L 2 KN 223/06 KR

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 7 KN 200/06 KR
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 KN 223/06 KR
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 27.10.2006 geändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 6.3.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.6.2006 verurteilt, an den Kläger weitere EUR 944,00 zuzüglich 4 % Zinsen ab dem 01.4.1999 zu zahlen. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten aus beiden Rechtszügen in Höhe von ¾ zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe des Krankengeldspitzbetrags.

Der 1940 geborene, bei der Beklagten gegen Krankheit versicherte Kläger war zuletzt bei der Firma U GmbH als technischer Angestellter unter Tage beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete zum 30.9.1995.

Die frühere Bundesknappschaft (Rechtsnachfolgerin seit 1.10.2005: Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See) gewährte ihm rückwirkend ab dem 1.7.1994 Rente wegen Berufsunfähigkeit (Bescheide vom 12. und 22.2.1996). Die "monatliche Rente" betrug ab dem 1.10.1994 DM 3.934,88 (ab dem 1.7.1995 DM 3.954,56), der "monatliche Zahlbetrag" betrug nach Abzug des Beitragsanteils zur gesetzlichen Krankenversicherung - GKV - (ab 1.10.1994 DM 263,63; ab 1.7.1995 DM 261) und zur gesetzlichen Pflegeversicherung - GPV - (ab 1.1.1995 DM 19,67 und ab 1.7.1995 DM 19,77) ab 1.10.1994 DM 3.671,25, ab 1.1.1995 DM 3.651,58 und ab 1.7.1995 DM 3.673,79. Mit Bescheid vom 12.08.2003 erfolgte rückwirkend eine Neuberechnung der Rente unter Anrechnung mehrerer Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Nunmehr betrug der "monatliche Zahlbetrag" ab 1.10.1994 DM 3.056,96 (DM 3.934,88, nach Anrechnung von Verletztenrente DM 3.276, 48, abzgl. Beitragsanteil zur GKV DM 219,52) ab 1.1.1995 DM 3.040,58 (wie zuvor abzgl. Beitragsanteil zur GPV DM 16,38) und ab 1.7.95 DM 3.054,84 (DM 3.954, 56, nach Anrechnung von Verletztenrente DM 3.288,31, abzgl. Beitraganteile zur GKV DM 217, 03 und zur GPV DM 16,44).

Unter Vorlage einer ärztlichen "Erstbescheinigung" von Arbeitsunfähigkeit beantragte der Kläger am 30.12.1994 die Zahlung von Krankengeld. Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 14.03.1995; Widerspruchsbescheid vom 19.09.1995; zusprechendes Urteil SG Gelsenkirchen vom 16.08.1996; klageabweisendes Berufungsurteil des Senats vom 16.7.1998, Aktenzeichen (Az) L 2 KN 117/96 KR: Vom 10.4.1994 bis 30.9.1995 habe zwar durchgehend Arbeitsunfähigkeit bestanden. Krankengeld stehe gleichwohl nicht zu, weil die Rente wegen Berufsunfähigkeit den zustehenden Krankengeldanspruch durchgehend überstiegen habe; Beschluss der Bundessozialgerichts (BSG) vom 18.3.1999, Az B 8 KN 4/98 KR B; erfolglose Wiederaufnahmeklage, Urteil des Senats vom 27.03.2003, Az L 2 KN 175/02 KR; BSG Beschluss vom 28.7.2003, Az B 8 KN 2/03 KR B). In einem weiteren Rechtsstreit um Krankengeld (Az L 2 KN 190/00 KR) erklärte sich die Beklagte bereit, nach Abschluss eines anhängigen Berufungsverfahrens (LSG NRW, Az L 18 KN 57/01) erneut zu prüfen und zu entscheiden, ob der Kläger für den Zeitraum vom 31.12.1994 - 30.9.1995 Anspruch auf Zahlung von Krankengeld habe.

Nach Abschluss des Berufungsverfahrens beantragte der Kläger (erneut) Krankengeld für den streitigen Zeitraum. Die Beklagte teilte ihm mit, dass er dem Grunde nach einen Anspruch auf Krankengeld habe, und es entgegen der Entscheidung im Vorprozess auch zur Auszahlung eines Krankgeldspitzbetrages komme, da das anzusetzende Krankengeld höher gewesen sei als die anzusetzende Berufsunfähigkeitsrente (Schreiben vom 19.1.2006). Später bewilligte sie Krankengeld in Höhe von EUR 2.469,74 (Bescheid vom 6.3.2006) und zahlte diesen Betrag aus. Der Berechnung legte sie den zuletzt erzielten Nettolohn zugrunde (ab 31.12.1994 kalendertäglich DM 128,11 = EUR 65,50 und ab 1.6.1995 kalendertäglich DM 132,02 = EUR 67,50) und kürzte das Krankengeld um die nach Anrechnung der Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung verbleibende Bruttorente (ab 31.12.1994 DM 3.276,48 = täglich DM 109,22 = EUR 55,84 und ab 1.7.1995 DM 3.288,31 = täglich DM 109,61 = EUR 56,04). Es ergab sich zugunsten des Klägers eine tägliche Differenz von EUR 9,66 (31.12.1994 bis 31.05.1995), EUR 11,66 (Juni 1995) bzw. EUR 11,46 (1.7. bis 30.9.1995). Daraus errechnete die Beklagte den Betrag von EUR 2.469,74. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dem Krankengeldanspruch sei nur die tatsächlich gezahlte Rente in Höhe von monatlich DM 3.040,48 gegenüber zu stellen. Die sich für 275 Tage ergebende Differenz betrage EUR 3.763,26. Dieser Betrag sei anstelle der errechneten EUR 2.469,74 zu zahlen und mit 4 % zu verzinsen. Die Beklagte verzinste den Betrag von EUR 2.469,74 ab 1.4.1999 mit 4% und wies den Widerspruch im Übrigen zurück (Widerspruchsbescheid vom 12.6.2006).

Mit seiner Klage zum Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen hat der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter verfolgt und beantragt,

die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 06.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2006 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 31.12.1994 bis zum 30.09.1995 Krankengeld in Höhe von EUR 3.763,26 statt EUR 2.469,74 nebst Zinsen zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihre Entscheidung für zutreffend gehalten.

Das SG hat die Klage abgewiesen: Die Beklagte habe die Leistungen zutreffend berechnet, sie sei nicht vom Nettokrankengeld ausgegangen. Im Übrigen habe das BSG bereits entschieden (mit Urteil vom 22.05.2003, Az B 12 KR 13/02 R), dass bei Renten "der Zahlbetrag, also der Bruttobetrag" berücksichtigt werde (Urteil vom 27.10.2006).

Mit seiner Berufung hat der Kläger zunächst Zahlung von EUR 1.293,53 zuzüglich Zinsen begehrt, in der mündlichen Verhandlung aber nur noch beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 27.10.2006 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 06.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2006 zu verurteilen, an ihn für den Zeitraum vom 31.12.1994 bis zum 30.09.1995 einen weiteren Krankengeldspitzbetrag in Höhe von insgesamt EUR 944,00 zuzüglich 4 % Zinsen ab dem 01.04.1999 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurück zu weisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet. Der angefochtene Bescheid vom 6.3.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.6.2006 (§ 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist rechtswidrig und beschwert den Kläger (§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG), soweit die Beklagte die Höhe des Krankengeldanspruchs nur mit EUR 2.469,74 feststellt und damit (konkludent) einen weitergehenden Zahlungsanspruch verneint. Entgegen der Auffassung des SG hat der Kläger Anspruch auf Zahlung eines weiteren Krankengeldspitzbetrages von EUR 944. Nur noch über einen Zahlungsanspruch in dieser Höhe hat der Senat zu entscheiden, da der Kläger seinen Sachantrag in zweiter Instanz entsprechend eingeschränkt und dadurch seine ursprünglich weiter reichende Klage im Übrigen (konkludent) zurückgenommen hat (§ 102 SGG).

Der Kläger hat für den streitigen Zeitraum dem Grunde nach einen Anspruch auf Krankengeld, §§ 44 Abs 1 S 1, 47 Abs 1 und 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Zu Recht gehen die Beteiligten auf der Grundlage der Feststellungen des Senats im Vorprozess (Az L 2 KN 117/96 KR) davon aus, dass ein solcher Anspruch wegen der beim Kläger ab dem 10.4.1994 durchgehend bestehenden Arbeitsunfähigkeit dem Grunde nach besteht (den Beteiligten im Wortlaut bekanntes Urteil des Senats vom 16.7.1998) und sich bei zutreffender Berechnung auch ein zu zahlender Betrag ergibt. Das hat die Beklagte zudem mit Bescheid vom 19.1.2006 bindend festgestellt. Auch wenn dieses Schreiben äußerlich nicht als "Bescheid" bezeichnet ist, handelt es sich nach den darin getroffenen Feststellungen doch um einen Verwaltungsakt, § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Denn aus Sicht eines verständigen Adressaten regelt die Beklagte darin verbindlich, dass für den streitigen Zeitraum ein Krankengeldanspruch () 0 EUR) bestehe und (nur noch), wie es dort ausdrücklich heißt, die exakten Werte und Einzelheiten "in einem gesonderten Bescheid" mitgeteilt werden. Entsprechend ist sie mit Bescheid vom 6.3.2006 verfahren.

Wie bereits im og Vorprozess ausgeführt und von den Beteiligten hier auch einvernehmlich zugrunde gelegt, besteht für die Zeit vom 31.12.1994 bis zum 31.5.1995 grundsätzlich ein Krankengeldanspruch (wie von der Beklagten errechnet), in Höhe von täglich DM 128,11 = EUR 65,50 ab 31.12.1994 und DM 132,02 = EUR 67,50 ab dem 1.6.1995. Daraus ergibt sich unter Beachtung von § 47 Abs 1 S 7 SGB V ein monatlicher Betrag von DM 3.843,51 ab Dezember 1994 und von DM 3.960,60 ab Juni 1995. Entgegen der Bewertung des Klägers handelt es sich dabei um das "Bruttokrankengeld", also den Krankengeldbetrag ohne Verminderung um Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Der Begriff "netto" ist nur insoweit von Belang, als die Beklagte unter Berücksichtigung von § 47 Abs 1 S 1 und 2 SGB V zu Recht den - hier geringeren - Betrag des (früheren) täglichen Nettolohns zugrunde gelegt hat.

Zu Recht gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die Beklagte nach der rückwirkenden Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit (auch) für den streitigen Zeitraum diesem Anspruch beziehungsweise seinem monatlichen Zahlbetrag - teilweise - die rechtshindernde Einwendung aus § 50 Abs 2 Nr 2 SGB V entgegenhalten kann (vgl im Einzelnen zur Anwendung bei nachträglicher Bewilligung: KassKomm-Höfler. § 50 SGB V, Rdnrn 4a und 11 mwN; Hauck/Haines-Noftz. Kommentar zum SGB V. Stand Mai 2007. § 50 Rdnr 68 mwN). Nach dieser Vorschrift wird das Krankengeld um den Zahlbetrag der Rente wegen Berufsunfähigkeit gekürzt, wenn - wie hier (Arbeitsunfähigkeit ab 10.4.1994, Rentenbeginn 1.7.1994) - die Leistung von einem Zeitpunkt nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit an zuerkannt wird. Demzufolge streiten die Beteiligten zu Recht nur noch darum, in welcher Höhe diese rechtshindernde Einwendung erhoben werden darf, in welcher Höhe also noch ein Restzahlungsanspruch auf Krankengeld (sog Krankengeldspitzbetrag) besteht. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG handelt es sich beim Zahlbetrag der Rente iS von § 50 Abs 2 Nr 2 SGB V um den tatsächlich nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge ausgezahlten Nettobetrag (so im Ergebnis auch: LSG Schleswig-Holstein(SH), Urteil vom 19.10.2005, Az L 5 KR 88/04; LSG NRW, Urteil vom 16.9.1999, Az L 16 KR 41/98 mit weiteren Nachweisen; Krauskopf-Vay. Kommentar zur Krankenversicherung. Stand März 2007. § 50 SGB V, Rdnr 30). Dies ergibt eine Auslegung der Vorschrift nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik und Sinn und Zweck der Regelung.

Nach dem Wortlaut des § 50 Abs 2 Nr 2 SGB V ist das Krankengeld um den "Zahlbetrag" der entsprechenden Rente zu kürzen. Der Wortsinn dieses Begriffs bedeutet isoliert betrachtet, dass lediglich die dem Versicherten tatsächlich zufließende Leistung bei der Kürzung zu berücksichtigen ist (so auch: Krauskopf-Vay, aaO. § 50 SGB V Rdnr 29; Hauck/Haines-Noftz. aaO. § 50 Rdnr 74; im Ergebnis ebenso Kummer in Schulin. Handbuch des Sozialversicherungsrechts. § 23 Rdnr 188), mithin den Betrag, der (tatsächlich) ausgezahlt wird. Mit diesem Wortsinn hat die Bundesknappschaft selbst den Begriff in den Bescheiden vom 12. und 22.2.1996 sowie 12.8.2003 verwandt.

Das dem Wortsinn entsprechende Verständnis dieses Begriffs entspricht auch der Entstehungsgeschichte der Regelung in § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V. Schon die vor Inkrafttreten des SGB V maßgebliche Bestimmung des § 183 Abs 5 der Reichsversicherungsordnung (RVO) enthielt die Regelung, dass das Krankengeld, wenn dem Versicherten während des Bezuges Rente wegen Berufsunfähigkeit zugebilligt wurde, um den Betrag der für den gleichen Zeitraum gewährten Rente gekürzt wird. Unter dem Begriff "gewährter Rente" wurde auch schon früher die effektiv gezahlte Rente verstanden (vgl Peters. Handbuch der Krankenversicherung. 18. Aufl. Stand Februar 1988. § 183 Ziffer 9 S 17/368). Durch die zum 01.01.1989 in Kraft getretene Regelung des § 50 Abs 2 SGB V sollte insoweit keine Änderung erfolgen (BT-Drucksache 11/2237, S 181f). Da vor diesem Hintergrund in die Neuregelung der Begriff "Zahlbetrag" aufgenommen worden ist, kann dies nur bedeuten, dass die Kürzung lediglich den effektiv an den Versicherten ausgezahlten Rentenbetrag erfasst und diesem damit ein ungeschmälerter Betrag in Höhe der bisher bezogenen Lohnersatzleistung(en) erhalten bleiben soll (so auch Marschner. GK-SGB V. Stand Dezember 2001. § 50 SGB V Rdnr 39).

Die systematische Betrachtung spricht gleichermaßen für die Berücksichtigung (nur) des (Netto-) Zahlbetrags. Dies zeigt § 224 SGB V, der die Beitragsfreiheit von Krankengeld bestimmt. Kürzte man das Krankengeld auch um den bereits aus der Rente entrichteten Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung, bedeutete dies gleichzeitig, dass entgegen § 224 SGB V (auch) vom Krankengeld ein Krankenversicherungsbeitrag abgezogen würde (so auch: LSG SH. aaO; Krauskopf-Vay. aaO).

Schließlich sprechen Sinn und Zweck der Bestimmung des § 50 Abs 2 Nr 2 SGB V ebenfalls für dieses Ergebnis. Durch die vorgesehene Kürzung soll die Gewährung von Doppelleistungen vermieden werden (vgl Krauskopf-Vay. aaO. § 50 SGB V Rdnr 4; so auch schon zur Vorgängervorschrift BSG SozR § 183 RVO Nr 67; SozR 2200 § 183 Nr 40 S 110). Die Anrechnung der Bruttorente hätte aber nicht nur die Vermeidung des Bezugs von Doppelleistungen mit Lohnersatzcharakter zur Folge, sondern ginge darüber hinaus, weil sie eine Verringerung des dem Versicherten ohne die Kürzung zustehenden Zahlbetrags bewirkte. Anhaltspunkte dafür, dass eine so weitgehende Regelung beabsichtigt gewesen sein könnte, finden sich nirgends.

Dagegen kann die Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, das Gesetz verwende den Begriff "Zahlbetrag" mit der von ihr und vom SG für zutreffend erachteten Bedeutung auch bei der Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen (vgl zB §§ 226, 237 SGB V) oder bei der Ermittlung des Gesamteinkommens iS des § 10 Abs 1 Nr 5 SGB V (Zugang zur Familienversicherung). In §§ 226, 237 SGB V ist Zahlbetrag der nach Anwendung etwa einschlägiger Versagungs-, Kürzungs- oder Ruhensvorschriften (zB §§ 93ff Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)) tatsächlich ausgezahlte Betrag ohne Zuschüsse (Krauskopf. aaO. § 226 Rdnr 7). Das ist nach Sinn und Zweck der Regelung notwendig ein Betrag vor Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen. In § 50 Abs 2 Nr 2 SGB V hat der Begriff (auch) den Zweck, einen Betrag nach Anwendung etwa einschlägiger Versagungs-, Kürzungs- oder Ruhensvorschriften zu ermitteln, wie die Beklagte durch die zutreffende Außerachtlassung des Anrechnungsbetrags nach § 93 SGB VI dokumentiert hat, der Normzweck reicht jedoch nach dem oben Gesagten hier darüber hinaus.

Wie der Begriff "Zahlbetrag" beim Zugang zur sog Familienversicherung (§ 10 Abs 1 Nr 5 SGB V) zu verstehen ist, kann offen bleiben. Jedenfalls gibt das obiter dictum des BSG, "der Zahlbetrag, also der Bruttobetrag" (BSGE 91, 83ff = SozR 4-2500 § 10 Nr 2) nichts her für die Auslegung des § 50 Abs 2 Nr 2 SGB V des SG und der Beklagten. Denn für die Frage des (beitragsfreien!) Zugangs zur Familienversicherung kann die Frage der Berücksichtigung von Beiträgen zur GKV und GPV keine Bedeutung haben (vgl § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB V). Deshalb entspricht dort der Zahlbetrag zwangsläufig dem Bruttobetrag. Nichts Anderes besagt die o.g. Formulierung des BSG.

Schließlich gebietet Art 3 Abs 1 Grundgesetz keine dem Standpunkt der Beklagten entsprechende verfassungskonforme Auslegung von § 50 Abs 2 Nr 2 SGB V. Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung um die Bruttorente ist in Anwendung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes weder sachlich geboten, noch bedeutet die Nichtberücksichtigung der Sozialversicherungbeiträge eine willkürliche Schlechterstellung der sonstigen Bezieher von Rente wegen Berufsunfähigkeit. Im Gegenteil darf der Versicherte darauf vertrauen, dass der Zahlbetrag für die Anspruchsdauer des Krankengelds auch im Falle einer später gewährten weiteren Lohnersatzleistung in der Summe (mindestens) gleich bleibt. Andernfalls hätte es der Versicherte in der Hand, die Höhe des Krankengeldanspruchs dadurch zu beeinflussen, dass er Rentenzahlung erst für einen Zeitpunkt nach Erschöpfung des Krankengeldanspruchs beantragte (vgl im Einzelnen: LSG NRW aaO mwN).

In der Höhe ergibt sich als Restforderung die im Antrag bezeichnete Klageforderung von EUR 944. Dem liegt folgende Berechnung zugrunde:

1.
31.12.1994 = 1 Tag:
DM 128,11 - (DM 3.040,58: 30 = DM 101,35) = DM 26,76.

2.
1.1.1995 - 31.5.1995 = 5 Monate:
DM 3.843,51 - 3.040,58 = DM 802,93 x 5 = DM 4.014,65

3.
Monat Juni 1995:
3.960,60 - DM 3.040,58 = DM 920,02

4.
1.7. - 30.9.1995 = 3 Monate:
DM 3960,60 - DM 3.054,84 = DM 905,76 x 3 = DM 2.717,28.

Das ergibt in der Addition DM 26,76 + DM 4.014,65 + DM 920,02 + DM 2.717,28 = DM 7.678,71 = EUR 3.926,06 abzüglich der Beitragsanteile zur Arbeitslosen-, gesetzlichen Renten- und (ab 1.1.1995) gesetzlichen Pflegeversicherung (vgl dazu die zutreffenden Sätze im Bescheid der Beklagten vom 6.3.2006) in Höhe von zusammen EUR 512, 32 (DM 26,76 x 12,85% = DM 3,44 + DM 7.651, 95 x 13,05% = DM 998,58 = DM 1.002,02 = EUR 512, 32) = EUR 3.413, 74 abzüglich bereits gezahlter EUR 2.469,74 ergibt den restlichen Zahlbetrag von EUR 944.

Der Zinsanspruch folgt, wie die Beklagte bereits in ihrem Widerspruchsbescheid vom 12.6.2006 zutreffend ausführt, aus § 44 Abs 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 Abs 1 Satz 1 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 Abs 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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