Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 7 (6) KN 92/02 U
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 KN 133/04 U
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 23.7.2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Der Kläger hat Gerichtskosten in Höhe von 225, 00 Euro zu zahlen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1944 geborene Kläger wurde 1958 im Deutschen Steinkohlenbergbau angelegt und war dort zuletzt als Wettersteiger tätig.
Am 31.8.1982 erlitt er während der Schicht einen Unfall, als er bei der Bandfahrt kurz vor der Abstiegsstelle mit dem Kopf vor den Holm einer Wassertrogsperre stieß. Nach den Angaben im Verbandbuch zog er sich dabei eine "Platzwunde am Stirnbein" zu, nach der Unfallanzeige des Bergwerks eine "flächige Schürfwunde an der Stirn". Der Kläger schilderte den Unfall im April 1983 wie folgt: "Am Unfalltag befuhr ich gegen 11:15 Uhr die Gurtbandanlage im Gesteinsberg von Flöz Wasserfall zur 9. Sohle. Die Anlage ist zur Personenbeförderung eingerichtet. Die Bandgeschwindigkeit beträgt 2,4 m/s. Aus mir unerklärlichen Gründen richtete ich mich wahrscheinlich zum Abstieg zu früh auf und geriet mit dem Helm gegen den Holm der letzten Wassertrogsperre. In diesem Moment wurde mir der Helm vom Kopf gerissen und mein Kopf ruckartig in den Nacken gezogen. Dann stieß ich vermutlich mit der Stirn gegen den 2. Holm (etwa 0,3 m Abstand) der gleichen Wassertrogsperre. Durch diesen Schlag war ich stark irritiert, schaffte aber noch den Abstieg an der Absteigestelle. Nach Verlassen der Absteigestelle bemerkte ich die Wunde an meiner Stirn. Ohne Helm begab ich mich noch ca. 20 m weiter zum Materialbahnhof und ließ mir vom Zeugen Wenzel einen Kopfverband anlegen. Zum Schacht ging und fuhr ich ohne fremde Hilfe. Schmerzen hatte ich zu diesem Zeitpunkt nicht. Meine Arbeitszeit beendete ich um 12:00 Uhr und meldete den Unfall umgehend beim Heilgehilfen. Ich war nicht bewusstlos, habe nicht erbrochen, habe auch nicht aus Mund, Nase und Ohren geblutet. Nach etwa 20 Std. verspürte ich erste Reaktionen des Unfalls (Händezittern). Ca. 4 Std. später trat Atemnot ein" (Protokoll des Bergamts N vom 5.4.1983).
Etwa 1 ¾ Stunden nach dem Unfall fand Oberarzt Dr. L/Knappschaftskrankenhaus S eine flächenhafte oberflächliche Schürfung rechts der Stirn mit je einer linsengroßen und bohnengroßen Hautschürfung oberhalb der Nasenwurzel und der rechten Augenbraue und für eine knöcherne Verletzung keine Anzeichen. Dr. E, ebenda, fand am nächsten Tag eine reizlose Schürfwunde im Stirnbereich, keine Druck- und Klopfschmerzhaftigkeit der Schädelkalotte. Kopf frei beweglich, HWS und BWS nicht druck- oder klopfschmerzhaft und diagnostizierte Nacken- und Herzbeschwerden unklarer Genese. Dr. H, Neurologisch-Psychiatrische Abteilung im Knappschaftskrankenhaus S, fand am 20.9.1982 keinen Hinweis auf eine subdurale oder intracerebrale Blutung und diagnostizierte ein Reklinationstrauma der HWS mit kurzfristigen neurologischen Reizsymptomen und einer leichten vegetativen Irritation (Berichte vom 20. und 27.9.1982). Dr. E1 berichtete von einem Zustand nach Schädelprellung mit Stirnschürfwunden und einem Schleudertrauma der HWS mit deutlicher mittelgradiger Bewegungseinschränkung der HWS bei Rechtsdrehung und Reklination sowie deutlich verspannter paravertebraler linksseitiger Nacken- und Schultermuskulatur. Die Röntgenuntersuchung ergebe außer einer deutlichen Steilstellung der HWS keinen auffallend pathologischen Befund. Eine fachorthopädische Behandlung erscheine angezeigt (Bericht vom 5.10.1982). Von der Beklagten als Gutachter eingeschalteter Chirurg Dr. T1/C fand als Unfallfolge die reizlos und tragfähig verheilte, auf der Unterlage frei verschiebliche Narbe an der rechten Stirnseite oberhalb der Augenbraue, sowie unfallunabhängig eine leichte Einschränkung der Drehung der BWS im Sitzen nach rechts sowie röntgenologisch nachweisbare spondylo-arthrotische degenerative Veränderungen im Bereich der unteren HWS. Chirurgischerseits liege keine wirtschaftlich messbare Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) vor (Gutachten vom 30.6.1983). Nervenarzt Dr. G, Chefarzt der Neurologie/Psychiatrie im Knappschaftskrankenhaus H, fand keinen Anhalt für einen Cerebralschaden. Die nunmehr geklagten Beschwerden hätten nichts mit dem Unfall zu tun. Die MdE betrage 0 vom Hundert (vH) (Gutachten vom 28.7.1983). HNO-Arzt Dr. G1 S fand neuralgiforme Schmerzen als Unfallfolge, die jedoch keine MdE verursachten (Gutachten vom 7.12.1983). Die Beklagte lehnte ab, Entschädigung wegen des Unfalls zu gewähren, da der Unfall eine MdE im messbaren Grad nicht hinterlassen habe (Bescheid vom 12.1.1984, Widerspruchsbescheid vom 1.6.1984). Im anschließenden Klageverfahren meinte Prof. Dr. I, Oberarzt der Neurologischen Klinik der Universitätskliniken E, es liege entweder eine psychoreaktive neurotische Fehlhaltung nach Bagatelltrauma oder eine allgemeine neurasthenische Befindlichkeitslage vor, jedenfalls keine unfallbedingte MdE (Gutachten vom 8.10.1985). Sachverständiger Prof. Dr. X, Oberarzt der Orthopädischen Klinik ebenda, fand einen Zustand nach Schädelprellung und HWS-Schleudertrauma 1. Grades. Die noch bestehenden Beschwerden seien nicht unfallbedingt, sondern auf degenerative Veränderungen im HWS-Bereich zurückzuführen. Unfallfolgen lägen nicht mehr vor, die MdE betrage 0 vH (Gutachten vom 7.5.1986). Das Sozialgericht (SG) wies die Klage ab (Urteil vom 1.10.1986). Im Berufungsverfahren urteilte Prof. Dr. N, Direktor der Orthopädischen Klinik der Universität N, die Schleuderverletzung habe zu einer vorübergehenden, nicht richtunggebenden abgrenzbaren Verschlimmerung eines unfallunabhängigen degenerativen HWS-Leiden geführt. Eine MdE durch Unfallfolgen bestehe nicht. Während des Berufungsverfahren sind zwei Gutachten (vom 12.1. und 24.8.1989) aus einem Rentenrechtsstreit in Ablichtung zu den Akten gelangt, ein Gutachten des Oberarztes Dr. P, St. K-Hospital C, und ein Gutachten von Dr. X1 aus U. Diese Ärzte sind davon ausgegangen, dass es beim Kläger aufgrund des Unfallmechanismus zu einer Kopfgelenkverletzung gekommen ist. Sachverständiger Prof. Dr. U, Direktor der Klinik für Psychiatrie der Universität N, äußerte den Verdacht auf eine hirnorganische Beeinträchtigung, die allerdings nicht unfallbedingt sei (Gutachten vom 31.8.1999). Prof. N nahm zusammenfassend dahingehend Stellung, dass eine unfallbedingte Verursachung der Beschwerden nicht nachweisbar sei (Stellungnahmen vom 18.10. und 25.2.1991). Im Termin zur mündlichen Verhandlung ging Sachverständiger Dr. P davon aus, dass wegen der Unfallfolgen "Cervico-cephales Syndrom auf der Grundlage einer Kopfgelenkstörung" eine MdE um 30 vH vorliege. Der Senat verurteilte daraufhin die Beklagte, beim Kläger die von Dr. P bezeichnete Gesundheitsstörung als Unfallfolge anzuerkennen und Entschädigung nach einem Grad der MdE um 30 vH zu gewähren (Urteil vom 29.4.1991). Nachdem Dr. C, Leitender Arzt der Klinik für Rückenmarks-Verletzte der BG - Kliniken C1 C, zugestimmt hatte (Stellungnahme vom 10.7.1991), führte die Beklagte das Urteil aus und erkannte als Unfallfolgen an " Cervico-cephales Syndrom aufgrund einer Kopfgelenkstörung mit Bewegungseinschränkung der oberen Halswirbelsäule, insbesondere für die Drehung, rezidivierende Hinterkopfschmerzen und Schwindelerscheinungen, Verminderung der Belastungs- und Konzentrationsfähigkeit, Minderung der oberen kurzen Halsmuskulatur und Beschwerden" (Ausführungsbescheid vom 9.8.1991).
Am 1.10.1991 stellte der Kläger einen "Verschlimmerungsantrag" und begehrte, ihn wegen der Unfallfolgen nach einer MdE um 50 vH zu entschädigen: Beinahe 10 Jahre nach dem Unfall sei eine erneute Überprüfung der gesamten Angelegenheit erforderlich. Bei ihm lägen unfallbedingt ein Wirbelsäulen- und ein Knieleiden vor, die ebenfalls zu entschädigen seien. Er bezog sich zur Begründung auf ein Gutachten des Ingenieurs Dr. I1 aus E1(Gutachten vom 14.5.1987).
Chirurg Prof. Dr. L1, Direktor der Chirurgischen Klinik am Knappschaftskrankenhaus C, stellte einen unfallbedingten Schaden an den Kniegelenken fest, der mit einer MdE um 15 vH zu bewerten sei (Gutachten vom 24.3.1992). Prof. Dr. M, Direktor der Neurochirurgischen Klinik ebenda, meinte, die Folgen des Arbeitsunfalls seien mit einer MdE um 30 vH wohlwollend bewertet, eine Rentenerhöhung sei nicht zu begründen (Gutachten vom 1.6.1992). Prof. Dr. L1 führte ergänzend aus, es liege auch ein Wirbelsäulenschaden vor, der mit dem Unfall in Zusammenhang stehe, für sich genommen ebenfalls mit einer MdE um 15 vH zu bewerten sei und dazu führe, dass die Gesamt-MdE aus Werten von 30, 15 und 15 mit 45 vH zu bemessen sei (ergänzende Stellungnahme vom 21.4.1993). Beratender Arzt, Chirurg Dr. H1 aus C stimmte Dr. C, nicht jedoch Prof. Dr. L1 zu (Stellungnahme vom 18.10.1993). Neurologe N, Oberarzt der Klinik am C/Bad T, berichtete, die Beurteilung der MdE für die Unfallfolgen werde äußerst erschwert durch eine unverkennbare funktionelle Überlagerung, die unbewusster Natur sei (Bericht vom 17.1.1994). Dr. O, Chefarzt der Chirurgie ebenda, meinte, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung im Bereich der unteren Halswirbelsäule und der Brustwirbelsäule nicht in Zusammenhang mit dem Unfall gebracht werden könne. Auch die Kniegelenke seien durch den Unfall nicht betroffen gewesen. Es liege indes ein unfallunabhängiger Knieschaden vor. Im Ergebnis stimme er Dr. C in Allem zu (Gutachten vom 18.1.1994). C1 H1 stimmte zu (Stellungnahme vom 16.3.1994). Daraufhin lehnte die Beklagte ab, den Bescheid vom 9.8.1991 zurückzunehmen und höhere Entschädigung zu gewähren (auf § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gestützter Bescheid vom 28.9.1994). Im Widerspruchsverfahren urteilte Gutachter Oberarzt Dr. B, Klinik für Manuelle Therapie I, dass das Krankheitsbild im Wesentlichen seit 1987 unverändert weiterbestehe (Gutachten vom 19.5.1998). Gutachter Prof. Dr. X2, Oberarzt der Orthopädischen Klinik im St. K Hospital C, nahm an, dass die Unfallfolgen mit einer MdE von 30 vH. zutreffend bemessen seien. Die Gesundheitsstörungen im Bereich der Kniegelenke sowie der Wirbelsäulenschaden seien keine Unfallfolgen (Gutachten vom 26.9.2000). Nervenarzt Dr. M1 aus M meinte, der Verlauf des Verfahrens zeige beim Kläger bereits frühzeitig ein abnormes Reagieren auf den gesamten Behandlungsverlauf. Inzwischen sei eine fixierte psychische Fehlentwicklung eingetreten, die nicht ursächlich auf den Unfall, sondern ausschließlich auf die Persönlichkeitsstruktur des Klägers zurückzuführen sei. Eine weitere nervenärztliche Begutachtung halte er nicht für erforderlich (Stellungnahme vom 5.12.2000). Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 28.2.2002).
Dagegen hat der Kläger am 2.4.2002 Klage erhoben und höhere Verletztenrente ab Oktober 1991 begehrt. Bei der Feststellung und Bemessung der Unfallschäden sei übersehen worden, dass er bei dem Unfall einen Unfallschock und eine Schädelhirnprellung erlitten habe. Im Hinblick auf die somatischen Körperschäden sei eine sogenannte Defektheilung eingetreten, die zu einer Chronifizierung der Unfallfolgen geführt habe.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28.9.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.2.2002 zu verurteilen, den Bescheid vom 9.8.1991 zurückzunehmen und ihm ab dem 1.10.1991 eine Verletztenrente aus Anlass des Arbeitsunfalls vom 31.8.1982 nach einer MdE von 60 vH zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre Entscheidung weiter für richtig und die abweichenden Gutachten der Dres. F und P nicht für schlüssig gehalten.
Das SG hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. S aus E, eines hals-nasen-ohrenärztlichen Gutachtens von Dr. F aus E und eines orthopädischen Gutachtens von Dr. P aus J.
Dr. S hat keine organische Erkrankung und keine posttraumatische Belastungsstörung feststellen können. Beim Kläger lägen gewisse psychische Auffälligkeiten vor, die aber nicht ursächlich auf den erlittenen Arbeitsunfall zurückzuführen seien, sondern unfallunabhängig bestünden. In den Folgen des Arbeitsunfalls sei seit 1991 keine Änderung eingetreten (Gutachten vom 26.9.2003). Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. F aus E hat eine wesentliche Änderung ab Juli 1990 insoweit ermittelt, als dass nunmehr komplexe Gleichgewichtsstörungen vorlägen, die mit einer MdE um 20 vH zu bemessen seien (Gutachten vom 19.9.2003). Dr. P hat ausgeführt, bei nachträglicher Betrachtung der Biographie des Klägers sehe er im Arbeitsunfall vom 31.8.1982 die wesentliche Bedingung für die dann einsetzende Karriere als Schmerzpatient. Tatsache sei, dass ein erst 38-jähriger Mann einen Arbeitsunfall erlitten habe, der in seinem Beruf zumindest wirtschaftlich erfolgreich gewesen sei, und anschließend eine Wiederaufnahme dieser oder einer sonstigen beruflichen Tätigkeit nicht mehr wettbewerbsfähig erfolgt ist, so dass deutliche wirtschaftliche Einbußen eingetreten sind. Für diese nach der epidemiologischen Forschung typische Biographie könne keine andere sinnvolle diagnostische Erklärung gefunden werden. Deshalb liege beim Kläger als Folge des Arbeitsunfalls eine inzwischen chronifizierte Schmerzkrankheit vor, die zumindest seit dem 1.10.1991 invalidisierende Ausprägung habe (Gutachten vom 19.12.2002).
Das SG hat die Klage abgewiesen. Nach der Beweisaufnahme seien weder die Voraussetzungen des § 44 noch diejenigen des § 48 SGB X erwiesen. Dies ergebe sich bereits aus den von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten, die durch die gerichtliche Beweisaufnahme nicht widerlegt seien (Urteil vom 23.7.2004).
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und sein Begehren weiter verfolgt. Entgegen der Auffassung des SG sei das Gutachten des Dr. F in sich schlüssig und überzeugend, das Gericht gehe darüber willkürlich hinweg. Außerdem seien zusätzliche Unfallfolgen zu berücksichtigen. Er habe im Jahre 1982 bei dem angeschuldigten Unfallereignis ein schweres Torsionstrauma 3. Grades erlitten, das den Kopf, die Wirbelsäule und die Kniegelenke betroffen habe. Durch das Gutachten des Dr. P sehe er sich bestätigt, die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. X2 seien hingegen weder klar und noch überzeugend.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 23.07.2004 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28.09.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2002 zu verurteilen, den Bescheid vom 09.08.1991 teilweise zurückzunehmen und ihm aus Anlass des Arbeitsunfalls vom 31.08.1982 ab dem 01.10.1991 Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 60 v.H. zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurück zu weisen.
Das angefochtene Urteil sei im Ergebnis richtig. Das Gutachten des Dr. P sei anders als dasjenige des Prof. Dr. X2 nicht überzeugend.
Behandelnder Orthopäde Dr. K aus S hat von einem HWS-Syndrom, einer Gonarthrose und einem Engpasssyndrom im Bereich der Schultern berichtet. Der altersgemäße Verschleiß habe im Laufe der Zeit zugenommen. Die HWS-Veränderungen seien sicher auf den Arbeitsunfall zurückzuführen (Bericht vom 28.2.2005). Behandelnder praktischer Arzt Dr. T1 aus S hat von einem Überlastungstrauma der Halswirbelsäule sowie Gleichgewichtsstörungen seit 2002 berichtet. Alle Gesundheitsstörungen seien auf den Arbeitsunfall zurückzuführen (Bericht vom 11.3.2005).
Sachverständiger Dr. P hat ausgeführt, es liege ein Zusammenwirken von degenerativen Schäden und Unfallfolgen vor, die sich nach Defektheilung selbständig weiter verschlimmert hätten. Für das Gesamtschadensausmaß seien die Unfallfolgen wesentliche Mitursache. Wegen der von ihm angenommenen unfallbedingten Schmerzkrankheit betrage die MdE 100 vH, da diese zwischenzeitlich in invalidisierender Ausprägung vorliege (Gutachten vom 28.5.2005). Sachverständiger Prof. Dr. X2 hat die diagnostische Einschätzung von Dr. P in vollem Umfang geteilt. Es bestehe lediglich eine Differenz bei der Beurteilung der Kausalität zwischen Unfallereignis und chronischer Schmerzkrankheit. Er halte die chronische Schmerzkrankheit für unfallunabhängig. Sie beruhe auf der Persönlichkeit des Klägers bzw. seiner persönlichen Reaktionsbereitschaft. Deshalb sei im Ergebnis keine Verschlimmerung der Unfallfolgen seit 1991 festzustellen (Gutachten vom 27.12.2005, ergänzende Stellungnahme vom 22.6.2006). Der Senat hat Dr. P und Prof. Dr. X2 in der mündlichen Verhandlung ergänzend gehört.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands nimmt der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsakten der Beklagten und der Vorprozessakten (SG Gelsenkirchen S 18 BU 115/84 = LSG NRW L 2 BU 63/86) Bezug; sämtliche Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 28.9.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.2.2002 (vgl § 95 SGG) nicht beschwert, weil die darin getroffenen Regelungen nicht rechtswidrig sind, § 54 Abs 2 Satz 1 SGG. Soweit die Beklagte einen Anspruch aus § 44 SGB X verneint hat, hat das SG diese Entscheidung zu Recht für rechtmäßig gehalten; soweit der Kläger außerdem einen Anspruch auf höhere Verletztenrente aus § 48 SGB X geltend macht, ist die Klage - entgegen der Auffassung des SG - bereits unzulässig, weil es im Bescheid vom 28.9.1994 erkennbar an einer entsprechenden Regelung fehlt, und die dazu später im Widerspruchsbescheid vom 28.2.2002 getroffene Regelung diesen Mangel nicht heilt. Die Klage ist insoweit nicht statthaft, weil es für die (hier allein in Betracht kommende) Anfechtungs-, (Verpflichtungs-) und Leistungsklage an einer Verwaltungsentscheidung der allein als Ausgangsbehörde zuständigen Beklagten fehlt. Zu Recht hat die Beklagte den Antrag vom 1.10.1991 (nur) als Antrag nach § 44 SGB X angesehen und beschieden. Denn der Kläger hatte erkennbar nicht behauptet, dass in der kurzen Zeitspanne seit dem (letzten bindenden) Bescheid vom 9.8.1991 eine wesentliche Änderung eingetreten sei, sondern darauf hingewiesen, dass nach 10 Jahren eine "eine erneute Überprüfung der gesamten Angelegenheit erforderlich" sei. Damit hat er sinngemäß geltend gemacht, bereits die mit Bescheid vom 9.8.1991 gewährte Entschädigung sei zu gering bemessen. Als elf Jahre später der Widerspruchsbescheid erging, mag Anlass bestanden haben, auch nach § 48 SGB X zu prüfen und zu entscheiden. Die Widerspruchsstelle ist indes funktional und sachlich nicht zuständig, eine solche Erstentscheidung zu treffen (BSG Urteil vom 18.5.2006, Aktenzeichen (Az) B 4 RA 40/05 R mwN; Leitherer in: Meyer-Ladewig. SGG. Kommentar. 8. Auflage 2005. § 85 Rdnr 4a mwN).
Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber unbegründet, weil ein Anspruch auf Zurücknahme des Bescheids vom 9.8.1991 und Gewährung höherer Verletztenrente nicht besteht, § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist eine Verwaltungsakt, auch wenn er unanfechtbar ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht [ ...] worden sind. Diese Voraussetzungen liegen nach dem Inhalt der Akten und dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme jedenfalls nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden, vernünftige Zweifel ausschließenden Wahrscheinlichkeit vor. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte bei der mit Bescheid vom 9.8.1991 getroffenen Entscheidung von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist. Tatsachen, die bereits bei der Bescheiderteilung am 9.8.1991 vorlagen und schon damals eine Entschädigung über das mit Urteil des erkennenden Senats vom 29.4.1991 ausgeurteilte Maß hinaus rechtfertigten, sind nicht erwiesen. Maßgeblich für die Beurteilung ist die im Zeitpunkt der damaligen Entscheidung vorliegende Sach- und Rechtslage (Wiesner in: von Wulffen. SGB X. Kommentar. § 44 Rdnr 10 mwN). Eine unrichtige Entscheidung in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn die richtige medizinische Beurteilung erst später möglich geworden ist (Wiesner.aaO mwN). Unerheblich ist, dass die entsprechenden Regelungen im Bescheid vom 9.8.1991 sich im Wesentlichen auf die Ausführung des Senatsurteils vom 29.4.1991 beschränken. In diesen Fall ist im Rahmen von § 44 SGB X inzidenter die Richtigkeit dieser Entscheidung zu prüfen.
Nach diesen Grundsätzen sind die zum 1.1.1997 außer Kraft getretenen Vorschriften der §§ 580 Abs 1, 581 Abs 2 Nr 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) hier weiter maßgeblich, weil es um die Richtigkeit einer im Jahre 1991 getroffenen Entscheidung geht, die auf der Anwendung dieser Vorschrift beruht. Nach § 581 Abs 2 Nr 2 RVO wird, solange die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge des Arbeitsunfalls um mindestens ein Fünftel (= 20 v.H.) gemindert ist, der Teil der Vollrente als Verletztenrente gewährt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) entspricht.
Als Folgen eines Arbeitsunfalls sind alle Gesundheitsstörungen zu berücksichtigen und in die Bewertung einzubeziehen, die mit Wahrscheinlichkeit unmittelbar oder mittelbar im Sinne zumindest wesentlicher Teilursächlichkeit auf die bei dem Unfall erlittenen gesundheitlichen Schäden zurückzuführen sind (BSG, SozR 2200 § 548 RVO Nr 89 mwN), sog. haftungsausfüllende Kausalität. Wahrscheinlich ist ein solcher Zusammenhang, wenn unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Tatsachen mehr dafür als dagegen spricht (zur im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung maßgeblichen Ursachentheorie von der wesentlichen Bedingung vgl Hauck in: Weiss/Gagel(Hrsg). Handbuch des Arbeits- und Sozialrechts. Systematische Darstellung. Stand Januar 2003. § 22 A. Die Unfallrenten. Rdnrn 67ff (zum Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden insbesondere Rdnrn 71f) und Bereiter-Hahn/Mehrtens. Gesetzliche Unfallversicherung. Handkommentar. 5. Auflage. Stand Januar 2007. § 8 Nrn 8-10, jeweils mwN). Die als Unfallfolgen in Betracht kommenden Gesundheitsstörungen müssen allerdings nachgewiesen sein, d.h. mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit vorliegen.
Ein Anspruch auf Zurücknahme des Bescheids vom 9.8.1991 und Zahlung höherer Verletztenrente setzt damit voraus, dass bereits damals weitere Unfallfolgen nachweislich außer Betracht geblieben sind und/oder die MdE höher zu bemessen war. Von beidem ist der Senat nicht überzeugt; er hält vielmehr seine mit Urteil vom 29.4.1991 vorgenommene Bewertung der Unfallfolgen weiter für zutreffend und nimmt zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf den den Beteiligten im Wortlaut bekannten Inhalt dieser Entscheidung Bezug. Tatsachen, die diese Entscheidung als nachweislich unrichtig erscheinen ließen und im Nachhinein zu einer abweichenden Beurteilung Anlass böten, sind in diesem (Folge-)Rechtsstreit nicht erkennbar geworden. Soweit ein Knie und/oder ein HWS-BWS-Schaden als (weitere) Unfallfolgen geltend gemacht werden, fehlt es am (haftungsausfüllenden) Zusammenhang zwischen solchen Gesundheitsstörungen und dem Unfallereignis vom 31.8.1982 (Im Folgenden 1). Auch eine chronische Schmerzkrankheit, die der Sachverständige Dr. P nunmehr - entgegen seiner früheren Beurteilung - als weitere Unfallfolge ansieht, ist nicht zu berücksichtigen, da sie nicht mit Wahrscheinlichkeit Unfallfolge ist. Ob die eigentliche Ursache der Schmerzkrankheit in der Persönlichkeit des Klägers zu suchen ist, kann dahin stehen. Denn der Nachweis der Unrichtigkeit der früheren Entscheidung ist schon dann nicht erbracht, wenn die divergierenden Ausführungen von Dr. P und Prof. Dr. X2 gleichermaßen plausibel sind. Das ist hier aber (mindestens) der Fall (Im Folgenden 2). Es ist auch nicht erwiesen, dass die anerkannten Unfallfolgen bereits 1991 mit einer MdE von mehr als 30 vH zu bewerten waren (Im Folgenden 3).
(1) Ein Knie- und/oder (weiteres) Wirbelsäulenleiden ist nicht als Unfallfolge zu berücksichtigen. Die mit Bescheid vom 9.8.1991 explizit erfolgte Ablehnung, diese Gesundheitsschäden als Unfallfolgen anzuerkennen, hat sich nicht im Nachhinein als unrichtig erwiesen. Das vom Kläger behauptete schwere Torsionstrauma der (gesamten) Wirbelsäule und der Kniegelenke ist nicht erwiesen. Bei allen zeitnahen Untersuchungen (Dr. L; Dr. E; Dr. H; Dr. E1) fand sich kein Anhalt für eine entsprechende Erstschädigung. Auch die eigene Unfallschilderung des Klägers vom 5.4.1983 gibt dazu nichts her. Dem entsprechen die Zusammenhangsbeurteilungen fast aller Ärzte. Diese haben einen unfallunabhängigen Schaden der unteren Halswirbelsäule, der Brustwirbelsäule und der Knie festgestellt (Dr. O; Dr. H1; Prof. Dr. X2). Die Drehbeweglichkeit der Brustwirbelsäule sei unfallunabhängig eingeschränkt (Dr. T1). Der Unfallmechanismus sei (nur) in der Lage gewesen, erhebliche Weichteil- und Gelenkverletzungen an der Wirbelsäule herbeizuführen; die weiteren Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule seien nicht auf den Unfallmechanismus zurück zu führen (Dr. X1). Die rezidivierenden Brust- und Lendenwirbelsäulen- sowie Kniebeschwerden seien unfallunabhängig (Dr. C unter Hinweis auf entsprechende vor dem Unfallzeitpunkt liegende Zeiten der Arbeitsunfähigkeit). Es sei nicht möglich, untere Halswirbel- und Brustwirbelsäule in direkten Unfallzusammenhang zu bringen; die Krafteinwirkung habe sich auch nicht zu den Kniegelenken hin umwenden können (Dr. O). Prof. Dr. N, Prof. Dr. X und auch behandelnder Orthopäde Dr. C1 haben insoweit keine Unfallfolgen gefunden, behandelnder Orthopäde Dr. K hat von altersgemäßem Verschleiß berichtet, der zugenommen habe. Selbst Sachverständiger Dr. P hat - wie auch Sachverständiger Prof. Dr. X2 - keine Unfallfolgen im Bereich des (übrigen) Skelettsystems gefunden. Damit sieht der Senat die abweichenden Ausführungen des Dr. L1 sogar als widerlegt an, der hier als einziger weitere Unfallfolgen gesehen hat, ohne allerdings seine abweichende Auffassung sachgerecht und nachvollziehbar zu begründen.
(2) Eine chronische Schmerzkrankheit, wie sie von Dr. P und Prof. Dr. X2 diagnostiziert wird, ist nicht schon seit 1991 als weitere Unfallfolge zu berücksichtigen. Es fehlt an der Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen (haftungsausfüllenden) Zusammenhangs zwischen Unfallereignis und dieser Krankheit. Bereits nach den Ausführungen des Dr. P ist zweifelhaft, ob diese Erkrankung nachweislich schon zum damaligen Zeitpunkt bestand. Dr. P beschreibt eine entgleiste Schmerzsituation, die (irgendwann) in eine chronische Schmerzkrankheit eingemündet sei. Seine frühere Bewertung halte er für zu optimistisch, die tatsächliche Biografie des Klägers beweise den mit medizinisch-technischen Befunden nicht zu belegenden Korrekturbedarf. Er halte seine damalige Bewertung (1991) nach wie vor für richtig, in der speziellen Graduierung jedoch für korrekturbedürftig. Es sei von einer zunehmenden gesundheitlichen Beeinträchtigung auszugehen, eine genaue rückwirkende MdE-Bestimmung sei aber nicht möglich. Die in diesen Ausführungen zum Ausdruck kommende Unsicherheit bei der retrospektiven Korrektur der eigenen früheren Einschätzung belässt, auch wenn der Sachverständige im Ergebnis für eine solche plädiert, Zweifel daran, ob der Bescheid vom 9.8.1991 in diesem Punkt nachweislich, das heißt mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit unrichtig ist. Selbst wenn man aber unterstellte, dass bereits 1991 die chronische Schmerzkrankheit vorlag, kann nach dem Beweisergebnis nicht festgestellt werden, dass diese wahrscheinlich wesentlich auf den Unfall vom 31.8.1982 zurück zu führen ist. Auch hierzu geben bereits die Ausführungen von Dr. P Anlass zu Zweifeln. So führt Dr. P selbst aus, gesicherte einvernehmlich biologische Erklärungen für die Phänomene nach einem Schleudertrauma fehlten bis heute. Ein solcher Zusammenhang sei nicht durch medizinisch-technische Befunde zu belegen. Damit verbleiben als Argumente für die Korrektur seiner früheren Einschätzung nur noch sein "heutiges Wissen", also ein seit 1991 eingetretener medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntniszuwachs, und die "tatsächliche und aktenkundige Biografie" des Klägers. Daraus folgt aber allenfalls (empirisch), dass sich die Schmerzkrankheit (auch) als Unfallfolge erklären lässt, nicht aber, dass sie im konkreten Falle des Klägers wahrscheinlich eine solche darstellt. So hat Prof. Dr. X2 darauf hingewiesen, dass ihm chronische Krankheitsverläufe, wie sie beim Kläger gegeben seien, aus einer Vielzahl von Behandlungsfällen bekannt seien, ohne dass dafür traumatische Ereignisse anzuschuldigen seien. Dr. P hat überdies in der mündlichen Verhandlung (nur noch) behauptet, er sehe das Unfallereignis als "nicht hinweg zu denkende Bedingung für die Schmerzkrankheit" an. Die wesentlichen Bedenken des Senats an der Richtigkeit der (Hypo-) These von Dr. P beruhen aber auf dem sonstigen Beweisergebnis. Danach spricht orthopädisch viel dafür, dass die Beschwerden des Klägers als degenerative Veränderungen iS eines völlig unfallunabhängigen Geschehens, am ehesten iS pseudoradikulärer Hals- und Lendenwirbelsäulenbeschwerden, zu werten sind (Prof. Dr. X2). Nervenärztlich spricht viel dafür, dass die Schmerzkrankheit wesentlich auf der Persönlichkeitsstruktur des Klägers beruht, und das Unfallereignis (als nicht wesentliche Ursache) insoweit eine vorhandene Fehlentwicklung hervorgebracht hat; denn eine Chronifizierung von Schmerzen beruht wesentlich auf anderen Ursachen als einem (Bagatell-) Trauma (Prof. Dr. X2). Dafür spricht, dass alle früher gehörten Nervenärzte, deren Äußerungen hier urkundsbeweislich zu verwerten sind, eine solche, nicht unfallbedingte Ursache angenommen haben, nämlich eine psychoreaktive neurotische Fehlhaltung nach Bagatelltrauma oder eine allgemeine neurasthenische Befindlichkeitslage bei entsprechender Persönlichkeitsstruktur (Prof. Dr. I), eine gewisse psychische Beeinträchtigung, die psychoorganischer Art ist (Prof. Dr. U), eine unverkennbare funktionelle Überlagerung, die unbewusster Natur ist (Oberarzt N, Klinik am Burggraben Bad Salzuflen), ein abnormes Reagieren auf den gesamten Verhandlungsverlauf als Ausdruck einer auf die Persönlichkeitsstruktur zurück zu führenden fixierten, nicht therapierbaren Fehlentwicklung (Dr. M1). Auch Sachverständiger Dr. S hat gewisse psychische Auffälligkeiten diagnostiziert, die unfallunabhängig seien; eine posttraumatische Belastungsstörung dagegen verneint. Zu dieser Einschätzung passt im Übrigen sehr gut die zeitnahe Beurteilung von Prof. Dr. N, Chefarzt der Neurologischen Klinik im St. K-Hospital C, der im Frühjahr 1985 dem behandelnden Orthopäden Dr. C1 berichtete, die Situation sei nur aus der Persönlichkeit und den Umständen zu erklären; es bestehe sicher eine somatisierte Depression, neurotische Züge seien nicht zu verkennen. Wenn überhaupt, sei wahrscheinlich erst nach Ablehnung bzw. Regelung aller Rentenansprüche und Wiederaufnahme einer sinnvollen Tätigkeit mit einem Rückgang der Beschwerden zu rechnen (Arztbrief vom 1.4.1985). Vor diesem Hintergrund ist auch der Senat der Auffassung, dass alle gehörten Mediziner außer Dr. P zu einer in sich homogenen, einheitlichen Bewertung des Gesamtbildes gelangen (Prof. Dr. X2).
(3) Es ist nicht erwiesen, dass die MdE durch die Unfallfolgen 1991 höher als mit 30 vH zu bemessen war. Soweit Dr. F ab Juli 1990 eine unfallbedingte Schwindelsymptomatik mit 20 vH angenommen hat, ist dem entgegen zu halten, dass diese Schwindelsymptomatik anerkannt und bei der MdE-Bemessung berücksichtigt ist (Prof. Dr. X2). Der Kläger hatte bereits ua bei Dr. T1 über leichte Schwindelerscheinungen geklagt, Dr. X1 hatte darauf hingewiesen, dass neurophysiologische Rezeptoren im Nacken für das Gleichgewicht verantwortlich sind. Dr. C hat zu Recht festgestellt, dass "Schwindelerscheinungen" bei der MdE-Bemessung berücksichtigt sind. Der Senat vermag sich vor diesem Hintergrund nicht davon zu überzeugen, dass die Berücksichtigung der Schwindelsymptomatik bereits 1991 zu einer höheren MdE als 30 v.H. hätte führen müssen, zumal behandelnder Arzt Dr. T1 insoweit eine gravierende Symptomatik erst seit 2002 feststellen konnte. Sonstige Tatsachen, die die MdE-Bemessung für die anerkannten Unfallfolgen, zu denen auch Beschwerden und Schmerzen zählen, als unrichtig erscheinen ließen, sind weder behauptet noch ersichtlich. Insbesondere kommt die von Dr. P vorgeschlagene Bemessung der MdE mit 100 vH schon aus den zu (2) genannten Gründen nicht in Betracht, da weitere unfallbedingte Funktionsstörungen nicht erwiesen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG und - soweit dem Kläger Gerichtskosten auferlegt werden - auf § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG in der seit dem 02. 01. 2002 geltenden Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes - 6. SGG-ÄndG - vom 17.8.2001 (BGBl. I, 2144, 2151). Dem Kläger sind Gerichtskosten aufzuerlegen, weil er den Rechtsstreit fortgeführt hat, obwohl ihm der Vorsitzende im Termin zur mündlichen Verhandlung die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt und ihn auf die Möglichkeit der Auferlegung von Kosten bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen hat. Wer ein Verfahren, dessen Aussichtslosigkeit ihm im Einzelnen dargelegt worden ist, ohne nachvollziehbare Begründung fortführt, nimmt das Gericht missbräuchlich iS von § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG in Anspruch. Der Senat hat die Höhe der zu erstattenden Kosten nach dem gesetzlichen Mindestbetrag bemessen, §§ 192 Abs 1 Satz 3, 184 Abs 2 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 Abs 2 SGG. Die Entscheidung beruht maßgeblich auf der Würdigung von Tatsachen des konkreten Einzelfalls.
Tatbestand:
Der 1944 geborene Kläger wurde 1958 im Deutschen Steinkohlenbergbau angelegt und war dort zuletzt als Wettersteiger tätig.
Am 31.8.1982 erlitt er während der Schicht einen Unfall, als er bei der Bandfahrt kurz vor der Abstiegsstelle mit dem Kopf vor den Holm einer Wassertrogsperre stieß. Nach den Angaben im Verbandbuch zog er sich dabei eine "Platzwunde am Stirnbein" zu, nach der Unfallanzeige des Bergwerks eine "flächige Schürfwunde an der Stirn". Der Kläger schilderte den Unfall im April 1983 wie folgt: "Am Unfalltag befuhr ich gegen 11:15 Uhr die Gurtbandanlage im Gesteinsberg von Flöz Wasserfall zur 9. Sohle. Die Anlage ist zur Personenbeförderung eingerichtet. Die Bandgeschwindigkeit beträgt 2,4 m/s. Aus mir unerklärlichen Gründen richtete ich mich wahrscheinlich zum Abstieg zu früh auf und geriet mit dem Helm gegen den Holm der letzten Wassertrogsperre. In diesem Moment wurde mir der Helm vom Kopf gerissen und mein Kopf ruckartig in den Nacken gezogen. Dann stieß ich vermutlich mit der Stirn gegen den 2. Holm (etwa 0,3 m Abstand) der gleichen Wassertrogsperre. Durch diesen Schlag war ich stark irritiert, schaffte aber noch den Abstieg an der Absteigestelle. Nach Verlassen der Absteigestelle bemerkte ich die Wunde an meiner Stirn. Ohne Helm begab ich mich noch ca. 20 m weiter zum Materialbahnhof und ließ mir vom Zeugen Wenzel einen Kopfverband anlegen. Zum Schacht ging und fuhr ich ohne fremde Hilfe. Schmerzen hatte ich zu diesem Zeitpunkt nicht. Meine Arbeitszeit beendete ich um 12:00 Uhr und meldete den Unfall umgehend beim Heilgehilfen. Ich war nicht bewusstlos, habe nicht erbrochen, habe auch nicht aus Mund, Nase und Ohren geblutet. Nach etwa 20 Std. verspürte ich erste Reaktionen des Unfalls (Händezittern). Ca. 4 Std. später trat Atemnot ein" (Protokoll des Bergamts N vom 5.4.1983).
Etwa 1 ¾ Stunden nach dem Unfall fand Oberarzt Dr. L/Knappschaftskrankenhaus S eine flächenhafte oberflächliche Schürfung rechts der Stirn mit je einer linsengroßen und bohnengroßen Hautschürfung oberhalb der Nasenwurzel und der rechten Augenbraue und für eine knöcherne Verletzung keine Anzeichen. Dr. E, ebenda, fand am nächsten Tag eine reizlose Schürfwunde im Stirnbereich, keine Druck- und Klopfschmerzhaftigkeit der Schädelkalotte. Kopf frei beweglich, HWS und BWS nicht druck- oder klopfschmerzhaft und diagnostizierte Nacken- und Herzbeschwerden unklarer Genese. Dr. H, Neurologisch-Psychiatrische Abteilung im Knappschaftskrankenhaus S, fand am 20.9.1982 keinen Hinweis auf eine subdurale oder intracerebrale Blutung und diagnostizierte ein Reklinationstrauma der HWS mit kurzfristigen neurologischen Reizsymptomen und einer leichten vegetativen Irritation (Berichte vom 20. und 27.9.1982). Dr. E1 berichtete von einem Zustand nach Schädelprellung mit Stirnschürfwunden und einem Schleudertrauma der HWS mit deutlicher mittelgradiger Bewegungseinschränkung der HWS bei Rechtsdrehung und Reklination sowie deutlich verspannter paravertebraler linksseitiger Nacken- und Schultermuskulatur. Die Röntgenuntersuchung ergebe außer einer deutlichen Steilstellung der HWS keinen auffallend pathologischen Befund. Eine fachorthopädische Behandlung erscheine angezeigt (Bericht vom 5.10.1982). Von der Beklagten als Gutachter eingeschalteter Chirurg Dr. T1/C fand als Unfallfolge die reizlos und tragfähig verheilte, auf der Unterlage frei verschiebliche Narbe an der rechten Stirnseite oberhalb der Augenbraue, sowie unfallunabhängig eine leichte Einschränkung der Drehung der BWS im Sitzen nach rechts sowie röntgenologisch nachweisbare spondylo-arthrotische degenerative Veränderungen im Bereich der unteren HWS. Chirurgischerseits liege keine wirtschaftlich messbare Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) vor (Gutachten vom 30.6.1983). Nervenarzt Dr. G, Chefarzt der Neurologie/Psychiatrie im Knappschaftskrankenhaus H, fand keinen Anhalt für einen Cerebralschaden. Die nunmehr geklagten Beschwerden hätten nichts mit dem Unfall zu tun. Die MdE betrage 0 vom Hundert (vH) (Gutachten vom 28.7.1983). HNO-Arzt Dr. G1 S fand neuralgiforme Schmerzen als Unfallfolge, die jedoch keine MdE verursachten (Gutachten vom 7.12.1983). Die Beklagte lehnte ab, Entschädigung wegen des Unfalls zu gewähren, da der Unfall eine MdE im messbaren Grad nicht hinterlassen habe (Bescheid vom 12.1.1984, Widerspruchsbescheid vom 1.6.1984). Im anschließenden Klageverfahren meinte Prof. Dr. I, Oberarzt der Neurologischen Klinik der Universitätskliniken E, es liege entweder eine psychoreaktive neurotische Fehlhaltung nach Bagatelltrauma oder eine allgemeine neurasthenische Befindlichkeitslage vor, jedenfalls keine unfallbedingte MdE (Gutachten vom 8.10.1985). Sachverständiger Prof. Dr. X, Oberarzt der Orthopädischen Klinik ebenda, fand einen Zustand nach Schädelprellung und HWS-Schleudertrauma 1. Grades. Die noch bestehenden Beschwerden seien nicht unfallbedingt, sondern auf degenerative Veränderungen im HWS-Bereich zurückzuführen. Unfallfolgen lägen nicht mehr vor, die MdE betrage 0 vH (Gutachten vom 7.5.1986). Das Sozialgericht (SG) wies die Klage ab (Urteil vom 1.10.1986). Im Berufungsverfahren urteilte Prof. Dr. N, Direktor der Orthopädischen Klinik der Universität N, die Schleuderverletzung habe zu einer vorübergehenden, nicht richtunggebenden abgrenzbaren Verschlimmerung eines unfallunabhängigen degenerativen HWS-Leiden geführt. Eine MdE durch Unfallfolgen bestehe nicht. Während des Berufungsverfahren sind zwei Gutachten (vom 12.1. und 24.8.1989) aus einem Rentenrechtsstreit in Ablichtung zu den Akten gelangt, ein Gutachten des Oberarztes Dr. P, St. K-Hospital C, und ein Gutachten von Dr. X1 aus U. Diese Ärzte sind davon ausgegangen, dass es beim Kläger aufgrund des Unfallmechanismus zu einer Kopfgelenkverletzung gekommen ist. Sachverständiger Prof. Dr. U, Direktor der Klinik für Psychiatrie der Universität N, äußerte den Verdacht auf eine hirnorganische Beeinträchtigung, die allerdings nicht unfallbedingt sei (Gutachten vom 31.8.1999). Prof. N nahm zusammenfassend dahingehend Stellung, dass eine unfallbedingte Verursachung der Beschwerden nicht nachweisbar sei (Stellungnahmen vom 18.10. und 25.2.1991). Im Termin zur mündlichen Verhandlung ging Sachverständiger Dr. P davon aus, dass wegen der Unfallfolgen "Cervico-cephales Syndrom auf der Grundlage einer Kopfgelenkstörung" eine MdE um 30 vH vorliege. Der Senat verurteilte daraufhin die Beklagte, beim Kläger die von Dr. P bezeichnete Gesundheitsstörung als Unfallfolge anzuerkennen und Entschädigung nach einem Grad der MdE um 30 vH zu gewähren (Urteil vom 29.4.1991). Nachdem Dr. C, Leitender Arzt der Klinik für Rückenmarks-Verletzte der BG - Kliniken C1 C, zugestimmt hatte (Stellungnahme vom 10.7.1991), führte die Beklagte das Urteil aus und erkannte als Unfallfolgen an " Cervico-cephales Syndrom aufgrund einer Kopfgelenkstörung mit Bewegungseinschränkung der oberen Halswirbelsäule, insbesondere für die Drehung, rezidivierende Hinterkopfschmerzen und Schwindelerscheinungen, Verminderung der Belastungs- und Konzentrationsfähigkeit, Minderung der oberen kurzen Halsmuskulatur und Beschwerden" (Ausführungsbescheid vom 9.8.1991).
Am 1.10.1991 stellte der Kläger einen "Verschlimmerungsantrag" und begehrte, ihn wegen der Unfallfolgen nach einer MdE um 50 vH zu entschädigen: Beinahe 10 Jahre nach dem Unfall sei eine erneute Überprüfung der gesamten Angelegenheit erforderlich. Bei ihm lägen unfallbedingt ein Wirbelsäulen- und ein Knieleiden vor, die ebenfalls zu entschädigen seien. Er bezog sich zur Begründung auf ein Gutachten des Ingenieurs Dr. I1 aus E1(Gutachten vom 14.5.1987).
Chirurg Prof. Dr. L1, Direktor der Chirurgischen Klinik am Knappschaftskrankenhaus C, stellte einen unfallbedingten Schaden an den Kniegelenken fest, der mit einer MdE um 15 vH zu bewerten sei (Gutachten vom 24.3.1992). Prof. Dr. M, Direktor der Neurochirurgischen Klinik ebenda, meinte, die Folgen des Arbeitsunfalls seien mit einer MdE um 30 vH wohlwollend bewertet, eine Rentenerhöhung sei nicht zu begründen (Gutachten vom 1.6.1992). Prof. Dr. L1 führte ergänzend aus, es liege auch ein Wirbelsäulenschaden vor, der mit dem Unfall in Zusammenhang stehe, für sich genommen ebenfalls mit einer MdE um 15 vH zu bewerten sei und dazu führe, dass die Gesamt-MdE aus Werten von 30, 15 und 15 mit 45 vH zu bemessen sei (ergänzende Stellungnahme vom 21.4.1993). Beratender Arzt, Chirurg Dr. H1 aus C stimmte Dr. C, nicht jedoch Prof. Dr. L1 zu (Stellungnahme vom 18.10.1993). Neurologe N, Oberarzt der Klinik am C/Bad T, berichtete, die Beurteilung der MdE für die Unfallfolgen werde äußerst erschwert durch eine unverkennbare funktionelle Überlagerung, die unbewusster Natur sei (Bericht vom 17.1.1994). Dr. O, Chefarzt der Chirurgie ebenda, meinte, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung im Bereich der unteren Halswirbelsäule und der Brustwirbelsäule nicht in Zusammenhang mit dem Unfall gebracht werden könne. Auch die Kniegelenke seien durch den Unfall nicht betroffen gewesen. Es liege indes ein unfallunabhängiger Knieschaden vor. Im Ergebnis stimme er Dr. C in Allem zu (Gutachten vom 18.1.1994). C1 H1 stimmte zu (Stellungnahme vom 16.3.1994). Daraufhin lehnte die Beklagte ab, den Bescheid vom 9.8.1991 zurückzunehmen und höhere Entschädigung zu gewähren (auf § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gestützter Bescheid vom 28.9.1994). Im Widerspruchsverfahren urteilte Gutachter Oberarzt Dr. B, Klinik für Manuelle Therapie I, dass das Krankheitsbild im Wesentlichen seit 1987 unverändert weiterbestehe (Gutachten vom 19.5.1998). Gutachter Prof. Dr. X2, Oberarzt der Orthopädischen Klinik im St. K Hospital C, nahm an, dass die Unfallfolgen mit einer MdE von 30 vH. zutreffend bemessen seien. Die Gesundheitsstörungen im Bereich der Kniegelenke sowie der Wirbelsäulenschaden seien keine Unfallfolgen (Gutachten vom 26.9.2000). Nervenarzt Dr. M1 aus M meinte, der Verlauf des Verfahrens zeige beim Kläger bereits frühzeitig ein abnormes Reagieren auf den gesamten Behandlungsverlauf. Inzwischen sei eine fixierte psychische Fehlentwicklung eingetreten, die nicht ursächlich auf den Unfall, sondern ausschließlich auf die Persönlichkeitsstruktur des Klägers zurückzuführen sei. Eine weitere nervenärztliche Begutachtung halte er nicht für erforderlich (Stellungnahme vom 5.12.2000). Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 28.2.2002).
Dagegen hat der Kläger am 2.4.2002 Klage erhoben und höhere Verletztenrente ab Oktober 1991 begehrt. Bei der Feststellung und Bemessung der Unfallschäden sei übersehen worden, dass er bei dem Unfall einen Unfallschock und eine Schädelhirnprellung erlitten habe. Im Hinblick auf die somatischen Körperschäden sei eine sogenannte Defektheilung eingetreten, die zu einer Chronifizierung der Unfallfolgen geführt habe.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28.9.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.2.2002 zu verurteilen, den Bescheid vom 9.8.1991 zurückzunehmen und ihm ab dem 1.10.1991 eine Verletztenrente aus Anlass des Arbeitsunfalls vom 31.8.1982 nach einer MdE von 60 vH zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre Entscheidung weiter für richtig und die abweichenden Gutachten der Dres. F und P nicht für schlüssig gehalten.
Das SG hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. S aus E, eines hals-nasen-ohrenärztlichen Gutachtens von Dr. F aus E und eines orthopädischen Gutachtens von Dr. P aus J.
Dr. S hat keine organische Erkrankung und keine posttraumatische Belastungsstörung feststellen können. Beim Kläger lägen gewisse psychische Auffälligkeiten vor, die aber nicht ursächlich auf den erlittenen Arbeitsunfall zurückzuführen seien, sondern unfallunabhängig bestünden. In den Folgen des Arbeitsunfalls sei seit 1991 keine Änderung eingetreten (Gutachten vom 26.9.2003). Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. F aus E hat eine wesentliche Änderung ab Juli 1990 insoweit ermittelt, als dass nunmehr komplexe Gleichgewichtsstörungen vorlägen, die mit einer MdE um 20 vH zu bemessen seien (Gutachten vom 19.9.2003). Dr. P hat ausgeführt, bei nachträglicher Betrachtung der Biographie des Klägers sehe er im Arbeitsunfall vom 31.8.1982 die wesentliche Bedingung für die dann einsetzende Karriere als Schmerzpatient. Tatsache sei, dass ein erst 38-jähriger Mann einen Arbeitsunfall erlitten habe, der in seinem Beruf zumindest wirtschaftlich erfolgreich gewesen sei, und anschließend eine Wiederaufnahme dieser oder einer sonstigen beruflichen Tätigkeit nicht mehr wettbewerbsfähig erfolgt ist, so dass deutliche wirtschaftliche Einbußen eingetreten sind. Für diese nach der epidemiologischen Forschung typische Biographie könne keine andere sinnvolle diagnostische Erklärung gefunden werden. Deshalb liege beim Kläger als Folge des Arbeitsunfalls eine inzwischen chronifizierte Schmerzkrankheit vor, die zumindest seit dem 1.10.1991 invalidisierende Ausprägung habe (Gutachten vom 19.12.2002).
Das SG hat die Klage abgewiesen. Nach der Beweisaufnahme seien weder die Voraussetzungen des § 44 noch diejenigen des § 48 SGB X erwiesen. Dies ergebe sich bereits aus den von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten, die durch die gerichtliche Beweisaufnahme nicht widerlegt seien (Urteil vom 23.7.2004).
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und sein Begehren weiter verfolgt. Entgegen der Auffassung des SG sei das Gutachten des Dr. F in sich schlüssig und überzeugend, das Gericht gehe darüber willkürlich hinweg. Außerdem seien zusätzliche Unfallfolgen zu berücksichtigen. Er habe im Jahre 1982 bei dem angeschuldigten Unfallereignis ein schweres Torsionstrauma 3. Grades erlitten, das den Kopf, die Wirbelsäule und die Kniegelenke betroffen habe. Durch das Gutachten des Dr. P sehe er sich bestätigt, die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. X2 seien hingegen weder klar und noch überzeugend.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 23.07.2004 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28.09.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2002 zu verurteilen, den Bescheid vom 09.08.1991 teilweise zurückzunehmen und ihm aus Anlass des Arbeitsunfalls vom 31.08.1982 ab dem 01.10.1991 Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 60 v.H. zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurück zu weisen.
Das angefochtene Urteil sei im Ergebnis richtig. Das Gutachten des Dr. P sei anders als dasjenige des Prof. Dr. X2 nicht überzeugend.
Behandelnder Orthopäde Dr. K aus S hat von einem HWS-Syndrom, einer Gonarthrose und einem Engpasssyndrom im Bereich der Schultern berichtet. Der altersgemäße Verschleiß habe im Laufe der Zeit zugenommen. Die HWS-Veränderungen seien sicher auf den Arbeitsunfall zurückzuführen (Bericht vom 28.2.2005). Behandelnder praktischer Arzt Dr. T1 aus S hat von einem Überlastungstrauma der Halswirbelsäule sowie Gleichgewichtsstörungen seit 2002 berichtet. Alle Gesundheitsstörungen seien auf den Arbeitsunfall zurückzuführen (Bericht vom 11.3.2005).
Sachverständiger Dr. P hat ausgeführt, es liege ein Zusammenwirken von degenerativen Schäden und Unfallfolgen vor, die sich nach Defektheilung selbständig weiter verschlimmert hätten. Für das Gesamtschadensausmaß seien die Unfallfolgen wesentliche Mitursache. Wegen der von ihm angenommenen unfallbedingten Schmerzkrankheit betrage die MdE 100 vH, da diese zwischenzeitlich in invalidisierender Ausprägung vorliege (Gutachten vom 28.5.2005). Sachverständiger Prof. Dr. X2 hat die diagnostische Einschätzung von Dr. P in vollem Umfang geteilt. Es bestehe lediglich eine Differenz bei der Beurteilung der Kausalität zwischen Unfallereignis und chronischer Schmerzkrankheit. Er halte die chronische Schmerzkrankheit für unfallunabhängig. Sie beruhe auf der Persönlichkeit des Klägers bzw. seiner persönlichen Reaktionsbereitschaft. Deshalb sei im Ergebnis keine Verschlimmerung der Unfallfolgen seit 1991 festzustellen (Gutachten vom 27.12.2005, ergänzende Stellungnahme vom 22.6.2006). Der Senat hat Dr. P und Prof. Dr. X2 in der mündlichen Verhandlung ergänzend gehört.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands nimmt der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsakten der Beklagten und der Vorprozessakten (SG Gelsenkirchen S 18 BU 115/84 = LSG NRW L 2 BU 63/86) Bezug; sämtliche Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 28.9.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.2.2002 (vgl § 95 SGG) nicht beschwert, weil die darin getroffenen Regelungen nicht rechtswidrig sind, § 54 Abs 2 Satz 1 SGG. Soweit die Beklagte einen Anspruch aus § 44 SGB X verneint hat, hat das SG diese Entscheidung zu Recht für rechtmäßig gehalten; soweit der Kläger außerdem einen Anspruch auf höhere Verletztenrente aus § 48 SGB X geltend macht, ist die Klage - entgegen der Auffassung des SG - bereits unzulässig, weil es im Bescheid vom 28.9.1994 erkennbar an einer entsprechenden Regelung fehlt, und die dazu später im Widerspruchsbescheid vom 28.2.2002 getroffene Regelung diesen Mangel nicht heilt. Die Klage ist insoweit nicht statthaft, weil es für die (hier allein in Betracht kommende) Anfechtungs-, (Verpflichtungs-) und Leistungsklage an einer Verwaltungsentscheidung der allein als Ausgangsbehörde zuständigen Beklagten fehlt. Zu Recht hat die Beklagte den Antrag vom 1.10.1991 (nur) als Antrag nach § 44 SGB X angesehen und beschieden. Denn der Kläger hatte erkennbar nicht behauptet, dass in der kurzen Zeitspanne seit dem (letzten bindenden) Bescheid vom 9.8.1991 eine wesentliche Änderung eingetreten sei, sondern darauf hingewiesen, dass nach 10 Jahren eine "eine erneute Überprüfung der gesamten Angelegenheit erforderlich" sei. Damit hat er sinngemäß geltend gemacht, bereits die mit Bescheid vom 9.8.1991 gewährte Entschädigung sei zu gering bemessen. Als elf Jahre später der Widerspruchsbescheid erging, mag Anlass bestanden haben, auch nach § 48 SGB X zu prüfen und zu entscheiden. Die Widerspruchsstelle ist indes funktional und sachlich nicht zuständig, eine solche Erstentscheidung zu treffen (BSG Urteil vom 18.5.2006, Aktenzeichen (Az) B 4 RA 40/05 R mwN; Leitherer in: Meyer-Ladewig. SGG. Kommentar. 8. Auflage 2005. § 85 Rdnr 4a mwN).
Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber unbegründet, weil ein Anspruch auf Zurücknahme des Bescheids vom 9.8.1991 und Gewährung höherer Verletztenrente nicht besteht, § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist eine Verwaltungsakt, auch wenn er unanfechtbar ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht [ ...] worden sind. Diese Voraussetzungen liegen nach dem Inhalt der Akten und dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme jedenfalls nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden, vernünftige Zweifel ausschließenden Wahrscheinlichkeit vor. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte bei der mit Bescheid vom 9.8.1991 getroffenen Entscheidung von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist. Tatsachen, die bereits bei der Bescheiderteilung am 9.8.1991 vorlagen und schon damals eine Entschädigung über das mit Urteil des erkennenden Senats vom 29.4.1991 ausgeurteilte Maß hinaus rechtfertigten, sind nicht erwiesen. Maßgeblich für die Beurteilung ist die im Zeitpunkt der damaligen Entscheidung vorliegende Sach- und Rechtslage (Wiesner in: von Wulffen. SGB X. Kommentar. § 44 Rdnr 10 mwN). Eine unrichtige Entscheidung in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn die richtige medizinische Beurteilung erst später möglich geworden ist (Wiesner.aaO mwN). Unerheblich ist, dass die entsprechenden Regelungen im Bescheid vom 9.8.1991 sich im Wesentlichen auf die Ausführung des Senatsurteils vom 29.4.1991 beschränken. In diesen Fall ist im Rahmen von § 44 SGB X inzidenter die Richtigkeit dieser Entscheidung zu prüfen.
Nach diesen Grundsätzen sind die zum 1.1.1997 außer Kraft getretenen Vorschriften der §§ 580 Abs 1, 581 Abs 2 Nr 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) hier weiter maßgeblich, weil es um die Richtigkeit einer im Jahre 1991 getroffenen Entscheidung geht, die auf der Anwendung dieser Vorschrift beruht. Nach § 581 Abs 2 Nr 2 RVO wird, solange die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge des Arbeitsunfalls um mindestens ein Fünftel (= 20 v.H.) gemindert ist, der Teil der Vollrente als Verletztenrente gewährt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) entspricht.
Als Folgen eines Arbeitsunfalls sind alle Gesundheitsstörungen zu berücksichtigen und in die Bewertung einzubeziehen, die mit Wahrscheinlichkeit unmittelbar oder mittelbar im Sinne zumindest wesentlicher Teilursächlichkeit auf die bei dem Unfall erlittenen gesundheitlichen Schäden zurückzuführen sind (BSG, SozR 2200 § 548 RVO Nr 89 mwN), sog. haftungsausfüllende Kausalität. Wahrscheinlich ist ein solcher Zusammenhang, wenn unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Tatsachen mehr dafür als dagegen spricht (zur im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung maßgeblichen Ursachentheorie von der wesentlichen Bedingung vgl Hauck in: Weiss/Gagel(Hrsg). Handbuch des Arbeits- und Sozialrechts. Systematische Darstellung. Stand Januar 2003. § 22 A. Die Unfallrenten. Rdnrn 67ff (zum Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden insbesondere Rdnrn 71f) und Bereiter-Hahn/Mehrtens. Gesetzliche Unfallversicherung. Handkommentar. 5. Auflage. Stand Januar 2007. § 8 Nrn 8-10, jeweils mwN). Die als Unfallfolgen in Betracht kommenden Gesundheitsstörungen müssen allerdings nachgewiesen sein, d.h. mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit vorliegen.
Ein Anspruch auf Zurücknahme des Bescheids vom 9.8.1991 und Zahlung höherer Verletztenrente setzt damit voraus, dass bereits damals weitere Unfallfolgen nachweislich außer Betracht geblieben sind und/oder die MdE höher zu bemessen war. Von beidem ist der Senat nicht überzeugt; er hält vielmehr seine mit Urteil vom 29.4.1991 vorgenommene Bewertung der Unfallfolgen weiter für zutreffend und nimmt zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf den den Beteiligten im Wortlaut bekannten Inhalt dieser Entscheidung Bezug. Tatsachen, die diese Entscheidung als nachweislich unrichtig erscheinen ließen und im Nachhinein zu einer abweichenden Beurteilung Anlass böten, sind in diesem (Folge-)Rechtsstreit nicht erkennbar geworden. Soweit ein Knie und/oder ein HWS-BWS-Schaden als (weitere) Unfallfolgen geltend gemacht werden, fehlt es am (haftungsausfüllenden) Zusammenhang zwischen solchen Gesundheitsstörungen und dem Unfallereignis vom 31.8.1982 (Im Folgenden 1). Auch eine chronische Schmerzkrankheit, die der Sachverständige Dr. P nunmehr - entgegen seiner früheren Beurteilung - als weitere Unfallfolge ansieht, ist nicht zu berücksichtigen, da sie nicht mit Wahrscheinlichkeit Unfallfolge ist. Ob die eigentliche Ursache der Schmerzkrankheit in der Persönlichkeit des Klägers zu suchen ist, kann dahin stehen. Denn der Nachweis der Unrichtigkeit der früheren Entscheidung ist schon dann nicht erbracht, wenn die divergierenden Ausführungen von Dr. P und Prof. Dr. X2 gleichermaßen plausibel sind. Das ist hier aber (mindestens) der Fall (Im Folgenden 2). Es ist auch nicht erwiesen, dass die anerkannten Unfallfolgen bereits 1991 mit einer MdE von mehr als 30 vH zu bewerten waren (Im Folgenden 3).
(1) Ein Knie- und/oder (weiteres) Wirbelsäulenleiden ist nicht als Unfallfolge zu berücksichtigen. Die mit Bescheid vom 9.8.1991 explizit erfolgte Ablehnung, diese Gesundheitsschäden als Unfallfolgen anzuerkennen, hat sich nicht im Nachhinein als unrichtig erwiesen. Das vom Kläger behauptete schwere Torsionstrauma der (gesamten) Wirbelsäule und der Kniegelenke ist nicht erwiesen. Bei allen zeitnahen Untersuchungen (Dr. L; Dr. E; Dr. H; Dr. E1) fand sich kein Anhalt für eine entsprechende Erstschädigung. Auch die eigene Unfallschilderung des Klägers vom 5.4.1983 gibt dazu nichts her. Dem entsprechen die Zusammenhangsbeurteilungen fast aller Ärzte. Diese haben einen unfallunabhängigen Schaden der unteren Halswirbelsäule, der Brustwirbelsäule und der Knie festgestellt (Dr. O; Dr. H1; Prof. Dr. X2). Die Drehbeweglichkeit der Brustwirbelsäule sei unfallunabhängig eingeschränkt (Dr. T1). Der Unfallmechanismus sei (nur) in der Lage gewesen, erhebliche Weichteil- und Gelenkverletzungen an der Wirbelsäule herbeizuführen; die weiteren Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule seien nicht auf den Unfallmechanismus zurück zu führen (Dr. X1). Die rezidivierenden Brust- und Lendenwirbelsäulen- sowie Kniebeschwerden seien unfallunabhängig (Dr. C unter Hinweis auf entsprechende vor dem Unfallzeitpunkt liegende Zeiten der Arbeitsunfähigkeit). Es sei nicht möglich, untere Halswirbel- und Brustwirbelsäule in direkten Unfallzusammenhang zu bringen; die Krafteinwirkung habe sich auch nicht zu den Kniegelenken hin umwenden können (Dr. O). Prof. Dr. N, Prof. Dr. X und auch behandelnder Orthopäde Dr. C1 haben insoweit keine Unfallfolgen gefunden, behandelnder Orthopäde Dr. K hat von altersgemäßem Verschleiß berichtet, der zugenommen habe. Selbst Sachverständiger Dr. P hat - wie auch Sachverständiger Prof. Dr. X2 - keine Unfallfolgen im Bereich des (übrigen) Skelettsystems gefunden. Damit sieht der Senat die abweichenden Ausführungen des Dr. L1 sogar als widerlegt an, der hier als einziger weitere Unfallfolgen gesehen hat, ohne allerdings seine abweichende Auffassung sachgerecht und nachvollziehbar zu begründen.
(2) Eine chronische Schmerzkrankheit, wie sie von Dr. P und Prof. Dr. X2 diagnostiziert wird, ist nicht schon seit 1991 als weitere Unfallfolge zu berücksichtigen. Es fehlt an der Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen (haftungsausfüllenden) Zusammenhangs zwischen Unfallereignis und dieser Krankheit. Bereits nach den Ausführungen des Dr. P ist zweifelhaft, ob diese Erkrankung nachweislich schon zum damaligen Zeitpunkt bestand. Dr. P beschreibt eine entgleiste Schmerzsituation, die (irgendwann) in eine chronische Schmerzkrankheit eingemündet sei. Seine frühere Bewertung halte er für zu optimistisch, die tatsächliche Biografie des Klägers beweise den mit medizinisch-technischen Befunden nicht zu belegenden Korrekturbedarf. Er halte seine damalige Bewertung (1991) nach wie vor für richtig, in der speziellen Graduierung jedoch für korrekturbedürftig. Es sei von einer zunehmenden gesundheitlichen Beeinträchtigung auszugehen, eine genaue rückwirkende MdE-Bestimmung sei aber nicht möglich. Die in diesen Ausführungen zum Ausdruck kommende Unsicherheit bei der retrospektiven Korrektur der eigenen früheren Einschätzung belässt, auch wenn der Sachverständige im Ergebnis für eine solche plädiert, Zweifel daran, ob der Bescheid vom 9.8.1991 in diesem Punkt nachweislich, das heißt mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit unrichtig ist. Selbst wenn man aber unterstellte, dass bereits 1991 die chronische Schmerzkrankheit vorlag, kann nach dem Beweisergebnis nicht festgestellt werden, dass diese wahrscheinlich wesentlich auf den Unfall vom 31.8.1982 zurück zu führen ist. Auch hierzu geben bereits die Ausführungen von Dr. P Anlass zu Zweifeln. So führt Dr. P selbst aus, gesicherte einvernehmlich biologische Erklärungen für die Phänomene nach einem Schleudertrauma fehlten bis heute. Ein solcher Zusammenhang sei nicht durch medizinisch-technische Befunde zu belegen. Damit verbleiben als Argumente für die Korrektur seiner früheren Einschätzung nur noch sein "heutiges Wissen", also ein seit 1991 eingetretener medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntniszuwachs, und die "tatsächliche und aktenkundige Biografie" des Klägers. Daraus folgt aber allenfalls (empirisch), dass sich die Schmerzkrankheit (auch) als Unfallfolge erklären lässt, nicht aber, dass sie im konkreten Falle des Klägers wahrscheinlich eine solche darstellt. So hat Prof. Dr. X2 darauf hingewiesen, dass ihm chronische Krankheitsverläufe, wie sie beim Kläger gegeben seien, aus einer Vielzahl von Behandlungsfällen bekannt seien, ohne dass dafür traumatische Ereignisse anzuschuldigen seien. Dr. P hat überdies in der mündlichen Verhandlung (nur noch) behauptet, er sehe das Unfallereignis als "nicht hinweg zu denkende Bedingung für die Schmerzkrankheit" an. Die wesentlichen Bedenken des Senats an der Richtigkeit der (Hypo-) These von Dr. P beruhen aber auf dem sonstigen Beweisergebnis. Danach spricht orthopädisch viel dafür, dass die Beschwerden des Klägers als degenerative Veränderungen iS eines völlig unfallunabhängigen Geschehens, am ehesten iS pseudoradikulärer Hals- und Lendenwirbelsäulenbeschwerden, zu werten sind (Prof. Dr. X2). Nervenärztlich spricht viel dafür, dass die Schmerzkrankheit wesentlich auf der Persönlichkeitsstruktur des Klägers beruht, und das Unfallereignis (als nicht wesentliche Ursache) insoweit eine vorhandene Fehlentwicklung hervorgebracht hat; denn eine Chronifizierung von Schmerzen beruht wesentlich auf anderen Ursachen als einem (Bagatell-) Trauma (Prof. Dr. X2). Dafür spricht, dass alle früher gehörten Nervenärzte, deren Äußerungen hier urkundsbeweislich zu verwerten sind, eine solche, nicht unfallbedingte Ursache angenommen haben, nämlich eine psychoreaktive neurotische Fehlhaltung nach Bagatelltrauma oder eine allgemeine neurasthenische Befindlichkeitslage bei entsprechender Persönlichkeitsstruktur (Prof. Dr. I), eine gewisse psychische Beeinträchtigung, die psychoorganischer Art ist (Prof. Dr. U), eine unverkennbare funktionelle Überlagerung, die unbewusster Natur ist (Oberarzt N, Klinik am Burggraben Bad Salzuflen), ein abnormes Reagieren auf den gesamten Verhandlungsverlauf als Ausdruck einer auf die Persönlichkeitsstruktur zurück zu führenden fixierten, nicht therapierbaren Fehlentwicklung (Dr. M1). Auch Sachverständiger Dr. S hat gewisse psychische Auffälligkeiten diagnostiziert, die unfallunabhängig seien; eine posttraumatische Belastungsstörung dagegen verneint. Zu dieser Einschätzung passt im Übrigen sehr gut die zeitnahe Beurteilung von Prof. Dr. N, Chefarzt der Neurologischen Klinik im St. K-Hospital C, der im Frühjahr 1985 dem behandelnden Orthopäden Dr. C1 berichtete, die Situation sei nur aus der Persönlichkeit und den Umständen zu erklären; es bestehe sicher eine somatisierte Depression, neurotische Züge seien nicht zu verkennen. Wenn überhaupt, sei wahrscheinlich erst nach Ablehnung bzw. Regelung aller Rentenansprüche und Wiederaufnahme einer sinnvollen Tätigkeit mit einem Rückgang der Beschwerden zu rechnen (Arztbrief vom 1.4.1985). Vor diesem Hintergrund ist auch der Senat der Auffassung, dass alle gehörten Mediziner außer Dr. P zu einer in sich homogenen, einheitlichen Bewertung des Gesamtbildes gelangen (Prof. Dr. X2).
(3) Es ist nicht erwiesen, dass die MdE durch die Unfallfolgen 1991 höher als mit 30 vH zu bemessen war. Soweit Dr. F ab Juli 1990 eine unfallbedingte Schwindelsymptomatik mit 20 vH angenommen hat, ist dem entgegen zu halten, dass diese Schwindelsymptomatik anerkannt und bei der MdE-Bemessung berücksichtigt ist (Prof. Dr. X2). Der Kläger hatte bereits ua bei Dr. T1 über leichte Schwindelerscheinungen geklagt, Dr. X1 hatte darauf hingewiesen, dass neurophysiologische Rezeptoren im Nacken für das Gleichgewicht verantwortlich sind. Dr. C hat zu Recht festgestellt, dass "Schwindelerscheinungen" bei der MdE-Bemessung berücksichtigt sind. Der Senat vermag sich vor diesem Hintergrund nicht davon zu überzeugen, dass die Berücksichtigung der Schwindelsymptomatik bereits 1991 zu einer höheren MdE als 30 v.H. hätte führen müssen, zumal behandelnder Arzt Dr. T1 insoweit eine gravierende Symptomatik erst seit 2002 feststellen konnte. Sonstige Tatsachen, die die MdE-Bemessung für die anerkannten Unfallfolgen, zu denen auch Beschwerden und Schmerzen zählen, als unrichtig erscheinen ließen, sind weder behauptet noch ersichtlich. Insbesondere kommt die von Dr. P vorgeschlagene Bemessung der MdE mit 100 vH schon aus den zu (2) genannten Gründen nicht in Betracht, da weitere unfallbedingte Funktionsstörungen nicht erwiesen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG und - soweit dem Kläger Gerichtskosten auferlegt werden - auf § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG in der seit dem 02. 01. 2002 geltenden Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes - 6. SGG-ÄndG - vom 17.8.2001 (BGBl. I, 2144, 2151). Dem Kläger sind Gerichtskosten aufzuerlegen, weil er den Rechtsstreit fortgeführt hat, obwohl ihm der Vorsitzende im Termin zur mündlichen Verhandlung die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt und ihn auf die Möglichkeit der Auferlegung von Kosten bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen hat. Wer ein Verfahren, dessen Aussichtslosigkeit ihm im Einzelnen dargelegt worden ist, ohne nachvollziehbare Begründung fortführt, nimmt das Gericht missbräuchlich iS von § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG in Anspruch. Der Senat hat die Höhe der zu erstattenden Kosten nach dem gesetzlichen Mindestbetrag bemessen, §§ 192 Abs 1 Satz 3, 184 Abs 2 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 Abs 2 SGG. Die Entscheidung beruht maßgeblich auf der Würdigung von Tatsachen des konkreten Einzelfalls.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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