Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 36 U 76/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 274/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 34/08 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Mit Urteil vom BSG an LSG zurückverwiesen.
Neues Az. = L 17 U ???
Neues Az. = L 17 U ???
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 13. November 2007 abgeändert und der Bescheid der Beklagten vom 04. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2006 betreffend das Beitragsjahr 2003 aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Neufeststellungsbescheid der Beklagten für das Beitragsjahr 2003 rechtmäßig ist.
Die Klägerin, die bei der Beklagten Mitglied ist, ist eine zum 01.12.1997 gegründete Beschäftigungs-, Auffang- und Qualifizierungsgesellschaft, die von Arbeitslosigkeit betroffene oder bedrohte Arbeitnehmer aus Firmen, die in einer Strukturkrise stecken oder von Insolvenz bedroht sind, auffängt. Die Mitarbeiter der betroffenen Firmen, die von der Klägerin in Kurzarbeit Null übernommen werden sowie für die bei der Bundesagentur für Arbeit Strukturkurzarbeitergeld (Struktur-Kug) bzw. seit dem 01.01.2004 Transferkurzarbeitergeld (Transfer-Kug) beantragt wird, werden in einer vom Arbeitgeber und Betriebsrat der jeweiligen Firmen gebildeten "betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit" (beE) übernommen, die sodann von der Klägerin verwaltet wird. Diese entrichtet für die in einer beE übernommenen Mitarbeiter Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung.
Mit Bescheid vom 27.06.2001 veranlagte die Beklagte die Klägerin auf der Grundlage des ab dem 01.01.2001 geltenden, von der Vertreterversammlung der Beklagten am 07.12.2000 beschlossenen und vom Bundesversicherungsamt am 13.12.2000 genehmigten Gefahrtarifs 2001 zu den Gefahrtarifstellen 32 (Organisation zur Betreuung, Unterstützung im sozialen Bereich) sowie 52 und 53 (gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung). In der Gefahrtarifstelle 32 war die Gefahrklasse für das Jahr 2001 mit 2,46 und ab dem 01.01.2002 mit 2,77 festgesetzt.
Auf der Grundlage des von der Klägerin für das Jahr 2003 vorgelegten Entgeltnachweises, der ein nachweispflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 832.952 EUR für 27 Versicherte in der Gefahrtarifstelle 32 auswies, setzte die Beklagte den Beitrag für das Beitragsjahr 2003 mit Bescheid vom 21.04.2004 in Höhe von 12.887,03 EUR fest.
Bei einer Betriebsprüfung am 28.01.2005 stellte der Betriebsprüfer C fest, dass die Bezügebestandteile Urlaubsgeld, Urlaubslohn, Feiertagslohn und Weihnachtsgeld der im Bezug von Struktur-Kug bzw. Transfer-Kug befindlichen Mitarbeiter der Klägerin nachträglich veranlagt werden müssten und der Gefahrtarifstelle 32 zuzuordnen seien. Das meldepflichtige Entgelt für das Jahr 2003 wurde im Prüfbericht mit 6.833.753,00 EUR beziffert. Hierauf gestützt erließ die Beklagte am 04.04.2005 (u.a.) für das Beitragsjahr 2003 einen Beitragsberichtigungsbescheid, in dem der Gesamtbeitrag auf 107.013,19 EUR festgesetzt und abzüglich der Forderung in Höhe von 12.887,03 EUR (Bescheid vom 21.04.2004) von der Klägerin ein Restbetrag in Höhe von 94.126,16 EUR geltend gemacht wurde.
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, es sei fehlerhaft, bei der Bemessung der Beiträge die von den Transfer-Kug-Beschäftigten bezogene Vergütung einzubeziehen, denn bei diesen Beschäftigten handele es sich nicht um ihre Arbeitnehmer. Das zwischen den in die beE eingetretenen Arbeitnehmern und ihr begründete Arbeitsverhältnis werde von ihr als Dienstleistung eingegangen, so dass arbeitsrechtliche Beziehungen nur formal bestünden. Dies werde bereits daran deutlich, dass sie kein eigenes wirtschaftliches Risiko bei der Durchführung des Arbeitsverhältnisses trage, weil ihr sämtliche für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses benötigten finanziellen Mittel zuvor von ihrem Auftraggeber (abgebender Arbeitgeber und Betriebsrat) zur Verfügung gestellt würden. Es handele sich bei der Vergütung von Urlaub und Feiertagen sowie gegebenenfalls Aufstockungsleistungen auf das Kug somit nicht um die Zahlung von Arbeitsentgelt, sondern lediglich um eine Weitergabe bereitgestellter Remanenzkosten. Ferner würden sowohl die Dauer des Arbeitsverhältnisses, das gesetzlich auf maximal ein Jahr befristet sei, als auch der Inhalt des Arbeitsverhältnisses nicht von ihr, sondern von den Betriebsparteien bestimmt. Darüber hinaus seien die Transfer-Kug-Beschäftigten nicht in ihren Betrieb eingegliedert, weil sie an der betrieblichen Leistung - Organisation von Transfer-Maßnahmen - nicht teilnähmen, sondern Objekt dieser Tätigkeit seien. Die Arbeitnehmer erbrächten dementsprechend aufgrund des Arbeitsverhältnisses mit ihr keine Gegenleistung, ihre Tätigkeit generiere für sie auch keinerlei Einnahmen. Die einzige Möglichkeit, dass die Transfer-Kug-Mitarbeiter eine Arbeitsleistung verrichteten, sehe § 216b Abs. 6 Satz 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) vor, der die zeitlich begrenzte, längstens sechs Monate dauernde Beschäftigung zum Zwecke der Qualifizierung bei einem anderen Arbeitgeber zulasse. Das typische Austauschverhältnis eines Arbeitsverhältnisses bestehe bei ihr also nicht. Vielmehr erfülle sie mit dem Betrieb des Arbeitsverhältnisses lediglich eine Verpflichtung gegenüber ihrem Auftraggeber und erhalte für diese Dienstleistung eine besondere Vergütung, die ebenfalls von den früheren Betriebsparteien vereinbart und gezahlt werde. Im Übrigen stehe die Höhe der verlangten Abgaben in einem auffälligen Missverhältnis zu den von ihr erzielten und erzielbaren Einnahmen. Für die Betreuung von 100 Transfer-Kug-Arbeitnehmern erziele sie für die Dauer eines Jahres ca. 150.000,00 EUR bis 180.000,00 EUR. Von dieser Vergütung könnten nicht derart horrende Beiträge der Berufsgenossenschaft finanziert werden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2006 zurück. Die Transfer-Kug-Arbeitnehmer seien als Beschäftigte der Klägerin Versicherte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII). Auch für Personen in Kurzarbeit Null bestehe ein Beschäftigungsverhältnis, da während der Kurzarbeit Null sich die betroffenen Personen in der Regel für zumutbare Arbeit bereithalten sowie andere Nebenpflichten erfüllen müssten, wie etwa Meldepflichten oder das Erscheinen im Rahmen der Beratung und Betreuung bei der Beschäftigungsgesellschaft. Auch komme es vor, dass sie sich auf Veranlassung des Arbeitgebers Praktikumsplätze oder andere Beschäftigungsmöglichkeiten suchen müssten. Gerade in diesen Verpflichtungen liege dann auch ohne Vereinbarung einer Arbeitsleistung eine Eingliederung in den fremden Betrieb und eine Weisungsgebundenheit. Zum nachweispflichtigen Entgelt der nach alledem Versicherten gehöre zwar nicht das Kug selbst. Beitragspflichtig seien aber die Zahlungen, die die Beschäftigten während des Urlaubs, an Feiertagen oder während einer Krankheit erhielten. Auch Zahlungen zur Aufstockung des Kug seien nachweispflichtiges Entgelt, soweit sie zusammen mit dem Kug 80 v.H. des Unterschiedsbetrages zwischen dem Sollentgelt und dem Istentgelt nach § 179 SGB III überstiegen. Da diese Entgeltzahlungen in den Entgeltnachweisen 2000 bis 2003 nicht enthalten gewesen seien, hätten diese unrichtige Angaben enthalten. Sie sei daher berechtigt gewesen, die Beitragsbescheide für diese Jahre zu ändern, da Gründe, die es rechtfertigen würden, von der Nachzahlung der Beiträge abzusehen, unter Berücksichtigung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit nicht ersichtlich gewesen seien.
Dagegen hat die Klägerin am 22.03.2006 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erhoben.
Mit Urteil vom 13.11.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Nach Zustellung am 28.11.2007 hat die Klägerin gegen dieses Urteil am 21.12.2007 Berufung eingelegt.
Sie ist der Auffassung, dass es hinsichtlich der Transfer-Kug-Mitarbeiter an sämtlichen Merkmalen für die Annahme einer Beschäftigung fehle, insbesondere für die Hauptmerkmale "Arbeit", "Vertrag", "Weisungsabhängigkeit" sowie "Eingliederung". Zunächst sei anzumerken, dass der Abschluss eines Arbeitsvertrages zwischen ihr und den in den beE befindlichen Mitarbeitern noch kein Beleg dafür sei, dass es sich um ein Arbeits- und damit Beschäftigungsverhältnis handele, denn maßgebend sei vielmehr die tatsächliche Gestaltung der Tätigkeit und die tatsächliche Durchführung des vereinbarten Vertragsverhältnisses. Sie aber trage nicht das typische Arbeitgeber-Risiko für die Beschäftigung und Bezahlung der beE-Mitarbeiter, da im Schwerpunkt die Agentur für Arbeit durch Gewährung von Kug und ergänzend das abgebende Unternehmen durch Zahlung von Aufstockungsleistungen für die Vergütung sorgten und eine Beschäftigungspflicht nicht bestehe bzw. nach den jeweiligen Arbeitsverträgen sogar ausdrücklich abbedungen sei. Die beE-Beschäftigten, die an ihren arbeitstechnischen Zwecken nicht teilnähmen und auch nicht in ihren Betrieb eingegliedert seien, seien Auszubildenden vergleichbar, die in einem Betrieb ausgebildet würden, dessen Geschäftsgegenstand ausschließlich die Ausbildung sei. In diesen Fällen habe das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Beschäftigteneigenschaft verneint. Weder hinsichtlich des Abschlusses der Arbeitsverträge mit den beE-Mitarbeitern noch hinsichtlich deren inhaltlicher Ausgestaltung habe sie Vertragsfreiheit. So sei sie nach den formularmäßig verwendeten Kooperationsverträgen, mit denen zwischen ihr und den Betriebsparteien die entsprechenden Aufträge vereinbart würden, verpflichtet, mit jedem übernommenen Mitarbeiter einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen, dessen Inhalt wiederum weitgehend von § 216b SGB III vorgezeichnet werde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 13.11.2007 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 04.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2006 betreffend das Beitragsjahr 2003 aufzuheben.
Die Beklagte, die dem angefochtenen Urteil beipflichtet, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat Muster der von ihr in den Jahren 2000 bis 2004 verwandten Arbeitsverträge sowie einen Mustervertrag der formularmäßig verwandten Kooperationsverträge zwischen ihr und den Betriebsparteien vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beitragsakte (Az.: 000) verwiesen. Beide Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Unrecht abgewiesen. Der - hier allein streitige - Berichtigungsbescheid vom 04.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2006 für das Beitragsjahr 2003 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Denn die Beklagte hat weder in dem Berichtigungsbescheid noch im Widerspruchsbescheid Ermessen ausgeübt, als sie den ursprünglichen Beitragsbescheid für das Beitragsjahr 2003 vom 21.04.2004 gem. § 168 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII zuungunsten der Klägerin aufgehoben hat.
Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind allerdings gehindert, einen Bescheid wegen fehlender Ermessensausübung aufzuheben, ohne zuvor die Rücknahmevoraussetzungen zu klären (Bundessozialgericht [BSG] SozR 1300 § 45 Nr. 34). Zwar kann das Gericht grundsätzlich wählen, auf welchen Grund es seine Entscheidung stützt. Das gilt auch bei der Anfechtungsklage, wenn ein Verwaltungsakt aus mehreren Gründen rechtswidrig und deshalb aufzuheben ist. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Aufhebung eines Verwaltungsaktes wegen fehlender Tatbestandsvoraussetzungen eine größere Tragweite hat als die Aufhebung wegen mangelnder Ermessensausübung. Verneint das Gericht nämlich schon die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermessensnorm, so braucht die Klägerin nicht damit zu rechnen, erneut in Anspruch genommen zu werden. Denn die Behörde kann den Verwaltungsakt nicht wiederholen, wenn ihn das Gericht wegen fehlender Tatbestandsvoraussetzungen aufgehoben hat (BSG SozR 3100 § 62 Nr. 5 sowie BSG SozR 1300 § 45 Nr. 34). Wird der Verwaltungsakt dagegen nur wegen fehlender oder fehlerhafter Ermessensausübung aufgehoben, so muss die Klägerin damit rechnen, dass die Beklagte ihr Ermessen in einem wiederholenden Verwaltungsakt erneut ausübt. Ließe das Gericht offen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, bliebe unklar, ob die Beklagte ihr Ermessen erneut ausüben kann. Ein neuer Rechtsstreit wäre damit vorprogrammiert. Die Prozessökonomie fordert jedoch, dass der gesamte Rechtsstreit möglichst in einem Verfahren erledigt wird. Daher muss zunächst die formelle (1.) und materielle Rechtmäßigkeit (2.) der Aufhebungsentscheidung bejaht werden, bevor die Ermessensprüfung (3.) vorgenommen werden kann.
1. Der Aufhebungsbescheid ist formell nicht zu beanstanden. Der Betriebsprüfer C hat das Prüfergebnis vor Erlass der Aufhebungsbescheide mit der Klägerin besprochen und sie damit ordnungsgemäß angehört (§ 24 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz [SGB X]). Ungeachtet dessen hat sich die Klägerin im Widerspruchsverfahren zu den entscheidungserheblichen Tatsachen umfangreich geäußert, so dass etwaige Anhörungsfehler gem. § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt worden sind.
2. Rechtsgrundlage für die Aufhebung des Bescheides vom 21.04.2004 ist § 168 Abs. 2 Nr. 2, 1. Fall SGB VII. Nach dieser Vorschrift darf der Beitragsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zungunsten des Beitragspflichtigen nur dann aufgehoben werden, wenn der Lohnnachweis unrichtige Angaben enthält. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, da die Klägerin der Beklagten die Bezügebestandteile Urlaubsgeld, Urlaubslohn, Feiertagslohn und Weihnachtsgeld der im Bezug von Struktur-Kug bzw. Transfer-Kug befindlichen Mitarbeiter nicht gemeldet hat. Dies war - wie das SG zu Recht erkannt hat - unrichtig.
Die Klägerin ist eine Beschäftigungs-, Auffang- und Qualifizierungsgesellschaft, die von Arbeitslosigkeit betroffene oder bedrohte Arbeitnehmer aus Firmen auffängt, die in einer Strukturkrise stecken oder von Insolvenz bedroht sind. Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften als beE (vgl. hierzu § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III a.F. bzw. - seit dem 01.01.2004 - § 216b Abs. 3 Nr. 2 SGB III) dienen der Personalreduzierung beim bisherigen Arbeitgeber. In der beE werden Arbeitnehmer, die sonst entlassen werden müssten, zusammengefasst mit der Aufgabe, ihre Eingliederungschancen zu verbessern, sie in ein Anschlussarbeitsverhältnis zu vermitteln oder in die Selbstständigkeit zu begleiten. Beim Transfer in eine externe beE wechselt der Vertragspartner des Arbeitnehmers: an die Stelle des bisherigen Arbeitgebers tritt die fremde Beschäftigungsgesellschaft (Gaul/Otto, Aktuelle Aspekte einer Zusammenarbeit mit Beschäftigungsgesellschaften, NZA 2004, 1301, 1302). Der Transfer vollzieht sich durch Ausscheiden beim bisherigen Arbeitgeber durch einen Aufhebungsvertrag und Begründung eines neuen, regelmäßig befristeten Beschäftigungsverhältnisses mit der Beschäftigungsgesellschaft. Dieses Ziel kann auch in einem dreiseitigen Vertrag zwischen bisherigem Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Beschäftigungsgesellschaft erreicht werden, wovon in der Praxis - wie hier - am häufigsten Gebrauch gemacht wird. Ziel der Beschäftigungsgesellschaft ist es, im Auftrag anderer Unternehmen beE zu organisieren, in denen Struktur-Kug nach § 175 SGB III a.F. bzw. Transfer-Kug nach § 216 b SGB III gewährt wird. Die Verfolgung eines eigenen arbeitstechnischen Zwecks ist allenfalls Nebensache (Gaul/Otto, a.a.O. S. 1302). Transferkurzarbeit ist somit dadurch gekennzeichnet, dass die hierfür gezahlten Lohnersatzleistungen nicht darauf ausgerichtet sind, bestehende Arbeitsverhältnisse zu stabilisieren und den Eintritt von Arbeitslosigkeit bei vorübergehenden Arbeitsausfällen zu vermeiden. Die Transferleistungen dienen vielmehr dazu, Massenentlassungen zu vermeiden und einen sozialverträglichen Personalabbau zu ermöglichen. In der Beschäftigungsgesellschaft reduziert sich die Arbeitszeit auf Null beziehungsweise ist der Arbeitgeber berechtigt, Kurzarbeit Null anzuordnen.
Trotz der Anordnung von Kurzarbeit Null und der fehlenden Teilnahme der Transfer-Kug-Mitarbeiter an den arbeitstechnischen Zwecken der Beschäftigungsgesellschaft stehen die Arbeitnehmer bei dieser allerdings in einem regulären Beschäftigungsverhältnis, so dass die Klägerin auch hinsichtlich der in den beE beschäftigten Mitarbeiter gem. § 150 Abs. 1 Satz 1 SGB VII der Beitragspflicht unterliegt. Nach dieser Vorschrift sind die Unternehmer beitragspflichtig, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Zu den "Versicherten" zählen vor allem "Beschäftigte", die gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII kraft Gesetzes unfallversichert sind. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV), der nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB IV auch für die (gesetzliche) Unfallversicherung gilt, ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Der Begriff "Anhaltspunkt" verdeutlicht dabei, dass aus dem Vorhandensein oder Fehlen eines Anhaltspunktes nicht zwingend eine bestimmte Bewertung abgeleitet werden kann, sondern allenfalls ein Hinweis bzw. ein Indiz (Segebrecht/Wissing/Scheer/Wrage in: JurisPK-SGB IV, 2006, § 7 Rdnr. 72).
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (siehe etwa BSG SozR 3 - 2400 § 7 Nrn. 4 und 13, jeweils m.w.N.; BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 1) ist versicherungspflichtiger Arbeitnehmer, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Auch wenn das Weisungsrecht - vor allem bei Diensten höherer Art - erheblich eingeschränkt sein kann, darf es nicht vollständig entfallen. Es muss eine fremdbestimmte Dienstleistung verbleiben, die Dienstleistung also zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. In Zweifelsfällen kommt es darauf an, welche Merkmale nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung überwiegen. Dies richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, wobei die vertragliche Ausgestaltung allerdings zurücktritt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend davon abweichen (BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 1).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze stehen die Struktur-Kug- bzw. Transfer-Kug-Mitarbeiter bei der Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis. Abgesehen davon, dass bereits von Gesetzes wegen die persönlichen Voraussetzungen für den Bezug von Transfer-Kug nur solche Arbeitnehmer erfüllen, die nach Beginn des Arbeitsausfalles eine versicherungspflichtige Beschäftigung fortsetzen oder im Anschluss an die Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses aufnehmen (§ 216b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III; vgl. zum alten Recht die - auch für den Anspruch auf Struktur-Kug geltende - Regelung des § 172 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und c SGB III) und die Klägerin für die in den beE Beschäftigten Beiträge (auch) zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung zu entrichten hat, enthalten die zwischen der Klägerin und den Transfer-Kug-Mitarbeitern jeweils geschlossenen Arbeitsverträge durchweg typische Elemente eines Vertrages, wie ihn abhängig Beschäftigte mit ihrem Arbeitgeber abschließen, insbesondere hinsichtlich der Vereinbarung einer festen Vergütung (§ 3 des von der Klägerin für das Jahr 2003 vorgelegten [Muster-] Arbeitsvertrages), der Einräumung eines (tariflichen) Urlaubsanspruchs (§ 4 Abs. 2) und den Weisungsbefugnissen der Klägerin (§ 2 Abs. 2 und 3). Soweit die Klägerin vorträgt, dass der Abschluss eines Arbeitsvertrages zwischen ihr und den in den beE befindlichen Mitarbeitern noch kein Beleg dafür sei, dass es sich um ein Arbeits- und damit um ein Beschäftigungsverhältnis handele, da maßgebend vielmehr die tatsächliche Gestaltung der Tätigkeit und die tatsächliche Durchführung des vereinbarten Vertragsverhältnisses sei, ist darauf hinzuweisen, dass aus der "Maßgeblichkeit der tatsächlichen Verhältnisse" nicht geschlossen werden darf, die Begründung der Versicherungs- und Beitragspflicht oder deren Aufrechterhaltung komme immer dann, aber auch nur dann in Betracht, wenn und solange tatsächlich Arbeit geleistet werde (Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III, § 25 Rdnr. 41). Vielmehr hat die Rechtsprechung im Hinblick auf den sozialen Schutzzweck der Sozialversicherung hiervon in verschiedenen Fallgruppen abgesehen.
So hat das BSG trotz Nichtaufnahme der tatsächlichen Arbeit Versicherungspflicht insbesondere aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes bejaht etwa bei einem Unfall des Arbeitnehmers auf dem Weg zur erstmaligen Arbeitsaufnahme (BSGE 26, 124 = SozR Nr. 3 zu § 306 RVO), bei einer Kündigung des Arbeitgebers vor Arbeitsantritt und Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit bis zum Wirksamwerden der Kündigung (BSGE 36, 161 = SozR Nr. 73 zu § 165 RVO), bei nahtloser Überführung eines versicherungspflichtigen Ausbildungsverhältnisses in ein beim selben Arbeitgeber bestehendes und ebenfalls versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, zu dessen Beginn jedoch Arbeitsunfähigkeit bestand (BSGE 48, 235 = SozR 2200 § 306 Nr. 5) oder bei einem Festhalten am Arbeitsverhältnis mit Fortzahlung des Arbeitsentgelts trotz Untersuchungshaft des Arbeitnehmers (BSGE 68, 236 = SozR 3-4100 § 104 Nr. 6). Weiter hat das BSG entschieden, dass eine rechtlich unwirksame Kündigung des Arbeitsvertrages, die zum Wegfall der Arbeitsleistung führt, das Beschäftigungsverhältnis nicht beendet, wenn und solange eine Pflicht des Arbeitgebers zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts besteht. Dies ist namentlich bei einer unwirksamen Kündigung der Fall, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, der Arbeitgeber sie aber nicht annimmt, und dadurch nach § 615 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Annahmeverzug gerät (vgl. BSGE 59, 183 = SozR 4100 § 168 Nr. 19; BSG SozR 2400 § 2 Nr. 25). In diesen Fällen hat das BSG ein zur Versicherungs- und Beitragspflicht führendes Beschäftigungsverhältnis angenommen, obwohl es nicht nur an der tatsächlichen Arbeitsleistung fehlte, sondern noch die zusätzliche "Hürde" genommen werden musste, dass der Arbeitgeber auch kein Arbeitsentgelt gezahlt hatte.
In Fortführung dieser Rechtsprechung hat das BSG Versicherungspflicht (im entschiedenen Fall nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung [SGB V]) auch angenommen für Arbeitnehmer, die aus einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis in Kurzarbeit Null bei einer Auffanggesellschaft wechseln, um Struktur-Kug zu erhalten (BSG SozR 4-4500 § 47 Nr. 6). Insbesondere seien die in der Auffanggesellschaft angestellten Mitarbeiter auch im Rechtssinne bei dieser "beschäftigt", unabhängig davon, ob sie tatsächlich eine Tätigkeit aufnehmen. So geht das BSG für den Eintritt in ein Beschäftigungsverhältnis nach § 175 SGB III a.F. bzw. nach § 216b SGB III davon aus, dass die Begründung der Pflichten zur Qualifizierung etc. einerseits und Entgeltzahlung andererseits genügt, selbst wenn eine Freistellung von Arbeit vorgesehen ist. Dies sichere den vom Gesetzgeber gewollten sozialen Schutz der Arbeitnehmer in sog. Auffanggesellschaften, die mittels Qualifizierungsmaßnahmen die Chance erhielten - gleichsam in einem Puffer zwischen bisheriger Beschäftigung und drohender Arbeitslosigkeit -, in neue Beschäftigungsverhältnisse zu gelangen (BSG, aaO). In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung wird im Übrigen auch in der Literatur angenommen, dass das in einer Auffang- und Beschäftigungsgesellschaft begründete Arbeitsverhältnis ein reguläres sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis darstellt (Kania in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 7. Aufl. 2007, §§ 112, 112a BetrVG Rdnr. 37c; Voelzke in Küttner, Personalhandbuch, 15. Aufl. 2008, Stichwort "Beschäftigungsgesellschaft" Rdnr. 14; vgl. auch Bereiter-Hahn/Mehrtens, aaO, § 2 SGB VII Rdnr. 6.41, welcher Unfallversicherungsschutz für Beschäftigte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII annimmt, wenn und soweit eine Tätigkeit - wie hier - auf Grund eines mit der Transfergesellschaft geschlossenen Arbeitsvertrages vorliegt).
Ob die nach alledem vorliegende Unrichtigkeit des Lohnnachweises für das Beitragsjahr 2003, in welchem keinerlei Vergütung für die beE-Beschäftigten ausgewiesen ist, auf einem Verschulden der Klägerin beruht, ist bedeutungslos. Entscheidend ist allein, ob der Lohnnachweis objektiv unrichtig war (Senatsurteil vom 08.06.2005 - L 17 U 74/03; Ricke in: Kasseler Kommentar, § 169 Rn. 4). Denn es geht nicht um eine Sanktion, sondern um die Richtigstellung im Interesse der Beitragsgerechtigkeit für alle Unternehmer, die wegen des Umlagesystems (§ 152 SGB VII) durch zu niedrige Beitragsfestsetzungen doppelt belastet werden: Einerseits zahlen sie höhere Beiträge und andererseits entstehen ihnen gegenüber dem begünstigten Konkurrenten Wettbewerbsnachteile (Senatsurteil, a.a.O.).
3. Liegen somit die Tatbestandsvoraussetzungen des § 168 Abs. 2 Nr. 2, 1. Fall SGB VII vor, darf ein alter Beitragsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zuungunsten des Beitragspflichtigen aufgehoben werden. Obwohl § 168 Abs. 2 SGB VII der Beklagten damit einen Ermessensspielraum einräumt (a), enthält der Neubescheid vom 04.04.2005 ebenso wie der Widerspruchsbescheid vom 10.03.2006 keine Ermessenserwägungen (b). Eine Ermessensreduzierung auf Null liegt nicht vor (c). Der Ermessensnichtgebrauch ist im Klageverfahren auch nicht geheilt werden (d). Nach § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG führt der Ermessensfehler zur Aufhebung des Verwaltungsaktes.
a) § 168 Abs. 2 SGB VII in der hier maßgeblichen Fassung des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes (UVEG) vom 07.08.1996 (BGBl. 1254) ist eine Ermessensnorm (Senatsurteile vom 08.06.2005 - L 17 U 74/03 und vom 19.12.2007 - L 17 U 37/07; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.07.2007 - L 10 U 2777/07 ER-B, L 10 U 2778/07 W-A, L 10 U 2777/07 und L 10 U 2778/07, UV-Recht Aktuell 2007, 1274 ff.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.03.2007 - L 2 U 46/03, UV-Recht Aktuell 2007, 702 ff.; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.02.2004 - L 2 ER 59/03 U - NZS 2004, 602, 603 f.; Achterrath, Die Aufhebung von Beitragsbescheiden und Veranlagungsbescheiden zu den Gefahrklassen in der allgemeinen gesetzlichen Unfallversicherung, 1996, 107 ff.; Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O.; § 168 Rn. 4; Burchardt in: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, § 168 Rn. 11; Platz: in Lauterbach, UV, § 168 SGB VII Rn. 4; Freischmidt in: Hauck/Noftz, SGB VII, K § 168 Rn. 11). Dafür spricht zunächst der Wortlaut der Vorschrift ("darf nur"). Hätte der Gesetzgeber die Unfallversicherungsträger verpflichten wollen, jeden rechtswidrigen Beitrags(alt)bescheid aufzuheben, hätte er die - nunmehr in dem vom Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz - UVMG) in § 168 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII zukünftig vorgesehene - Formulierung "ist aufzuheben ..." wählen müssen. Dafür, dass es sich bei § 168 Abs. 2 SGB VII nach geltendem Recht um eine Ermessensnorm handelt, spricht auch die systematische Auslegung: § 168 Abs. 2 SGB VII ist als Sondervorschrift zu § 45 Abs. 1 SGB X konzipiert und soll die Rücknahmefrist nach § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X sowie die obligatorische Vertrauensschutzprüfung nach § 45 Abs. 2 SGG X im Beitragsrecht ausschließen (LSG Rheinland-Pfalz, a.a.O.). Im Übrigen sind beide Vorschriften - was die Rechtsfolgen angeht - identisch formuliert ("darf nur"). Aus diesem Wortlaut wird im Rahmen des § 45 Abs. 1 SGB X in Rechtsprechung und Literatur einhellig geschlossen, dass diese Vorschrift der Behörde einen Ermessensspielraum einräumt (vgl. statt aller Steinwedel in: Kasseler Kommentar, SGB X, § 45 SGB Rn. 50 m.w.N.). Die historische Interpretation führt dabei zu keinem anderen Ergebnis (LSG Rheinland-Pfalz, a.a.O.): Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 13/2204) zählt § 168 Abs. 2 SGB VII die Fälle auf, in denen ein Beitragsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zu Ungunsten des Unternehmens aufgehoben werden kann. Die Vorschrift entspreche "im Wesentlichen dem geltenden Recht (§ 749 RVO)". Das BSG hat bei § 749 RVO zwar keine Ermessensprüfung durchgeführt, das Erfordernis einer derartigen Ermessensausübung aber auch nicht verneint (vgl. BSG SozR 2200 § 734 Nrn. 5 und 6). Der Normzweck des § 168 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII besteht darin, die Höhe der Beiträge zu korrigieren, die in der Vergangenheit aufgrund unrichtiger Lohnnachweise zu niedrig festgesetzt worden sind. Hierdurch sollen rechtmäßige Zustände wiederhergestellt und den Unfallversicherungsträgern (nachträglich) die Einnahmen verschafft werden, die sie benötigen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Dass dieser Normzweck ohne Rücksicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalls ausnahmslos durchgesetzt werden und die Beitragsnacherhebung stets in ungekürzter Höhe erfolgen muss, ist § 168 Abs. 2 SGB VII jedoch nicht zu entnehmen.
Etwas anderes folgt für den vorliegenden Rechtsstreit auch nicht daraus, dass der Deutsche Bundestag am 26.06.2008 das Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz (UVMG) in der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (BT-Drucks 16/9788) verabschiedet hat. Nach der dort beschlossenen Änderung des § 168 Abs. 2 SGB VII sollen zukünftig das Wort "darf" durch das Wort "ist" und die Wörter "aufgehoben werden" durch das Wort "aufzuheben" ersetzt werden. Zwar soll nach der hierzu in der Beschlussempfehlung enthaltenen Begründung (a.a.O., S. 18) "klargestellt" werden, "dass es sich bei der Entscheidung des Unfallversicherungsträgers, den Beitragsbescheid zuungunsten des Beitragspflichtigen bei Vorliegen einer der im Gesetz genannten Alternativen aufzuheben, um eine gebundene Entscheidung und keine Ermessensentscheidung handelt." Aus der vermeintlichen "Klarstellung" kann allerdings nicht entnommen werden, dass es sich hierbei um eine authentische Interpretation des bisher geltenden Rechts handelt.
Authentische Interpretation meint in diesem Zusammenhang, dass der Gesetzgeber durch eine Klarstellung (also durch eine eigene nachträgliche Interpretation seiner selbst) anordnet, wie die schon bisher bestehenden gesetzlichen Bestimmungen von Anfang an zu verstehen waren (BSG SozR 4100 § 168 Nr. 22). Bei auftretenden Auslegungsschwierigkeiten ist der Gesetzgeber grundsätzlich befugt, entweder der - seine ursprüngliche Absicht klarstellenden - Neufassung nur Wirkung für die Zukunft beizumessen und für die Vergangenheit die Auslegung der ursprünglichen Fassung den Gerichten zu überlassen, oder in den verfassungsrechtlichen Grenzen einer rückwirkenden Rechtsänderung die Neufassung rückwirkend im Sinne einer authentischen Interpretation in Kraft zu setzen. Eine solche Klarstellung ist mithin, wenn ihr in den Übergangsvorschriften Rückwirkung beigemessen wird, von den Gerichten in den verfassungsrechtlichen Grenzen einer rückwirkenden Gesetzesänderung zu beachten (BSGE 58, 243, 246 = SozR 2200 § 182 Nr. 98). Das Ziel einer Klarstellung kann aber nicht ohne weiteres im Sinne einer Rückwirkung verstanden werden. Eine Auslegungsregel dieses Inhalts gibt es nicht. Weder scheidet eine Auslegung im Sinne der Rückwirkung, also gegen den Wortlaut der Übergangsvorschriften, von vornherein oder auch nur im Regelfall aus, noch ist sie im Zweifel geboten. Es kommt vielmehr auf die Bedeutung der Neufassung im Einzelfall an (BSG SozR 4100 § 168 Nr 22).
Gegen die Annahme einer Rückwirkung spricht hier, dass in der Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales weder der Gesichtspunkt der Rückwirkung noch der einer "authentischen Interpretation" angesprochen wird. Abgesehen davon liegt entgegen der - der Beschlussempfehlung offenbar zugrunde liegenden - Auffassung, dass bereits nach bisherigem Recht im Rahmen von § 168 Abs. 2 SGB VII eine gebundene Entscheidung zu treffen ist, eine früher vom Parlament getroffene, hinreichend klar und bestimmt im Gesetzestext verlautbarte Entscheidung nicht vor.
b) Eine Ermessensentscheidung setzt gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) voraus, dass der Verwaltungsträger sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und dabei die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten hat. Der gemäß § 39 Abs. 1 SGB I von der Ermessensentscheidung Betroffene hat - korrespondierend - einen Anspruch auf die pflichtgemäße Ausübung fehlerfreien Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). In diesem - eingeschränkten - Umfang unterliegt die Ermessensentscheidung der richterlichen Kontrolle (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Die Frage, ob überhaupt eine Ermessensentscheidung ergangen ist und ob diese gegebenenfalls rechtmäßig war, beurteilt sich nach dem Inhalt des Aufhebungsbescheides, insbesondere nach seiner Begründung (vgl. BSG SozR 1300 § 45 Nrn. 32 und 39; BSG SozR 3-1300 § 45 Nrn. 5 und 10). Diese muss die Ermessensentscheidung erkennen lassen; sie muss darüber hinaus grundsätzlich auch diejenigen Gesichtspunkte aufzeigen, von denen der Verwaltungsträger bei Ausübung des Ermessens ausgegangen ist (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 5).
Dass die Beklagte eine derartige Ermessensentscheidung getroffen hat, kann weder dem Bescheid vom 04.04.2005 noch dem Widerspruchsbescheid vom 10.03.2006 entnommen werden. Die Beklagte hat lediglich die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 168 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII geprüft und bejaht und aufgrund dessen ihre Aufhebungsentscheidung getroffen. Allein die im Widerspruchsbescheid enthaltene Formulierung, sie, die Beklagte, sei zur Änderung der Beitragsbescheide berechtigt gewesen, "da Gründe, die es rechtfertigen würden, von der Nachzahlung der Beiträge abzusehen, unter Berücksichtigung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit nicht ersichtlich gewesen seien", reicht für die Annahme einer Ermessensausübung nicht aus, denn Ausführungen dazu, aus welchen Gründen auch nach Abwägung der individuellen Verhältnisse des Einzelfalles die getroffene Entscheidung für gerechtfertigt gehalten wird, enthält der Widerspruchsbescheid nicht. Insofern fehlt es an der durch den Zweck der Ermächtigung vorgeschriebenen Abwägung und angemessenen Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles, also an einer Ermessensentscheidung überhaupt.
c) Eine Ermessensreduzierung auf Null liegt nicht vor. Eine solche Schrumpfung des Ermessens auf Null setzt voraus, dass es nach dem festgestellten Sachverhalt ausgeschlossen ist, dass Umstände vorliegen, die eine anderweitige Ausübung des Ermessens rechtsfehlerfrei zuließen. Dafür sind hier keine Anhaltspunkte ersichtlich.
d) Die Beklagte hat den Ermessensnichtgebrauch auch nicht geheilt. Zwar kann die erforderliche Begründung eines Verwaltungsaktes gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGB X in seiner seit dem 01.01.2001 geltenden Fassung noch bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. § 41 Abs. 2 SGB X ermöglicht es jedoch nicht, Ermessenserwägungen während des Klage- oder Berufungsverfahren erstmals anzustellen und mit heilender Wirkung nachzuschieben (Senatsurteil vom 19.12.2007 - L 17 U 37/07 -; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.03.2007 - L 2 U 46/03). Die Vorschrift orientiert sich nämlich an § 45 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), wonach eine erforderliche Begründung ebenfalls bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden kann. Zur möglichen Nachholung von Ermessenserwägungen enthält jedoch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren § 114 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eine gesonderte Regelung. Danach kann die Behörde ihre Ermessenserwägungen auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren "ergänzen". Eine solche Vorschrift fehlt im SGG. Zudem schafft selbst § 114 Satz 2 VwGO lediglich die prozessualen Voraussetzungen dafür, dass die Behörde defizitäre Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen kann, nicht hingegen dafür, dass sie ihr Ermessen in Fällen des Ermessensnichtgebrauchs erstmals ausübt (so Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteile vom 05.09.2006 - 1 C 20/05 - NVwZ 2007, 470, 471 und vom 05.05.1998 - 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351, 365). Vor diesem Hintergrund erlaubt § 41 Abs. 2 SGB X der Behörde allenfalls, die Ermessenserwägungen nachträglich mitzuteilen, die sie bei Erlass des Verwaltungsaktes tatsächlich angestellt, aber (irrtümlich oder nachlässigerweise) nicht in die Begründung des Bescheides aufgenommen hat, (so LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.01.2006 - L 29 B 1104/05 AS ER - und Steinwedel in: Kasseler Kommentar, SGB X, § 41 Rn. 24 und 25). Eine solche Konstellation liegt im Falle eines Ermessensnichtgebrauchs aber keinesfalls vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a Abs. 1 Satz 1, Teilsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie unterliegt.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen, da bislang höchstrichterliche Rechtsprechung weder zu der Frage vorliegt, ob Arbeitnehmer in Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII kraft Gesetzes als Beschäftigte in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sind noch dazu, ob § 168 Abs. 2 SGB VII in der seit dem 01.01.1997 gültigen Fassung eine Ermessensausübung auch im Lichte der Änderung der Vorschrift durch das UVMG erfordert.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Neufeststellungsbescheid der Beklagten für das Beitragsjahr 2003 rechtmäßig ist.
Die Klägerin, die bei der Beklagten Mitglied ist, ist eine zum 01.12.1997 gegründete Beschäftigungs-, Auffang- und Qualifizierungsgesellschaft, die von Arbeitslosigkeit betroffene oder bedrohte Arbeitnehmer aus Firmen, die in einer Strukturkrise stecken oder von Insolvenz bedroht sind, auffängt. Die Mitarbeiter der betroffenen Firmen, die von der Klägerin in Kurzarbeit Null übernommen werden sowie für die bei der Bundesagentur für Arbeit Strukturkurzarbeitergeld (Struktur-Kug) bzw. seit dem 01.01.2004 Transferkurzarbeitergeld (Transfer-Kug) beantragt wird, werden in einer vom Arbeitgeber und Betriebsrat der jeweiligen Firmen gebildeten "betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit" (beE) übernommen, die sodann von der Klägerin verwaltet wird. Diese entrichtet für die in einer beE übernommenen Mitarbeiter Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung.
Mit Bescheid vom 27.06.2001 veranlagte die Beklagte die Klägerin auf der Grundlage des ab dem 01.01.2001 geltenden, von der Vertreterversammlung der Beklagten am 07.12.2000 beschlossenen und vom Bundesversicherungsamt am 13.12.2000 genehmigten Gefahrtarifs 2001 zu den Gefahrtarifstellen 32 (Organisation zur Betreuung, Unterstützung im sozialen Bereich) sowie 52 und 53 (gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung). In der Gefahrtarifstelle 32 war die Gefahrklasse für das Jahr 2001 mit 2,46 und ab dem 01.01.2002 mit 2,77 festgesetzt.
Auf der Grundlage des von der Klägerin für das Jahr 2003 vorgelegten Entgeltnachweises, der ein nachweispflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 832.952 EUR für 27 Versicherte in der Gefahrtarifstelle 32 auswies, setzte die Beklagte den Beitrag für das Beitragsjahr 2003 mit Bescheid vom 21.04.2004 in Höhe von 12.887,03 EUR fest.
Bei einer Betriebsprüfung am 28.01.2005 stellte der Betriebsprüfer C fest, dass die Bezügebestandteile Urlaubsgeld, Urlaubslohn, Feiertagslohn und Weihnachtsgeld der im Bezug von Struktur-Kug bzw. Transfer-Kug befindlichen Mitarbeiter der Klägerin nachträglich veranlagt werden müssten und der Gefahrtarifstelle 32 zuzuordnen seien. Das meldepflichtige Entgelt für das Jahr 2003 wurde im Prüfbericht mit 6.833.753,00 EUR beziffert. Hierauf gestützt erließ die Beklagte am 04.04.2005 (u.a.) für das Beitragsjahr 2003 einen Beitragsberichtigungsbescheid, in dem der Gesamtbeitrag auf 107.013,19 EUR festgesetzt und abzüglich der Forderung in Höhe von 12.887,03 EUR (Bescheid vom 21.04.2004) von der Klägerin ein Restbetrag in Höhe von 94.126,16 EUR geltend gemacht wurde.
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, es sei fehlerhaft, bei der Bemessung der Beiträge die von den Transfer-Kug-Beschäftigten bezogene Vergütung einzubeziehen, denn bei diesen Beschäftigten handele es sich nicht um ihre Arbeitnehmer. Das zwischen den in die beE eingetretenen Arbeitnehmern und ihr begründete Arbeitsverhältnis werde von ihr als Dienstleistung eingegangen, so dass arbeitsrechtliche Beziehungen nur formal bestünden. Dies werde bereits daran deutlich, dass sie kein eigenes wirtschaftliches Risiko bei der Durchführung des Arbeitsverhältnisses trage, weil ihr sämtliche für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses benötigten finanziellen Mittel zuvor von ihrem Auftraggeber (abgebender Arbeitgeber und Betriebsrat) zur Verfügung gestellt würden. Es handele sich bei der Vergütung von Urlaub und Feiertagen sowie gegebenenfalls Aufstockungsleistungen auf das Kug somit nicht um die Zahlung von Arbeitsentgelt, sondern lediglich um eine Weitergabe bereitgestellter Remanenzkosten. Ferner würden sowohl die Dauer des Arbeitsverhältnisses, das gesetzlich auf maximal ein Jahr befristet sei, als auch der Inhalt des Arbeitsverhältnisses nicht von ihr, sondern von den Betriebsparteien bestimmt. Darüber hinaus seien die Transfer-Kug-Beschäftigten nicht in ihren Betrieb eingegliedert, weil sie an der betrieblichen Leistung - Organisation von Transfer-Maßnahmen - nicht teilnähmen, sondern Objekt dieser Tätigkeit seien. Die Arbeitnehmer erbrächten dementsprechend aufgrund des Arbeitsverhältnisses mit ihr keine Gegenleistung, ihre Tätigkeit generiere für sie auch keinerlei Einnahmen. Die einzige Möglichkeit, dass die Transfer-Kug-Mitarbeiter eine Arbeitsleistung verrichteten, sehe § 216b Abs. 6 Satz 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) vor, der die zeitlich begrenzte, längstens sechs Monate dauernde Beschäftigung zum Zwecke der Qualifizierung bei einem anderen Arbeitgeber zulasse. Das typische Austauschverhältnis eines Arbeitsverhältnisses bestehe bei ihr also nicht. Vielmehr erfülle sie mit dem Betrieb des Arbeitsverhältnisses lediglich eine Verpflichtung gegenüber ihrem Auftraggeber und erhalte für diese Dienstleistung eine besondere Vergütung, die ebenfalls von den früheren Betriebsparteien vereinbart und gezahlt werde. Im Übrigen stehe die Höhe der verlangten Abgaben in einem auffälligen Missverhältnis zu den von ihr erzielten und erzielbaren Einnahmen. Für die Betreuung von 100 Transfer-Kug-Arbeitnehmern erziele sie für die Dauer eines Jahres ca. 150.000,00 EUR bis 180.000,00 EUR. Von dieser Vergütung könnten nicht derart horrende Beiträge der Berufsgenossenschaft finanziert werden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2006 zurück. Die Transfer-Kug-Arbeitnehmer seien als Beschäftigte der Klägerin Versicherte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII). Auch für Personen in Kurzarbeit Null bestehe ein Beschäftigungsverhältnis, da während der Kurzarbeit Null sich die betroffenen Personen in der Regel für zumutbare Arbeit bereithalten sowie andere Nebenpflichten erfüllen müssten, wie etwa Meldepflichten oder das Erscheinen im Rahmen der Beratung und Betreuung bei der Beschäftigungsgesellschaft. Auch komme es vor, dass sie sich auf Veranlassung des Arbeitgebers Praktikumsplätze oder andere Beschäftigungsmöglichkeiten suchen müssten. Gerade in diesen Verpflichtungen liege dann auch ohne Vereinbarung einer Arbeitsleistung eine Eingliederung in den fremden Betrieb und eine Weisungsgebundenheit. Zum nachweispflichtigen Entgelt der nach alledem Versicherten gehöre zwar nicht das Kug selbst. Beitragspflichtig seien aber die Zahlungen, die die Beschäftigten während des Urlaubs, an Feiertagen oder während einer Krankheit erhielten. Auch Zahlungen zur Aufstockung des Kug seien nachweispflichtiges Entgelt, soweit sie zusammen mit dem Kug 80 v.H. des Unterschiedsbetrages zwischen dem Sollentgelt und dem Istentgelt nach § 179 SGB III überstiegen. Da diese Entgeltzahlungen in den Entgeltnachweisen 2000 bis 2003 nicht enthalten gewesen seien, hätten diese unrichtige Angaben enthalten. Sie sei daher berechtigt gewesen, die Beitragsbescheide für diese Jahre zu ändern, da Gründe, die es rechtfertigen würden, von der Nachzahlung der Beiträge abzusehen, unter Berücksichtigung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit nicht ersichtlich gewesen seien.
Dagegen hat die Klägerin am 22.03.2006 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erhoben.
Mit Urteil vom 13.11.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Nach Zustellung am 28.11.2007 hat die Klägerin gegen dieses Urteil am 21.12.2007 Berufung eingelegt.
Sie ist der Auffassung, dass es hinsichtlich der Transfer-Kug-Mitarbeiter an sämtlichen Merkmalen für die Annahme einer Beschäftigung fehle, insbesondere für die Hauptmerkmale "Arbeit", "Vertrag", "Weisungsabhängigkeit" sowie "Eingliederung". Zunächst sei anzumerken, dass der Abschluss eines Arbeitsvertrages zwischen ihr und den in den beE befindlichen Mitarbeitern noch kein Beleg dafür sei, dass es sich um ein Arbeits- und damit Beschäftigungsverhältnis handele, denn maßgebend sei vielmehr die tatsächliche Gestaltung der Tätigkeit und die tatsächliche Durchführung des vereinbarten Vertragsverhältnisses. Sie aber trage nicht das typische Arbeitgeber-Risiko für die Beschäftigung und Bezahlung der beE-Mitarbeiter, da im Schwerpunkt die Agentur für Arbeit durch Gewährung von Kug und ergänzend das abgebende Unternehmen durch Zahlung von Aufstockungsleistungen für die Vergütung sorgten und eine Beschäftigungspflicht nicht bestehe bzw. nach den jeweiligen Arbeitsverträgen sogar ausdrücklich abbedungen sei. Die beE-Beschäftigten, die an ihren arbeitstechnischen Zwecken nicht teilnähmen und auch nicht in ihren Betrieb eingegliedert seien, seien Auszubildenden vergleichbar, die in einem Betrieb ausgebildet würden, dessen Geschäftsgegenstand ausschließlich die Ausbildung sei. In diesen Fällen habe das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Beschäftigteneigenschaft verneint. Weder hinsichtlich des Abschlusses der Arbeitsverträge mit den beE-Mitarbeitern noch hinsichtlich deren inhaltlicher Ausgestaltung habe sie Vertragsfreiheit. So sei sie nach den formularmäßig verwendeten Kooperationsverträgen, mit denen zwischen ihr und den Betriebsparteien die entsprechenden Aufträge vereinbart würden, verpflichtet, mit jedem übernommenen Mitarbeiter einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen, dessen Inhalt wiederum weitgehend von § 216b SGB III vorgezeichnet werde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 13.11.2007 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 04.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2006 betreffend das Beitragsjahr 2003 aufzuheben.
Die Beklagte, die dem angefochtenen Urteil beipflichtet, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat Muster der von ihr in den Jahren 2000 bis 2004 verwandten Arbeitsverträge sowie einen Mustervertrag der formularmäßig verwandten Kooperationsverträge zwischen ihr und den Betriebsparteien vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beitragsakte (Az.: 000) verwiesen. Beide Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Unrecht abgewiesen. Der - hier allein streitige - Berichtigungsbescheid vom 04.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2006 für das Beitragsjahr 2003 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Denn die Beklagte hat weder in dem Berichtigungsbescheid noch im Widerspruchsbescheid Ermessen ausgeübt, als sie den ursprünglichen Beitragsbescheid für das Beitragsjahr 2003 vom 21.04.2004 gem. § 168 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII zuungunsten der Klägerin aufgehoben hat.
Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind allerdings gehindert, einen Bescheid wegen fehlender Ermessensausübung aufzuheben, ohne zuvor die Rücknahmevoraussetzungen zu klären (Bundessozialgericht [BSG] SozR 1300 § 45 Nr. 34). Zwar kann das Gericht grundsätzlich wählen, auf welchen Grund es seine Entscheidung stützt. Das gilt auch bei der Anfechtungsklage, wenn ein Verwaltungsakt aus mehreren Gründen rechtswidrig und deshalb aufzuheben ist. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Aufhebung eines Verwaltungsaktes wegen fehlender Tatbestandsvoraussetzungen eine größere Tragweite hat als die Aufhebung wegen mangelnder Ermessensausübung. Verneint das Gericht nämlich schon die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermessensnorm, so braucht die Klägerin nicht damit zu rechnen, erneut in Anspruch genommen zu werden. Denn die Behörde kann den Verwaltungsakt nicht wiederholen, wenn ihn das Gericht wegen fehlender Tatbestandsvoraussetzungen aufgehoben hat (BSG SozR 3100 § 62 Nr. 5 sowie BSG SozR 1300 § 45 Nr. 34). Wird der Verwaltungsakt dagegen nur wegen fehlender oder fehlerhafter Ermessensausübung aufgehoben, so muss die Klägerin damit rechnen, dass die Beklagte ihr Ermessen in einem wiederholenden Verwaltungsakt erneut ausübt. Ließe das Gericht offen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, bliebe unklar, ob die Beklagte ihr Ermessen erneut ausüben kann. Ein neuer Rechtsstreit wäre damit vorprogrammiert. Die Prozessökonomie fordert jedoch, dass der gesamte Rechtsstreit möglichst in einem Verfahren erledigt wird. Daher muss zunächst die formelle (1.) und materielle Rechtmäßigkeit (2.) der Aufhebungsentscheidung bejaht werden, bevor die Ermessensprüfung (3.) vorgenommen werden kann.
1. Der Aufhebungsbescheid ist formell nicht zu beanstanden. Der Betriebsprüfer C hat das Prüfergebnis vor Erlass der Aufhebungsbescheide mit der Klägerin besprochen und sie damit ordnungsgemäß angehört (§ 24 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz [SGB X]). Ungeachtet dessen hat sich die Klägerin im Widerspruchsverfahren zu den entscheidungserheblichen Tatsachen umfangreich geäußert, so dass etwaige Anhörungsfehler gem. § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt worden sind.
2. Rechtsgrundlage für die Aufhebung des Bescheides vom 21.04.2004 ist § 168 Abs. 2 Nr. 2, 1. Fall SGB VII. Nach dieser Vorschrift darf der Beitragsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zungunsten des Beitragspflichtigen nur dann aufgehoben werden, wenn der Lohnnachweis unrichtige Angaben enthält. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, da die Klägerin der Beklagten die Bezügebestandteile Urlaubsgeld, Urlaubslohn, Feiertagslohn und Weihnachtsgeld der im Bezug von Struktur-Kug bzw. Transfer-Kug befindlichen Mitarbeiter nicht gemeldet hat. Dies war - wie das SG zu Recht erkannt hat - unrichtig.
Die Klägerin ist eine Beschäftigungs-, Auffang- und Qualifizierungsgesellschaft, die von Arbeitslosigkeit betroffene oder bedrohte Arbeitnehmer aus Firmen auffängt, die in einer Strukturkrise stecken oder von Insolvenz bedroht sind. Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften als beE (vgl. hierzu § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III a.F. bzw. - seit dem 01.01.2004 - § 216b Abs. 3 Nr. 2 SGB III) dienen der Personalreduzierung beim bisherigen Arbeitgeber. In der beE werden Arbeitnehmer, die sonst entlassen werden müssten, zusammengefasst mit der Aufgabe, ihre Eingliederungschancen zu verbessern, sie in ein Anschlussarbeitsverhältnis zu vermitteln oder in die Selbstständigkeit zu begleiten. Beim Transfer in eine externe beE wechselt der Vertragspartner des Arbeitnehmers: an die Stelle des bisherigen Arbeitgebers tritt die fremde Beschäftigungsgesellschaft (Gaul/Otto, Aktuelle Aspekte einer Zusammenarbeit mit Beschäftigungsgesellschaften, NZA 2004, 1301, 1302). Der Transfer vollzieht sich durch Ausscheiden beim bisherigen Arbeitgeber durch einen Aufhebungsvertrag und Begründung eines neuen, regelmäßig befristeten Beschäftigungsverhältnisses mit der Beschäftigungsgesellschaft. Dieses Ziel kann auch in einem dreiseitigen Vertrag zwischen bisherigem Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Beschäftigungsgesellschaft erreicht werden, wovon in der Praxis - wie hier - am häufigsten Gebrauch gemacht wird. Ziel der Beschäftigungsgesellschaft ist es, im Auftrag anderer Unternehmen beE zu organisieren, in denen Struktur-Kug nach § 175 SGB III a.F. bzw. Transfer-Kug nach § 216 b SGB III gewährt wird. Die Verfolgung eines eigenen arbeitstechnischen Zwecks ist allenfalls Nebensache (Gaul/Otto, a.a.O. S. 1302). Transferkurzarbeit ist somit dadurch gekennzeichnet, dass die hierfür gezahlten Lohnersatzleistungen nicht darauf ausgerichtet sind, bestehende Arbeitsverhältnisse zu stabilisieren und den Eintritt von Arbeitslosigkeit bei vorübergehenden Arbeitsausfällen zu vermeiden. Die Transferleistungen dienen vielmehr dazu, Massenentlassungen zu vermeiden und einen sozialverträglichen Personalabbau zu ermöglichen. In der Beschäftigungsgesellschaft reduziert sich die Arbeitszeit auf Null beziehungsweise ist der Arbeitgeber berechtigt, Kurzarbeit Null anzuordnen.
Trotz der Anordnung von Kurzarbeit Null und der fehlenden Teilnahme der Transfer-Kug-Mitarbeiter an den arbeitstechnischen Zwecken der Beschäftigungsgesellschaft stehen die Arbeitnehmer bei dieser allerdings in einem regulären Beschäftigungsverhältnis, so dass die Klägerin auch hinsichtlich der in den beE beschäftigten Mitarbeiter gem. § 150 Abs. 1 Satz 1 SGB VII der Beitragspflicht unterliegt. Nach dieser Vorschrift sind die Unternehmer beitragspflichtig, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Zu den "Versicherten" zählen vor allem "Beschäftigte", die gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII kraft Gesetzes unfallversichert sind. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV), der nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB IV auch für die (gesetzliche) Unfallversicherung gilt, ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Der Begriff "Anhaltspunkt" verdeutlicht dabei, dass aus dem Vorhandensein oder Fehlen eines Anhaltspunktes nicht zwingend eine bestimmte Bewertung abgeleitet werden kann, sondern allenfalls ein Hinweis bzw. ein Indiz (Segebrecht/Wissing/Scheer/Wrage in: JurisPK-SGB IV, 2006, § 7 Rdnr. 72).
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (siehe etwa BSG SozR 3 - 2400 § 7 Nrn. 4 und 13, jeweils m.w.N.; BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 1) ist versicherungspflichtiger Arbeitnehmer, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Auch wenn das Weisungsrecht - vor allem bei Diensten höherer Art - erheblich eingeschränkt sein kann, darf es nicht vollständig entfallen. Es muss eine fremdbestimmte Dienstleistung verbleiben, die Dienstleistung also zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. In Zweifelsfällen kommt es darauf an, welche Merkmale nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung überwiegen. Dies richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, wobei die vertragliche Ausgestaltung allerdings zurücktritt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend davon abweichen (BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 1).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze stehen die Struktur-Kug- bzw. Transfer-Kug-Mitarbeiter bei der Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis. Abgesehen davon, dass bereits von Gesetzes wegen die persönlichen Voraussetzungen für den Bezug von Transfer-Kug nur solche Arbeitnehmer erfüllen, die nach Beginn des Arbeitsausfalles eine versicherungspflichtige Beschäftigung fortsetzen oder im Anschluss an die Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses aufnehmen (§ 216b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III; vgl. zum alten Recht die - auch für den Anspruch auf Struktur-Kug geltende - Regelung des § 172 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und c SGB III) und die Klägerin für die in den beE Beschäftigten Beiträge (auch) zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung zu entrichten hat, enthalten die zwischen der Klägerin und den Transfer-Kug-Mitarbeitern jeweils geschlossenen Arbeitsverträge durchweg typische Elemente eines Vertrages, wie ihn abhängig Beschäftigte mit ihrem Arbeitgeber abschließen, insbesondere hinsichtlich der Vereinbarung einer festen Vergütung (§ 3 des von der Klägerin für das Jahr 2003 vorgelegten [Muster-] Arbeitsvertrages), der Einräumung eines (tariflichen) Urlaubsanspruchs (§ 4 Abs. 2) und den Weisungsbefugnissen der Klägerin (§ 2 Abs. 2 und 3). Soweit die Klägerin vorträgt, dass der Abschluss eines Arbeitsvertrages zwischen ihr und den in den beE befindlichen Mitarbeitern noch kein Beleg dafür sei, dass es sich um ein Arbeits- und damit um ein Beschäftigungsverhältnis handele, da maßgebend vielmehr die tatsächliche Gestaltung der Tätigkeit und die tatsächliche Durchführung des vereinbarten Vertragsverhältnisses sei, ist darauf hinzuweisen, dass aus der "Maßgeblichkeit der tatsächlichen Verhältnisse" nicht geschlossen werden darf, die Begründung der Versicherungs- und Beitragspflicht oder deren Aufrechterhaltung komme immer dann, aber auch nur dann in Betracht, wenn und solange tatsächlich Arbeit geleistet werde (Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III, § 25 Rdnr. 41). Vielmehr hat die Rechtsprechung im Hinblick auf den sozialen Schutzzweck der Sozialversicherung hiervon in verschiedenen Fallgruppen abgesehen.
So hat das BSG trotz Nichtaufnahme der tatsächlichen Arbeit Versicherungspflicht insbesondere aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes bejaht etwa bei einem Unfall des Arbeitnehmers auf dem Weg zur erstmaligen Arbeitsaufnahme (BSGE 26, 124 = SozR Nr. 3 zu § 306 RVO), bei einer Kündigung des Arbeitgebers vor Arbeitsantritt und Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit bis zum Wirksamwerden der Kündigung (BSGE 36, 161 = SozR Nr. 73 zu § 165 RVO), bei nahtloser Überführung eines versicherungspflichtigen Ausbildungsverhältnisses in ein beim selben Arbeitgeber bestehendes und ebenfalls versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, zu dessen Beginn jedoch Arbeitsunfähigkeit bestand (BSGE 48, 235 = SozR 2200 § 306 Nr. 5) oder bei einem Festhalten am Arbeitsverhältnis mit Fortzahlung des Arbeitsentgelts trotz Untersuchungshaft des Arbeitnehmers (BSGE 68, 236 = SozR 3-4100 § 104 Nr. 6). Weiter hat das BSG entschieden, dass eine rechtlich unwirksame Kündigung des Arbeitsvertrages, die zum Wegfall der Arbeitsleistung führt, das Beschäftigungsverhältnis nicht beendet, wenn und solange eine Pflicht des Arbeitgebers zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts besteht. Dies ist namentlich bei einer unwirksamen Kündigung der Fall, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, der Arbeitgeber sie aber nicht annimmt, und dadurch nach § 615 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Annahmeverzug gerät (vgl. BSGE 59, 183 = SozR 4100 § 168 Nr. 19; BSG SozR 2400 § 2 Nr. 25). In diesen Fällen hat das BSG ein zur Versicherungs- und Beitragspflicht führendes Beschäftigungsverhältnis angenommen, obwohl es nicht nur an der tatsächlichen Arbeitsleistung fehlte, sondern noch die zusätzliche "Hürde" genommen werden musste, dass der Arbeitgeber auch kein Arbeitsentgelt gezahlt hatte.
In Fortführung dieser Rechtsprechung hat das BSG Versicherungspflicht (im entschiedenen Fall nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung [SGB V]) auch angenommen für Arbeitnehmer, die aus einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis in Kurzarbeit Null bei einer Auffanggesellschaft wechseln, um Struktur-Kug zu erhalten (BSG SozR 4-4500 § 47 Nr. 6). Insbesondere seien die in der Auffanggesellschaft angestellten Mitarbeiter auch im Rechtssinne bei dieser "beschäftigt", unabhängig davon, ob sie tatsächlich eine Tätigkeit aufnehmen. So geht das BSG für den Eintritt in ein Beschäftigungsverhältnis nach § 175 SGB III a.F. bzw. nach § 216b SGB III davon aus, dass die Begründung der Pflichten zur Qualifizierung etc. einerseits und Entgeltzahlung andererseits genügt, selbst wenn eine Freistellung von Arbeit vorgesehen ist. Dies sichere den vom Gesetzgeber gewollten sozialen Schutz der Arbeitnehmer in sog. Auffanggesellschaften, die mittels Qualifizierungsmaßnahmen die Chance erhielten - gleichsam in einem Puffer zwischen bisheriger Beschäftigung und drohender Arbeitslosigkeit -, in neue Beschäftigungsverhältnisse zu gelangen (BSG, aaO). In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung wird im Übrigen auch in der Literatur angenommen, dass das in einer Auffang- und Beschäftigungsgesellschaft begründete Arbeitsverhältnis ein reguläres sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis darstellt (Kania in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 7. Aufl. 2007, §§ 112, 112a BetrVG Rdnr. 37c; Voelzke in Küttner, Personalhandbuch, 15. Aufl. 2008, Stichwort "Beschäftigungsgesellschaft" Rdnr. 14; vgl. auch Bereiter-Hahn/Mehrtens, aaO, § 2 SGB VII Rdnr. 6.41, welcher Unfallversicherungsschutz für Beschäftigte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII annimmt, wenn und soweit eine Tätigkeit - wie hier - auf Grund eines mit der Transfergesellschaft geschlossenen Arbeitsvertrages vorliegt).
Ob die nach alledem vorliegende Unrichtigkeit des Lohnnachweises für das Beitragsjahr 2003, in welchem keinerlei Vergütung für die beE-Beschäftigten ausgewiesen ist, auf einem Verschulden der Klägerin beruht, ist bedeutungslos. Entscheidend ist allein, ob der Lohnnachweis objektiv unrichtig war (Senatsurteil vom 08.06.2005 - L 17 U 74/03; Ricke in: Kasseler Kommentar, § 169 Rn. 4). Denn es geht nicht um eine Sanktion, sondern um die Richtigstellung im Interesse der Beitragsgerechtigkeit für alle Unternehmer, die wegen des Umlagesystems (§ 152 SGB VII) durch zu niedrige Beitragsfestsetzungen doppelt belastet werden: Einerseits zahlen sie höhere Beiträge und andererseits entstehen ihnen gegenüber dem begünstigten Konkurrenten Wettbewerbsnachteile (Senatsurteil, a.a.O.).
3. Liegen somit die Tatbestandsvoraussetzungen des § 168 Abs. 2 Nr. 2, 1. Fall SGB VII vor, darf ein alter Beitragsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zuungunsten des Beitragspflichtigen aufgehoben werden. Obwohl § 168 Abs. 2 SGB VII der Beklagten damit einen Ermessensspielraum einräumt (a), enthält der Neubescheid vom 04.04.2005 ebenso wie der Widerspruchsbescheid vom 10.03.2006 keine Ermessenserwägungen (b). Eine Ermessensreduzierung auf Null liegt nicht vor (c). Der Ermessensnichtgebrauch ist im Klageverfahren auch nicht geheilt werden (d). Nach § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG führt der Ermessensfehler zur Aufhebung des Verwaltungsaktes.
a) § 168 Abs. 2 SGB VII in der hier maßgeblichen Fassung des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes (UVEG) vom 07.08.1996 (BGBl. 1254) ist eine Ermessensnorm (Senatsurteile vom 08.06.2005 - L 17 U 74/03 und vom 19.12.2007 - L 17 U 37/07; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.07.2007 - L 10 U 2777/07 ER-B, L 10 U 2778/07 W-A, L 10 U 2777/07 und L 10 U 2778/07, UV-Recht Aktuell 2007, 1274 ff.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.03.2007 - L 2 U 46/03, UV-Recht Aktuell 2007, 702 ff.; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.02.2004 - L 2 ER 59/03 U - NZS 2004, 602, 603 f.; Achterrath, Die Aufhebung von Beitragsbescheiden und Veranlagungsbescheiden zu den Gefahrklassen in der allgemeinen gesetzlichen Unfallversicherung, 1996, 107 ff.; Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O.; § 168 Rn. 4; Burchardt in: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, § 168 Rn. 11; Platz: in Lauterbach, UV, § 168 SGB VII Rn. 4; Freischmidt in: Hauck/Noftz, SGB VII, K § 168 Rn. 11). Dafür spricht zunächst der Wortlaut der Vorschrift ("darf nur"). Hätte der Gesetzgeber die Unfallversicherungsträger verpflichten wollen, jeden rechtswidrigen Beitrags(alt)bescheid aufzuheben, hätte er die - nunmehr in dem vom Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz - UVMG) in § 168 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII zukünftig vorgesehene - Formulierung "ist aufzuheben ..." wählen müssen. Dafür, dass es sich bei § 168 Abs. 2 SGB VII nach geltendem Recht um eine Ermessensnorm handelt, spricht auch die systematische Auslegung: § 168 Abs. 2 SGB VII ist als Sondervorschrift zu § 45 Abs. 1 SGB X konzipiert und soll die Rücknahmefrist nach § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X sowie die obligatorische Vertrauensschutzprüfung nach § 45 Abs. 2 SGG X im Beitragsrecht ausschließen (LSG Rheinland-Pfalz, a.a.O.). Im Übrigen sind beide Vorschriften - was die Rechtsfolgen angeht - identisch formuliert ("darf nur"). Aus diesem Wortlaut wird im Rahmen des § 45 Abs. 1 SGB X in Rechtsprechung und Literatur einhellig geschlossen, dass diese Vorschrift der Behörde einen Ermessensspielraum einräumt (vgl. statt aller Steinwedel in: Kasseler Kommentar, SGB X, § 45 SGB Rn. 50 m.w.N.). Die historische Interpretation führt dabei zu keinem anderen Ergebnis (LSG Rheinland-Pfalz, a.a.O.): Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 13/2204) zählt § 168 Abs. 2 SGB VII die Fälle auf, in denen ein Beitragsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zu Ungunsten des Unternehmens aufgehoben werden kann. Die Vorschrift entspreche "im Wesentlichen dem geltenden Recht (§ 749 RVO)". Das BSG hat bei § 749 RVO zwar keine Ermessensprüfung durchgeführt, das Erfordernis einer derartigen Ermessensausübung aber auch nicht verneint (vgl. BSG SozR 2200 § 734 Nrn. 5 und 6). Der Normzweck des § 168 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII besteht darin, die Höhe der Beiträge zu korrigieren, die in der Vergangenheit aufgrund unrichtiger Lohnnachweise zu niedrig festgesetzt worden sind. Hierdurch sollen rechtmäßige Zustände wiederhergestellt und den Unfallversicherungsträgern (nachträglich) die Einnahmen verschafft werden, die sie benötigen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Dass dieser Normzweck ohne Rücksicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalls ausnahmslos durchgesetzt werden und die Beitragsnacherhebung stets in ungekürzter Höhe erfolgen muss, ist § 168 Abs. 2 SGB VII jedoch nicht zu entnehmen.
Etwas anderes folgt für den vorliegenden Rechtsstreit auch nicht daraus, dass der Deutsche Bundestag am 26.06.2008 das Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz (UVMG) in der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (BT-Drucks 16/9788) verabschiedet hat. Nach der dort beschlossenen Änderung des § 168 Abs. 2 SGB VII sollen zukünftig das Wort "darf" durch das Wort "ist" und die Wörter "aufgehoben werden" durch das Wort "aufzuheben" ersetzt werden. Zwar soll nach der hierzu in der Beschlussempfehlung enthaltenen Begründung (a.a.O., S. 18) "klargestellt" werden, "dass es sich bei der Entscheidung des Unfallversicherungsträgers, den Beitragsbescheid zuungunsten des Beitragspflichtigen bei Vorliegen einer der im Gesetz genannten Alternativen aufzuheben, um eine gebundene Entscheidung und keine Ermessensentscheidung handelt." Aus der vermeintlichen "Klarstellung" kann allerdings nicht entnommen werden, dass es sich hierbei um eine authentische Interpretation des bisher geltenden Rechts handelt.
Authentische Interpretation meint in diesem Zusammenhang, dass der Gesetzgeber durch eine Klarstellung (also durch eine eigene nachträgliche Interpretation seiner selbst) anordnet, wie die schon bisher bestehenden gesetzlichen Bestimmungen von Anfang an zu verstehen waren (BSG SozR 4100 § 168 Nr. 22). Bei auftretenden Auslegungsschwierigkeiten ist der Gesetzgeber grundsätzlich befugt, entweder der - seine ursprüngliche Absicht klarstellenden - Neufassung nur Wirkung für die Zukunft beizumessen und für die Vergangenheit die Auslegung der ursprünglichen Fassung den Gerichten zu überlassen, oder in den verfassungsrechtlichen Grenzen einer rückwirkenden Rechtsänderung die Neufassung rückwirkend im Sinne einer authentischen Interpretation in Kraft zu setzen. Eine solche Klarstellung ist mithin, wenn ihr in den Übergangsvorschriften Rückwirkung beigemessen wird, von den Gerichten in den verfassungsrechtlichen Grenzen einer rückwirkenden Gesetzesänderung zu beachten (BSGE 58, 243, 246 = SozR 2200 § 182 Nr. 98). Das Ziel einer Klarstellung kann aber nicht ohne weiteres im Sinne einer Rückwirkung verstanden werden. Eine Auslegungsregel dieses Inhalts gibt es nicht. Weder scheidet eine Auslegung im Sinne der Rückwirkung, also gegen den Wortlaut der Übergangsvorschriften, von vornherein oder auch nur im Regelfall aus, noch ist sie im Zweifel geboten. Es kommt vielmehr auf die Bedeutung der Neufassung im Einzelfall an (BSG SozR 4100 § 168 Nr 22).
Gegen die Annahme einer Rückwirkung spricht hier, dass in der Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales weder der Gesichtspunkt der Rückwirkung noch der einer "authentischen Interpretation" angesprochen wird. Abgesehen davon liegt entgegen der - der Beschlussempfehlung offenbar zugrunde liegenden - Auffassung, dass bereits nach bisherigem Recht im Rahmen von § 168 Abs. 2 SGB VII eine gebundene Entscheidung zu treffen ist, eine früher vom Parlament getroffene, hinreichend klar und bestimmt im Gesetzestext verlautbarte Entscheidung nicht vor.
b) Eine Ermessensentscheidung setzt gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) voraus, dass der Verwaltungsträger sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und dabei die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten hat. Der gemäß § 39 Abs. 1 SGB I von der Ermessensentscheidung Betroffene hat - korrespondierend - einen Anspruch auf die pflichtgemäße Ausübung fehlerfreien Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). In diesem - eingeschränkten - Umfang unterliegt die Ermessensentscheidung der richterlichen Kontrolle (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Die Frage, ob überhaupt eine Ermessensentscheidung ergangen ist und ob diese gegebenenfalls rechtmäßig war, beurteilt sich nach dem Inhalt des Aufhebungsbescheides, insbesondere nach seiner Begründung (vgl. BSG SozR 1300 § 45 Nrn. 32 und 39; BSG SozR 3-1300 § 45 Nrn. 5 und 10). Diese muss die Ermessensentscheidung erkennen lassen; sie muss darüber hinaus grundsätzlich auch diejenigen Gesichtspunkte aufzeigen, von denen der Verwaltungsträger bei Ausübung des Ermessens ausgegangen ist (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 5).
Dass die Beklagte eine derartige Ermessensentscheidung getroffen hat, kann weder dem Bescheid vom 04.04.2005 noch dem Widerspruchsbescheid vom 10.03.2006 entnommen werden. Die Beklagte hat lediglich die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 168 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII geprüft und bejaht und aufgrund dessen ihre Aufhebungsentscheidung getroffen. Allein die im Widerspruchsbescheid enthaltene Formulierung, sie, die Beklagte, sei zur Änderung der Beitragsbescheide berechtigt gewesen, "da Gründe, die es rechtfertigen würden, von der Nachzahlung der Beiträge abzusehen, unter Berücksichtigung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit nicht ersichtlich gewesen seien", reicht für die Annahme einer Ermessensausübung nicht aus, denn Ausführungen dazu, aus welchen Gründen auch nach Abwägung der individuellen Verhältnisse des Einzelfalles die getroffene Entscheidung für gerechtfertigt gehalten wird, enthält der Widerspruchsbescheid nicht. Insofern fehlt es an der durch den Zweck der Ermächtigung vorgeschriebenen Abwägung und angemessenen Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles, also an einer Ermessensentscheidung überhaupt.
c) Eine Ermessensreduzierung auf Null liegt nicht vor. Eine solche Schrumpfung des Ermessens auf Null setzt voraus, dass es nach dem festgestellten Sachverhalt ausgeschlossen ist, dass Umstände vorliegen, die eine anderweitige Ausübung des Ermessens rechtsfehlerfrei zuließen. Dafür sind hier keine Anhaltspunkte ersichtlich.
d) Die Beklagte hat den Ermessensnichtgebrauch auch nicht geheilt. Zwar kann die erforderliche Begründung eines Verwaltungsaktes gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGB X in seiner seit dem 01.01.2001 geltenden Fassung noch bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. § 41 Abs. 2 SGB X ermöglicht es jedoch nicht, Ermessenserwägungen während des Klage- oder Berufungsverfahren erstmals anzustellen und mit heilender Wirkung nachzuschieben (Senatsurteil vom 19.12.2007 - L 17 U 37/07 -; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.03.2007 - L 2 U 46/03). Die Vorschrift orientiert sich nämlich an § 45 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), wonach eine erforderliche Begründung ebenfalls bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden kann. Zur möglichen Nachholung von Ermessenserwägungen enthält jedoch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren § 114 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eine gesonderte Regelung. Danach kann die Behörde ihre Ermessenserwägungen auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren "ergänzen". Eine solche Vorschrift fehlt im SGG. Zudem schafft selbst § 114 Satz 2 VwGO lediglich die prozessualen Voraussetzungen dafür, dass die Behörde defizitäre Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen kann, nicht hingegen dafür, dass sie ihr Ermessen in Fällen des Ermessensnichtgebrauchs erstmals ausübt (so Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteile vom 05.09.2006 - 1 C 20/05 - NVwZ 2007, 470, 471 und vom 05.05.1998 - 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351, 365). Vor diesem Hintergrund erlaubt § 41 Abs. 2 SGB X der Behörde allenfalls, die Ermessenserwägungen nachträglich mitzuteilen, die sie bei Erlass des Verwaltungsaktes tatsächlich angestellt, aber (irrtümlich oder nachlässigerweise) nicht in die Begründung des Bescheides aufgenommen hat, (so LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.01.2006 - L 29 B 1104/05 AS ER - und Steinwedel in: Kasseler Kommentar, SGB X, § 41 Rn. 24 und 25). Eine solche Konstellation liegt im Falle eines Ermessensnichtgebrauchs aber keinesfalls vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a Abs. 1 Satz 1, Teilsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie unterliegt.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen, da bislang höchstrichterliche Rechtsprechung weder zu der Frage vorliegt, ob Arbeitnehmer in Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII kraft Gesetzes als Beschäftigte in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sind noch dazu, ob § 168 Abs. 2 SGB VII in der seit dem 01.01.1997 gültigen Fassung eine Ermessensausübung auch im Lichte der Änderung der Vorschrift durch das UVMG erfordert.
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