Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
12
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 12 SO 75/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 B 51/09 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 23.07.2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Im Streit steht die Art und Weise der Auszahlung bereits bewilligter und die Fortgewährung laufender Leistungen der Grundsicherung im Alter.
Der 1939 geborene Antragsteller (Ast) bezieht eine Rente in Höhe von 485,14 EUR brutto gleich netto. Er ist nicht als Rentner krankenversichert.
Die Antragsgegnerin (Ag) bewilligte dem Ast mit Bescheid vom 21.06.2008 ergänzende Grundsicherungsleistungen im Alter nach dem 4. Kapitel des SGB XII für die Zeit vom 01.07.2008 bis 30.06.2009 in Höhe von monatlich 127,43 EUR. Die Leistungen wurden monatlich durch Zahlungsanweisung zur Verrechnung an den Ast ausgekehrt. Mit Schreiben vom 29.10.2008 forderte die Ag den Ast auf ein Girokonto einzurichten, da die bisherige Zahlungspraxis von der zuständigen Kreiskasse X als Zahlstelle nicht mehr weiter geführt werden könne. Im Monat November 2008 erfolge noch eine Zahlung auf bisherige Weise. Ab Dezember 2008 sei diese Zahlungsform nicht mehr möglich.
Mit Schreiben vom 19.11.2008 forderte die Ag den Ast zudem unter Beifügung eines entsprechenden Antragformulars auf, für die Zeit ab 01.01.2009 einen Wohngeldantrag zu stellen. Der Anspruch auf Wohngeld übersteige voraussichtlich den Anspruch auf ergänzende Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII. Daher kündigte die Ag an, die Leistungen ab dem 01.01.2009 einzustellen. Eine Reaktion des Ast hierauf erfolgte erst mit Schreiben vom 19.01.2009, in welchem dieser die Ag aufforderte, die Leistungen für Dezember 2008 und Januar 2009 auszuzahlen.
Am 28.01.2009 beantragte die Ag für den Ast formlos Wohngeld bei der zuständigen Wohngeldstelle.
Mit Bescheid vom gleichen Tage hob die Ag den Bewilligungsbescheid vom 21.06.2008 für die Zeit ab 01.01.2009 auf. Durch die mögliche Gewährung von Wohngeld in Höhe von 135,00 EUR entfalle die Sozialhilfebedürftigkeit. Einen entsprechenden Antrag habe sie vorsorglich gestellt. Die Wohngeldstelle benötige allerdings noch einen formellen Antrag. Die Leistungen für Dezember 2008 könnten bar ausgezahlt oder aber auf ein Konto überwiesen werden.
Bei einem Hausbesuch am 11.02.2009 wies die Ag den Ast u.a. darauf hin, dass dieser nach ihrer Einschätzung seit dem 01.01.2009 nicht krankenversichert sei.
Gegen den Bescheid vom 28.01.2009 erhob der Ast am 18.02.2009 Widerspruch. Er sehe nicht ein, warum er Wohngeld beantragen müsse, obwohl er doch Anspruch auf Grundsicherungsleistungen habe. Wenn eine Zahlungsanweisung zur Verrechnung nicht möglich sei, dann solle man ihm die Leistungen postbar nach Hause schicken.
Mit Schreiben vom 18.03.2009 wies die Ag den Ast darauf hin, dass dieser mit dem Wegfall des Leistungsanspruchs nach dem SGB XII ab 01.01.2009 die Möglichkeit habe, sich nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern. Mit Abschluss dieser Versicherung sei er verpflichtet, Beiträge zu leisten. Bei der Bemessung des Bedarfs seien die Krankenversicherungsbeiträge anschließend zu berücksichtigen. Das Wohngeld sei dann nicht mehr ausreichend, um den Bedarf zu decken. Der Ast müsse daher keinen Wohngeldantrag stellen, sondern lediglich einen Antrag auf Krankenversicherung. Damit sei er rückwirkend ab dem 01.01.2009 krankenversichert und habe erneut Anspruch auf ergänzende Grundsicherungsleistungen.
Hierauf erwiderte der Ast, dass die Ag genau wisse, dass er ohnehin über die Grundsicherungsleistungen krankenversichert sei. Er habe daher keine Veranlassung, einen Antrag auf Krankenversicherung zu stellen. Wenn er sein Geld nunmehr nicht binnen fünf Tagen erhalte, werde er Klage bei Gericht erheben.
Am 16.06.2009 hat der Ast einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Die Ag sei zu verpflichten, die Grundsicherungsleistungen für die letzten vier Monate sofort auszuzahlen. Weiter hat der Ast eine Bescheinigung seines Vermieters vom 23.06.2008 vorgelegt, aus der sich ein Mietrückstand in Höhe von 751,46 EUR ergab. Im Einzelnen wurden von dem Vermieter eine restliche Miete für Juni 2008 in Höhe von 229,73 EUR, eine per Mahnbescheid geltend gemachte Nebenkostennachforderung von 14,13 EUR, Kosten des Mahnbescheides in Höhe von 23,00 EUR sowie die Mieten für Mai und Juni 2009 in Höhe von jeweils 242,30 EUR eingefordert.
Die Ag hat demgegenüber die Ansicht vertreten, dass der Ast wegen des Wohngeldes derzeit keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen habe. Die gewählte Auszahlungsmodalität - Angebot der Überweisung oder der Barauszahlung im Rathaus - sei nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften nicht zu beanstanden. Wohnsitz im Sinne des § 47 SGB I sei nicht gleichzusetzen mit der Wohnung des Hilfeempfängers.
Mit Bescheid vom 01.07.2009 hat die Ag sodann den Aufhebungsbescheid vom 28.01.2009 aufgehoben. Es ergebe sich ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 764,58 EUR für die Zeit vom 01.01.2009 bis 30.06.2009. Dieser Nachzahlungsbetrag werde in Höhe der rückständigen Mietforderung direkt an den Vermieter ausgekehrt. Den Restbetrag von 13,12 EUR wie auch die noch offene Zahlung für Dezember 2008 könne der Ast sich per Barscheck bei ihr auszahlen lassen.
Hiergegen hat sich der Ast am 08.07.2009 gegenüber dem Gericht mit dem Argument gewandt, er sei mit der Auskehr an den Vermieter nicht einverstanden. Die Ag könne ja gar nicht einschätzen, ob die von dem Vermieter geltend gemachte Forderung der Höhe nach berechtigt sei. Die gesamte Nachzahlung sei ihm per Scheck oder postbar nach Hause zu übersenden. Mit Schreiben vom 11.07.2009 hat der Ast zusätzlich geltend gemacht, dass die Ag ihm auch über den 30.06.2009 hinaus Leistungen bewilligen müsse.
Mit Beschluss vom 23.07.2009 hat das Sozialgericht den Antrag des Ast abgelehnt. Dieser habe keinen Anspruch auf Auskehr der Geldleistungen im Wege der Zahlungsanweisung zur Verrechnung. Die Aushändigung eines Barschecks am Wohnsitz des Ast genüge den Anforderungen des § 47 SGB I. Es seien keine Gründe ersichtlich, wegen derer der Ast nicht in der Lage sei, sich seine Leistungen im Rathaus der Ag abzuholen.
Auch habe die Ast die Nachzahlung in Höhe der Mietrückstände direkt an den Vermieter auskehren dürfen. Die Auszahlung an Dritte sei zulässig, soweit dies zur Sicherstellung der zweckentsprechenden Verwendung erforderlich sei. Der Ast habe verdeutlicht, dass er nicht bereit sei, die für ihn bereit gestellten Leistungen entgegen zu nehmen. Durch die Vermieterbescheinigung, die er selbst eingereicht habe, sei der Mietrückstand der Höhe nach belegt. Aus dem Umstand, dass bereits mehrere Monatsmieten an Rückstand aufgelaufen seien, drohe dem Ast die fristlose Kündigung. In dieser Situation sei die Auskehr an den Vermieter nicht ermessensfehlerhaft.
Hiergegen hat der Ast am 12.08.2009 Beschwerde erhoben. Er wohne in O. Dies sei 6 km von der eigentlichen Stadt C entfernt. Er habe Anspruch auf Grundsicherungsleistungen in Gestalt der Nachzahlung und der laufenden Leistungen. Diese Leistungen seien ihm kostenfrei ins Haus zu schicken.
In einem Erörterungstermin vor dem Landessozialgericht ist der Ast nicht erschienen. Er hat sein Fernbleiben anschließend entschuldigt.
Hinsichtlich des Ergebnisses der einseitigen Erörterung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 04.09.2009 verweisen.
Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Antragsgegnerin unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Münster vom 23.07.2009 vorläufig zu verpflichten, ihm die Nachzahlung von 764,58 EUR für die Zeit vom 01.01.2009 bis 30.06.2009 auszuzahlen, ihm über den 30.06.2009 hinaus laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter in bisheriger Höhe von 127,43 EUR monatlich zu gewähren und ihm diese Leistungen per Scheck oder postbar an seine Wohnadresse zu übermitteln.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält an ihrer bisherigen Rechtsauffassung fest. Der Begriff des Wohnsitzes beschreibe die politische Gemeinde und nicht den Stadtteil. Es sei dem Ast zumutbar, die Leistungen im Rathaus entgegen zu nehmen. Ein laufender Leistungsanspruch nach dem SGB XII sei nicht ersichtlich, da der Ast Anspruch auf Leistungen nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) habe, die er jederzeit durchsetzen könne. Der Ast könne nicht zwischen den Leistungen nach dem SGB XII und dem WoGG wählen, sondern müsse die letzteren vorrangig in Anspruch nehmen.
Im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin, die der Entscheidungsfindung ebenfalls zugrunde gelegen haben, verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Im Ergebnis zu Recht hat es das Sozialgericht abgelehnt, eine einstweilige Anordnung zugunsten des Ast zu treffen.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiell-rechtlichen Leistungsanspruches, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile und die damit verbundene Unzumutbarkeit, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander stehen, sondern dass eine Wechselwirkung derart besteht, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteiles zu verringern sind und umgekehrt. Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Ausgehend von diesen Grundsätzen war dem Antrag des Ast nicht zu entsprechen.
a) Hinsichtlich der geltend gemachten Nachzahlung fehlt es teilweise an einem Anordnungsanspruch, im übrigen an einem Anordnungsgrund.
Die Ag hat durch die Aufhebung des Aufhebungsbescheides vom 28.01.2009 die Wirksamkeit der ursprünglichen Leistungsbewilligung vom 21.06.2008 wieder hergestellt. Der Ast hatte daher einen Zahlanspruch auch für die Zeit vom 01.01.2009 bis 30.06.2009 in Höhe von 127,43 EUR monatlich, insgesamt 764,58 EUR. Dieser Zahlanspruch wäre im Hauptsacheverfahren mit einer allgemeinen Leistungsklage geltend zu machen und ist daher einem einstweiligen Regelungsantrag zugänglich.
aa) Die Ag kann jedoch jedenfalls in Höhe von 254,86 EUR den Einwand der Erfüllung erheben. Jedenfalls in dieser Höhe war sie bei kursorischer Prüfung zur Auskehr an den Vermieter berechtigt. Nach § 29 Abs. 1 Satz 6 SGB XII ist die Ag berechtigt, Leistungen für Unterkunft an den Vermieter auszuzahlen, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch den Leistungsempfänger nicht sicher gestellt ist. Der Leistungsempfänger ist hiervon zu unterrichten.
Die Nachzahlung betraf den Zeitraum vom 01.01. bis 30.06.2009. Innerhalb dieses Zeitraums sind - soweit aus der Bescheinigung des Vermieters vom 23.06.2009 ersichtlich - die Mieten für Mai und Juni 2009 in Höhe von jeweils 242,30 EUR offen geblieben. Insoweit hat der Ast seine Renteneinkünfte erkennbar vornehmlich zum Bestreiten seines sonstigen Lebensunterhaltes eingesetzt. Die auf diese Monate entfallende Nachzahlung von 254,86 EUR (2x127,43 EUR) ist daher vollständig als Kosten der Unterkunft zu bewerten.
Der Einsatz dieses Betrages durch den Ast ist nicht sicher gestellt gewesen. Der Senat geht hierbei zwar durchaus davon aus, dass der Ast diese Summe an den Vermieter weiter geleitet hätte. Allerdings ist nach seinem bisherigen Verhalten nicht davon auszugehen gewesen, dass er sich den Betrag im Rathaus der Antragsgegnerin abgeholt hätte.
In diesem Zusammmenhang ist festzustellen, dass der Ast keinen Anspruch darauf hat, dass die Leistungen an ihn per Scheck oder postbar ausgekehrt werden. Der Senat nimmt insoweit Bezug in entsprechender Anwendung des § 153 Abs. 2 SGG Bezug auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung, denen er sich nach eigener Prüfung anschließt. Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass auch dann nur eine Auszahlung am Wohnsitz im kommunalrechtlichen Sinne und damit zulässigerweise im Rathaus der Ag verlangt werden kann, wenn der Leistungsempfänger - wie vorgetragen - in einem entfernteren Stadtteil wohnt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Ast gesundheitlich nicht in der Lage ist, sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln von O ins Rathaus der Stadt C zu begeben.
bb) Ob auch die Auskehr der übrigen Nachzahlung bis zur Gesamthöhe des vom Vermieter eingeforderten Betrages nach § 17 Abs. 2 SGB XII an den Vermieter erfolgen konnte, kann dahin stehen. Denn diese restlichen Nachzahlungsbeträge fallen auf einen Zeitraum vor der erstinstanzlichen Eilantragstellung am 16.06.2009. Für die Geltendmachung von Leistungsansprüchen in der Vergangenheit fehlt es im Verfahren der Regelungsanordnung an einem Anordnungsgrund, wenngleich der Senat nicht verkennt, dass die faktische Vollstreckung aus Bewilligungsbescheiden durch Erhebung der allgemeinen Leistungsklage hierdurch erschwert wird und es zu Brüchen mit dem Verfahren auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtung eines Aufhebungsbescheides kommt.
b) Hinsichtlich des laufenden Leistungsanspruchs ab 01.07.2009 ist ebenfalls ein Anordnungsanspruch nicht ersichtlich.
Der derzeitige Bedarf des Ast von 127, 43 EUR ist durch den voraussichtlichen Anspruch auf Wohngeld in Höhe von 135,00 EUR derzeit vollständig gedeckt. Die Berechnung der Ag ist bei kursorischer Prüfung nicht zu beanstanden. Der Ast kann sich auch nicht darauf berufen, dass er das Wohngeld tatsächlich nicht erhält. Einen entsprechenden Antrag hat die Ag bereits für ihn nach § 95 SGB XII gestellt. Da die Sozialhilfe gegenüber dem Wohngeldanspruch nachrangig ist, geht der Senat von einer Wirksamkeit der Antragstellung für den Ast aus. Der Anspruch ist damit jederzeit durchsetzbar und gewinnt - trotz der bislang noch nicht vorliegenden Bewilligungsentscheidung - damit die Qualität präsenter Mittel, die dem Ast bei der Bedarfsberechnung entgegen gehalten werden können. Hinsichtlich der Auszahlungsmodalitäten kann sich auch die Wohngeldstelle auf eine Auszahlung im Rathaus berufen.
In die Bedarfsberechnung ist derzeit noch nicht die Leistung von Krankenversicherungspflichtbeiträgen einzustellen.
Zwar geht der Senat davon aus, dass mit dem Wegfall der Hilfebedürftigkeit jedenfalls ab dem 01.07.2009, also mit Ablauf des letzten Bewilligungszeitraumes, ein Pflichtversicherungsverhältnis in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V entstanden ist.
Dem steht ein früherer Leistungsbezug nach dem SGB XII ebenso wenig entgegen wie ein möglicherweise ergänzender Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII i.V.m. § 264 Abs. 2 SGB V oder das Hinzutreten eines weiteren Bedarfs in Gestalt von Krankenversicherungsbeiträgen.
aa) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V muss für das Entstehen der Pflichtversicherung der Betreffende "zuletzt gesetzlich krankenversichert" gewesen sein. Dieses Merkmal dient der Abgrenzung zu den zuletzt privat krankenversicherten Personen. Das Erfordernis einer unmittelbar vorausgegangenen Pflichtversicherung ist hingegen nicht gemeint (LSG NRW, Beschluss vom 20.10.2008 - L 5 B 75/08 KR ER -). Der Ast stand nach derzeitigem Kenntnisstand zuletzt 1977 in einem Beschäftigungsverhältnis und steht seitdem im Sozialleistungsbezug, zuletzt seit 2005 nach dem SGB XII. Er war damit nach Aktenlage zuletzt gesetzlich krankenversichert im Sinne der Vorschrift.
bb) Auch § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V steht der Krankenversicherungspflicht nicht im Wege. Hiernach ist das Entstehen eines Pflichtversicherungsverhältnisses nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausgeschlossen für Empfänger von Leistungen u.a. nach dem 4. Kapitel des SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung).
Durch den unmittelbar realisierbaren Anspruch auf Wohngeld, der seinen derzeitigen Bedarf vollständig deckt, hat der Ast zur Zeit keinen Anspruch mehr auf laufenden Leistungen nach dem SGB XII.
Der mögliche ergänzende Anspruch auf Leistungen nach §§ 48 SGB XII, 264 Abs. 2 SGB V ist kein entgegenstehender Leistungsanspruch nach dem SGB XII. Die Ausschlussnorm des Abs. 8a erfasst gerade nicht die Hilfen zur Gesundheit nach dem 5. Kapitel des SGB XII und damit nicht die Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII. Als speziellere Ausschlussregel verdeutlicht Abs. 8a zugleich, dass der Anspruch auf Krankenhilfe zugleich nach dem gesetzgeberischen Willen keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfalle im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V darstellt. Soweit der Sozialhilfeträger von der in § 264 Abs. 2 SGB V beschriebenen Abwicklung der Krankenhilfe Gebrauch macht, ändert dies an der Qualität einer Leistung nach dem 5. Kapitel des SGB XII nichts (zum Vorstehenden siehe Hessisches LSG, Beschluss vom 07.02.2008 - L 8 KR 218/07 ER; Gerlach in Hauck/Haines, SGB V, § 5 Rd. 474 d).
cc) Unerheblich ist schließlich, dass mit dem Entstehen von Beitragsansprüchen der Krankenversicherung, die vom Renteneinkommen des Ast abzusetzen sind, der Bedarf den Wohngeldanspruch wieder übersteigt und damit erneut ein Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung im Alter (4. Kapitel SGB XII) entsteht. Denn die Entstehung dieses Anspruchs ist dem Entstehen des Krankenversicherungsverhältnisses für eine logische Sekunde nachgelagert. § 5 Abs. 8a Satz 3 SGB V, der den Ausschluss des Entstehens des Versicherungsverhältnisses auch für den Fall anordnet, dass laufende Ansprüche u.a. nach dem 4. Kapitel des SGB XII für weniger als einen Monat unterbrochen werden, ist hierauf nicht anwendbar. Er ist entsprechend einschränkend auszulegen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll ein Wechsel von der einen in die andere Absicherungsart für unverhältnismäßig kurze Zeit vermieden werden (BT-Drs. 16/ 4247, 29). Es soll nicht das Entstehen des Krankenversicherungsverhältnisses verhindert werden, wenn der Betroffene nur durch die Beitragsbelastung hilfebedürftig wird. § 32 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., Satz 3 SGB XII, der die Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen für Pflichtversicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (auch) dann vorsieht, wenn der Betroffene ausschließlich durch die Krankenversicherungsbeiträge hilfebedürtftig im Sinne des § 19 Abs. 1 SGB XII wird, würde leer laufen, wenn ein solches Krankenversicherungspflichtverhältnis durch die sofort wieder eintretende Hilfebedürftigkeit gehindert würde. Dies entspräche nicht der Zielsetzung des Gesetzgebers, möglichst alle Menschen in Versicherungssysteme zu integrieren (Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, § 32 Rd. 23). Dieser Auffassung ist der Vorzug gegenüber der Einschätzung zu geben, die Benennung der Versicherten nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in § 32 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sei schlicht sinnlos (so aber Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 32 Rd 7).
dd) Das vorbeschriebene Krankenversicherungsverhältnis entsteht kraft Gesetzes unabhängig von der noch vom Versicherten vorzunehmenden Anzeige (vergl. Gerlach in Hauck/Haines, SGB V, § 5 Rd. 473 a).
Es ist aber derzeit faktisch nicht durchführbar. Denn nach § 173 Abs. 5 SGB V wird dieses Verhältnis grundsätzlich mit der Krankenkasse begründet, bei der der Betroffene zuletzt versichert war. Diese Krankenkasse ist derzeit noch nicht ermittelt. Ob in dieser Situation ein Kassenwahlrecht entsteht, ist zweifelhaft. Jedenfalls sind derzeit noch keine präsenten Beitragsforderungen gegen den Ast gerichtet. Dies rechtfertigt, bei der Prüfung von Leistungsansprüchen im einstweiligen Rechtschutz solche Ansprüche noch nicht in die Bedarfsberechnung einzustellen.
Die Erklärung der Ag im Erörterungstermin vom 04.09.2009, bis zur Aufklärung des Krankenversicherungsverhältnisses Hilfe bei Krankheit subsidiär nach §§ 48 SGB XII , 264 Abs. 2 SGB V sicher zu stellen, lässt schließlich eine etwaige Eilbedürftigkeit auch insoweit entfallen.
Mit der tatsächlichen Geltendmachung von Beitragsansprüchjen durch die zuständige Krankenversicherung sind diese in die Bedarfsberechnung einzustellen und senken das zur Verfügung stehende Einkommen des Ast. Dementsprechend höhere Leistungen sind ihm anschließend zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Gründe:
I.
Im Streit steht die Art und Weise der Auszahlung bereits bewilligter und die Fortgewährung laufender Leistungen der Grundsicherung im Alter.
Der 1939 geborene Antragsteller (Ast) bezieht eine Rente in Höhe von 485,14 EUR brutto gleich netto. Er ist nicht als Rentner krankenversichert.
Die Antragsgegnerin (Ag) bewilligte dem Ast mit Bescheid vom 21.06.2008 ergänzende Grundsicherungsleistungen im Alter nach dem 4. Kapitel des SGB XII für die Zeit vom 01.07.2008 bis 30.06.2009 in Höhe von monatlich 127,43 EUR. Die Leistungen wurden monatlich durch Zahlungsanweisung zur Verrechnung an den Ast ausgekehrt. Mit Schreiben vom 29.10.2008 forderte die Ag den Ast auf ein Girokonto einzurichten, da die bisherige Zahlungspraxis von der zuständigen Kreiskasse X als Zahlstelle nicht mehr weiter geführt werden könne. Im Monat November 2008 erfolge noch eine Zahlung auf bisherige Weise. Ab Dezember 2008 sei diese Zahlungsform nicht mehr möglich.
Mit Schreiben vom 19.11.2008 forderte die Ag den Ast zudem unter Beifügung eines entsprechenden Antragformulars auf, für die Zeit ab 01.01.2009 einen Wohngeldantrag zu stellen. Der Anspruch auf Wohngeld übersteige voraussichtlich den Anspruch auf ergänzende Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII. Daher kündigte die Ag an, die Leistungen ab dem 01.01.2009 einzustellen. Eine Reaktion des Ast hierauf erfolgte erst mit Schreiben vom 19.01.2009, in welchem dieser die Ag aufforderte, die Leistungen für Dezember 2008 und Januar 2009 auszuzahlen.
Am 28.01.2009 beantragte die Ag für den Ast formlos Wohngeld bei der zuständigen Wohngeldstelle.
Mit Bescheid vom gleichen Tage hob die Ag den Bewilligungsbescheid vom 21.06.2008 für die Zeit ab 01.01.2009 auf. Durch die mögliche Gewährung von Wohngeld in Höhe von 135,00 EUR entfalle die Sozialhilfebedürftigkeit. Einen entsprechenden Antrag habe sie vorsorglich gestellt. Die Wohngeldstelle benötige allerdings noch einen formellen Antrag. Die Leistungen für Dezember 2008 könnten bar ausgezahlt oder aber auf ein Konto überwiesen werden.
Bei einem Hausbesuch am 11.02.2009 wies die Ag den Ast u.a. darauf hin, dass dieser nach ihrer Einschätzung seit dem 01.01.2009 nicht krankenversichert sei.
Gegen den Bescheid vom 28.01.2009 erhob der Ast am 18.02.2009 Widerspruch. Er sehe nicht ein, warum er Wohngeld beantragen müsse, obwohl er doch Anspruch auf Grundsicherungsleistungen habe. Wenn eine Zahlungsanweisung zur Verrechnung nicht möglich sei, dann solle man ihm die Leistungen postbar nach Hause schicken.
Mit Schreiben vom 18.03.2009 wies die Ag den Ast darauf hin, dass dieser mit dem Wegfall des Leistungsanspruchs nach dem SGB XII ab 01.01.2009 die Möglichkeit habe, sich nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern. Mit Abschluss dieser Versicherung sei er verpflichtet, Beiträge zu leisten. Bei der Bemessung des Bedarfs seien die Krankenversicherungsbeiträge anschließend zu berücksichtigen. Das Wohngeld sei dann nicht mehr ausreichend, um den Bedarf zu decken. Der Ast müsse daher keinen Wohngeldantrag stellen, sondern lediglich einen Antrag auf Krankenversicherung. Damit sei er rückwirkend ab dem 01.01.2009 krankenversichert und habe erneut Anspruch auf ergänzende Grundsicherungsleistungen.
Hierauf erwiderte der Ast, dass die Ag genau wisse, dass er ohnehin über die Grundsicherungsleistungen krankenversichert sei. Er habe daher keine Veranlassung, einen Antrag auf Krankenversicherung zu stellen. Wenn er sein Geld nunmehr nicht binnen fünf Tagen erhalte, werde er Klage bei Gericht erheben.
Am 16.06.2009 hat der Ast einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Die Ag sei zu verpflichten, die Grundsicherungsleistungen für die letzten vier Monate sofort auszuzahlen. Weiter hat der Ast eine Bescheinigung seines Vermieters vom 23.06.2008 vorgelegt, aus der sich ein Mietrückstand in Höhe von 751,46 EUR ergab. Im Einzelnen wurden von dem Vermieter eine restliche Miete für Juni 2008 in Höhe von 229,73 EUR, eine per Mahnbescheid geltend gemachte Nebenkostennachforderung von 14,13 EUR, Kosten des Mahnbescheides in Höhe von 23,00 EUR sowie die Mieten für Mai und Juni 2009 in Höhe von jeweils 242,30 EUR eingefordert.
Die Ag hat demgegenüber die Ansicht vertreten, dass der Ast wegen des Wohngeldes derzeit keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen habe. Die gewählte Auszahlungsmodalität - Angebot der Überweisung oder der Barauszahlung im Rathaus - sei nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften nicht zu beanstanden. Wohnsitz im Sinne des § 47 SGB I sei nicht gleichzusetzen mit der Wohnung des Hilfeempfängers.
Mit Bescheid vom 01.07.2009 hat die Ag sodann den Aufhebungsbescheid vom 28.01.2009 aufgehoben. Es ergebe sich ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 764,58 EUR für die Zeit vom 01.01.2009 bis 30.06.2009. Dieser Nachzahlungsbetrag werde in Höhe der rückständigen Mietforderung direkt an den Vermieter ausgekehrt. Den Restbetrag von 13,12 EUR wie auch die noch offene Zahlung für Dezember 2008 könne der Ast sich per Barscheck bei ihr auszahlen lassen.
Hiergegen hat sich der Ast am 08.07.2009 gegenüber dem Gericht mit dem Argument gewandt, er sei mit der Auskehr an den Vermieter nicht einverstanden. Die Ag könne ja gar nicht einschätzen, ob die von dem Vermieter geltend gemachte Forderung der Höhe nach berechtigt sei. Die gesamte Nachzahlung sei ihm per Scheck oder postbar nach Hause zu übersenden. Mit Schreiben vom 11.07.2009 hat der Ast zusätzlich geltend gemacht, dass die Ag ihm auch über den 30.06.2009 hinaus Leistungen bewilligen müsse.
Mit Beschluss vom 23.07.2009 hat das Sozialgericht den Antrag des Ast abgelehnt. Dieser habe keinen Anspruch auf Auskehr der Geldleistungen im Wege der Zahlungsanweisung zur Verrechnung. Die Aushändigung eines Barschecks am Wohnsitz des Ast genüge den Anforderungen des § 47 SGB I. Es seien keine Gründe ersichtlich, wegen derer der Ast nicht in der Lage sei, sich seine Leistungen im Rathaus der Ag abzuholen.
Auch habe die Ast die Nachzahlung in Höhe der Mietrückstände direkt an den Vermieter auskehren dürfen. Die Auszahlung an Dritte sei zulässig, soweit dies zur Sicherstellung der zweckentsprechenden Verwendung erforderlich sei. Der Ast habe verdeutlicht, dass er nicht bereit sei, die für ihn bereit gestellten Leistungen entgegen zu nehmen. Durch die Vermieterbescheinigung, die er selbst eingereicht habe, sei der Mietrückstand der Höhe nach belegt. Aus dem Umstand, dass bereits mehrere Monatsmieten an Rückstand aufgelaufen seien, drohe dem Ast die fristlose Kündigung. In dieser Situation sei die Auskehr an den Vermieter nicht ermessensfehlerhaft.
Hiergegen hat der Ast am 12.08.2009 Beschwerde erhoben. Er wohne in O. Dies sei 6 km von der eigentlichen Stadt C entfernt. Er habe Anspruch auf Grundsicherungsleistungen in Gestalt der Nachzahlung und der laufenden Leistungen. Diese Leistungen seien ihm kostenfrei ins Haus zu schicken.
In einem Erörterungstermin vor dem Landessozialgericht ist der Ast nicht erschienen. Er hat sein Fernbleiben anschließend entschuldigt.
Hinsichtlich des Ergebnisses der einseitigen Erörterung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 04.09.2009 verweisen.
Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Antragsgegnerin unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Münster vom 23.07.2009 vorläufig zu verpflichten, ihm die Nachzahlung von 764,58 EUR für die Zeit vom 01.01.2009 bis 30.06.2009 auszuzahlen, ihm über den 30.06.2009 hinaus laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter in bisheriger Höhe von 127,43 EUR monatlich zu gewähren und ihm diese Leistungen per Scheck oder postbar an seine Wohnadresse zu übermitteln.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält an ihrer bisherigen Rechtsauffassung fest. Der Begriff des Wohnsitzes beschreibe die politische Gemeinde und nicht den Stadtteil. Es sei dem Ast zumutbar, die Leistungen im Rathaus entgegen zu nehmen. Ein laufender Leistungsanspruch nach dem SGB XII sei nicht ersichtlich, da der Ast Anspruch auf Leistungen nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) habe, die er jederzeit durchsetzen könne. Der Ast könne nicht zwischen den Leistungen nach dem SGB XII und dem WoGG wählen, sondern müsse die letzteren vorrangig in Anspruch nehmen.
Im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin, die der Entscheidungsfindung ebenfalls zugrunde gelegen haben, verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Im Ergebnis zu Recht hat es das Sozialgericht abgelehnt, eine einstweilige Anordnung zugunsten des Ast zu treffen.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiell-rechtlichen Leistungsanspruches, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile und die damit verbundene Unzumutbarkeit, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander stehen, sondern dass eine Wechselwirkung derart besteht, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteiles zu verringern sind und umgekehrt. Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Ausgehend von diesen Grundsätzen war dem Antrag des Ast nicht zu entsprechen.
a) Hinsichtlich der geltend gemachten Nachzahlung fehlt es teilweise an einem Anordnungsanspruch, im übrigen an einem Anordnungsgrund.
Die Ag hat durch die Aufhebung des Aufhebungsbescheides vom 28.01.2009 die Wirksamkeit der ursprünglichen Leistungsbewilligung vom 21.06.2008 wieder hergestellt. Der Ast hatte daher einen Zahlanspruch auch für die Zeit vom 01.01.2009 bis 30.06.2009 in Höhe von 127,43 EUR monatlich, insgesamt 764,58 EUR. Dieser Zahlanspruch wäre im Hauptsacheverfahren mit einer allgemeinen Leistungsklage geltend zu machen und ist daher einem einstweiligen Regelungsantrag zugänglich.
aa) Die Ag kann jedoch jedenfalls in Höhe von 254,86 EUR den Einwand der Erfüllung erheben. Jedenfalls in dieser Höhe war sie bei kursorischer Prüfung zur Auskehr an den Vermieter berechtigt. Nach § 29 Abs. 1 Satz 6 SGB XII ist die Ag berechtigt, Leistungen für Unterkunft an den Vermieter auszuzahlen, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch den Leistungsempfänger nicht sicher gestellt ist. Der Leistungsempfänger ist hiervon zu unterrichten.
Die Nachzahlung betraf den Zeitraum vom 01.01. bis 30.06.2009. Innerhalb dieses Zeitraums sind - soweit aus der Bescheinigung des Vermieters vom 23.06.2009 ersichtlich - die Mieten für Mai und Juni 2009 in Höhe von jeweils 242,30 EUR offen geblieben. Insoweit hat der Ast seine Renteneinkünfte erkennbar vornehmlich zum Bestreiten seines sonstigen Lebensunterhaltes eingesetzt. Die auf diese Monate entfallende Nachzahlung von 254,86 EUR (2x127,43 EUR) ist daher vollständig als Kosten der Unterkunft zu bewerten.
Der Einsatz dieses Betrages durch den Ast ist nicht sicher gestellt gewesen. Der Senat geht hierbei zwar durchaus davon aus, dass der Ast diese Summe an den Vermieter weiter geleitet hätte. Allerdings ist nach seinem bisherigen Verhalten nicht davon auszugehen gewesen, dass er sich den Betrag im Rathaus der Antragsgegnerin abgeholt hätte.
In diesem Zusammmenhang ist festzustellen, dass der Ast keinen Anspruch darauf hat, dass die Leistungen an ihn per Scheck oder postbar ausgekehrt werden. Der Senat nimmt insoweit Bezug in entsprechender Anwendung des § 153 Abs. 2 SGG Bezug auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung, denen er sich nach eigener Prüfung anschließt. Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass auch dann nur eine Auszahlung am Wohnsitz im kommunalrechtlichen Sinne und damit zulässigerweise im Rathaus der Ag verlangt werden kann, wenn der Leistungsempfänger - wie vorgetragen - in einem entfernteren Stadtteil wohnt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Ast gesundheitlich nicht in der Lage ist, sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln von O ins Rathaus der Stadt C zu begeben.
bb) Ob auch die Auskehr der übrigen Nachzahlung bis zur Gesamthöhe des vom Vermieter eingeforderten Betrages nach § 17 Abs. 2 SGB XII an den Vermieter erfolgen konnte, kann dahin stehen. Denn diese restlichen Nachzahlungsbeträge fallen auf einen Zeitraum vor der erstinstanzlichen Eilantragstellung am 16.06.2009. Für die Geltendmachung von Leistungsansprüchen in der Vergangenheit fehlt es im Verfahren der Regelungsanordnung an einem Anordnungsgrund, wenngleich der Senat nicht verkennt, dass die faktische Vollstreckung aus Bewilligungsbescheiden durch Erhebung der allgemeinen Leistungsklage hierdurch erschwert wird und es zu Brüchen mit dem Verfahren auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtung eines Aufhebungsbescheides kommt.
b) Hinsichtlich des laufenden Leistungsanspruchs ab 01.07.2009 ist ebenfalls ein Anordnungsanspruch nicht ersichtlich.
Der derzeitige Bedarf des Ast von 127, 43 EUR ist durch den voraussichtlichen Anspruch auf Wohngeld in Höhe von 135,00 EUR derzeit vollständig gedeckt. Die Berechnung der Ag ist bei kursorischer Prüfung nicht zu beanstanden. Der Ast kann sich auch nicht darauf berufen, dass er das Wohngeld tatsächlich nicht erhält. Einen entsprechenden Antrag hat die Ag bereits für ihn nach § 95 SGB XII gestellt. Da die Sozialhilfe gegenüber dem Wohngeldanspruch nachrangig ist, geht der Senat von einer Wirksamkeit der Antragstellung für den Ast aus. Der Anspruch ist damit jederzeit durchsetzbar und gewinnt - trotz der bislang noch nicht vorliegenden Bewilligungsentscheidung - damit die Qualität präsenter Mittel, die dem Ast bei der Bedarfsberechnung entgegen gehalten werden können. Hinsichtlich der Auszahlungsmodalitäten kann sich auch die Wohngeldstelle auf eine Auszahlung im Rathaus berufen.
In die Bedarfsberechnung ist derzeit noch nicht die Leistung von Krankenversicherungspflichtbeiträgen einzustellen.
Zwar geht der Senat davon aus, dass mit dem Wegfall der Hilfebedürftigkeit jedenfalls ab dem 01.07.2009, also mit Ablauf des letzten Bewilligungszeitraumes, ein Pflichtversicherungsverhältnis in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V entstanden ist.
Dem steht ein früherer Leistungsbezug nach dem SGB XII ebenso wenig entgegen wie ein möglicherweise ergänzender Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII i.V.m. § 264 Abs. 2 SGB V oder das Hinzutreten eines weiteren Bedarfs in Gestalt von Krankenversicherungsbeiträgen.
aa) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V muss für das Entstehen der Pflichtversicherung der Betreffende "zuletzt gesetzlich krankenversichert" gewesen sein. Dieses Merkmal dient der Abgrenzung zu den zuletzt privat krankenversicherten Personen. Das Erfordernis einer unmittelbar vorausgegangenen Pflichtversicherung ist hingegen nicht gemeint (LSG NRW, Beschluss vom 20.10.2008 - L 5 B 75/08 KR ER -). Der Ast stand nach derzeitigem Kenntnisstand zuletzt 1977 in einem Beschäftigungsverhältnis und steht seitdem im Sozialleistungsbezug, zuletzt seit 2005 nach dem SGB XII. Er war damit nach Aktenlage zuletzt gesetzlich krankenversichert im Sinne der Vorschrift.
bb) Auch § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V steht der Krankenversicherungspflicht nicht im Wege. Hiernach ist das Entstehen eines Pflichtversicherungsverhältnisses nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausgeschlossen für Empfänger von Leistungen u.a. nach dem 4. Kapitel des SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung).
Durch den unmittelbar realisierbaren Anspruch auf Wohngeld, der seinen derzeitigen Bedarf vollständig deckt, hat der Ast zur Zeit keinen Anspruch mehr auf laufenden Leistungen nach dem SGB XII.
Der mögliche ergänzende Anspruch auf Leistungen nach §§ 48 SGB XII, 264 Abs. 2 SGB V ist kein entgegenstehender Leistungsanspruch nach dem SGB XII. Die Ausschlussnorm des Abs. 8a erfasst gerade nicht die Hilfen zur Gesundheit nach dem 5. Kapitel des SGB XII und damit nicht die Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII. Als speziellere Ausschlussregel verdeutlicht Abs. 8a zugleich, dass der Anspruch auf Krankenhilfe zugleich nach dem gesetzgeberischen Willen keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfalle im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V darstellt. Soweit der Sozialhilfeträger von der in § 264 Abs. 2 SGB V beschriebenen Abwicklung der Krankenhilfe Gebrauch macht, ändert dies an der Qualität einer Leistung nach dem 5. Kapitel des SGB XII nichts (zum Vorstehenden siehe Hessisches LSG, Beschluss vom 07.02.2008 - L 8 KR 218/07 ER; Gerlach in Hauck/Haines, SGB V, § 5 Rd. 474 d).
cc) Unerheblich ist schließlich, dass mit dem Entstehen von Beitragsansprüchen der Krankenversicherung, die vom Renteneinkommen des Ast abzusetzen sind, der Bedarf den Wohngeldanspruch wieder übersteigt und damit erneut ein Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung im Alter (4. Kapitel SGB XII) entsteht. Denn die Entstehung dieses Anspruchs ist dem Entstehen des Krankenversicherungsverhältnisses für eine logische Sekunde nachgelagert. § 5 Abs. 8a Satz 3 SGB V, der den Ausschluss des Entstehens des Versicherungsverhältnisses auch für den Fall anordnet, dass laufende Ansprüche u.a. nach dem 4. Kapitel des SGB XII für weniger als einen Monat unterbrochen werden, ist hierauf nicht anwendbar. Er ist entsprechend einschränkend auszulegen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll ein Wechsel von der einen in die andere Absicherungsart für unverhältnismäßig kurze Zeit vermieden werden (BT-Drs. 16/ 4247, 29). Es soll nicht das Entstehen des Krankenversicherungsverhältnisses verhindert werden, wenn der Betroffene nur durch die Beitragsbelastung hilfebedürftig wird. § 32 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., Satz 3 SGB XII, der die Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen für Pflichtversicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (auch) dann vorsieht, wenn der Betroffene ausschließlich durch die Krankenversicherungsbeiträge hilfebedürtftig im Sinne des § 19 Abs. 1 SGB XII wird, würde leer laufen, wenn ein solches Krankenversicherungspflichtverhältnis durch die sofort wieder eintretende Hilfebedürftigkeit gehindert würde. Dies entspräche nicht der Zielsetzung des Gesetzgebers, möglichst alle Menschen in Versicherungssysteme zu integrieren (Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, § 32 Rd. 23). Dieser Auffassung ist der Vorzug gegenüber der Einschätzung zu geben, die Benennung der Versicherten nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in § 32 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sei schlicht sinnlos (so aber Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 32 Rd 7).
dd) Das vorbeschriebene Krankenversicherungsverhältnis entsteht kraft Gesetzes unabhängig von der noch vom Versicherten vorzunehmenden Anzeige (vergl. Gerlach in Hauck/Haines, SGB V, § 5 Rd. 473 a).
Es ist aber derzeit faktisch nicht durchführbar. Denn nach § 173 Abs. 5 SGB V wird dieses Verhältnis grundsätzlich mit der Krankenkasse begründet, bei der der Betroffene zuletzt versichert war. Diese Krankenkasse ist derzeit noch nicht ermittelt. Ob in dieser Situation ein Kassenwahlrecht entsteht, ist zweifelhaft. Jedenfalls sind derzeit noch keine präsenten Beitragsforderungen gegen den Ast gerichtet. Dies rechtfertigt, bei der Prüfung von Leistungsansprüchen im einstweiligen Rechtschutz solche Ansprüche noch nicht in die Bedarfsberechnung einzustellen.
Die Erklärung der Ag im Erörterungstermin vom 04.09.2009, bis zur Aufklärung des Krankenversicherungsverhältnisses Hilfe bei Krankheit subsidiär nach §§ 48 SGB XII , 264 Abs. 2 SGB V sicher zu stellen, lässt schließlich eine etwaige Eilbedürftigkeit auch insoweit entfallen.
Mit der tatsächlichen Geltendmachung von Beitragsansprüchjen durch die zuständige Krankenversicherung sind diese in die Bedarfsberechnung einzustellen und senken das zur Verfügung stehende Einkommen des Ast. Dementsprechend höhere Leistungen sind ihm anschließend zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved