L 10 P 72/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 15 P 459/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 P 72/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 25.06.2008 geändert und die Klage abgewiesen. Die im Berufungsverfahren hilfsweise erhobene weitere Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Feststellung eines Härtefalls iSd Härtefallrichtlinien (Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Anwendung der Härtefallregelungen (Härtefall-Richtlinien - HRi - ) vom 10.07.1995, geändert durch Beschlüsse vom 19.10.1995, vom 03.07.1996 und zuletzt vom 28.10.2005) für die Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem Sozialgesetzbuch, Elftes Buch (SGB XI) für die am 12.03.2003 verstorbene Versicherte F H (Versicherte) in der Zeit vom 01.03.2001 bis 12.12.2003, hilfsweise die Feststellung, dass die Versicherte in dem genannten Zeitraum qualitativ und quantitativ intensiv über das Maß der Pflegestufe III hinaus vom Pflegeteam des N-hauses versorgt wurde.

Die am 00.00.1921 geborene und am 12.12.2003 verstorbene Versicherte war bei der Beklagten gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert. Seit dem 01.07.1996 lebte sie in dem Katholischen Altenwohn- und Pflegeheim N-haus in F, dessen Rechtsträgerin die Klägerin ist. Ab dem 01.06.1998 erhielt sie Leistungen bei vollstationärer Pflege nach der Pflegestufe II und ab dem 01.02.1999 nach der Pflegestufe III.

Am 28.03.2001 beantragte die Klägerin für die Versicherte die Höherstufung. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) ermittelte daraufhin im Auftrage der Beklagten in seinem Gutachten vom 04.05.2001 einen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 242 Minuten täglich. Mit Bescheid vom 22.05.2001 lehnte die Beklagte die Zuordnung zur Pflegestufe III mit Härtefall ab. Hiergegen legte die Klägerin mit Vollmacht der Versicherten Widerspruch ein. In einem weiteren Gutachten vom 12.09.2001 stellte der MDK einen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 248 Minuten täglich fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.04.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Härtefallleistungen könnten der Versicherten nicht zur Verfügung gestellt werden. Die hiergegen vor dem Sozialgericht Duisburg (Az: S 15 P 173/07) erhobene - verfristete - Klage nahm die Versicherte am 01.12.2003 zurück.

Am 30.12.2005 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben und zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Versicherte ab März 2001 bis zu deren Tod am 12.03.2003 als Härtefall einzuordnen. Die Versicherte habe am Tage der Klagerücknahme in dem Verfahren Az: S 15 P 173/02 einen entsprechenden Überprüfungsantrag bei der Beklagten gestellt. Dieser sei aufgrund des Todes der Versicherten durch deren Rechtsnachfolger jedoch nicht weiter verfolgt worden. Die Klägerin habe ein Interesse daran, dass die Beklagte die Versicherte rückwirkend ab März 2001 als Härtefall zuordne, damit die Klägerin im Rahmen der Pflegesatzverhandlungen in der Lage sei, die ihr hierdurch entstandenen Personalkosten refinanzieren zu lassen. Das Pflegeteam des N-hauses habe die Versicherte bei Tag und bei Nacht bei mindestens einer Pflegeverrichtung durch zwei Pflegekräfte zeitgleich versorgt, so dass die Voraussetzungen eines Härtefalles entsprechend den Vorgaben der Härtefall-Richtlinien für die Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI erfüllt sein. Die Feststellung des Härtefalles habe für die Klägerin den Vorteil, dass sie für die von ihr erbrachten Leistungen im Rahmen der Pflegesatzverhandlung eine Erhöhung der Kosten im Bereich des Personals von Seiten der Pflegekassen gewährt bekomme. Würde die Feststellung des Härtefalles nicht mehr möglich sein, so läge eine unzulässige Beeinträchtigung der Klägerin in ihren Rechten aus Artikel 12, 14 Grundgesetz (GG) vor.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die bei ihr ehemals gesetzlich pflegeversicherte F H rückwirkend ab dem 01.03.2001 bis 12.12.2003 als Härtefall im Sinne der Richtlinien der Spitzenverbände für die Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI einzuordnen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, es bestehe keine Klagebefugnis. Die Geltendmachung eines höheren Personalschlüssels im Rahmen von Pflegesatzverhandlungen wegen der Zuordnung von Versicherten als Härtefall diene ausschließlich dem Interesse des Heimträgers und könne keine Klagebefugnis der Klägerin hinsichtlich der Feststellung der Pflegebedürftigkeit und Einordnung in Pflegestufen begründen. Härtefälle spiegelten sich auch nicht in Pflegesatzvereinbarungen wieder. Zudem komme eine höhere Leistung bei Härtefällen lediglich dem Versicherten und nicht der Heimeinrichtung zugute, da auch für Härtefälle lediglich der Pflegesatz der Pflegestufe III berechnet werden könne. Schließlich lägen die Voraussetzungen für einen Härtefall nicht vor, da die Pflege der Versicherten durch eine Person habe erfolgen können.

Das Sozialgericht hat nach Beiziehung der Pflegedokumentation für den streitbefangenen Zeitraum ein Gutachten des Sachverständigen Dr. M vom 16.08.2007 sowie eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 03.01.2008 eingeholt. Dieser ist zu dem Ergebnis gelangt, es habe ein Grundpflegebedarf von 198 Minuten täglich bestanden. Die Grundpflege habe nicht regelmäßig nachts mit zwei Personen zeitgleich durchgeführt werden müssen. Auch habe der Grundpflegebedarf nicht mindestens 7 Stunden täglich betragen. Das Sozialgericht hat dann die Altenpflegerin D L als Zeugin vernommen. Insoweit wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 25.06.2008 Bezug genommen.

Mit Urteil vom 25.06.2008 hat das Sozialgericht antragsgemäß festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die bei ihr ehemals gesetzlich pflegeversicherte F H rückwirkend ab dem 01.03.2001 bis zum 12.12.2003 als Härtefall im Sinne der Richtlinien der Spitzenverbände für die Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI einzuordnen. Die Klage sei als Feststellungsklage zulässig, da die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorlägen. Zwischen den Beteiligten bestehe aufgrund des Versorgungsvertrages ein Rechtsverhältnis. Der Klägerin sei es nach Maßgabe der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30.10.2001 und 10.04.2008 (Az: B 3 KR 27/01 R und B 3 P 4/07 R) verwehrt, Ansprüche auf Leistungen nach einem Härtefall im Rahmen einer Leistungsklage gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Ihr bleibe daher nur die Möglichkeit, das Vorliegen der Voraussetzungen eines Härtefalles bei vollstationärer Pflege durch Feststellung eben dieser Voraussetzungen bei der Versicherten geltend zu machen. Auch könne sie die begehrte Feststellung im Rahmen von Pflegesatzverhandlungen nutzen, um einen höheren Personalaufwand zu rechtfertigen. Insofern könne sie nicht auf das Schiedsstellenverfahren verwiesen werden, denn in diesem Rahmen werde nicht geprüft, ob im Einzelfall ein Härtefall vorgelegen habe. Aufgrund der Aussage der Zeugin L gehe das Gericht davon aus, dass im Falle der Versicherten ein Härtefall im Sinne des § 43 Abs. 3 Satz 1 SGB XI vorgelegen habe.

Gegen das ihr am 10.07.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 06.08.2008 Berufung eingelegt und vorgetragen, die Klägerin sei weder klagebefugt noch bestehe für das Klagebegehren ein Rechtschutzinteresse. Den Heimträgern stünde nach der Rechtsprechung gegenüber den Pflegekassen kein eigenes Recht zu, die Eingruppierung eines Heimbewohners in eine höhere Pflegestufe zu beantragen. Die Vorschriften über die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und die Einordnung in die Pflegestufen sowie über den Anspruch auf vollstationäre Heimpflege dienten allein dem Interesse des Versicherten. Individualinteressen der Heimträger würden durch diese Bestimmung nicht geschützt. Nichts anderes könne für den Anspruch der Versicherten auf Anerkennung eines Härtefalles bei vollstätionärer Pflege gemäß § 43 Abs. 3 Satz 1 SGB XI gelten. Darüber hinaus fehle es an einem Rechtschutzinteresse. Eine rückwirkende Berücksichtigung der in den Jahren 2001 bis 2003 entstandenen Personalkosten komme wegen des für Pflegesatzvereinbarungen geltenden Rückwirkungsverbots schon aus Rechtsgründen nicht in Betracht. Die Klage sei auch unbegründet, da die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Härtefalles nicht vorgelegen hätten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 25.06.2008 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen festzustellen, dass die bei ihr gesetzlich pflegeversicherte Frau H in der Zeit vom 01.03.2001 bis 12.12.2003 qualitativ und quantitativ intensiv über das Maß der Pflegestufe III hinaus vom Pflegeteam des N-hauses versorgt wurde.

Die Beklagte beantragt weiterhin,

die Berufung auch im Hilfsantrag zurückzuweisen.

Die Klägerin meint, sie sei klagebefugt. Zwischen ihr und der Beklagten bestehe ein Versorgungsvertrag nebst Pflegesatzvereinbarung und damit ein Rechtsverhältnis. Hieraus folge, dass jede Rechtspflicht aus diesem Rechtsverhältnis gerichtlicherseits überprüft werden könne bzw. der Rechtsweg für beide Parteien nach Art. 19 Abs. 4 GG offenstehen müsse, um Streitigkeiten klären zu lassen. Auch bestehe ein Rechtschutzbedürfnis, da die Klägerin im Rahmen der Pflegesatzverhandlungen gegenüber den Kostenträgern darlegen müsse, in welcher Anzahl sie in ihrem Pflegeheim Versicherte mit welchem Pflegegrad zu versorgen habe. In der Sache sei aufgrund der Aussage der Zeugin L davon auszugehen, dass ein Härtefall vorgelegen habe. Hilfsweise sei zumindest festzustellen, dass die Versicherte im streitbefangenen Zeitraum qualitativ und quantitativ intensiv über das Maß der Pflegestufe III hinaus vom Pflegeteam des N-hauses versorgt worden sei. Diese Feststellung benötige die Klägerin, damit sie im Rahmen der Pflegesatzverhandlungen schon in den Antragsunterlagen zur Einleitung derselben beweisen könne, dass sie begründet, nämlich aufgrund der bestehenden Pflegestruktur der Bewohner, mehr Personal zu beschäftigen habe als ein durchschnittliches Pflegeheim. Sie habe nur dann die Möglichkeit die ihr entstehenden Personalkosten auch zukünftig bezahlen und gegenüber den Kostenträgern im Rahmen der Pflegesatzverhandlung geltend machen zu können, wenn sie nachweise, dass sie in der Vergangenheit regelmäßig durchschnittlich eine gewisse Anzahl von Bewohnern über das Maß der Pflegestufe III hinaus zu versorgen gehabt habe. Die maßgeblichen Werte seien der Statistik der Vergangenheit zu entnehmen, damit eine zuverlässige Prognose dargelegt werden könne. Im Rahmen der Pflegesatzvereinbarung würden Einzelfälle nicht überprüft, sodass die Klägerin nur auf bereits festgestellte Tatsachen zurückgreifen könne.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die Klägerin kann nicht die Feststellung verlangen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Versicherte rückwirkend für die Zeit vom 01.03.2001 bis zum 12.12.2003 als Härtefall im Sinne der Richtlinien der Spitzenverbände für die Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI einzuordnen. Die Feststellungsklage ist sowohl unzulässig als auch unbegründet. Die Klägerin ist weder klagebefugt noch hat sie ein Feststellungsinteresse. Darüber hinaus liegen auch die Voraussetzungen eines Härtefalles im Sinne des § 43 Abs. 3 SGB XI nicht vor. Entsprechend war das Urteil des Sozialgerichts zu ändern.

Die Klägerin ist schon nicht klagebefugt. Heimträgern steht kein eigenes Recht zu, bei der Pflegekasse die Eingruppierung eines Heimbewohners in eine höhere Pflegestufe zu beantragen. Die Vorschriften über die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und die Einordnung in die Pflegestufen (§§ 14, 15 SGB XI) sowie über den Anspruch auf vollstationäre Heimpflege (§ 43 SGB XI) dienen allein dem Interesse der Versicherten. Individualinteressen der Heimträger werden durch diese Bestimmungen nicht geschützt (BSG, Urteil vom 01.09.2005, B 3 P 4/04 R, Juris Rn 28 = SozR 4-3300 § 43 Nr 1 = BSGE 95, 102 ff). Dies gilt auch für die Einordnung als Härtefall nach § 43 Abs. 3 SGB XI und die hierzu ergangenen Härtefall-Richtlinien. Diese dienen allein dem Interesse des Schwerstpflegebedürftigen, der zur Deckung des Pflegebedarfs zusätzliche Kosten aufbringen muss (BSG, Urteil vom 10.04.2008, B 3 P 4/07 R, Juris Rn 17 = USK 2000-48 = PflR 2008, 387 f). Nach der klaren Zielsetzung des Gesetzes sollen die Härtefallleistungen den "Einkauf von Extrapflege" durch den Pflegebedürftigen ermöglichen (vgl. LSG NRW, Urteil vom 23.01.2007, L 6 P 74/06, Juris Rn 17). Individualinteressen der Pflegeeinrichtung werden durch § 43 Abs. 3 SGB XI nicht geschützt.

Es besteht vorliegend auch kein besonderes Interesse der Klägerin an der Feststellung eines Härtefalles im Sinne des § 43 Abs. 3 SGB XI. Entgegen der Ansicht der Klägerin und des Sozialgerichts ist nicht ersichtlich, dass eine solche Feststellung Einfluss auf die Pflegesatzverhandlung haben könnte. Die konkrete Einstufung als Härtefall ist kein Maßstab für die Pflegesatzverhandlungen. Das Fehlen dokumentierter "quasi Härtefälle ohne Anerkennung" hat insoweit auch nicht zur Folge, dass damit keine leistungsgerechte Vergütung des Heimbetreibers für seine Pflegeleistungen mehr ermöglicht würde. Denn mit der Anerkennung als Härtefall werden allein die Interessen des Versicherten gewahrt, nicht aber festgelegt, wie die Vergütung in den einzelnen Pflegeklassen ausfällt. Der im Einzelfall bestehende außergewöhnlich hohe und intensive Pflegeaufwand ist insoweit kein Kriterium für die Pflegesatzvereinbarungen zu dem generellen Pflegesatz. Dadurch würden - was augenscheinlich auch das Ziel der Klägerin ist - im Ergebnis die Eigenanteile aller Heimbewohner am (erhöhten) Heimentgelt steigen, der Eigenanteil des besonders pflegeaufwändigen Schwerstpflegebedürftigen unabhängig von der diesem zu gewährenden Härtefallleistung jedoch wegen der allgemein eingerechneten Härtefallleistung letztlich aber gemindert werden; dies unabhängig von der diesem möglicherweise zu gewährenden Härtefallleistung. Die Kosten eines besonderen Härtefalles sollen gerade nicht auf die Pflegestufen I bis III umgelegt, sondern gesondert erfasst werden (vgl. LSG NRW, Juris Rn 17). Entsprechend können gem. § 84 Abs 2 S 2, 2. Hs SGB XI in der seit dem 01.07.2008 geltenden Fassung für Pflegebedürftige, die als Härtefall anerkannt sind, Zuschläge zu dem Pflegesatz der Pflegeklasse III in der dort genannten Höhe vereinbart werden und die Beteiligten haben insoweit auch auf der Grundlage der §§ 85 und 87 SGB XI am 15.10.2008 mit Wirkung ab 01.11.2008 bis zum 31.10.2009 eine Regelung getroffen und einen Zuschlag zum Pflegesatz der Stufe III für Härtefalle iHv 9,20 Euro vereinbart. Ein darüber hinausgehendes konkretes Feststellungsinteresse hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt. Es ist in keiner Weise ersichtlich, für welche konkreten Pflegesatzverhandlungen Feststellungen, welche die Jahre 2001 bis 2003 betreffen, heute und für die Zukunft noch relevant sein sollen. Der allgemeine Hinweis auf entsprechende Pflegesatzvereinbarungen ist insoweit unzureichend.

Ein Feststellungsinteresse ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Gewährung effektiven Rechtschutzes im Sinne des Art 19 Abs 4 GG. Gemäß § 85 Abs 3 S 2 SGB XI hat das Pflegeheim Art, Inhalt, Umfang und Kosten der Leistungen, für die es eine Vergütung beansprucht, durch Pflegedokumentationen und andere geeignete Nachweise rechtzeitig vor Beginn der Pflegesatzverhandlung darzulegen. Der in den jeweiligen Pflegeklassen insgesamt anfallende Pflegeaufwand lässt sich auf Grund von Erfahrungswerten (Pflegedokumentation) auch vorausschauend kalkulieren und in die zur Kostendeckung jeweils erforderlichen Pflegesätze umrechnen. Eine Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin die seiner Ansicht nach bestehenden Verhandlungs- und Argumentationshilfen zu schaffen, besteht nicht. Die damit von ihm angestrebte Beweiserleichterung rechtfertigt weder ein Feststellungsinteresse noch bedeutet die Ablehnung der begehrten Feststellung eine Verweigerung effektiven Rechtschutzes.

Schließlich kommt die Feststellung eines Härtefalls vorliegend auch aus tatsächlichen Gründen nicht in Betracht. Tatbestandliche Voraussetzung des Härtefalles gem. § 43 SGB XI ist ein tatsächlicher finanzieller Mehraufwand des Versicherten (BSG, Urteil vom 10.04.2008, B 3 P 4/07 R, Juris Rn 17, 20; LSG NRW, Juris 17). Ein finanzieller Mehraufwand der Versicherten ist gerade nicht erbracht worden. Dies wird von dem Kläger auch nicht vorgetragen. Wäre dies der Fall gewesen, hätte es der Klageumstellung auch nicht bedurft.

Der Hilfsantrag der Klägerin ist unzulässig. Es handelt sich insofern gegenüber dem Hauptantrag, die Klägerin als Härtefall anzuerkennen, um eine Klageänderung. Während die Klägerin mit dem Hauptantrag die Zuordnung der Versicherten für den streitbefangenen Zeitraum zur Gruppe der Härtefälle im Sinne des § 43 Abs. 3 SGB XI beantragt, begehrt sie mit dem Hilfsantrag lediglich die Feststellung, dass im Falle der Versicherten eine qualitativ und quantitativ intensiv über das Maß der Pflegestufe III hinausgehende Versorgung erfolgt ist. Während mit dem Hauptantrag die Feststellung eines gesetzlich definierten Rechtsverhältnisses zwischen der Versicherten und der Beklagten begehrt wird, wird mit dem Hilfsantrag nunmehr lediglich noch die Feststellung einer Tatsache angestrebt. Es handelt sich insofern um rechtlich - insbesondere auch bezüglich ihrer Zulässigkeitsvoraussetzungen - unterschiedliche Feststellungsbegehren. Gem § 99 Abs 1 ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderungen für sachdienlich hält. Die Beklagte hat der Klageänderung ausdrücklich widersprochen. Sie ist auch nicht sachdienlich. Der Hauptantrag betrifft das Rechtsverhältnis zwischen der Versicherten und der Beklagten. Die Klägerin ist nach dem oben Gesagten insofern nicht einmal klagebefugt. Darüber hinaus gehen aus dem Rechtsverhältnis zwischen der verstorbenen Versicherten und der Beklagten anhaltende Wirkungen nicht mehr aus. Mit dem Hilfsantrag werden demgegenüber Tatsachenfeststellungen begehrt, die sich letztlich über die Pflegesatzvereinbarungen in dem Rechtsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagter auswirken sollen. Die Klageänderung ist aber dann nicht sachdienlich, wenn sie dazu führt, dass der Rechtsstreit - wie vorliegend - auf eine völlig neue Grundlage gestellt wird (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 99, Rn 10 a).

Die Klageänderung ist überdies nicht sachdienlich, weil über die geänderte Klage mangels Vorliegen der Prozessvoraussetzungen sachlich nicht entschieden werden kann (vgl. Leitherer, aaO). Nach § 55 Abs 1 Nr. 3 SGG kann Gegenstand der Feststellungsklage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses sein. Gegenstand der begehrten Feststellung muss nicht das Rechtsverhältnis im umfassenden Sinne sein; es ist auch zulässig, auf Feststellung einzelner Rechte und Pflichten zu klagen, die auf dem Rechtsverhältnis beruhen und die vom Inhalt des Rechtsverhältnisses abhängen. Auf Feststellung einzelner Elemente eines Rechtsverhältnisses gerichtete Klagen sind allerdings im Allgemeinen unzulässig (Elementenfeststellungsklage; vgl hierzu BSGE 4, 184 und 37, 247; LSG NRW, Urteil vom 12.11.2003, L 10 KA 82/02). Mit der Feststellung eines außergewöhnlich hohen und intensiven Pflegebedarfs im Falle der Versicherten beansprucht die Klägerin lediglich die Feststellung eines der Tatbestandsmerkmale des § 43 Abs 3 SGB XI. Es handelt sich um eine unzulässige Elementenfeststellung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der seitens der Klägerin behaupteten Relevanz für die Pflegesatzverhandlungen. Denn auch in diesem Zusammenhang würde es sich lediglich um die Feststellung einzelner Bemessungsfaktoren im Sinne des § 84 SGB XI und damit um eine unzulässige Elementenfeststellung handeln. Nach dem oben Gesagten ist der außergewöhnlich hohe und intensive Pflegeaufwand zudem auch kein Kriterium für die Pflegesatzvereinbarung zu dem generellen Pflegesatz, sodass es auch insofern an einem Feststellungsinteresse fehlt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG iVm. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung.

Der Senat hat die Voraussetzung für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nr 1 oder 2 SGG) nicht als gegeben angesehen.
Rechtskraft
Aus
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