Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 13 (3) AL 306/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 70/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7a AL 64/07 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB d. Kl. als unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 03.05.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist hier die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 06.06.2001 bis 05.10.2003 und vom 13. bis 30.11.2003. Der Erstattungsanspruch beläuft sich auf 10.305,52 EUR. Für die Zeit dazwischen ab dem 06.10.2003 war die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe vollständig aufgehoben worden. Diese Entscheidung ist inzwischen rechtskräftig (vgl. Protokoll vom 28.02.2007 in der Sache L 12 AL 69/06 LSG Nordrhein-Westfalen).
Der Kläger meldete sich am 01.02.1999 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Auf der von ihm vorgelegten Arbeitsbescheinigung der G-Werke findet sich der Hinweis "Pension ab 01/2001: 707,79 DM". Der Kläger bezog bis zur Erschöpfung der Anspruchsdauer am 05.06.2001 Arbeitslosengeld. In seinem Antrag auf Anschlussarbeitslosenhilfe vom 05.06.2001 gab er bei der Frage, ob er noch andere Leistungen beantragt habe oder beziehe, an, er habe Erwerbsunfähigkeitsrente bei der LVA beantragt. Mit Schreiben vom 27.06.2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, über seinen Antrag könne noch nicht entschieden werden, da er laut Akte ab Januar 2001 eine Pension erhalte. Sie bitte daher um Übersendung entsprechender Unterlagen über Höhe und Zahlungsdauer. Dazu teilte der Kläger mit, die Rente sei beantragt worden, bisher habe er noch nichts erhalten. Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe ohne Anrechnung von Einkommen. In seinem Antrag auf Weiterbewilligung der Arbeitslosenhilfe vom 06.05.2002 beantwortete er die Frage, ob er eine andere Leistung beantragt habe oder beziehe, durch ankreuzen des Feldes "Nein". Daraufhin bewilligte die Beklagte für den Bewilligungsabschnitt ab 06.06.2002 erneut Arbeitslosenhilfe ohne Anrechnung von Einkommen. Im Antrag für den Bewilligungsabschnitt ab 06.06.2003 gab der Kläger an, Erwerbsunfähigkeitsrente zu beziehen und reichte hierzu ein Protokoll einer Sitzung des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.12.2002 ein. Danach war ihm durch Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf Rente wegen Berufsunfähigkeit ausgehend von einem Versicherungsfall im September 1999 zuerkannt worden. Die Beklagte bewilligte ihm daraufhin erneut Arbeitslosenhilfe ohne Anrechnung von Einkommen. Für die Zeit ab 06.10.2003 wurde die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe inzwischen rechtskräftig aufgehoben.
Bei seiner erneuten Arbeitslosmeldung und Antragstellung am 13.11.2003 gab der Kläger erstmals den Bezug einer Rente der G-Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung in Höhe von monatlich 361,89 EUR seit Januar 2001 an. Die Beklagte hörte ihn daraufhin zur Überzahlung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 06.06.2001 bis 31.12.2001 in Höhe von 2.493,04 EUR und für die Zeit vom 01.01.2002 bis 30.11.2003 in Höhe von 7.812,48 EUR an. Er habe die Betriebsrente nicht angegeben. Diese sei auf den Leistungsanspruch anzurechnen. Dazu gab der Kläger an, er habe bei der Antragstellung auf Arbeitslosengeld die Arbeitsbescheinigung des ehemaligen Arbeitgebers, auf der die Pensionszahlung bestätigt werde, vorgelegt; die Beklagte sei daher über den Bezug der Werksrente informiert gewesen.
Mit Bescheid vom 04.05.2004 nahm die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die streitige Zeit teilweise gestützt auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X zurück. Dem Kläger sei zu Unrecht Arbeitslosenhilfe bewilligt worden, da er in seinem Antrag vom 05.06.2001 zuindest grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht habe. Es sei Arbeitslosenhilfe in Höhe von insgesamt 10.305,52 EUR zu Unrecht gezahlt worden, dieser Betrag sei zu erstatten. Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2004 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 29.07.2004 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Er hat vorgetragen, bereits bei der Antragstellung auf Arbeitslosengeld den Bezug der Werksrente angegeben zu haben. Ihm könne daher nicht vorgeworfen werden, dass er unvollständige Angaben gemacht habe.
Vor dem Sozialgericht hat der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 04.05.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2004 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat an ihrer im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung festgehalten und ergänzend ausgeführt, dass der Kläger bei der Antragstellung zur Bewilligung von Arbeitslosenhilfe unvollständige bzw. unrichtige Angaben gemacht habe. Dies sei in jedem Fall grob fahrlässig.
Mit Urteil vom 03.05.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung wörtlich ausgeführt: "Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 04.05.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2004 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert, denn die Beklagte hat zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 06.06.2001 bis 30.11.2003 teilweise zurückgenommen sowie einen Erstattungsanspruch hinsichtlich der zu Unrecht gezahlten Leistungen geltend gemacht.
Die Beklagte war berechtigt, die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 06.06.2001 bis 30.11.2003 gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X in Verbindung mit § 303 Abs. 2 SGB III teilweise zurückzunehmen, da die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe auf Angaben beruhte, die der Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
Die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe war teilweise rechtswidrig, da die Werksrente in Höhe von 707,79 DM bzw. 361,89 EUR monatlich gemäß § 194 Abs. 1 Nr. 1 SGB III auf die Arbeitslosenhilfe des Klägers anzurechnen war. Die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe war daher in Höhe von wöchentlich 163,34 DM bzw. 83,51 EUR rechtswidrig.
Es liegen auch die Voraussetzungen für die teilweise Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Vergangenheit gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB III vor. Danach ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungaskt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn der Verwaltungakt auf Angaben beruht, der die Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, da der Kläger in den Anträgen auf Arbeitslosenhilfe den Bezug der Werksrente nicht angegeben hat. Angegeben hat er in den Anträgen im Jahr 2001 und im Jahr 2003 lediglich die Beantragung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bei der LVA. Im Jahr 2002 hat er die Beantragung oder den Bezug sonstiger Leistungen sogar komplett verneint. Darüber hinaus hat er sogar auf die ausdrückliche Anfrage der Beklagten bezüglich der in der Arbeitsbescheinigung angegebenen "Pension" angegeben, dass lediglich Rente beantragt sei und er nichts erhalten habe. Durch die falsche Beantwortung dieser Anfrage kann auch zu seinen Gunsten nicht berücksichtigt werden, dass bei der Beantragung von Arbeitslosengeld im Jahr 1999 in der Arbeitsbescheinigung auf die zu erwartende Pension hingewiesen wurde. Die Beklagte durfte insoweit den zeitnahen Angaben, die zudem auf konkrete Nachfrage gemacht wurden, eine größere Bedeutung zumessen, als den zwei Jahre zuvor für die Zukunft gemachten Angaben.
Indem er die Werksrente nicht angegeben hat, hat der Kläger auch das nicht beachtet, was offensichtlich war und sich damit grob fahrlässig verhalten. Es musste für den Kläger, wie für jeden Bezieher von Arbeitslosenhilfe ohne weiteres erkennbar sein, dass eine Werksrente als Einkommen für die bedürftigkeitsabhängige Leistung Arbeitslosenhilfe von Bedeutung sein konnte, so dass diese anzugeben war. Auch bezieht sich die Frage im Antragsvordruck allgemein auf den Bezug sonstiger Leistungen, so dass kein Grund ersichtlich ist, warum eine Werksrente nicht anzugeben ist. Zudem werden als Beispiel für sonstige Leistungen Ausgleichszahlungen des ehemaligen Arbeitgebers genannt. Dies ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die Werksrente anzugeben ist. Als nicht anzugebende Leistung ist lediglich Kindergeld und Wohngeld aufgeführt. Darüber hinaus wurde die konkrete Frage nach der angegebenen Pension ab Januar 2001 ausdrücklich damit beantwortet, dass die Rente lediglich beantragt und nicht bewilligt sei. Dies ist jedenfalls nicht nachvollziehbar. Es kann auch nicht zu Gunsten des Klägers berücksichtigt werden, dass dieser der deutschen Sprache, insbesondere der deutschen Schriftsprache, nicht hinreichend mächtig ist. Es ist Sache des Leistungsbeziehers, sich Antragsvordrucke gegebenenfalls übersetzen oder durch die Beklagte erläutern zu lassen, wenn er diese nicht versteht. Wenn er darauf verzichtet, muss er ggfls. die Folgen dieses Fehlverhaltens tragen.
Da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegen, war die Beklagte gemäß § 330 Abs. 2 SGB III nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, die Leistungsbewilligung für die Vergangenheit zurückzunehmen, ohne dass es der Ausübung von Ermessen bedurfte.
Gemäß § 50 SGB X ist der Kläger auch zur Erstattung der zu Unrecht bezogenen Arbeitslosenhilfe in Höhe von insgesamt 10.305,52 EUR verpflichtet."
Gegen dieses ihm am 17.05.2006 zugestellte Urteil richtet sich die noch am gleichen Tag eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt er vor, das Sozialgericht habe einen objektiven und nicht einen subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab angewandt. Es seien keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen worden, dass dem Kläger unter Anwendung eines subjektiven Maßstabs grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne. Das Gericht habe nicht berücksichtigt, dass der Kläger als türkischer Staatsbürger erhebliche Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache und insbesondere mit dem Amtsdeutsch habe. Formulare könne er nicht verstehen. Selbst für jemanden, der der deutschen Sprache mächtig ist, sei aus den Vordrucken kaum zu erkennen, dass eine Betriebsrente anzugeben sei. Eine Betriebsrente sei insbesondere keine Ausgleichszahlung, nach der in den Formularen gefragt werde. Man könne dem Kläger nicht vorhalten, dass er die Betriebsrente nicht in die Rubrik "sonstige Leistungen" eingeordnet habe. Im Übrigen sei er der Auffassung gewesen, dass er auf die Betriebsrente hingewiesen habe bei der Beantragung von Arbeitslosengeld. Er habe davon ausgehen dürfen, dass solche Angaben bei der Beklagten nicht untergingen. Zum Nachweis grob fahrlässiger Unkenntnis sei auf das Maß der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit sowie auf das Einsichts- und Sprachvermögen des Klägers abzustellen. Es habe bereits im Jahre 1999 festgestanden, dass der Kläger ab Januar 2001 eine Betriebsrente erhalten würde. Der zuständige Sachbearbeiter der Beklagten hätte ohne Weiteres erkennen können und auch müssen, dass der Kläger die Anfrage vom 27.06.2001 mißverstanden habe und auf den Rentenantrag wegen Erwerbsunfähigkeit bezogen habe und nicht auf die Betriebsrente. Nach alledem könne dem Kläger keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, weil er nach dem erstmaligen Hinweis auf die Betriebsrente im Antrag auf Arbeitslosengeld später im Rahmen des Bewilligungsverfahrens auf Arbeitslosenhilfe nicht noch einmal ausdrücklich erwähnt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 03.05.2006 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Hinweis im Rahmen der Beantragung von Arbeitslosengeld auf die Betriebsrente könne den Kläger nicht entschuldigen. Bei der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe sei ausdrücklich nach der erhaltenen Pension gefragt worden. Selbst wenn man Sprachschwierigkeiten unterstellen würde, so wäre es Aufgabe des Klägers gewesen, sich eines Dolmetschers zu bedienen oder zumindestens durch Nachfragen bei der Beklagten Unklarheiten auszuräumen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände mit der Kundennummer: 000) Bezug genommen. Diese Akten waren ebenso Gegenstand der mündlichen Verhandlung wie die Akte der Staatsanwaltschaft Wuppertal mit dem Aktenzeichen 20 Js 1625/06.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat folgt nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage den Ausführungen im angefochtenen Urteil und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Vortrag der Berufungsbegründungsschrift vom 09.08.2006 und im Schriftsatz vom 12.02.2007 sowie der persönliche Eindruck des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2007 geben zu keiner anderen Beurteilung Anlass. Soweit der Kläger auf seinen Freispruch in der Strafsache 20 Js 1625/06 hinweist, wo ihm Betrug zu Lasten der Arbeitsverwaltung wegen des hier vorliegenden Sachverhaltes vorgeworfen worden ist, können daraus keine Rückschlüsse auf das hiesige Verfahren gezogen werden. Betrug setzt Vorsatz voraus, während für die Aufhebung von Arbeitslosenhilfe nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X grobe Fahrlässigkeit ausreicht. Der Freispruch beruht offenbar auf dem Protokoll der Sitzung vom 22.11.2006, wonach vorsätzliches Handeln im Bezug auf einen Betrugsvorwurf nicht nachweisbar erschien. Aus dem Protokoll ergibt sich aber jedenfalls grob fahrlässiges Handeln. Wenn der Kläger Anträge nicht lesen kann, weder in Deutsch noch in Türkisch, Formulare teils unterschrieben, teils nicht unterschrieben an seinen Rentenberater L weiterleitet und sich darauf verlässt, dieser werde schon alles richtig machen, ohne aber der Beklagten von seinem Problem und seiner Handlungsweise Mitteilung zu machen, so sieht der Senat hierin grobe Fahrlässigkeit.
Der Kläger macht es sich etwas einfach, wenn er auf seine mangelnden Sprachkenntnisse hinweist. Selbst wenn man unterstellt, dass der Kläger nur über geringe Deutschkenntnisse verfügt, würde ihn dies nicht entlasten. Zwar können sprachliche Verständigungsschwierigkeiten unverschuldete Irrtümer hervorrufen. Jedoch ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass einem Ausländer ein Sorgfaltsverstoß anzulasten sein kann, wenn er in Kenntnis seiner Verständigungsprobleme nicht das Erforderliche unternimmt, um das Verständigungsproblem auszuräumen (vgl. Urtel des LSG Stuttgart vom 06.12.2000 - L 5 AL 4372/00 -, unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Urteil des erkennenden Senats vom 31.01.2007 - L 12 AL 124/06 -). Der Sorgfaltsverstoß liegt dann nicht darin, dass der Kläger den Inhalt eines amtlichen Formulars nicht verstanden hat, sondern darin dass er sich nicht zureichend um die Verfolgung seiner Interessen gekümmert hat, obwohl er nach Lage des Falles hierzu Anlass hatte und dazu in der Lage war. Sollte der Kläger tatsächlich nicht verstanden haben, was in den Vordrucken und Formularen stand und was für ihn von Anderen und zum Beispiel von seinem Rentenberater L ausgefüllt worden ist, so trifft ihn der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht, weil er den Inhalt des Formulars nicht verstanden hat, sondern weil er sich nicht darum bemüht hat, die an ihn gerichteten Fragen zu verstehen oder gegebenenfalls einen Dolmetscher hinzuzuziehen. Auch in der Parallelwertung in der Laiensphäre muss sich einem der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtigen Bezieher von Arbeitslosenhilfe bei Anstellen naheliegender Überlegungen ohne Weiteres aufdrängen, dass er nicht verstandene Fragen nicht einfach falsch ausfüllen oder von Anderen beantworten lassen kann und den Antragannehmer in dem Glauben lassen darf, die Frage sei wohl verstanden worden (LSG Stuttgart, LSG NRW a.a.O.). Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest.
Die vom Kläger zitierten Entscheidungen des BSG (Urteil vom 09.02.2006 - B 7 a AL 58/05 R -) und des 1. Senats im Hause (Beschluss vom 09.11.2004 - L 1 B 48/04 AL -) führen zu keinem anderen Ergebnis. Dem Kläger wird nicht, wie im Fall des 1. Senats, vorgeworfen, das Merkblatt für Arbeitslose nicht gelesen zu haben, sondern dass er nicht alles ihm Zumutbare getan hat, um die Überzahlung zu verhindern. Dabei hat der Senat den vom Kläger geforderten subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff angewendet und sich auch vom persönlichen Eindruck des Klägers in der mündlichen Verhandlung leiten lassen. Auch aus dem zitierten BSG-Urteil folgt nur, dass ein subjektiver und kein objektiver Fahrlässigkeitsmaßstab anzulegen ist. Von dieser Rechtsprechung weicht der Senat nicht ab, sondern macht sie zur Grundlage seiner eigenen Entscheidung.
Letztlich ist auch das Argument des Klägers nicht durchgreifend, die Beklagte hätte selbst bei sorgfältigem Aktenstudium und wiederholter gebotener Rückfragen die Überzahlung verhindern können. Zum Einen ist fraglich, ob man auch gegen die Beklagte einen Fahrlässigkeitsvorwurf erheben kann, denn auf den aktenkundigen Vermerk über den Bezug einer "Pension" von G im Zusammenhang mit der Bewilligung und Beantragung von Arbeitslosengeld erfolgte die Rückfrage vom 27.06.2001, die der Kläger mit der falschen Antwort auf Blatt 73 der Leistungsakte Band 1 der Beklagten beantwortete. Wenn er diese Anfrage nicht verstand oder sich über deren Bedeutung nicht im Klaren war, so hätte er sich sachkundig machen müssen. Im Übrigen würde selbst ein fahrlässiges Verhalten der Beklagten die Erstattungspflicht nicht ausschließen. Hierfür reicht, dass auf Seiten des Klägers grob fahrlässiges Verhalten festgestellt werden kann, was - wie oben dargelegt - zu bejahen ist. Klage und Berufung waren somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 SGG aufgestelllten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Bei der Frage, ob in einem Verhalten einer Person grobe Fahrlässigkeit zu sehen ist, handelt es sich um eine Tatsachenwürdigung im Einzelfall, der Bedeutung hierüber hinaus nicht zukommt.
Tatbestand:
Streitig ist hier die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 06.06.2001 bis 05.10.2003 und vom 13. bis 30.11.2003. Der Erstattungsanspruch beläuft sich auf 10.305,52 EUR. Für die Zeit dazwischen ab dem 06.10.2003 war die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe vollständig aufgehoben worden. Diese Entscheidung ist inzwischen rechtskräftig (vgl. Protokoll vom 28.02.2007 in der Sache L 12 AL 69/06 LSG Nordrhein-Westfalen).
Der Kläger meldete sich am 01.02.1999 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Auf der von ihm vorgelegten Arbeitsbescheinigung der G-Werke findet sich der Hinweis "Pension ab 01/2001: 707,79 DM". Der Kläger bezog bis zur Erschöpfung der Anspruchsdauer am 05.06.2001 Arbeitslosengeld. In seinem Antrag auf Anschlussarbeitslosenhilfe vom 05.06.2001 gab er bei der Frage, ob er noch andere Leistungen beantragt habe oder beziehe, an, er habe Erwerbsunfähigkeitsrente bei der LVA beantragt. Mit Schreiben vom 27.06.2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, über seinen Antrag könne noch nicht entschieden werden, da er laut Akte ab Januar 2001 eine Pension erhalte. Sie bitte daher um Übersendung entsprechender Unterlagen über Höhe und Zahlungsdauer. Dazu teilte der Kläger mit, die Rente sei beantragt worden, bisher habe er noch nichts erhalten. Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe ohne Anrechnung von Einkommen. In seinem Antrag auf Weiterbewilligung der Arbeitslosenhilfe vom 06.05.2002 beantwortete er die Frage, ob er eine andere Leistung beantragt habe oder beziehe, durch ankreuzen des Feldes "Nein". Daraufhin bewilligte die Beklagte für den Bewilligungsabschnitt ab 06.06.2002 erneut Arbeitslosenhilfe ohne Anrechnung von Einkommen. Im Antrag für den Bewilligungsabschnitt ab 06.06.2003 gab der Kläger an, Erwerbsunfähigkeitsrente zu beziehen und reichte hierzu ein Protokoll einer Sitzung des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.12.2002 ein. Danach war ihm durch Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf Rente wegen Berufsunfähigkeit ausgehend von einem Versicherungsfall im September 1999 zuerkannt worden. Die Beklagte bewilligte ihm daraufhin erneut Arbeitslosenhilfe ohne Anrechnung von Einkommen. Für die Zeit ab 06.10.2003 wurde die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe inzwischen rechtskräftig aufgehoben.
Bei seiner erneuten Arbeitslosmeldung und Antragstellung am 13.11.2003 gab der Kläger erstmals den Bezug einer Rente der G-Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung in Höhe von monatlich 361,89 EUR seit Januar 2001 an. Die Beklagte hörte ihn daraufhin zur Überzahlung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 06.06.2001 bis 31.12.2001 in Höhe von 2.493,04 EUR und für die Zeit vom 01.01.2002 bis 30.11.2003 in Höhe von 7.812,48 EUR an. Er habe die Betriebsrente nicht angegeben. Diese sei auf den Leistungsanspruch anzurechnen. Dazu gab der Kläger an, er habe bei der Antragstellung auf Arbeitslosengeld die Arbeitsbescheinigung des ehemaligen Arbeitgebers, auf der die Pensionszahlung bestätigt werde, vorgelegt; die Beklagte sei daher über den Bezug der Werksrente informiert gewesen.
Mit Bescheid vom 04.05.2004 nahm die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die streitige Zeit teilweise gestützt auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X zurück. Dem Kläger sei zu Unrecht Arbeitslosenhilfe bewilligt worden, da er in seinem Antrag vom 05.06.2001 zuindest grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht habe. Es sei Arbeitslosenhilfe in Höhe von insgesamt 10.305,52 EUR zu Unrecht gezahlt worden, dieser Betrag sei zu erstatten. Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2004 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 29.07.2004 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Er hat vorgetragen, bereits bei der Antragstellung auf Arbeitslosengeld den Bezug der Werksrente angegeben zu haben. Ihm könne daher nicht vorgeworfen werden, dass er unvollständige Angaben gemacht habe.
Vor dem Sozialgericht hat der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 04.05.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2004 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat an ihrer im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung festgehalten und ergänzend ausgeführt, dass der Kläger bei der Antragstellung zur Bewilligung von Arbeitslosenhilfe unvollständige bzw. unrichtige Angaben gemacht habe. Dies sei in jedem Fall grob fahrlässig.
Mit Urteil vom 03.05.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung wörtlich ausgeführt: "Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 04.05.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2004 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert, denn die Beklagte hat zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 06.06.2001 bis 30.11.2003 teilweise zurückgenommen sowie einen Erstattungsanspruch hinsichtlich der zu Unrecht gezahlten Leistungen geltend gemacht.
Die Beklagte war berechtigt, die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 06.06.2001 bis 30.11.2003 gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X in Verbindung mit § 303 Abs. 2 SGB III teilweise zurückzunehmen, da die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe auf Angaben beruhte, die der Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
Die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe war teilweise rechtswidrig, da die Werksrente in Höhe von 707,79 DM bzw. 361,89 EUR monatlich gemäß § 194 Abs. 1 Nr. 1 SGB III auf die Arbeitslosenhilfe des Klägers anzurechnen war. Die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe war daher in Höhe von wöchentlich 163,34 DM bzw. 83,51 EUR rechtswidrig.
Es liegen auch die Voraussetzungen für die teilweise Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Vergangenheit gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB III vor. Danach ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungaskt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn der Verwaltungakt auf Angaben beruht, der die Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, da der Kläger in den Anträgen auf Arbeitslosenhilfe den Bezug der Werksrente nicht angegeben hat. Angegeben hat er in den Anträgen im Jahr 2001 und im Jahr 2003 lediglich die Beantragung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bei der LVA. Im Jahr 2002 hat er die Beantragung oder den Bezug sonstiger Leistungen sogar komplett verneint. Darüber hinaus hat er sogar auf die ausdrückliche Anfrage der Beklagten bezüglich der in der Arbeitsbescheinigung angegebenen "Pension" angegeben, dass lediglich Rente beantragt sei und er nichts erhalten habe. Durch die falsche Beantwortung dieser Anfrage kann auch zu seinen Gunsten nicht berücksichtigt werden, dass bei der Beantragung von Arbeitslosengeld im Jahr 1999 in der Arbeitsbescheinigung auf die zu erwartende Pension hingewiesen wurde. Die Beklagte durfte insoweit den zeitnahen Angaben, die zudem auf konkrete Nachfrage gemacht wurden, eine größere Bedeutung zumessen, als den zwei Jahre zuvor für die Zukunft gemachten Angaben.
Indem er die Werksrente nicht angegeben hat, hat der Kläger auch das nicht beachtet, was offensichtlich war und sich damit grob fahrlässig verhalten. Es musste für den Kläger, wie für jeden Bezieher von Arbeitslosenhilfe ohne weiteres erkennbar sein, dass eine Werksrente als Einkommen für die bedürftigkeitsabhängige Leistung Arbeitslosenhilfe von Bedeutung sein konnte, so dass diese anzugeben war. Auch bezieht sich die Frage im Antragsvordruck allgemein auf den Bezug sonstiger Leistungen, so dass kein Grund ersichtlich ist, warum eine Werksrente nicht anzugeben ist. Zudem werden als Beispiel für sonstige Leistungen Ausgleichszahlungen des ehemaligen Arbeitgebers genannt. Dies ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die Werksrente anzugeben ist. Als nicht anzugebende Leistung ist lediglich Kindergeld und Wohngeld aufgeführt. Darüber hinaus wurde die konkrete Frage nach der angegebenen Pension ab Januar 2001 ausdrücklich damit beantwortet, dass die Rente lediglich beantragt und nicht bewilligt sei. Dies ist jedenfalls nicht nachvollziehbar. Es kann auch nicht zu Gunsten des Klägers berücksichtigt werden, dass dieser der deutschen Sprache, insbesondere der deutschen Schriftsprache, nicht hinreichend mächtig ist. Es ist Sache des Leistungsbeziehers, sich Antragsvordrucke gegebenenfalls übersetzen oder durch die Beklagte erläutern zu lassen, wenn er diese nicht versteht. Wenn er darauf verzichtet, muss er ggfls. die Folgen dieses Fehlverhaltens tragen.
Da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegen, war die Beklagte gemäß § 330 Abs. 2 SGB III nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, die Leistungsbewilligung für die Vergangenheit zurückzunehmen, ohne dass es der Ausübung von Ermessen bedurfte.
Gemäß § 50 SGB X ist der Kläger auch zur Erstattung der zu Unrecht bezogenen Arbeitslosenhilfe in Höhe von insgesamt 10.305,52 EUR verpflichtet."
Gegen dieses ihm am 17.05.2006 zugestellte Urteil richtet sich die noch am gleichen Tag eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt er vor, das Sozialgericht habe einen objektiven und nicht einen subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab angewandt. Es seien keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen worden, dass dem Kläger unter Anwendung eines subjektiven Maßstabs grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne. Das Gericht habe nicht berücksichtigt, dass der Kläger als türkischer Staatsbürger erhebliche Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache und insbesondere mit dem Amtsdeutsch habe. Formulare könne er nicht verstehen. Selbst für jemanden, der der deutschen Sprache mächtig ist, sei aus den Vordrucken kaum zu erkennen, dass eine Betriebsrente anzugeben sei. Eine Betriebsrente sei insbesondere keine Ausgleichszahlung, nach der in den Formularen gefragt werde. Man könne dem Kläger nicht vorhalten, dass er die Betriebsrente nicht in die Rubrik "sonstige Leistungen" eingeordnet habe. Im Übrigen sei er der Auffassung gewesen, dass er auf die Betriebsrente hingewiesen habe bei der Beantragung von Arbeitslosengeld. Er habe davon ausgehen dürfen, dass solche Angaben bei der Beklagten nicht untergingen. Zum Nachweis grob fahrlässiger Unkenntnis sei auf das Maß der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit sowie auf das Einsichts- und Sprachvermögen des Klägers abzustellen. Es habe bereits im Jahre 1999 festgestanden, dass der Kläger ab Januar 2001 eine Betriebsrente erhalten würde. Der zuständige Sachbearbeiter der Beklagten hätte ohne Weiteres erkennen können und auch müssen, dass der Kläger die Anfrage vom 27.06.2001 mißverstanden habe und auf den Rentenantrag wegen Erwerbsunfähigkeit bezogen habe und nicht auf die Betriebsrente. Nach alledem könne dem Kläger keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, weil er nach dem erstmaligen Hinweis auf die Betriebsrente im Antrag auf Arbeitslosengeld später im Rahmen des Bewilligungsverfahrens auf Arbeitslosenhilfe nicht noch einmal ausdrücklich erwähnt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 03.05.2006 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Hinweis im Rahmen der Beantragung von Arbeitslosengeld auf die Betriebsrente könne den Kläger nicht entschuldigen. Bei der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe sei ausdrücklich nach der erhaltenen Pension gefragt worden. Selbst wenn man Sprachschwierigkeiten unterstellen würde, so wäre es Aufgabe des Klägers gewesen, sich eines Dolmetschers zu bedienen oder zumindestens durch Nachfragen bei der Beklagten Unklarheiten auszuräumen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände mit der Kundennummer: 000) Bezug genommen. Diese Akten waren ebenso Gegenstand der mündlichen Verhandlung wie die Akte der Staatsanwaltschaft Wuppertal mit dem Aktenzeichen 20 Js 1625/06.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat folgt nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage den Ausführungen im angefochtenen Urteil und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Vortrag der Berufungsbegründungsschrift vom 09.08.2006 und im Schriftsatz vom 12.02.2007 sowie der persönliche Eindruck des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2007 geben zu keiner anderen Beurteilung Anlass. Soweit der Kläger auf seinen Freispruch in der Strafsache 20 Js 1625/06 hinweist, wo ihm Betrug zu Lasten der Arbeitsverwaltung wegen des hier vorliegenden Sachverhaltes vorgeworfen worden ist, können daraus keine Rückschlüsse auf das hiesige Verfahren gezogen werden. Betrug setzt Vorsatz voraus, während für die Aufhebung von Arbeitslosenhilfe nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X grobe Fahrlässigkeit ausreicht. Der Freispruch beruht offenbar auf dem Protokoll der Sitzung vom 22.11.2006, wonach vorsätzliches Handeln im Bezug auf einen Betrugsvorwurf nicht nachweisbar erschien. Aus dem Protokoll ergibt sich aber jedenfalls grob fahrlässiges Handeln. Wenn der Kläger Anträge nicht lesen kann, weder in Deutsch noch in Türkisch, Formulare teils unterschrieben, teils nicht unterschrieben an seinen Rentenberater L weiterleitet und sich darauf verlässt, dieser werde schon alles richtig machen, ohne aber der Beklagten von seinem Problem und seiner Handlungsweise Mitteilung zu machen, so sieht der Senat hierin grobe Fahrlässigkeit.
Der Kläger macht es sich etwas einfach, wenn er auf seine mangelnden Sprachkenntnisse hinweist. Selbst wenn man unterstellt, dass der Kläger nur über geringe Deutschkenntnisse verfügt, würde ihn dies nicht entlasten. Zwar können sprachliche Verständigungsschwierigkeiten unverschuldete Irrtümer hervorrufen. Jedoch ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass einem Ausländer ein Sorgfaltsverstoß anzulasten sein kann, wenn er in Kenntnis seiner Verständigungsprobleme nicht das Erforderliche unternimmt, um das Verständigungsproblem auszuräumen (vgl. Urtel des LSG Stuttgart vom 06.12.2000 - L 5 AL 4372/00 -, unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Urteil des erkennenden Senats vom 31.01.2007 - L 12 AL 124/06 -). Der Sorgfaltsverstoß liegt dann nicht darin, dass der Kläger den Inhalt eines amtlichen Formulars nicht verstanden hat, sondern darin dass er sich nicht zureichend um die Verfolgung seiner Interessen gekümmert hat, obwohl er nach Lage des Falles hierzu Anlass hatte und dazu in der Lage war. Sollte der Kläger tatsächlich nicht verstanden haben, was in den Vordrucken und Formularen stand und was für ihn von Anderen und zum Beispiel von seinem Rentenberater L ausgefüllt worden ist, so trifft ihn der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht, weil er den Inhalt des Formulars nicht verstanden hat, sondern weil er sich nicht darum bemüht hat, die an ihn gerichteten Fragen zu verstehen oder gegebenenfalls einen Dolmetscher hinzuzuziehen. Auch in der Parallelwertung in der Laiensphäre muss sich einem der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtigen Bezieher von Arbeitslosenhilfe bei Anstellen naheliegender Überlegungen ohne Weiteres aufdrängen, dass er nicht verstandene Fragen nicht einfach falsch ausfüllen oder von Anderen beantworten lassen kann und den Antragannehmer in dem Glauben lassen darf, die Frage sei wohl verstanden worden (LSG Stuttgart, LSG NRW a.a.O.). Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest.
Die vom Kläger zitierten Entscheidungen des BSG (Urteil vom 09.02.2006 - B 7 a AL 58/05 R -) und des 1. Senats im Hause (Beschluss vom 09.11.2004 - L 1 B 48/04 AL -) führen zu keinem anderen Ergebnis. Dem Kläger wird nicht, wie im Fall des 1. Senats, vorgeworfen, das Merkblatt für Arbeitslose nicht gelesen zu haben, sondern dass er nicht alles ihm Zumutbare getan hat, um die Überzahlung zu verhindern. Dabei hat der Senat den vom Kläger geforderten subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff angewendet und sich auch vom persönlichen Eindruck des Klägers in der mündlichen Verhandlung leiten lassen. Auch aus dem zitierten BSG-Urteil folgt nur, dass ein subjektiver und kein objektiver Fahrlässigkeitsmaßstab anzulegen ist. Von dieser Rechtsprechung weicht der Senat nicht ab, sondern macht sie zur Grundlage seiner eigenen Entscheidung.
Letztlich ist auch das Argument des Klägers nicht durchgreifend, die Beklagte hätte selbst bei sorgfältigem Aktenstudium und wiederholter gebotener Rückfragen die Überzahlung verhindern können. Zum Einen ist fraglich, ob man auch gegen die Beklagte einen Fahrlässigkeitsvorwurf erheben kann, denn auf den aktenkundigen Vermerk über den Bezug einer "Pension" von G im Zusammenhang mit der Bewilligung und Beantragung von Arbeitslosengeld erfolgte die Rückfrage vom 27.06.2001, die der Kläger mit der falschen Antwort auf Blatt 73 der Leistungsakte Band 1 der Beklagten beantwortete. Wenn er diese Anfrage nicht verstand oder sich über deren Bedeutung nicht im Klaren war, so hätte er sich sachkundig machen müssen. Im Übrigen würde selbst ein fahrlässiges Verhalten der Beklagten die Erstattungspflicht nicht ausschließen. Hierfür reicht, dass auf Seiten des Klägers grob fahrlässiges Verhalten festgestellt werden kann, was - wie oben dargelegt - zu bejahen ist. Klage und Berufung waren somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 SGG aufgestelllten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Bei der Frage, ob in einem Verhalten einer Person grobe Fahrlässigkeit zu sehen ist, handelt es sich um eine Tatsachenwürdigung im Einzelfall, der Bedeutung hierüber hinaus nicht zukommt.
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