Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 11 (27) R 138/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 31/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.12.2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch auf Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Ghettobeitragszeiten von März 1941 bis März 1943.
Der am 00.00.1929 in Lublin geborene jüdische Kläger hatte ursprünglich die polnische Staatsangehörigkeit. Zu seinem Verfolgungsschicksal gab er im Entschädigungsverfahren an, er sei von Anfang 1940 bis März 1943 im Judenviertel und Ghetto Lublin gewesen. Danach habe er bis Sommer 1944 versteckt in den Wäldern von Lublin gelebt. 1957 wanderte er von Breslau nach Israel aus. Dort erwarb er die israelische Staatsangehörigkeit, die er bis heute besitzt.
Im Entschädigungsverfahren legte der Kläger eine eidesstattliche Versicherung seiner am 00.00.1895 geborenen und am 00.01.1981 verstorbenen Mutter U A vor, in der es heißt:
"Ich lebte zu Kriegsausbruch mit meiner Familie, Ehemann I und Sohn T in Lublin. Gleich nach Besetzung der Stadt durch die Deutschen wurden antijüdische Maßnahmen eingeführt, denen zur Folge ich und mein Ehemann wie auch unser Kind den Judenstern anlegen und deutlich sichtbar tragen mussten. Wir verrichteten schwere Zwangsarbeiten und auch mein kleiner Sohn wurde zu verschiedenen Reinigungsarbeiten herangezogen. Im Frühling 1940 mussten wir in das Judenviertel in Lublin einziehen und lebten dort unter primitivsten Verhältnissen. Im März 1941 wurde ich mit Ehemann I und Sohn T in das streng isolierte Ghetto Lublin einziehen, welches von der Umwelt total abgesperrt war. Ich war mit meiner Familie hier total meiner Freiheit beraubt, wir arbeiteten viele Stunden am Tag bei ungenügender Nahrung, waren hungrig und dauernd krank. Wir wurden misshandelt und geschlagen und litten furchtbar unter der Tag und Nacht dauernden Bewachung. Mein Ehemann I1 verstarb im Herbst 1942 an den Folgen der Unterernährung und ungewohnten schweren Arbeit, mit der damit verbundenen Misshandlung. Ich beschloss daraufhin mit meinem Sohn aus dem Ghetto zu fliehen ..." Im März 1943 habe sich eine solche Gelegenheit gefunden, und sie habe sich mit dem Kläger in den Wäldern von Lublin versteckt, wo sie im Sommer 1944 befreit worden seien.
Gleichzeitig erklärte die Mutter des Klägers an Eides Statt, eine in der örtlichen Tageszeitung aufgegebene Suchannonce nach Zeugen sei ohne Echo geblieben. Sie beantrage daher für sich und ihren Sohn die Anerkennung von Beweisnot.
Aufgrund seines Verfolgungsschicksals erhielt der Kläger eine Beihilfe wegen Freiheitsentziehung vom 15.10.1941 bis März 1943 (Bescheid des Regierungspräsidenten Köln v. 06.01.1970). Der Kläger war in Israel vom 01.10.1957 bis zum 01.07.1989 pflichtversichert bzw. angestellt und legte auf diese Weise 441 Monate in der israelischen Nationalversicherung zurück (Bescheinigung v. 27.09.2006).
Im Rahmen seines Antrags auf Leistungen aus dem Art-2-Fonds erklärte der Kläger gegenüber der Jewish Claims Conference (JCC): "Im März 1941 wurde ich und meine Eltern in das streng isolierte Ghetto Lublin eingewiesen, welches von der Umwelt total abgeschlossen war. Meine Eltern und ich waren hier total unserer Freiheit beraubt, wir wurden Tag und Nacht bewacht. Ich litt an Unterernährung und Kälte, Nässe. Mein Vater verstarb im Herbst 1942 an den Folgen der Unterernährung und ungewohnten schweren Arbeit. Meine Mutter beschloss daraufhin mit mir aus dem Ghetto zu fliehen und im März 1943 fand sich eine solche Gelegenheit. Wir versteckten uns in den Wäldern von Lublin "
Am 13.11.2002 beantragte die Prozessbevollmächtigte des Klägers sinngemäß die Gewährung einer Altersrente für den Kläger unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG). Im tabellarischen Versicherungsverlauf gab der Kläger an, er habe von März 1941 bis März 1943 im Ghetto Lublin verschiedene Arbeiten 60 Stunden wöchentlich verrichtet. Die Spalte "Arbeitsverdienst" blieb unausgefüllt. Die Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) verneinte der Kläger. Im Fragebogen für die Anerkennung von Zeiten unter Berücksichtigung der Vorschriften des ZRBG gab er an, er sein von März 1941 bis März 1943 im Ghetto Lublin innerhalb des Ghettos beschäftigt gewesen. Er habe freiwillig durch eigene Bemühungen Reinigungsarbeiten im Umfang von 8 bis 10 Stunden täglich verrichtet und hierfür vergrößerte Lebensmittelrationen und Essen am Arbeitsplatz erhalten. Auf die Frage nach Barlohn antwortete er "nicht erinnerlich".
Die Beklagte zog die Entschädigungsakte des Klägers bei und wertete sie aus. Sodann lehnte sie den Rentenantrag des Klägers mit der Begründung ab, dieser habe im Ghetto Lublin weder aus eigenem Willensentschluss noch gegen Entgelt gearbeitet (Bescheid v. 11.03.2004).
Im Widerspruchsverfahren gab der Kläger eine eidesstattliche Erklärung mit folgendem Wortlaut ab:
"Als ich mit meinen Eltern in das Ghetto Lublin eingewiesen wurde, war ich 12 Jahre alt. Alle Habseligkeiten waren uns genommen worden und wir waren plötzlich mittellos. Meine Eltern beantragten für sich und mich beim Arbeitsamt in Lublin eine Arbeit. Die Not war sehr groß. Meine Eltern bekamen eine Arbeit bei der Reinigungskolonne zugewiesen und da ich als Einzelkind keine Geschwister hatte, die tagsüber auf mich aufpassen konnten, beantragte mein Vater auch für mich eine Arbeit bei der Reinigungskolonne. Der Andrang auf dem Arbeitsamt war sehr groß, viele Menschen, die plötzlich mittellos geworden waren, suchten Arbeit. Trotz der elenden Umstände war es ein großes Glück, eine Arbeit zu ergattern, die mir und meinen Eltern eine Mittagsration und zusätzliche Bezugsscheine für Lebensmittel oder auch Holz und Seife sicherte. Mein Vater arbeitete am schwersten, um uns mit weiteren Coupons, so gut es ging, zu versorgen. Er verhungerte im Herbst 1942. Fortan fehlten uns die Bezugsscheine aus der Arbeit meines verstorbenen Vaters und meine Mutter sah keinen anderen Ausweg aus dem Hungertod zu entkommen, als aus dem Ghetto zu flüchten. Im Frühling 1943 flüchtete ich mit meiner Mutter aus dem Ghetto und lebte fortan versteckt in den Wäldern."
Die Beklagte wertete die sog. KEOM-Liste aus und entnahm dieser, dass in Lublin vom 05.04.1941 bis 09.11.1942 ein Ghetto existiert habe. Zudem zog sie von der JCC die Antragsunterlagen des Klägers beim Art-2-Fonds bei. Sodann wies sie den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2005 zurück. Weder sei die Eingliederung des Klägers in einen bestimmten Betrieb zu erkennen noch sei die Gewährung von Lebensmitteln bzw. Lebensmittelgutscheinen zur Sicherung des bloßen Überlebens als Entgelt im Sinne des Gesetzes anzusehen.
Mit der am 10.03.2005 erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte verkenne Sinn und Zweck des ZRBG. Die von ihr gestellten Anforderungen an die Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale seien angesichts der Mangelversorgung der jüdischen Bevölkerung im Generalgouvernement unerfüllbar. Entscheidend sei, dass die arbeitenden Juden einen Anspruch auf Barentlohnung gehabt hätten. Dabei sei es nicht abwegig anzunehmen, dass der dem Kläger zustehende Barlohnanteil ohne seine Kenntnis direkt seinem Vater oder seiner Mutter zugeflossen seien, zumal diese mit ihm zusammengearbeitet hätten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 11.03.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2005 zu verurteilen, Beschäftigungszeiten nach Maßgabe des ZRBG anzuerkennen und Regelaltersrente zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den angegriffenen Bescheid verteidigt.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil v. 10.12.2007). Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 01.02.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.02.2008 Berufung erhoben. Zu Unrecht nehme das SG an, dass die Bewachung im Ghetto der Arbeitsaufnahme aus eigenem Willensentschluss entgegengestanden habe. Im Übrigen werde die Gewährung von Vergünstigungen für die von ihm geleistete Arbeit schon dadurch belegt, dass er das Ghetto überlebt habe.
Der Kläger beantragt wörtlich,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.12.2007 aufzuheben und die Beklagte zur Anerkennung einer Beitragszeit nach dem ZRBG von März 1941 bis März 1943 und zur Zahlung einer Rente zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.
Eine weitere Anfrage des Senates beim JCC hat ergeben, dass der Kläger beim Härtefonds nicht registriert ist, aufgrund der Angaben beim Art-2-Fonds jedoch auch eine Entschädigung aus dem Zwangsarbeiterfonds erhalten hat.
Die übrigen vom Senat gestellten Fragen (Schilderung des Verfolgungsschicksals, auch durch die Mutter, weitere Zeugen, Fragebogen) sind unbeantwortet geblieben.
Der Senat hat die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Akte seines Entschädigungsverfahrens nach dem BEG beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß der §§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1, 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Abwesenheit des Klägers und seiner Prozessbevollmächtigten verhandeln und entscheiden, weil dieser in der Terminsmitteilung, die ihm am 09.02.2009 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden ist, auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der schriftlich gestellte Antrag des Klägers ist dahingehend auszulegen, dass er begehrt, das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.12.2007 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2005 zu verurteilen, ihm Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Ghettobeitragszeiten von März 1941 bis März 1943 zu gewähren. Auch in dieser Fassung hat die Klage jedoch keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und beschwert den Kläger daher nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Regelaltersrente.
Der Anspruch auf Regelaltersrente folgt aus § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung (a.F.; vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI auch dann, wenn er auf Ghettobeitragszeiten gestützt wird. Die Bestimmungen des ZRBG stellen demgegenüber keine eigenständige Anspruchsgrundlage für den Anspruch auf Altersrente dar (BSG, Urteil v. 26.07.2007, B 13 R 28/06, SozR 4-5075 § 1 Nr. 4). Die Vorschriften des SGB VI sind trotz des Auslandswohnsitzes des Klägers (vgl. § 30 Abs. 1 1. Buch Sozialgesetzbuch) anwendbar (vgl. dazu BSG, Urteil v. 14.07.1999, B 13 RJ 75/98, Juris; BSG, Urteil v. 13.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, SozR 3-2200 § 48 Nr. 17).
Nach § 35 SGB VI a.F. haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben. Als auf die Wartezeit anrechenbare Versicherungszeiten kommen hier nur Beitrags- und Ersatzzeiten im Sinne der §§ 50 Abs. 1 Nr. 1, 51 Abs. 1 und 4 SGB VI in Betracht. Dabei finden nach § 250 Abs. 1 SGB VI Ersatzzeiten allerdings nur dann Berücksichtigung, wenn vor Beginn der Rente zumindest ein Beitrag wirksam entrichtet worden ist, oder als wirksam entrichtet gilt; denn Ersatzzeiten sollen nach dem Gesetzeswortlaut nur "Versicherten", d.h. Personen zugute kommen, die bereits Beitragsleistungen erbracht haben (BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr. 1, m.w.N.).
Der Kläger hat keine auf die Wartezeit anrechenbaren Beitragszeiten zurückgelegt. Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht, oder den Reichsversicherungsgesetzen Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind (§§ 55 Abs. 1 Satz 1, 247 Abs. 3 Abs. 1 SGB VI), oder als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Beitragszeiten, die zur Zahlung einer Altersrente führen könnten, bestehen hier indessen weder nach § 2 Abs. 1 ZRBG noch nach den Vorschriften des Fremdrentenrechts.
Nach § 2 Abs. 1 ZRBG gelten Beiträge als gezahlt für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto. Voraussetzung ist gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG, dass die Verfolgten sich zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten haben, das in einem vom Deutschen Reich besetzten oder ihm eingegliederten Gebiet gelegen hat, und dort eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss gegen Entgelt ausgeübt haben. Ferner darf für die betreffenden Zeiten nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erbracht werden. Die Anspruchsvoraussetzungen müssen glaubhaft gemacht werden (§ 1 Abs. 2 ZRBG i.V.m. § 3 Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung [WGSVG]). Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche verfügbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist, d.h. mehr für als gegen sie spricht, wobei gewisse noch verbleibende Zweifel unschädlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4).
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger und seine Mutter sich im Anspruchszeitraum (März 1941 bis März 1943) im Ghetto Lublin aufgehalten haben. Dagegen könnte sprechen, dass nach den frei verfügbaren historischen Quellen im April 1942 die im Ghetto Lublin inhaftierten Juden in das in einem südöstlichen Vorort gelegene Majdan Tatarski in Sichtweite des Konzentrationslagers Majdanek überführt worden sind (vgl. http://www.deathcamps.org/occupation/lublin%20ghetto.html) und diese sicherlich einschneidende Entwicklung weder im Entschädigungs- noch im Rentenverfahren Erwähnung gefunden hat. Letztlich kommt es darauf jedoch ebenso wenig an wie auf die Frage, ob das als "Modellghetto" bezeichnete Ghetto Majdan Tatarski noch ein Ghetto im Sinne des § 1 Abs. 1 ZRBG gewesen ist und ob dieses nicht, wie den o.g. Quellen zu entnehmen ist, bereits am 09.11.1942 endgültig liquidiert wurde. Schließlich kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger - soweit er sich im Ghetto Lublin aufgehalten hat - die von ihm behaupteten Reinigungsarbeiten aus eigenem Willensentschluss ausgeübt hat und ob ihm dabei als Minderjährigem der Willensentschluss seiner Eltern zugerechnet werden kann.
Jedenfalls ist es nämlich nicht glaubhaft, dass der Kläger die behauptete Beschäftigung gegen Entgelt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) ZRBG) ausgeübt hat.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senates (vgl. zuletzt Urteil v. 14.01.2009, L 8 R 71/07, sozialgerichtsbarkeit.de; rkr.) ist als Entgelt in diesem Sinne nur ein die Versicherungspflicht in der deutschen Rentenversicherung begründendes Entgelt anzusehen (BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr. 1). Maßgebend sind dabei die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der im Streitzeitraum geltenden Fassung (a.F.). Zum Entgelt gehörten dabei nach § 160 RVO a.F. neben Gehalt oder Lohn auch Gewinnanteile, Sach- und andere Bezüge, die der Versicherte, wenn auch nur gewohnheitsmäßig, statt des Gehalts oder Lohnes oder neben ihm von dem Arbeitgeber oder einem Dritten erhielt. Jedoch war eine Beschäftigung, für die als Entgelt nur freier Unterhalt gewährt wurde, versicherungsfrei (§ 1227 RVO a.F.; vgl. zum Folgenden außerdem BSG, Urteil vom 30.11.1983, 4 RJ 87/92; Mentzel/Schulz/Sitzler, Kommentar zum Versicherungsgesetz für Angestellte, 1913, § 7 Anm. 3; RVO mit Anmerkungen, herausgegeben von Mitgliedern des Reichsversicherungsamtes, 1930, § 1227 RVO Anm. 1 ff.). Als freier Unterhalt i.S.v. § 1227 RVO a.F. ist dabei dasjenige Maß von wirtschaftlichen Gütern anzusehen, das zur unmittelbaren Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Arbeitnehmers erforderlich ist, nicht aber das, was darüber hinausgeht. Zum freien Unterhalt gehören insbesondere Unterkunft, Beköstigung und Kleidung. Die betreffenden Sachbezüge müssen nach Art und Maß zur Bestreitung des freien Unterhalts geeignet und bestimmt sein. Das ist der Fall, wenn sie in geringem Umfang zur Befriedigung kleinerer Bedürfnisse und Lebensgewohnheiten gewährt werden. Bei Gewährung von Lebensmitteln ist daher zu prüfen, ob sie nach Umfang und Art des Bedarfs unmittelbar zum Verbrauch oder Gebrauch gegeben werden (dann freier Unterhalt) oder aber zur beliebigen Verfügung, wie es z.B. bei Deputaten der Fall ist. Die Grenze des freien Unterhalts ist insbesondere dann überschritten, wenn die gewährte Menge erheblich das Maß des persönlichen Bedarfs übersteigt. Das ist unter anderem dann anzunehmen, wenn die gewährten Sachbezüge ausreichen, nicht nur den freien Unterhalt des Beschäftigten selbst, sondern auch eines nicht bei demselben Arbeitgeber beschäftigten Familienangehörigen sicherzustellen (vgl. VDR, Kommentar zur RVO, 5. Aufl., 1954, § 1228 Rdnr. 5). Werden demgegenüber anstelle des freien Unterhalts auch nur geringe Geldbeträge zur Bestreitung des notwendigen Unterhalts gegeben, so ist dies keine freie Unterhaltsgewährung mehr. Geldleistungen stehen demnach der Gewährung des freien Unterhalts nicht gleich, auch wenn sie den unbedingt zum Lebensunterhalt erforderlichen Betrag nicht übersteigen und nicht einmal erreichen. Allerdings geht die bisherige Rechtsprechung davon aus, dass das Entgelt eine Mindesthöhe erreichen muss, damit man von einer entgeltlichen versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgehen kann. Bei Barzahlung neben freiem Unterhalt reicht es aus, wenn das Entgelt die Grenze von einem Sechstel bis einem Drittel Ortslohnes überschritt.
Es ist nicht glaubhaft, dass der Kläger für seine Reinigungstätigkeiten eine diesen Anforderungen genügende Gegenleistung erhalten hat. Er selbst hat hierzu im Detail unterschiedliche Angaben gemacht. Im Fragebogen für die Anerkennung von Zeiten unter Berücksichtigung der Vorschriften des ZRBG hat er angegeben, er habe vergrößerte Lebensmittelrationen und Essen am Arbeitsplatz erhalten, also Leistungen ausschließlich in Naturalien. Im Widerspruchsverfahren hat er demgegenüber von Bezugsscheinen gesprochen. Damit ist es jedenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich, dass ihm Bargeld gezahlt worden ist. Grundsätzlich besteht zwar die theoretische Möglichkeit der Zahlung an die erziehungsberechtigten Eltern. Überwiegend wahrscheinlich ist dies indessen nicht, zumal der Kläger sich an die gewährten Lebensmittel erinnern kann, nicht jedoch an eine zusätzliche Geldleistung. Auch der Erhalt von Lebensmittelcoupons ist nicht überwiegend wahrscheinlich, sondern nur ebenso gut möglich wie der Erhalt von Naturalleistungen. Letztlich kommt es hierauf indessen nicht an, weil - wie der Senat bereits rechtskräftig entschieden hat - die Gewährung von Lebensmittelcoupons derjenigen von Lebensmitteln in Natur gleichzustellen ist (Urteil v. 28.01.2008, L 8 RJ 139/04, sozialgerichtsbarkeit.de). Hinsichtlich der dem Kläger letztlich ausgehändigten und damit zur Verfügung stehenden Lebensmittel bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass diese das Maß freien Unterhalts überschritten haben könnten. Im Gegenteil hat der Kläger glaubhaft dargelegt, dass sein Vater der Haupternährer gewesen ist und dass er nach dessen Tod mit seiner Mutter aus dem Ghetto fliehen musste, um nicht zu verhungern. Damit ist es sogar überwiegend wahrscheinlich, dass die ihm trotz Arbeitsleistung zur Verfügung stehenden Lebensmittel nicht einmal ansatzweise ausgereicht haben, seinen eigenen persönlichen Bedarf zu decken.
Die von dem Kläger gegebenenfalls im Ghetto Lublin verrichtete Arbeit kann auch nicht nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. §§ 15, 16 Fremdrentengesetz (FRG) i.V.m. § 20 WGSVG bzw. §17 a FRG oder § 12 WGSVG als Versicherungszeit angerechnet werden. Die Arbeit des Klägers in Lublin unterfiel nicht den Reichsversicherungsgesetzen, da diese im Generalgouvernement nicht für Personen galten, die - wie der Kläger - nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2001, B 13 RJ 59/00 R). Eine Anrechnung als Beitragszeit nach dem Fremdrentengesetz (FRG) und dem WGSVG kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger nach eigenen Angaben, an deren Richtigkeit nicht zu zweifeln ist, zu keinem Zeitpunkt dem dSK angehörte (vgl. §§ 17 a FRG, 20 WGSVG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch auf Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Ghettobeitragszeiten von März 1941 bis März 1943.
Der am 00.00.1929 in Lublin geborene jüdische Kläger hatte ursprünglich die polnische Staatsangehörigkeit. Zu seinem Verfolgungsschicksal gab er im Entschädigungsverfahren an, er sei von Anfang 1940 bis März 1943 im Judenviertel und Ghetto Lublin gewesen. Danach habe er bis Sommer 1944 versteckt in den Wäldern von Lublin gelebt. 1957 wanderte er von Breslau nach Israel aus. Dort erwarb er die israelische Staatsangehörigkeit, die er bis heute besitzt.
Im Entschädigungsverfahren legte der Kläger eine eidesstattliche Versicherung seiner am 00.00.1895 geborenen und am 00.01.1981 verstorbenen Mutter U A vor, in der es heißt:
"Ich lebte zu Kriegsausbruch mit meiner Familie, Ehemann I und Sohn T in Lublin. Gleich nach Besetzung der Stadt durch die Deutschen wurden antijüdische Maßnahmen eingeführt, denen zur Folge ich und mein Ehemann wie auch unser Kind den Judenstern anlegen und deutlich sichtbar tragen mussten. Wir verrichteten schwere Zwangsarbeiten und auch mein kleiner Sohn wurde zu verschiedenen Reinigungsarbeiten herangezogen. Im Frühling 1940 mussten wir in das Judenviertel in Lublin einziehen und lebten dort unter primitivsten Verhältnissen. Im März 1941 wurde ich mit Ehemann I und Sohn T in das streng isolierte Ghetto Lublin einziehen, welches von der Umwelt total abgesperrt war. Ich war mit meiner Familie hier total meiner Freiheit beraubt, wir arbeiteten viele Stunden am Tag bei ungenügender Nahrung, waren hungrig und dauernd krank. Wir wurden misshandelt und geschlagen und litten furchtbar unter der Tag und Nacht dauernden Bewachung. Mein Ehemann I1 verstarb im Herbst 1942 an den Folgen der Unterernährung und ungewohnten schweren Arbeit, mit der damit verbundenen Misshandlung. Ich beschloss daraufhin mit meinem Sohn aus dem Ghetto zu fliehen ..." Im März 1943 habe sich eine solche Gelegenheit gefunden, und sie habe sich mit dem Kläger in den Wäldern von Lublin versteckt, wo sie im Sommer 1944 befreit worden seien.
Gleichzeitig erklärte die Mutter des Klägers an Eides Statt, eine in der örtlichen Tageszeitung aufgegebene Suchannonce nach Zeugen sei ohne Echo geblieben. Sie beantrage daher für sich und ihren Sohn die Anerkennung von Beweisnot.
Aufgrund seines Verfolgungsschicksals erhielt der Kläger eine Beihilfe wegen Freiheitsentziehung vom 15.10.1941 bis März 1943 (Bescheid des Regierungspräsidenten Köln v. 06.01.1970). Der Kläger war in Israel vom 01.10.1957 bis zum 01.07.1989 pflichtversichert bzw. angestellt und legte auf diese Weise 441 Monate in der israelischen Nationalversicherung zurück (Bescheinigung v. 27.09.2006).
Im Rahmen seines Antrags auf Leistungen aus dem Art-2-Fonds erklärte der Kläger gegenüber der Jewish Claims Conference (JCC): "Im März 1941 wurde ich und meine Eltern in das streng isolierte Ghetto Lublin eingewiesen, welches von der Umwelt total abgeschlossen war. Meine Eltern und ich waren hier total unserer Freiheit beraubt, wir wurden Tag und Nacht bewacht. Ich litt an Unterernährung und Kälte, Nässe. Mein Vater verstarb im Herbst 1942 an den Folgen der Unterernährung und ungewohnten schweren Arbeit. Meine Mutter beschloss daraufhin mit mir aus dem Ghetto zu fliehen und im März 1943 fand sich eine solche Gelegenheit. Wir versteckten uns in den Wäldern von Lublin "
Am 13.11.2002 beantragte die Prozessbevollmächtigte des Klägers sinngemäß die Gewährung einer Altersrente für den Kläger unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG). Im tabellarischen Versicherungsverlauf gab der Kläger an, er habe von März 1941 bis März 1943 im Ghetto Lublin verschiedene Arbeiten 60 Stunden wöchentlich verrichtet. Die Spalte "Arbeitsverdienst" blieb unausgefüllt. Die Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) verneinte der Kläger. Im Fragebogen für die Anerkennung von Zeiten unter Berücksichtigung der Vorschriften des ZRBG gab er an, er sein von März 1941 bis März 1943 im Ghetto Lublin innerhalb des Ghettos beschäftigt gewesen. Er habe freiwillig durch eigene Bemühungen Reinigungsarbeiten im Umfang von 8 bis 10 Stunden täglich verrichtet und hierfür vergrößerte Lebensmittelrationen und Essen am Arbeitsplatz erhalten. Auf die Frage nach Barlohn antwortete er "nicht erinnerlich".
Die Beklagte zog die Entschädigungsakte des Klägers bei und wertete sie aus. Sodann lehnte sie den Rentenantrag des Klägers mit der Begründung ab, dieser habe im Ghetto Lublin weder aus eigenem Willensentschluss noch gegen Entgelt gearbeitet (Bescheid v. 11.03.2004).
Im Widerspruchsverfahren gab der Kläger eine eidesstattliche Erklärung mit folgendem Wortlaut ab:
"Als ich mit meinen Eltern in das Ghetto Lublin eingewiesen wurde, war ich 12 Jahre alt. Alle Habseligkeiten waren uns genommen worden und wir waren plötzlich mittellos. Meine Eltern beantragten für sich und mich beim Arbeitsamt in Lublin eine Arbeit. Die Not war sehr groß. Meine Eltern bekamen eine Arbeit bei der Reinigungskolonne zugewiesen und da ich als Einzelkind keine Geschwister hatte, die tagsüber auf mich aufpassen konnten, beantragte mein Vater auch für mich eine Arbeit bei der Reinigungskolonne. Der Andrang auf dem Arbeitsamt war sehr groß, viele Menschen, die plötzlich mittellos geworden waren, suchten Arbeit. Trotz der elenden Umstände war es ein großes Glück, eine Arbeit zu ergattern, die mir und meinen Eltern eine Mittagsration und zusätzliche Bezugsscheine für Lebensmittel oder auch Holz und Seife sicherte. Mein Vater arbeitete am schwersten, um uns mit weiteren Coupons, so gut es ging, zu versorgen. Er verhungerte im Herbst 1942. Fortan fehlten uns die Bezugsscheine aus der Arbeit meines verstorbenen Vaters und meine Mutter sah keinen anderen Ausweg aus dem Hungertod zu entkommen, als aus dem Ghetto zu flüchten. Im Frühling 1943 flüchtete ich mit meiner Mutter aus dem Ghetto und lebte fortan versteckt in den Wäldern."
Die Beklagte wertete die sog. KEOM-Liste aus und entnahm dieser, dass in Lublin vom 05.04.1941 bis 09.11.1942 ein Ghetto existiert habe. Zudem zog sie von der JCC die Antragsunterlagen des Klägers beim Art-2-Fonds bei. Sodann wies sie den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2005 zurück. Weder sei die Eingliederung des Klägers in einen bestimmten Betrieb zu erkennen noch sei die Gewährung von Lebensmitteln bzw. Lebensmittelgutscheinen zur Sicherung des bloßen Überlebens als Entgelt im Sinne des Gesetzes anzusehen.
Mit der am 10.03.2005 erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte verkenne Sinn und Zweck des ZRBG. Die von ihr gestellten Anforderungen an die Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale seien angesichts der Mangelversorgung der jüdischen Bevölkerung im Generalgouvernement unerfüllbar. Entscheidend sei, dass die arbeitenden Juden einen Anspruch auf Barentlohnung gehabt hätten. Dabei sei es nicht abwegig anzunehmen, dass der dem Kläger zustehende Barlohnanteil ohne seine Kenntnis direkt seinem Vater oder seiner Mutter zugeflossen seien, zumal diese mit ihm zusammengearbeitet hätten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 11.03.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2005 zu verurteilen, Beschäftigungszeiten nach Maßgabe des ZRBG anzuerkennen und Regelaltersrente zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den angegriffenen Bescheid verteidigt.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil v. 10.12.2007). Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 01.02.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.02.2008 Berufung erhoben. Zu Unrecht nehme das SG an, dass die Bewachung im Ghetto der Arbeitsaufnahme aus eigenem Willensentschluss entgegengestanden habe. Im Übrigen werde die Gewährung von Vergünstigungen für die von ihm geleistete Arbeit schon dadurch belegt, dass er das Ghetto überlebt habe.
Der Kläger beantragt wörtlich,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.12.2007 aufzuheben und die Beklagte zur Anerkennung einer Beitragszeit nach dem ZRBG von März 1941 bis März 1943 und zur Zahlung einer Rente zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.
Eine weitere Anfrage des Senates beim JCC hat ergeben, dass der Kläger beim Härtefonds nicht registriert ist, aufgrund der Angaben beim Art-2-Fonds jedoch auch eine Entschädigung aus dem Zwangsarbeiterfonds erhalten hat.
Die übrigen vom Senat gestellten Fragen (Schilderung des Verfolgungsschicksals, auch durch die Mutter, weitere Zeugen, Fragebogen) sind unbeantwortet geblieben.
Der Senat hat die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Akte seines Entschädigungsverfahrens nach dem BEG beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß der §§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1, 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Abwesenheit des Klägers und seiner Prozessbevollmächtigten verhandeln und entscheiden, weil dieser in der Terminsmitteilung, die ihm am 09.02.2009 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden ist, auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der schriftlich gestellte Antrag des Klägers ist dahingehend auszulegen, dass er begehrt, das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.12.2007 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2005 zu verurteilen, ihm Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Ghettobeitragszeiten von März 1941 bis März 1943 zu gewähren. Auch in dieser Fassung hat die Klage jedoch keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und beschwert den Kläger daher nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Regelaltersrente.
Der Anspruch auf Regelaltersrente folgt aus § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung (a.F.; vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI auch dann, wenn er auf Ghettobeitragszeiten gestützt wird. Die Bestimmungen des ZRBG stellen demgegenüber keine eigenständige Anspruchsgrundlage für den Anspruch auf Altersrente dar (BSG, Urteil v. 26.07.2007, B 13 R 28/06, SozR 4-5075 § 1 Nr. 4). Die Vorschriften des SGB VI sind trotz des Auslandswohnsitzes des Klägers (vgl. § 30 Abs. 1 1. Buch Sozialgesetzbuch) anwendbar (vgl. dazu BSG, Urteil v. 14.07.1999, B 13 RJ 75/98, Juris; BSG, Urteil v. 13.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, SozR 3-2200 § 48 Nr. 17).
Nach § 35 SGB VI a.F. haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben. Als auf die Wartezeit anrechenbare Versicherungszeiten kommen hier nur Beitrags- und Ersatzzeiten im Sinne der §§ 50 Abs. 1 Nr. 1, 51 Abs. 1 und 4 SGB VI in Betracht. Dabei finden nach § 250 Abs. 1 SGB VI Ersatzzeiten allerdings nur dann Berücksichtigung, wenn vor Beginn der Rente zumindest ein Beitrag wirksam entrichtet worden ist, oder als wirksam entrichtet gilt; denn Ersatzzeiten sollen nach dem Gesetzeswortlaut nur "Versicherten", d.h. Personen zugute kommen, die bereits Beitragsleistungen erbracht haben (BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr. 1, m.w.N.).
Der Kläger hat keine auf die Wartezeit anrechenbaren Beitragszeiten zurückgelegt. Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht, oder den Reichsversicherungsgesetzen Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind (§§ 55 Abs. 1 Satz 1, 247 Abs. 3 Abs. 1 SGB VI), oder als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Beitragszeiten, die zur Zahlung einer Altersrente führen könnten, bestehen hier indessen weder nach § 2 Abs. 1 ZRBG noch nach den Vorschriften des Fremdrentenrechts.
Nach § 2 Abs. 1 ZRBG gelten Beiträge als gezahlt für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto. Voraussetzung ist gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG, dass die Verfolgten sich zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten haben, das in einem vom Deutschen Reich besetzten oder ihm eingegliederten Gebiet gelegen hat, und dort eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss gegen Entgelt ausgeübt haben. Ferner darf für die betreffenden Zeiten nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erbracht werden. Die Anspruchsvoraussetzungen müssen glaubhaft gemacht werden (§ 1 Abs. 2 ZRBG i.V.m. § 3 Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung [WGSVG]). Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche verfügbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist, d.h. mehr für als gegen sie spricht, wobei gewisse noch verbleibende Zweifel unschädlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4).
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger und seine Mutter sich im Anspruchszeitraum (März 1941 bis März 1943) im Ghetto Lublin aufgehalten haben. Dagegen könnte sprechen, dass nach den frei verfügbaren historischen Quellen im April 1942 die im Ghetto Lublin inhaftierten Juden in das in einem südöstlichen Vorort gelegene Majdan Tatarski in Sichtweite des Konzentrationslagers Majdanek überführt worden sind (vgl. http://www.deathcamps.org/occupation/lublin%20ghetto.html) und diese sicherlich einschneidende Entwicklung weder im Entschädigungs- noch im Rentenverfahren Erwähnung gefunden hat. Letztlich kommt es darauf jedoch ebenso wenig an wie auf die Frage, ob das als "Modellghetto" bezeichnete Ghetto Majdan Tatarski noch ein Ghetto im Sinne des § 1 Abs. 1 ZRBG gewesen ist und ob dieses nicht, wie den o.g. Quellen zu entnehmen ist, bereits am 09.11.1942 endgültig liquidiert wurde. Schließlich kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger - soweit er sich im Ghetto Lublin aufgehalten hat - die von ihm behaupteten Reinigungsarbeiten aus eigenem Willensentschluss ausgeübt hat und ob ihm dabei als Minderjährigem der Willensentschluss seiner Eltern zugerechnet werden kann.
Jedenfalls ist es nämlich nicht glaubhaft, dass der Kläger die behauptete Beschäftigung gegen Entgelt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) ZRBG) ausgeübt hat.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senates (vgl. zuletzt Urteil v. 14.01.2009, L 8 R 71/07, sozialgerichtsbarkeit.de; rkr.) ist als Entgelt in diesem Sinne nur ein die Versicherungspflicht in der deutschen Rentenversicherung begründendes Entgelt anzusehen (BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr. 1). Maßgebend sind dabei die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der im Streitzeitraum geltenden Fassung (a.F.). Zum Entgelt gehörten dabei nach § 160 RVO a.F. neben Gehalt oder Lohn auch Gewinnanteile, Sach- und andere Bezüge, die der Versicherte, wenn auch nur gewohnheitsmäßig, statt des Gehalts oder Lohnes oder neben ihm von dem Arbeitgeber oder einem Dritten erhielt. Jedoch war eine Beschäftigung, für die als Entgelt nur freier Unterhalt gewährt wurde, versicherungsfrei (§ 1227 RVO a.F.; vgl. zum Folgenden außerdem BSG, Urteil vom 30.11.1983, 4 RJ 87/92; Mentzel/Schulz/Sitzler, Kommentar zum Versicherungsgesetz für Angestellte, 1913, § 7 Anm. 3; RVO mit Anmerkungen, herausgegeben von Mitgliedern des Reichsversicherungsamtes, 1930, § 1227 RVO Anm. 1 ff.). Als freier Unterhalt i.S.v. § 1227 RVO a.F. ist dabei dasjenige Maß von wirtschaftlichen Gütern anzusehen, das zur unmittelbaren Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Arbeitnehmers erforderlich ist, nicht aber das, was darüber hinausgeht. Zum freien Unterhalt gehören insbesondere Unterkunft, Beköstigung und Kleidung. Die betreffenden Sachbezüge müssen nach Art und Maß zur Bestreitung des freien Unterhalts geeignet und bestimmt sein. Das ist der Fall, wenn sie in geringem Umfang zur Befriedigung kleinerer Bedürfnisse und Lebensgewohnheiten gewährt werden. Bei Gewährung von Lebensmitteln ist daher zu prüfen, ob sie nach Umfang und Art des Bedarfs unmittelbar zum Verbrauch oder Gebrauch gegeben werden (dann freier Unterhalt) oder aber zur beliebigen Verfügung, wie es z.B. bei Deputaten der Fall ist. Die Grenze des freien Unterhalts ist insbesondere dann überschritten, wenn die gewährte Menge erheblich das Maß des persönlichen Bedarfs übersteigt. Das ist unter anderem dann anzunehmen, wenn die gewährten Sachbezüge ausreichen, nicht nur den freien Unterhalt des Beschäftigten selbst, sondern auch eines nicht bei demselben Arbeitgeber beschäftigten Familienangehörigen sicherzustellen (vgl. VDR, Kommentar zur RVO, 5. Aufl., 1954, § 1228 Rdnr. 5). Werden demgegenüber anstelle des freien Unterhalts auch nur geringe Geldbeträge zur Bestreitung des notwendigen Unterhalts gegeben, so ist dies keine freie Unterhaltsgewährung mehr. Geldleistungen stehen demnach der Gewährung des freien Unterhalts nicht gleich, auch wenn sie den unbedingt zum Lebensunterhalt erforderlichen Betrag nicht übersteigen und nicht einmal erreichen. Allerdings geht die bisherige Rechtsprechung davon aus, dass das Entgelt eine Mindesthöhe erreichen muss, damit man von einer entgeltlichen versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgehen kann. Bei Barzahlung neben freiem Unterhalt reicht es aus, wenn das Entgelt die Grenze von einem Sechstel bis einem Drittel Ortslohnes überschritt.
Es ist nicht glaubhaft, dass der Kläger für seine Reinigungstätigkeiten eine diesen Anforderungen genügende Gegenleistung erhalten hat. Er selbst hat hierzu im Detail unterschiedliche Angaben gemacht. Im Fragebogen für die Anerkennung von Zeiten unter Berücksichtigung der Vorschriften des ZRBG hat er angegeben, er habe vergrößerte Lebensmittelrationen und Essen am Arbeitsplatz erhalten, also Leistungen ausschließlich in Naturalien. Im Widerspruchsverfahren hat er demgegenüber von Bezugsscheinen gesprochen. Damit ist es jedenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich, dass ihm Bargeld gezahlt worden ist. Grundsätzlich besteht zwar die theoretische Möglichkeit der Zahlung an die erziehungsberechtigten Eltern. Überwiegend wahrscheinlich ist dies indessen nicht, zumal der Kläger sich an die gewährten Lebensmittel erinnern kann, nicht jedoch an eine zusätzliche Geldleistung. Auch der Erhalt von Lebensmittelcoupons ist nicht überwiegend wahrscheinlich, sondern nur ebenso gut möglich wie der Erhalt von Naturalleistungen. Letztlich kommt es hierauf indessen nicht an, weil - wie der Senat bereits rechtskräftig entschieden hat - die Gewährung von Lebensmittelcoupons derjenigen von Lebensmitteln in Natur gleichzustellen ist (Urteil v. 28.01.2008, L 8 RJ 139/04, sozialgerichtsbarkeit.de). Hinsichtlich der dem Kläger letztlich ausgehändigten und damit zur Verfügung stehenden Lebensmittel bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass diese das Maß freien Unterhalts überschritten haben könnten. Im Gegenteil hat der Kläger glaubhaft dargelegt, dass sein Vater der Haupternährer gewesen ist und dass er nach dessen Tod mit seiner Mutter aus dem Ghetto fliehen musste, um nicht zu verhungern. Damit ist es sogar überwiegend wahrscheinlich, dass die ihm trotz Arbeitsleistung zur Verfügung stehenden Lebensmittel nicht einmal ansatzweise ausgereicht haben, seinen eigenen persönlichen Bedarf zu decken.
Die von dem Kläger gegebenenfalls im Ghetto Lublin verrichtete Arbeit kann auch nicht nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. §§ 15, 16 Fremdrentengesetz (FRG) i.V.m. § 20 WGSVG bzw. §17 a FRG oder § 12 WGSVG als Versicherungszeit angerechnet werden. Die Arbeit des Klägers in Lublin unterfiel nicht den Reichsversicherungsgesetzen, da diese im Generalgouvernement nicht für Personen galten, die - wie der Kläger - nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2001, B 13 RJ 59/00 R). Eine Anrechnung als Beitragszeit nach dem Fremdrentengesetz (FRG) und dem WGSVG kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger nach eigenen Angaben, an deren Richtigkeit nicht zu zweifeln ist, zu keinem Zeitpunkt dem dSK angehörte (vgl. §§ 17 a FRG, 20 WGSVG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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