L 12 AL 21/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 18 AL 104/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 21/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 08.02.2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Umstritten ist, ob die Klägerin für Fahrten zwischen Wohnort und Bildungsstätte als Kostenersatz die einfache Fahrtstrecke ersetzt verlangen kann oder ob der gleiche Betrag auch für die Rückfahrt anzusetzen ist. Der Streit wird um 932,40 Euro geführt.

Die am 00.00.1968 geborene Klägerin nahm in der Zeit vom 23.10.2006 bis 22.03.2007 bei der O GmbH in E an einer Weiterbildungsmaßnahme zur Buchhaltungsfachkraft teil. In der Zeit vom 23.10.2006 bis 22.01.2007 und am 22.03.2007 fand hierzu der theoretische Unterricht am Maßnahmeort in E statt. Die einfache Entfernung zwischen der Wohnung der Klägerin und der Unterrichtsstätte betrug 38,5 km. Der Unterricht fand jeweils wöchentlich montags bis freitags statt.

Mit Bescheid vom 06.10.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin unter anderem Fahrtkosten für die Zeit des theoretischen Unterrichts in Höhe von insgesamt 932,40 Euro. Hierbei berücksichtigte sie für die ersten 10 km 36 Cent und für die restlichen 28 km 40 Cent, so dass sich ein Fahrtkostenbetrag pro Tag von 14,80 Euro ergab. Die Beklagte legte jeweils die einfache Fahrtstrecke zu Grunde.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und machte geltend, dass auch für den Rückweg von der Unterrichtsstätte zur Wohnung Fahrtkosten zu erstatten seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit der Begründung zurück, dass Fahrten mit dem Pkw anlässlich der Teilnahme an der Maßnahme zur beruflichen Weiterbildung nach § 81 Abs. 2 Satz 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) nur für die kürzeste und für die einfache Fahrtstrecke gewährt werden könnten. Das gelte sowohl für Fahrten zwischen Wohnung und Maßnahmeträger als auch für Fahrten zwischen Wohnung und Praktikumsplatz. Berücksichtigt würden nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB III nur volle Kilometer. Die kürzeste Entfernung zwischen Wohnung und der O GmbH betrage nach Angaben der Klägerin 38,5 km, so dass volle 38 km berücksichtigt würden. Die Fahrtkostenerstattung erfolge für die kürzeste Entfernung der einfachen Strecke mit 36 Cent für die ersten 10 km und 40 Cent ab dem 11 km. Hieraus errechnet sich der Gesamtbetrag in Höhe von 932,40 Euro.

Hiergegen hat die Klägerin am 07.12.2006 Klage vor dem Sozialgericht Detmold erhoben und hat weiterhin geltend gemacht, dass auch für den Rückweg eine Fahrtkostenerstattung erfolgen müsse. Teilnehmern an einer Maßnahme nach § 77 SGB III sei für jeden Tag, an dem sie die Bildungsstätte aufsuchten, als Fahrtkostenerstattung eine Entfernungspauschale für die Entfernung zwischen Wohnung und Bildungsstätte zu zahlen. Die gesetzliche Regelung beschränke sich nicht auf die einfache Entfernung. Hausinterne Dienstanweisungen, die zur innerbehördlichen Arbeitsregelung verwandt würden, würden keine Außenwirkung entfalten. Die Norm des § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB III spreche von einer Entfernungspauschale. Eine der Fahrtkostenberechnung zur Grunde zu legende Entfernung bestehe jedoch sowohl aus dem Weg Wohnung/Bildungsstätte als auch aus dem Weg Bildungsstätte/Wohnort.

Vor dem Sozialgericht hat die Klägerin sinngemäß beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 06.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2006 zu verurteilen, ihr die aufgrund der Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme anfallenden Fahrtkosten auch für den Rückweg zwischen Bildungsstätte und Wohnort zu erstatten, also nochmals 932,40 Euro.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist bei ihrer Auffassung geblieben, dass Fahrtkosten lediglich für die einfache Strecke zu erstatten seien. Im Hinblick auf die gesetzlich vorgesehene Entfernungspauschale handele es sich um die einfache Strecke. Hätte der Gesetzgeber Hin- und Rückfahrt gewollt, wäre der Gesetzestext um die Formulierung "und zurück" ersetzt worden. Unabhängig hiervon erfolge die Fahrtkostenberechnung in der ab 01.01.2004 gültigen Fassung des § 81 Abs. 2 SGB III in Anlehnung an das Steuerrecht. Im Steuerrecht würde bei der Berücksichtigung von Fahrtkosten als Werbungskosten ebenfalls nur die einfache Fahrtstrecke berücksichtigt.

Mit Urteil vom 08.02.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung u. a. Folgendes wörtlich ausgeführt:

"Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 06.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten im Sinne von § 54 Abs. 1 und Abs. 2 SGG. Die Beklagte hat zu Recht im Rahmen der Berechnung der von der Klägerin zu beanspruchenden Fahrtkosten wegen der Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme für die Zeit vom 23.10.2006 bis zum 22.01.2007 und für den 22.03.2007 lediglich die einfache Fahrstrecke berücksichtigt und einen Gesamtfahrtkostenerstattungsbetrag in Höhe von 932,40 EUR zugrunde gelegt. Gemäß § 81 Abs. 1 Nr. 1 SGB III i. V. m. §§ 77, 79 SGB III können Fahrtkosten für Fahrten zwischen Wohnung und Bildungsstätte (Pendelfahrten) als Weiterbildungskosten übernommen werden. Gemäß § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB III sind als Fahrkosten für jeden Tag, an dem der Teilnehmer die Bildungsmaßnahme aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Bildungsstätte von 0,36 EUR für die ersten zehn Kilometer und 0,40 EUR für jeden weiteren Kilometer anzusetzen. Die Entscheidung, ob Fahrtkosten übernommen werden, steht nach der Regelung des § 81 Abs. 1 SGB III im Ermessen des zuständigen Leistungsträgers. Das Ermessen ist ausschließlich ein Entschließungsermessen, welches sich auf das "ob" der Leistung bezieht. Ein Auswahlermessen, in welchem Umfang eine Fahrtkostenbeteiligung erbracht wird, steht dem Leistungsträger dagegen nicht zu. Vorliegend ist die Beklagte zu der Entscheidung gelangt, dass der Klägerin Fahrtkosten für die Teilnahme an der von ihr besuchten Weiterbildungsmaßnahme zu erstatten sind. Demnach hat sie einen Anspruch auf Fahrtkosten in dem gemäß § 81 Abs. 2 SGB III geregelten Umfang. Hiervon ausgehend steht der Klägerin eine Fahrtkostenpauschale in Höhe von 14,80 EUR täglich zu ( 0,36 EUR x 10 Kilometer = 3,60 EUR und 0,40 EUR x 28 Kilometer = 11,20 EUR). Ausgehend von 63 Unterrichtstagen ergibt sich somit eine Fahrtkostenpauschale in Höhe von insgesamt 932,40 EUR. Ein weitergehender Leistungsanspruch steht der Klägerin nicht zu. Bemessungsgrundlage für die Pauschale ist die Entfernung zwischen Wohnung und Bildungsstätte, wobei auf jeden vollen Entfernungskilometer zwischen dem Ort des Hausstandes und dem Weiterbildungsort abzustellen ist. Weiter maßgebend ist die kürzeste Straßenverbindung. Gemäß § 81 Abs. 2 SGB III erfolgt durch die dort geregelte Entfernungspauschale eine Abgeltung der Aufwendung für die An- und Abreise (s. auch Stratmann in Niesei, Kommentar zum SGB III, 3. Auflage, § 81 Rdnr. 4). Demnach kann vorliegend für die Bemessung nur die einfache Wegstrecke von 38 Kilometern und nicht 76 Kilometer (Hin-und Rückweg) berücksichtigt werden. Dies ergibt sich auch aus dem Gesetzeswortlaut des § 81 Abs. 2 SGB III, wonach die Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung "zwischen Wohnung und Bildungsstätte" berücksichtigt wird. Von einer Entfernung zwischen "Bildungsstätte und Wohnung" bzw. "und zurück" ist nach dem Gesetzeswortlaut nicht die Rede. Darüber hinaus stellt die Bemessung der Fahrtkosten nach § 81 Abs. 2 SGB III in Anlehnung an das Steuerrecht gerade auf eine Entfernungspauschale ab, die das Ziel hat, im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung auf eine differenzierte Berechnung zu verzichten (s. Stratmann a.a.O)."

Gegen dieses ihr am 20.02.2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 13.03.2008 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag und weist darauf hin, dass der Gesetzestext von einer Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer zwischen Wohnung und Bildungsstätte spreche. Die darin enthaltenen Ortsangaben geben lediglich eine Distanz des zurückgelegten Weges an. Keinesfalls sei dem Gesetzestext zu entnehmen, dass eine Entfernungspauschale nur für die Fahrtrichtung Wohnung/Bildungsstätte anzusetzen sei, nicht jedoch für den Rückweg. Hätte der Gesetzgeber eine der Auffassung der Beklagten entsprechenden Regelung gewollt, hätte er dies mit der Formulierung "für die einfache Fahrt" oder einer ähnlichen Formulierung zum Ausdruck bringen können. Die Beklagte dokumentiere selbst, dass der Gesetzeswortlaut nicht eindeutig sei. Sie habe immerhin eine Dienstanweisung herausgegeben, welche die Arbeitsämter zur entsprechenden Handlung anleite. Eine hausinterne Dienstanweisung entfalte jedoch keine Außenwirkung.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 08.02.2008 zu ändern und nach ihrem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und den Gesetzwortlaut für eindeutig.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten lagen bei der Urteilsfindung durch den Senat vor.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Der Streitwert liegt mit 932,40 Euro über der Grenze von 500,00 Euro nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - Fassung bis 31.03.2008.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Senat hält die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils für überzeugend und nimmt hierauf gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug.

Die Ausführungen im Berufungsverfahren im Schriftsatz vom 17.04.2008 geben zu keiner anderen Beurteilung Anlass. Der Wortlaut des § 81 Abs. 2 SGB III ist eindeutig. Entschädigt wird die Fahrt von jedem Kilometer zwischen Wohnung und Bildungsstätte und nicht, was in Satz 2 von § 81 Abs. 2 SGB III eben auch vorgesehen ist, die Aufwendungen für die An- und Abreise. Es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber in Absatz 2 Satz 1 mit der Formulierung Entfernung zwischen Wohnung und Bildungsstätte auch die Rückfahrt zusätzlich entschädigen wollte und diese in Absatz 2 Satz 2 dann für einen Sonderfall ausdrücklich regelt. Der Senat folgert daraus, dass die gesetzliche Regelung in Anlehnung an das Steuerrecht bewusst nur die Entfernung zwischen Wohnung und Bildungsstätte für erstattungswürdig hält (so auch Beschluss des LSG NRW vom 19.09.2007 - L 20 B 80/07 AS -; Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2008 - L 7 AS 3614/08 -; Stratmann in Niesel, 4. Auflage 2007 SGB III, § 81 Rdnr. 4; Schmidt in Eicher/Schlegel, SGB III, § 81 Rnr. 36-38). Die Auffassung des Klägers wird, soweit ersichtlich, bisher weder im Schrifttum noch in der Rechtsprechung vertreten.

Die Rechnung der Beklagten ist der Höhe nach zutreffend. Die von der Klägerin angegebenen vollen 38 Kilometer entsprechen auch denen, die ein Routenplaner für die angegebenen Fahrtstrecke ausweist. Die angesetzten Beträge sind zudem zutreffend ermittelt. Die Klägerin hat somit keinen Anspruch auf Erstattung von mehr als 932,40 Euro.

Klage und Berufung konnten somit keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 Nr. 1und 2 SGG aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Der Senat sieht insbesondere keine offene bisher nicht entschiedene Rechtsfrage. Soweit ersichtlich, wird die Rechtsauffassung der Klägerin weder in Literatur noch in der Rechtsprechung vertreten.
Rechtskraft
Aus
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