L 2 KN 268/07 U

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 26 (2) KN 91/04 U
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 KN 268/07 U
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 155/09 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 11.09.2007 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Dem Kläger werden Kosten nach § 192 SGG in Höhe von 225,00 Euro auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).

Der am 00.00.1954 geborene Kläger war von 1974 bis 1987 im untertägigen Steinkohlenbergbau in Polen angelegt. Im April 1987 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland aus. Er wurde im deutschen Steinkohlenbergbau angelegt und war ab Januar 1989 als Neubergmann und Hauer im Streckenausbau beschäftigt.

Am 24.02.1992 erlitt er im Bereich des linken und am 20.11.1992 im Bereich des rechten sowie am 14.10.1993 an beiden Kniegelenken Arbeitsunfälle. Die Beweisaufnahme im darauf folgenden Rechtsstreit (Sozialgericht - SG - Duisburg S 2 KN 112/96 U und Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - LSG NRW - L 2 KN 136/01) ergab, dass eine Entschädigung von Folgen dieser Arbeitsunfälle nicht in Betracht kam. Die Beteiligten erledigten diesen Rechtsstreit am 31.10.2002 vergleichsweise. Die Beklagte verpflichtete sich unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Frage des Parallelschadens (BSG SozR 2200 § 551 RVO Nr. 33) "über eine Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV nach Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage von Prof. Dr. C erneut zu entscheiden."

In Ausführung des Vergleichs erstattete der Sachverständige Prof. Dr. C am 25.03.2003 ein chirurgisches Gutachten nach Aktenlage. Er hat an beiden Kniegelenken ausschließlich degenerative Schäden festgestellt. Zwar sei von einer ausreichenden beruflichen Exposition im Sinne der BK Nr. 2102 BKV auszugehen, jedoch fehle es am Erkrankungsbild im Sinne dieser BK. Die Arthroskopien zeigten an beiden Kniegelenken, neben degenerativen Zusammenhangstrennungen des Innenmeniskushorns, in fast symmetrischer Weise ausgedehnte degenerative Knorpelschäden im medialen femorotibialen und femoropatellaren Gelenkanteil. Die histologischen Untersuchungen der abgetragenen Innenmeniskushinterhornanteile ergäben jeweils das altersübliche Maß überschreitende degenerative Veränderungen. Die bei den Arthroskopien jeweils vorgefundenen Konstellationen sprächen für eine primäre Knorpeldegeneration mit nachfolgender, also sekundärer Innenmeniskusdegeneration. Eine solche vorzeitige Kniegelenksknorpeldegeneration sei bei dem Kläger durch die schon anlagebedingt vorhanden gewesene leichte Varusabweichung der Unterschenkel gefördert worden. Die Anerkennung eines solchen degenerativen Meniskusschadens als BK sei nicht möglich, wenn die Verhältnisse innerhalb eines Kniegelenks dagegen sprächen, dass der degenerative Meniskusschaden wenigstens parallel laufend bzw. synchron mit den Knorpelschäden entstanden sei, sondern diesen wahrscheinlich erst nachgefolgt, d.h. sich sekundär entwickelt habe. Es sei von einer sekundären Meniskopathie auszugehen, die nicht mit der BK Nr. 2102 BKV erfasst werde.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 20.08.2004 Anerkennung und Entschädigung wegen einer BK Nr. 2102 BKV ab. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2004 zurückgewiesen.

Zur Begründung der dagegen zum SG Duisburg erhobenen Klage legte der Kläger ein Gutachten des Arztes für Orthopädie C1 aus E vom 31.05.1995 für die Provinzial-Versicherung vor. Demnach sei im Röntgenbefund im Bereich des rechten Kniegelenkes eine physiologische Beinachse und im Bereich des linken Kniegelenkes eine gerade Beinachse festzustellen. Zur weiteren Begründung hat er ausgeführt, keine O-Beine zu haben.

Die Beklagte hat die angefochtenen Entscheidungen verteidigt. Das festgestellte Krankheitsbild sei nicht auf eine kniestrapazierende Tätigkeit zurückzuführen.

Das SG hat Beweis erhoben durch Sachverständigengutachten. Dr. I hat in seinem chirurgischen Gutachten vom 11.10.2005 sowie seiner ergänzenden Stellungnahme vom 21.03.2006 ausgeführt, dass sich bei der Untersuchung des Klägers am 26.07.2005 im Bereich beider Beine eine eindeutige O-Bein-Stellung gezeigt habe. Klinisch wie radiologisch lägen eindeutige Zeichen eines erheblichen Verschleißes im inneren Bereich beider Kniegelenke vor. Dieser Verschleiß stünde nicht mit der beruflichen Tätigkeit in ursächlichem Zusammenhang. Es bestehe, aufgrund anlagebedingter O-Bein-Fehlstellung, eine körpereigene Gelenkknorpelschädigung, die sich im Alter fortschreitend ausgebildet habe. Soweit im Gutachten des Arztes C1 vom 31.05.1995 die Beinachsen beiderseits als physiologisch beschrieben worden seien, werde dies durch die weiter eingeholten Gutachten nicht bestätigt. Auf Antrag des Klägers erstattete Prof. Dr. K am 09.03.2007 ein orthopädisch-chirurgisches Gutachten. Er hat festgestellt, dass den Ausführungen von Prof. Dr. C im Gutachten vom 05.03.2003 vollständig zu folgen sei.

Mit Urteil vom 11.09.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich auf die Sachverständigengutachten des Dr. I und des Prof. Dr. K gestützt.

Zur Begründung der dagegen eingelegten Berufung wiederholt der Kläger sein Vorbringen. Er legt einen Makroskopiebefund der Ärztin für Pathologie Privatdozentin Dr. N aus N vom 17.08.1994 sowie der Ärztin für Pathologie Dr. Q vom 14.09.1995 vor. Darüber hinaus legt er eine als "Aktenvermerk" bezeichnete umfassende Ausarbeitung von Privatdozentin Dr. N vom 04.11.2008 sowie eine als gutachterliche Stellungnahme bezeichnete Ausarbeitung des Arztes für Orthopädie Dr. E aus O vom 05.03.2009 vor. Er behauptet, die ausgeprägten Schäden seiner Kniegelenke seien allesamt Folgen der Bergbautätigkeit.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 11.09.2007 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2004 zu verurteilen, auf den Antrag vom 31.10.2002 hin eine Berufskrankheit Nr. 2102 der Anlage zur BKV anzuerkennen und nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Der Senat hat ergänzende gutachterliche Stellungnahmen von Prof. Dr. K vom 24.06.2008 und 11.02.2009 eingeholt. Bei dem Kläger sei es aufgrund einer anhand von röntgenologischen Ganzbeinachsenaufnahmen diagnostisch gesicherten O-Bein-Fehlstellung zunächst zu einer Knorpeldegeneration mit anschließender Meniskuszermürbung gekommen. Für die Behauptung, die zunehmende O-Bein-Stellung sei Folge der kniebelastenden Tätigkeit, fehle es an jeglicher medizinischer Begründung. Hätte der Kläger nicht unter Tage gearbeitet, hätte er ebenfalls einen Meniskus- bzw. Knorpelschaden aufgrund seiner O-Bein-Fehlstellung entwickelt.

Für die Einzelheiten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten für den Kläger Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gem. §§ 7, 9 und 56 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - SGB VII keinen Anspruch auf Anerkennung und Entschädigung wegen einer BK Nr. 2102. Bei dem Kläger liegt das Erkrankungsbild im Sinne der BK Nr. 2102 BKV nicht vor. Nach der Listen-BK Nr. 2102 werden Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten entschädigt. Bei dem Kläger sind keine Meniskusschäden diagnostisch zu sichern, die im Sinne einer die haftungsbegründenden Kausalität mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ursächlich auf die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Untertagetätigkeit zurückzuführen sind. Nach den widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. C vom 05.03.2003, das im Wege des Urkundsbeweises Verwertung findet, liegen in beiden Kniegelenken des Klägers ausschließlich degenerative Schäden vor. Diese sind durch die anlagebedingt vorhanden gewesene leichte Varusabweichung der Unterschenkel gefördert worden und haben eine primäre Knorpeldegeneration mit nachfolgender, also sekundärer Innenmeniskusdegeneration verursacht. Sprechen die Verhältnisse innerhalb eines Kniegelenks dagegen, dass der degenerative Meniskusschaden wenigstens parallellaufend bzw. synchron mit den Knorpelschäden entstanden ist, sondern diesen wahrscheinlich erst nachgefolgt ist, d.h. sich sekundär entwickelt hat, ist die Anerkennung eines solchen degenerativen Meniskusschadens als BK nicht möglich. Es ist dann von einer sekundären Meniskopathie auszugehen, die nicht von der BK Nr. 2102 BKV erfasst wird.

Ergänzend stützt der Senat seine Überzeugung vom Fehlen des Erkrankungsbildes im Sinne der BK Nr. 2102 BKV auf das von Dr. I im Klageverfahren erstattete Gutachten vom 11.10.2005 sowie seine ergänzende Stellungnahme vom 21.03.2006, Ferner auf das nach Antrag des Klägers vom Arzt seines Vertrauens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete orthopädisch-chirurgische Gutachten des Prof. Dr. K vom 09.03.2007 sowie dessen ergänzende Stellungnahmen vom 24.06.2008 und 11.02.2009. Danach ist es bei dem Kläger aufgrund der diagnostisch gesicherten O-Bein-Fehlstellung zunächst zu einer Knorpeldegeneration mit anschließender Meniskuszermürbung gekommen.

Für die Annahme von Privatdozentin Dr. N, die Schäden der Kniegelenke des Klägers seien allesamt Folgen der Bergbautätigkeit, fehlt es an nachvollziehbaren, das Ergebnis der oben genannten Sachverständigengutachten erschütternden Anhaltspunkten. Das gilt ebenso für die Mutmaßungen des Dr. E. Auch für die Behauptung des Klägers, die zunehmende O-Bein-Fehlstellung sei Folge seiner kniebelastenden Tätigkeit, fehlt es an jeglicher medizinischer Begründung.

Die Entscheidung zur Tragung der außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG.

Die Entscheidung über die Auferlegung von Verschuldenskosten beruht auf § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Der Kläger hat den Rechtsstreit ohne nachvollziehbare Begründung fortgeführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden im Termin am 12.03.2009 die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Wer ein Verfahren, dessen Aussichtslosigkeit ihm im Einzelnen dargelegt worden ist, ohne nachvollziehbare Begründung fortführt, nimmt das Gericht missbräuchlich in Anspruch. Der Senat hat die Höhe der zu erstattenden Kosten nach dem gesetzlichen Mindestbetrag bemessen (§ 192 Abs. 1 Satz 3 und § 184 Abs. 2 SGG).

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Maßgeblich für die Entscheidung sind die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls.
Rechtskraft
Aus
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