Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 35 (32) AY 6/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 AY 5/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 07.02.2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob den Klägerinnen Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für die Zeit vor Vollendung des dritten Lebensjahres zustehen.
Die Mutter der Klägerinnen reiste im Jahre 2001 zusammen mit ihrem Lebensgefährten T T aus Aserbaidschan in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 29.11.2001 beantragte die Mutter Asyl. Seit dem 19.12.2001 bezog sie Leistungen nach § 3 AsylbLG. Die Klägerin zu 1 kam am 15.12.2002 und die Klägerin zu 2 am 05.01.2004 zur Welt; Vater der Kinder ist der Lebensgefährte der Mutter. Nach Ablauf eines Leistungsbezugs von drei Jahren erhielt die Mutter der Klägerinnen bei noch nicht abgeschlossenem Asylverfahren zunächst höhere Leistungen gemäß § 2 AsylbLG. Die Klägerin zu 1 erhielt ab dem 03.01.2003 Leistungen nach § 3 AsylbLG, die Klägerin zu 2 ab dem 13.01.2004. Am 24.08.2005 teilte das Ausländeramt der Beklagten mit, das Asylverfahren sei rechtskräftig abgeschlossen, und es bestehe eine vollziehbare Ausreisepflicht der Mutter.
Mit Bescheid vom 12.10.2005 berechnete die Beklagte die Leistungen nach dem AsylbLG neu; monatlich werde ein Betrag von 531,88 EUR gezahlt. Aus dem Berechnungsbogen des Bescheides ergibt sich, dass den Klägerinnen, jedoch nunmehr auch wieder ihrer Mutter, Leistungen nach § 3 AsylbLG gewährt wurden; dabei ergab sich für die Klägerinnen jeweils eine Grundleistung von 112,48 EUR abzgl. einer Kürzung für Haushaltsstrom von 2,56 EUR sowie ein Barbetrag von 20,45 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.
Die Klägerinnen und ihre Mutter legten Widerspruch ein mit der Begründung, ihnen stünden höhere Leistungen nach § 2 AsylbLG zu.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2006 gewährte die Beklagte der Mutter der Klägerinnen weiterhin Leistungen nach § 2 AsylbLG; da über den Asylantrag des Vaters der Klägerinnen noch nicht abschließend entschieden sei, sei nicht von einer rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung der Aufenthaltsdauer durch die Mutter auszugehen. Dem Widerspruch für die Klägerin zu 1 wurde für die Zeit ab dem 03.01.2006 stattgegeben; für die davor liegende Zeit wurde er als unbegründet zurückgewiesen. Die Klägerin zu 1 sei im Besitz einer Duldung nach § 60a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und damit nach § 1 Abs. 1 Ziff. 4 AsylbLG leistungsberechtigt nach § 3 AsylbLG. Ein höherer Anspruch nach § 2 AsylbLG für den Zeitraum 01.10.2005 bis 02.01.2006 bestehe jedoch nicht, da (bei Leistungsbezug seit dem 03.01.2003) in dieser Zeit noch keine Leistungen nach § 3 AsylbLG für die Dauer von 36 Monaten bezogen worden seien. Der Widerspruch für die Klägerin zu 2 wurde vollständig zurückgewiesen. Für sie kämen (bei Leistungsbezug seit dem 13.01.2004) frühestens ab dem 13.01.2007 höhere Leistungen nach § 2 AsylbLG in Frage.
Hiergegen haben die Klägerinnen am 20.02.2007 Klage erhoben und vorgetragen, die Handhabung des § 2 AsylbLG durch die Beklagte würde bedeuten, dass Kinder unter drei Jahren niemals Anspruch auf höhere Leistungen nach dieser Vorschrift haben könnten. Dass der Gesetzgeber dies gewollt habe, sei nicht ersichtlich. In der Gesetzesbegründung zur ersten Novelle des AsylbLG (BT-Drs. 13/2746 vom 24.10.1995, S. 16) sei vielmehr ausgeführt, mit § 2 Abs. 3 AsylbLG solle erreicht werden, dass innerhalb einer Familie minderjährigen Kindern keine anderen Leistungen gewährt würden als ihren Eltern, mit denen sie in Haushaltsgemeinschaft lebten; eine unterschiedliche Behandlung mehrerer Familienmitglieder sei nicht gerechtfertigt, weil die minderjährigen Kinder zusammen mit den Eltern Schutz in Deutschland suchten und ihrem Aufenthalt die gleiche Motivation zugrundeliege wie dem der Eltern, selbst wenn sie einen anderen aufenthaltsrechtlichen Status haben sollten. Anhaltspunkte für die Beabsichtigung verschärfter Bedingungen für Kinder unter drei Jahren seien nicht erkennbar. Die missglückte Fassung des § 2 Abs. 3 AsylbLG erkläre sich daraus, dass ursprünglich nur geduldete Ausländer und ihre Familienangehörigen höhere Leistungen nach § 2 AsylbLG hätten erhalten sollen, während in der Gesetz gewordenen Fassung auch Asylbewerber zu diesen Leistungen berechtigt seien. Im Übrigen sei für Kleinkinder bis zu drei Jahren eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer regelmäßig auszuschließen. Ein erhöhter Ausreisedruck, um Asylmissbrauch und Schlepperunwesen zu bekämpfen und andere Ausländer abzuschrecken, in die Bundesrepublik einzureisen, könne sich bei ihnen nicht realisieren. Zu freiwilliger Ausreise sollten eher die Eltern motiviert werden. Nach der durch das Zuwanderungsgesetz geänderten Fassung des § 1 Abs. 1 AsylbLG fielen nunmehr selbst solche Ausländer in den Anwendungsbereich des AsylbLG, für die eine freiwillige Ausreise ohnehin unmöglich oder unzumutbar sei (§§ 24, 25 Abs. 4 oder Abs. 5 AufenthG). Es sei rechtswidrig und verfassungsrechtlich bedenklich, wenn alle Kinder bis zu drei Jahren auch in diesen Fällen stets die erheblich geringeren Grundleistungen des § 3 AsylbLG (132,94 EUR anstatt 207,00 EUR bei Vorrang von Sachleistungen und Ausschluss der Krankenversicherung nach § 264 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)) erhielten. Die Lesart der Beklagten lasse § 2 Abs. 1 und Abs. 3 AsylbLG auch keinen praktischen Anwendungsbereich; es kämen nur noch Fälle in Betracht, in denen bis zu dreijährige Kinder länger als ihre Eltern in Deutschland lebten, so dass nur die Kinder - nicht aber die Eltern - die Voraussetzungen des § 2 AsylbLG erfüllten. Es sei wegen Art. 6 Grundgesetz (GG) auch auszuschließen, dass nur für ein Kleinkind, nicht aber für seine Eltern ein Ausreise- oder Abschiebungshindernis bestehe; die Eltern würden dann zumindest geduldet. Ein Ausschluss der Klägerinnen von höheren Leistungen allein wegen ihres Alters aber stelle einen Verstoß gegen Art. 3 GG sowie gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des Art. 20 GG dar, ferner gegen die UN-Kinderrechtskonvention. § 2 Abs. 3 AsylbLG sei deshalb verfassungskonform dahin auszulegen, dass immer dann, wenn mindestens ein Elternteil Leistungen nach dieser Vorschrift beziehe, auch das in der Haushaltsgemeinschaft lebende minderjährige Kind diese Leistungen erhalte. Im Übrigen bestehe bei solchen Kindern, deren Eltern Leistungen nach § 2 AsylbLG bezögen, ein vergleichbarer Integrationsbedarf; ein Grund für die abgesenkten Leistungen der §§ 3 - 7 AsylbLG sei bei ihnen nicht zu erkennen.
Die Klägerinnen haben beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.10.2005 in Form des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2006 zu verpflichten, der Klägerin zu 1 vom 01.10.2005 bis 02.01.2006 und der Klägerin zu 2 vom 01.10.2005 bis 04.01.2007 Leistungen gemäß § 2 AsylbLG zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihren Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Ein allgemeiner Anspruch aller Familienangehörigen auf eine familieneinheitliche Leistungsgewährung bestehe nicht (BVerwG vom 28.09.2001 - 5 B 94/00). Vielmehr habe im Sozialhilferecht und auch im Asylbewerberleistungsrecht jede Person einen individuellen Anspruch und müsse dementsprechend für sich selbst alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Dies gelte auch für die 36monatige Vorbezugsfrist des § 2 AsylbLG, welche die Klägerinnen im streitigen Zeitraum noch nicht erfüllt gehabt hätten.
Mit Urteil vom 07.02.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerinnen hätten in den jeweils streitigen Zeiträumen noch keine 36 Monate Leistungen nach § 3 AsylbLG bezogen gehabt. Dieses in § 2 Abs. 1 AsylbLG vorgesehene Erfordernis gelte auch für Kinder, die noch keine 36 Monate alt seien, deren Eltern aber einen entsprechenden Vorbezug aufwiesen. Auch § 2 Abs. 3 AsylbLG regele nichts anderes. Die Vorschrift schränke nach ihrem Wortlaut den Anspruch nach Abs. 1 ein, begründe also eine weitere - einschränkende - Leistungsvoraussetzung; das minderjährige Kind müsse sowohl die Voraussetzungen des Abs. 1 als auch des Abs. 3 des § 2 AsylbLG erfüllen. Aus den Motiven des Gesetzgebers folge nichts anderes. Die (von den Klägerinnen herangezogene) amtliche Begründung erläutere nur den Fall, dass ein minderjähriges Kind leistungsrechtlich besser gestellt werden könne als seine im selben Haushalt lebenden Eltern. Denn in der Ausgangsfassung des § 2 Abs. 1 AsylbLG sei nur für den geduldeten leistungsberechtigten Ausländer eine Frist vorgesehen gewesen, nach deren Ablauf höhere Leistungen zu gewähren gewesen wären. § 2 Abs. 3 AsylbLG solle also die Leistungen für die gesamten Familienangehörigen lediglich auf das regelmäßige Niveau des AsylbLG absenken, nicht jedoch zu einer an einem Familienmitglied ausgerichteten Besserstellung aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft führen. Ein allgemeiner Anspruch auf familieneinheitliche Leistungsgewährung bestehe nicht. Dies verstoße auch nicht gegen Art. 3 GG. § 2 Abs. 1 AsylbLG werde in gleicher Weise auf Kinder bis zu drei Jahren und auf ältere Kinder angewandt. Denn jeder Leistungsberechtigte erhalte unabhängig von seinem Alter erhöhte Leistungen frühestens nach 36 Monaten des Vorbezugs. Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bzw. die UN-Kinderrechtskonvention sei nicht ersichtlich, da die Leistungen nach § 3 AsylbLG grundsätzlich ausreichten, eine Existenzsicherung für Asylbewerber zu gewährleisten.
Gegen das am 14.02.2007 zugestellte Urteil haben die Klägerinnen am 14.03.2007 Berufung eingelegt. Sie tragen ergänzend vor, es gehe nicht um einen allgemeinen Anspruch auf familieneinheitliche Leistungen, sondern nur um ihre leistungsrechtliche Besserstellung. Nach der Gesetzesbegründung sollten minderjährige Kinder keine anderen Leistungen erhalten als ihre mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebenden Eltern. Dies heiße zwar, dass diese Kinder gegenüber den Eltern nicht privilegiert werden dürften, nicht jedoch, dass im vorliegenden Fall keine Besserstellung entsprechend den Leistungen für die Eltern erfolgen dürften. Es bestehe durchaus eine Ungleichbehandlung von Kindern unter drei Jahren mit älteren Kindern; allein aufgrund des Alters erhielten diese Kleinkinder keine höheren Leistungen. Dies habe der Gesetzgeber nicht erkannt; es entspreche auch nicht seinen Zielen. Denn für diese Kinder sei eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung ihrer Aufenthaltsdauer regelmäßig auszuschließen. Die unterhalb der Sozialhilfe liegenden Normalleistungen nach dem AsylbLG seien mit einem fehlenden Integrationsbedarf bei nur vorübergehendem Aufenthalt begründet worden; der Gesetzgeber könne damit keinesfalls beabsichtigt haben, sämtliche Kinder bis zu drei Jahren von den Leistungen nach § 2 AsylbLG auszuschließen. § 2 Abs. 3 AsylbLG sei verfassungkonform auszulegen. Der Gesetzgeber habe es unterlassen, die Regelungen des AsylbLG zu überprüfen und anzupassen. Seit Inkrafttreten des Gesetzes im Jahre 1993 seien die Leistungsbeträge trotz seither erheblicher Inflation nicht nach § 3 Abs. 3 AsylbLG neu festgesetzt worden. So enthalte das Gesetz bezeichnenderweise noch immer in DM benannte Beträge. Die eingeschränkten Leistungen an Kleinkinder bis zu drei Jahren verstießen damit im Übrigen gegen die UN-Kinderrechtskonvention, die das Recht jedes Kindes auf einen seiner körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen und sozialen Entwicklung angemessenen Lebensstandard regele.
Die Klägerinnen beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Duisburg vom 07.02.2007 und unter Änderung des Bescheides vom 12.10.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2006 zu verurteilen, der Klägerin zu 1 auch für die Zeit vom 01.10.2005 bis zum 02.01.2006 und der Klägerin zu 2 für die Zeit vom 01.10.2005 bis einschließlich Februar 2006 Leistungen gemäß § 2 AsylbLG anstelle der gewährten Leistungen nach § 3 AsylbLG zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag und das erstinstanzliche Urteil.
In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten den streitigen Zeitraum übereinstimmend auf die Zeit bis Ende Februar 2006 beschränkt und sich hinsichtlich etwa weitergehender Leistungen (für die Klägerin zu 2) darauf verständigt, diese unter Berücksichtigung des rechtskräftigen Ausgangs des vorliegenden Verfahrens zu regeln.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig.
Das auch im Berufungsverfahren ursprünglich auf höhere Leistungen für den Zeitraum vom 01.10.2005 bis 04.01.2007 gerichtete Begehren der Klägerin zu 1 war bereits nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht von der Berufung ausgeschlossen, ohne dass es darauf ankäme, ob der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG erreicht wurde. Die Berufung ist von vornherein auch nicht etwa dadurch unzulässig geworden, dass die Klägerin zu 2 in der mündlichen Verhandlung ihr Begehren auf nurmehr höhere Leistungen für die Zeitraum vom 01.10.2005 bis 28.02.2006 beschränkt hat. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Statthaftigkeit der Berufung ist der Zeitpunkt ihrer Einlegung; das spätere Abkürzen des streitigen Zeitraumes unter die Jahresgrenze des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG (bei gleichzeitigem Unterschreiten des Beschwerdewertes des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) ist unbeachtlich (vgl. Meyer-Ladewig, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 144 Rn. 19). Dass die Klägerin zu 1 von vornherein nur höhere Leistungen für den unterjährigen Zeitraum vom 01.10.2005 bis 02.01.2006 begehrt hat und damit den Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht erreicht haben dürfte, ist wegen Streitgenossenschaft der Klägerinnen (§ 202 SGG i.V.m. §§ 59 f. Zivilprozessordnung (ZPO)) unerheblich. Denn bei Streitgenossen sind hinsichtlich des Beschwerdewertes des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG nach § 202 SGG i.V.m. § 5, 1. HS ZPO die Begehren beider Klägerinnen zusammenzurechnen; die Berufung der Klägerin zu 2 war darüber hinaus bereits unabhängig vom Beschwerdewert in Ansehung des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG von Anfang an zulässig. Im Übrigen lag bei der Klägerin zu 2 der ursprüngliche Beschwerdewert (schon ohne Zusammenrechnung mit demjenigen der Klägerin zu 1) über 500,00 EUR. Denn die Klägerinnen beziffern die von ihnen monatlich jeweils begehrten Mehrleistungen mit 74,06 EUR (207,00 EUR./. 132,94 EUR); bei einem ursprünglich streitigen Zeitraum von gut 15 Monaten lag allein der begehrte Gesamtzahlungsbetrag für die Klägerin zu 2 bei gut 1.100,90 EUR.
Beklagter ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Körperschaft und nicht die Behörde (Urteil vom 25.02.2008, L 20 SO 31/07).
II. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Das Sozialgericht hat die zulässige Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) der Klägerinnen zu Recht abgewiesen. Die Klägerinnen sind durch den angefochtenen Bescheid vom 12.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2006 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG, da die Beklagte einen Anspruch auf Leistungen entsprechend den Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG (sog. Analogleistungen) im streitbefangenen Zeitraum zu Recht abgelehnt hat.
Gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG in der bis zum 27.08.2007 geltenden Fassung war abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst haben. Durch Artikel 6 Abs. 2 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 ist mit Wirkung vom 28.08.2007 die Dauer der Vorbezugszeit von 36 auf 48 Monate ohne Relevanz für den hier zu entscheidenden Sachverhalt verlängert worden.
1. Die 36-monatige Vorbezugsfrist konnten die am 15.12.2002 bzw. am 05.10.2005 geborenen Klägerinnen vor Vollendung ihres dritten Lebensjahres und (bei Einsetzen des Leistungsbezuges nach dem AsylbLG am 03.01.2003 bzw. am 13.01.2004) darüber hinaus vor Ablauf eines dreijährigen Leistungsbezuges nach § 3 AsylbLG, insbesondere also in den jeweils streitbefangenen Zeiträumen (01.10.2005 bis 02.01.2006 bzw. 01.10.2005 bis 28.02.2006), nicht erfüllen.
2. Der Ablauf der Vorbezugsfrist des § 2 Abs. 1 AsylbLG ist für die von den Klägerinnen begehrten Analogleistungen Voraussetzung auch unabhängig davon, ob der Leistungsberechtigte die Dauer seines Aufenthalts i.S. der Vorschrift rechtsmissbräuchlich verursacht hat. Der Anspruch nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ist zudem unabhängig von Familienstand und Alter des Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG zu beurteilen (so schon Urteil des Senats vom 10.03.2008 - L 20 AY 9/07; Revision zugelassen).
a) Während § 2 Abs. 1 AsylbLG als eigentliche Anspruchsnorm heranzuziehen ist, schränkt § 2 Abs. 3 AsylbLG einen nach Abs. 1 der Vorschrift möglichen Anspruch ein (vgl. Adolph, in: Linhart/Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, Stand Januar 2008, § 2 AsylbLG Rn. 33; Hohm, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Auflage 2006, § 2 AsylbLG Rn. 34). Diese Auslegung erscheint schon angesichts des Gesetzeswortlauts ("nur") und der Gesetzessystematik zwingend. Sie entspricht darüber hinaus nach Ansicht des Senats auch dem Willen des Gesetzgebers. Zwar erläutert die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 13/2746, S. 15f.) die gesetzgeberischen Absichten dahingehend, dass innerhalb einer Familie keine unterschiedlichen Leistungen gewährt werden sollen. Dies zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs anzuführen, missachtet jedoch den Kontext, der für das Verständnis der Norm entscheidende Bedeutung hat. Die Gesetzesbegründung bezieht sich nämlich im Folgenden auf eine im Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des AsylbLG und anderer Gesetze (1. ÄndG) vom 24.10.1995 (a.a.O.) ggf. durch § 2 Abs. 1 Nr. 2 AsylbLG des Entwurfs angelegte Besserstellung minderjähriger Kinder ("Dazu könnte es ohne diese Regelung kommen, wenn beide Elternteile lediglich für sich einen Asylantrag stellen, während die Kinder eine Duldung besitzen") und zielt ersichtlich lediglich auf die Situation unterschiedlicher Asylantragsverhältnisse bei Eltern und Kindern ab.
b) § 2 Abs. 3 AsylbLG begründet insoweit auch keine uneingeschränkte Akzessorietät (missverständlich Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage 2008, § 2 AsylbLG Rn. 16) der Ansprüche von nach dem AsylbLG grundsätzlich leistungsberechtigten minderjährigen Kindern (vgl. GK-AsylbLG, Stand Februar 2007, § 2 Rn. 228, der von einem akzessorischen Leistungsniveau auf dem abgesenkten Niveau des AsylbLG spricht) zu den Ansprüchen der mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebenden Eltern. Erst Recht stellt die Vorschrift keine losgelöst von Abs. 1 der Vorschrift zu beurteilende Anspruchs norm dar. Vielmehr müssen die Voraussetzungen des Abs. 3 sowie (zusätzlich) diejenigen des Abs. 1 kumulativ erfüllt sein (vgl. auch Hohm, a.a.O., Rn. 34; Fasselt, in: Fichtner/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, 3. Auflage 2005, § 2 AsylbLG Rn. 14; Herbst, in: Mergler/Zink, SGB XII, Stand August 2007, § 2 AsylbLG Rn. 49; Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (OVG), Beschluss vom 31.05.1999 - 4 L 1884/99). Ansprüche nach dem AsylbLG sind wie solche nach dem SGB XII und dem SGB II als Individualansprüche konzipiert. Mit der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (OVG Lüneburg, Beschluss vom 21.06.2000 - 12 L 3349/99, bestätigt durch Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 28.09.2001 - 5 B 94/00 = FEVS 53, 111-112) ist weiterhin - wie für das Sozialhilferecht anerkannt - von einem eigenständigen Hilfeanspruch jedes Familienangehörigen auszugehen, weil ein Grundsatz familieneinheitlicher Leistungsgewährung nicht existiert. Die zwischenzeitlichen Änderungen des Aufenthalts-, Ausländer- und Asylbewerbereistungsrechts rechtfertigen eine abweichende Beurteilung nicht.
3. Eine erweiternde Auslegung der Vorschrift des § 2 Abs. 1 AsylbLG selbst kommt nicht in Betracht. Unabdingbare Voraussetzung des dort normierten Leistungsanspruchs ist der Ablauf der Vorbezugsfrist. Soweit in der neueren sozialgerichtlichen Rechtsprechung mit Blick auf dem der Vorschrift zu Grunde liegenden Integrationsgedanken (vgl. BT-Drucks. 12/5008, S. 15) auch der Vorbezug etwa von höherwertigen Sozialleistungen berücksichtigt wurde (vgl. etwa LSG NRW, Beschlüsse des erkennenden Senates vom 26.04.2007 - L 20 B 4/07 AY ER, vom 06.08.2007 - L 20 B 50/07 AY ER, vom 27.04.2006 - L 20 B 10/06 AY ER; ebenso Hessisches LSG, Beschluss vom 21.03.2007 - L 7 AY 14/06 ER, SG Aachen, Urteil v. 19.06.2007 - S 20 AY 4/07), ändert dies (unabhängig davon, dass eine Bestätigung dieser Entscheidungen durch ober- und höchstrichterliche Hauptsacheentscheidungen noch aussteht) nichts an der eindeutigen und der einschränkenden Auslegung nicht zugänglichen Regelung, dass zumindest die gesetzlich normierte Vorbezugsfrist abgelaufen sein muss. Die Frage der Sinnhaftigkeit des Auseinanderfallens von Ansprüchen innerhalb einer familiären Haushaltsgemeinschaft und des Ausschlusses von in Deutschland geborenen Kindern von Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG bis zur Vollendung ihres dritten bzw. jetzt vierten Lebensjahres stellt sich angesichts der klaren gesetzlichen Vorgaben im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung nicht.
4. Schließlich vermag der Senat einen Verstoß gegen übergeordnetes Recht nicht zu erkennen. Insbesondere liegt ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG schon deshalb nicht vor, weil die Vorschrift des § 2 Abs. 1 AsylbLG gerade nicht hinsichtlich des Alters differenziert, sondern - wie ausgeführt - ausgehend vom Individualanspruch eines jeden Leistungsberechtigten unterschiedslos den Ablauf der Vorbezugsfrist verlangt. Es bedarf insoweit keiner Entscheidung, ob der Verzicht auf die Vorbezugsfrist unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 AsylbLG unter Gleichheitsgesichtspunkten sachlich zu rechtfertigen wäre. Eine restriktive Auslegung des § 2 Abs. 3 AsylbLG dahingehend, dass dieser nicht für in Deutschland geborene Kinder gilt, wenn ein Elternteil bereits nach § 2 Abs. 1 AsylbLG leistungsberechtigt ist, kommt - wie dargelegt - nicht in Betracht. Die abweichende Auffassung (vgl. Birk, in: LPK-SGB XII, 8. Auflage 2008, § 2 AsylbLG Rn. 7) überzeugt nicht. Sie bleibt schon eine nähere Benennung der angeführten verfassungsrechtlichen Gründe schuldig. Im Übrigen scheint sie, obgleich das grundsätzliche Erfordernis des Ablaufs der (jetzt) 48-monatigen Vorbezugsfrist anerkannt wird, zu verkennen, dass § 2 Abs. 3 AsylbLG nicht als Anspruchsnorm konzipiert ist. Eine Auslegung im dort vorgeschlagenen - anspruchsbegründenden - Sinn stellte damit auch keine restriktive Auslegung des § 2 Abs. 3 AsylbLG, sondern genau genommen - in Bezug auf die Vorbezugsfrist - vielmehr eine einschränkende Auslegung des Abs. 1 der Vorschrift dar.
5. Durchgreifende Bedenken an der Verfassungsgemäßheit der (für die Klägerinnen verbleibenden) Leistungen nach § 3 AsylbLG, die für das Jahr 2007 mit etwa 35 % unter den Regelsätzen nach dem SGB XII eingestuft werden (vgl. Birk, a.a.O., § 3 AsylbLG Rn. 8) hat der Senat nicht. Zwar setzt nach § 3 Abs. 3 AsylbLG das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit den Bundesministerien des Innern und der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Beträge nach Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 2 (Taschengeld, Wert der Gutscheine bzw. Geldleistungen) der Vorschrift jeweils zum 01. Januar eines Jahres neu fest, wenn und soweit dies unter Berücksichtigung der tatsächlichen Lebenshaltungskosten zur Deckung des in Abs. 1 genannten Bedarfes erforderlich ist. Den Klägerinnen ist auch zuzugeben, dass eine solche Anpassung seit Inkrafttreten des Gesetzes im Jahre 1993 nie stattgefunden hat, was angesichts der zwischenzeitlichen Inflation (von Birk, a.a.O., mit ca. 20 % beziffert) eine seit 1993 erhebliche faktische Absenkung des bereits formell abgesenkten Existenzminimums bedeutet (selbst eine Umstellung der Grundbeträge auf im Wert geringfügig höhere Euro-Beträge ab dem 01.01.2002 scheiterte am Widerstand des Bundesrates; vgl. Birk, a.a.O.). Bei der Frage der Beurteilung der Notwendigkeit einer Neufestsetzung der Leistungen für den in § 3 Abs. 1 AsylbLG genannten Bedarf nach § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylbLG ist jedoch ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum der in § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylbLG genannten Beurteilungsverantwortlichen (diverse Bundesministerien und Bundesrat) anzuerkennen; der Senat geht davon aus, dass diese ihrer Beurteilungsverantwortlichkeit nachgekommen sind (vgl. hierzu aber GK-AsylblG, a.a.O., § 3 Rn. 94, der verfassungsrechtliche Bedenken sieht). Umstände, die die Leistungsgewährung im konkreten Fall der Klägerinnen als nicht ausreichend zur Sicherung der verfassungsrechtlich gebotenen Mindestsicherung erscheinen ließen, sind denn auch nicht ersichtlich.
Auch ein Verstoß gegen Art. 27b UN-Kinderrechtskonvention ist daher im Ergebnis zu verneinen.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Der Senat hat die Revison wegen grundsätzlicher Bedeutung i.S.d. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob den Klägerinnen Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für die Zeit vor Vollendung des dritten Lebensjahres zustehen.
Die Mutter der Klägerinnen reiste im Jahre 2001 zusammen mit ihrem Lebensgefährten T T aus Aserbaidschan in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 29.11.2001 beantragte die Mutter Asyl. Seit dem 19.12.2001 bezog sie Leistungen nach § 3 AsylbLG. Die Klägerin zu 1 kam am 15.12.2002 und die Klägerin zu 2 am 05.01.2004 zur Welt; Vater der Kinder ist der Lebensgefährte der Mutter. Nach Ablauf eines Leistungsbezugs von drei Jahren erhielt die Mutter der Klägerinnen bei noch nicht abgeschlossenem Asylverfahren zunächst höhere Leistungen gemäß § 2 AsylbLG. Die Klägerin zu 1 erhielt ab dem 03.01.2003 Leistungen nach § 3 AsylbLG, die Klägerin zu 2 ab dem 13.01.2004. Am 24.08.2005 teilte das Ausländeramt der Beklagten mit, das Asylverfahren sei rechtskräftig abgeschlossen, und es bestehe eine vollziehbare Ausreisepflicht der Mutter.
Mit Bescheid vom 12.10.2005 berechnete die Beklagte die Leistungen nach dem AsylbLG neu; monatlich werde ein Betrag von 531,88 EUR gezahlt. Aus dem Berechnungsbogen des Bescheides ergibt sich, dass den Klägerinnen, jedoch nunmehr auch wieder ihrer Mutter, Leistungen nach § 3 AsylbLG gewährt wurden; dabei ergab sich für die Klägerinnen jeweils eine Grundleistung von 112,48 EUR abzgl. einer Kürzung für Haushaltsstrom von 2,56 EUR sowie ein Barbetrag von 20,45 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.
Die Klägerinnen und ihre Mutter legten Widerspruch ein mit der Begründung, ihnen stünden höhere Leistungen nach § 2 AsylbLG zu.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2006 gewährte die Beklagte der Mutter der Klägerinnen weiterhin Leistungen nach § 2 AsylbLG; da über den Asylantrag des Vaters der Klägerinnen noch nicht abschließend entschieden sei, sei nicht von einer rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung der Aufenthaltsdauer durch die Mutter auszugehen. Dem Widerspruch für die Klägerin zu 1 wurde für die Zeit ab dem 03.01.2006 stattgegeben; für die davor liegende Zeit wurde er als unbegründet zurückgewiesen. Die Klägerin zu 1 sei im Besitz einer Duldung nach § 60a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und damit nach § 1 Abs. 1 Ziff. 4 AsylbLG leistungsberechtigt nach § 3 AsylbLG. Ein höherer Anspruch nach § 2 AsylbLG für den Zeitraum 01.10.2005 bis 02.01.2006 bestehe jedoch nicht, da (bei Leistungsbezug seit dem 03.01.2003) in dieser Zeit noch keine Leistungen nach § 3 AsylbLG für die Dauer von 36 Monaten bezogen worden seien. Der Widerspruch für die Klägerin zu 2 wurde vollständig zurückgewiesen. Für sie kämen (bei Leistungsbezug seit dem 13.01.2004) frühestens ab dem 13.01.2007 höhere Leistungen nach § 2 AsylbLG in Frage.
Hiergegen haben die Klägerinnen am 20.02.2007 Klage erhoben und vorgetragen, die Handhabung des § 2 AsylbLG durch die Beklagte würde bedeuten, dass Kinder unter drei Jahren niemals Anspruch auf höhere Leistungen nach dieser Vorschrift haben könnten. Dass der Gesetzgeber dies gewollt habe, sei nicht ersichtlich. In der Gesetzesbegründung zur ersten Novelle des AsylbLG (BT-Drs. 13/2746 vom 24.10.1995, S. 16) sei vielmehr ausgeführt, mit § 2 Abs. 3 AsylbLG solle erreicht werden, dass innerhalb einer Familie minderjährigen Kindern keine anderen Leistungen gewährt würden als ihren Eltern, mit denen sie in Haushaltsgemeinschaft lebten; eine unterschiedliche Behandlung mehrerer Familienmitglieder sei nicht gerechtfertigt, weil die minderjährigen Kinder zusammen mit den Eltern Schutz in Deutschland suchten und ihrem Aufenthalt die gleiche Motivation zugrundeliege wie dem der Eltern, selbst wenn sie einen anderen aufenthaltsrechtlichen Status haben sollten. Anhaltspunkte für die Beabsichtigung verschärfter Bedingungen für Kinder unter drei Jahren seien nicht erkennbar. Die missglückte Fassung des § 2 Abs. 3 AsylbLG erkläre sich daraus, dass ursprünglich nur geduldete Ausländer und ihre Familienangehörigen höhere Leistungen nach § 2 AsylbLG hätten erhalten sollen, während in der Gesetz gewordenen Fassung auch Asylbewerber zu diesen Leistungen berechtigt seien. Im Übrigen sei für Kleinkinder bis zu drei Jahren eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer regelmäßig auszuschließen. Ein erhöhter Ausreisedruck, um Asylmissbrauch und Schlepperunwesen zu bekämpfen und andere Ausländer abzuschrecken, in die Bundesrepublik einzureisen, könne sich bei ihnen nicht realisieren. Zu freiwilliger Ausreise sollten eher die Eltern motiviert werden. Nach der durch das Zuwanderungsgesetz geänderten Fassung des § 1 Abs. 1 AsylbLG fielen nunmehr selbst solche Ausländer in den Anwendungsbereich des AsylbLG, für die eine freiwillige Ausreise ohnehin unmöglich oder unzumutbar sei (§§ 24, 25 Abs. 4 oder Abs. 5 AufenthG). Es sei rechtswidrig und verfassungsrechtlich bedenklich, wenn alle Kinder bis zu drei Jahren auch in diesen Fällen stets die erheblich geringeren Grundleistungen des § 3 AsylbLG (132,94 EUR anstatt 207,00 EUR bei Vorrang von Sachleistungen und Ausschluss der Krankenversicherung nach § 264 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)) erhielten. Die Lesart der Beklagten lasse § 2 Abs. 1 und Abs. 3 AsylbLG auch keinen praktischen Anwendungsbereich; es kämen nur noch Fälle in Betracht, in denen bis zu dreijährige Kinder länger als ihre Eltern in Deutschland lebten, so dass nur die Kinder - nicht aber die Eltern - die Voraussetzungen des § 2 AsylbLG erfüllten. Es sei wegen Art. 6 Grundgesetz (GG) auch auszuschließen, dass nur für ein Kleinkind, nicht aber für seine Eltern ein Ausreise- oder Abschiebungshindernis bestehe; die Eltern würden dann zumindest geduldet. Ein Ausschluss der Klägerinnen von höheren Leistungen allein wegen ihres Alters aber stelle einen Verstoß gegen Art. 3 GG sowie gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des Art. 20 GG dar, ferner gegen die UN-Kinderrechtskonvention. § 2 Abs. 3 AsylbLG sei deshalb verfassungskonform dahin auszulegen, dass immer dann, wenn mindestens ein Elternteil Leistungen nach dieser Vorschrift beziehe, auch das in der Haushaltsgemeinschaft lebende minderjährige Kind diese Leistungen erhalte. Im Übrigen bestehe bei solchen Kindern, deren Eltern Leistungen nach § 2 AsylbLG bezögen, ein vergleichbarer Integrationsbedarf; ein Grund für die abgesenkten Leistungen der §§ 3 - 7 AsylbLG sei bei ihnen nicht zu erkennen.
Die Klägerinnen haben beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.10.2005 in Form des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2006 zu verpflichten, der Klägerin zu 1 vom 01.10.2005 bis 02.01.2006 und der Klägerin zu 2 vom 01.10.2005 bis 04.01.2007 Leistungen gemäß § 2 AsylbLG zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihren Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Ein allgemeiner Anspruch aller Familienangehörigen auf eine familieneinheitliche Leistungsgewährung bestehe nicht (BVerwG vom 28.09.2001 - 5 B 94/00). Vielmehr habe im Sozialhilferecht und auch im Asylbewerberleistungsrecht jede Person einen individuellen Anspruch und müsse dementsprechend für sich selbst alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Dies gelte auch für die 36monatige Vorbezugsfrist des § 2 AsylbLG, welche die Klägerinnen im streitigen Zeitraum noch nicht erfüllt gehabt hätten.
Mit Urteil vom 07.02.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerinnen hätten in den jeweils streitigen Zeiträumen noch keine 36 Monate Leistungen nach § 3 AsylbLG bezogen gehabt. Dieses in § 2 Abs. 1 AsylbLG vorgesehene Erfordernis gelte auch für Kinder, die noch keine 36 Monate alt seien, deren Eltern aber einen entsprechenden Vorbezug aufwiesen. Auch § 2 Abs. 3 AsylbLG regele nichts anderes. Die Vorschrift schränke nach ihrem Wortlaut den Anspruch nach Abs. 1 ein, begründe also eine weitere - einschränkende - Leistungsvoraussetzung; das minderjährige Kind müsse sowohl die Voraussetzungen des Abs. 1 als auch des Abs. 3 des § 2 AsylbLG erfüllen. Aus den Motiven des Gesetzgebers folge nichts anderes. Die (von den Klägerinnen herangezogene) amtliche Begründung erläutere nur den Fall, dass ein minderjähriges Kind leistungsrechtlich besser gestellt werden könne als seine im selben Haushalt lebenden Eltern. Denn in der Ausgangsfassung des § 2 Abs. 1 AsylbLG sei nur für den geduldeten leistungsberechtigten Ausländer eine Frist vorgesehen gewesen, nach deren Ablauf höhere Leistungen zu gewähren gewesen wären. § 2 Abs. 3 AsylbLG solle also die Leistungen für die gesamten Familienangehörigen lediglich auf das regelmäßige Niveau des AsylbLG absenken, nicht jedoch zu einer an einem Familienmitglied ausgerichteten Besserstellung aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft führen. Ein allgemeiner Anspruch auf familieneinheitliche Leistungsgewährung bestehe nicht. Dies verstoße auch nicht gegen Art. 3 GG. § 2 Abs. 1 AsylbLG werde in gleicher Weise auf Kinder bis zu drei Jahren und auf ältere Kinder angewandt. Denn jeder Leistungsberechtigte erhalte unabhängig von seinem Alter erhöhte Leistungen frühestens nach 36 Monaten des Vorbezugs. Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bzw. die UN-Kinderrechtskonvention sei nicht ersichtlich, da die Leistungen nach § 3 AsylbLG grundsätzlich ausreichten, eine Existenzsicherung für Asylbewerber zu gewährleisten.
Gegen das am 14.02.2007 zugestellte Urteil haben die Klägerinnen am 14.03.2007 Berufung eingelegt. Sie tragen ergänzend vor, es gehe nicht um einen allgemeinen Anspruch auf familieneinheitliche Leistungen, sondern nur um ihre leistungsrechtliche Besserstellung. Nach der Gesetzesbegründung sollten minderjährige Kinder keine anderen Leistungen erhalten als ihre mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebenden Eltern. Dies heiße zwar, dass diese Kinder gegenüber den Eltern nicht privilegiert werden dürften, nicht jedoch, dass im vorliegenden Fall keine Besserstellung entsprechend den Leistungen für die Eltern erfolgen dürften. Es bestehe durchaus eine Ungleichbehandlung von Kindern unter drei Jahren mit älteren Kindern; allein aufgrund des Alters erhielten diese Kleinkinder keine höheren Leistungen. Dies habe der Gesetzgeber nicht erkannt; es entspreche auch nicht seinen Zielen. Denn für diese Kinder sei eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung ihrer Aufenthaltsdauer regelmäßig auszuschließen. Die unterhalb der Sozialhilfe liegenden Normalleistungen nach dem AsylbLG seien mit einem fehlenden Integrationsbedarf bei nur vorübergehendem Aufenthalt begründet worden; der Gesetzgeber könne damit keinesfalls beabsichtigt haben, sämtliche Kinder bis zu drei Jahren von den Leistungen nach § 2 AsylbLG auszuschließen. § 2 Abs. 3 AsylbLG sei verfassungkonform auszulegen. Der Gesetzgeber habe es unterlassen, die Regelungen des AsylbLG zu überprüfen und anzupassen. Seit Inkrafttreten des Gesetzes im Jahre 1993 seien die Leistungsbeträge trotz seither erheblicher Inflation nicht nach § 3 Abs. 3 AsylbLG neu festgesetzt worden. So enthalte das Gesetz bezeichnenderweise noch immer in DM benannte Beträge. Die eingeschränkten Leistungen an Kleinkinder bis zu drei Jahren verstießen damit im Übrigen gegen die UN-Kinderrechtskonvention, die das Recht jedes Kindes auf einen seiner körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen und sozialen Entwicklung angemessenen Lebensstandard regele.
Die Klägerinnen beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Duisburg vom 07.02.2007 und unter Änderung des Bescheides vom 12.10.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2006 zu verurteilen, der Klägerin zu 1 auch für die Zeit vom 01.10.2005 bis zum 02.01.2006 und der Klägerin zu 2 für die Zeit vom 01.10.2005 bis einschließlich Februar 2006 Leistungen gemäß § 2 AsylbLG anstelle der gewährten Leistungen nach § 3 AsylbLG zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag und das erstinstanzliche Urteil.
In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten den streitigen Zeitraum übereinstimmend auf die Zeit bis Ende Februar 2006 beschränkt und sich hinsichtlich etwa weitergehender Leistungen (für die Klägerin zu 2) darauf verständigt, diese unter Berücksichtigung des rechtskräftigen Ausgangs des vorliegenden Verfahrens zu regeln.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig.
Das auch im Berufungsverfahren ursprünglich auf höhere Leistungen für den Zeitraum vom 01.10.2005 bis 04.01.2007 gerichtete Begehren der Klägerin zu 1 war bereits nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht von der Berufung ausgeschlossen, ohne dass es darauf ankäme, ob der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG erreicht wurde. Die Berufung ist von vornherein auch nicht etwa dadurch unzulässig geworden, dass die Klägerin zu 2 in der mündlichen Verhandlung ihr Begehren auf nurmehr höhere Leistungen für die Zeitraum vom 01.10.2005 bis 28.02.2006 beschränkt hat. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Statthaftigkeit der Berufung ist der Zeitpunkt ihrer Einlegung; das spätere Abkürzen des streitigen Zeitraumes unter die Jahresgrenze des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG (bei gleichzeitigem Unterschreiten des Beschwerdewertes des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) ist unbeachtlich (vgl. Meyer-Ladewig, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 144 Rn. 19). Dass die Klägerin zu 1 von vornherein nur höhere Leistungen für den unterjährigen Zeitraum vom 01.10.2005 bis 02.01.2006 begehrt hat und damit den Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht erreicht haben dürfte, ist wegen Streitgenossenschaft der Klägerinnen (§ 202 SGG i.V.m. §§ 59 f. Zivilprozessordnung (ZPO)) unerheblich. Denn bei Streitgenossen sind hinsichtlich des Beschwerdewertes des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG nach § 202 SGG i.V.m. § 5, 1. HS ZPO die Begehren beider Klägerinnen zusammenzurechnen; die Berufung der Klägerin zu 2 war darüber hinaus bereits unabhängig vom Beschwerdewert in Ansehung des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG von Anfang an zulässig. Im Übrigen lag bei der Klägerin zu 2 der ursprüngliche Beschwerdewert (schon ohne Zusammenrechnung mit demjenigen der Klägerin zu 1) über 500,00 EUR. Denn die Klägerinnen beziffern die von ihnen monatlich jeweils begehrten Mehrleistungen mit 74,06 EUR (207,00 EUR./. 132,94 EUR); bei einem ursprünglich streitigen Zeitraum von gut 15 Monaten lag allein der begehrte Gesamtzahlungsbetrag für die Klägerin zu 2 bei gut 1.100,90 EUR.
Beklagter ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Körperschaft und nicht die Behörde (Urteil vom 25.02.2008, L 20 SO 31/07).
II. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Das Sozialgericht hat die zulässige Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) der Klägerinnen zu Recht abgewiesen. Die Klägerinnen sind durch den angefochtenen Bescheid vom 12.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2006 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG, da die Beklagte einen Anspruch auf Leistungen entsprechend den Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG (sog. Analogleistungen) im streitbefangenen Zeitraum zu Recht abgelehnt hat.
Gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG in der bis zum 27.08.2007 geltenden Fassung war abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst haben. Durch Artikel 6 Abs. 2 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 ist mit Wirkung vom 28.08.2007 die Dauer der Vorbezugszeit von 36 auf 48 Monate ohne Relevanz für den hier zu entscheidenden Sachverhalt verlängert worden.
1. Die 36-monatige Vorbezugsfrist konnten die am 15.12.2002 bzw. am 05.10.2005 geborenen Klägerinnen vor Vollendung ihres dritten Lebensjahres und (bei Einsetzen des Leistungsbezuges nach dem AsylbLG am 03.01.2003 bzw. am 13.01.2004) darüber hinaus vor Ablauf eines dreijährigen Leistungsbezuges nach § 3 AsylbLG, insbesondere also in den jeweils streitbefangenen Zeiträumen (01.10.2005 bis 02.01.2006 bzw. 01.10.2005 bis 28.02.2006), nicht erfüllen.
2. Der Ablauf der Vorbezugsfrist des § 2 Abs. 1 AsylbLG ist für die von den Klägerinnen begehrten Analogleistungen Voraussetzung auch unabhängig davon, ob der Leistungsberechtigte die Dauer seines Aufenthalts i.S. der Vorschrift rechtsmissbräuchlich verursacht hat. Der Anspruch nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ist zudem unabhängig von Familienstand und Alter des Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG zu beurteilen (so schon Urteil des Senats vom 10.03.2008 - L 20 AY 9/07; Revision zugelassen).
a) Während § 2 Abs. 1 AsylbLG als eigentliche Anspruchsnorm heranzuziehen ist, schränkt § 2 Abs. 3 AsylbLG einen nach Abs. 1 der Vorschrift möglichen Anspruch ein (vgl. Adolph, in: Linhart/Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, Stand Januar 2008, § 2 AsylbLG Rn. 33; Hohm, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Auflage 2006, § 2 AsylbLG Rn. 34). Diese Auslegung erscheint schon angesichts des Gesetzeswortlauts ("nur") und der Gesetzessystematik zwingend. Sie entspricht darüber hinaus nach Ansicht des Senats auch dem Willen des Gesetzgebers. Zwar erläutert die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 13/2746, S. 15f.) die gesetzgeberischen Absichten dahingehend, dass innerhalb einer Familie keine unterschiedlichen Leistungen gewährt werden sollen. Dies zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs anzuführen, missachtet jedoch den Kontext, der für das Verständnis der Norm entscheidende Bedeutung hat. Die Gesetzesbegründung bezieht sich nämlich im Folgenden auf eine im Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des AsylbLG und anderer Gesetze (1. ÄndG) vom 24.10.1995 (a.a.O.) ggf. durch § 2 Abs. 1 Nr. 2 AsylbLG des Entwurfs angelegte Besserstellung minderjähriger Kinder ("Dazu könnte es ohne diese Regelung kommen, wenn beide Elternteile lediglich für sich einen Asylantrag stellen, während die Kinder eine Duldung besitzen") und zielt ersichtlich lediglich auf die Situation unterschiedlicher Asylantragsverhältnisse bei Eltern und Kindern ab.
b) § 2 Abs. 3 AsylbLG begründet insoweit auch keine uneingeschränkte Akzessorietät (missverständlich Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage 2008, § 2 AsylbLG Rn. 16) der Ansprüche von nach dem AsylbLG grundsätzlich leistungsberechtigten minderjährigen Kindern (vgl. GK-AsylbLG, Stand Februar 2007, § 2 Rn. 228, der von einem akzessorischen Leistungsniveau auf dem abgesenkten Niveau des AsylbLG spricht) zu den Ansprüchen der mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebenden Eltern. Erst Recht stellt die Vorschrift keine losgelöst von Abs. 1 der Vorschrift zu beurteilende Anspruchs norm dar. Vielmehr müssen die Voraussetzungen des Abs. 3 sowie (zusätzlich) diejenigen des Abs. 1 kumulativ erfüllt sein (vgl. auch Hohm, a.a.O., Rn. 34; Fasselt, in: Fichtner/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, 3. Auflage 2005, § 2 AsylbLG Rn. 14; Herbst, in: Mergler/Zink, SGB XII, Stand August 2007, § 2 AsylbLG Rn. 49; Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (OVG), Beschluss vom 31.05.1999 - 4 L 1884/99). Ansprüche nach dem AsylbLG sind wie solche nach dem SGB XII und dem SGB II als Individualansprüche konzipiert. Mit der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (OVG Lüneburg, Beschluss vom 21.06.2000 - 12 L 3349/99, bestätigt durch Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 28.09.2001 - 5 B 94/00 = FEVS 53, 111-112) ist weiterhin - wie für das Sozialhilferecht anerkannt - von einem eigenständigen Hilfeanspruch jedes Familienangehörigen auszugehen, weil ein Grundsatz familieneinheitlicher Leistungsgewährung nicht existiert. Die zwischenzeitlichen Änderungen des Aufenthalts-, Ausländer- und Asylbewerbereistungsrechts rechtfertigen eine abweichende Beurteilung nicht.
3. Eine erweiternde Auslegung der Vorschrift des § 2 Abs. 1 AsylbLG selbst kommt nicht in Betracht. Unabdingbare Voraussetzung des dort normierten Leistungsanspruchs ist der Ablauf der Vorbezugsfrist. Soweit in der neueren sozialgerichtlichen Rechtsprechung mit Blick auf dem der Vorschrift zu Grunde liegenden Integrationsgedanken (vgl. BT-Drucks. 12/5008, S. 15) auch der Vorbezug etwa von höherwertigen Sozialleistungen berücksichtigt wurde (vgl. etwa LSG NRW, Beschlüsse des erkennenden Senates vom 26.04.2007 - L 20 B 4/07 AY ER, vom 06.08.2007 - L 20 B 50/07 AY ER, vom 27.04.2006 - L 20 B 10/06 AY ER; ebenso Hessisches LSG, Beschluss vom 21.03.2007 - L 7 AY 14/06 ER, SG Aachen, Urteil v. 19.06.2007 - S 20 AY 4/07), ändert dies (unabhängig davon, dass eine Bestätigung dieser Entscheidungen durch ober- und höchstrichterliche Hauptsacheentscheidungen noch aussteht) nichts an der eindeutigen und der einschränkenden Auslegung nicht zugänglichen Regelung, dass zumindest die gesetzlich normierte Vorbezugsfrist abgelaufen sein muss. Die Frage der Sinnhaftigkeit des Auseinanderfallens von Ansprüchen innerhalb einer familiären Haushaltsgemeinschaft und des Ausschlusses von in Deutschland geborenen Kindern von Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG bis zur Vollendung ihres dritten bzw. jetzt vierten Lebensjahres stellt sich angesichts der klaren gesetzlichen Vorgaben im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung nicht.
4. Schließlich vermag der Senat einen Verstoß gegen übergeordnetes Recht nicht zu erkennen. Insbesondere liegt ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG schon deshalb nicht vor, weil die Vorschrift des § 2 Abs. 1 AsylbLG gerade nicht hinsichtlich des Alters differenziert, sondern - wie ausgeführt - ausgehend vom Individualanspruch eines jeden Leistungsberechtigten unterschiedslos den Ablauf der Vorbezugsfrist verlangt. Es bedarf insoweit keiner Entscheidung, ob der Verzicht auf die Vorbezugsfrist unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 AsylbLG unter Gleichheitsgesichtspunkten sachlich zu rechtfertigen wäre. Eine restriktive Auslegung des § 2 Abs. 3 AsylbLG dahingehend, dass dieser nicht für in Deutschland geborene Kinder gilt, wenn ein Elternteil bereits nach § 2 Abs. 1 AsylbLG leistungsberechtigt ist, kommt - wie dargelegt - nicht in Betracht. Die abweichende Auffassung (vgl. Birk, in: LPK-SGB XII, 8. Auflage 2008, § 2 AsylbLG Rn. 7) überzeugt nicht. Sie bleibt schon eine nähere Benennung der angeführten verfassungsrechtlichen Gründe schuldig. Im Übrigen scheint sie, obgleich das grundsätzliche Erfordernis des Ablaufs der (jetzt) 48-monatigen Vorbezugsfrist anerkannt wird, zu verkennen, dass § 2 Abs. 3 AsylbLG nicht als Anspruchsnorm konzipiert ist. Eine Auslegung im dort vorgeschlagenen - anspruchsbegründenden - Sinn stellte damit auch keine restriktive Auslegung des § 2 Abs. 3 AsylbLG, sondern genau genommen - in Bezug auf die Vorbezugsfrist - vielmehr eine einschränkende Auslegung des Abs. 1 der Vorschrift dar.
5. Durchgreifende Bedenken an der Verfassungsgemäßheit der (für die Klägerinnen verbleibenden) Leistungen nach § 3 AsylbLG, die für das Jahr 2007 mit etwa 35 % unter den Regelsätzen nach dem SGB XII eingestuft werden (vgl. Birk, a.a.O., § 3 AsylbLG Rn. 8) hat der Senat nicht. Zwar setzt nach § 3 Abs. 3 AsylbLG das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit den Bundesministerien des Innern und der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Beträge nach Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 2 (Taschengeld, Wert der Gutscheine bzw. Geldleistungen) der Vorschrift jeweils zum 01. Januar eines Jahres neu fest, wenn und soweit dies unter Berücksichtigung der tatsächlichen Lebenshaltungskosten zur Deckung des in Abs. 1 genannten Bedarfes erforderlich ist. Den Klägerinnen ist auch zuzugeben, dass eine solche Anpassung seit Inkrafttreten des Gesetzes im Jahre 1993 nie stattgefunden hat, was angesichts der zwischenzeitlichen Inflation (von Birk, a.a.O., mit ca. 20 % beziffert) eine seit 1993 erhebliche faktische Absenkung des bereits formell abgesenkten Existenzminimums bedeutet (selbst eine Umstellung der Grundbeträge auf im Wert geringfügig höhere Euro-Beträge ab dem 01.01.2002 scheiterte am Widerstand des Bundesrates; vgl. Birk, a.a.O.). Bei der Frage der Beurteilung der Notwendigkeit einer Neufestsetzung der Leistungen für den in § 3 Abs. 1 AsylbLG genannten Bedarf nach § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylbLG ist jedoch ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum der in § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylbLG genannten Beurteilungsverantwortlichen (diverse Bundesministerien und Bundesrat) anzuerkennen; der Senat geht davon aus, dass diese ihrer Beurteilungsverantwortlichkeit nachgekommen sind (vgl. hierzu aber GK-AsylblG, a.a.O., § 3 Rn. 94, der verfassungsrechtliche Bedenken sieht). Umstände, die die Leistungsgewährung im konkreten Fall der Klägerinnen als nicht ausreichend zur Sicherung der verfassungsrechtlich gebotenen Mindestsicherung erscheinen ließen, sind denn auch nicht ersichtlich.
Auch ein Verstoß gegen Art. 27b UN-Kinderrechtskonvention ist daher im Ergebnis zu verneinen.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Der Senat hat die Revison wegen grundsätzlicher Bedeutung i.S.d. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
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