Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 54 R 41/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 23/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.12.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Altersrente unter Berücksichtigung von Ghetto-Beitragszeiten im Ghetto Schaulen in der Zeit von August 1941 bis Juli 1944.
Die am 00.00.1928 in N, Litauen, geborene Klägerin ist jüdischen Glaubens und lebt seit Dezember 1971 in Israel. Von 1940 an hatte sie die sowjetische und im Anschluss an die Einreise in Israel die israelische Staatsangehörigkeit.
In einem Antrag auf die Gewährung von Entschädigungsleistungen gegenüber der Jewish Claims Conference (JCC), Hardship Fund, vom 01.04.1981 gab die Klägerin an, im Herbst 1941 in das Ghetto Schaulen eingewiesen worden zu sein; sie sei die ganze Zeit über streng bewacht worden. 1943 sei sie schließlich ins KZ Stutthof deportiert und im Mai 1945 befreit worden.
Am 05.11.2002 beantragte die Klägerin die Gewährung von Regelaltersrente unter Hinweis auf das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG). Im dazugehörigen Formantrag gab sie unter anderem an, sie sei NS-Verfolgte im Sinne von § 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG). Von August 1941 bis Juli 1944 habe sie im Ghetto Schaulen als Arbeiterin gearbeitet. Die Höhe des Entgelts sei nicht erinnerlich, Rentenversicherungsbeiträge seien aber gezahlt worden.
Im Fragebogen für die Anerkennung von Zeiten unter Berücksichtigung der Vorschriften des ZRBG gab die Klägerin an: Sie habe im Ghetto Schaulen von August 1941 bis Juli 1944 innerhalb des Ghettos im Bekleidungsamt gearbeitet. Sie sei auf dem Weg von und zur und auch während der Arbeit nicht bewacht worden. Der Arbeitseinsatz sei durch Vermittlung des Judenrates zustande gekommen. Sie habe Näharbeiten acht bis zehn Stunden täglich gegen zusätzliche Lebensmittel und ein Mittagessen verrichtet. Eine Rente nach dem israelischen Gesetz N. 5717 - 1957 erhalte sie nicht. Ein Antrag auf Gewährung einer Entschädigung bei der Claims Conference oder gegenüber dem Entschädigungsfonds der Deutschen Wirtschaft "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" sei nicht gestellt worden.
In einer in Kopie zur Verwaltungsakte gereichten eidesstattlichen Erklärung vom 15.01.1984 datierte die Zeugin S G ihren gemeinsamen Aufenthalt mit der Klägerin im Ghetto Schaulen von August 1941 bis Juli 1944. Anschließend seien sie bis September 1944 in das KZ Stutthof und dann bis Anfang 1945 in das Arbeitslager Tornau verbracht worden, um schließlich "neben Bromberg" in Koronovo befreit zu werden. Diese Angaben bestätigte auch die Zeugin G1 M in ihrer schriftlichen Aussage vom 19.12.1984.
Auf Nachfrage der Beklagte teilte die Bezirksregierung Düsseldorf im Juli 2003 mit, dass keine Karteikarten vorlägen, nach denen die Klägerin Ansprüche nach dem BEG geltend gemacht habe.
Ferner ließ sich die Beklagte die Antragsunterlagen der Klägerin von der JCC übermitteln. Der Zwangsarbeiterfonds bestätigte eine Entschädigung aufgrund des Verfolgungsschicksals der Klägerin im Ghetto Schaulen im Jahre 1941 und im Konzentrationslager Stutthof im Jahre 1944. Hierzu habe man die Unterlagen der Klägerin aus dem Art-2-Fonds eingesehen. Über die genaue Schilderung des Verfolgungsschicksals der Klägerin verfüge man nicht.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 14.11.2005 ab. Es könne nicht von einer entgeltlichen Beschäftigung im Ghetto Schaulen ausgegangen werden. Die Klägerin habe nach ihren Angaben für die Tätigkeit lediglich ein Mittagessen und zusätzliche Lebensmittel erhalten.
Unter dem 21.11.2005 legte die Klägerin gegen Bescheid Widerspruch ein. Sie ließ vortragen, sie habe sich freiwillig die Tätigkeit als Arbeiterin im Bekleidungsamt gesucht. An Einzelheiten der Entlohnung könne sie sich nicht erinnern. Haften geblieben seien die wichtigen zusätzlichen Lebensmittel für zu Hause. Es könnten auch Lebensmittel-Coupons und Bargeld gewesen sein. In ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 20.06.2006 ergänzte die Klägerin, dass sie die ganze Zeit (im Ghetto) im Bekleidungsamt gearbeitet habe, nur kurze Zeit in den "G-Werken". Diese Arbeit habe sie mit Hilfe des Judenrats bekommen. Dafür habe sie von der Bekleidungsamtsverwaltung Mittagessen jeden Tag und zusätzliche Lebensmittel für zu Hause wöchentlich erhalten. Diese Lebensmittel seien in solchem Umfang gewesen, dass sie einige Lebensmittel habe tauschen können.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.08.2006 zurück. Auch nach dem Vortrag der Klägerin könne eine Vergütung der Tätigkeit über den freien Unterhalt hinaus nicht angenommen werden, so dass eine Entgeltlichkeit der Beschäftigung im Sinne des ZRBG nicht gegeben sei.
Dagegen hat die Klägerin am 05.09.2006 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Sie hat unter anderem vorgetragen, dass sie die gleiche Entlohnung wie alle anderen erhalten habe. In einer (weiteren) eidesstattlichen Versicherung vom 18.10.2006 hat die Klägerin ausgeführt, sie habe den Judenrat um Arbeit gebeten und dann die Arbeit im Bekleidungsamt bekommen. Sie hat weiter erklärt: "Für meine Arbeit bekam ich von der Amtsverwaltung Mittagessen täglich und zusätzliche Lebensmittel für zu Hause wöchentlich. Es war keine Gewährung einer Suppe, sondern diese Lebensmittel in solchem Umfang waren, dass ich sie nach meinem Bedarf benutzen konnte und einige Lebensmittel auch für etwas Notwendiges tauschen und natürlich diese Lebensmittel dienten nicht nur der unmittelbaren Befriedigung meiner Bedürfnisse. Ich konnte auf diese Lebensmittel eine ganze Woche leben."
Ferner hat sie einen Auszug aus einem Gutachten des Sachverständigen Dr. Tauber vorgelegt, demzufolge ab 1942 alle deutschen Stellen in Wilna aufgrund einer Verordnung des Stadtkommissars von Wilna zur Zahlung von Löhnen an außerhalb des Ghettos beschäftigte jüdische Arbeiter verpflichtet gewesen sein sollen.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 14.11.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2006 die Tätigkeiten von August 1941 bis Juli 1944 als glaubhaft gemachte Beitragszeiten nach dem ZRBG anzuerkennen und die Regelaltersrente ab dem 01.07.1997 unter Berücksichtigung der weiteren Verfolgungszeit als Ersatzzeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung insbesondere auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid bezogen.
Nachdem sich die Beteiligten mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt haben, hat das Sozialgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen (Urteil vom 20.12.2006). Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Altersrente nach § 35 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI), da die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt sei. Hierauf anrechenbare Pflichtbeitragszeiten, insbesondere solche nach dem ZRBG, seien nicht gegeben. Voraussetzung hierfür sei insbesondere, dass ein freiwilliges und entgeltliches Beschäftigungsverhältnis während der Ghetto-Inhaftierung glaubhaft gemacht werde. Dies sei der Klägerin vor dem Hintergrund der Verhältnisse, die im Ghetto Schaulen vorgeherrscht hätten, nicht gelungen. Es bestünden bereits durchgreifende Bedenken hinsichtlich des Umstandes, dass die Klägerin überhaupt einen freien Entschluss zur Aufnahme der behaupteten Tätigkeit habe bilden können. Die historischen Verhältnisse seien so gewesen, dass Beschäftigungsverhältnisse regelmäßig aufgenommen worden seien, um der konkreten Gefahr physischer Vernichtung zu entgehen. Ein solches Beschäftigungsverhältnis könne nicht auf einen freien Willensentschluss im Sinne des ZRBG zurückgeführt werden. Im Übrigen hätten die Arbeitsverhältnisse jüdischer Ghetto-Bewohner auf einem öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis, geprägt durch den bestehenden Arbeitszwang, beruht, so dass Tätigkeiten jüdischer Arbeitskräfte in freiwilligen Beschäftigungsverhältnissen aufgrund der bestehenden Rechts- und Anordnungslage ausgeschlossen gewesen seien. Ferner sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin entgeltlich im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) ZRBG gearbeitet hätte, denn die erhaltenen Gegenleistungen hätten in keinem angemessenem Verhältnis zur erbrachten Arbeitsleistung gestanden, so dass sie keinen Entgeltcharakter gehabt hätten.
Gegen das ihr am 05.01.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.01.2007 Berufung eingelegt. In der Berufungsbegründung führt sie aus, die Anwendung des ZRBG sei historisch unter anderem durch das "Gutachten von Herrn Prof. Golczewski über die Region Ostland" belegt worden. Ebenso lägen Nachweise über die Entlohnung vor.
Auf Fragen des Senats teilt die Klägerin am 14.10.2007 mit: Sie habe während des gesamten Anspruchszeitraums im Bekleidungsamt des Ghettos Schaulen gearbeitet und nur kurze Zeit in den G-Werken. An die genauen Zeiträume könne sie sich nicht mehr erinnern. An beiden Arbeitsplätzen habe sie regelmäßig täglich ein Mittagessen erhalten und wöchentlich haltbare Lebensmittel für zu Hause. "Die Lebensmittel waren in einem Umfang von meinem Bedarf abgestimmt. Das gilt für beide Arbeitsplätze". Andere Gegenleistungen, z.B. Geld oder Lebensmittel-Coupons, habe sie nicht erhalten. Auf die Frage nach dem Umfang der gewährten Lebensmittel: "Es waren verschiedene Lebensmittel: Brot, Mehl, Graupen, Kaffeeersatz, Zucker, Salz usw. Diese Lebensmittel reichten für meine Versorgung aus. Ich bekam diese Lebensmittel von den Verwaltungen der Fabriken, wo ich gearbeitet habe. Ich habe meinen Bekannten G, S und M, G1 geholfen. Ich konnte einige Lebensmittel gegen andere Sachen tauschen: gegen Zahnpulver, Seife usw." Ob ihr Verfolgungsschicksal dokumentiert sei, wisse sie nicht. Für ihr Verfolgungsschicksal habe es zwei Zeuginnen gegeben, von denen eine verstorben und die andere an Morbus Alzheimer erkrankt sei und daher keine weiteren Angaben mehr machen könne.
Die Klägerin hat zunächst mit Schriftsatz vom 09.01.2007 beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.12.2006 und unter Aufhebung des Bescheides vom 14.11.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheid vom 24.08.2006 der Klägerin eine Versicherungsunterlage über die Tätigkeit von August 1941 bis September 1943 im Ghetto Schaulen nach dem ZRBG herzustellen und die Regelaltersrente ab dem 01.07.1997 mit der Verfolgungszeit als Ersatzzeit zu zahlen.
Mit Schriftsatz vom 29.07.2008 beantragt sie nunmehr,
1. die Anerkennung der Zeit von August 1941 bis September 1943 als glaubhaft gemachte Beitragszeiten nach dem ZRBG und die Altersrentenzahlung nach den gesetzlichen Bestimmungen.
2. hilfsweise die Klägerin zur Beweissicherung in Israel persönlich zu hören.
3. hilfsweise ein Glaubwürdigkeitsgutachten über die persönlichen Aussagen der Klägerin einzuholen.
4. hilfsweise ein Gutachten eines Sachverständigen einzuholen, in wieweit die Angaben der Klägerin zur Art ihrer Tätigkeiten, den Bedingungen zur Arbeitsaufnahme und zur Entgeltzahlung im historischen Einklang stehen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist hierzu auf ihr Vorbringen im bisherigen Verfahren und hält die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend.
Auf Anfrage des Senats hat die JCC ihr Schreiben vom 03.07.2001 an die Klägerin übermittelt, in dem sie mitgeteilt hat, deren Antrag auf Leistungen aus dem Artikel-2 Fonds sei abgelehnt worden, weil die von der Klägerin vorgelegten Nachweise das geschilderte Verfolgungsschicksal nicht im erforderlichen Maße schlüssig belegten. Eine Überprüfung der zentralen Namenkartei bei dem Intenational Tracing Service (ITS) in Bad Arolsen ist negativ verlaufen. Der israelische Rentenversicherungsträger hat mitgeteilt, dass im israelischen Versicherungsverlauf der Klägerin 196 Versicherungsmonate seit dem 01.05.1972 belegt sind.
Der Senat hat das von dem Sachverständigen Dr. Tauber erstattete Gutachten "Die Ghettos in Litauen: Kaunas, Vilnius und Siauliai" beigezogen und zum Verfahrensgegenstand gemacht. Er hat außerdem Beweis erhoben durch Sachverständigengutachten von Dr. Tauber, der in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 10.02.2008 zusammenfassend festgestellt hat, dass es keine Anhaltspunkte für ein Abweichen der Angaben der Klägerin von historisch festgestellten Tatsachen gebe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahme Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß §§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1, 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Abwesenheit der Klägerin und ihres Bevollmächtigten verhandeln und entscheiden, weil dieser in der Terminsmitteilung, die ihm am 25.07.2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden ist, auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die in zulässiger Weise auf Gewährung von Altersrente unter Berücksichtigung einer Ghetto-Beitragszeit von August 1941 bis September 1943 gerichtete Klage (I.) ist unbegründet, weil die Voraussetzungen eines Rentenanspruchs nicht bestehen, insbesondere die Voraussetzungen einer Ghetto-Beitragszeit nicht glaubhaft gemacht sind (II.). Weiterer Feststellungen bzw. Beweiserhebungen im Sinne der von der Klägerin gestellten Hilfsanträge bedurfte es nicht (III.).
I.
Der zuletzt schriftsätzlich gestellte Antrag der Klägerin ist dahingehend auszulegen, dass sie in der Hauptsache unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.12.2006 und unter Aufhebung des Bescheides vom 04.11.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2006 von der Beklagten die Gewährung einer Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten in einem Ghetto von August 1941 bis September 1943 ab dem 01.07.1997 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen begehrt. Ein dahingehendes kombiniertes Verpflichtungs- und Leistungsbegehren war dem klägerischen Vorbringen im gesamten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen. Der im Berufungsverfahren zunächst gestellte Antrag enthält seinem Wortlaut nach zwar mit dem Begehren auf Herstellung einer Versicherungsunterlage auch ein Begehren auf Vormerkung der Ghetto-Beitragszeiten. Ein dahingehender Antrag ist in einem Verfahren auf Leistung einer Altersrente jedoch unzulässig (vgl. nur LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 16.10.2007, L 18 (13) R 216/05, sozialgerichtsbarkeit.de, m.w.N.).
II.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist nicht rechtswidrig und beschwert die Klägerin daher nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Altersrente.
Wie der Senat bereits mit näherer Begründung entschieden hat (zB Urteil v. 06.06.2007, L 8 R 54/05, www.sozialgerichtsbarkeit.de), folgt der Anspruch auf Altersrente allein aus dem SGB VI, ohne dass das ZRBG eine eigenständige Anspruchsgrundlage darstellen würde (ebenso BSG, Urteil v. 26.07.2007, B 13 R 28/06 R, SozR 4-5075 § 1 Nr 4, a.A. BSG, Urteil v. 14.12.2006, B 4 R 29/06 R, SozR 4-5075 § 1 Nr 3). Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Altersrente kann daher im Fall des Klägers nur § 35 SGB VI sein. Diese Vorschrift ist trotz des Auslandswohnsitzes des Klägers (vgl. § 30 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) anwendbar (vgl. dazu BSG, Urteil v. 14.07.1999, B 13 RJ 75/98 R, juris; BSG, Urteil v. 13.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, SozR 3-2200 § 1248 Nr 17).
Nach § 35 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben. Als auf die Wartezeit anrechenbare Versicherungszeiten kommen hier nur Beitrags- und Ersatzzeiten i.S.d. §§ 50 Abs. 1 Nr. 1, 51 Abs. 1 und 4 SGB VI in Betracht. Dabei finden nach § 250 Abs. 1 SGB VI Ersatzzeiten allerdings nur dann Berücksichtigung, wenn vor Beginn der Rente zumindest ein Beitrag wirksam entrichtet worden ist oder als wirksam entrichtet gilt; denn Ersatzzeiten sollen nach dem Gesetzeswortlaut nur "Versicherten", dh Personen zugute kommen, die bereits Beitragsleistungen erbracht haben (BSG, Urteil v. 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr 1, m.w.N.).
Die Klägerin hat jedoch keine auf die Wartezeit anrechenbaren Beitragszeiten zurückgelegt. Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht oder den Reichsversicherungsgesetzen Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind (§§ 55 Abs. 1 Satz 1, 247 Abs. 3 Satz 1 SGB VI) oder als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Solche Beitragszeiten bestehen hier weder nach § 2 Abs. 1 ZRBG noch nach Vorschriften des Fremdrentenrechts.
1. Die Anerkennung von Beitragszeiten scheitert für den Zeitraum von August 1941 bis September 1943 nicht schon daran, dass die Klägerin für diese Zeiten eine Entschädigung nach dem Gesetz zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZStiftG) erhalten hat. Wie der Senat bereits entschieden hat, erstrecken sich die in § 16 Abs. 1 Satz 2 EVZStiftG geregelte Ausschlusswirkung und die Verzichtswirkung des § 16 Abs. 2 Satz 2 EVZStiftG nicht auf den Anspruch auf Zahlung einer (ggf. höheren) Rente aufgrund von Beitragszeiten nach § 2 Abs. 1 ZRBG (vgl. zuletzt Senat, Urteil v. 18.06.2008, L 8 R 298/07, sozialgerichtsbarkeit.de, mit eingehender Begründung).
2. Nach § 2 Abs. 1 ZRBG gelten Beiträge als gezahlt für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto. Voraussetzung ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG, dass die Verfolgten sich zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten haben, das in einem vom Deutschen Reich besetzten oder ihm eingegliederten Gebiet gelegen hat und dort eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss gegen Entgelt ausgeübt haben. Ferner darf für die betreffenden Zeiten nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erbracht werden. Die Anspruchsvoraussetzungen müssen glaubhaft gemacht werden (§ 1 Abs. 2 ZRBG iVm § 3 WGSVG). Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche verfügbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist, d.h. mehr für als gegen sie spricht, wobei gewisse noch verbleibende Zweifel unschädlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4).
a) Es ist glaubhaft, dass die Klägerin sich in der Zeit von August 1941 bis September 1943 zwangsweise im Ghetto Schaulen aufgehalten hat. Ihr dortiger Aufenthalt ist durch ihre eigenen Bekundungen sowie durch die genannten Zeugenerklärungen belegt. Dass im fraglichen Zeitraum in Schaulen ein Ghetto bestanden hat, ergibt sich aus dem beigezogenen Sachverständigengutachten von Dr. Tauber. Dass die Klägerin sich in diesem Ghetto zwangsweise aufgehalten hat, haben sie und die Zeuginnen gleichfalls glaubhaft bekundet. Schließlich lag Schaulen im damaligen Generalbezirk Litauen, Reichskommissariat Ostland, und damit einem vom Deutschen Reich besetzten Gebiet.
b) Aufgrund ihres zwangsweisen Aufenthaltes im Ghetto Schaulen ist auch die Verfolgteneigenschaft der Klägerin glaubhaft (vgl. § 1 Abs. 1 iVm § 43 Abs. 2 BEG).
c) Es ist weiter glaubhaft, dass die Klägerin im Ghetto Schaulen Beschäftigungen ausgeübt hat, die im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) ZRBG aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen sind.
(1) Es ist zunächst überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin im Anspruchszeitraum überwiegend beim Armeebekleidungsamt innerhalb des Ghettos und zu einem zeitlich geringeren Teil außerhalb des Ghettos in der Lederfabrik G gearbeitet hat. Die Klägerin hat beide Tätigkeiten im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren durchgehend angegeben. Dass sie sich an genaue Zeitpunkte nicht mehr erinnern konnte, ist im Hinblick auf den seither verstrichenen Zeitraum ohne weiteres nachvollziehbar. Der Senat geht schon aufgrund der phonetischen Ähnlichkeit mit dem Sachverständigen Dr. Tauber davon aus, dass es sich bei den von der Klägerin als "G-Werken" bezeichneten Fabrik um die Lederfabrik G handelt, deren Existenz außerhalb des Ghettos von Schaulen historisch belegt ist. Für eine Tätigkeit der Klägerin bei dieser Fabrik spricht insbesondere, dass sie angegeben hat, dort Pferdesättel sortiert und gereinigt zu haben, was mit dem Charakter des Betriebs als Lederfabrik unschwer in Einklang zu bringen ist. Der Senat folgt dem Sachverständigen allerdings nicht in seiner Annahme, dass die Klägerin mit dem von ihr so genannten "Bekleidungsamt" eine Näherei im Sinne einer Ghettowerkstatt gemeint hat. Vielmehr ist es überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin im Armee- bzw. Heeresbekleidungsamt gearbeitet hat, das aus anderen das Ghetto Schaulen betreffenden Verfahren beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen gleichfalls bekannt ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 11.04.2008, L 14 R 88/07, sozialgerichtsbarkeit.de; vgl. hierzu auch das beigezogene Gutachten des Sachverständigen Dr. Tauber, S. 47 mwN).
(2) Ebenfalls überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Klägerin beide Arbeiten aus eigenem Willensentschluss aufgenommen hat. Die Klägerin hat insoweit dargestellt, sie habe im Bekleidungsamt "leichte Näharbeiten" verrichtet, wie das Annähen von Knöpfen oder Ausbesserungsarbeiten. Bei der Firma G habe sie Pferdesättel sortiert und gereinigt. Hinsichtlich beider Tätigkeiten ist die Darstellung der Klägerin glaubhaft, dass sie zur Verbesserung ihrer Lage vor dem Hintergrund der Not im Ghetto aus eigenem Antrieb gearbeitet hat. Dagegen sprechende Anhaltspunkte, wie z.B. Misshandlungen während der Arbeit, sind nicht ersichtlich.
Die Arbeiten der Klägerin im Ghetto Schaulen unterfielen nicht den Reichsversicherungsgesetzen, da sie nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besaß. Die Stadt Schaulen lag im damals so genannten Reichskommissariat Ostland, in dem die Reichsversicherungsgesetze für Personen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen, nicht galten (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, zum so genannten Generalgouvernement; LSG NRW, Urteil vom 20.11.2006, L 3 R 58/06, zum Reichskommissariat Ostland).
d) Der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG beschriebenen Typus der Beschäftigung ist indes nach dem Vorbild des sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses auch durch die Entgeltlichkeit von der nicht von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG erfassten Zwangsarbeit abzugrenzen. Danach ist neben der Aufnahme und Ausübung der Arbeit aus eigenem Willensentschluss auch die Gewährung eines Entgelts erforderlich, das nach Art und Höhe eine versicherungspflichtige Beschäftigung begründen kann (zusammenfassend Senat, Urteil v. 21.11.2007, L 8 R 98/07; sozialgerichtsbarkeit.de). Maßgebend hierfür sind die Kriterien, die das BSG in seiner sog. Ghettorechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.1997, 5 RJ 66/95, SozR 3-2200 § 1248 Nr 15; vom 21.04.1999, B 5 RJ 48/98 R, SozR 3-2200 § 1248 Nr 16; vom 14.07.1999, B 13 RJ 75/98 R, aaO) entwickelt hat (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 07.10.2004, aaO; Senat, Urteil v. 21.11.2007 aaO.).
(1) Wie der Senat bereits im Einzelnen dargelegt hat, ist als Entgelt in diesem Sinne ein die Versicherungspflicht in der deutschen Rentenversicherung begründendes Entgelt anzusehen (vgl. zum Folgenden Urteile v. 12.12.2007, L 8 R 187/07 und 28.01.2008, L 8 RJ 139/04; jeweils aaO). Danach lassen sich die im Zusammenhang mit Streitigkeiten nach dem ZRBG auftretenden Fallgruppen zunächst wie folgt systematisieren: Die Gewährung von Geld in der ortsüblichen Währung, aber auch von Ghettogeld oder zum Tausch bestimmten Bezugsscheinen ist Entgelt i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) ZRBG, soweit ihr Umfang zumindest ein Sechstel des ortsüblichen Arbeitsentgelts für ungelernte Arbeiter(innen) übersteigt. Bei der Gewährung von Sachbezügen ist dagegen zu unterscheiden: Übersteigen die Sachbezüge (insbesondere Verpflegung, Unterkunft und Kleidung) nicht das Maß freien Unterhalts, d.h. derjenigen wirtschaftlichen Güter, die zur unmittelbaren Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Einzelnen erforderlich sind, liegt kein Entgelt vor. Bei Lebensmitteln kommt es darauf an, ob sie nach Art und Umfang des Bedarfs unmittelbar zum Verbrauch oder Gebrauch gegeben werden. Wird das Maß des persönlichen Bedarfs hingegen überschritten und werden die Lebensmittel zur freien Verfügung gewährt, ist von Entgelt auszugehen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn glaubhaft gemacht wird, dass gewährte Lebensmittel auch den Bedarf eines Angehörigen sicherzustellen. Stehen Art und Umfang gewährter Lebensmittel bzw. Sachbezüge nach Ausschöpfung aller sonstigen Beweismittel, z.B. der glaubhaften Angaben der Klägerin bzw. des Klägers, vernommener Zeugen, Angaben in einem Sachverständigengutachten oder aufgrund eindeutiger historischer Quellen nicht fest, so kann ein entsprechender Umfang im Einzelfall als glaubhaft gemacht angesehen werden, wenn die gute Möglichkeit besteht, dass ein Dritter, insbesondere ein Familienangehöriger, hiervon über einen erheblichen Zeitraum zumindest entscheidend mitversorgt worden ist. Ohne Bedeutung ist es dagegen, ob die Lebensmittel unmittelbar in Naturalien gewährt worden sind, oder ob die Betroffenen Lebensmittelcoupons erhalten haben, die sie gegen Lebensmittel eintauschen konnten.
(2) Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind beide von der Klägerin ausgeübten Beschäftigungen nicht als entgeltlich anzusehen.
Insoweit steht zunächst fest, dass die Klägerin weder Geld noch vergleichbare Zahlungsmittel, sondern lediglich Lebensmittel erhalten hat. Weder im von ihr am 30.10.2003 unterzeichneten Formrentenantrag noch in dem von ihr am 30.11.2003 ausgefüllten Fragebogen für die Anerkennung von Zeiten unter Berücksichtigung der Vorschriften des ZRBG hat sie vorgetragen, Bargeld erhalten zu haben, sondern statt dessen "zusätzliche Lebensmittel" als Gegenleistung angegeben. Auch in ihren frei formulierten zum Verfahren gereichten eidesstattlichen Versicherungen vom 20.06.2006, 18.10.2006 und 02.01.2008 findet Barlohn keine Erwähnung. Auch die nochmalige ausdrückliche Frage des Senats "Haben Sie außer Lebensmitteln etwas an der Arbeitsstelle bekommen, z. B. Geld, Lebensmittelcoupons? Wenn ja, geben Sie möglichst genau die Menge an und wie oft die Leistungen gegeben wurden (z. B. täglich, einmal pro Woche). Gab es Unterschiede zwischen den Arbeitsstätten?" hat sie verneint. Soweit der Kläger-Bevollmächtigte in seiner Widerspruchsbegründung vom 08.05.2006 zur Entlohnung ausführt: "es können auch Lebensmittelcoupons und Bargeld gewesen sein", stellt schon die Formulierung klar, dass eine diesbezügliche Erinnerung der Klägerin nicht besteht. Eine entsprechende Barentlohnung ist dann von der Klägerin auch nicht in ihrer hierzu zeitnah abgegebenen eidesstattlichen Erklärung vom 20.06.2006 erwähnt worden. Vielmehr heißt es dort wieder, für die Arbeit habe sie "von der Bekleidungsverwaltung Mittagessen und zusätzliche Lebensmittel für zu Hause wöchentlich" erhalten. Schließlich hat auch der Sachverständige Dr. Tauber in seinem Gutachten die Gewährung von Lebensmitteln für plausibel gehalten.
Es kann nicht im Sinne einer guten Möglichkeit festgestellt werden, dass diese Lebensmittel nach vorbestimmtem Maße zur beliebigen Verfügung geeignet gewesen, d.h. über den unmittelbaren Bedarf der Klägerin hinausgegangen sind. Genauere Angaben zur Menge der erhaltenen Lebensmittel hat die Klägerin nicht mehr machen können. Sie hat vielmehr in ihrer Erklärung vom 18.10.2006 selbst ausgeführt, dass die Lebensmittel in einem solchen Umfang gewesen seien, dass sie (lediglich) etwas Notwendiges habe tauschen können. Von ihrer erhaltenen Wochenration habe sie eben gerade diese ganze Woche leben können. Dies korrespondiert mit ihrer späteren Erklärung, nach der sie einige Lebensmittel gegen andere Sachen tauschen konnte, nämlich gegen Zahnpulver, Seife usw. Hierbei handelte es sich gerade auch um typische Sachen des täglichen Bedarfs, die vom freien Unterhalt mitumfasst sind.
Die Lebensmittel waren jedenfalls nicht in einem solchen Umfang, als dass etwa Dritte über einen längeren Zeitraum durch die Klägerin mitversorgt werden konnten, wenngleich sie auf konkrete Nachfrage des Senats hierzu angegeben hat, sie habe ihren Bekannten S G und G1 M, die mit im Ghetto waren, mit den erhaltenen Lebensmitteln geholfen. Der Senat hat dabei keine Zweifel, dass eine derartige Hilfeleistung unter Ghettobedingungen vorgekommen ist, wo sie nötig war. Für eine Unterstützung der Bekannten in erheblichem Ausmaß über Einzelfälle hinaus und kontinuierlich über einen längeren Zeitraum hinweg bestehen hingegen keine ausreichenden Anhaltspunkte, zumal der Senat ausdrücklich gefragt hatte, ob Dritte, Freunde, Bekannte auf Lebensmittelgaben durch die Klägerin angewiesen gewesen seien. Hierzu hat die Klägerin jedoch keine Angaben gemacht.
(3) Für Zahlungen der für das Heeresbekleidungsamt zuständigen Wehrmachtsdienststelle oder der G-Werke an den Judenrat, die als Entgeltzahlungen im Verhältnis zur Klägerin angesehen werden könnten, bestehen keine ausreichenden Hinweise. Zwar haben nach Angaben des Sachverständigen Dr. Tauber ab dem 01.10.1941 sog. "Richtlinien für den Einsatz der jüdischen Arbeitskräfte" bestanden, wonach zumindest private Arbeitgeber zur Lohnzahlung verpflichtet gewesen sind. Er hat jedoch selbst ausgeführt, die Entgeltzahlung habe sich sehr unterschiedlich gestaltet. Darüber hinaus war diesen Richtlinien nur eine Verpflichtung zur Zahlung entweder an die Arbeiter oder an die Kasse des Gebietskommissars, nicht jedoch an den Judenrat zu entnehmen. Konkretere Angaben lassen sich auch seinem im vorliegenden Fall erstatteten Gutachten zufolge nicht machen. In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass nach § 10 der Allgemeinen Anordnung für die einheimischen Arbeiter im öffentlichen Dienst und in der Wirtschaft vom 21.11.1941 (Verordnungsblatt des Reichskommissars für das Ostland v. 25.11.1941, S. 75) die in dieser Anordnung geregelten Lohnansprüche für jüdische Arbeitskräfte ausdrücklich nicht galten. Vor diesem Hintergrund ist nicht davon auszugehen, dass Zahlungen etwaiger Arbeitgeber zur Erfüllung von Lohnansprüchen jüdischer Arbeiterinnen und Arbeiter erfolgt sind. Aus diesem Grund führt auch die sog. Rechtsanspruchstheorie ebenfalls zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis.
3. Die von der Klägerin im Ghetto Schaulen von August 1941 bis September 1943 verrichteten Arbeiten können auch nicht nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. §§ 15, 16 Fremdrentengesetz (FRG) iVm m. § 20 WGSVG bzw. § 17 a FRG oder § 12 WGSVG als Versicherungszeiten angerechnet werden. Die Arbeit der Klägerin im Ghetto Schaulen unterfiel nicht den Reichsversicherungsgesetzen. Im Reichskommissariat Ostland galten die Reichsversicherungsgesetze nicht für Personen, die – wie die Klägerin - nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen, nicht galten (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, aaO). Eine Anrechnung als Versicherungszeit kann sich daher allein nach den §§ 15, 16 FRG i. V. m. § 20 WGSVG bzw. § 17 a FRG richten. Eine Anrechnung als Beitragszeit nach § 15 Abs. 1 FRG kommt indessen nicht in Betracht, weil eine Beitragsentrichtung zu einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung nicht glaubhaft gemacht und von der Klägerin schon nicht behauptet worden ist. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 FRG sind bereits deshalb nicht erfüllt, da - wie oben bereits ausgeführt worden ist - ein nach deutschem Recht dem Grunde nach rentenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht im Sinne einer guten Möglichkeit festgestellt werden kann. Auch § 16 FRG greift nicht zu Gunsten der Klägerin ein, da die von ihr ausgeübten Tätigkeiten nicht nach dem am 01.03.1957 geltenden Bundesrecht (§§ 1227, 1228 RVO n.F.) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet hätten, wenn sie im Gebiet der BRD ohne das Beitrittsgebiet verrichtet worden wären. Da nicht im Sinne einer Glaubhaftmachung festgestellt werden kann, dass die Klägerin eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, liegen die Voraussetzungen des § 12 WGSVG ebenfalls nicht vor.
III.
Weiterer Feststellungen bzw. Beweiserhebungen des Senates entsprechend den Hilfsanträgen der Klägerin bedurfte es nicht.
1. Der Senat brauchte die Klägerin nicht persönlich in Israel anzuhören.
Da das sozialgerichtliche Verfahren die Anhörung der Klägerin bzw. des Klägers als Beweismittel nicht kennt, ist der Antrag der Klägerin dahingehend auszulegen, dass sie die Anordnung ihres persönlichen Erscheinens gemäß § 111 Abs. 1 SGG ihre persönliche Befragung zu ihrem Verfolgungsschicksal, insbesondere den Umständen ihrer Beschäftigung im Ghetto Schaulen, begehrt. Eine solche Anordnung bzw. persönliche Befragung war im vorliegenden Fall jedoch nicht geboten.
Die Entscheidung über die Anordnung des persönlichen Erscheinens zur mündlichen Verhandlung liegt nach § 111 Abs. 1 Satz 1 SGG im Ermessen des Gerichts. Die Anordnung dient vor allem der Erforschung des Sachverhalts unter Heranziehung der Beteiligten (§ 103 Satz 1 SGG). Das ergibt sich bereits aus dem über § 202 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbaren § 141 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach das Gericht das persönliche Erscheinen anordnen soll, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Darüber hinaus kann das persönliche Erscheinen angeordnet werden, um das Sach- und Streitverhältnis mit den Beteiligten zu erörtern und darauf zu wirken, dass sie sich über erhebliche Tatsachen vollständig erklären sowie angemessene und sachdienliche Anträge stellen (§ 112 Abs. 2 Satz 2 SGG). Dagegen hat die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht die Funktion, das rechtliche Gehör der Beteiligten (vgl. hierzu Art 103 Abs. 1 Grundgesetz [GG], § 62 SGG) sicherzustellen. Insofern darf die Zielrichtung des § 111 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht mit der in § 112 Abs. 2 Satz 1 SGG geregelten Möglichkeit der Beteiligten verwechselt werden, in der mündlichen Verhandlung das Wort zu ergreifen.
Das geschilderte Verständnis des § 111 Abs. 1 Satz 1 SGG entspricht allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (BSG, Beschluss v. 31.01.2008, B 2 U 311/07 B; Beschluss v. 31.10.2005, B 7a AL 14/05 B; Urteil v. 21.06.1983, 4 RJ 3/83; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 03.02.2006, L 4 R 47/05; Beschluss v. 10.10.2001, L 16 KR 42/01; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 11.05.2005, L 3 AL 1306/00; Knittel in Hennig, SGG; § 111 Rdnr. 3; Kolmetz in Jansen, SGG, 2. Aufl. [2005], § 111 Rdnr. 3; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. [2008], § 111 Rdnr. 2 ff.; Peters/Sautter/Wolff, SGG, Stand 2004, § 111 Rdnr. 3 ff.; Roller in Hk-SGG, § 111 Rdnr. 3; Rohwer-Kahlmann, SGG, Stand 2002, § 111 Rdnr. 1) und der ständigen Senatspraxis. Soweit der Senat abweichend hiervon in einer einzelnen Entscheidung (Urteil vom 19.03.2008, L 8 R 264/07, sozialgerichtsbarkeit.de) die Ansicht vertreten hat, es komme für die Entscheidung über die Anordnung des persönlichen Erscheinens maßgeblich auf den Willen des Verfahrensbeteiligten selbst an, weil die Vorschrift des § 111 Abs. 1 SGG einfachgesetzlicher Ausdruck des Grundrechts aus Art 103 Abs. 1 GG sei, hält er hieran nicht fest.
Bei der Erfüllung seiner Pflichten nach §§ 103 Satz 1 SGG, 112 Abs. 2 Satz 2 SGG stehen den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit auch außerhalb der Anordnung des persönlichen Erscheinens vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung, die Beteiligten zur Aufklärung des Sachverhalts heranzuziehen und darauf hinzuwirken, dass sie sich über erhebliche Tatsachen vollständig erklären. So können sich die entscheidungserheblichen Tatsachen zunächst aus den vorbereitenden Schriftsätzen der Beteiligten ergeben (§ 108 Satz 1 SGG). Ist der Beteiligte anwaltlich vertreten, darf das Gericht grundsätzlich davon ausgehen, dass die Prozessbevollmächtigten sich im Rahmen ihrer Verpflichtung zur gewissenhaften Berufsausübung (vgl. § 43 Satz 1 Bundesrechtsanwaltsordnung) zumindest bemühen, den maßgeblichen Prozessstoff vollständig und wahrheitsgemäß vorzutragen. Zudem kann das Gericht den Beteiligten aufgeben, zu bestimmten Vorgängen Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen (§ 106a Abs. 2 Nr. 1 SGG). Es kann die Verwaltungsakte der Beklagten und anderer Behörden beiziehen (§§ 104 Satz 3, 119 SGG) und die darin enthaltenen Erklärungen der Beteiligten verwerten. Ferner kann das Gericht sich im Besitz Dritter befindliche Urkunden über anderweitige Erklärungen der Beteiligten vorlegen lassen (§ 106 Abs. 3 Nr. 1 SGG iVm §§ 428 ff. ZPO) oder hierüber Auskünfte einholen (§ 106 Abs. 3 Nr. 3 SGG). Die Anhörung der Beteiligten im Termin und die Anordnung ihres persönlichen Erscheinens hierzu kommt daher nur als eines von mehreren Erkenntnismitteln in Betracht, insbesondere wenn und soweit das Gericht die bislang vorliegenden Erklärungen nicht für ausreichend hält und sich von einer persönlichen Befragung weitere Aufklärung erhofft. Dagegen bedarf es einer Anordnung des persönlichen Erscheinens beispielsweise nicht, wenn das Gericht auf der Grundlage der bisherigen Angaben der Beteiligten den Sachverhalt als ausreichend geklärt ansieht (Senat, Urteil v. 05.03.2008, L 8 R 321/06).
Nach diesen Grundsätzen war die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin im vorliegenden Fall nicht geboten. Der Senat erachtet ihre vorliegenden Erklärungen als glaubhaft und den Sachverhalt auf dieser Grundlage als geklärt. Es ist nicht ersichtlich und von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin auch nicht vorgetragen worden, welche weitere Aufklärung über die Angaben der Klägerin auf den Fragebogen des Senates hin von einer persönlichen Anhörung zu erwarten wäre.
2. Der weitere Antrag des Kläger-Bevollmächtigten, hilfsweise ein Glaubwürdigkeitsgutachten über die persönlichen Aussagen der Klägerin einzuholen, geht ins Leere. Von der Glaubhaftigkeit der persönlichen (schriftlichen) Aussagen der Klägerin geht der Senat bei der Urteilsfindung entsprechend den obigen Ausführungen gerade aus. Schon deshalb bedarf es der Überprüfung ihrer Angaben durch ein Gutachten nicht. Im Übrigen ist es grundsätzlich Aufgabe der Gerichte, Angaben und Aussagen von Klägern und Zeugen zu würdigen und deren Glaubhaftigkeit zu beurteilen. Dabei ist regelmäßig davon auszugehen, dass Berufsrichter über diejenige Sachkunde bei der Anwendung aussagepsychologischer Glaubwürdigkeitskriterien verfügen, die für die Beurteilung von Aussagen auch bei schwieriger Beweislage erforderlich ist. Zur entsprechenden Beurteilung ist der Senat daher auf Glaubwürdigkeitsgutachten regelmäßig nicht angewiesen.
3. Der Einholung eines (weiteren) historischen Gutachtens entsprechend der Anregung des Kläger-Bevollmächtigten im Hilfsantrag zu 4.) bedarf es ebenfalls nicht. Ein solches Gutachten ist - wie dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin bei seiner gewissenhaften Aufarbeitung des Prozessstoffs gewiss nicht entgangen ist - von dem Sachverständigen Dr. Tauber im vorliegenden Fall bereits erstellt worden. Der Senat geht daher davon aus, dass der Hilfsantrag zu 4.) auf einem Kanzleiversehen beruht.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Insbesondere die Frage, wann eine Beschäftigung im Sinne des § 1 Abs. 1 ZRBG "gegen Entgelt" ausgeübt worden ist, ist unter Berücksichtigung der von den übrigen Senaten des Bundessozialgerichts abweichenden Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (Urteil vom 14.12.2006, B 4 R 29/06 R) nach wie vor nicht als höchstrichterlich geklärt anzusehen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Altersrente unter Berücksichtigung von Ghetto-Beitragszeiten im Ghetto Schaulen in der Zeit von August 1941 bis Juli 1944.
Die am 00.00.1928 in N, Litauen, geborene Klägerin ist jüdischen Glaubens und lebt seit Dezember 1971 in Israel. Von 1940 an hatte sie die sowjetische und im Anschluss an die Einreise in Israel die israelische Staatsangehörigkeit.
In einem Antrag auf die Gewährung von Entschädigungsleistungen gegenüber der Jewish Claims Conference (JCC), Hardship Fund, vom 01.04.1981 gab die Klägerin an, im Herbst 1941 in das Ghetto Schaulen eingewiesen worden zu sein; sie sei die ganze Zeit über streng bewacht worden. 1943 sei sie schließlich ins KZ Stutthof deportiert und im Mai 1945 befreit worden.
Am 05.11.2002 beantragte die Klägerin die Gewährung von Regelaltersrente unter Hinweis auf das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG). Im dazugehörigen Formantrag gab sie unter anderem an, sie sei NS-Verfolgte im Sinne von § 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG). Von August 1941 bis Juli 1944 habe sie im Ghetto Schaulen als Arbeiterin gearbeitet. Die Höhe des Entgelts sei nicht erinnerlich, Rentenversicherungsbeiträge seien aber gezahlt worden.
Im Fragebogen für die Anerkennung von Zeiten unter Berücksichtigung der Vorschriften des ZRBG gab die Klägerin an: Sie habe im Ghetto Schaulen von August 1941 bis Juli 1944 innerhalb des Ghettos im Bekleidungsamt gearbeitet. Sie sei auf dem Weg von und zur und auch während der Arbeit nicht bewacht worden. Der Arbeitseinsatz sei durch Vermittlung des Judenrates zustande gekommen. Sie habe Näharbeiten acht bis zehn Stunden täglich gegen zusätzliche Lebensmittel und ein Mittagessen verrichtet. Eine Rente nach dem israelischen Gesetz N. 5717 - 1957 erhalte sie nicht. Ein Antrag auf Gewährung einer Entschädigung bei der Claims Conference oder gegenüber dem Entschädigungsfonds der Deutschen Wirtschaft "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" sei nicht gestellt worden.
In einer in Kopie zur Verwaltungsakte gereichten eidesstattlichen Erklärung vom 15.01.1984 datierte die Zeugin S G ihren gemeinsamen Aufenthalt mit der Klägerin im Ghetto Schaulen von August 1941 bis Juli 1944. Anschließend seien sie bis September 1944 in das KZ Stutthof und dann bis Anfang 1945 in das Arbeitslager Tornau verbracht worden, um schließlich "neben Bromberg" in Koronovo befreit zu werden. Diese Angaben bestätigte auch die Zeugin G1 M in ihrer schriftlichen Aussage vom 19.12.1984.
Auf Nachfrage der Beklagte teilte die Bezirksregierung Düsseldorf im Juli 2003 mit, dass keine Karteikarten vorlägen, nach denen die Klägerin Ansprüche nach dem BEG geltend gemacht habe.
Ferner ließ sich die Beklagte die Antragsunterlagen der Klägerin von der JCC übermitteln. Der Zwangsarbeiterfonds bestätigte eine Entschädigung aufgrund des Verfolgungsschicksals der Klägerin im Ghetto Schaulen im Jahre 1941 und im Konzentrationslager Stutthof im Jahre 1944. Hierzu habe man die Unterlagen der Klägerin aus dem Art-2-Fonds eingesehen. Über die genaue Schilderung des Verfolgungsschicksals der Klägerin verfüge man nicht.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 14.11.2005 ab. Es könne nicht von einer entgeltlichen Beschäftigung im Ghetto Schaulen ausgegangen werden. Die Klägerin habe nach ihren Angaben für die Tätigkeit lediglich ein Mittagessen und zusätzliche Lebensmittel erhalten.
Unter dem 21.11.2005 legte die Klägerin gegen Bescheid Widerspruch ein. Sie ließ vortragen, sie habe sich freiwillig die Tätigkeit als Arbeiterin im Bekleidungsamt gesucht. An Einzelheiten der Entlohnung könne sie sich nicht erinnern. Haften geblieben seien die wichtigen zusätzlichen Lebensmittel für zu Hause. Es könnten auch Lebensmittel-Coupons und Bargeld gewesen sein. In ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 20.06.2006 ergänzte die Klägerin, dass sie die ganze Zeit (im Ghetto) im Bekleidungsamt gearbeitet habe, nur kurze Zeit in den "G-Werken". Diese Arbeit habe sie mit Hilfe des Judenrats bekommen. Dafür habe sie von der Bekleidungsamtsverwaltung Mittagessen jeden Tag und zusätzliche Lebensmittel für zu Hause wöchentlich erhalten. Diese Lebensmittel seien in solchem Umfang gewesen, dass sie einige Lebensmittel habe tauschen können.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.08.2006 zurück. Auch nach dem Vortrag der Klägerin könne eine Vergütung der Tätigkeit über den freien Unterhalt hinaus nicht angenommen werden, so dass eine Entgeltlichkeit der Beschäftigung im Sinne des ZRBG nicht gegeben sei.
Dagegen hat die Klägerin am 05.09.2006 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Sie hat unter anderem vorgetragen, dass sie die gleiche Entlohnung wie alle anderen erhalten habe. In einer (weiteren) eidesstattlichen Versicherung vom 18.10.2006 hat die Klägerin ausgeführt, sie habe den Judenrat um Arbeit gebeten und dann die Arbeit im Bekleidungsamt bekommen. Sie hat weiter erklärt: "Für meine Arbeit bekam ich von der Amtsverwaltung Mittagessen täglich und zusätzliche Lebensmittel für zu Hause wöchentlich. Es war keine Gewährung einer Suppe, sondern diese Lebensmittel in solchem Umfang waren, dass ich sie nach meinem Bedarf benutzen konnte und einige Lebensmittel auch für etwas Notwendiges tauschen und natürlich diese Lebensmittel dienten nicht nur der unmittelbaren Befriedigung meiner Bedürfnisse. Ich konnte auf diese Lebensmittel eine ganze Woche leben."
Ferner hat sie einen Auszug aus einem Gutachten des Sachverständigen Dr. Tauber vorgelegt, demzufolge ab 1942 alle deutschen Stellen in Wilna aufgrund einer Verordnung des Stadtkommissars von Wilna zur Zahlung von Löhnen an außerhalb des Ghettos beschäftigte jüdische Arbeiter verpflichtet gewesen sein sollen.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 14.11.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2006 die Tätigkeiten von August 1941 bis Juli 1944 als glaubhaft gemachte Beitragszeiten nach dem ZRBG anzuerkennen und die Regelaltersrente ab dem 01.07.1997 unter Berücksichtigung der weiteren Verfolgungszeit als Ersatzzeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung insbesondere auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid bezogen.
Nachdem sich die Beteiligten mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt haben, hat das Sozialgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen (Urteil vom 20.12.2006). Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Altersrente nach § 35 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI), da die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt sei. Hierauf anrechenbare Pflichtbeitragszeiten, insbesondere solche nach dem ZRBG, seien nicht gegeben. Voraussetzung hierfür sei insbesondere, dass ein freiwilliges und entgeltliches Beschäftigungsverhältnis während der Ghetto-Inhaftierung glaubhaft gemacht werde. Dies sei der Klägerin vor dem Hintergrund der Verhältnisse, die im Ghetto Schaulen vorgeherrscht hätten, nicht gelungen. Es bestünden bereits durchgreifende Bedenken hinsichtlich des Umstandes, dass die Klägerin überhaupt einen freien Entschluss zur Aufnahme der behaupteten Tätigkeit habe bilden können. Die historischen Verhältnisse seien so gewesen, dass Beschäftigungsverhältnisse regelmäßig aufgenommen worden seien, um der konkreten Gefahr physischer Vernichtung zu entgehen. Ein solches Beschäftigungsverhältnis könne nicht auf einen freien Willensentschluss im Sinne des ZRBG zurückgeführt werden. Im Übrigen hätten die Arbeitsverhältnisse jüdischer Ghetto-Bewohner auf einem öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis, geprägt durch den bestehenden Arbeitszwang, beruht, so dass Tätigkeiten jüdischer Arbeitskräfte in freiwilligen Beschäftigungsverhältnissen aufgrund der bestehenden Rechts- und Anordnungslage ausgeschlossen gewesen seien. Ferner sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin entgeltlich im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) ZRBG gearbeitet hätte, denn die erhaltenen Gegenleistungen hätten in keinem angemessenem Verhältnis zur erbrachten Arbeitsleistung gestanden, so dass sie keinen Entgeltcharakter gehabt hätten.
Gegen das ihr am 05.01.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.01.2007 Berufung eingelegt. In der Berufungsbegründung führt sie aus, die Anwendung des ZRBG sei historisch unter anderem durch das "Gutachten von Herrn Prof. Golczewski über die Region Ostland" belegt worden. Ebenso lägen Nachweise über die Entlohnung vor.
Auf Fragen des Senats teilt die Klägerin am 14.10.2007 mit: Sie habe während des gesamten Anspruchszeitraums im Bekleidungsamt des Ghettos Schaulen gearbeitet und nur kurze Zeit in den G-Werken. An die genauen Zeiträume könne sie sich nicht mehr erinnern. An beiden Arbeitsplätzen habe sie regelmäßig täglich ein Mittagessen erhalten und wöchentlich haltbare Lebensmittel für zu Hause. "Die Lebensmittel waren in einem Umfang von meinem Bedarf abgestimmt. Das gilt für beide Arbeitsplätze". Andere Gegenleistungen, z.B. Geld oder Lebensmittel-Coupons, habe sie nicht erhalten. Auf die Frage nach dem Umfang der gewährten Lebensmittel: "Es waren verschiedene Lebensmittel: Brot, Mehl, Graupen, Kaffeeersatz, Zucker, Salz usw. Diese Lebensmittel reichten für meine Versorgung aus. Ich bekam diese Lebensmittel von den Verwaltungen der Fabriken, wo ich gearbeitet habe. Ich habe meinen Bekannten G, S und M, G1 geholfen. Ich konnte einige Lebensmittel gegen andere Sachen tauschen: gegen Zahnpulver, Seife usw." Ob ihr Verfolgungsschicksal dokumentiert sei, wisse sie nicht. Für ihr Verfolgungsschicksal habe es zwei Zeuginnen gegeben, von denen eine verstorben und die andere an Morbus Alzheimer erkrankt sei und daher keine weiteren Angaben mehr machen könne.
Die Klägerin hat zunächst mit Schriftsatz vom 09.01.2007 beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.12.2006 und unter Aufhebung des Bescheides vom 14.11.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheid vom 24.08.2006 der Klägerin eine Versicherungsunterlage über die Tätigkeit von August 1941 bis September 1943 im Ghetto Schaulen nach dem ZRBG herzustellen und die Regelaltersrente ab dem 01.07.1997 mit der Verfolgungszeit als Ersatzzeit zu zahlen.
Mit Schriftsatz vom 29.07.2008 beantragt sie nunmehr,
1. die Anerkennung der Zeit von August 1941 bis September 1943 als glaubhaft gemachte Beitragszeiten nach dem ZRBG und die Altersrentenzahlung nach den gesetzlichen Bestimmungen.
2. hilfsweise die Klägerin zur Beweissicherung in Israel persönlich zu hören.
3. hilfsweise ein Glaubwürdigkeitsgutachten über die persönlichen Aussagen der Klägerin einzuholen.
4. hilfsweise ein Gutachten eines Sachverständigen einzuholen, in wieweit die Angaben der Klägerin zur Art ihrer Tätigkeiten, den Bedingungen zur Arbeitsaufnahme und zur Entgeltzahlung im historischen Einklang stehen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist hierzu auf ihr Vorbringen im bisherigen Verfahren und hält die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend.
Auf Anfrage des Senats hat die JCC ihr Schreiben vom 03.07.2001 an die Klägerin übermittelt, in dem sie mitgeteilt hat, deren Antrag auf Leistungen aus dem Artikel-2 Fonds sei abgelehnt worden, weil die von der Klägerin vorgelegten Nachweise das geschilderte Verfolgungsschicksal nicht im erforderlichen Maße schlüssig belegten. Eine Überprüfung der zentralen Namenkartei bei dem Intenational Tracing Service (ITS) in Bad Arolsen ist negativ verlaufen. Der israelische Rentenversicherungsträger hat mitgeteilt, dass im israelischen Versicherungsverlauf der Klägerin 196 Versicherungsmonate seit dem 01.05.1972 belegt sind.
Der Senat hat das von dem Sachverständigen Dr. Tauber erstattete Gutachten "Die Ghettos in Litauen: Kaunas, Vilnius und Siauliai" beigezogen und zum Verfahrensgegenstand gemacht. Er hat außerdem Beweis erhoben durch Sachverständigengutachten von Dr. Tauber, der in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 10.02.2008 zusammenfassend festgestellt hat, dass es keine Anhaltspunkte für ein Abweichen der Angaben der Klägerin von historisch festgestellten Tatsachen gebe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahme Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß §§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1, 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Abwesenheit der Klägerin und ihres Bevollmächtigten verhandeln und entscheiden, weil dieser in der Terminsmitteilung, die ihm am 25.07.2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden ist, auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die in zulässiger Weise auf Gewährung von Altersrente unter Berücksichtigung einer Ghetto-Beitragszeit von August 1941 bis September 1943 gerichtete Klage (I.) ist unbegründet, weil die Voraussetzungen eines Rentenanspruchs nicht bestehen, insbesondere die Voraussetzungen einer Ghetto-Beitragszeit nicht glaubhaft gemacht sind (II.). Weiterer Feststellungen bzw. Beweiserhebungen im Sinne der von der Klägerin gestellten Hilfsanträge bedurfte es nicht (III.).
I.
Der zuletzt schriftsätzlich gestellte Antrag der Klägerin ist dahingehend auszulegen, dass sie in der Hauptsache unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.12.2006 und unter Aufhebung des Bescheides vom 04.11.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2006 von der Beklagten die Gewährung einer Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten in einem Ghetto von August 1941 bis September 1943 ab dem 01.07.1997 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen begehrt. Ein dahingehendes kombiniertes Verpflichtungs- und Leistungsbegehren war dem klägerischen Vorbringen im gesamten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen. Der im Berufungsverfahren zunächst gestellte Antrag enthält seinem Wortlaut nach zwar mit dem Begehren auf Herstellung einer Versicherungsunterlage auch ein Begehren auf Vormerkung der Ghetto-Beitragszeiten. Ein dahingehender Antrag ist in einem Verfahren auf Leistung einer Altersrente jedoch unzulässig (vgl. nur LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 16.10.2007, L 18 (13) R 216/05, sozialgerichtsbarkeit.de, m.w.N.).
II.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist nicht rechtswidrig und beschwert die Klägerin daher nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Altersrente.
Wie der Senat bereits mit näherer Begründung entschieden hat (zB Urteil v. 06.06.2007, L 8 R 54/05, www.sozialgerichtsbarkeit.de), folgt der Anspruch auf Altersrente allein aus dem SGB VI, ohne dass das ZRBG eine eigenständige Anspruchsgrundlage darstellen würde (ebenso BSG, Urteil v. 26.07.2007, B 13 R 28/06 R, SozR 4-5075 § 1 Nr 4, a.A. BSG, Urteil v. 14.12.2006, B 4 R 29/06 R, SozR 4-5075 § 1 Nr 3). Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Altersrente kann daher im Fall des Klägers nur § 35 SGB VI sein. Diese Vorschrift ist trotz des Auslandswohnsitzes des Klägers (vgl. § 30 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) anwendbar (vgl. dazu BSG, Urteil v. 14.07.1999, B 13 RJ 75/98 R, juris; BSG, Urteil v. 13.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, SozR 3-2200 § 1248 Nr 17).
Nach § 35 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben. Als auf die Wartezeit anrechenbare Versicherungszeiten kommen hier nur Beitrags- und Ersatzzeiten i.S.d. §§ 50 Abs. 1 Nr. 1, 51 Abs. 1 und 4 SGB VI in Betracht. Dabei finden nach § 250 Abs. 1 SGB VI Ersatzzeiten allerdings nur dann Berücksichtigung, wenn vor Beginn der Rente zumindest ein Beitrag wirksam entrichtet worden ist oder als wirksam entrichtet gilt; denn Ersatzzeiten sollen nach dem Gesetzeswortlaut nur "Versicherten", dh Personen zugute kommen, die bereits Beitragsleistungen erbracht haben (BSG, Urteil v. 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr 1, m.w.N.).
Die Klägerin hat jedoch keine auf die Wartezeit anrechenbaren Beitragszeiten zurückgelegt. Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht oder den Reichsversicherungsgesetzen Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind (§§ 55 Abs. 1 Satz 1, 247 Abs. 3 Satz 1 SGB VI) oder als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Solche Beitragszeiten bestehen hier weder nach § 2 Abs. 1 ZRBG noch nach Vorschriften des Fremdrentenrechts.
1. Die Anerkennung von Beitragszeiten scheitert für den Zeitraum von August 1941 bis September 1943 nicht schon daran, dass die Klägerin für diese Zeiten eine Entschädigung nach dem Gesetz zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZStiftG) erhalten hat. Wie der Senat bereits entschieden hat, erstrecken sich die in § 16 Abs. 1 Satz 2 EVZStiftG geregelte Ausschlusswirkung und die Verzichtswirkung des § 16 Abs. 2 Satz 2 EVZStiftG nicht auf den Anspruch auf Zahlung einer (ggf. höheren) Rente aufgrund von Beitragszeiten nach § 2 Abs. 1 ZRBG (vgl. zuletzt Senat, Urteil v. 18.06.2008, L 8 R 298/07, sozialgerichtsbarkeit.de, mit eingehender Begründung).
2. Nach § 2 Abs. 1 ZRBG gelten Beiträge als gezahlt für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto. Voraussetzung ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG, dass die Verfolgten sich zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten haben, das in einem vom Deutschen Reich besetzten oder ihm eingegliederten Gebiet gelegen hat und dort eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss gegen Entgelt ausgeübt haben. Ferner darf für die betreffenden Zeiten nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erbracht werden. Die Anspruchsvoraussetzungen müssen glaubhaft gemacht werden (§ 1 Abs. 2 ZRBG iVm § 3 WGSVG). Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche verfügbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist, d.h. mehr für als gegen sie spricht, wobei gewisse noch verbleibende Zweifel unschädlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4).
a) Es ist glaubhaft, dass die Klägerin sich in der Zeit von August 1941 bis September 1943 zwangsweise im Ghetto Schaulen aufgehalten hat. Ihr dortiger Aufenthalt ist durch ihre eigenen Bekundungen sowie durch die genannten Zeugenerklärungen belegt. Dass im fraglichen Zeitraum in Schaulen ein Ghetto bestanden hat, ergibt sich aus dem beigezogenen Sachverständigengutachten von Dr. Tauber. Dass die Klägerin sich in diesem Ghetto zwangsweise aufgehalten hat, haben sie und die Zeuginnen gleichfalls glaubhaft bekundet. Schließlich lag Schaulen im damaligen Generalbezirk Litauen, Reichskommissariat Ostland, und damit einem vom Deutschen Reich besetzten Gebiet.
b) Aufgrund ihres zwangsweisen Aufenthaltes im Ghetto Schaulen ist auch die Verfolgteneigenschaft der Klägerin glaubhaft (vgl. § 1 Abs. 1 iVm § 43 Abs. 2 BEG).
c) Es ist weiter glaubhaft, dass die Klägerin im Ghetto Schaulen Beschäftigungen ausgeübt hat, die im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) ZRBG aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen sind.
(1) Es ist zunächst überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin im Anspruchszeitraum überwiegend beim Armeebekleidungsamt innerhalb des Ghettos und zu einem zeitlich geringeren Teil außerhalb des Ghettos in der Lederfabrik G gearbeitet hat. Die Klägerin hat beide Tätigkeiten im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren durchgehend angegeben. Dass sie sich an genaue Zeitpunkte nicht mehr erinnern konnte, ist im Hinblick auf den seither verstrichenen Zeitraum ohne weiteres nachvollziehbar. Der Senat geht schon aufgrund der phonetischen Ähnlichkeit mit dem Sachverständigen Dr. Tauber davon aus, dass es sich bei den von der Klägerin als "G-Werken" bezeichneten Fabrik um die Lederfabrik G handelt, deren Existenz außerhalb des Ghettos von Schaulen historisch belegt ist. Für eine Tätigkeit der Klägerin bei dieser Fabrik spricht insbesondere, dass sie angegeben hat, dort Pferdesättel sortiert und gereinigt zu haben, was mit dem Charakter des Betriebs als Lederfabrik unschwer in Einklang zu bringen ist. Der Senat folgt dem Sachverständigen allerdings nicht in seiner Annahme, dass die Klägerin mit dem von ihr so genannten "Bekleidungsamt" eine Näherei im Sinne einer Ghettowerkstatt gemeint hat. Vielmehr ist es überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin im Armee- bzw. Heeresbekleidungsamt gearbeitet hat, das aus anderen das Ghetto Schaulen betreffenden Verfahren beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen gleichfalls bekannt ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 11.04.2008, L 14 R 88/07, sozialgerichtsbarkeit.de; vgl. hierzu auch das beigezogene Gutachten des Sachverständigen Dr. Tauber, S. 47 mwN).
(2) Ebenfalls überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Klägerin beide Arbeiten aus eigenem Willensentschluss aufgenommen hat. Die Klägerin hat insoweit dargestellt, sie habe im Bekleidungsamt "leichte Näharbeiten" verrichtet, wie das Annähen von Knöpfen oder Ausbesserungsarbeiten. Bei der Firma G habe sie Pferdesättel sortiert und gereinigt. Hinsichtlich beider Tätigkeiten ist die Darstellung der Klägerin glaubhaft, dass sie zur Verbesserung ihrer Lage vor dem Hintergrund der Not im Ghetto aus eigenem Antrieb gearbeitet hat. Dagegen sprechende Anhaltspunkte, wie z.B. Misshandlungen während der Arbeit, sind nicht ersichtlich.
Die Arbeiten der Klägerin im Ghetto Schaulen unterfielen nicht den Reichsversicherungsgesetzen, da sie nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besaß. Die Stadt Schaulen lag im damals so genannten Reichskommissariat Ostland, in dem die Reichsversicherungsgesetze für Personen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen, nicht galten (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, zum so genannten Generalgouvernement; LSG NRW, Urteil vom 20.11.2006, L 3 R 58/06, zum Reichskommissariat Ostland).
d) Der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG beschriebenen Typus der Beschäftigung ist indes nach dem Vorbild des sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses auch durch die Entgeltlichkeit von der nicht von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG erfassten Zwangsarbeit abzugrenzen. Danach ist neben der Aufnahme und Ausübung der Arbeit aus eigenem Willensentschluss auch die Gewährung eines Entgelts erforderlich, das nach Art und Höhe eine versicherungspflichtige Beschäftigung begründen kann (zusammenfassend Senat, Urteil v. 21.11.2007, L 8 R 98/07; sozialgerichtsbarkeit.de). Maßgebend hierfür sind die Kriterien, die das BSG in seiner sog. Ghettorechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.1997, 5 RJ 66/95, SozR 3-2200 § 1248 Nr 15; vom 21.04.1999, B 5 RJ 48/98 R, SozR 3-2200 § 1248 Nr 16; vom 14.07.1999, B 13 RJ 75/98 R, aaO) entwickelt hat (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 07.10.2004, aaO; Senat, Urteil v. 21.11.2007 aaO.).
(1) Wie der Senat bereits im Einzelnen dargelegt hat, ist als Entgelt in diesem Sinne ein die Versicherungspflicht in der deutschen Rentenversicherung begründendes Entgelt anzusehen (vgl. zum Folgenden Urteile v. 12.12.2007, L 8 R 187/07 und 28.01.2008, L 8 RJ 139/04; jeweils aaO). Danach lassen sich die im Zusammenhang mit Streitigkeiten nach dem ZRBG auftretenden Fallgruppen zunächst wie folgt systematisieren: Die Gewährung von Geld in der ortsüblichen Währung, aber auch von Ghettogeld oder zum Tausch bestimmten Bezugsscheinen ist Entgelt i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) ZRBG, soweit ihr Umfang zumindest ein Sechstel des ortsüblichen Arbeitsentgelts für ungelernte Arbeiter(innen) übersteigt. Bei der Gewährung von Sachbezügen ist dagegen zu unterscheiden: Übersteigen die Sachbezüge (insbesondere Verpflegung, Unterkunft und Kleidung) nicht das Maß freien Unterhalts, d.h. derjenigen wirtschaftlichen Güter, die zur unmittelbaren Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Einzelnen erforderlich sind, liegt kein Entgelt vor. Bei Lebensmitteln kommt es darauf an, ob sie nach Art und Umfang des Bedarfs unmittelbar zum Verbrauch oder Gebrauch gegeben werden. Wird das Maß des persönlichen Bedarfs hingegen überschritten und werden die Lebensmittel zur freien Verfügung gewährt, ist von Entgelt auszugehen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn glaubhaft gemacht wird, dass gewährte Lebensmittel auch den Bedarf eines Angehörigen sicherzustellen. Stehen Art und Umfang gewährter Lebensmittel bzw. Sachbezüge nach Ausschöpfung aller sonstigen Beweismittel, z.B. der glaubhaften Angaben der Klägerin bzw. des Klägers, vernommener Zeugen, Angaben in einem Sachverständigengutachten oder aufgrund eindeutiger historischer Quellen nicht fest, so kann ein entsprechender Umfang im Einzelfall als glaubhaft gemacht angesehen werden, wenn die gute Möglichkeit besteht, dass ein Dritter, insbesondere ein Familienangehöriger, hiervon über einen erheblichen Zeitraum zumindest entscheidend mitversorgt worden ist. Ohne Bedeutung ist es dagegen, ob die Lebensmittel unmittelbar in Naturalien gewährt worden sind, oder ob die Betroffenen Lebensmittelcoupons erhalten haben, die sie gegen Lebensmittel eintauschen konnten.
(2) Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind beide von der Klägerin ausgeübten Beschäftigungen nicht als entgeltlich anzusehen.
Insoweit steht zunächst fest, dass die Klägerin weder Geld noch vergleichbare Zahlungsmittel, sondern lediglich Lebensmittel erhalten hat. Weder im von ihr am 30.10.2003 unterzeichneten Formrentenantrag noch in dem von ihr am 30.11.2003 ausgefüllten Fragebogen für die Anerkennung von Zeiten unter Berücksichtigung der Vorschriften des ZRBG hat sie vorgetragen, Bargeld erhalten zu haben, sondern statt dessen "zusätzliche Lebensmittel" als Gegenleistung angegeben. Auch in ihren frei formulierten zum Verfahren gereichten eidesstattlichen Versicherungen vom 20.06.2006, 18.10.2006 und 02.01.2008 findet Barlohn keine Erwähnung. Auch die nochmalige ausdrückliche Frage des Senats "Haben Sie außer Lebensmitteln etwas an der Arbeitsstelle bekommen, z. B. Geld, Lebensmittelcoupons? Wenn ja, geben Sie möglichst genau die Menge an und wie oft die Leistungen gegeben wurden (z. B. täglich, einmal pro Woche). Gab es Unterschiede zwischen den Arbeitsstätten?" hat sie verneint. Soweit der Kläger-Bevollmächtigte in seiner Widerspruchsbegründung vom 08.05.2006 zur Entlohnung ausführt: "es können auch Lebensmittelcoupons und Bargeld gewesen sein", stellt schon die Formulierung klar, dass eine diesbezügliche Erinnerung der Klägerin nicht besteht. Eine entsprechende Barentlohnung ist dann von der Klägerin auch nicht in ihrer hierzu zeitnah abgegebenen eidesstattlichen Erklärung vom 20.06.2006 erwähnt worden. Vielmehr heißt es dort wieder, für die Arbeit habe sie "von der Bekleidungsverwaltung Mittagessen und zusätzliche Lebensmittel für zu Hause wöchentlich" erhalten. Schließlich hat auch der Sachverständige Dr. Tauber in seinem Gutachten die Gewährung von Lebensmitteln für plausibel gehalten.
Es kann nicht im Sinne einer guten Möglichkeit festgestellt werden, dass diese Lebensmittel nach vorbestimmtem Maße zur beliebigen Verfügung geeignet gewesen, d.h. über den unmittelbaren Bedarf der Klägerin hinausgegangen sind. Genauere Angaben zur Menge der erhaltenen Lebensmittel hat die Klägerin nicht mehr machen können. Sie hat vielmehr in ihrer Erklärung vom 18.10.2006 selbst ausgeführt, dass die Lebensmittel in einem solchen Umfang gewesen seien, dass sie (lediglich) etwas Notwendiges habe tauschen können. Von ihrer erhaltenen Wochenration habe sie eben gerade diese ganze Woche leben können. Dies korrespondiert mit ihrer späteren Erklärung, nach der sie einige Lebensmittel gegen andere Sachen tauschen konnte, nämlich gegen Zahnpulver, Seife usw. Hierbei handelte es sich gerade auch um typische Sachen des täglichen Bedarfs, die vom freien Unterhalt mitumfasst sind.
Die Lebensmittel waren jedenfalls nicht in einem solchen Umfang, als dass etwa Dritte über einen längeren Zeitraum durch die Klägerin mitversorgt werden konnten, wenngleich sie auf konkrete Nachfrage des Senats hierzu angegeben hat, sie habe ihren Bekannten S G und G1 M, die mit im Ghetto waren, mit den erhaltenen Lebensmitteln geholfen. Der Senat hat dabei keine Zweifel, dass eine derartige Hilfeleistung unter Ghettobedingungen vorgekommen ist, wo sie nötig war. Für eine Unterstützung der Bekannten in erheblichem Ausmaß über Einzelfälle hinaus und kontinuierlich über einen längeren Zeitraum hinweg bestehen hingegen keine ausreichenden Anhaltspunkte, zumal der Senat ausdrücklich gefragt hatte, ob Dritte, Freunde, Bekannte auf Lebensmittelgaben durch die Klägerin angewiesen gewesen seien. Hierzu hat die Klägerin jedoch keine Angaben gemacht.
(3) Für Zahlungen der für das Heeresbekleidungsamt zuständigen Wehrmachtsdienststelle oder der G-Werke an den Judenrat, die als Entgeltzahlungen im Verhältnis zur Klägerin angesehen werden könnten, bestehen keine ausreichenden Hinweise. Zwar haben nach Angaben des Sachverständigen Dr. Tauber ab dem 01.10.1941 sog. "Richtlinien für den Einsatz der jüdischen Arbeitskräfte" bestanden, wonach zumindest private Arbeitgeber zur Lohnzahlung verpflichtet gewesen sind. Er hat jedoch selbst ausgeführt, die Entgeltzahlung habe sich sehr unterschiedlich gestaltet. Darüber hinaus war diesen Richtlinien nur eine Verpflichtung zur Zahlung entweder an die Arbeiter oder an die Kasse des Gebietskommissars, nicht jedoch an den Judenrat zu entnehmen. Konkretere Angaben lassen sich auch seinem im vorliegenden Fall erstatteten Gutachten zufolge nicht machen. In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass nach § 10 der Allgemeinen Anordnung für die einheimischen Arbeiter im öffentlichen Dienst und in der Wirtschaft vom 21.11.1941 (Verordnungsblatt des Reichskommissars für das Ostland v. 25.11.1941, S. 75) die in dieser Anordnung geregelten Lohnansprüche für jüdische Arbeitskräfte ausdrücklich nicht galten. Vor diesem Hintergrund ist nicht davon auszugehen, dass Zahlungen etwaiger Arbeitgeber zur Erfüllung von Lohnansprüchen jüdischer Arbeiterinnen und Arbeiter erfolgt sind. Aus diesem Grund führt auch die sog. Rechtsanspruchstheorie ebenfalls zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis.
3. Die von der Klägerin im Ghetto Schaulen von August 1941 bis September 1943 verrichteten Arbeiten können auch nicht nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. §§ 15, 16 Fremdrentengesetz (FRG) iVm m. § 20 WGSVG bzw. § 17 a FRG oder § 12 WGSVG als Versicherungszeiten angerechnet werden. Die Arbeit der Klägerin im Ghetto Schaulen unterfiel nicht den Reichsversicherungsgesetzen. Im Reichskommissariat Ostland galten die Reichsversicherungsgesetze nicht für Personen, die – wie die Klägerin - nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen, nicht galten (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, aaO). Eine Anrechnung als Versicherungszeit kann sich daher allein nach den §§ 15, 16 FRG i. V. m. § 20 WGSVG bzw. § 17 a FRG richten. Eine Anrechnung als Beitragszeit nach § 15 Abs. 1 FRG kommt indessen nicht in Betracht, weil eine Beitragsentrichtung zu einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung nicht glaubhaft gemacht und von der Klägerin schon nicht behauptet worden ist. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 FRG sind bereits deshalb nicht erfüllt, da - wie oben bereits ausgeführt worden ist - ein nach deutschem Recht dem Grunde nach rentenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht im Sinne einer guten Möglichkeit festgestellt werden kann. Auch § 16 FRG greift nicht zu Gunsten der Klägerin ein, da die von ihr ausgeübten Tätigkeiten nicht nach dem am 01.03.1957 geltenden Bundesrecht (§§ 1227, 1228 RVO n.F.) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet hätten, wenn sie im Gebiet der BRD ohne das Beitrittsgebiet verrichtet worden wären. Da nicht im Sinne einer Glaubhaftmachung festgestellt werden kann, dass die Klägerin eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, liegen die Voraussetzungen des § 12 WGSVG ebenfalls nicht vor.
III.
Weiterer Feststellungen bzw. Beweiserhebungen des Senates entsprechend den Hilfsanträgen der Klägerin bedurfte es nicht.
1. Der Senat brauchte die Klägerin nicht persönlich in Israel anzuhören.
Da das sozialgerichtliche Verfahren die Anhörung der Klägerin bzw. des Klägers als Beweismittel nicht kennt, ist der Antrag der Klägerin dahingehend auszulegen, dass sie die Anordnung ihres persönlichen Erscheinens gemäß § 111 Abs. 1 SGG ihre persönliche Befragung zu ihrem Verfolgungsschicksal, insbesondere den Umständen ihrer Beschäftigung im Ghetto Schaulen, begehrt. Eine solche Anordnung bzw. persönliche Befragung war im vorliegenden Fall jedoch nicht geboten.
Die Entscheidung über die Anordnung des persönlichen Erscheinens zur mündlichen Verhandlung liegt nach § 111 Abs. 1 Satz 1 SGG im Ermessen des Gerichts. Die Anordnung dient vor allem der Erforschung des Sachverhalts unter Heranziehung der Beteiligten (§ 103 Satz 1 SGG). Das ergibt sich bereits aus dem über § 202 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbaren § 141 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach das Gericht das persönliche Erscheinen anordnen soll, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Darüber hinaus kann das persönliche Erscheinen angeordnet werden, um das Sach- und Streitverhältnis mit den Beteiligten zu erörtern und darauf zu wirken, dass sie sich über erhebliche Tatsachen vollständig erklären sowie angemessene und sachdienliche Anträge stellen (§ 112 Abs. 2 Satz 2 SGG). Dagegen hat die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht die Funktion, das rechtliche Gehör der Beteiligten (vgl. hierzu Art 103 Abs. 1 Grundgesetz [GG], § 62 SGG) sicherzustellen. Insofern darf die Zielrichtung des § 111 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht mit der in § 112 Abs. 2 Satz 1 SGG geregelten Möglichkeit der Beteiligten verwechselt werden, in der mündlichen Verhandlung das Wort zu ergreifen.
Das geschilderte Verständnis des § 111 Abs. 1 Satz 1 SGG entspricht allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (BSG, Beschluss v. 31.01.2008, B 2 U 311/07 B; Beschluss v. 31.10.2005, B 7a AL 14/05 B; Urteil v. 21.06.1983, 4 RJ 3/83; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 03.02.2006, L 4 R 47/05; Beschluss v. 10.10.2001, L 16 KR 42/01; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 11.05.2005, L 3 AL 1306/00; Knittel in Hennig, SGG; § 111 Rdnr. 3; Kolmetz in Jansen, SGG, 2. Aufl. [2005], § 111 Rdnr. 3; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. [2008], § 111 Rdnr. 2 ff.; Peters/Sautter/Wolff, SGG, Stand 2004, § 111 Rdnr. 3 ff.; Roller in Hk-SGG, § 111 Rdnr. 3; Rohwer-Kahlmann, SGG, Stand 2002, § 111 Rdnr. 1) und der ständigen Senatspraxis. Soweit der Senat abweichend hiervon in einer einzelnen Entscheidung (Urteil vom 19.03.2008, L 8 R 264/07, sozialgerichtsbarkeit.de) die Ansicht vertreten hat, es komme für die Entscheidung über die Anordnung des persönlichen Erscheinens maßgeblich auf den Willen des Verfahrensbeteiligten selbst an, weil die Vorschrift des § 111 Abs. 1 SGG einfachgesetzlicher Ausdruck des Grundrechts aus Art 103 Abs. 1 GG sei, hält er hieran nicht fest.
Bei der Erfüllung seiner Pflichten nach §§ 103 Satz 1 SGG, 112 Abs. 2 Satz 2 SGG stehen den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit auch außerhalb der Anordnung des persönlichen Erscheinens vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung, die Beteiligten zur Aufklärung des Sachverhalts heranzuziehen und darauf hinzuwirken, dass sie sich über erhebliche Tatsachen vollständig erklären. So können sich die entscheidungserheblichen Tatsachen zunächst aus den vorbereitenden Schriftsätzen der Beteiligten ergeben (§ 108 Satz 1 SGG). Ist der Beteiligte anwaltlich vertreten, darf das Gericht grundsätzlich davon ausgehen, dass die Prozessbevollmächtigten sich im Rahmen ihrer Verpflichtung zur gewissenhaften Berufsausübung (vgl. § 43 Satz 1 Bundesrechtsanwaltsordnung) zumindest bemühen, den maßgeblichen Prozessstoff vollständig und wahrheitsgemäß vorzutragen. Zudem kann das Gericht den Beteiligten aufgeben, zu bestimmten Vorgängen Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen (§ 106a Abs. 2 Nr. 1 SGG). Es kann die Verwaltungsakte der Beklagten und anderer Behörden beiziehen (§§ 104 Satz 3, 119 SGG) und die darin enthaltenen Erklärungen der Beteiligten verwerten. Ferner kann das Gericht sich im Besitz Dritter befindliche Urkunden über anderweitige Erklärungen der Beteiligten vorlegen lassen (§ 106 Abs. 3 Nr. 1 SGG iVm §§ 428 ff. ZPO) oder hierüber Auskünfte einholen (§ 106 Abs. 3 Nr. 3 SGG). Die Anhörung der Beteiligten im Termin und die Anordnung ihres persönlichen Erscheinens hierzu kommt daher nur als eines von mehreren Erkenntnismitteln in Betracht, insbesondere wenn und soweit das Gericht die bislang vorliegenden Erklärungen nicht für ausreichend hält und sich von einer persönlichen Befragung weitere Aufklärung erhofft. Dagegen bedarf es einer Anordnung des persönlichen Erscheinens beispielsweise nicht, wenn das Gericht auf der Grundlage der bisherigen Angaben der Beteiligten den Sachverhalt als ausreichend geklärt ansieht (Senat, Urteil v. 05.03.2008, L 8 R 321/06).
Nach diesen Grundsätzen war die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin im vorliegenden Fall nicht geboten. Der Senat erachtet ihre vorliegenden Erklärungen als glaubhaft und den Sachverhalt auf dieser Grundlage als geklärt. Es ist nicht ersichtlich und von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin auch nicht vorgetragen worden, welche weitere Aufklärung über die Angaben der Klägerin auf den Fragebogen des Senates hin von einer persönlichen Anhörung zu erwarten wäre.
2. Der weitere Antrag des Kläger-Bevollmächtigten, hilfsweise ein Glaubwürdigkeitsgutachten über die persönlichen Aussagen der Klägerin einzuholen, geht ins Leere. Von der Glaubhaftigkeit der persönlichen (schriftlichen) Aussagen der Klägerin geht der Senat bei der Urteilsfindung entsprechend den obigen Ausführungen gerade aus. Schon deshalb bedarf es der Überprüfung ihrer Angaben durch ein Gutachten nicht. Im Übrigen ist es grundsätzlich Aufgabe der Gerichte, Angaben und Aussagen von Klägern und Zeugen zu würdigen und deren Glaubhaftigkeit zu beurteilen. Dabei ist regelmäßig davon auszugehen, dass Berufsrichter über diejenige Sachkunde bei der Anwendung aussagepsychologischer Glaubwürdigkeitskriterien verfügen, die für die Beurteilung von Aussagen auch bei schwieriger Beweislage erforderlich ist. Zur entsprechenden Beurteilung ist der Senat daher auf Glaubwürdigkeitsgutachten regelmäßig nicht angewiesen.
3. Der Einholung eines (weiteren) historischen Gutachtens entsprechend der Anregung des Kläger-Bevollmächtigten im Hilfsantrag zu 4.) bedarf es ebenfalls nicht. Ein solches Gutachten ist - wie dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin bei seiner gewissenhaften Aufarbeitung des Prozessstoffs gewiss nicht entgangen ist - von dem Sachverständigen Dr. Tauber im vorliegenden Fall bereits erstellt worden. Der Senat geht daher davon aus, dass der Hilfsantrag zu 4.) auf einem Kanzleiversehen beruht.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Insbesondere die Frage, wann eine Beschäftigung im Sinne des § 1 Abs. 1 ZRBG "gegen Entgelt" ausgeübt worden ist, ist unter Berücksichtigung der von den übrigen Senaten des Bundessozialgerichts abweichenden Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (Urteil vom 14.12.2006, B 4 R 29/06 R) nach wie vor nicht als höchstrichterlich geklärt anzusehen.
Rechtskraft
Aus
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