L 7 AS 41/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 5 AS 297/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 41/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerinnen werden die Urteile des Sozialgerichts Dortmund vom 12.02.2008 abgeändert. Die Bescheide der Beklagten vom 04.04.2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17.07.2007 werden aufgehoben. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen für beide Rechtszüge. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerinnen fechten mit ihrer Klage jeweils einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten an. Dieser betrifft den Leistungszeitraum vom 01.01.2005 bis zum 30.11.2006.

1. Die 1951 geborene erwerbsfähige Klägerin zu 1) ist gelernte Friseurin. Sie ist die Mutter der 1995 geborenen Klägerin zu 2). Beide leben in einer gemeinsamen Wohnung, zusammen mit dem 1944 geborenen Q X, dem Ehemann der Klägerin zu 1) und Vater der Klägerin zu 2). Die Wohnung der Klägerinnen hat 6 Zimmer und ist 180 qm groß. Herr X bezieht eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Erwerbsminderung; im Oktober 2004 betrug diese 351,07 EUR monatlich. Der 1986 geborene gemeinsame Sohn E wohnte ebenfalls in dieser Wohnung; er bezog bis Ende November 2006 als eigenständige "Bedarfsgemeinschaft" Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II und wurde in die Bedarfsgemeinschaft der Klägerinnen ab dem 01.12.2006 aufgenommen.

2. Die Klägerin zu 1) beantragte für sich und die Klägerin zu 2) am 14.10.2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II bei der Beklagten.

Zu diesem Zeitpunkt pflegte die Klägerin zu 1) die in ihrem Haushalt lebende und 1932 geborene Frau U (verstorben 2008). Grundlage hierfür war eine Familienpflegevereinbarung mit dem X Wohnverbund M. Danach werden Leistungen analog zu den Leistungen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe gezahlt; Grundlage dieser Leistungen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe sind die "Richtlinien des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe für die Familienpflege erwachsener behinderter Menschen". Es wurde eine "Betreuungspauschale" an die Gastfamilie, die die Pflegeperson aufnimmt und pflegt, in Höhe von insgesamt 785 EUR (gerundet) monatlich gezahlt. Nach § 7 der Familienpflegevereinbarung zahlt die Pflegeperson dieses monatliche Betreuungsgeld "am ersten Kalendertag eines jeden Monats auf das Konto der Gastfamilie".

Die monatliche Betreuungspauschale an die Gastfamilien bestand aus folgenden Positionen:

"Verpflegungsgeld" (210,93 EUR),
"Unterkunftskosten" (214,98 EUR) sowie
"Betreuungsgeld" (358,75 EUR).

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe bewilligt Betreutes Wohnen in Gastfamilien für erwachsene behinderte Menschen, die nach § 53 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) Anspruch auf Eingliederungshilfeleistungen haben. Das betreute Wohnen in Gastfamilien (BWF) wird dabei als besondere Form des Ambulant Betreuten Wohnens betrachtet.

Zum 01.01.2005 nahm die Klägerin zu 1) zusätzlich auch den 1933 geborenen Herrn N mit in ihren Haushalt auf, um diesen zu pflegen. Aufgrund der Familienpflegevereinbarung mit dem Wohlfahrtsverband Westfalen-Lippe erhielt sie für die Pflege des Herrn N eine Betreuungspauschale in Höhe von 838 EUR (gerundet) monatlich. Die erste Überweisung erfolgte bereits im Januar 2005. Diese monatliche Betreuungspauschale für den Herrn N setzt sich zusammen aus "Verpflegungsgeld" (212,52 EUR), "Unterkunftskosten" (266,00 EUR) und ferner "Betreuungsgeld" (358,75 EUR).

Die Klägerinnen teilten der Beklagten die Aufnahme der beiden Pflegepersonen in ihren Haushalt nicht mit. Im Mai und Juni 2005 teilte die Klägerin zu 1) der Beklagten mit, dass sie im April und Mai 2005 "kein Nebeneinkommen" gehabt habe.

3. Die Beklagte bewilligte den Klägerinnen ab dem 01.01.2005 bis zum 30.11.2006 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Mit folgenden Bescheiden wurden den Klägerinnen folgende Leistungen bewilligt:

Bescheid vom - Zeitraum - Leistungshöhe insgesamt monatlich:

24.01.2005 - 01.01. - 31.03.2005 - 456,67 EUR
30.06.2005 - 01.04. - 30.06.2005 - 541,48 EUR
28.07.2005 - 01.07. - 31.12.2005 - 507,98 EUR
15.12.2005 - 01.01. - 30.06.2006 - 507,98 EUR
13.06.2006 - 01.07. - 31.07.2006 - 507,98 EUR
05.07.2006 - 01.08. - 30.11.2006 - 486,18 EUR
19.07.2006

Die tatsächlichen Zahlbeträge und später zurückgeforderten Leistungen waren nach Angabe der Beklagten in den Widerspruchsbescheiden vom 17.07.2007 in dem Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 30.11.2006 zum Teil niedriger. Wegen der konkreten Zahlbeträge wird auf Blatt 210 bis 226 der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Bei der Leistungsberechnung ging die Beklagte jeweils davon aus, dass die Klägerinnen eine Bedarfsgemeinschaft bildeten. Die Beklagte nahm an, dass der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 819,48 EUR, für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.07.2006 785,98 EUR und für die Zeit vom 01.08.2006 bis 30.11.2006 764,18 EUR betrage. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der jeweiligen Bewilligungsbescheide verwiesen.

Den Widerspruch der Klägerin zu 1) gegen den Bescheid vom 24.01.2005 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.04.2005 zurück. Den Widerspruch der Klägerin zu 1) gegen den Bescheid vom 15.12.2005 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2006 zurück. Die Klägerin zu 1) erhob hiergegen jeweils keine Klage.

4. Im Juni 2006 erfuhr die Beklagte, dass im Haushalt der Klägerin zu 1) zwei weitere Personen wohnen. Im Laufe der Ermittlungen stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin aufgrund ihrer Pflegetätigkeit in jedem Monat Geldbeträge vom Wohlfahrtsverband Westfalen-Lippe in der vorgenannten Höhe erhält.

Mit Schreiben vom 20.03.2007 wies die Beklagte beide Klägerinnen darauf hin, dass sie in der Zeit vom 01.01.2005 bis zum 30.11.2006 Arbeitslosengeld II in Höhe von 10.744,90 EUR zu Unrecht bezogen hätten, weil das Betreuungsgeld und die Unterkunftskosten nicht angerechnet worden seien. Die gesamten Leistungen ab Antragstellung seien zurückzufordern. Die Klägerinnen erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30.03.2007. Sie erwiderten, der Westfälische Wohnverbund habe ihnen mitgeteilt, dass die Leistungen nach dem Einkommensteuergesetz und nach dem SGB II nicht anrechnungsfähig seien. Im Übrigen sei die gewährte Pflegeleistung im Gegensatz zu einer stationären Pflege derart niedrig bemessen, dass kein Beitrag in erheblichem Umfang übrig bleibe.

Mit Bescheiden vom 04.04.2007 hob die Beklagte ihre Bewilligungsentscheidungen für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.11.2006 ganz auf und forderte von der Klägerin zu 1) 7.565,48 EUR und von der Klägerin zu 2) 3.179,42 EUR zurück.

Dagegen erhob die Klägerin zu 1) mit Schreiben vom 17.04.2007 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 17.07.2007 als unbegründet zurückwies. Zur Begründung führte die Beklagte aus: Die aufgrund der Familienpflegevereinbarung erhaltene Vergütung sei als Einkommen der Klägerinnen auf den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft jedenfalls teilweise anzurechnen. Denn es handele sich um keine Pflege von Familienangehörigen, so dass nicht von privilegiertem Einkommen auszugehen sei. Lediglich das in der Betreuungspauschale enthaltene Verpflegungsgeld sei als zweckgebundene Einnahme zu behandeln und nicht auf den Bedarf der Klägerin anzurechnen. Die Unterkunftskosten seien "mietmindernd bei der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen". Die Bewilligungsentscheidungen seien ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Ein etwaiges Verschulden sei nicht erforderlich, da während des Leistungsbezugs Einkommen erzielt worden sei, was zum Wegfall des Anspruchs geführt habe.

5. Mit den am 16.08.2006 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund erhobenen Klagen haben die Klägerinnen ihr Begehren weiter verfolgt. Sie haben vorgetragen, dass die durch die Pflegetätigkeit erzielten Einkünfte in vollem Umfang als zweckgebundene Einnahmen zu behandeln und daher auch nicht auf ihren Bedarf als Einkommen anzurechnen seien. Jedenfalls dürfe sie auf den Bestand der Bewilligungsbescheide vertrauen, da ihr kein Vorwurf gemacht werden könne, grob fahrlässig falsche bzw. unvollständige Angaben gemacht zu haben.

Das Sozialgericht hat die Klagen als zwei eigenständige Verfahren geführt und mit Urteil vom 12.02.2008 jeweils abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 04.04.2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17.07.2007 seien rechtmäßig. Die Ermächtigungsgrundlage für die darin geregelte Aufhebung der ursprünglichen Bewilligungen für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 30.11.2006 seien § 40 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 330 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Denn bereits die erste Bewilligung der Beklagten sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, weil sie trotz fehlender Hilfebedürftigkeit aufgrund von unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben der Klägerin zu 1) zu ihrer Einkommenssituation erfolgt sei. Der angefochtene Bescheid ändere sich vorliegend nicht in seinem Verfügungssatz, wenn er nicht - wovon die Beklagte ausgegangen sei - auf § 48 Abs. 1 SGB X statt - was zutreffend sei - auf § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X gestützt werde. Die Erstattungspflicht ergebe sich aus § 50 Abs. 1 SGB X.

Die Klägerinnen seien im streitigen Zeitraum aufgrund des von der Klägerin zu 1) erzielten Einkommens nicht hilfebedürftig gewesen. Denn die Klägerin zu 1) habe im streitigen Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.11.2006 durchgehend Einkommen erzielt, bei dessen Anrechnung nicht nur der Bedarf der Klägerin zu 1), sondern sogar der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft, der die Klägerin zu 2) angehöre, vollumfänglich gedeckt werde. Die Klägerin zu 1) habe aufgrund der beiden Familienpflegevereinbarungen mit dem Wohlfahrtsverband Westfalen-Lippe insgesamt 1.788,70 EUR monatlich an Einnahmen erzielt. Von diesem Betrag dürfte lediglich ein Teilbetrag in Höhe von insgesamt 423,45 EUR als zweckbestimmte Einnahme zu behandeln sein, wovon die Beklagte bei Erlass der angefochtenen Entscheidung ebenfalls ausgegangen sei. Dieser betreffe das in der Familienpflegevereinbarung bezeichnete Verpflegungsgeld. Denn dieser Anteil sei nach den Angaben der Klägerin zu 1) nahezu vollständig für die Verpflegung der beiden zu pflegenden Personen verbraucht worden. Nach Abzug des oben genannten Betrages verbleibe ein Betrag in Höhe von 1.365,25 EUR monatlich, der berücksichtigungsfähiges Einkommen darstelle.

Die Behandlung der gesamten Betreuungspauschale als zweckbestimmte Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II komme nicht in Betracht. Denn die vom Wohlfahrtsverband Westfalen-Lippe gezahlten Betreuungspauschalen, ausgenommen des darin enthaltenen Verpflegungsgeldes, dienten nicht einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II.

Ein anderes Ergebnis ergebe sich auch nicht daraus, dass das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 29.03.2007 (B 7 b AS 12/06 R) die Auffassung vertreten habe, das Pflegegeld gemäß § 39 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) diene einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II. Denn das von dem Wohlfahrtsverband Westfalen-Lippe gezahlte Geld (mit Ausnahme des Verpflegungsgeldes) solle nicht den zu pflegenden Personen, sondern gerade den Pflegepersonen zukommen. Das als Betreuungspauschale gezahlte Geld sei der Vergütung für die von der Klägerin im Rahmen der Pflegeverhältnisse verrichteten Tätigkeiten gleichzusetzen. Es sei kein Unterschied zu machen zwischen der Vergütung einer Pflegeperson, die im Pflegeheim bzw. bei der ambulanten Pflege tätig ist, und dem vom Wohlfahrtsverband Westfalen-Lippe als Betreuungspauschale gezahlten Geld für die Tätigkeiten, die die Klägerin zu 1) im Rahmen der Pflegeverhältnisse verrichtet habe.

Die Klägerinnen könnten sich nicht auf Vertrauen hinsichtlich des Bestands der durch die angegriffene Entscheidung zurückgenommenen Bewilligungsentscheidungen der Beklagten berufen. Denn die zurückgenommenen Bewilligungsbescheide beruhten auf Angaben, die die Klägerin zu 1) zumindest groß fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig bzw. unvollständig gemacht habe. Denn die Klägerin zu 1) habe weder bei der AntragsteIlung noch bei den Fortzahlungsanträgen der Beklagten mitgeteilt, dass sie bei sich im Haushalt zwei Personen zur Pflege aufgenommen habe und dafür monatlich erhebliche Geldbeträge vom Wohlfahrtsverband Westfalen-Lippe erhalte. Die Nichtbeantwortung bzw. die unvollständige Beantwortung einer im Antrag gestellten Frage begründe im allgemeinen grobe Fahrlässigkeit, wenn diese Frage so abgefasst sei, dass der Antragsteller den Inhalt der Frage ohne weiteres verstehen konnte. Im Antragsformular auf Arbeitslosengeld II werde im VI. Abschnitt unter anderem gefragt, ob der Antragsteller bzw. die mit ihm im Haushalt lebenden Angehörigen Einnahmen erzielen. Ferner werde im Antragsformular unmittelbar davor darauf hingewiesen, dass als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen seien. Die Klägerin zu 1) habe trotz dieser klar gefassten Frage unterlassen, der Beklagten im Antrag mitzuteilen, dass sie monatlich über erhebliche Einnahmen in Geld verfügte.

Der Vortrag der Klägerin zu 1), sie habe bereits bei der Bundesagentur für Arbeit angegeben, dass sie Frau U pflege, schließe grobe Fahrlässigkeit nicht aus. Die Kenntnis der Bundesagentur für Arbeit sei unerheblich, weil es sich um verschiedene Leistungsträger und damit um verschiedene Behörden handele. Ferner führe der Umstand, dass die Klägerin zu 1) davon ausgegangen sei, das als Betreuungspauschale gezahlte Geld sei nicht als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II zu werten, ebenfalls nicht zum Ausschluss der groben Fahrlässigkeit. Dem Antragsformular habe sich eindeutig entnehmen lassen, dass als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu nennen sind.

6. Gegen diese ihnen am 26.03.2008 zugestellten Urteile des SG haben die Klägerinnen am 25.04.2008 Berufung erhoben. Sie sind nach wie vor der Auffassung, die Betreuungspauschalen seien insgesamt nicht als Einkommen anspruchsvernichtend bzw. -mindernd zu berücksichtigen.

Mit Beschluss vom 03.11.2008 hat der Senat die beiden Streitsachen der Klägerinnen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Klägerinnen beantragen,

die Urteile des Sozialgerichts Dortmund vom 12.02.2008 abzuändern und die beiden Bescheide der Beklagten vom 04.04.2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17.07.2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide nach wie vor für rechtmäßig.

Der Senat hat von dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe eine schriftliche Auskunft insbesondere zu den Rechtsgrundlagen und dem Zweck der Leistungen eingeholt, die aufgrund der Betreuungspauschale gewährt werden. Wegen des Inhaltes wird auf Blatt 153 ff. der Gerichtsakte verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerinnen ist zulässig und begründet. Das SG hat ihre Klagen gegen die beiden Aufhebungs- und Erstattungsbescheide der Beklagten vom 04.04.2007 (in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17.07.2007) zu Unrecht abgewiesen. Denn diese sind rechtswidrig.

1. Als Ermächtigungsgrundlage für die darin geregelte Aufhebung der ursprünglichen Leistungsbewilligungen für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 30.11.2006 kommt - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - allein die Regelung des § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 SGB X (i.V.m. § 40 Abs. 1 SGB II) in Betracht. Die Norm des § 48 SGB X (vgl. zur Abgrenzung zuletzt Geiger info also 2009, S. 147) scheidet entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten von vornherein aus, weil eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nach Erlass der Leistungsbescheide nicht vorliegt.

2. Entgegen der Rechtsauffassung des SG und der Beklagten sind die Leistungsbescheide jedoch nicht rechtswidrig, so dass die Beklagte sie nicht gemäß § 45 SGB X zurücknehmen durfte. Denn die Klägerinnen waren im streitigen Leistungszeitraum hilfebedürftig gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 Abs. 1 und 2 SGB II; die übrigen Anspruchsvoraussetzungen stehen nicht im Streit. Die Betreuungspauschale, die der X Wohnverbund M der Klägerin zu 1) für die Pflege von zwei zu pflegenden Menschen gewährte, ist kein zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne des § 11 SGB II.

Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II ist zur Berechnung des individuellen Leistungsanspruchs der beiden Klägerinnen einerseits der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft und andererseits deren Gesamteinkommen zu ermitteln. Der Gesamtbedarf der Klägerinnen hatte der Senat nicht abschließend zu ermitteln und festzustellen. Denn Gegenstand der Anfechtungsklage der Klägerinnen sind nicht die ursprünglichen (und mittlerweile bestandskräftigen) Leistungsbewilligungen, sondern zwei Aufhebungs- und Erstattungsentscheidungen der Beklagten. Diese Entscheidungen sind rechtswidrig, weil das Einkommen der Klägerinnen entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ohne Berücksichtigung der Betreuungspauschalen zu bestimmen war, die der X Wohnverbund M der Klägerin zu 1) für die Aufnahme und Pflege von Frau U und Herrn N jeweils zahlte. Diese Betreuungspauschalen gehören nicht zu dem zu berücksichtigenden Einkommen gemäß § 11 SGB II.

Betreuungspauschalen sind Einnahmen in Geld und gehören damit zu dem Einkommen im Sinne des § 11 SGB II.

Sie sind aber gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II (i.d.F. des Kommunalen Optionsgesetz vom 30.07.2004, BGBl. I S. 2014) nicht zu berücksichtigen.

Diese Regelung bestimmt, dass Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

Die Betreuungspauschalen, die der X Wohnverbund Lippstadt-Benninghausen der Klägerin zu 1) für die Aufnahme und Pflege von Frau U und Herrn N jeweils zahlte, diente entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten und des SG in vollem Umfang einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II.

a) Durch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den §§ 19 ff SGB II soll (lediglich) das soziokulturelle Existenzminimum der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen sichergestellt werden, wobei diese Leistungen gemäß § 3 Abs. 3 SGB II nur erbracht werden sollen, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann. Zweck der Leistung ist mithin eine Basissicherung, solange und soweit ein an sich erwerbsfähiger Hilfebedürftiger keine Arbeitsstelle finden kann, mit der er selbst seinen Unterhalt zu decken in der Lage ist (BSG, Urteil vom 29.03.2007, B 7b AS 12/06 R, SozR 4-4200 § 11 Nr. 3).

b) Die Betreuungspauschale soll von seiner Zweckrichtung her den zu pflegenden Personen und nicht den Pflegepersonen zukommen, um deren existenzielle Sicherung nach dem SGB II es hier geht. Dies gilt entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten und des SG für alle drei Komponenten der Betreuungspauschale.

aa) Das "Verpflegungsgeld" (210,93 EUR monatlich) erhält die Gastfamilie, um die Verpflegung des zu pflegenden Menschen sicherzustellen. Dies ergibt sich bereits aus der Bezeichnung dieser Leistung, ferner aus der durch den Senat eingeholten schriftlichen Auskunft des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe vom 25.05.2009. Dort wird ausgeführt, dass das Betreute Wohnen in Gastfamilien sich aus einer Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des Dritten Kapitels des SGB XII ergibt und ferner - hier nicht relevant - aus einer fachlichen Hilfe gemäß §§ 53 ff. SGB XII in Verbindung mit § 55 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Die Hilfe zum Lebensunterhalt erhalte die Gastfamilie, um damit den Lebensunterhalt des zu pflegenden Menschen sicherzustellen. Diese Zielsetzung ist bei dem "Verpflegungsgeld" offenkundig.

bb) Auch die "Unterkunftskosten" (214,98 EUR) dienen entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten einem anderen Zweck als die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.

Denn die Unterkunftskosten sollen sicherstellen, dass der zu pflegende Mensch durch seine Gastfamilie angemessenes Obdach erhält. Dies ergibt sich - wieder - unmittelbar aus der Bezeichnung dieser Leistung selbst. Mit ihr soll erkennbar dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Gastfamilie aufgrund der Aufnahme des zu pflegenden Menschen einen erhöhten Raum- und Platzbedarf und damit erhöhte Unterkunftskosten hat. Folgte man der Rechtsauffassung der Beklagten, würde der existenzielle Bedarf des zu pflegenden Menschen nach Unterkunft letztlich durch die Grundsicherungsleistungen des SGB II finanziert. Diese "Quersubvention" entspricht ersichtlich nicht den Wertungen des SGB II. Denn der zu pflegende Mensch gehört hier nicht zu der Bedarfsgemeinschaft der Klägerinnen, weil ein Tatbestand des § 7 Abs. 3 SGB II nicht erfüllt ist. Damit scheidet es aus, dass Bedarfe des zu pflegenden Menschen, der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII hat, im Ergebnis durch Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II befriedigt werden.

Da die "Unterkunftskosten" in Höhe von 214,98 EUR ungeachtet der konkreten Wohnverhältnisse pauschaliert gewährt werden, ist es unschädlich, wenn die tatsächlichen Unterkunftskosten, die die Gastfamilie für den zu pflegenden Menschen und seinen Raumbedarf aufbringen muss, im Einzelfall geringer als die Pauschale ausfallen sollten.

cc) Auch das "Betreuungsgeld" (358,75 EUR monatlich) dient schließlich einem anderen Zweck als die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.

Das Betreuungsgeld stellt nach Ziffer 6.2.1 der "Richtlinien des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe für die Familienpflege erwachsener behinderter Menschen" eine "Entschädigung für den Betreuungsaufwand" dar. Diese "Entschädigung" wird in Höhe von 175 % des Pflegegeldes nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB XI geleistet (Richtlinien a.a.O.). Nach der vom Senat ausgeholten Auskunft des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe vom 25.05.2009 wurde beim Betreuungsgeld 175 % des Pflegegeldes als Pauschale zugrundegelegt, weil die Gastfamilie den zu pflegenden Menschen sieben Tage die Woche betreut.

Die Bezeichnung "Entschädigung für den Betreuungsaufwand" legt es nahe, bei der Bestimmung der Zielsetzung des Betreuungsgeldes den Fokus auf die Pflegeperson - als Empfängerin dieses Betreuungsgeldes - zu richten und dort zu fragen, ob die "Entschädigung" deren Lebensunterhalt sicherstellen soll.

Diese Blickrichtung wird jedoch der Zielsetzung des Betreuungsgeldes nicht gerecht. Denn bei der Bestimmung der Zielsetzung diese Leistung ist nicht zu fragen, welchen Zweck sie bei der Pflegeperson erfüllt, sondern welchen Zweck sie bei dem zu pflegenden Menschen verwirklicht. Darauf kommt es deshalb an, weil es sich um eine Sozialleistung gemäß § 11 SGB I handelt, die dem zu pflegenden Menschen und nicht der Pflegeperson gewährt wird; letztere wird nur reflexhaft begünstigt.

Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Dieser Anspruch setzt voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die entsprechende Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise sicherstellt (§ 37 Abs. 1 Satz 2 SGB XI). Dies verdeutlicht, dass das Betreuungsgeld darauf gerichtet ist, genauso wie das Pflegegeld gemäß § 37 SGB XI den besonderen Bedarf des zu pflegenden Menschen sicherzustellen, der aus seiner Pflegebedürftigkeit resultiert. Zweck des Betreuungsgeldes ist damit die Befriedigung des Pflegebedarfes des pflegebedürftigen Menschen, der dies auch beanspruchen kann. Diese rechtliche Zuordnung bringt zum Ausdruck, dass die Gewährung des Betreuungsgeldes nicht den Zweck hat, das Einkommen der Pflegeperson zu vermehren. Das Betreuungsgeld ist vielmehr für die Kosten der Pflege des zu pflegenden Menschen bestimmt. Bei der Aufnahme in eine Gastfamilie wird dieser Pflegebedarf nicht durch professionelle Pflegekräfte, sondern durch den Pflegeeinsatz der Gastfamilie erfüllt. Diese vermittelt dem zu pflegenden Menschen die Befriedigung seines Pflegebedarfes. Nach der Auskunft des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe vom 25.05.2009 führt diese besondere Form der Leistungserbringung gegenüber der sonst notwendigen stationären Betreuung zu einer Kostenersparnis von 1.000 EUR pro zu pflegender Person und Monat.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass das Pflegegeld (§ 37 SGB XI) bei einkommensabhängigen Leistungen gemäß § 13 Abs. 5 SGB XI unberücksichtigt bleiben muss (vgl. Udsching, SGB XI, 2. Auflage 2000, § 37 Rn. 2). Das Betreuungsgeld hat aus den genannten Gründen eine funktionelle Nähe zum Pflegegeld, so dass eine Gleichbehandlung (auch) deshalb angezeigt ist.

Die im Betreuungsgeld enthaltene "Anreizfunktion" ändert nichts an dem hier gewonnenen Ergebnis. Denn sie dient nicht vorrangig dem Zweck, den Lebensunterhalt der zu pflegenden Personen sicherzustellen. Es war beabsichtigt, durch die verbesserten materiellen Leistungen breitere Bevölkerungsschichten zur Aufnahme von fremden zu pflegenden Personen zu motivieren (vgl. BSG a.a.O. zum Erziehungsbeitrag gemäß § 39 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII)). Diese Anreizfunktion beizubehalten ist auch bei Personen, die im SGB II-Leistungsbezug stehen, geboten (BSG a.a.O.). Die Anreizfunktion gibt dem Betreuungsgeld jedenfalls nicht das Gepräge.

Schließlich spricht mittlerweile auch der Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung dafür, die Betreuungspauschale im SGB II nicht als Einkommen zu behandeln. Denn die an die Gastfamilien gezahlten Beträge sind mittlerweile steuerfreie Einnahmen gemäß § 3 Nr. 10 Einkommensteuergesetz (i.d.F. ab dem 01.01.2009). Danach sind steuerfrei Einnahmen einer Gastfamilie für die Aufnahme eines behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen nach § 2 Abs. 1 SGB IX zur Pflege, Betreuung, Unterbringung und Verpflegung, die auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen. Diese Regelung soll nach ihrer Entstehungsgeschichte alle Einnahmen aus einer derartigen Tätigkeit erfassen (so BT-Drucksache 16/11108, S. 14).

Dies gilt allerdings nur, soweit die Pflege auf Dauer angelegt und nicht erwerbsmäßig betrieben ist. Erwerbsmäßigkeit wird angenommen, wenn Pflegegeld und Erziehungsbeitrag die wesentliche Erwerbsgrundlage darstellen (BSG a.a.O.).

Dies ist hier weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Höhe des Betreuungsgeldes selbst reicht bei einer zu pflegenden Person zudem nicht aus, den Lebensunterhalt der Pflegeperson sicherzustellen. Jedenfalls ist hier nicht zu erkennen, dass die Pflege derart professionell betrieben wird (von der Anzahl der zu pflegenden Personen und der Einrichtung des Hauses her), dass die Pflege eine dauerhafte Erwerbsquelle für die Pflegeperson darstellt (vgl. BSG a.a.O.; vgl. jetzt auch BSG, Terminbericht Nr. 38/09 zum Urteil des 4. Senats des BSG vom 01.07.2009, B 4 AS 9/09 R, abrufbar unter www.bundessozialgericht.de). Die Klägerin zu 1) ist nach ihren glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung gelernte Friseurin, die sich ihre pflegerischen Kenntnisse im Wesentlichen selbst angeeignet hat. Nach den Richtlinien des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe für die Familienpflege erwachsener behinderter Menschen (dort Ziffer 1.) darf eine Gastfamilie zudem höchstens zwei Personen zur Pflege aufnehmen, so dass auch deshalb eine erwerbsmäßige Pflegetätigkeit ausscheidet.

3. Die beiden Aufhebungs- und Erstattungsbescheide der Beklagten vom 04.04.2007 sind zudem auch deshalb rechtswidrig, weil die Klägerinnen auf den Bestand der Leistungsbescheide vertrauen durften.

Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X, unter denen eine Berufung auf Vertrauensschutz ausscheidet, liegen zur Überzeugung des Senats nicht vor.

Denn die Leistungsbescheide beruhen nicht auf Angaben, die die Klägerin zu 1) vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). Der Klägerin zu 1) war eine (unterstellte) Rechtswidrigkeit der Leistungsbescheide auch weder bekannt noch in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Mangels Verschulden bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis scheidet deshalb auch eine Verschuldens- oder Wissenszurechnung gegenüber der Klägerin zu 2), der eine eigenes schuldhaftes Verhalten ersichtlich nicht vorzuhalten ist, aus, so dass der Senat die Rechtsgrundlage(n) für eine derartige Zurechnung nicht näher zu betrachten hatte.

Die Klägerin zu 1) hat vorgetragen, der Westfälische Wohnverbund habe ihr mitgeteilt, dass die Leistungen nach dem Einkommensteuergesetz und nach dem SGB II nicht anrechnungsfähig seien. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin zu 1) glaubhaft ergänzt, dass sie bei ihrem Antrag auf Arbeitslosenhilfe ihre Einkünfte aus der Pflegetätigkeit (für Frau U) angegeben habe; eine Anrechnung dieser Einkünfte sei im Rahmen der Arbeitslosenhilfe aber nicht erfolgt. Der Klägerin zu 1) (und damit auch der Klägerin zu 2) kann eine grob fahrlässige Unkenntnis bzw. Verschulden deshalb nicht vorgehalten werden. Denn grobe Fahrlässigkeit liegt nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Die erforderliche Sorgfalt verletzt, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (Schütze in: von Wulfen, SGB X, 6. Auflage 2008 § 45 Rn. 52 m.w.N. zur Rspr. des BSG). Dies ist angesichts der vorgenannten Umstände zur Überzeugung des Senats bei dem Verhalten der Klägerin zu 1) nicht festzustellen. Hierbei ist zudem ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen (Schütze a.a.O.). Es mag fahrlässig sein, dass die Klägerin zu 1) die Einkünfte aus der Pflegetätigkeit nicht auch der Beklagten gegenüber noch einmal angegeben hat. Eine grobe Fahrlässigkeit kann ihr aber nicht vorgehalten werden. Es ist nachvollziehbar, dass sie als gelernete Friseurin und damit ohne sozialrechtliche Fachkenntnisse davon ausging, die Einkommensanrechnung werde im Sozialrecht einheitlich vorgenommen.

4. Da die Beklagte zur Leistungsaufhebung nicht befugt war, war sie auch zur Rückforderung der Leistungen gemäß § 50 SGB X nicht berechtigt.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

6. Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht. Mit der bereits vorliegenden und wiedergegebenen Rechtsprechung des BSG lassen sich die hier aufgeworfenen Rechtsfragen beantworten; im Übrigen waren Tatsachen zu würdigen.
Rechtskraft
Aus
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