Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 8 KR 157/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 118/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 04. April 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten eine isolierte Kostenerstattung für eine am 16.04.2004 bei dem als Kieferorthopäden zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen B X, T, begonnene kieferorthopädische Behandlung.
Der am 00.00.1991 geborene Kläger ist über seinen Vater als Stammversicherten bei der Beklagten gegen Krankheit familienversichert. Er leidet unter einer divergierenden Achsenstellung im Ober- und Unterkiefer (Behandlungsplan X vom 02.03.2004). Am 04.03.2004 reichte er über seinen Vater der Beklagten einen kieferorthopädischen Behandlungsplan des Kieferorthopäden X über insgesamt 12 Quartale ein. Dem Behandlungsplan war eine Kostenaufstellung nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) über einen Kostenansatz von insgesamt 2.380,73 EUR an Gesamthonorar und eine Aufstellung geschätzter Materialkosten über 750,- EUR beigefügt. Zudem enthielt der Antrag eine von seinem Vater für ihn unterschriebene formularmäßige Erklärung über die Wahl der Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) für: "ambulante Leistungen - nur kieferorthopädische Behandlung" vom 02.03.2004.
Mit Schreiben vom 05.04.2004 lehnte die Beklagte die Wahl einer isolierten Kostenerstattung nur für kieferorthopädische Leistungen ab. Zur Begründung führte sie aus, der Gesetzgeber habe zum 01.04.2004 zwar allen Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung das Wahlrecht der Kostenerstattung eingeräumt. Dieses Recht könne aber nicht allein auf kieferorthopädische Leistungen beschränkt werden, es gelte zumindest für alle ambulanten Leistungen.
Hiergegen legte der Kläger am 15.04.2004 mit der Begründung Widerspruch ein, die Ablehnung der isolierten Kostenerstattung verstoße gegen Art 3 Grundgesetz (GG), denn gemäß § 13 Abs 4 SGB V könne er im EU-Ausland selbst nicht zugelassene Leistungserbringer im Wege der isolierten Kostenerstattung wählen. Dies müsse auch für innerstaatliche Leistungserbringer gelten. Der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung das Prinzip der Eigenverantwortung stärken und dem mündigen Bürger das Recht einräumen wollen, frei die Versorgungsform zu wählen und selbst zu entscheiden, was für ihn zweckmäßig sei. Einen Tag später nahm er ohne weiter Rücksprache mit der Beklagten die kieferorthopädische Behandlung (Abdrucknahme zur Herstellung eines herausnehmbaren Behandlungsmittels (sog Hickham-Aktivato), Befund- und Behandlungsbericht X vom 26.11.2007). Sein Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18.05.2004).
Am 08.06.2004 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erhoben. Darin hat er die Auffassung vertreten, durch seinen vertretungsberechtigten Vater gegenüber der Beklagten wirksam eine auf die kieferorthopädische Behandlung begrenzte Kostenerstattung gewählt zu haben. Zwar ergebe sich aus der Gesetzesbegründung zu § 13 Abs 2 SGB V mit einer "gewissen Deutlichkeit", dass der Gesetzgeber die Wahlmöglichkeit nur auf den gesamten ambulanten Bereich beschränken wollte, jedoch entspreche dies nicht dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Insbesondere bestehe bei der kieferorthopädischen Behandlung nicht die Gefahr einer parallelen Inanspruchnahme der Krankenkasse, da Umfang und Zeitpunkt der Leistungserbringung eindeutig abgrenzbar seien. Überdies sei die Beschränkung der Wahl auf den gesamten ambulanten Bereich nicht mit dem GG und den europarechtlichen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts vereinbar. So liege hier eine sog Inländerdiskriminierung vor, da inländische Leistungserbringer gegenüber ausländischen Leistungserbringern insoweit schlechter gestellt seien, als inländischen Leistungserbringer nur diejenigen Patienten im Wege der Kostenerstattung nach dem SGB V behandeln könnten, die wirksam eine Kostenerstattung gewählt haben. Ausländische Leistungserbringer unterlägen diesen Leistungsbeschränkungen nicht. Dies verstoße gegen die Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes (EuGH). Auch wenn diese Inländerdiskriminierung gemeinschaftsrechtlich unmittelbar irrelevant sei, liege darin jedenfalls eine nach Art 3 Abs 1 GG relevante Benachteiligung. Zudem verstoße die von der Beklagten vertretene Auslegung des § 13 Abs 2 SGB V gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art 12 Abs 1 GG, da die fehlende Abrechnungsmöglichkeit unmittelbare Auswirkungen auf die berufliche Tätigkeit des Leistungserbringers habe. Das in Deutschland geltende Sachleistungsprinzip sei durch die grenzüberschreitende medizinische Versorgung insgesamt in Frage zu stellen. Da er in T und nicht im Grenzgebiet lebe, hindere der Reiseaufwand ihn, sich die die einzelne kieferorthopädische Leistung im grenznahen Ausland zu besorgen. Die Beschränkung des Wahlrechts der Kostenerstattung verletze damit zugleich auch sein Persönlichkeitsrecht und "im weiteren Sinne" auch die Menschenwürde von Arzt und Patient.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 05.04.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seine Wahlmöglichkeit gem § 13 Abs 2 SGB V zu beschränken, dass nur der Behandlungsplan des Kieferorthopäden B X, K-str. 00, T, vom 02.03.2004 im Wege der Kostenerstattung gewährt wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihrer Rechtsauffassung hat sich die Beklagte auf den Inhalt ihres angefochtenen Bescheides bezogen.
Mit Urteil vom 04.04.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz vom 14.11.2003 sei zwar die Kostenerstattung für alle Versicherte für die Zeit ab dem 01.04.2004 freigestellt worden, die Beklagte habe aber in Einklang mit § 13 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 24 D ihrer Satzung eine isolierte Kostenerstattung, bezogen auf den vorgelegten kieferorthopädischen Behandlungsplan, zu Recht abgelehnt. Die Beschränkung des Wahlrechts der Kostenerstattung nur auf den gesamten ambulanten Bereich sei systematisch und historisch begründbar und verstoße nicht gegen höherrangiges oder Gemeinschaftsrecht. Die mögliche Inanspruchnahme eines Arztes oder anderer Leistungserbringer im EU-Ausland sei für den hier in Streit stehenden Rechtsstreit ohne Bedeutung, weil an diese von deutschen Krankenkassen keine Gesamtvergütung gezahlt werde. Für sein übriges Vorbringen fehle dem Kläger die Klagebefugnis, weil er nicht behauptet, in seinen eigenen Rechten verletzt worden zu sein.
Gegen das ihm am 08.05.2006 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 08.06.2006, mit der er unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens sein Begehren weiter verfolgt. Ergänzend vertritt er die Auffassung, der Gesetzgeber habe sich in der Neufassung des § 13 Abs 2 SGB V gerade nicht darauf beschränkt, allein in Bezug auf Auslandsbehandlungen die Rechtsprechung des EuGH umzusetzen; auch in Bezug auf Inlandsbehandlungen seien die Möglichkeiten der Kostenerstattung - in Übereinstimmung mit den Regelungen bei der Inanspruchnahme ausländischer Leistungserbringer - wesentlich erweitert worden. Er sei durch die unterschiedlichen Voraussetzungen der Kostenerstattung im Inland und im europäischen Ausland beschwert. Ebenso, wie bei unterschiedlichen Auslegungsergebnissen grundsätzlich der verfassungskonformen Auslegung der Vorrang einzuräumen sei, müsse dann, wenn eine Auslegung gegen das Europarecht verstoße, die europarechtskonforme Auslegung einer Norm gewählt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 04.04.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seine Wahlmöglichkeit gemäß § 13 Abs 2 SGB V so zu beschränken, dass nur die kieferorthopädische Behandlung aufgrund des Behandlungsplanes des Kieferorthopäden B Wegener, T, im Wege der Kostenerstattung gewährt wird,
hilfsweise,
die Kosten in Höhe von 2.637,49 EUR unter Abänderung der genannten Bescheide für die durch den Kieferorthopäden X in der Zeit vom 01.01.2004 bis zum 30.06.2007 durchgeführte Behandlung zu erstatten,
ihm die Kosten auch für die Folgezeit bis zum Abschluss der Behandlung (voraussichtlich Mitte 2008) zu erstatten;
weiter hilfsweise,
ihm bis zu diesem Zeitpunkt eine Sachleistung zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts von dem Kieferorthopäden X einen Befund- und Behandlungsbericht (Bericht vom 26.11.2007) eingeholt, wonach mit den Eltern des Klägers über "außervertragliche Leistungen" hinaus keine Privatbehandlung vereinbart worden sei. Der Vater des Klägers habe ihm erklärt, Kostenerstattung bei seiner Krankenkasse gewählt zu haben; dies sei ein Wahlrecht, das er "nicht in Frage zu stellen habe". Die Behandlung des Klägers werde auf Grundlage der GOZ (=Gebührenordnung für Zahnärzte) abgerechnet, im Zeitraum vom 17.06.2004 bis einschließlich 30.06.2007 seien Rechnungen über zusammen 2.637,49 EUR erteilt worden. Ferner hat der Senat Auszüge aus den Satzungen der Beklagten vom 01.01.1989, Stand: 01.01.2001 in der Fassung des 37. Nachtrages, Stand: 01.01.2003 in der Fassung des 46. Nachtrages, Stand: 01.01.2004 in der Fassung des 51. Nachtrages und Stand: 30.07.2006 in der Fassung des 64. Nachtrages beigezogen.
Wegen der Weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozess- und Verwaltungsakte Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist in Haupt- und Hilfsanträgen nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger der von ihm geltend gemachte Anspruch auf eine isolierte Kostenerstattung, bezogen auf die bereits begonnene kieferorthopädische Behandlung, nicht zusteht. Ihm steht ebenfalls kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für bereits erbrachte und zukünftige kieferorthopädische Leistungen zu; soweit er erstmals im Berufungsverfahren die Leistung als Sachleistung begehrt, ist sein Antrag unzulässig.
In prozessualer Hinsicht hat das SG ebenfalls zu Recht zunächst die ursprünglich erhobene Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) ausgelegt. Soweit sich der Kläger allein gegen die ihm von der Beklagten abgelehnte Beschränkung des Kostenerstattungsverfahrens wendet, ist dies die zulässige Klageart. Dies betrifft, worauf der Senat die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, allerdings nur das zukünftige Abrechnungsverfahren der noch laufenden Behandlung. Für die Vergangenheit hat das SG unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger die kieferorthopädische Behandlung bereits aufgenommen hatte und sein Klagebegehren inhaltlich für diesen Teil in einen konkret bezifferbaren Kostenerstattungsanspruch übergegangen war. Ausdrücklich ist dieser konkrete Erstattungsanspruch zwar erst nach Hinweis des Senats prozessual geltend gemacht worden. Mit Aufnahme der Behandlung und Rechnungsstellung von Leistungen des 1. Behandlungsquartals (Rechnung X vom 01.07.2004 über 326,77 EUR) ging es dem Kläger aber erkennbar inhaltlich in diesem prozessualen Stadium nicht mehr allein nur um die Anerkennung der Anspruchsvoraussetzungen einer isolierten Kostenerstattung dem Grunde nach, sondern in erster Linie um die Leistung selbst. Zulässige Klageart für derartig mehrstufig aufgebaute Leistungsansprüche ist allein die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 23.07.1992 - 7 RAr 74/91 - SozR 3-4170 § 2 Nr 1 [§ 12 Altersteilzeitgesetz (AltTZG)]; vom 13.07.2004 - B 1 KR 33/02 R - SozR 4-2500 § 13 Nr 3 [Kostenerstattung bei Inanspruchnahme ausländischer Leistungserbringer]; noch differenzierter Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 54 Rn 20d [kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage]). Die gerichtliche Überprüfung des angefochtenen Bescheides vom 05.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2004 beschränkte sich damit für bereits erbrachte kieferorthopädische Leistungen nicht auf die bloße rechtliche Prüfung der Wirksamkeit der gewählten Kostenerstattung (1. Stufe: Anerkennungsverfahren), sondern schließt die Entscheidung über die Höhe der konkreten Leistung (2. Stufe: Leistungsverfahren) notwendig mit ein. Dieser Änderung hat der Senat unter dem Gesichtspunkt der Antragsanpassung nach § 99 Abs 3 Nr 2 SGG (dazu: BSG, Urteil vom 13.07.2004, aaO; Meyer-Ladewig, aaO, § 99 Rn 4a) prozessual Rechnung getragen und auf die Stellung eines konkret bezifferten Erstattungsantrags hingewirkt (§§ 153 Abs 1, 106 Abs 1 SGG).
Zu Recht und mit zutreffender Begründung haben die Beklagte und das SG eine isolierte Wahl der Kostenerstattung, bezogen auf die noch andauernde kieferorthopädische Behandlung des Klägers, verneint. Da dieser Anspruch, wie ausgeführt, allein auf die zukünftige Wahl der Kostenerstattung gerichtet ist, kommt als Rechtsgrundlage nur § 13 Abs 2 Satz 1 SGB V in der Fassung der Art 1 und 2 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl I, S. 378) in Betracht. Nach dieser Vorschrift können Stammversicherte und - wie hier - versicherte Familienangehörige (§ 10 Abs 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)) jeweils unabhängig von einander (BSG, Urteil vom 25.09.2000 - B 1 KR 5/99 R - SozR 3-2500 § 13 Nr 22; KassKomm:Höfler, SozV, § 13 SGB V RdNr 17) anstelle der Dienst- oder Sachleistung (§§ 2 Abs 2 Satz 1, 13 Abs 1 SGB V) Kostenerstattung wählen. Nach dem Wortlaut des § 13 Abs 2 Satz 2 SGB V genügt es, die Krankenkasse "hierüber" vor Inanspruchnahme der "Leistung" in Kenntnis zu setzen.
Die auf den Bereich der kieferorthopädischen Behandlung beschränkte Erklärung vom 02.03.2004 genügt diesen Anforderungen nicht. Unabhängig von den weiteren Voraussetzungen des § 13 Abs 2 SGB V konnte das Wahlrecht in dieser Weise nicht wirksam ausgeübt werden. Obwohl das GKV-WSG gegenüber der Rechtslage vom 01.04.2004 bis zum 31.03.2007 (§ 13 Abs 2 SGB V in der Fassung der Artikel 1 und 2 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-GMG) vom 14.11.2003 [BGBl I, S. 2190]) eine Erweiterung vorsieht, ist eine Beschränkung auf einzelne Behandlungen weiterhin nicht zulässig; die Wahl ist zumindest einheitlich auf den Bereich der ärztlichen oder zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen (zB Arzneimittel, Hilfsmittel, Physiotherapie usw) eingeschränkt, § 13 Abs 2 Satz 5 SGB V (so bereits zur Rechtslage nach der Neuordnung des § 13 Abs 2 SGB V in der Fassung der Artikel 1 und 2 Zweites Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. NOG) vom 23.06.1997 [BGBl I, S. 1520] BSG Urteil vom 19.06.2001 - B 1 KR 23/00 R - SozR 3-2500 § 28 Nr 6; anders noch BSG Urteil vom 25.09.2000 - B 1 KR 5/99 R - SozR 3-2500 § 13 Nr 22). Hierüber besteht auch in der Literatur weitestgehend Einigkeit (Helbig in: jurisPK-SGB V, § 13 Rn 32; Krauskopf-Wagner, SozKV, § 13 SGB V RdNr 9; Schrinner, ErsK 2004, 281 f (Letztere zu § 13 Abs 2 SGB F in der Fassung des GKV-GMG); aA nur Berufsverband der Deutschen Kieferorthopäden, zitiert nach Schrinner, aaO). Soweit der Kläger diese Einschränkung seines Wahlrechts als systemwidrig ansieht, verkennt er, dass Versicherte auch nach dem GKV-WSG weiterhin nach § 13 Abs 2 Satz 12 SGB V mindestens ein Jahr an ihre Wahl gebunden sind. Mit dem BSG geht der Senat davon aus, dass der Gesetzgeber damit "selbstverständlich von einer allgemeinen, nicht nur auf einen einzelnen Behandlungsfall bezogene Festlegung ausging und eine Handhabe schaffen wollte, die Bindung an die getroffene Wahl für einen bestimmten Zeitraum festzustellen". Als Ausnahmeregelung zum weiterhin geltenden Sachleistungsprinzip ist die Vorschrift mithin trotz der erleichterten Wahlmöglichkeiten eng auszulegen (dazu Bundestags-Drucksache (BT-Drs) 16/4247, Seite 31 zu § 13).
Eine, vom Kläger unterstellte, völlig freie Wahlmöglichkeit war selbst mit der Neuregelung im GKV-WSG nicht beabsichtigt (BT-Drs 16/4200, Seite 12 zu § 13; anders noch Gesetzentwurf vom 24.10.2006 BT-Drs 16/3100, Seite 97). Die hier getroffene Regelung baut danach inhaltlich auf ihrer Vorgängerregelung des GKV-GMG auf, nach deren Begründung (BT-Drs 15/1525, Seite 80 zu § 13) die Wahl der Kostenerstattung auf bestimmte ambulante Behandlungen ausdrücklich ausgeschlossen sein sollte. Soweit der Kläger zur Stützung seiner Rechtsauffassung Zweckmäßigkeitserwägungen der Abgrenzung der kieferorthopädischen zur zahnärztlichen Behandlung anführt, finden diese im Gesetz keine Stütze. Zwar ist ihm durchaus zuzustimmen, dass mit den Gesetzesänderungen in diesem Bereich auch stets das Prinzip der Eigenverantwortung gestärkt werden sollte, dies ist beschränkt jedoch auf die tatsächlich getroffenen Regelungen.
Soweit der Kläger sein Begehren auf eine richtlinienkonforme Auslegung des § 13 Abs 2 SGB V mit europarechtlichen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts zu stützen versucht, folgt ihm der Senat nicht. Zunächst übersieht er, dass § 13 Abs 2 SGB V ausschließlich die Rechtsbeziehungen zwischen ihm und seiner Krankenkasse betrifft, die Wahrung beruflicher oder wirtschaftlicher Interessen der behandelnden Ärzte wird damit auch nicht mittelbar bezweckt (wie hier: BSG Beschluss vom 17.03.1999 - B 1 KR 3/98 BH - SozR 3-2500 § 13 Nr 19). Hinzu kommt, dass er noch nicht einmal einen staatenübergreifenden Bezug behauptet. Auf die europarechtlich gewährleisteten Freiheiten eines Unionsbürgers kann sich nur berufen, wer auch einen entsprechenden grenzüberschreitenden Sachverhalt aufweist; hat sich der entscheidungserhebliche Vorgang demgegenüber - wie hier - ausschließlich im Inland vollzogen, kann ein Verstoß gegen europarechtlich garantierte Freiheitsrechte von vornherein nicht vorliegen (BSG Beschluss vom 16.12.2003 - B 1 KR 12/02 B - juris.de, mwN zur Rechtsprechung des EuGH). Europarechtliche Vorgaben, das nationale Krankenversicherungsrecht für deutsche Versicherte, die - wie der Kläger - sich in Deutschland in ärztliche Behandlung begeben, in bestimmter Weise auszugestalten, bestehen ebenfalls nach der Rechtsprechung des EuGH nicht, weil das Gemeinschaftsrecht die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten zur Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unberührt lässt (stRspr, vgl zB EuGHE 2001, I-5473 RdNr 44 f - SozR 3-6030 Art 59 Nr 6 - Smits/Peerbooms; Schlegel, SGb 2007, 700 (701); jeweils mwN). Soweit schließlich der Kläger aus dem Gesichtspunkt der Inländerdiskriminierung meint, Rechte herleiten zu können, beurteilt sich dies nicht nach europäischen, sondern, wie er zutreffend auch selbst ausgeführt hat, allein nach nationalem Recht (BSG Vorlagebeschluss vom 30.10.2002 - B 1 KR 28/01 R - SGb 2003, 160; Beschluss vom 16.12.2003, aaO). Tatsächlich ist für eine derartige Diskriminierung nichts ersichtlich. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber die vom Kläger ebenfalls zutreffend aufgezeigte EuGH-Rechtsprechung "maßstabsgetreu" (so Schlegel, aaO, 705) in § 13 Abs 4 und 5 SGB V in der Fassung des GKV-GMG umgesetzt. Schließlich stellt es unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Verstoß gegen europäisches Recht dar, dass der Kläger in T und nicht in einer Grenzregion zum EU-Ausland wohnt und sinnvollerweise nicht eine ständige Behandlung in den Niederlanden oder in Polen in Anspruch nimmt.
Der Senat folgt schließlich dem Kläger auch insoweit nicht, als dieser in der Verweigerung der isolierten Kostenerstattung, bezogen auf die kieferorthopädische Behandlung in T, einen Verstoß gegen Verfassungsrecht rügt. Soweit er hierbei eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts und seiner Menschenwürde anführt, beschränkt sich die Begründung auf die bloße Behauptung einer Verletzung von Grundrechten des Grundgesetzes (GG). Der Senat vermag auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens des Klägers keinen Verfassungsverstoß erkennen. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen braucht der Gesetzgeber nicht um die differenzierende Berücksichtigung aller denkbaren Fälle besorgt sein. Er ist vielmehr berechtigt, von einem Gesamtbild auszugehen, das sich aus den ihm vorliegenden Erfahrungen ergibt. Auf dieser Grundlage darf er generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen verwenden, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen (vgl. BVerfG Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - SozR 3-4100 § 137 Nr 3). Im hier zu entscheidenden Fall hat der Gesetzgeber in sachlich einwandfreier Weise die Rechtsprechung des EuGH durch das GKV-GMG in nationales Recht umgesetzt und zu Gunsten der Versicherten durch das GKV-WSG eine noch weitergehende Wahlmöglichkeit einer Kostenerstattung eingeräumt. Er hat dabei unter Anschluss an die Judikatur des BVerfG und des BSG die Wahl der Kostenerstattung nicht als einmaliges, sondern als ein Dauerrecht, bezogen auf bestimmte, von ihm vorgegebene Behandlungsbereiche für mindestens ein Jahr, ausgestaltet.
Der hilfsweise geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch über 2.637,49 EUR aus Anlass der Behandlung durch den Kieferorthopäden X bis zum Ende des 2. Quartals 2007 (letzte Rechnung vom 30.06.2007) ist, wie ausgeführt, im Sinne einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig. Er ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht als Durchbrechung des Sachleistungsprinzips weder nach § 13 Abs 2 SGB V noch nach Abs 3 dieser Vorschrift ein solcher Anspruch zu.
Der Kläger hat auch für die Vergangenheit das Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs 2 SGB V nicht wirksam gewählt. Da es für die Leistungspflicht der Beklagten auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Behandlung ankommt, richtet sich der geltend gemachte Anspruch für die Zeit vom 16.04.2004 (Aufnahme der Behandlung) bis zum 31.03.2004 nach § 13 Abs 2 Satz 7 SGB V in der Fassung des GKV-GMG und für die Folgezeit mit Inkrafttreten des GKV-WSG zum 01.04.2007 nach § 13 Abs 2 Satz 9 SGB V. Wie ausgeführt, war die getroffene Wahl der Kostenerstattung, bezogen auf die kieferorthopädische Behandlung, nach aktuellem Recht nicht wirksam. Dies gilt erst recht für das zum 01.01.2004 eingeführte Vorgängerrecht nach dem GKV-GMG, dass die Möglichkeit der Wahl (§ 13 Abs 2 Satz 3 SGB V aF: "Beschränkung auf den Bereich der ambulanten Behandlung ist möglich") noch stärker einschränkte als § 13 Abs 2 SGB V in seiner heutigen Fassung. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liegt darin nicht (BSG, Urteil vom 19.06.2001, aaO).
Schließlich steht dem Kläger für die bereits in Rechnung gestellten Behandlungsquartale kein Anspruch auf Kostenerstattung als einzig ernsthaft noch in Betracht kommende Anspruchsgrundlage aus § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 SGB V zu. Dabei ist bereits zweifelhaft, ob er überhaupt einer wirksamen Kostenforderung des behandelnden Vertragsarztes ausgesetzt ist, hat dieser doch in seinem Befund- und Behandlungsbericht vom 26.11.2007 dem Senat gegenüber den Abschluss einer privatärztlichen Vereinbarung mit den Eltern des Klägers als dessen gesetzliche Vertreter ausdrücklich verneint. Der Senat brauchte dem jedoch nicht weiter nachzugehen, als die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs ersichtlich nicht vorliegen. Die Beklagte ist nach dieser Vorschrift nur dann zur Kostenerstattung verpflichtet, wenn sie die Leistung abgelehnt hat, dem Versicherten durch die Beschaffung dieser Leistung Kosten entstanden sind und die Leistungsablehnung zu Unrecht erfolgt ist. Zwischen der rechtswidrigen Ablehnung und der Kostenlast des Versicherten muss ein Ursachenzusammenhang bestehen, an dem es fehlt, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung noch nicht über diese entschieden hat (stRspr BSG, Urteil vom 15.04.1997 - 1 BK 31/96 - SozR 3-2500 § 13 Nr 15; zuletzt Beschluss vom 21.02.2008 - B 1 KR 123/07 B - juris, mwN). So liegt der Fall hier: Sofern der Kläger die Behandlung nicht ohnehin bereits als Sachleistung der Gesetzlichen Krankenversicherung nach § 29 SGB V erhalten hat, liegt zwar eine Anzeige der beabsichtigten Aufnahme einer privatärztlichen Behandlung durch Übersendung des kieferorthopädischen Behandlungsplans vom 02.03.2004 vor, eine Entscheidung der Beklagten hat der Kläger aber nicht abgewartet. Die von der Beklagten abgelehnte Wahl der isolierten Kostenerstattung enthielt noch keine Entscheidung über die Behandlung als solche, worauf sie den Kläger mit Schreiben vom 05.05.2004 ausdrücklich hingewiesen hat.
Soweit der Kläger darüber hinaus eine Kostenerstattung "für die Folgezeit bis zum Abschluss der Behandlung" beantragt hat, hat der Senat hierüber bereits weitestgehend entschieden. Offen ist insoweit nur noch ein Anspruch auf Kostenerstattung bzw mangels Rechnungsstellung auf Freistellung für den Zeitraum vom 01.07.2007 bis zum Tag der mündlichen Verhandlung am 06.03.2008. Ein solcher Anspruch besteht nicht; mangels Besonderheiten zu den bisher geprüften Ansprüchen wird auf die vorstehenden Entscheidungsgründe Bezug genommen. Hinzu kommt, dass der Kläger, bezogen auf diesem Zeitraum, noch nicht einmal behauptet, aktuell einer konkreten Zahlungsforderung ausgesetzt zu sein; entsprechende Rechnungen haben weder er noch sein behandelnder Arzt vorgelegt (zur Notwendigkeit einer konkreten Zahlungsforderung: BSG Urteil vom 18.07.2006 - B 1 KR 24/05 R - SozR 4-2500 § 13 Nr 9; KassKomm-Höfler, aaO, § 13 SGB V RdNr 20).
Der vom Kläger schließlich erst im Berufungsverfahren gestellte Antrag auf Sachleistungsgewährung ist unzulässig. Mit diesem Antrag begehrt er den Erlass eines Verwaltungsaktes, denn sein Behandlungsanspruch nach § 29 Abs 1 SGB V wird nicht durch die bloße Behandlungsentscheidung des Kieferorthopäden, sondern erst durch die Bewilligung der Krankenkasse konkretisiert, was sich schon aus der Notwendigkeit der vorherigen Vorlage eines Behandlungsplans (§ 29 Abs 3 Satz 2 SGB V) ergibt (ganz hM: Krauskopf-Wagner, aaO, § 29 RdNr 14; KassKomm-Höfler, aaO, § 29 RdNr 24; Follmann in: jurisPK-SGB V, § 29 RdNr 47, jeweils mwN). Ein solcher Anspruch ist nicht Streitgegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens und ggf in einem gesonderten Verfahren gegenüber der Beklagten zu betreiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183 und 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen hatte der Senat nicht, da die Voraussetzungen nach § 160 Abs 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten eine isolierte Kostenerstattung für eine am 16.04.2004 bei dem als Kieferorthopäden zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen B X, T, begonnene kieferorthopädische Behandlung.
Der am 00.00.1991 geborene Kläger ist über seinen Vater als Stammversicherten bei der Beklagten gegen Krankheit familienversichert. Er leidet unter einer divergierenden Achsenstellung im Ober- und Unterkiefer (Behandlungsplan X vom 02.03.2004). Am 04.03.2004 reichte er über seinen Vater der Beklagten einen kieferorthopädischen Behandlungsplan des Kieferorthopäden X über insgesamt 12 Quartale ein. Dem Behandlungsplan war eine Kostenaufstellung nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) über einen Kostenansatz von insgesamt 2.380,73 EUR an Gesamthonorar und eine Aufstellung geschätzter Materialkosten über 750,- EUR beigefügt. Zudem enthielt der Antrag eine von seinem Vater für ihn unterschriebene formularmäßige Erklärung über die Wahl der Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) für: "ambulante Leistungen - nur kieferorthopädische Behandlung" vom 02.03.2004.
Mit Schreiben vom 05.04.2004 lehnte die Beklagte die Wahl einer isolierten Kostenerstattung nur für kieferorthopädische Leistungen ab. Zur Begründung führte sie aus, der Gesetzgeber habe zum 01.04.2004 zwar allen Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung das Wahlrecht der Kostenerstattung eingeräumt. Dieses Recht könne aber nicht allein auf kieferorthopädische Leistungen beschränkt werden, es gelte zumindest für alle ambulanten Leistungen.
Hiergegen legte der Kläger am 15.04.2004 mit der Begründung Widerspruch ein, die Ablehnung der isolierten Kostenerstattung verstoße gegen Art 3 Grundgesetz (GG), denn gemäß § 13 Abs 4 SGB V könne er im EU-Ausland selbst nicht zugelassene Leistungserbringer im Wege der isolierten Kostenerstattung wählen. Dies müsse auch für innerstaatliche Leistungserbringer gelten. Der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung das Prinzip der Eigenverantwortung stärken und dem mündigen Bürger das Recht einräumen wollen, frei die Versorgungsform zu wählen und selbst zu entscheiden, was für ihn zweckmäßig sei. Einen Tag später nahm er ohne weiter Rücksprache mit der Beklagten die kieferorthopädische Behandlung (Abdrucknahme zur Herstellung eines herausnehmbaren Behandlungsmittels (sog Hickham-Aktivato), Befund- und Behandlungsbericht X vom 26.11.2007). Sein Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18.05.2004).
Am 08.06.2004 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erhoben. Darin hat er die Auffassung vertreten, durch seinen vertretungsberechtigten Vater gegenüber der Beklagten wirksam eine auf die kieferorthopädische Behandlung begrenzte Kostenerstattung gewählt zu haben. Zwar ergebe sich aus der Gesetzesbegründung zu § 13 Abs 2 SGB V mit einer "gewissen Deutlichkeit", dass der Gesetzgeber die Wahlmöglichkeit nur auf den gesamten ambulanten Bereich beschränken wollte, jedoch entspreche dies nicht dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Insbesondere bestehe bei der kieferorthopädischen Behandlung nicht die Gefahr einer parallelen Inanspruchnahme der Krankenkasse, da Umfang und Zeitpunkt der Leistungserbringung eindeutig abgrenzbar seien. Überdies sei die Beschränkung der Wahl auf den gesamten ambulanten Bereich nicht mit dem GG und den europarechtlichen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts vereinbar. So liege hier eine sog Inländerdiskriminierung vor, da inländische Leistungserbringer gegenüber ausländischen Leistungserbringern insoweit schlechter gestellt seien, als inländischen Leistungserbringer nur diejenigen Patienten im Wege der Kostenerstattung nach dem SGB V behandeln könnten, die wirksam eine Kostenerstattung gewählt haben. Ausländische Leistungserbringer unterlägen diesen Leistungsbeschränkungen nicht. Dies verstoße gegen die Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes (EuGH). Auch wenn diese Inländerdiskriminierung gemeinschaftsrechtlich unmittelbar irrelevant sei, liege darin jedenfalls eine nach Art 3 Abs 1 GG relevante Benachteiligung. Zudem verstoße die von der Beklagten vertretene Auslegung des § 13 Abs 2 SGB V gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art 12 Abs 1 GG, da die fehlende Abrechnungsmöglichkeit unmittelbare Auswirkungen auf die berufliche Tätigkeit des Leistungserbringers habe. Das in Deutschland geltende Sachleistungsprinzip sei durch die grenzüberschreitende medizinische Versorgung insgesamt in Frage zu stellen. Da er in T und nicht im Grenzgebiet lebe, hindere der Reiseaufwand ihn, sich die die einzelne kieferorthopädische Leistung im grenznahen Ausland zu besorgen. Die Beschränkung des Wahlrechts der Kostenerstattung verletze damit zugleich auch sein Persönlichkeitsrecht und "im weiteren Sinne" auch die Menschenwürde von Arzt und Patient.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 05.04.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seine Wahlmöglichkeit gem § 13 Abs 2 SGB V zu beschränken, dass nur der Behandlungsplan des Kieferorthopäden B X, K-str. 00, T, vom 02.03.2004 im Wege der Kostenerstattung gewährt wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihrer Rechtsauffassung hat sich die Beklagte auf den Inhalt ihres angefochtenen Bescheides bezogen.
Mit Urteil vom 04.04.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz vom 14.11.2003 sei zwar die Kostenerstattung für alle Versicherte für die Zeit ab dem 01.04.2004 freigestellt worden, die Beklagte habe aber in Einklang mit § 13 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 24 D ihrer Satzung eine isolierte Kostenerstattung, bezogen auf den vorgelegten kieferorthopädischen Behandlungsplan, zu Recht abgelehnt. Die Beschränkung des Wahlrechts der Kostenerstattung nur auf den gesamten ambulanten Bereich sei systematisch und historisch begründbar und verstoße nicht gegen höherrangiges oder Gemeinschaftsrecht. Die mögliche Inanspruchnahme eines Arztes oder anderer Leistungserbringer im EU-Ausland sei für den hier in Streit stehenden Rechtsstreit ohne Bedeutung, weil an diese von deutschen Krankenkassen keine Gesamtvergütung gezahlt werde. Für sein übriges Vorbringen fehle dem Kläger die Klagebefugnis, weil er nicht behauptet, in seinen eigenen Rechten verletzt worden zu sein.
Gegen das ihm am 08.05.2006 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 08.06.2006, mit der er unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens sein Begehren weiter verfolgt. Ergänzend vertritt er die Auffassung, der Gesetzgeber habe sich in der Neufassung des § 13 Abs 2 SGB V gerade nicht darauf beschränkt, allein in Bezug auf Auslandsbehandlungen die Rechtsprechung des EuGH umzusetzen; auch in Bezug auf Inlandsbehandlungen seien die Möglichkeiten der Kostenerstattung - in Übereinstimmung mit den Regelungen bei der Inanspruchnahme ausländischer Leistungserbringer - wesentlich erweitert worden. Er sei durch die unterschiedlichen Voraussetzungen der Kostenerstattung im Inland und im europäischen Ausland beschwert. Ebenso, wie bei unterschiedlichen Auslegungsergebnissen grundsätzlich der verfassungskonformen Auslegung der Vorrang einzuräumen sei, müsse dann, wenn eine Auslegung gegen das Europarecht verstoße, die europarechtskonforme Auslegung einer Norm gewählt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 04.04.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seine Wahlmöglichkeit gemäß § 13 Abs 2 SGB V so zu beschränken, dass nur die kieferorthopädische Behandlung aufgrund des Behandlungsplanes des Kieferorthopäden B Wegener, T, im Wege der Kostenerstattung gewährt wird,
hilfsweise,
die Kosten in Höhe von 2.637,49 EUR unter Abänderung der genannten Bescheide für die durch den Kieferorthopäden X in der Zeit vom 01.01.2004 bis zum 30.06.2007 durchgeführte Behandlung zu erstatten,
ihm die Kosten auch für die Folgezeit bis zum Abschluss der Behandlung (voraussichtlich Mitte 2008) zu erstatten;
weiter hilfsweise,
ihm bis zu diesem Zeitpunkt eine Sachleistung zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts von dem Kieferorthopäden X einen Befund- und Behandlungsbericht (Bericht vom 26.11.2007) eingeholt, wonach mit den Eltern des Klägers über "außervertragliche Leistungen" hinaus keine Privatbehandlung vereinbart worden sei. Der Vater des Klägers habe ihm erklärt, Kostenerstattung bei seiner Krankenkasse gewählt zu haben; dies sei ein Wahlrecht, das er "nicht in Frage zu stellen habe". Die Behandlung des Klägers werde auf Grundlage der GOZ (=Gebührenordnung für Zahnärzte) abgerechnet, im Zeitraum vom 17.06.2004 bis einschließlich 30.06.2007 seien Rechnungen über zusammen 2.637,49 EUR erteilt worden. Ferner hat der Senat Auszüge aus den Satzungen der Beklagten vom 01.01.1989, Stand: 01.01.2001 in der Fassung des 37. Nachtrages, Stand: 01.01.2003 in der Fassung des 46. Nachtrages, Stand: 01.01.2004 in der Fassung des 51. Nachtrages und Stand: 30.07.2006 in der Fassung des 64. Nachtrages beigezogen.
Wegen der Weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozess- und Verwaltungsakte Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist in Haupt- und Hilfsanträgen nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger der von ihm geltend gemachte Anspruch auf eine isolierte Kostenerstattung, bezogen auf die bereits begonnene kieferorthopädische Behandlung, nicht zusteht. Ihm steht ebenfalls kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für bereits erbrachte und zukünftige kieferorthopädische Leistungen zu; soweit er erstmals im Berufungsverfahren die Leistung als Sachleistung begehrt, ist sein Antrag unzulässig.
In prozessualer Hinsicht hat das SG ebenfalls zu Recht zunächst die ursprünglich erhobene Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) ausgelegt. Soweit sich der Kläger allein gegen die ihm von der Beklagten abgelehnte Beschränkung des Kostenerstattungsverfahrens wendet, ist dies die zulässige Klageart. Dies betrifft, worauf der Senat die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, allerdings nur das zukünftige Abrechnungsverfahren der noch laufenden Behandlung. Für die Vergangenheit hat das SG unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger die kieferorthopädische Behandlung bereits aufgenommen hatte und sein Klagebegehren inhaltlich für diesen Teil in einen konkret bezifferbaren Kostenerstattungsanspruch übergegangen war. Ausdrücklich ist dieser konkrete Erstattungsanspruch zwar erst nach Hinweis des Senats prozessual geltend gemacht worden. Mit Aufnahme der Behandlung und Rechnungsstellung von Leistungen des 1. Behandlungsquartals (Rechnung X vom 01.07.2004 über 326,77 EUR) ging es dem Kläger aber erkennbar inhaltlich in diesem prozessualen Stadium nicht mehr allein nur um die Anerkennung der Anspruchsvoraussetzungen einer isolierten Kostenerstattung dem Grunde nach, sondern in erster Linie um die Leistung selbst. Zulässige Klageart für derartig mehrstufig aufgebaute Leistungsansprüche ist allein die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 23.07.1992 - 7 RAr 74/91 - SozR 3-4170 § 2 Nr 1 [§ 12 Altersteilzeitgesetz (AltTZG)]; vom 13.07.2004 - B 1 KR 33/02 R - SozR 4-2500 § 13 Nr 3 [Kostenerstattung bei Inanspruchnahme ausländischer Leistungserbringer]; noch differenzierter Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 54 Rn 20d [kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage]). Die gerichtliche Überprüfung des angefochtenen Bescheides vom 05.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2004 beschränkte sich damit für bereits erbrachte kieferorthopädische Leistungen nicht auf die bloße rechtliche Prüfung der Wirksamkeit der gewählten Kostenerstattung (1. Stufe: Anerkennungsverfahren), sondern schließt die Entscheidung über die Höhe der konkreten Leistung (2. Stufe: Leistungsverfahren) notwendig mit ein. Dieser Änderung hat der Senat unter dem Gesichtspunkt der Antragsanpassung nach § 99 Abs 3 Nr 2 SGG (dazu: BSG, Urteil vom 13.07.2004, aaO; Meyer-Ladewig, aaO, § 99 Rn 4a) prozessual Rechnung getragen und auf die Stellung eines konkret bezifferten Erstattungsantrags hingewirkt (§§ 153 Abs 1, 106 Abs 1 SGG).
Zu Recht und mit zutreffender Begründung haben die Beklagte und das SG eine isolierte Wahl der Kostenerstattung, bezogen auf die noch andauernde kieferorthopädische Behandlung des Klägers, verneint. Da dieser Anspruch, wie ausgeführt, allein auf die zukünftige Wahl der Kostenerstattung gerichtet ist, kommt als Rechtsgrundlage nur § 13 Abs 2 Satz 1 SGB V in der Fassung der Art 1 und 2 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl I, S. 378) in Betracht. Nach dieser Vorschrift können Stammversicherte und - wie hier - versicherte Familienangehörige (§ 10 Abs 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)) jeweils unabhängig von einander (BSG, Urteil vom 25.09.2000 - B 1 KR 5/99 R - SozR 3-2500 § 13 Nr 22; KassKomm:Höfler, SozV, § 13 SGB V RdNr 17) anstelle der Dienst- oder Sachleistung (§§ 2 Abs 2 Satz 1, 13 Abs 1 SGB V) Kostenerstattung wählen. Nach dem Wortlaut des § 13 Abs 2 Satz 2 SGB V genügt es, die Krankenkasse "hierüber" vor Inanspruchnahme der "Leistung" in Kenntnis zu setzen.
Die auf den Bereich der kieferorthopädischen Behandlung beschränkte Erklärung vom 02.03.2004 genügt diesen Anforderungen nicht. Unabhängig von den weiteren Voraussetzungen des § 13 Abs 2 SGB V konnte das Wahlrecht in dieser Weise nicht wirksam ausgeübt werden. Obwohl das GKV-WSG gegenüber der Rechtslage vom 01.04.2004 bis zum 31.03.2007 (§ 13 Abs 2 SGB V in der Fassung der Artikel 1 und 2 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-GMG) vom 14.11.2003 [BGBl I, S. 2190]) eine Erweiterung vorsieht, ist eine Beschränkung auf einzelne Behandlungen weiterhin nicht zulässig; die Wahl ist zumindest einheitlich auf den Bereich der ärztlichen oder zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen (zB Arzneimittel, Hilfsmittel, Physiotherapie usw) eingeschränkt, § 13 Abs 2 Satz 5 SGB V (so bereits zur Rechtslage nach der Neuordnung des § 13 Abs 2 SGB V in der Fassung der Artikel 1 und 2 Zweites Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. NOG) vom 23.06.1997 [BGBl I, S. 1520] BSG Urteil vom 19.06.2001 - B 1 KR 23/00 R - SozR 3-2500 § 28 Nr 6; anders noch BSG Urteil vom 25.09.2000 - B 1 KR 5/99 R - SozR 3-2500 § 13 Nr 22). Hierüber besteht auch in der Literatur weitestgehend Einigkeit (Helbig in: jurisPK-SGB V, § 13 Rn 32; Krauskopf-Wagner, SozKV, § 13 SGB V RdNr 9; Schrinner, ErsK 2004, 281 f (Letztere zu § 13 Abs 2 SGB F in der Fassung des GKV-GMG); aA nur Berufsverband der Deutschen Kieferorthopäden, zitiert nach Schrinner, aaO). Soweit der Kläger diese Einschränkung seines Wahlrechts als systemwidrig ansieht, verkennt er, dass Versicherte auch nach dem GKV-WSG weiterhin nach § 13 Abs 2 Satz 12 SGB V mindestens ein Jahr an ihre Wahl gebunden sind. Mit dem BSG geht der Senat davon aus, dass der Gesetzgeber damit "selbstverständlich von einer allgemeinen, nicht nur auf einen einzelnen Behandlungsfall bezogene Festlegung ausging und eine Handhabe schaffen wollte, die Bindung an die getroffene Wahl für einen bestimmten Zeitraum festzustellen". Als Ausnahmeregelung zum weiterhin geltenden Sachleistungsprinzip ist die Vorschrift mithin trotz der erleichterten Wahlmöglichkeiten eng auszulegen (dazu Bundestags-Drucksache (BT-Drs) 16/4247, Seite 31 zu § 13).
Eine, vom Kläger unterstellte, völlig freie Wahlmöglichkeit war selbst mit der Neuregelung im GKV-WSG nicht beabsichtigt (BT-Drs 16/4200, Seite 12 zu § 13; anders noch Gesetzentwurf vom 24.10.2006 BT-Drs 16/3100, Seite 97). Die hier getroffene Regelung baut danach inhaltlich auf ihrer Vorgängerregelung des GKV-GMG auf, nach deren Begründung (BT-Drs 15/1525, Seite 80 zu § 13) die Wahl der Kostenerstattung auf bestimmte ambulante Behandlungen ausdrücklich ausgeschlossen sein sollte. Soweit der Kläger zur Stützung seiner Rechtsauffassung Zweckmäßigkeitserwägungen der Abgrenzung der kieferorthopädischen zur zahnärztlichen Behandlung anführt, finden diese im Gesetz keine Stütze. Zwar ist ihm durchaus zuzustimmen, dass mit den Gesetzesänderungen in diesem Bereich auch stets das Prinzip der Eigenverantwortung gestärkt werden sollte, dies ist beschränkt jedoch auf die tatsächlich getroffenen Regelungen.
Soweit der Kläger sein Begehren auf eine richtlinienkonforme Auslegung des § 13 Abs 2 SGB V mit europarechtlichen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts zu stützen versucht, folgt ihm der Senat nicht. Zunächst übersieht er, dass § 13 Abs 2 SGB V ausschließlich die Rechtsbeziehungen zwischen ihm und seiner Krankenkasse betrifft, die Wahrung beruflicher oder wirtschaftlicher Interessen der behandelnden Ärzte wird damit auch nicht mittelbar bezweckt (wie hier: BSG Beschluss vom 17.03.1999 - B 1 KR 3/98 BH - SozR 3-2500 § 13 Nr 19). Hinzu kommt, dass er noch nicht einmal einen staatenübergreifenden Bezug behauptet. Auf die europarechtlich gewährleisteten Freiheiten eines Unionsbürgers kann sich nur berufen, wer auch einen entsprechenden grenzüberschreitenden Sachverhalt aufweist; hat sich der entscheidungserhebliche Vorgang demgegenüber - wie hier - ausschließlich im Inland vollzogen, kann ein Verstoß gegen europarechtlich garantierte Freiheitsrechte von vornherein nicht vorliegen (BSG Beschluss vom 16.12.2003 - B 1 KR 12/02 B - juris.de, mwN zur Rechtsprechung des EuGH). Europarechtliche Vorgaben, das nationale Krankenversicherungsrecht für deutsche Versicherte, die - wie der Kläger - sich in Deutschland in ärztliche Behandlung begeben, in bestimmter Weise auszugestalten, bestehen ebenfalls nach der Rechtsprechung des EuGH nicht, weil das Gemeinschaftsrecht die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten zur Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unberührt lässt (stRspr, vgl zB EuGHE 2001, I-5473 RdNr 44 f - SozR 3-6030 Art 59 Nr 6 - Smits/Peerbooms; Schlegel, SGb 2007, 700 (701); jeweils mwN). Soweit schließlich der Kläger aus dem Gesichtspunkt der Inländerdiskriminierung meint, Rechte herleiten zu können, beurteilt sich dies nicht nach europäischen, sondern, wie er zutreffend auch selbst ausgeführt hat, allein nach nationalem Recht (BSG Vorlagebeschluss vom 30.10.2002 - B 1 KR 28/01 R - SGb 2003, 160; Beschluss vom 16.12.2003, aaO). Tatsächlich ist für eine derartige Diskriminierung nichts ersichtlich. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber die vom Kläger ebenfalls zutreffend aufgezeigte EuGH-Rechtsprechung "maßstabsgetreu" (so Schlegel, aaO, 705) in § 13 Abs 4 und 5 SGB V in der Fassung des GKV-GMG umgesetzt. Schließlich stellt es unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Verstoß gegen europäisches Recht dar, dass der Kläger in T und nicht in einer Grenzregion zum EU-Ausland wohnt und sinnvollerweise nicht eine ständige Behandlung in den Niederlanden oder in Polen in Anspruch nimmt.
Der Senat folgt schließlich dem Kläger auch insoweit nicht, als dieser in der Verweigerung der isolierten Kostenerstattung, bezogen auf die kieferorthopädische Behandlung in T, einen Verstoß gegen Verfassungsrecht rügt. Soweit er hierbei eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts und seiner Menschenwürde anführt, beschränkt sich die Begründung auf die bloße Behauptung einer Verletzung von Grundrechten des Grundgesetzes (GG). Der Senat vermag auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens des Klägers keinen Verfassungsverstoß erkennen. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen braucht der Gesetzgeber nicht um die differenzierende Berücksichtigung aller denkbaren Fälle besorgt sein. Er ist vielmehr berechtigt, von einem Gesamtbild auszugehen, das sich aus den ihm vorliegenden Erfahrungen ergibt. Auf dieser Grundlage darf er generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen verwenden, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen (vgl. BVerfG Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - SozR 3-4100 § 137 Nr 3). Im hier zu entscheidenden Fall hat der Gesetzgeber in sachlich einwandfreier Weise die Rechtsprechung des EuGH durch das GKV-GMG in nationales Recht umgesetzt und zu Gunsten der Versicherten durch das GKV-WSG eine noch weitergehende Wahlmöglichkeit einer Kostenerstattung eingeräumt. Er hat dabei unter Anschluss an die Judikatur des BVerfG und des BSG die Wahl der Kostenerstattung nicht als einmaliges, sondern als ein Dauerrecht, bezogen auf bestimmte, von ihm vorgegebene Behandlungsbereiche für mindestens ein Jahr, ausgestaltet.
Der hilfsweise geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch über 2.637,49 EUR aus Anlass der Behandlung durch den Kieferorthopäden X bis zum Ende des 2. Quartals 2007 (letzte Rechnung vom 30.06.2007) ist, wie ausgeführt, im Sinne einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig. Er ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht als Durchbrechung des Sachleistungsprinzips weder nach § 13 Abs 2 SGB V noch nach Abs 3 dieser Vorschrift ein solcher Anspruch zu.
Der Kläger hat auch für die Vergangenheit das Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs 2 SGB V nicht wirksam gewählt. Da es für die Leistungspflicht der Beklagten auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Behandlung ankommt, richtet sich der geltend gemachte Anspruch für die Zeit vom 16.04.2004 (Aufnahme der Behandlung) bis zum 31.03.2004 nach § 13 Abs 2 Satz 7 SGB V in der Fassung des GKV-GMG und für die Folgezeit mit Inkrafttreten des GKV-WSG zum 01.04.2007 nach § 13 Abs 2 Satz 9 SGB V. Wie ausgeführt, war die getroffene Wahl der Kostenerstattung, bezogen auf die kieferorthopädische Behandlung, nach aktuellem Recht nicht wirksam. Dies gilt erst recht für das zum 01.01.2004 eingeführte Vorgängerrecht nach dem GKV-GMG, dass die Möglichkeit der Wahl (§ 13 Abs 2 Satz 3 SGB V aF: "Beschränkung auf den Bereich der ambulanten Behandlung ist möglich") noch stärker einschränkte als § 13 Abs 2 SGB V in seiner heutigen Fassung. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liegt darin nicht (BSG, Urteil vom 19.06.2001, aaO).
Schließlich steht dem Kläger für die bereits in Rechnung gestellten Behandlungsquartale kein Anspruch auf Kostenerstattung als einzig ernsthaft noch in Betracht kommende Anspruchsgrundlage aus § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 SGB V zu. Dabei ist bereits zweifelhaft, ob er überhaupt einer wirksamen Kostenforderung des behandelnden Vertragsarztes ausgesetzt ist, hat dieser doch in seinem Befund- und Behandlungsbericht vom 26.11.2007 dem Senat gegenüber den Abschluss einer privatärztlichen Vereinbarung mit den Eltern des Klägers als dessen gesetzliche Vertreter ausdrücklich verneint. Der Senat brauchte dem jedoch nicht weiter nachzugehen, als die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs ersichtlich nicht vorliegen. Die Beklagte ist nach dieser Vorschrift nur dann zur Kostenerstattung verpflichtet, wenn sie die Leistung abgelehnt hat, dem Versicherten durch die Beschaffung dieser Leistung Kosten entstanden sind und die Leistungsablehnung zu Unrecht erfolgt ist. Zwischen der rechtswidrigen Ablehnung und der Kostenlast des Versicherten muss ein Ursachenzusammenhang bestehen, an dem es fehlt, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung noch nicht über diese entschieden hat (stRspr BSG, Urteil vom 15.04.1997 - 1 BK 31/96 - SozR 3-2500 § 13 Nr 15; zuletzt Beschluss vom 21.02.2008 - B 1 KR 123/07 B - juris, mwN). So liegt der Fall hier: Sofern der Kläger die Behandlung nicht ohnehin bereits als Sachleistung der Gesetzlichen Krankenversicherung nach § 29 SGB V erhalten hat, liegt zwar eine Anzeige der beabsichtigten Aufnahme einer privatärztlichen Behandlung durch Übersendung des kieferorthopädischen Behandlungsplans vom 02.03.2004 vor, eine Entscheidung der Beklagten hat der Kläger aber nicht abgewartet. Die von der Beklagten abgelehnte Wahl der isolierten Kostenerstattung enthielt noch keine Entscheidung über die Behandlung als solche, worauf sie den Kläger mit Schreiben vom 05.05.2004 ausdrücklich hingewiesen hat.
Soweit der Kläger darüber hinaus eine Kostenerstattung "für die Folgezeit bis zum Abschluss der Behandlung" beantragt hat, hat der Senat hierüber bereits weitestgehend entschieden. Offen ist insoweit nur noch ein Anspruch auf Kostenerstattung bzw mangels Rechnungsstellung auf Freistellung für den Zeitraum vom 01.07.2007 bis zum Tag der mündlichen Verhandlung am 06.03.2008. Ein solcher Anspruch besteht nicht; mangels Besonderheiten zu den bisher geprüften Ansprüchen wird auf die vorstehenden Entscheidungsgründe Bezug genommen. Hinzu kommt, dass der Kläger, bezogen auf diesem Zeitraum, noch nicht einmal behauptet, aktuell einer konkreten Zahlungsforderung ausgesetzt zu sein; entsprechende Rechnungen haben weder er noch sein behandelnder Arzt vorgelegt (zur Notwendigkeit einer konkreten Zahlungsforderung: BSG Urteil vom 18.07.2006 - B 1 KR 24/05 R - SozR 4-2500 § 13 Nr 9; KassKomm-Höfler, aaO, § 13 SGB V RdNr 20).
Der vom Kläger schließlich erst im Berufungsverfahren gestellte Antrag auf Sachleistungsgewährung ist unzulässig. Mit diesem Antrag begehrt er den Erlass eines Verwaltungsaktes, denn sein Behandlungsanspruch nach § 29 Abs 1 SGB V wird nicht durch die bloße Behandlungsentscheidung des Kieferorthopäden, sondern erst durch die Bewilligung der Krankenkasse konkretisiert, was sich schon aus der Notwendigkeit der vorherigen Vorlage eines Behandlungsplans (§ 29 Abs 3 Satz 2 SGB V) ergibt (ganz hM: Krauskopf-Wagner, aaO, § 29 RdNr 14; KassKomm-Höfler, aaO, § 29 RdNr 24; Follmann in: jurisPK-SGB V, § 29 RdNr 47, jeweils mwN). Ein solcher Anspruch ist nicht Streitgegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens und ggf in einem gesonderten Verfahren gegenüber der Beklagten zu betreiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183 und 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen hatte der Senat nicht, da die Voraussetzungen nach § 160 Abs 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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