Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 77/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 B 57/08 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Beigeladenen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 29.05.2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beigeladene dem Antragsteller vorläufig bis 31.10.2008 im Bedarfsfall Hilfe bei Krankheit nach § 48 Satz 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu leisten hat. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht des Antragstellers in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und darum, ob ggf. ein Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 48 Satz 1 SGB XII besteht.
Der Antragsteller befand sich vom 25.02.2005 bis zum 09.05.2008 in Haft. Vor seiner Inhaftierung erhielt er Arbeitslosengeld von der Bundesagentur für Arbeit. Seit dem 01.01.2007 bezieht er von der Deutschen Rentenversicherung Rheinland eine monatliche Nettorente von 667,69 Euro. Darüber hinaus erhält er eine belgische Pension in Höhe von monatlich 238,70 Euro. Seine Kosten der Unterkunft und Heizung belaufen sich aktuell auf monatlich 435,00 Euro.
Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller auf einen Antrag vom 13.05.2008 mit, dass eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht eingetreten sei, da er vorrangige Ansprüche gegen den Sozialhilfeträger habe, die einer Versicherungspflicht in der GKV entgegen stünden (Bescheid vom 13.05.2008). Der Beigeladene vertrat während einer Vorsprache des Antragstellers die Auffassung, dass der Antragsteller aufgrund seiner monatlichen Einkünfte nicht bedürftig sei und daher die Gewährung von Krankenhilfe nach § 48 SGB XII nicht in Betracht komme. Ein schriftlicher Bescheid ist bislang nicht ergangen.
Am 20.05.2008 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht (SG) Aachen den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt und gleichzeitig Widerspruch gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.05.2008 erhoben. Das SG hat den Beigeladenen verpflichtet, dem Antragsteller bis zur bestands- bzw. rechtskräftigen Entscheidung über das Bestehen von Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Krankenhilfe nach § 48 SGB XII zu gewähren. Allerdings sei nach der Haftentlassung des Antragstellers keine Versicherungspflicht in der GKV eingetreten (Beschluss vom 29.05.2008). Hiergegen richtet sich die am 26.06.2008 erhobene Beschwerde des Beigeladenen.
Der Antragsteller hat bislang gegen den am 26.06.2008 erlassenen Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin keine Klage erhoben.
II.
Die Beschwerde des Beigeladenen hat keinen Erfolg. Denn der Antragsteller hat unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Sach- und Streitstandes einstweilen Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 48 Satz 1 SGB XII. Dabei hatte der Senat vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller keine Beschwerde gegen den Beschluss des SG erhoben hat, ausschließlich zu prüfen, ob der angefochtene Beschluss gegenüber dem Beigeladenen fehlerhaft ist (vgl. Meyer-Ladewig in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, Vor § 143, Rn. 4a, m.w.N.)
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller das Bestehen eines Rechtsverhältnisses glaubhaft macht, aus dem er eigene Ansprüche ableitet. Maßgeblich sind mithin grundsätzlich die Erfolgsaussichten der Hauptsache (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 86b, Rn. 27 ff.). Ein Anordnungsgrund ist nur dann gegeben, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm unter Berücksichtigung der widerstreitenden öffentlichen Belange ein Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache nicht zuzumuten ist. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen einer gegenwärtigen Notlage, die eine sofortige Entscheidung erforderlich macht.
Ein Anordnungsanspruch ist insofern gegeben, als der Antragsteller gegen die Beigeladene einen Anspruch auf vorläufige Erbringung von Leistungen nach § 48 Satz 1 SGB XII hat. Auch ein Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht.
Im vorliegenden Zusammenhang ist zunächst unschädlich, dass die die Feststellung der Versicherungspflicht ablehnende Entscheidung der Antragsgegnerin (Bescheid vom 13.05.2008; Widerspruchsbescheid vom 20.06.2008) angesichts des Umstandes, dass der Antragsteller hiergegen keine Klage erhoben hat, ggf. bereits in Bestandskraft erwachsen ist. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass aufgrund der Vorsprache des Antragstellers bei dem Beigeladenen ein bislang von dort nicht abschließend beschiedener Antrag auf Gewährung von Hilfe bei Krankheit vorliegt.
Nach summarischer Prüfung sind die Voraussetzungen des § 48 Satz 1 SGB XII erfüllt. Insbesondere kann der Beigeladene dem Antragsteller nicht entgegenhalten, dass er nicht bedürftig sei. Denn ein Anspruch auf Krankenhilfe nach § 48 Satz 1 SGB XII gegenüber dem Beigeladenen besteht auch vor dem Hintergrund seiner monatlichen Renteneinkünfte in Höhe von ingesamt 906,39 Euro. Vorliegend ist nämlich auf die Einkommensgrenzen des § 85 Abs. 1 SGB XII abzustellen. Nach dieser Regelung setzt sich die Einkommensgrenze bei Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII - also auch im Hinblick auf Hilfen bei Krankheit nach § 48 Satz 1 SGB XII - aus einem Grundbetrag in Höhe des zweifachen Eckregelsatzes (§ 85 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII), den angemessenen Kosten der Unterkunft (§ 85 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII) und einem Familienzuschlag (§ 85 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII) zusammen (vgl. auch Bieritz-Harder/Birk in: LPK-SGB XII, 8. Auflage 2008, § 48, Rn. 40).
Bereits bei überschlägiger Berechnung zeigt sich, dass der Antragsteller mit seinem Renteneinkommen unterhalb der Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII liegt (Eckregelsatz ab 01.07.2007: 347,00 x 2 = 694,00 Euro - ab 01.07.2008: 351,00 Euro x 2 = 702,00 Euro). Im Hinblick auf die vom Antragsteller zu tragenden Kosten der Unterkunft und Heizung von monatlich 435,00 Euro dürfte sich die Streitfrage, ob die Kosten der Heizung bei der Ermittlung der Einkommensgrenze ebenfalls zu berücksichtigen sind, in der hier gegebenen Konstellation nicht auswirken (vgl. hierzu Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage 2008, § 85, Rn. 14; Conradis in: LPK-SGB XII, 8. Auflage 2008, § 85, Rn. 5, Karmanski in: Jahn, SGB XII, § 85, Rn. 10; Augstein in: Wenzel/Fichtner, Kommentar zur Grundsicherung, 3. Auflage 2005, § 85 SGB XII, Rn. 9).
Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller über einzusetzendes Vermögen im Sinne des § 90 SGB XII in Verbindung mit § 1 b) der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 SGB XII verfügt, liegen nicht vor und wurden von den Beteiligten auch nicht vorgetragen.
Die Zuständigkeit des Beigeladenen bleibt auch unter Berücksichtigung von § 48 Satz 2 SGB XII in Verbindung mit § 264 Abs. 2 Satz 1 SGB V unberührt. Denn es sind keine Hinweise dafür ersichtlich, dass der Antragsteller mindestens einen Monat ununterbrochen Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen wird. Der Beigeladene ist bislang vielmehr davon ausgegangen, dass der Antragsteller nicht bedürftig ist.
Vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Sicherstellung und Finanzierung von Krankenbehandlung um existenzielle Grundbedürfnisse handelt, ist unter weiterer Berücksichtigung der Gewährleistungen aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) außerdem ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Im Hinblick auf die Frage der Versicherungspflicht des Antragstellers in der GKV ist folgendes zu beachten: Abgesehen davon, dass der Antragsteller keine Beschwerde gegen den die Feststellung der Versicherungspflicht versagenden Beschluss des SG Aachen erhoben hat und sich der Senat schon vor diesem Hintergrund an einer Sachentscheidung gehindert sah, ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem hier aufgeworfenen Problem der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V insbesondere aufgrund der hier vorliegenden Gegebenheiten um eine komplexe Rechtsfrage handelt, deren erschöpfende Klärung einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss. Somit kann hier offen bleiben, ob der Anspruch auf Krankenhilfe aus § 48 Satz 1 SGB XII einen die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausschließenden "anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall" darstellt (so BT-Drs. 16/3100, S. 94 zu § 5 SGB V, Felix in: jurisPK-SGB V, § 5, Rn. 89; Peters in: Kasseler Kommentar, § 5 SGB V, Rn. 163) oder ob gemäß § 5 Abs. 8a SGB V nur der Bezug laufender Leistungen nach dem 3., 4., 6. und 7. Kapitel des SGB XII zum Ausschluss der Versicherungspflicht führt (so Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 07.02.2008 - Az.: L 8 KR 218/07, Juris, m.w.N.). Der Senat lässt ferner ausdrücklich dahinstehen, ob bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "zuletzt gesetzlich krankenversichert" (§ 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V) tatsächlich maßgeblich darauf abzustellen ist, ob der Zeit ohne Absicherung im Krankheitsfall eine Versicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse unmittelbar vorausgegangen ist (vgl. hierzu auch Peters, a.a.O., § 5, Rn. 166).
Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass der angefochtene Beschluss im Verhältnis zum Beigeladenen deshalb fehlerhaft wäre, weil Versicherungspflicht des Antragstellers in der GKV nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 SGB V eingetreten wäre, hätte der Senat sich daran gehindert gesehen, den Beschluss zu ändern und den Antrag abzulehnen. Wie oben bereits ausgeführt, handelt es sich bei Leistungen zur Krankenbehandlung unabhängig davon, ob diese im Rahmen eines Versicherungsverhältnisses oder vom Träger der Sozialhilfe erbracht werden, um existenzielle Grundbedürfnisse. Dieser Umstand lässt es als gerechtfertigt erscheinen, eine einstweilige Verpflichtung des Beigeladenen nach § 48 Satz 1 SGB XII anzunehmen.
Der Senat hat die Wirkung der einstweiligen Anordnung auf die Zeit bis zum 31.10.2008 befristet. Hierdurch wird den Beteiligten hinreichend Gelegenheit gegeben, die Frage der Absicherung des Antragstellers abschließend zu klären. Im Übrigen hat der Beigeladene grundsätzlich die Möglichkeit, einen Erstattungsansanspruch bei der Antragsgegnerin anzumelden (§§ 102 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht des Antragstellers in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und darum, ob ggf. ein Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 48 Satz 1 SGB XII besteht.
Der Antragsteller befand sich vom 25.02.2005 bis zum 09.05.2008 in Haft. Vor seiner Inhaftierung erhielt er Arbeitslosengeld von der Bundesagentur für Arbeit. Seit dem 01.01.2007 bezieht er von der Deutschen Rentenversicherung Rheinland eine monatliche Nettorente von 667,69 Euro. Darüber hinaus erhält er eine belgische Pension in Höhe von monatlich 238,70 Euro. Seine Kosten der Unterkunft und Heizung belaufen sich aktuell auf monatlich 435,00 Euro.
Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller auf einen Antrag vom 13.05.2008 mit, dass eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht eingetreten sei, da er vorrangige Ansprüche gegen den Sozialhilfeträger habe, die einer Versicherungspflicht in der GKV entgegen stünden (Bescheid vom 13.05.2008). Der Beigeladene vertrat während einer Vorsprache des Antragstellers die Auffassung, dass der Antragsteller aufgrund seiner monatlichen Einkünfte nicht bedürftig sei und daher die Gewährung von Krankenhilfe nach § 48 SGB XII nicht in Betracht komme. Ein schriftlicher Bescheid ist bislang nicht ergangen.
Am 20.05.2008 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht (SG) Aachen den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt und gleichzeitig Widerspruch gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.05.2008 erhoben. Das SG hat den Beigeladenen verpflichtet, dem Antragsteller bis zur bestands- bzw. rechtskräftigen Entscheidung über das Bestehen von Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Krankenhilfe nach § 48 SGB XII zu gewähren. Allerdings sei nach der Haftentlassung des Antragstellers keine Versicherungspflicht in der GKV eingetreten (Beschluss vom 29.05.2008). Hiergegen richtet sich die am 26.06.2008 erhobene Beschwerde des Beigeladenen.
Der Antragsteller hat bislang gegen den am 26.06.2008 erlassenen Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin keine Klage erhoben.
II.
Die Beschwerde des Beigeladenen hat keinen Erfolg. Denn der Antragsteller hat unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Sach- und Streitstandes einstweilen Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 48 Satz 1 SGB XII. Dabei hatte der Senat vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller keine Beschwerde gegen den Beschluss des SG erhoben hat, ausschließlich zu prüfen, ob der angefochtene Beschluss gegenüber dem Beigeladenen fehlerhaft ist (vgl. Meyer-Ladewig in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, Vor § 143, Rn. 4a, m.w.N.)
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller das Bestehen eines Rechtsverhältnisses glaubhaft macht, aus dem er eigene Ansprüche ableitet. Maßgeblich sind mithin grundsätzlich die Erfolgsaussichten der Hauptsache (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 86b, Rn. 27 ff.). Ein Anordnungsgrund ist nur dann gegeben, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm unter Berücksichtigung der widerstreitenden öffentlichen Belange ein Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache nicht zuzumuten ist. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen einer gegenwärtigen Notlage, die eine sofortige Entscheidung erforderlich macht.
Ein Anordnungsanspruch ist insofern gegeben, als der Antragsteller gegen die Beigeladene einen Anspruch auf vorläufige Erbringung von Leistungen nach § 48 Satz 1 SGB XII hat. Auch ein Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht.
Im vorliegenden Zusammenhang ist zunächst unschädlich, dass die die Feststellung der Versicherungspflicht ablehnende Entscheidung der Antragsgegnerin (Bescheid vom 13.05.2008; Widerspruchsbescheid vom 20.06.2008) angesichts des Umstandes, dass der Antragsteller hiergegen keine Klage erhoben hat, ggf. bereits in Bestandskraft erwachsen ist. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass aufgrund der Vorsprache des Antragstellers bei dem Beigeladenen ein bislang von dort nicht abschließend beschiedener Antrag auf Gewährung von Hilfe bei Krankheit vorliegt.
Nach summarischer Prüfung sind die Voraussetzungen des § 48 Satz 1 SGB XII erfüllt. Insbesondere kann der Beigeladene dem Antragsteller nicht entgegenhalten, dass er nicht bedürftig sei. Denn ein Anspruch auf Krankenhilfe nach § 48 Satz 1 SGB XII gegenüber dem Beigeladenen besteht auch vor dem Hintergrund seiner monatlichen Renteneinkünfte in Höhe von ingesamt 906,39 Euro. Vorliegend ist nämlich auf die Einkommensgrenzen des § 85 Abs. 1 SGB XII abzustellen. Nach dieser Regelung setzt sich die Einkommensgrenze bei Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII - also auch im Hinblick auf Hilfen bei Krankheit nach § 48 Satz 1 SGB XII - aus einem Grundbetrag in Höhe des zweifachen Eckregelsatzes (§ 85 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII), den angemessenen Kosten der Unterkunft (§ 85 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII) und einem Familienzuschlag (§ 85 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII) zusammen (vgl. auch Bieritz-Harder/Birk in: LPK-SGB XII, 8. Auflage 2008, § 48, Rn. 40).
Bereits bei überschlägiger Berechnung zeigt sich, dass der Antragsteller mit seinem Renteneinkommen unterhalb der Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII liegt (Eckregelsatz ab 01.07.2007: 347,00 x 2 = 694,00 Euro - ab 01.07.2008: 351,00 Euro x 2 = 702,00 Euro). Im Hinblick auf die vom Antragsteller zu tragenden Kosten der Unterkunft und Heizung von monatlich 435,00 Euro dürfte sich die Streitfrage, ob die Kosten der Heizung bei der Ermittlung der Einkommensgrenze ebenfalls zu berücksichtigen sind, in der hier gegebenen Konstellation nicht auswirken (vgl. hierzu Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage 2008, § 85, Rn. 14; Conradis in: LPK-SGB XII, 8. Auflage 2008, § 85, Rn. 5, Karmanski in: Jahn, SGB XII, § 85, Rn. 10; Augstein in: Wenzel/Fichtner, Kommentar zur Grundsicherung, 3. Auflage 2005, § 85 SGB XII, Rn. 9).
Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller über einzusetzendes Vermögen im Sinne des § 90 SGB XII in Verbindung mit § 1 b) der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 SGB XII verfügt, liegen nicht vor und wurden von den Beteiligten auch nicht vorgetragen.
Die Zuständigkeit des Beigeladenen bleibt auch unter Berücksichtigung von § 48 Satz 2 SGB XII in Verbindung mit § 264 Abs. 2 Satz 1 SGB V unberührt. Denn es sind keine Hinweise dafür ersichtlich, dass der Antragsteller mindestens einen Monat ununterbrochen Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen wird. Der Beigeladene ist bislang vielmehr davon ausgegangen, dass der Antragsteller nicht bedürftig ist.
Vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Sicherstellung und Finanzierung von Krankenbehandlung um existenzielle Grundbedürfnisse handelt, ist unter weiterer Berücksichtigung der Gewährleistungen aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) außerdem ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Im Hinblick auf die Frage der Versicherungspflicht des Antragstellers in der GKV ist folgendes zu beachten: Abgesehen davon, dass der Antragsteller keine Beschwerde gegen den die Feststellung der Versicherungspflicht versagenden Beschluss des SG Aachen erhoben hat und sich der Senat schon vor diesem Hintergrund an einer Sachentscheidung gehindert sah, ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem hier aufgeworfenen Problem der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V insbesondere aufgrund der hier vorliegenden Gegebenheiten um eine komplexe Rechtsfrage handelt, deren erschöpfende Klärung einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss. Somit kann hier offen bleiben, ob der Anspruch auf Krankenhilfe aus § 48 Satz 1 SGB XII einen die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausschließenden "anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall" darstellt (so BT-Drs. 16/3100, S. 94 zu § 5 SGB V, Felix in: jurisPK-SGB V, § 5, Rn. 89; Peters in: Kasseler Kommentar, § 5 SGB V, Rn. 163) oder ob gemäß § 5 Abs. 8a SGB V nur der Bezug laufender Leistungen nach dem 3., 4., 6. und 7. Kapitel des SGB XII zum Ausschluss der Versicherungspflicht führt (so Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 07.02.2008 - Az.: L 8 KR 218/07, Juris, m.w.N.). Der Senat lässt ferner ausdrücklich dahinstehen, ob bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "zuletzt gesetzlich krankenversichert" (§ 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V) tatsächlich maßgeblich darauf abzustellen ist, ob der Zeit ohne Absicherung im Krankheitsfall eine Versicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse unmittelbar vorausgegangen ist (vgl. hierzu auch Peters, a.a.O., § 5, Rn. 166).
Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass der angefochtene Beschluss im Verhältnis zum Beigeladenen deshalb fehlerhaft wäre, weil Versicherungspflicht des Antragstellers in der GKV nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 SGB V eingetreten wäre, hätte der Senat sich daran gehindert gesehen, den Beschluss zu ändern und den Antrag abzulehnen. Wie oben bereits ausgeführt, handelt es sich bei Leistungen zur Krankenbehandlung unabhängig davon, ob diese im Rahmen eines Versicherungsverhältnisses oder vom Träger der Sozialhilfe erbracht werden, um existenzielle Grundbedürfnisse. Dieser Umstand lässt es als gerechtfertigt erscheinen, eine einstweilige Verpflichtung des Beigeladenen nach § 48 Satz 1 SGB XII anzunehmen.
Der Senat hat die Wirkung der einstweiligen Anordnung auf die Zeit bis zum 31.10.2008 befristet. Hierdurch wird den Beteiligten hinreichend Gelegenheit gegeben, die Frage der Absicherung des Antragstellers abschließend zu klären. Im Übrigen hat der Beigeladene grundsätzlich die Möglichkeit, einen Erstattungsansanspruch bei der Antragsgegnerin anzumelden (§§ 102 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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