare Ersatzzeiten liegen nicht vor.
Nach § 35 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ist die Erfüllung der Wartezeit von fünf Jahren Voraussetzung für einen Anspruch auf ARG. Auf die allgemeine Wartezeit werden nach § 51 Abs. 1 und Abs. 4 SGB VI Kalendermonate mit Beitragszeiten und Ersatzzeiten angerechnet. Nach §§ 55 Abs. 1, 247 Abs. 3 S. 1 SGB VI sind Beitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht oder Reichsversicherungsrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind oder nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Ersatzzeiten werden nach § 250 Abs.1 SGB VI nur bei Versicherten als rentenrechtliche Zeiten berücksichtigt. Die Versicherteneigenschaft setzt voraus, dass vor Beginn der Rente zumindest ein Beitrag wirksam entrichtet worden ist oder als wirksam entrichtet gilt.
Bis zu ihrer Ausreise nach Israel im Jahre 1972 lebte die Klägerin in keinem Gebiet, das vom Geltungsbereich der Reichsversicherungsordnung (RVO) erfasst war. Sie hielt sich von ihrer Geburt bis zur Deportation im Sommer 1941 sowie nach ihrer Befreiung im März 1944 aus dem Ghetto Kopaigorod bis zu ihrer Ausreise 1972 im sowjetischen Staatsgebiet auf. Sie legte auch in der Zeit von Januar 1942 bis Januar 1944 im Ghetto Kopaigorod keine Versicherungszeiten nach deutschem Reichsrecht zurück. Denn das Ghetto Kopaigorod lag im Gebiet Transnistrien, in dem nach der Eroberung durch die deutsch-rumänischen Truppen die RVO nicht eingeführt wurde.
Bis zu ihrer Ausreise nach Israel 1972 erwarb die Klägerin keine Beitragszeiten nach dem FRG. Denn sie erfüllte nicht die persönlichen Voraussetzungen des FRG. Die Klägerin ist weder als Vertriebene im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) anerkannt noch gehört sie zu dem nach § 1 FRG begünstigten Personenkreis. Die Vorschriften des FRG sind auch nicht nach § 17a FRG oder § 20 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozilistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) auf Beschäftigungen der Klägerin bis 1972 anwendbar, da die Klägerin nach eigenen Angaben nicht dem dSK angehörte.
Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich auch aus den Vorschriften des ZRBG kein Anspruch auf Berücksichtigung der Beschäftigungszeiten im Ghetto Kopaigorod als Beitragszeiten zur Erfüllung der Wartezeit ableiten. Das SG hat zu Recht ausgeführt, dass das ZRBG nicht das Fehlen des dSK ersetzt. Das ZRBG regelt weder die Gleichstellung von Beschäftigungszeiten in einem Ghetto mit nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten nach § 55 Abs. 1 S. 1 SGB VI noch mit fiktiven Beitragszeiten im Sinne von § 55 Abs. 1 S. 2 SGB VI (LSG NRW, Urteil vom 13.01.2006, - L 4 RJ 113/04 -; Urteil vom 03.02.2006, - L 4 R 47/05 -). Der Senat folgt nicht der auch von den Rentenversicherungsträgern vertretenen Auffassung (siehe z. B. Dienstanweisung zum ZRBG der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 04.11.2005, Punkt 2), dass für die Anerkennung von Ghetto-Beschäftigungen als Beitragszeiten nach dem ZRBG eine Beziehung der Verfolgten im Sinne des BEG zur deutschen Rentenversicherung während der Verfolgungszeit nicht mehr erforderlich ist. Das ZRBG weitet nicht den Kreis der anspruchsberechtigten Verfolgten, der durch die Bestimmungen des SGB VI der §§ 1, 20 WGSVG und des FRG (§§ 1, 16, 17a FRG) festgelegt ist, aus. Vielmehr beschränkt sich der Anwendungsbereich des ZRBG auf die Bewertung von Beschäftigungszeiten in einem Ghetto sowie deren Zahlbarmachung ins Ausland, die nach § 247 Abs. 3 S. 1 SGB VI (Beitragszeiten nach RVO) oder den Bestimmungen des FRG den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichgestellt sind. Das ZRBG ändert oder ergänzt nicht die Bestimmungen des SGB VI über das Entstehen und den Bestand eines Stammrechts auf Rente, sondern es betrifft nur den sich aus dem Rentenstammrecht ergebenden monatlichen Zahlungsanspruch. Denn durch die Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZRBG wird die in § 113 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI vorgesehene "Zahlungssperre" für Leistungen an den besonderen Personenkreis der Verfolgten des Nationalsozialismus, die unter den Bedingungen eines Ghettos beschäftigt waren, beseitigt.
Damit sollen die im Rentenversicherungsrecht durch nationalsozialistisches Unrecht eingetretenen Nachteile insoweit ausgeglichen werden, als der typischerweise im Ausland wohnende betroffene Personenkreis in Zukunft über die ihm zustehenden Leistungen verfügen können soll (BSG, Urteil vom 03.05.2005, - B 13 RJ 34/04 R -). Die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 und des § 3 ZRBG betreffen die Bewertung der Beitragszeiten mit Entgeltpunkten nach § 254d Abs. 1 Nr. 5 SGB VI, die Ermittlung des Zugangsfaktors sowie den Rentenbeginn und somit nicht das Entstehen des Rentenstammrechts.
Aus dem Wortlaut des ZRBG lässt sich nicht entnehmen, dass die in § 1 ZRBG definierten Beschäftigungszeiten in einem Ghetto Beitragszeiten nach § 55 SGB VI gleichgestellt werden und damit zur Erfüllung der Wartezeit geeignet sein sollen, unabhängig davon, ob die Verfolgten dem vom FRG, WGSVG oder der RVO erfassten Personenkreis angehören. Schon die Überschrift "Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto" spricht dafür, dass dessen Regelungen nur Fragen des monatlichen Zahlungsanspruches betreffen, jedoch das Bestehen eines Rentenanspruchs voraussetzen. Der in § 1 Abs. 1 ZRBG verwendete Begriff "Verfolgte" ist im ZRBG nicht näher definiert. Soweit in den Vorschriften des § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI und des § 1251 Abs. 1 Nr. 4 RVO und der §§ 1 Abs. 1, 20 WGSVG auf die Verfolgteneigenschaft eines Berechtigten zur Berücksichtigung von rentenrechtlichen Zeiten abgestellt wird, handelt es um Verfolgte im Sinne des BEG, die einen durch die Verfolgungsmaßnahme bedingten Schaden in ihrer deutschen Rentenberechtigung erlitten haben, also in der Lage waren, zu Beginn und während der Verfolgungsmaßnahmen Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung zu erwerben (BSG, Urteil vom 08.09.2005, - B 13 RJ 20/05 - zu § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI; Urteil vom 14.08.2003, - B 13 RJ 27/02 R - zu § 1251 Abs.1 Nr. 4 RVO; Urteil vom 29.08.1996, - 4 RA 85/95 -). Aus dem Wortlaut des § 1 Abs.1 ZRBG ist nicht erkennbar, dass von diesem Verfolgtenbegriff abgewichen wird.
Auch aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 2 ZRBG lässt sich eine umfassende Gleichstellung der sog. "Ghetto-Beitragszeiten" mit nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten im Sinne von § 55 SGB VI nicht herleiten. § 2 Abs. 1 ZRBG bestimmt, dass für Zeiten der Beschäftigung in einem Ghetto Beiträge als gezahlt gelten, und zwar für die Berechnung der Rente als Beiträge nach den Reichsversicherungsgesetzen für eine Beschäftigung außerhalb des Bundesgebiets (Nr. 1) sowie für die Erbringung von Leistungen ins Ausland als Beiträge für eine Beschäftigung im Bundesgebiet (Nr. 2). Durch § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZRBG soll erreicht werden, dass die Zahlbarmachung einer Rente nicht mehr an den auslandsrentenrechtlichen Grundsätzen des SGB VI ( § 110 ff SGB VI) oder der fehlenden Beitragszahlung im Fall von Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG (§ 272 SGB VI) scheitert. Die "Ghetto-Beitragszeiten" gelten nur für die Zahlung ins Ausland als fiktive Bundesgebiets-Beitragszeiten und ermöglichen die Anwendung des § 113 SGB VI zu Gunsten der Verfolgten.
Des weiteren bewirkt auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG keine Anerkennung ausländischer Beschäftigungszeiten als Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung. Denn die dort geregelte Beitragsfiktion "für die Berechnung der Rente", d. h. die Ermittlung der Höhe der Entgeltpunkte nach § 254d Abs.1 Nr. 5 SGB VI, umfasst nicht die Berücksichtigung der betreffenden Zeit bei der Erfüllung der Wartezeit, also bei der Entstehung des Rentenstammrechts. Die Frage, ob eine Beschäftigungszeit, die nicht im Bundesgebiet zurückgelegt wurde, überhaupt in der deutschen Rentenversicherung berücksichtigt werden kann, ist keine Frage der Berechnung der Rente. Dies ergibt aus der Systematik des SGB VI, nach der die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen und die Bestimmung der rentenrechtlichen Zeiten von der Berechnung der Rente getrennt sind. Das SGB VI unterscheidet im Zweiten Abschnitt des Zweiten Kapitels (§§ 33 –105a) zwischen den Bestimmungen über Rentenarten, den Voraussetzungen für einen Rentenanspruch, den Anspruchsvoraussetzungen für einzelne Renten (§ 35 ff SGB VI) Bestimmungen, die das Entstehen des sog. Rentenstammrechts betreffen -, und den Bestimmungen über die Rentenhöhe und Rentenanpassung (§ 63 ff SGB VI), das Zusammentreffen von Renten und Einkommen (§ 89 ff SGB VI), Beginn, Änderung und Ende der Rente (§ 99 ff SGB VI) und Ausschluss und Minderung der Rente (§§ 103 - 105a SGBVI) - Bestimmungen, die den monatlichen Zahlungsanspruch aus dem Rentenstammrecht, einschließlich der Bewertung der rentenrechtlichen Zeiten betreffen -. Die Berechnung der Höhe eines Zahlungsanspruchs setzt systematisch das Entstehen eines Rentenanspruchs, voraus. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG kann daher nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die dort ausdrücklich " für die Berechnung der Rente" getroffene Regelung auch für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen gilt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die nach den allgemeinen Regeln zu bestimmenden Beitragszeiten erst bei der anschließenden Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte nach §§ 70 ff SGB VI wie Zeiten, die im Geltungsbereich der RVO außerhalb des Bundesgebiets zurückgelegt worden sind, behandelt werden sollen und nicht schon bei der Prüfung, ob diese Zeiten überhaupt in den Versicherungsverlauf aufzunehmen sind. Des weitern setzt auch die Regelung des § 3 ZRBG über den anzuwendenden Zugangsfaktor sowie über den Beginn der Rente voraus, dass ein Rentenanspruch entstanden ist.
Die Beschränkung des Anwendungsbereichs des ZRBG auf die Bewertung von Beschäftigungszeiten in einem Ghetto sowie deren Zahlbarmachung ins Ausland, die nach § 247 Abs. 3 S. 1 SGB VI (Beitragszeiten nach RVO) oder den Bestimmungen des FRG den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichgestellt sind, widerspricht nicht dem Willen des Gesetzgebers. Aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/8583 und 14/8602) ist nicht die Absicht des Gesetzgebers zu entnehmen, alle Verfolgte, die in einem Ghetto freiwillig und entgeltlich beschäftigt waren, in die deutsche Rentenversicherung einzubeziehen und den Kreis der Anspruchsberechtigten über den in §§ 1 Abs.1, 20 WGSVG und §§ 1, 16, 17a FRG erfassten Personenkreis hinaus auszudehnen. Das zentrale Problem, das durch das Gesetz gelöst werden sollte, ist die Zahlbarmachung von Renten für Zeiten einer Beschäftigung in einem Ghetto für Berechtigte mit einem Auslandswohnsitz, ohne dass die Berechtigten Vorleistungen in Form von Nachentrichtungen erbringen müssen oder ihnen eine fehlende Beitragsabführung oder das Verstreichen von Nachentrichtungsrechten entgegengehalten werden kann. Dies ergibt sich aus der im Allgemeinen Teil des Gesetzesentwurfs vorangestellten Problemdarstellung, in der ausgeführt wird, dass die auf einer Beschäftigung in einem Ghetto beruhende Rente vielfach aus auslandsrentenrechtlichen Gründen nicht ausgezahlt werden kann, insbesondere weil Bundesgebiets-Beitragszeiten nicht im erforderlichen Umfang vorliegen (BT-Drucks. 14/8583 S. 5 und 14/8602 S.5). Im Allgemeinen Teil wird zwar ausgeführt, dass mit dem ZRBG von bestimmten Grundsätzen des Rentenrechts im Bereich der Anerkennung von rentenrechtlichen Zeiten als auch bei der Erbringung von Leistungen ins Ausland abgewichen wird. Die Verwendung des Ausdrucks "Anerkennung von rentenrechtlichen Zeiten", könnte ein Hinweis dafür sein, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, die Bestimmungen im Fünften Titel, Zweiter Unterabschnitt, Zweiter Abschnitt, Zweites Kapitel des SGB VI über "rentenrechtliche Zeiten", zu denen auch der Begriff der Beitragszeit in § 55 SGB VI gehört, zu ergänzen, indem er den Kreis der Anspruchsberechtigten ausdehnte. Jedoch wird im Wortlaut des § 1 Abs. 2 ZRBG ausgeführt, dass dieses Gesetz die rentenrechtlichen Vorschriften des WGSVG ergänzt. Die allgemeine Zielsetzung des WGSVG ist, das Recht der Wiedergutmachung so zu verbessern, dass den Sozialversicherten ein voller Ausgleich des Schadens ermöglicht wird, den sie durch Verfolgungsmaßnahmen in ihren Ansprüchen und Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung erlitten haben. Dabei knüpft der Gesetzgeber daran an, ob der Verfolgte vor oder im Anschluss an Verfolgungsmaßnahmen bereits rentenversichert war (BVerfG, Beschluss vom 04.01.1981, - 1 BvR 873/81 -). Dies bedeutet für Verfolgte, die vor oder im Anschluss an Verfolgungsmaßnahmen nicht im Geltungsbereich der RVO Beitragszeiten erworben haben, dass sie Beschäftigungs- und Beitragszeiten nach dem FRG erworben haben müssen, um von dem Geltungsbereich des WGSVG erfasst zu werden. Die Vorschriften des FRG knüpfen an bestimmte persönliche Voraussetzungen an, nämlich die Innehabung eines bestimmten Status und das Erreichen eines bestimmten Lebensalters.
Aus der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 2 ZRBG (BT-Drucks. 14/8583 S.6 und 14/8602 S.6) ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber über die in §§ 20 WGSVG und § 17a FRG geregelte Gleichstellung von vertriebenen Verfolgten mit anerkannten Vertriebenen hinaus Verfolgte in die gesetzliche Rentenversicherung als Berechtigte einbeziehen wollte, die wegen fehlender Zugehörigkeit zum dSK oder fehlendem Erwerb von Beitragszeiten im Geltungsbereich der RVO außer den Beschäftigungszeiten in einem Ghetto keine weiteren berücksichtigungsfähigen Beitragszeiten oder Ersatzzeiten erworben, also durch die Verfolgungsmaßnahmen kausal keinen Schaden in der deutschen Rentenversicherung erlitten haben. Denn diese Verfolgten wären im Verfolgungszeitraum nicht in der Lage gewesen, berücksichtigungsfähige Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung zu erwerben. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das ZRBG keine Wartezeitfiktion enthält, also für die Entstehung eines Rentenanspruchs die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit erforderlich ist. Verfolgte können wegen der Dauer der Verfolgungsmaßnahmen, die mit der Besetzung des jeweiligen Heimatlandes (ab September 1939 bzw. Sommer 1941) durch die deutsche Wehrmacht begannen, und der kurzen Dauer der Existenz von Ghettos, die überwiegend in den Jahren 1942/43 aufgelöst wurden, allein durch "Ghetto-Beitragszeiten" (§ 2 ZRBG) die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllen, also kein Rentenstammrecht begründen. Damit ist der Rentenanspruch davon abhängig, dass die Verfolgten weitere berücksichtungsfähige Beitrags- und Ersatzzeiten vor und nach der Verfolgungszeit erwarben, also die im SGB VI, FRG und WGSVG festgelegten Zugangsvoraussetzungen zur deutschen Renteversicherung erfüllt oder Beitragszeiten nach über- und zwischenstaatlichem Recht erworben haben. Denn auch die Verfolgungsersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI setzen u.a. voraus, dass die Verfolgten zu Beginn der Verfolgungsmaßnahmen die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die gesetzliche deutsche Rentenversicherung erfüllten (BSG, Urteil vom 08.09.2005, - B 13 RJ 20/05 R -).
Des weiteren ist der Gesetzesbegründung zu § 2 ZRBG, insbesondere zu § 2 Abs. 2 ZRBG (BT-Drucks. 14/8583 S.6 und 14/8602 S.6) zu entnehmen, dass der Gesetzgeber für die Berechnung der aus den sog. "Ghetto-Beitragszeiten" zu leistenden Rente eine Beitragszahlung für eine nach den Reichsversicherungsgesetzen versicherungspflichtige Beschäftigung außerhalb des Bundesgebiets, d. h. für die Ermittlung der Höhe der Rente eine fiktive Beitragszahlung unterstellte und nur für die Erbringung von Leistungen aus den "Ghetto-Beitragszeiten" ins Ausland diese als Bundesgebiets-Beitragszeiten ansah. Durch diese Gleichstellung sollte der Export der Rente nach den allgemein gültigen Grundsätzen des im SGB VI geregelten Auslandsrentenrechts ermöglicht werden. Er schloss eine Zahlung von Rentenleistungen ins Ausland für Zeiten einer Beschäftigung außerhalb des Ghettos sowie ein wertmäßiges Mitziehen von Beitragszeiten, die außerhalb des Ghettos erworben worden sind, in § 2 Abs. 2 ZRBG aus. Deshalb kann der Gesetzesbegründung nicht der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, dass Verfolgte, die während der Verfolgungsmaßnahmen nicht dem Anwendungsbereich des WGSVG oder des FRG unterfielen, in die gesetzliche Rentenversicherung als Berechtigte mit einbezogen werden sollten. Vielmehr beschränkte sich der Wille des Gesetzgebers darauf, Berechtigte, die nach den Vorschriften von WGSVG und FRG während der Verfolgungsmaßnahmen berücksichtigungsfähige Versicherungszeiten durch eine Beschäftigung im Ghetto erworben hatten, den Erhalt von Leistungen aus diesen Zeiten zu ermöglichen.
Selbst wenn der Auffassung der Beteiligten gefolgt wird, dass Beschäftigungszeiten in einem Ghetto für Verfolgte im Sinne des BEG grundsätzlich Beitragszeiten nach § 55 SGB VI gleichgestellt sind, unabhängig davon, ob die Verfolgten zu dem von FRG oder WGSVG erfassten Personenankreis gehören, sind die Voraussetzungen des § 1 ZRBG nicht erfüllt. Nach § 1 Abs.1 gilt das ZRBG für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben, wenn die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist und gegen Entgelt ausgeübt wurde (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr.1 ) und das Ghetto sich in einem Gebiet befand, das vom deutschen Reicht besetzt war (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2).
Dahinstehen kann, ob die Klägerin in der Zeit von Januar bis Juli 1942 und von Oktober 1942 bis Januar 1944 im Ghetto Kopaigorod eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss aufnahm und gegen Entgelt im Sinne von § 1 Abs.1 S. 1 Nr. 1 ZRBG ausübte. Jedenfalls sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG nicht gegeben. Für den streitbefangenen Zeitraum erstreckt sich der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG nicht auf den Ort Kopaigorod. Dieser Ort befindet sich in einem Gebiet, das in der Zeit vom Sommer 1941 bis 1944 als Transnistrien bezeichnet wurde. Transnistrien umfasst als geographischer Begriff das Territorium zwischen den Flüssen Dnjestr und Südlicher Bug (südlicher Teil der West-Ukraine) und wird im Süden durch das Schwarze Meer und im Norden durch das Gebiet jenseits von Moghilev-Podolsk begrenzt. Im Zeitraum von Januar 1942 1941 bis Januar 1942 war Transnistrien im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG weder in das Deutsche Reich eingliedert noch vom Deutschen Reich besetzt.
Nach Auswertung der beigezogenen Dokumente und Literatur stellen sich für den Senat die Verhältnisse in der südlichen Ukraine nach dem Einmarsch der verbündeten deutsch-rumänischen Truppen wie folgt dar:
Als Teil der Ukraine gehörte Transnistrien 1941 zum Staatsgebiet der UdSSR. Anfang Juli 1941 marschierten die verbündeten deutsch-rumänischen Truppen, die Armeegruppe Antonescu, (4. rumänische, 11. deutsche und 3. rumänische Armee) in die südliche Ukraine ein und eroberten weite Teile. Formeller Oberbefehlshaber war der rumänische Staatschef Marschall Antonescu. Am 18.07.1941 wurde die einheitliche Befehlsführung aufgehoben. Die 4. rumänische Armee schied aus dem Verband aus und unterstand nunmehr dem rumänischen Generalstab. Die 11. deutsche Armee und 3. rumänische Armee wurden direkt der deutschen Heeresgruppe Süd unterstellt.
Die eroberten sowjetischen Gebiete wurden zunächst provisorisch von deutschen Militärbehörden verwaltet. Die Gebiete Bukowina und Bessarabien annektierte Rumänien. Die Gebiete östlich des Flusses Bug gehörten zum "Reichskommissariat Ukraine", dessen Verwaltung dem Minister für die besetzten Gebiete Rosenberg in Berlin unterstand. Am 19.08.1941 unterstellte der rumänische Staatschef, Marschall Antonescu, das als Transnistrien bezeichnete Gebiet durch einseitige Erklärung der rumänischen Zivilverwaltung und setzte als Gouverneur (Gubernator) Professor Alexianu ein.
In dem Gesetzesdekret vom 19.08.1941 heißt es u.a.:
"Dekret zur Übernahme der Verwaltung Transnistriens durch Rumänien"
Wir, General Antonescu, Oberbefehlshaber der Wehrmacht, befehlen:
Art. 1
Das besetzte Territorium zwischen Dnjestr und Bug, dessen Grenze, wie auf anliegender Karte angezeichnet ist, im Norden die Linie Nord Mogilev-Nord Zmerinka bildet, wird unter rumänische Verwaltung gestellt (mit Ausnahme der Region Odessa).
Art. 2
Wir ernennen Univ. Prof. Georg Alexianu zu unserem Bevollmächtigten für diese Provinz und statten ihn mit Vollmachten aus.
Art. 3
Unser Bevollmächtigter wird durch Ordonnanzen alle zur Durchführung der Verwaltung und zur Fortsetzung der Tätigkeit auf allen Gebieten notwendigen Maßnahmen in Übereinstimmung mit den gegebenen Instruktionen ergreifen ...
Art. 5
Die für diese Provinz ernannten Beamten werden wie folgt entlohnt:
a)
mit doppeltem Gehalt in Lei und
b)
einer Unterhaltsbewilligung im Höchstwerte des doppelten Gehaltes in Lei
Art. 6
Die RM ist die einzige Verkehrsmünze in diesem Gebiet ...
Art. 8
Unser Bevollmächtigter erhält Befehle direkt von uns und dem Ministerpräsidenten."
(zitiert nach Vökl, S. 435).
Am 30.08.1941 unterzeichneten die beiden militärischen Oberkommandos des Deutschen Reiches und Rumäniens eine Vereinbarung über die Sicherung, Verwaltung und Wirtschaftsauswertung der Gebiete Dnjestr und Bug (Transnistrien) und Bug und Dnjepr (Bug-Dnjepr-Gebiet), - Vertrag von Tighina -. Rumänien übernahm die Sicherung , Verwaltung und Wirtschaftsausnutzung des Gebietes bis zum Bug, für das weiter ostwärts bis zum Dnjepr gelegene Gebiet die militärische Absicherung. Die Wehrmacht behielt sich einige für die Kriegsführung wichtige Positionen vor, sie betrafen insbesondere die Sicherung der Transportwege und die landwirtschaftliche Nutzung. Weitere Punkte betrafen die Juden, die Grenzbewachung und die Aufteilung der Kriegsbeute. Im dem Vertrag von Tighina heißt es u. a.:
" 1.
Festlegung der Verantwortung:
Es sind verantwortlich:
a)
in Transnistrien:
Rumänien für die Sicherung und Verwaltung und Wirtschaftsausnutzung, über Verkehrs- und Nachrichtenwesen siehe Ziffer 3.
Über die vom Staatsführer an Marschall Antonescu vorgeschlagene Nordgrenze ist die Entscheidung des Führers auf diplomatischem Wege herbeizuführen.
b)
im Bug-Dnjepr-Gebiet:
Deutschland für Verwaltung und Wirtschaftsausnutzung, Rumänien für die Sicherung.
Rumänische Sicherungstruppen:
Stärke und Gliederung der rumänischen Sicherungstruppen werden so bemessen, dass die vorgesehenen Aufgaben erfüllt werden können.
Voraussichtlich werden hierzu eingesetzt ...
Über die taktische Unterstellung der rumänischen Sicherungstruppen im Bug-Dnjepr-Gebiet erfolgt eine Sondervereinbarung. Grundsätzlich sollen jedoch die rumänischen Truppen dort unter dem Befehl des rumänischen Korps - Kdos - eingesetzt werden, mit Ausnahme von Notfällen, in denen die örtlichen deutschen Dienststellen die nächsten rumänischen Truppen unmittelbar anfordern können.
Das Heranziehen der Zivilbevölkerung in Transnistrien zum Sicherheits- und Ordnungsdienst unter Aufsicht der rumänischen Truppen ist erwünscht; die Organe dieses zivilen Ordnungsdienstes sollen jedoch möglichst nicht bewaffnet sein.
Bei den rumänischen Kommando-Behörden verbleiben wie bisher "Deutsche Verbindungskommandos" (D.V.K.), die der deutschen Heeresmission unterstellt bleiben.
2.
Verkehrs- und Nachrichtenwesen in Transnistrien:
a)
Eisenbahn und Binnenschifffahrt:
Beide Verkehrsmittel stehen in erster Linie für die gemeinsamen Operationstruppen und für die Besatzungstruppen zur Verfügung und werden von einer deutschen Transportkommandantur verwaltet.
Wiederherstellung und Verwaltung beider Verkehrsmittel ist Sache deutscher militärischer Dienststellen, die Teile des Eisenbahnnetzes verantwortlich an den Chef des rumänischen Eisenbahnwesens abgeben können. Die rumänischen Dienststellen unterstützen die deutschen Dienststellen bei Bau und Unterhaltung der Eisenbahnen.
In Odessa wird für Transnistrien eine "Deutsche Transportkommandantur " eingerichtet, der zur Wahrung der rumänischen Interessen ein rumänisches Verbindungskommando beigegeben wird.
Alleintransporte bedürfen der Anmeldung bei der deutschen Transportkommandantur.
Deutscherseits werden folgende Strecken in Betrieb genommen:
Balzer-Odessa, die Gleis nach Gleis auf Normalspur umgenagelt wird,
Odessa-Vosnesensk (Breitspur),
Balta-Golta (Breitspur)).
Die Wiederherstellung (Normalspur) der Strecken ... durch den Chef des rumänischen Eisenbahnwesens ist erwünscht.
b)
Seetransporte:
Seetransporte auf dem Schwarzen Meer vereinbaren die verbündeten Marinen Deutschland und Rumänien unmittelbar.
c)
Straßen und Brücken:
Straßen und Brücken werden von rumänischen Dienststellen unterhalten ...
d)
Fernsprechverbindungen:
Die Fernsprechverbindungen werden grundsätzlich von rumänischen Dienststellen instand gesetzt und betrieben ...
Für die.Nachrichtenbelange in Transnistrien steht der Nachrichtenführer der deutschen Heeresmission zur Verfügung ...
e)
Die Sicherung der Verkehrswege und Nachrichtenverbindungen aller Art ist Sache der Rumänischen Besatzungstruppen ...
4.
Verwaltungs- und Wirtschaftsausnutzung in Transnistrien
Die Verwaltung in Transnistrien wird durch einen rumänischen Chef der Verwaltung eingerichtet und geleitet; er ist - im Interesse der gemeinsamen Kriegsführung - in entscheidenden Fragen an die Weisungen des militärischen Oberbefehlshabers in Transnistrien gebunden.
Dem Chef der rumänischen Verwaltung in Transnistrien wird auf seine Bitte ein höherer deutscher Kriegsverwaltungsbeamter zur Beratung und Unterstützung zugeteilt.
Die wirtschaftliche Ausnutzung von Transnistrien ist Sache der rumänischen Dienststellen. Zur Wahrung der Belange der gemeinsamen Kriegsführung wird eine "Verbindungsstelle der deutschen Wehrmacht in Odessa" eingerichtet, deren Aufgaben sind:
a)
Betreuung der deutschen Truppen in Transnistrien, hierfür werden "Deutsche Wehrmachts- Standort-Kommandanturen" - ... - neben dem Bahnhofskommandanturen eingerichtet.
b)
die für die wirtschaftliche Ausnutzung verantwortlichen rumänischen Dienststellen bei der Erfassung und Verteilung der hierfür die gemeinsamen Operationen notwendigen Mittel zu unterstützen und gemeinsam die für die Kriegsführung notwendigen Mitteln gemäß nachstehenden Richtlinien festzulegen:
Die Vorräte aller Art werden gemeinsam festgestellt. Die Rumänischen Besatzungstruppen, die Verwaltung und die Bevölkerung erhalten ihren Anteil.
Der Überschuss wird für gemeinsame Operationen zur Verfügung gestellt.
Falls es die operativen Interessen erfordern, haben die Belange der operativen Truppe den Vorzug gegenüber den Forderungen der Besatzungstruppe, Verwaltung und der Bevölkerung ...
7.
Abschub von Juden aus Transnistrien
Abschub der Juden über den Bug ist zur Zeit nicht möglich. Sie müssen daher im Konzentrationslager zusammengefasst und zur Arbeit eingesetzt werden, bis nach Abschluss der Operationen ein Abschub nach Osten möglich ist.
8.
Die vereinbarte rumänische Grenzsperrlinie verbleibt am Dnjestr. Die Absperrung der Ost- und Nordgrenze von Osttransnistrien übernimmt Heeresgruppe Süd ..."
(zitiert nach Völkl, S. 436 ff).
Im September 1941 wurde die Nordgrenze Transnistriens entsprechend den rumänischen Wünschen festgelegt. Nach der Eroberung Odessas im Herbst 1941 wurde das Gebiet von Odessa Transnistrien zugeordnet. Transnistrien wurde nicht in das rumänische Staatsgebiet eingegliedert, sondern von Rumänien wirtschaftlich und währungsmäßig als eigenes Territorium behandelt. Am Dnjestr entstand die Staatsgrenze Rumäniens mit Pass- und Zollkontrolle, der Personen- und Warenverkehr unterlag einer Kontrolle, Aus- und Einreise sowie Aus- und Einfuhr waren genehmigungspflichtig. Im Norden und Osten entstand gegenüber den der deutschen Besatzungshoheit unterstehenden Gebieten eine Außengrenze. Als Währung wurde nicht der rumänische Lei , sondern der RKKS als offizielles Zahlungsmittel eingeführt. Der Etat Transnistriens wurde von der rumänischen Regierung vom rumänischen Staatshaushalt getrennt aufgestellt. Die rumänische Regierung bildete einen gemeinsamen Ministerausschuss, der ab Januar 1942 für Angelegenheiten der eroberten Gebiete Bessarabien, Bukowina und Transnistrien zuständig war. Der Gouverneur von Transnistrien hatte das Recht, an den Sitzungen der rumänischen Regierung teilzunehmen. Die bisher geltenden Gesetze blieben in Kraft und wurden zunehmend durch Dekrete und Verordnungen der neuen Verwaltung ersetzt. Die rumänische Regierung erließ durch Dekrete mit Gesetzeskraft Gesetze für Transnistrien, wie z. B. in der Verordnung vom 11.11.1941, in der es u.a. heißt:
" ...kraft der Generalermächtigung, die durch Dekretgesetz Nr. 1, am 19. August 1941 zu Tighina erlassen, gegeben wurde, ordnen wir , Jon Antonescu, Marshall von Rumänien, Oberbefehlshaber des Heeres durch Prof. Gh Alexianu Zivilgouverneur, wie folgt an: ...".
Der Gouverneur bildete eine aus Direktoren bestehende Landesregierung. Transnistrien wurde in 13 Bezirke unterteilt, diese wiederum in Kreise eingeteilt. Bei den Direktoren, Präfekten, Prätoren, beim höheren Verwaltungsstab der Stadt Odessa und bei den Rayon-Bürgermeistern handelte es sich um rumänische Staatsangehörige. Die Präfekten waren in der Regel rumänische Offiziere im Obristenrang. Die rumänische Regierung entsandte ca. 4.000 Staatsangehörige zur Verwaltung von Transnistrien. Diese erhielten zwei Gehälter, in Lei und RKKS. Die in Transnistrien stationierten rumänischen Truppen, deren Aufgabe u.a. die Unterstützung der Zivilverwaltung war, unterstanden dem rumänischen Generalstab in Bukarest. Neben dem rumänischen Heer wurden rumänische Polizeiverbände als Sicherheits- und Exekutivorgane in Transnistrien eingesetzt. Das Gerichtswesen lag bei der rumänischen Militärgerichtsbarkeit. Rumänisch war Amtssprache, an den Amtsgebäuden wurden rumänische Staatssymbole verwendet, der rumänischen Nationalfeiertag wurde als gesetzlicher Feiertag eingeführt. Es wurde eine Rumänisierung der Kultur eingeleitet. 1942 und 1943 besuchte der rumänische Staatschef auf einer Inspektionsreise Transnistrien.
Die Wehrmacht war mit Sicherungs- und Etappentruppen und sonstigen rückwärtigen Einrichtungen sowie mit Kampf-Verbänden der Luftwaffe, Staffeln und Gruppen verschiedener Geschwader in Transnistrien vertreten. Die meisten Einheiten und Dienststellen des Heeres und der Luftwaffe lagen in Odessa. Zu den rumänischen Kommandostellen traten deutsche Verbindungskommandos. Die Einheiten und Dienststellen der Wehrmacht unterstanden dem Chef der "Verbindungsstelle der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien", der bis zum 30.09.1942 der Heeresgruppe Süd und ab dem 01.10.1942 der "Deutschen Heersmission in Rumänien" bzw. ab Januar 1943 dem "deutschen General beim Oberkommando der rumänischen Wehrmacht" unterstand. In der Dienstanweisung für den Chef der "Verbindungsstelle der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien" vom 03.09.1941 heißt es u.a.:
" 1.)
... Er übt gemäß ... Wehrmachtsbefugnisse gegenüber allen deutschen militärischen Dienststellen für den unter rumänischer Verwaltung stehenden Teil des Operationsgebietes zwischen Dnjestr und Bug (Transnistrien) aus ...
2)
Der Chef der "Verbindungsstelle der Deutschen Wehrmacht" fasst die von deutschen militärischen Dienststellen in Transnistrien zu erfüllenden Aufgaben zusammen. Er betreut die deutschen Truppen in Transnistrien und unterstützt die für die wirtschaftliche Ausnutzung von Transnistrien verantwortlichen rumänischen Dienststellen bei Erfassung und Verteilung der für die gemeinsamen Operationen notwendigen Mittel nach den zwischen dem OKH und dem kgl. Rumänischen Großen Generalstab getroffenen Vereinbarungen ..."
Am 21.11.1943 schuf die Deutsche Wehrmacht ein zentrales Kommando "Befehlshaber der deutschen Truppen in Transnistrien", das direkt dem Oberkommando der Wehrmacht unterstand. Im Befehl zur Einsetzung des Befehlshabers der Deutschen Truppen in Transnistrien vom 27.11.1943 heißt es u.a.:
" ... In allen Angelegenheiten, die die rumänischen Interessen berühren und die nicht mit dem rumänischen Gouverneur unmittelbar geregelt werden können, holt der Befehlshaber der deutschen Truppen in Transnistrien die Entscheidung des Chefs OKW über den Deutschen General beim Oberkommando der Rumänischen Wehrmacht ein. In diesem Falle stellt der Deutschen General beim Oberkommando der Rumänischen Wehrmacht gemäss seiner Dienstanweisung das Einvernehmen mit den rumänischen Zentralstellen her und trifft im Auftrag des Chefs OKW selbständig die notwendigen Entscheidungen ...
Aufgaben des Befehlshabers der deutschen Truppen in Transnistrien:
...
3.
Wahrnehmung der Aufgaben eines territorialen Befehlshabers aller Teile der Deutschen Wehrmacht und sämtlicher in ihrem Interesse tätigen Organisationen
4.
Wahrnehmung der Aufgaben des bisherigen Verbindungsstabes der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien
5.
Wahrnehmung der Interessen der Heeresgruppe A und Süd sowie der Luftwaffe und Kriegsmarine und der im Wehrmachtinteresse tätigen Organisationen gegenüber den örtlichen rumänischen Dienststellen.
...
6.
Ausnutzung des Landes im Einvernehmen mit dem rumänischen Gouverneur von
Transnistrien zur Unterstützung der Versorgung der Heeresgruppe A und Süd ... "
Für die landwirtschaftliche Nutzung bestand die Dienststelle des "Deutschen landwirtschaftlichen Beraters" beim Gubernator, der deutsche landwirtschaftliche Experten im Range von Sonderoffizieren der deutschen Wehrmacht zu den einzelnen rumänischen Präfekten entsandte. 1942 wurde in Odessa ein deutsches Konsulat eröffnet.
Für die Betreuung der volksdeutschen Siedlungen in Transnistrien (ca 130.000 Volksdeutsche in 228 Dörfern und neun Stadtbezirken Odessas) wurde von dem Kommando der volksdeutschen Mittelstelle (VOMI), die dem Reichsführer-SS in seiner Eigenschaft als "Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums" unterstand, das SonderkommandoR (SkR) gebildet. Das SkR setzte sich überwiegend aus SS-Angehörigen zusammen, seine Führung stammte nicht aus den Reihen der einheimischen Volksdeutschen. Anfang 1942 wurden die Volksdeutschen aufgrund der Vereinbarungen mit dem rumänischen Gouverneur weitgehend aus dem Zuständigkeitsbereich der rumänischen Verwaltung herausgelöst und der VOMI unterstellt (Verträge vom 12.12.1941 und vom 14/30.08.1942). Die rumänischen Präfekten hatten die durch die VOMI eingesetzten Bürgermeister und Lehrer zu bestätigen, die VOMI behielt sich das Schul- und Kulturwesen vor, ebenso die Einziehung der Steuern, die zu einem ermäßigten Satz pauschal an die rumänischen Behörden abzuführen waren. Andere Pflichtablieferungen gingen an die Wehrmacht. Den rumänischen Behörden verblieb die Gerichtsbarkeit im allgemeinen Zivilrecht, bei Verhaftungen bestand eine Hinweispflicht gegenüber der VOMI. Die VOMI baute einen bewaffneten volksdeutschen Selbstschutz (ca. 8.000 Mann) auf, der nur ihr unterstand und der rumänischen Gerichtshoheit entzogen war. Er unterstand politisch und disziplinarisch der SS- und Polizeigerichtsbarkeit.
Nach dem Einmarsch der deutsch-rumänischen Truppen waren in den eroberten Gebieten Bukowina, Bessarabien und Transnistrien Einsatzkommandos der Einsatzgruppe D unter Führung des SS-Gruppenführers Ohlendorf vom Beginn des Russlandfeldzuges, dem 20.06.1941, bis zum 31.10.1941 eingesetzt. Die Einsatzkommandos waren neben rumänischen Einheiten an der systematischen Ermordung der jüdische Bevölkerung der eroberten Gebiete beteiligt. Nach dem Abzug der Einsatzgruppe D war das SkR mit den dazu gehörigen Bereichskommandos sowie der von ihnen aufgestellte Selbstschutz an den Verfolgungsmaßnahmen gegen Juden, teilweise in Absprache mit den rumänischen Stellen, beteiligt, u.a. nahmen sie systematische Erschießungen von Juden im Umkreis volksdeutscher Siedlungen vor. Deutsche Zivilkräfte, die im Besatzungsgebiet Uniform tragen durften, und deutsche Militärs waren an der Ermordung von Juden in Lagern Transnistriens beteiligt.
Unabhängig von den Aktionen der Einsatzgruppe D waren rumänische Truppen und Polizeieinheiten an der Verhaftung und Erschießungen von Juden beteiligt. Nach der Eroberung Odessas ermordete die rumänische Armee innerhalb einer Woche 30.000 – 40.000 ortsansässige Juden und deportierte die überlebenden Juden in Zusammenarbeit mit deutschen Stellen in Lager im Distrikt Golta. Zwischen Dezember 1941 und Februar 1942 wurden in der Provinz Golta ortsansässige und deportierte Juden unter direkter Leitung des Präfekten Isopescu ermordet.
Die rumänischen Behörden deportierten in der Zeit von Herbst 1941 bis Herbst 1942 Juden aus Bessarabien, der Bukowina und der nördlichen Moldauregion (ca 180.000 Personen) nach Transnistrien. Ziel der Deportationen war die Verbringung der Juden in das Gebiet jenseits des Bug, in dem das Deutsche Reich die Besatzungshoheit ausübte. Die deutschen Stellen verweigerten die Übernahme der deportierten Juden in ihren Zuständigkeitsbereich. Die Deportationen wurden am 13.10.1942 eingestellt. Die in Transnistrien ansässigen, dorthin geflüchteten oder aus der Bukowina /Bessarabien deportierten Juden wurden in geschlossenen und offenen Ghettos oder Lagern festgehalten oder in bestimmten Orten angesiedelt. Für die Versorgung der Juden mit dem Lebensnotwendigen - Unterkunft, Nahrung, medizinische Betreuung - waren keine Vorkehrungen getroffen. Die Juden litten unter Hunger, katastrophalen hygienischen Zuständen, Seuchen, Kälte und einer ständigen Bedrohung. Die Lager und Ghettos unterlagen der Zuständigkeit des rumänischen Gouverneurs und der örtlichen rumänischen Behörden. Dem Inspekteur der rumänischen Polizei oblag die Beaufsichtigung der jüdischen Lager und Ghettos. Der Status der einheimischen und deportierten Juden wurde durch die Verordnung des Oberkommandos des Heeres, Abteilung des Zivilgouverneurs von Transnistrien, Nr. 23 vom 11.11.1941 geregelt. Ende 1942 hörte die systematische Ermordung von Juden auf; es stabilisierte sich die Lage. Die rumänische Regierung ließ materielle Hilfe für die Juden aus Rumänien und dem Ausland zu. Deutsche Firmen, Wehrmachtseinheiten, Bauabteilungen der Organisation Todt und andere deutsche Dienststellen zogen Juden aus den Lagern und Ghettos als Arbeitskräfte heran.
Nach dem erfolgreichen Vorrücken der russischen Armee während der Sommeroffensive 1943 begann die rumänische Regierung im letzten Quartal 1943 Evakuierungsmaßnahmen in Transnistrien einzuleiten. Am 29.01.1944 übernahm der rumänische General Potopenu auf Befehl Antonescus die Zivilverwaltung. Im Februar 1944 drangen russische Panzerverbände in Nord-Transnistrien ein. Im März 1944 gab Rumänien das verbliebene Süd-Transnistrien auf. Am 15.03.1944 wurde die Befehlsführung der 6. Armee der Heeresgruppe A auf den gesamten Raum Süd-Transnistrien ausgedehnt und die rumänische Verwaltung von der deutschen Militärverwaltung übernommen (18.03.1944). Im Kriegstagebuch der 6. Armee, Abteilung Oberquartiermeister aus März 1944 ist vermerkt:
"15.3
...
a.).
Die rumänische Verwaltung wird Zug um Zug von der deutschen Militärverwaltung übernommen ...
16.3
...
3.)
die Übernahme von Transnistrien ist nur als vorübergehende Maßnahme gedacht. Transnistrien geht, sobald es die Lage wider erlaubt, wieder in rumänische Hände über. Es ist weiterhin als Bestandteil des rumänischen Staatsgebietes zu betrachten.
...
18.3
Zur Durchführung der Verwaltung wird bei AOK 6 die Abteilung VII (Mil.-Verw.) eingerichtet ...
19.3
a)
Korück 593 meldet die Übernahme der rumänischen Verwaltung Transnistrien."
Der Ort Kopaigorod wurde im März 1944 von sowjetischen Truppen besetzt, seit dem 10.04.1944 war das gesamte Gebiet Transnistrien von den sowjetischen Truppen zurückerobert.
Ausgehend von den dargestellten Verhältnissen wurde das Gebiet Transnistrien weder in das Deutsche Reich noch in das rumänische Staatsgebiet eingegliedert. Eine Eingliederung liegt vor, wenn ein zunächst fremdes Staatsgebiet dem eigenen Staatsgebiet durch Rechtsakt (Gesetz, Erlass) angegliedert wird (Annektion). Weder das Deutsche Reich noch Rumänien haben nach der Eroberung das Gebiet Transnistrien durch Rechtsakt in das eigene Staatsgebiet einbezogen. Insoweit sind die Ausführungen der Klägerin zutreffend, dass Rumänien im völkerrechtlichen Verkehr Transnistrien nicht als Bestandteil des eigenen Staatsgebietes ansah. Rumänien behandelte Transnistrien wirtschaftlich und währungsmäßig nicht als eigenes Territorium und baute eine gesonderte Verwaltung auf. Daraus folgt aber nicht zwangsläufig, dass eine Besetzung Transnistriens durch Rumänien auszuschließen und eine Besetzung durch das Deutsche Reich anzunehmen ist. Denn im Gegensatz zur Annektion wird bei einer Besetzung/Okkupation das eroberte Staatsgebiet eines fremden Staates nicht in das eigene Staatsgebiet einverleibt. Nach Art. 42 der HLK vom 18.10.1907 (RGBl 1910,107) gilt ein Gebiet als besetzt, wenn es sich tatsächlich in der Gewalt des feindlichen Heeres befindet. Die Besetzung erstreckt sich nur auf die Gebiete, wo diese Gewalt hergestellt ist und ausgeübt werden kann. Für eine Besetzung im völkerrechtlichen Sinne ist daher charakteristisch, dass der besetzende Staat vorläufig die tatsächliche Gewalt über ein fremdes Staatsgebiet ausübt. Die Staatsgewalt des besetzten Staates erlischt nicht automatisch, sie wird nur für die Dauer der Besetzung entweder vollkommen oder zum Teil suspendiert. Die Staatsgewalt des besetzten Staates tritt soweit zurück, wie der Besetzer die Regelungsgewalt an sich zieht. Die Besatzungsmacht nimmt die Gebietshoheit über ein fremdes Territorium, aber nicht die Personalhoheit über die Einwohner des eroberten Gebiets in Anspruch (BGH, Urteil vom 13.04.1960, - IV ZR 279/50 -; BGH, Urteil vom 18.03.1959, - IV ZR 263/58; BSG, Urteil vom 16.12.1997, - 4 RA 63/96 -).
Entgegen der Auffassung der Klägerin war Transnistrien im streitbefangenen Zeitraum, der Zeit von Januar 1942 bis Januar 1944, nicht im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG vom Deutschen Reich besetzt. Der Begriff "vom Deutschen Reich besetzt" ist im ZRBG nicht näher definiert. Zur Auslegung dieses Begriffes ist der in Art. 42 HLK definierte Begriff der Besetzung heranzuziehen. Denn die HLK ist zum einen nach Beitritt des Deutschen Kaiserreiches zu diesem völkerrechtlichen Vertrag als Reichsrecht verkündet worden und stellt zum anderen als Völkergewohnheitsrecht eine allgemeine Regel des Völkerrechts dar. Als allgemeine Regel des Völkerrechts ist die HLK nach Art. 25 Grundgesetz (GG) Bestandteil des Bundesrechts. Die Rechtsprechung knüpft auch bei der Auslegung des Begriffes der "von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebiete" in § 7 Abs. 1 Nr. 3 Bundesversorgungsgesetz (BVG) bzw. des Begriffes "militärische Besetzung" in § 5 Abs. 1 Ziffer d BVG an Art. 42 HLK an. Für die Annahme einer Besetzung nach Art. 42 HLK fordert die Rechtsprechung die Errichtung und faktische Durchsetzung einer Besatzungsmacht auf dem Gebiet eines fremden Staates. Die Besatzungsmacht muss sowohl nach ihren eigenen Erklärungen als auch tatsächlich Herrschaftsgewalt ausüben (BSG, Urteil vom 24.11.1977, - 9 RV 98/76 -; Urteil vom 28.5.1995, - 9 RV 29/95 -). Die Herrschaft muss effektiv sein (BSG, Urteil vom 25.06.1965, - 11 RV 1248/60 - ). Dies entspricht den Anforderungen an eine Besetzung in der völkerrechtlichen Literatur, wonach nach der HLK ein Gebiet als besetzt gilt, wenn der fremde Staat über ein militärisch erobertes Gebiet die Gebietshoheit bzw. eine der Gebietshoheit ähnliche Zwangsgewalt ausübt; er muss die oberste Gewalt übernommen haben. (Schlochhauer, Wörterbuch des Völkerrechts, Erster Band , Stichwort: "Besetzung, Kriegerische"; Berber, Lehrbuch des Völkerrechts, Zweiter Band, Kriegsrecht, 2. Aufl, S.124 ff; Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, 6. Aufl., Rdnr. 1861 ff; Schmoller/Maier/Tobler; Handbuch des Besatzungsrecht; 1957, § 24 a, S. 20 f.). Unter Gebietshoheit ist das Recht, auf dem besetzten Gebiet gegenüber den Bewohnern Akte der Staatsgewalt zu setzen, z. B. Gesetze zu erlassen, Steuern zu erheben, zu verstehen (Berber, a.a.O; § 25 S.129 ff; Seidl-Hohenveldern, a.a.O., Rdnr. 818 ff). Eine Besetzung nach Art. 42 HLK, die nicht auf einer konkreten vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Gebietsherrn und der Besatzungsmacht, sondern auf der faktischen Innehabung der tatsächlichen Gewalt durch den besetzenden Staat beruht, endet entweder durch den Verlust der tatsächlichen Gewalt der Besatzungsmacht oder mit dem Ende des Kriegszustandes (vgl. Berber, a.a.O; 2. Aufl., § 25 S. 124 ff (125,127)).
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist für den Begriff der Besetzung im Sinne des Art. 42 HLK unerheblich, ob der Krieg auf Seiten des okkupierenden oder okkupierten Staats in legaler oder illegaler Weise begonnen worden ist oder in welcher Form die Besatzungsgewalt ausgeübt wird. Der besetzende Staat kann im okkupierten Gebiet sowohl eine Militärverwaltung wie auch eine Zivilverwaltung einsetzen (Berber, a.a.O., § 25 S. 128). Das Anknüpfen an Art. 42 HLK bei der Auslegung des Begriffs "vom Deutschen Reich besetzt" entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der unterstellt, dass ein Ghetto in den eingegliederten und besetzten Gebieten in besonderem Maße der hoheitlichen Gewalt des Deutschen Reiches ausgesetzt war und es nicht darauf ankommt, in welchem vom Deutschen Reich beherrschten Gebiet die Beitragszeiten zurückgelegt worden sind (BT-Drucksache 14/8583 S.6). Die Ausübung von hoheitlicher Gewalt entspricht dem Begriff der Gebietshoheit.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war Transnistrien vom Deutschen Reich im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG nicht besetzt (LSG NRW, Urteil vom 27.01.2006,
- L 4 RJ 126/04 -, Urteil vom 03.02.2006, L 4 R 47/05, SG Hamburg, Urteil vom 09.09.2003,
- S 26 RJ 1253/03 -). Das Deutsche Reich übte in Transnistrien gegenüber der Bevölkerung keine Gebietshoheit aus und nahm auch keine Herrschaftsgewalt in Anspruch. In der Zeit zumindest von September 1941 bis Mitte März 1944 nahm Rumänien auf der Grundlage des Dekretes vom 19.08.1941 und des Vertrages von Tighina vom 30.08.1941 die Besatzungsgewalt, d.h. die Gebietshoheit, in Transnistrien in Anspruch und übte sie aus. Weder übten das deutsche Reich und Rumänien die Gebietshoheit gemeinsam aus noch verwaltete oder besetzte Rumänien Transnistrien für das Deutsche Reich. Insoweit folgt der Senat nicht der vom Historiker Prof. Dr. C vertretenen Auffassung, auf die sich die Klägerin beruft, dass die juristische Form der Okkupation zwischen Rumänien und dem Deutschen Reich unklar blieb, de facto beide Staaten die Herrschaft ausübten (C in Benz/Houwink ten Cate/Otto, Die Bürokratie der Okkupation, S. 11ff (16)) bzw. das Gebiet von Rumänien verwaltet wurde und unter deutscher Oberherrschaft Besatzungsland war (C in Isak Weißglas, Steinbruch am Bug, S. 91 ff (95)), wobei Prof. Dr. C seine Bewertung der Verhältnisse nicht näher begründet.
Im Sommer 1941 eroberten die deutsch-rumänischen Truppen Teile des sowjetischen Staatsgebiet gemeinsam und es wurde das eroberte Gebiet zunächst provisorisch von deutschen Militärbehörden verwaltet. Anschließend annektierte Rumänien die eroberten Gebiete von Bessarabien und der Bukowina und das Bug-Dnjepr-Gebiet wurde vom Deutschen Reich als Teil des Reichskommissariats Ukraine verwaltet. Durch die einseitige Erklärung vom 19.08.1941 unterstellte der rumänische Staatschef Antonescu das Gebiet Transnistrien der rumänischen Zivilverwaltung und gab den Willen kund, dass Rumänien die gesetzmäßige Gewalt übernimmt. Dies ergibt sich insbesondere aus Art. 1, 3 und 8 des Dekretes, wonach der vom rumänischen Staatschef eingesetzte Bevollmächtigte direkt dem rumänischen Staatschef Antonescu und dem Ministerpräsidenten unterstellt war und der Bevollmächtigte alle notwendigen Maßnahmen zur Durchführung der Verwaltung in Übereinstimmung mit den von der rumänischen Regierung gegebenen Instruktionen ergreifen soll. Der Wille, die Gebietshoheit in Transnistrien in eigenem Namen, also im Namen Rumäniens auszuüben, wird auch deutlich aus der Äußerung von Staatschef Antonescu gegenüber Gouverneur Alexianu bei der Regierungssitzung vom 16.12.1941, wonach dieser dem Gouverneur Alexianu befahl, "dort zu regieren, als ob Rumänien diese Gebiete seit 2 Millionen Jahren beherrsche. Was später geschieht, werden wir sehen ..." (wiedergebenen in Final Report of the International Commission on the Holocaust in Romania S. 46; Ancel, S. 24).
Rumänien übte die von ihm in Anspruch genommene Territorialhoheit effektiv aus. Durch den Vertrag von Tighina vom 30.08.1941 teilten Rumänien und das Deutsche Reich ihre Kompetenzen im Gebiet Transnistrien und im angrenzenden Bug-Dnjepr-Gebiet auf. Das Deutsche Reich erkannte in diesem Vertrag die rumänische Verwaltung von Transnistrien, also die Ausübung der Gebietshoheit durch Rumänien, an ( Ziffer 1a ) und übernahm die Ausübung der Gebietshoheit im östlich angrenzenden Bug-Dnjepr-Gebiet (Ziffer 1b). Ein Wille der deutschen Armee oder deutschen Regierung, in Transnistrien eigene Besatzungsgewalt auszuüben, ergibt sich nicht aus dem Vertragstext. Die Sicherung des Gebietes Transnistrien sollte ausschließlich durch rumänische Truppen gewährleistet werden, diese Truppen werden in Ziffer 3 e) des Vertrages als Besatzungstruppen bezeichnet. Die in Transnistrien stationierten rumänischen Truppen waren nicht dem territorialen Oberbefehlshaber der deutschen Einheiten und Dienststellen in Transnistrien, dem Chef der Verbindungsstelle der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien, unterstellt, sondern dem rumänischen Generalstab in Bukarest.
Die Deutsche Wehrmacht behielt sich im Vertrag von Tighina nur Kompetenzen hinsichtlich der Sicherung der Versorgung (Abführen von landwirtschaftlichen Erträgen zur Versorgung der deutsch-rumänischen Truppen), der Nachschubwege (Kompetenzen deutscher Stellen im Bereich des Verkehrs- und Nachrichtenwesen) und der Stationierung von Truppenteilen vor. Die vorbehaltenen Kompetenzen sind nicht Ausdruck eines territorialen Anspruchs, sondern sie dienten den strategischen Zielen der gemeinsamen Kriegsführung und der Sicherung der Durchführung des Ostfeldzugs. Dies ergibt sich auch aus den im Verfahren beigezogenen Dienstanweisungen für den territorialen Befehlshaber der deutschen Truppenteile und Dienststellen in Transnistrien. Soweit in § 4 des Vertrags von Tighina geregelt war, dass der rumänische Chef der Verwaltung im Interesse der gemeinsamen Kriegsführung in entscheidenden Fragen an die Weisungen des militärischen Oberbefehlshabers in Transnistrien gebunden war, ist den beigezogenen Dienstanweisungen für den Chef der Verbindungsstelle der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien zu entnehmen, dass diesem die Funktion eines territorialen Befehlshabers aller in Transnistrien stationierten deutschen Einheiten und Dienststellen übertragen wurde. Die Übernahme der obersten Gewalt in Transnistrien bzw. die Übertragung von Verwaltungsfunktionen gegenüber der Bevölkerung von Transnistrien war nicht Gegenstand der Dienstanweisungen. Ebenso ergibt sich aus den Dienstanweisungen nicht, dass das Deutsche Reich von einem Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen dem Chef der Verbindungsstelle der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien und dem rumänischen Zivilgouverneur ausging, vielmehr sollte der Chef der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien bei für die Kriegsführung erforderlichen Maßnahmen das Einvernehmen mit dem Gouverneur bzw. der rumänischen Regierung herstellen. Erst Mitte März 1944, als Rumänien Transnistrien militärisch aufgegeben, d. h. die tatsächliche Gewalt verloren hatte, installierte das Deutsche Reich eine deutsche Militärverwaltung für Transnistrien und reklamierte die Ausübung der obersten Gewalt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin spricht auch die fehlende Regelung des zukünftigen staatsrechtlichen Status von Transnistrien im Vertrag von Tighina nicht gegen den Willen Rumäniens, die oberste Gewalt in diesem Gebiet im eigenen Namen auszuüben. Der Vertrag von Tighina hatte zwar nur provisorischen Charakter. Für eine kriegerische Besetzung ist aber charakteristisch, dass es sich um einen vorläufigen Zustand handelt. Denn die Dauer einer kriegerischen Besetzung hängt vom Kriegsverlauf ab, da sie entscheidend von der tatsächlichen Innehabung der Gewalt geprägt ist. Auch kann sich der Besatzungsstatus eines Gebietes durch vertragliche Vereinbarungen von verbündeten Staaten im Laufe einer Besetzung ändern. Aus den im Verfahren beigezogenen Dienstanweisungen der deutschen Wehrmacht ergibt sich, dass das Deutsche Reich Transnistrien der rumänischen Interessensphäre zuordnete und als Bestandteil des rumänischen Staatsgebietes betrachtete. Dies ist insbesondere den Eintragungen im Kriegtagebuch der 6. Armee vom 15./16.03.1944 zu entnehmen, wonach die Übernahme von Transnistrien von der rumänischen Verwaltung in die deutsche Militärverwaltung nur als vorübergehende Maßnahme gedacht war und Transnistrien auch nach Übernahme der Verwaltung als Bestandteil des rumänischen Staatsgebiets betrachtet wurde.
Rumänien verwaltete oder besetzte Transnistrien auch nicht für das Deutsche Reich. Der Senat schließt sich nach Auswertung der beigezogenen Dokumente und der Literatur der Rechtsprechung der Zivilgerichte und Verwaltungsgerichte zum Verhältnis zwischen Rumänien und dem Deutschen Reich während des Zweiten Weltkriegs an, wonach es sich bei Rumänien nicht um einen "Marionettenstaat", sondern um einen souveränen Staat mit eigener Entscheidungsfreiheit handelte. Rumänien war während des Zweiten Weltkrieges ein weitgehend autonom agierender Bündnispartner des Deutschen Reiches, der zu keiner Zeit durch das Deutsche Reich militärisch besetzt war oder von diesem direkt seinem politischen Willen unterworfen wurde. Die in Rumänien stationierten Truppen der deutschen Wehrmacht waren nicht als Besatzungsmacht, sondern als verbündete Streitkräfte mit dem Einverständnis der rumänischen Regierung ins Land gekommen, um die rumänischen Ölverkommen gegen dritte Staaten zu sichern und den Angriff auf die Sowjetunion vorzubereiten. Rumänien zählte zwar zum Einflussbereich (Interessensphäre) des Deutschen Reiches, war aber nicht dem unmittelbaren Einflussbereich der deutschen Staatsführung in dem Sinne unterworfen, dass die deutsche Staatsführung unmittelbaren Einfluss auf die rumänische Staatsführung in dem Maße ausübte, dass diese sich beugen musste und demzufolge die von der deutschen Staatsführung gewünschten Maßnahmen als deren gefügiges Werkzeug anordnete und durchführte (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.06.1975,- III C 81.70 - m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 22.07.1978, - III C 56/77 -). Insbesondere in der Innenpolitik, auch auf dem Gebiet der Judenpolitik, war Rumänien nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte, der sich der Senat nach Auswertung der beigezogenen Unterlagen anschließt, während der gesamten Dauer des Zweiten Weltkrieges ein vom Deutschen Reich unabhängiger und in seiner Willensentscheidung freier Staat (siehe die Zusammenfassung bei: BVerwG, Urteil vom 13.06.1975, - III C 81.70 - m.w.N.). Auch im Hinblick auf die von Rechtsanwalt Dr. Lupal in der RzW 1977, 41 ff vertretenen Auffassung der völligen außen- und innenpolitischen Abhängigkeit Rumäniens vom Deutschen Reich, insbesondere in der Judenpolitik, seit dem 29.05.1940, sah das Bundesverwaltungsgericht keine Veranlassung, seine eigene Wertung der historischen Vorgänge und der daraus folgenden rechtlichen Beurteilung zu ändern (BVerwG, Urteil vom 22.06.1978, - III C 56.77- ), da Rechtsanwalt Lupal seine Auffassung auf keine anderen historischen Tatsachen stützte, sondern nur auf eine andere Beurteilung.
Rumänien hatte in Transnistrien die judikative, legislative und exekutive Gewalt gegenüber der Bevölkerung inne und übte diese auch im eigenem Namen durch eigene Staatsangehörige in leitenden Positionen aus. Dabei war die Ausübung der Gebietshoheit über die volksdeutsche Minderheit, einer bestimmten Bevölkerungsgruppe, aufgrund von vertraglichen Vereinbarungen mit dem Deutschen Reich vom 12.12.1941 und 14/30.08.1942 beschränkt. Abmachungen zu Gunsten der im Gebiet des Vertragsgegners lebenden Staatsangehörigen und ihren politischen Organisationen sowie zugunsten volkszugehöriger Minderheiten hinsichtlich der Einräumung einer besonderen Rechtstellung sind übliche Gegenstände völkerrechtlicher Verträge (BVerwG, Urteil vom 08.02.1968, - III C 16.67 -) und begründen keine vertragliche Übertragung von Besatzungsmacht.
Die Tatsache, dass Transnistrien zum gemeinsamen rückwärtigen Operationsgebiet der deutsch-rumänischen Armeeeinheiten gehörte und im Vertrag von Tighina der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien Kompetenzen hinsichtlich der Sicherung der Versorgung (Abführen von landwirtschaftlichen Erträgen zur Versorgung der deutsch-rumänischen Truppen), Sicherung der Nachschubwege (Kompetenzen deutscher Stellen im Bereich des Verkehrs- und Nachrichtenwesens) und Stationierung von Truppenteilen eingeräumt waren, hat nicht zwangsläufig zur Folge, dass die Deutsche Wehrmacht oder die deutsche Regierung Besatzungsgewalt in Transnistrien effektiv ausübte. Truppenstationierungen, die Errichtung von deutschen Wehrmachtverbindungsstellen auf fremden Staatsgebiet sowie die Unterstellung fremder Truppen unter deutschen Oberbefehl sind nicht mit einer Besetzung gleichzustellen. Solche Maßnahmen sind nicht als Zeichen der Entmachtung – vorliegend Rumäniens -, sondern als Folgeerscheinungen eines Bündnisses oder gemeinsamer militärischer Operationen zu beurteilen (BVerwG, Urteil 13.06.1975, - III C 81.70 -; Urteil vom 08.02.1968, - III C 16.67 -). Dabei verkennt der Senat nicht, dass das Deutsche Reich allein durch die Anwesenheit von militärischem Personal sowie des SkR einen erheblichen tatsächlichen Einfluss in Transnistrien hatte. Grundlage der Aktivitäten deutscher Hoheitsträger in Transnistrien waren aber vertragliche Vereinbarungen mit Rumänien. Für die Auslegung des Begriffs "vom Deutschen Reich besetzt" ist nicht das Ausmaß des tatsächlichen Einflusses entscheidend, sondern ob das Deutsche Reich den Willen zur Ausübung der Besatzungsmacht hatte. Ein solcher Wille ist aus den beigezogenen Dokumenten und Literatur nicht erkennbar. Auch die Beteiligung von deutschen Hoheitsträgern, insbesondere des SkR und des Selbstschutzes an der Ermordung von Juden nach September 1941 in Transnistrien sowie die Tatsache, dass deutsche Firmen, Wehrmachtseinheiten, Bauabteilungen der Organisation Todt und andere deutsche Dienststellen Juden aus Transnistrien zum Arbeitseinsatz heranzogen, lässt nicht den Rückschluss auf die Ausübung von Gebietshoheit durch die deutsche Regierung in Transnistrien zu. Denn insbesondere aus dem Final Report of the International Commission on the Holocaust in Romania, (S.42 ff,(75,79,80,82)) ergibt sich , dass die rumänischen Hoheitsträger die deutschen Aktivitäten in Transnistrien unterstützen, förderten und diese ihrem Willen entsprachen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt aus der Tatsache, dass im Entschädigungsrecht anerkannt ist, dass es sich bei der Deportation von Juden aus der Bukowina/Bessarabien und Rumänien nach Transnistrien und dem Aufenthalt in einem Ghetto in Transnistrien um eine von den Deutschen im Sinne des § 43 BEG veranlasste Verfolgungsmaßnahme handelte (Beschluss der Länderkonferenz vom 22/23.06.1960, RzW 1960, 355; OLG Zweibrücken, Urteil vom 30.04.1969,- 4 U (WG) 17/68 - , RzW 1969,475; OLG München, Urteil vom 31.07.1957, - 9 WEG 243/53 - , RzW 1957, 307) nicht zwangsläufig, dass sich der Anwendungsbereich des ZRBG auf Transnistrien erstreckt. Die Bejahung einer von den Deutschen veranlassten Judenverfolgung in Transnistrien nach § 43 BEG ist nicht mit dem Begriff "vom Deutschen Reich besetzt" gleichzusetzen. Nach § 43 BEG wird nicht jede Verfolgungsmaßnahme eines ausländischen Staates nach dem BEG entschädigt, sondern nur eine Freiheitsentziehung durch einen fremden Staat unter Missachtung rechtsstaatlicher Grundsätze auf Veranlassung des Deutschen Reiches. Dabei ist nach § 43 Abs. 3 BEG ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen einer Freiheitsentziehung nach § 43 Abs. 1 BEG gleichgestellt. Ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen wird angenommen, wenn die Verfolgte erheblichen und laufend streng überwachten Einschränkungen der Bewegungsfreiheit unterworfen war und nach den sonstigen sich ergebenden Bedingungen ein Leben führen musste, das dem eines Häftlings sehr nahe kam (OLG Zweibrücken, Urteil vom 30.04.1969, - 4 U(WG) 17/68 – m.w.N.). Der Aufenthalt der Juden in den Ghettos Transnistriens, insbesondere in Moghilev, wurde von der Zivilrechtsprechung als Leben unter haftähnlichen Bedingungen im Sinne von § 43 Abs. 3 BEG beurteilt (OLG Zweibrücken, Urteil vom 30.04.1969, - 4 U(WG) 17/68 - ; OLG München, Urteil vom 31.07.1957, - 9 WEG 243/53 - ). Auch aus den im Verfahren beigezogenen Unterlagen, insbesondere dem Abschlussbericht der internationalen Kommission über den Holocaust in Rumänien, ergibt sich, dass die rumänische Regierung für die gegen Juden in Transnistrien ergriffenen Maßnahmen verantwortlich war und eine eigenständige Judenpolitik verfolgte. Die Veranlassung und Mitwirkung deutscher Stellen an der Judenverfolgung in Transnistrien ist zwar der Grund für die Einstandspflicht des deutschen Staates nach dem BEG, obwohl Rumänien nach der entschädigungsrechtlichen Rechtsprechung während des Zweiten Weltkriegs ein souveräner Staat war. Denn die Einstandspflicht der Bundesrepublik nach § 43 BEG wird im Entschädigungsrecht auch für Freiheitsentziehungen von Juden durch ausländische Staaten angenommen, die von souveränen Staaten gegen ihre eigenen Staatsbürger in ihrem eigenen Staatsgebiet gerichtet waren, wie z. B. Maßnahmen der ungarischen Regierung gegen Juden ab 1941, Maßnahmen der rumänischen Regierung in "Altrumänien" und Maßnahmen der bulgarischen Regierung. Für den Eintritt der entschädigensrechtlichen Einstandspflicht ist aber die Innehabung der Gebietshoheit nicht erforderlich.
Auch die Einführung des RKKS anstelle der rumänischen Währung als Währung in Transnistrien begründet nicht die Annahme der Ausübung der obersten Gewalt durch das Deutsche Reich in Transnistrien. Für eine kriegerische Besetzung im Sinne des Völkerrechts ist nicht erforderlich, dass der besetzende Staat seine eigene Landeswährung im Besatzungsgebiet einführt. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass sowohl die Internationale Historikerkommission wie auch der Historiker Ancel die von den rumänischen Stellen verfügte Pflicht der deportierten Juden zum Umtausch der rumänischen Währung Lei in Rubel und von Rubel in RKKS, insbesondere der vom rumänischen Gouverneur verfügte Umtauschkurs von Rubel in RKKS, als Maßnahme zur Beraubung der jüdischen Bevölkerung bewerten (Final Report of the International Commission on the Holocaust in Romania,S. 44; Ancel S. 30).
Da keine Beitragszeiten bestehen, können wegen Fehlens der Versicherteneigenschaft der Klägerin keine Ersatzzeiten zur Erfüllung der Wartezeit berücksichtigt werden. Selbst wenn das Vorliegen einer Beitragszeit nach den Vorschriften des ZRBG als gegeben angesehen wird, sind die Voraussetzungen einer Ersatzzeit nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI nicht gegeben. Denn § 250 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI schützt nur die Situation, die zu Beginn der Verfolgungszeit bestand und die ohne die Verfolgungsmaßnahmen fortgedauert hätte. Da die Klägerin nicht dem dSK angehörte, hätte sie – ohne die nationalsozialistische Verfolgungsmaßnahmen – keine Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten nach dem FRG, die vom deutschen Rentenversicherungsträger zu berücksichtigen wären, in der Sowjetunion (Bessarabien und Transnistrien) erwerben können. Denn sie gehörte nicht zu dem durch das FRG erfassten Personenkreis (siehe BSG, Urteil vom 08.09.2005, - B 13 RJ 20/05 R -). Das ZRBG enthält keine Bestimmungen, welche die Regelung des § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI, insbesondere die geforderte Kausalität zwischen nationalsozialistischer Verfolgungsmaßnahme und Schaden in der Rente, ergänzen oder ändern.
Weitere Ermittlungen von Amts wegen sind nicht geboten. Der Sachverhalt ist hinreichend geklärt. Der Senat hat die für das Gesetzgebungsverfahren maßgeblichen Drucksachen, insbesondere die Bundestagsdrucksachen 14/8583 und 14/8602, zum Verfahren beigezogen und bei der Auslegung der Vorschriften des ZRBG berücksichtigt. Diese lassen einen Rückschluss auf den Willen des Gesetzgebers, der bei der Auslegung von Gesetzesvorschriften zu beachten ist, zu. Die Beiziehung weiterer Unterlagen, insbesondere von Referentenwürfen, die der Gesetzgeber nicht übernommen hat, ist nicht geboten. Des weiteren verfügt der Senat unter Berücksichtigung der von ihm vertretenen Auslegung des Begriffs "vom Deutschen Reich besetztes Gebiet" und der Auswertung der beigezogenen Dokumente, insbesondere des Vertrages von Tighina, und den beigezogenen Abhandlungen mehrerer Historiker über die Verhältnisse in Transnistrien über eigene Sachkunde, um Feststellungen über die Verhältnisse in Transnistrien zu treffen und ihre rechtliche Relevanz zu beurteilen. Der Senat hat sich daher nicht gedrängt gefühlt, entsprechend dem Beweisantrag der Klägerin ein geschichtswissenschaftliches Gutachten zu den von der Klägerin vorformulierten Fragen 1 – 9 einzuholen. Soweit die Klägerin beantragt, ein solches Gutachten einzuholen zu den Fragen, ob auf der Grundlage der Vereinbarung von Tighina davon auszugehen ist, dass das Gebiet von Transnistrien allein durch rumänische Truppen im Sinne der HLK besetzt war (Frage 1) und ob Transnistrien zumindest ein "vom Deutschen Reich beherrschtes Gebiet" (vgl. BT-Drs 14/8823, Seite 4, rechte Spalte unten) war, wenn es ein ausschließlich von Rumänien besetztes Gebiet war (Frage 6), ist der Beweisantrag überdies unzulässig. Der Beweisantrag dient insoweit nicht zur Feststellung bestimmter Tatsachen, sondern ist auf eine rechtliche Schlussfolgerung - nämlich die Auslegung eines Vertrages und dessen Subsumtion unter einer völkerrechtliche Vorschrift - sowie auf die Auslegung des Willens des Gesetzgebers gerichtet. Diese rechtliche Wertung obliegt dem Senat. Auch handelt es sich nicht um einen Beweisantrag nach §§ 202 SGG, 293 ZPO zur Feststellung des Inhalts ausländischen Rechts. Die Einholung eines geschichtswissenschaftlichen Gutachtens zu den vorformulierten Fragen 10 bis 24 ist nicht geeignet, Tatsachen festzustellen, die für die Prüfung der Frage, ob Transnistrien ein vom Deutschen Reich besetztes Gebiet im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG war, von Relevanz sind.
Die Fragen 10 bis 24 zielen auf die Feststellung der Lebensverhältnisse der Juden, insbesondere der rechtlichen Vorgaben für die Organisation und die Durchführung von Beschäftigungen in den Ghettos in Transnistrien ab. Inwieweit solche Feststellungen geeignet sein sollen, die Frage, ob Transnistrien vom Deutschen Reich besetzt war, zu klären, ist dem Senat nicht ersichtlich. Historische Erkenntnisse über die Bedingungen des Arbeitseinsatzes von Juden in Ghettos können bei der Frage, ob die Ausübung einer freiwilligen und entgeltlichen Beschäftigung im Einzelfall glaubhaft gemacht ist, zwar berücksichtigt werden. Vorliegend ist aber die Frage, ob die Voraussetzungen des § 1 Abs.1 S. 1 Nr. 1 ZRBG gegeben sind, nicht entscheidungserheblich.
Die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin zur mündlichen Verhandlung nach § 111 SGG war nicht geboten. Denn der Klägerin ist im schriftlichen Verfahren rechtliches Gehör gewährt wurden, da sie im Verfahren durch eine mit der Sachmaterie und dem Verfahrensrecht vertraute Bevollmächtigte vertreten war. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens war nicht zur weiteren Sachaufklärung erforderlich. Die Klägerin hatte im schriftlichen Verfahren ausreichend Gelegenheit, die aus ihrer Sicht maßgeblichen Tatsachen vorzutragen und Beweismittel anzubieten, insbesondere nachdem das erstinstanzliche Gericht die Entgeltlichkeit der geltend gemachten Beschäftigung verneint hatte und der Senat den Beteiligten die von der Conference on Jewish Material Claims Against Germany beigezogenen Unterlagen mit den Angaben der Klägerin über ihr Verfolgungsschicksal im Ghetto Kopaigorod zur Kenntnis übersandt hatte. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin unter Zuhilfenahme ihrer Bevollmächtigten nicht in der Lage war, zur Sachverhaltsaufklärung im schriftlichen Verfahren beizutragen. Die Anordnung des persönlichen Escheinens war auch zur Durchführung einer Parteivernehmung nicht erforderlich. Die Parteivernehmung ist im sozialgerichtlichen Verfahren weder auf Antrag noch von Amts wegen zulässig (BSG, Beschluss vom 18.02.2003, - B 11 AL 273/02 B -; Beschluss vom 24.11.1990, - 1 BA 45/90 -; Beschluss vom 10.02.1998, - B 2 U 2/98 B -).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird nach § 160 Abs. 2 SGG zugelassen.
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