L 1 B 14/08 AL

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 33 AL 34/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 B 14/08 AL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 24.6.2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht (SG) hat zu Recht entschieden, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe hat.

Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint, §§ 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG), 114, 117 Zivilprozessordnung (ZPO). Zu Recht hat das SG Prozesskostenhilfe versagt, weil es an einem (rechtzeitigen) Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe fehlt. Prozesskostenhilfe wird nur auf (ausdrücklichen) Antrag gewährt (Baumbach/Lauterbach-Hartmann. ZPO. Kommentar. 66. Aufl.2008. § 117 Rdnr 4; Musielak. ZPO. Kommentar. 6 Aufl.2008. § 114 Rdnr 45; Zöller-Philippi. ZPO. Kommentar. 26.Aufl.2007. § 117 Rdnr 13). Das Antragserfordernis bedeutet, dass ein Antrag materielle Anspruchsvoraussetzung ist ("Keine PKH ohne Antrag"). Der Antrag ist nur dann rechtzeitig gestellt, wenn das Verfahren, auf das er sich bezieht, im Zeitpunkt der Antragstellung noch anhängig ist (Leitherer in: Meyer-Ladewig ua. SGG. Kommentar.9.Auflage 2008. § 73a Rdnr 5a). Die Klägerin hat das Verfahren mit Schreiben vom 6.5.2008 (beim SG am 8.5. eingegangen) für erledigt erklärt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie keinen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt. Er liegt insbesondere nicht (gleichzeitig) im PKH-Antrag vom 19.2.2008. Dieser zum Aktenzeichen (Az) S 33 AL 32/08 gestellte und dort beschiedene Antrag bezog sich seinem Wortlaut nach nicht auf das zur gleichen Zeit unter dem Az S 33 AL 34/08 ER anhängige Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes; er kann auch nicht aufgrund sonstiger Umstände entsprechend ausgelegt werden.

Der Senat geht von folgendem aktenkundigen Sachverhalt aus:
Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 6.2.2008 gleichzeitig Klage erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Daraufhin sind zwei Verfahren (S 33 AL 32/08 und S 33 AL 34/08 ER) erfasst und eingetragen worden. Die Antragstellerin hat zu beiden Verfahren eine Eingangsbestätigung mit dem jeweiligen Az erhalten (Verfügung vom 8.2.2008). Für das Verfahren S 33 AL 34/08 ER räumt sie dies ein (Fax vom 23.9.2008), für das Verfahren S 33 AL 32/08 ergibt es sich zwanglos daraus, dass sie (zunächst ausschließlich) zu diesem Az vorgetragen hat. Im Folgenden hat sie zum Az S 33 AL 32/08 mit Schreiben vom 19.2.2008 beantragt, "der Klägerin Prozesskostenhilfe zu bewilligen und den Unterzeichner beizuordnen" und - nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 27.2.2008 - dieses Verfahren am 17.4.2008 (mit Schreiben vom 15.4.2008) für erledigt erklärt. Auf eine telefonische Nachfrage des SG vom 6.5.2008 hin hat sie mit Schreiben vom gleichen Tag auch das Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (unter Angabe des zutreffenden Az S 33 AL 34/08 ER) für erledigt erklärt.

Danach sind der Antragstellerin die Az beider Verfahren unverzüglich mitgeteilt worden. Wenn sie vor diesem Hintergrund am 19.2.2008 zum Az S 33 AL 32/08 beantragt, "der Klägerin Prozesskostenhilfe zu bewilligen", lässt dies nach dem Wortlaut ("der Klägerin"), aber auch nach den sonstigen Umständen (beide Az waren ihr bekannt, zum Az S 33 AL 44/08 ER hatte sie am ebenfalls 19.2. per "Rückfax" auf eine Anfrage des SG mit "Bitte um Terminierung" geantwortet) für einen objektiven Adressaten der Erklärung entsprechend §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches nur den Schluss zu, dass sich das PKH-Gesuch ausschließlich auf das Klageverfahren bezieht. Für eine Auslegung dahin gehend, dass sich das PKH-Gesuch (konkludent) auch auf das zweite Verfahren beziehen soll, finden sich keine Anhaltspunkte. Stillschweigend kann ein PKH-Antrag aber selbst dann nicht unterstellt werden, wenn er objektiv im wohlverstandenen Interesse läge (Zöller-Philippi. aaO.).

Ein etwa später mit dem am 28. 5. 2008 beim SG eingegangenen Schreiben vom 26.5.2008 gestellter Antrag ginge ins Leere, weil das Verfahren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr anhängig war. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt bei verspäteter Antragstellung nicht in Betracht, da der Antrag nicht fristgebunden ist (Baumbach/Lauterbach-Hartmann. aaO. Rdnr 4). Überdies lag zu diesem Zeitpunkt hinreichende Erfolgsaussicht nicht mehr vor.

Damit fehlt es objektiv an dem erforderlichen Antrag. Ein etwaiger Irrtum der Klägerin, sie habe mit dem Antrag vom 19.2.2008 alles Erforderliche getan, beruht auf einem leicht vermeidbaren Büroversehen, das allein der Antragstellerin (über ihre Bevollmächtigten, §§ 73 Abs 6 Satz 6 SGG iVm § 85 Abs 2 ZPO) zuzurechnen ist.

Ob die Antragsgegnerin im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach dem - maßgeblichen - Veranlassungsprinzip Kosten zu erstatten hat, wird das SG ggf. entsprechend § 193 Abs 1 Satz 3 SGG zu entscheiden haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73a SGG, 127 Abs 4 ZPO.

Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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