L 11 KR 96/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 28 KR 121/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KR 96/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 17.10.2007 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erstattung von für die Beschaffung eines Patientenlifters aufgewandten Kosten.

Der 1965 geborene Kläger leidet seit seiner Geburt an einer schweren geistigen und körperlichen Behinderung unklarer Ursache mit hochgradiger Bewegungseinschränkung bei Tetraspastik, schweren Wahrnehmungsstörungen und Schluckstörungen, fehlendem Sprachvermögen, einer vollständigen Urin- und Stuhlinkontinenz sowie an einem schweren cerebralen Krampfleiden mit häufigen fokalen und generalisierten Krampfanfällen. Er lebt seit seinem 4. Lebensjahr im N-Haus, das Wohnangebote für Menschen mit Behinderungen in H anbietet. Träger dieser Einrichtung ist die Beigeladene zu 2). Von der Beigeladenen zu 1) erhält der Kläger Behindertenhilfe i.S.d. § 43a Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI).

Am 24.11.2005 beantragte die Firma L Reha- und Orthopädie-Technik für den Kläger die Übernahme der Kosten für einen mobilen Patientenlifter "Victor" der Firma Handi-Move, nachdem der früher zu Lasten der Beklagten angeschaffte Lifter gleichen Typs irreparabel defekt war. Beigefügt war eine entsprechende Verordnung des Arztes für Allgemeinmedizin N vom 11.11.2005. Zu dem Antrag führte der Bereichsleiter des N-Hauses aus, dass dieses eine Einrichtung der Eingliederungshilfe i.S.d. Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) sei, so dass deshalb ein Vorhalten des beantragten Hilfsmittels nicht erwartet werden könne. Im Übrigen heißt es in der Stellungnahme: Der Kläger, der eine labile, zu Depressionen neigende Persönlichkeitsstruktur in Verbindung mit einer hohen Schreckhaftigkeit und großen Ängstlichkeit aufweise, sei durch intensive und einfühlsame Arbeit der Mitarbeiter an den Lifter Handi-Move gewöhnt worden. Seine anfänglichen Ängste bei der Benutzung seien u.a. durch seine aktive Einbeziehung in den Ablauf stark reduziert. Er könne sich selbst in den Bruststützen festhalten, um durch diese aktive Beteiligung am Pflegegeschehen das Gefühl zu erlangen, selbst agierender Partner zu sein. Psychogene Anfälle aufgrund von Erschrecken und/oder Angst könnten so fast komplett vermieden werden. Der Lifter ermögliche den sicheren und stabilen Transfer zwischen den unterschiedlichen Hilfsmitteln (Duschstuhl, Rollstuhl, Bett). Zudem könne der Kläger mit Hilfe des Lifters, der nicht nur für den Transfer zwischen den Hilfsmitteln genutzt werde, auf dem Boden abgesetzt werden, so dass er durch Robben auf dem Boden seinen Aktivitätsradius selbst bestimmen und erweitern könne. Die im Handi-Move-Lifter erfahrene Sicherheit habe ihm bei der Benutzung des hauseigenen Tuchlifters nicht erfahrbar gemacht werden können. Gemeinsam mit einem Physiotherapeuten werde der Lifter auch während der Anwendungen als Stehständer eingesetzt. Der Kläger könne so aus dieser Position heraus sein Umfeld neu kennen lernen und erleben; darüber hinaus werde auch die Wahrnehmung seiner Beine intensiviert.

Die Beklagte zog die "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für die Einrichtung N-Haus in H zwischen dem Evangelischen K e.V. als Einrichtungsträger und dem Landschaftsverband Westfalen Lippe als überörtlicher Träger der Sozialhilfe" (im Folgenden: Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) bei und lehnte sodann den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 13.02.2006 ab: Nach der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung handele es sich bei dem N-Haus um eine vollstationäre Einrichtung nach § 71 Abs. 4 SGB XI. Hilfsmittel, die bei vollstationärer Pflege und nur in heimeigenen Bereichen genutzt würden, seien keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Heimträger seien im Rahmen des Heimvertrages verpflichtet, notwendige Hilfsmittel für den üblichen Pflegebetrieb bereitzustellen. Bei dem beantragten Patientenlifter handele es sich auch nicht um ein individuell angepasstes Hilfsmittel; der Lifter könne für jeden anderen Heimbewohner eingesetzt werden.

Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, da das N-Haus eine Einrichtung der Eingliederungshilfe sei, würden die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zur Hilfsmittelversorgung in Pflegeheimen nach dem SGB XI nicht gelten, vor allem dann nicht, wenn die Einrichtung nicht vorwiegend Schwerstpflegebedürftige betreue. Bei der Einrichtung der Eingliederungshilfe, die vorwiegend geistig behinderte Menschen betreue, sei es vorrangige Aufgabe der Krankenkassen (KKen), die Bewohner mit den erforderlichen medizinischen Hilfsmitteln zu versorgen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.2006 mit der Begründung zurück, dass der Verwendungszweck des beantragten Lifters ganz überwiegend darin bestehe, die Durchführung der Pflege zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungspflicht der KKen werde nicht dadurch begründet, dass der Lifter auch zum Behinderungsausgleich eingesetzt werde. Bei der Pflegeeinrichtung, in der der Kläger untergebracht sei, handele es sich um eine Einrichtung, die nach den Grundsätzen der vollstationären Pflegeeinrichtungen zu behandeln sei. Deshalb seien die Hilfsmittel zur Erleichterung und Ermöglichung der Pflege von der Einrichtung bereitzustellen.

Mit seiner Klage vom 03.07.2006 hat der Kläger ergänzend vorgetragen, das N-Haus betreue vorwiegend geistig behinderte Menschen, die nicht schwerstpflegebedürftig seien, sondern sogar in einer Behindertenwerkstatt arbeiteten. Er wohne in einer Wohngruppe innerhalb des Heims. Von den acht Mitgliedern dieser Wohngruppe arbeiteten sechs in einer Behindertenwerkstatt; nur er und ein weiterer Bewohner seien in der Tagesbetreuung innerhalb des Hauses. Seine Rechtsauffassung werde durch die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung belegt; ein Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen nach dem SGB XI bestehe gerade nicht. Bei Benutzung der im N-Haus vorhandenen, für den Patiententransfer üblichen Tuchlifter komme es bei ihm zu vermehrten Krampfanfällen, da das Tuch zu wenig Sicherheit gebe. Mit dem Lifter "Victor 3000 ECL" der Fa. Handi-Move, den er im August 2006 für 4.657,40 EUR selbst beschafft habe, könne er sich aktiv abstützen und die Füße auf den Boden stellen. Gerade wegen des Halts in diesem Lifter sei es ihm möglich, selbst die Füße zu bewegen und sich etwas fortzubewegen. Dieses Training wäre mit einem normalen Lifter nicht möglich. Der Lifter funktioniere zudem als Stehgerät, so dass er sich in vertikaler Position halten und die Umwelt aus dem Fenster schauend wahrnehmen könne. Er ermögliche die Wahrnehmung aus erweiterter Perspektive und intensiviere die Wahrnehmung der unteren Extremitäten. Zudem könne er mit dem Lifter auf dem Boden abgesetzt werden, so dass er durch Robben seinen Aktivitätsradius selber bestimmen und erweitern könne. Über den üblichen Transfer hinaus ermögliche der Lifter den Ausgleich seiner Mobilitätsdefizite sowie die Minimierung seiner Ängste und Krampfanfälle.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten für den selbstbeschafften Patientenlifter Viktor 3000 ECL mit Zubehör entsprechend der Rechnung vom 19.08.2006 entsprechend der Verordnung vom 11.11.2005 zu erstatten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen: Nicht bestritten werde, dass der Kläger einen Lifter benötige; dieser sei jedoch von der Pflegeeinrichtung zur Verfügung zu stellen. Nach der Rechtsprechung seien KKen grundsätzlich zur Versorgung von Versicherten mit Hilfsmitteln unabhängig davon verpflichtet, ob sie in einer eigenen Wohnung oder in einem Pflegeheim lebten. Dieser Grundsatz erfahre jedoch bei der vollstationären Pflege in einem Pflegeheim oder in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe eine Einschränkung. Die Pflicht der Krankenversicherung zur Versorgung des Versicherten mit Hilfsmitteln ende dort, wo bei vollstationärer Pflege die Pflicht des Heimträgers auf Versorgung der Heimbewohner mit Hilfsmitteln einsetzen würde. Damit falle die Versorgung des Klägers mit einem Patientenlifter in die Leistungspflicht des Heimes. Aus der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung ergebe sich, dass die Einrichtung N-Haus mit Aufnahme des Bewohners eine ausreichende Pflege zu gewährleisten habe. Dies beinhalte, alle für den üblichen Pflegebetrieb notwendigen Aufwendungen und Mittel zur Verfügung zu stellen und somit auch den vom Kläger begehrten Patientenlifter. In der Vereinbarung werde für 18 Personen ein Wohnangebot für Erwachsene mit komplexen Mehrfachbehinderungen angeführt. Daraus folge, dass sich die Abgrenzung der Leistungspflicht nach den Grundsätzen einer vollstationären Einrichtung richte, da diese üblicherweise mehrfachbehinderte Pflege- oder Schwerstpflegebedürftige aufnehme. Unerheblich sei, in welchem Verhältnis die Anzahl der Bewohner mit komplexen Mehrfachbehinderungen zu der Anzahl der weniger behinderten Bewohner stehe. Allein das Angebot, Personen mit einer komplexen Mehrfachbehinderung aufzunehmen, beinhalte auch die Verpflichtung eine entsprechende Versorgung und Pflege zu gewährleisten. Dies bestätige § 2 Abs. 1 des Heimvertrages für stationäre Einrichtungen der Eingliederungshilfe (Heimvertrag), nach dem sich die Leistungen an der individuellen Lebenssituation und dem jeweiligen Bedarf des Bewohners zu orientieren hätten. Im Übrigen sei nach dem zwischenzeitlich von ihr eingeholten Gutachten der Hilfsmittelberatung rehacontrol der Lifter "Victor" für den Kläger nicht unbedingt erforderlich. Ein Standardlifter mit einem großen Liftertuch mit Kopfstütze sei ausreichend. Die von dem Kläger angegebenen therapeutischen Einsatzmöglichkeiten des Lifters beschränkten sich auf diverse Transfers. In dem Lifter würden keine therapeutischen Maßnahmen vorgenommen, so dass auch keine therapeutische Indikation bestehe.

Das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen hat ein Gutachten von dem Facharzt für Innere Medizin und Geriatrie Dr. M eingeholt. Der Sachverständige hat u.a. ausgeführt (Gutachten vom 15.06.2007), bei dem Kläger sei seit Geburt eine körperliche und geistige Behinderung bekannt. Die Mobilität sei anfangs nicht so stark eingeschränkt gewesen; nach mehrfachen generalisierten Krampfanfällen in der Pubertät seien Beweglichkeit und auch geistige Fähigkeiten verschlechtert. Eine Tetraspastik habe sich entwickelt. Daneben sei bei dem Kläger auch die gesamte Wahrnehmung erheblich eingeschränkt. Ein Sprechansatz bestehe nicht; eine sinnvolle Kommunikation sei ebenso nicht möglich wie eine Ein- und Umstellung auf die Umgebung und ein Lernvermögen auf Veränderungen. Der Kläger reagiere auf für ihn fremde Situationen mit Angst und Unruhe, die zu einer Verstärkung der Streckspastik im Bereich der Beine führten und epileptische Krämpfe auslösten. Bekannte Situationen führten dagegen zu einer Beruhigung. Nach Heranbringen des Hebellifters habe der Kläger aktiv die Hände um die Hebelstangen gelegt und habe ruhig und gut führbar geliftet werden können. Mit dem Lifter könne der Kläger auch in eine Standposition gebracht werden; dabei sei eine Streckung der Beine vollständig möglich. Ohne den Hebellifter sei dem Kläger das Einnehmen einer solchen Position nicht möglich. Ein Tuchlifter führe dazu, dass die Körperwahrnehmung noch weiter verschlechtert werde; der Kläger hänge dabei in halbliegender Position schwebend richtungs- und orientierungslos in der Luft; es bestehe keine Körperwahrnehmung. Die Versorgung mit dem dem Kläger bekannten und von ihm akzeptierten Patientenlifter Handi-Move sei daher unter medizinischen Gesichtspunkten im Einzelfall erforderlich und sinnvoll. Hierdurch würden die vorhandenen Behinderungen teilweise ausgeglichen; das Auftreten von wiederholten Krampfanfällen werde vermindert und die Körperwahrnehmung werde verbessert. Zudem seien mit dem Lifter therapeutische Übungen (Stehübungen) zur Verbesserung der Mobilisierung und zur Kräftigung der Beinmuskulatur möglich. Geeignet seien alle Hebellifter ähnlicher Bauart. Ein preiswerterer Tuchlifter sei jedoch nicht geeignet, auch wenn er mit einem großen Tuch und mit Kopfstützen ausgestattet sei.

Das SG hat die Beklagte verurteilt, die Kosten für den selbst beschafften elektrischen Patientenlifter Viktor 3000 ECL inklusive Zubehör laut Rechnung vom 19.08.2006 zu erstatten (Urteil vom 17.10.2007): Der Kläger habe Anspruch auf Erstattung dieser Kosten, weil der Lifter nicht überwiegend der Durchführung und Erleichterung der Pflege diene, sondern vorrangig der Sicherung der Krankenbehandlung, nämlich der Senkung der Anfallshäufigkeit bzw. der Vermeidung von anfallsauslösenden Situationen. Zur Durchführung der Pflege reiche ein üblicher, von der Einrichtung auch vorgehaltener Lifter mit entsprechend großem Liftertuch aus. Zudem seien mit dem selbst beschafften Lifter therapeutische Übungen zur Verbesserung der Mobilisierung und zur Kräftigung der Beinmuskulatur möglich.

Mit ihrer gegen das am 19.11.2007 zugestellte Urteil am 26.11.2007 eingelegten Berufung hat die Beklagte vorgetragen, der streitgegenständliche Lifter sei von seiner Zweckbestimmung her ausschließlich für Verrichtungen gedacht, die nicht der Sicherung der Krankenbehandlung dienten, sondern der pflegerische Betreuung. Transfer und Umlagern des Heimbewohners falle in die Zuständigkeit des Pflegeheimes, das die dafür erforderlichen Hilfsmittel zur Verfügung stellen müsse. Dabei habe sich die Auswahl der Pflegemittel am Bedürfnis des Patienten zu orientieren. Die Pflege solle auch die Aktivierung des Pflegebedürftigen zum Ziel haben, um vorhandene Fähigkeiten zu erhalten und verlorene Fähigkeiten zurückzugewinnen. Dementsprechend sehe der Abgrenzungskatalog der Spitzenverbände der Krankenkassen vor, dass Mobilitätshilfen, die die Grundpflege ermöglichten bzw. die Pflege erleichterten und üblicherweise im Heim von mehreren Personen genutzt würden, zur Ausstattung einer stationären Pflegeeinrichtung gehörten. Der Lifter diene auch nicht der ärztlichen Behandlung; er sei von seiner Konzeption her auch keine Stehhilfe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 17.10.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Ergänzend führt er aus, dass es sich bei dem N-Haus um eine stationäre Einrichtung der Eingliederungshilfe handele. Grundlage und Zweck der Einrichtung sei nämlich eine Eingliederungshilfe für wesentlich und geistig behinderte Menschen im Sinne des § 53 SGB XII. Für die Aufnahme in die Einrichtung sei es unerheblich, ob Pflegebedürftigkeit i.S.d. SGB XI bestehe. Da im Vordergrund des Einrichtungszwecks Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, sowie die schulische Ausbildung oder Erziehung behinderter Menschen stünden, übernehme die Pflegekasse gem. § 43a SGB XI im Falle einer neben der Behinderung auftretenden Pflegebedürftigkeit lediglich zehn Prozent bzw. maximal 256,00 EUR monatlich des gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII vereinbarten Heimentgelts. Nach § 71 Abs. 4 SGB XI seien stationäre Einrichtungen, wie das N-Haus, in denen Hilfeleistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder am Leben in der Gemeinschaft, sowie die schulische Ausbildung oder die Erziehung behinderter Menschen im Vordergrund des Zweckes der Einrichtung stünden, nicht als Pflegeeinrichtungen i.S.d. SGB XI anzusehen. Die Bewohner seien auch nicht nach dem Grad einer evtl. Pflegebedürftigkeit untergebracht. Von den 50 Beschäftigten des Hauses seien lediglich vier Beschäftigte Pflegekräfte, die zudem noch in die allgemeine Betreuung eingebunden andere Mitarbeiter berieten und unterstützten. Das N-Haus sei somit sowohl dem Einrichtungszweck nach als auch in der konkreten Leistungserbringung als stationäre Einrichtung der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen und nicht als Pflegeeinrichtung i.S.d. SGB XI anzusehen. Die Leistungen des Hauses orientieren sich gemäß § 2 Abs. 1 des Heimvertrages an der individuellen Lebenssituation und dem jeweiligen Bedarf des jeweiligen Bewohners sowie der Konzeption der Einrichtung. Ziel sei es, den Bewohnern unter Wahrung ihrer Menschenwürde und Achtung der Persönlichkeit ein unter Berücksichtigung der individuellen Neigungen und Fähigkeiten sowie des Gesundheitszustandes selbständiges und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. In Konkretisierung dieser Zielrichtung sei für ihn gemäß § 2 Abs. 4 des Heimvertrages ein individueller Hilfsplan erstellt worden, in den u.a. der streitige Lifter als insbesondere notwendiges Hilfsmittel zur individuellen Basisversorgung sowie zur Erhaltung und Förderung der Gesundheit integriert sei. Nach dem Heimvertrag und dessen Umsetzung sowie nach dem individuellen Hilfeplan stehe somit der Eingliederungszweck im Vordergrund der konkreten Leistungserbringung. Der streitige Patientenlifter diene dabei insbesondere auch therapeutischen Zwecken sowie der Teilnahme am täglichen Leben.

Der Leiter des N-Hauses, Diakon V E, wurde als Zeuge vernommen. Er hat u.a. ausgesagt, Grundlage der Einrichtung sei die Eingliederungshilfe für wesentlich und geistig behinderte Menschen i.S.d. § 53 SGB XII. Bei Aufnahme eines neuen Bewohners werde nicht geprüft, ob Pflegebedürftigkeit i.S.d. SGB XI bestehe. Ergäben sich Hinweise, dass ein Bewohner pflegebedürftig sei, werde ein entsprechender Antrag gestellt. Bei erfolgreichem Antrag erfolge die Abrechnung zwischen Landschaftsverband und Pflegekasse im Rahmen des § 43a SGB XI. Etwa ein Drittel der Bewohner bedürfe umfangreicher Hilfe bei den alltäglichen Verrichtungen, so z.B. auch bei der Grundpflege i.S.d. Pflegeversicherung, während der Rest der Bewohner recht autark sei. Die Bewohner würden nicht nach dem Grad der Pflegebedürftigkeit untergebracht; es finde keine strukturierte Unterscheidung statt. Von den 50 im Betreuungsdienst tätigen Beschäftigten seien vier Pflegefachkräfte, die zunächst mit der Pflege der pflegebedürftigen Bewohner beschäftigt seien, aber ansonsten auch in die allgemeine Betreuung sowie Beratung und Unterstützung anderer Mitarbeiter bei deren pflegerischen Tätigkeiten eingebunden seien. In der Einrichtung werde ein einfacher Tuchlifter zur Pflege einzelner Patienten eingesetzt, der aber für den Kläger nicht geeignet sei. Der Handi-Move-Lifter werde nicht nur für die Pflege des Klägers, sondern auch zur therapeutischen Unterstützung und zur Teilnahme am alltäglichen Leben genutzt. Der Kläger nehme zweimal wöchentlich an krankengymnastischen Übungen, an einer Ergotherapie und fünfmal wöchentlich an der Tagesbetreuung teil. Mit dem Lifter könne er andere Perspektiven wahrnehmen, er könne sich umlagern, aus dem Fenster sehen. Dabei brauche er regelmäßig die Hilfe Anderer, da er mit dem Lifter allein nicht agieren könne. Er könne seinen Aufenthalt innerhalb oder gar außerhalb des Hauses nicht selbst bestimmen, aber am Gemeinschaftsleben teilnehmen. Er sei in der Lage, Eindrücke wahrzunehmen, auf Ansprache zu reagieren, Unmut kundzutun und mit einem Orffschen Instrument interaktiv mit anderen Bewohnern zu spielen.

Wegen weiter Einzelheiten der Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16.07.2008, wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben; denn der Kläger ist durch die angegriffene Entscheidung der Beklagten nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Er hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der von ihm für die Beschaffung des Handi-Move-Lifters Victor aufgewandten Kosten.

Nach § 13 Abs. 1 Fünftes Buch (SGB V) darf die Krankenkasse (KK) anstelle einer Sachleistung Kosten erstatten, soweit das SGB V das vorsieht; nach Abs. 3 sind einem Versicherten Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die KK eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Gleiches folgt aus der allgemeinen Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX), der eine Kostenerstattungspflicht unter diesen Voraussetzungen für alle Rehabilitationsträger, zu denen auch die Krankenkassen zählen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX), vorsieht.

Hat die KK eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 SGB V von der KK in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht allerdings nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch und setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die KKen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (std. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 26.09.2006 - B 1 KR 3/06 R - m.w.N.).

Die Voraussetzungen für einen Sachleistungsanspruch auf Gewährung eines Patientenlifters Vector der Fa. Handi-Move waren und sind nicht erfüllt.

Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht bereits aus der von dem Kläger vorgelegten ärztlichen Verordnung. Für den Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln ist eine ärztliche Verordnung weder notwendige noch hinreichende Voraussetzung (vgl. u.a. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.06.2007 - L 2 KN 209/05 KR - m.w.N., Urteil des Senats vom 26.11.2008 - L 11 KR 56/07 -).

Der Hinweis des Klägers auf eine Ersatzbeschaffung i.S.d. § 33 Abs. 1 Satz 4 führt ebenfalls nicht weiter. Eine Ersatzbeschaffung setzt, wie sich bereits aus dem Verweis auf den Anspruch nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ("Der Anspruch umfasst auch ") ergibt, voraus, dass die dort normierten (weiteren) Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (Urteil des Senats vom 26.11.2008, a.a.O.).

Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte einen Anspruch gegen ihre KKen u.a. auf Versorgung mit orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V durch Rechtsverordnung ausgeschlossen sind.

Bei dem von dem Kläger begehrten Lifter handelt es sich um ein Hilfsmittel, das zumindest auch deshalb erforderlich ist, um eine Behinderung auszugleichen. Der Kläger benötigt einen Lift zur Herstellung seiner Mobilität, da er infolge der aufgrund seiner Erkrankung bestehenden Funktionseinschränkungen nahezu vollständig in seiner Bewegungsfähigkeit - er ist zumindest unfähig zu gehen oder zu stehen - eingeschränkt ist. Der streitige Lifter ist auch weder ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens noch ist er durch Rechtsverordnung als Hilfsmittel ausgeschlossen.

Dennoch hat der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagte; denn der streitige Lifter ist von dem Heim, in dem der Kläger untergebracht ist, bzw. dessen Träger - der Beigeladenen zu 2) -, als notwendiges Inventar vorzuhalten.

KKen sind zur Versorgung von Versicherten mit Hilfsmitteln grundsätzlich unabhängig davon verpflichtet, ob sie in einer eigenen Wohnung oder in einem Pflegeheim leben. Dieser Grundsatz erfährt jedoch beim Versicherungsfall der vollstationären Pflegebedürftigkeit, also bei der vollstationären Pflege in einem Pflegeheim (§ 71 Abs. 2 SGB XI), eine Einschränkung: Die Pflicht der gesetzlichen Krankenversicherung zur Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln endet nach der Konzeption des SGB V und des SGB XI dort, wo bei vollstationärer Pflege die Pflicht des Heimträgers auf Versorgung der Heimbewohner mit Hilfsmitteln einsetzt. Bei vollstationärer Pflege hat der Träger des Heimes für die im Rahmen des üblichen Pflegebetriebs notwendigen Hilfsmittel zu sorgen, weil er verpflichtet ist, die Pflegebedürftigen ausreichend und angemessen zu pflegen und sozial zu betreuen. Die Heime müssen das für die vollstationäre Pflege notwendige Inventar bereithalten. Die Abgrenzung der Leistungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Hilfsmittelversorgung in Pflegeheimen von der Vorhaltepflicht des Heimträgers hat danach zu erfolgen, ob noch eine Krankenbehandlung und ein Behinderungsausgleich i.S. medizinischer Rehabilitation stattfindet oder aber ganz überwiegend die Pflege im Vordergrund steht, weil eine Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nicht mehr möglich ist (BSG, Urteile vom 10.02.2000 - B 3 KR 17/99 R und B 3 KR 26/99 R -, vom 06.06.2002 - B 3 KR 67/01 R und B 3 KR 5/02 R -, vom 28.05.2003 - B 3 KR 30/02 R - und vom 22.07.2004 - B 3 KR 5/03 R -). Einen geeigneten Anhaltspunkt für die von den zugelassenen Pflegeheimen vorzuhaltenden Hilfsmittel bietet zudem der "Abgrenzungskatalog der Spitzenverbände der Krankenkassen - zugleich handelnd als Spitzenverbände der Pflegekassen - zur Hilfsmittelversorgung in stationären Pflegeeinrichtungen (Pflegeheimen)" (s. dazu BSG, Urteile vom 10.02.2000 a.a.O.).

Diese Grundsätze gelten auch für vollstationäre Einrichtungen der Behindertenhilfe i.S.d. § 43a SGB XI. Zu beachten ist aber, dass diese Einrichtungen häufig überwiegend anderen Zwecken dienen und die Pflege nur am Rande mit durchführen, so dass es z.B. anhand der Vereinbarungen oder des Leistungsangebots der Einrichtung der Feststellung bedarf, ob das konkrete Hilfsmittel zur sächlichen Ausstattung der Einrichtung gehört (BSG, Urteil vom 10.02.2000 - B 3 KR 17/99 -).

Davon ausgehend ist vorliegend eine Vorhaltepflicht der Einrichtung zu bejahen.

Bei dem N-Haus handelt es sich - was von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung auch unstreitig gestellt wurde - um eine Einrichtung i.S.d. §§ 43a, 71 Abs 4 SGB XI. Nach der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung, die ihre Grundlage im "Rahmenvertrag gemäß § 79 Abs. 1 SGB XII zu den Leistungs-, Vergütungs- und Prüfvereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII" vom 23.08.2001 (Rahmenvertrag) hat, ist Ziel der von dem N-Haus erbrachten Leistungen "die Überwindung, Linderung und Verhütung von Verschlimmerung behinderungsbedingter Beeinträchtigungen des einzelnen Menschen und seine Eingliederung in die Gesellschaft" (§ 3). Damit stehen vorrangig Hilfen für behinderte Menschen bei der Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung behinderter Menschen im Vordergrund des Einrichtungszwecks (§ 43a, § 71 Abs. 4 SGB XI). Dementsprechend rechnet das auch nicht durch Versorgungsvertrag zugelassene N-Haus bzw. die Beigeladene zu 2) Leistungen für i.S.d. SGB XI pflegebedürftige Bewohner nach der Aussage des Zeugen E nach Maßgabe des § 43a SGB IX ab (s. dazu BSG, Urteil vom 10.02.2000 - B 3 KR 17/99 R -).

Ein eindeutiger Fall der im Urteil des BSG vom 10.02.2000 a.a.O. aufgeführten Orientierungshilfen zur Bestimmung des notwendigen Inventars, nämlich entweder eine Einrichtung mit einer "erheblichen Zahl von Schwer- und Schwerstpflegebedürftigen" oder ein Ausschluss der Aufnahme von Schwerpflegebedürftigen, liegt nicht vor. Indes folgt aus dem Leistungsangebot des N-Hauses, dass die Betreuung von Schwer- bzw. Schwerstpflegebedürftigen mit der Folge umfasst ist, dass auch das Vorhalten des streitigen Lifters zur Heimausstattung gehört.

Nach § 2 Abs. 3 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung ist das Leistungsangebot der Einrichtung auf insgesamt 97 Bewohner ausgerichtet, davon sollen 18 Personen, mithin fast ein Fünftel der Bewohner, dem Leistungstyp 12 zugeordnet sein. Zielgruppe des Leistungstyps 12 sind Menschen mit mehrfachen Behinderungen, die einen nach Art und Intensität besonderen Betreuungsbedarf haben, wobei der Schwerpunkt des Hilfebedarfs in der heilpädagogischen und pflegerischen Betreuung liegt (s. Anlage "Leistungsgruppenbeschreibung" zum Rahmenvertrag). Annähernd Gleiches ergibt sich aus der Aussage des Zeugen E, nach der von derzeit 78 Bewohnern etwa 1/3 umfangreiche Hilfe bei den alltäglichen Verrichtungen benötigt. Da damit das Angebot des N-Hauses eine pflegerische Betreuung ohne Unterscheidung nach Pflegestufen i.S. des SGB XI umfasst, sind auch die für eine Pflege erforderlichen Mittel, und zwar gleich welchen Umfangs, vorzuhalten. Dieses Ergebnis wird durch § 8 Abs. 2 des Heimvertrages bestätigt, nach dem die Einrichtung dann, wenn sie feststellt, dass die Bewohnerin / der Bewohner so pflegebedürftig ist, dass die Pflege durch die Einrichtung nicht mehr sichergestellt werden kann, hierüber den überörtlichen Träger der Sozialhilfe informiert. Auch dies zeigt auf, dass die Pflege eines Bewohners zu den Grundleistungen des N-Hauses gehört und die Leistungspflicht nur dann begrenzt ist, wenn die Pflege nicht mehr sichergestellt werden kann.

Der von dem Kläger beschaffte Lifter dient auch vorrangig dieser Pflege. Er ist den Mobilitätshilfen zuzuordnen; er ermöglicht die Grundpflege (Lagerung, Transfer, Mobilisation) bzw. erleichtert er die Pflege (vgl. auch den Abgrenzungskatalog der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Hilfsmittelversorgung in stationären Pflegeeinrichtungen vom 26.03.2007). Dementsprechend hält das N-Haus Lifter vor. Dass diese im Falle des Klägers ggf. ungeeignet sind, ist unerheblich, denn nach § 4 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung richten sich Art, Inhalt und Umfang der Leistungen nach dem individuellen Hilfebedarf des einzelnen behinderten Menschen. Gleiches ergibt sich aus § 2 Abs. 1 des Heimvertrages, nach dem sich die Leistungen an der individuellen Lebenssituation und dem jeweiligen Bedarf der Bewohnerin / des Bewohners sowie der Konzeption der Einrichtung orientieren.

Etwas Anderes folgt auch nicht daraus, dass nach den Angaben des Sachverständigen Dr. M der von dem Kläger beschaffte Lifter neben der Ermöglichung der Pflege teilweise auch die vorhandenen Behinderungen ausgleichen, das Auftreten von wiederholten Krampfanfällen vermindern, die Körperwahrnehmung verbessern und Stehübungen zur Verbesserung der Mobilisierung und Kräftigung der Beinmuskulatur ermöglichen kann. Es sind nämlich auch solche Gegenstände der Heimausstattung zuzurechnen sind, bei denen zwar noch ein gewisser Behinderungsausgleich zu erkennen ist, ganz überwiegend aber die Pflege im Vordergrund steht, weil eine Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nicht mehr möglich ist und eine Rehabilitation damit nicht mehr stattfindet. Übergeordnetes Ziel jeder Rehabilitation ist es, behinderten Menschen eine selbstbestimmte gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen oder zu fördern. Soweit es dabei um den Ausgleich einer Behinderung sowie die Vermeidung oder Minderung von Pflegebedürftigkeit geht, müssen Leistungen deshalb auf eine Förderung der Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ausgerichtet sein, um als Maßnahmen der Rehabilitation die Leistungspflicht der KK zu begründen. Entscheidend ist dabei, ob dem Betroffenen eine verantwortungsbewusste Bestimmung über das eigene Schicksal nicht mehr möglich ist, mithin eigengesteuerte Bestimmungsmöglichkeiten nicht mehr bestehen. Eine Rehabilitation ist dann mangels Erfolgsaussichten nicht mehr möglich, der Ist-Zustand der Behinderung ist nicht mehr behebbar (BSG, Urteile vom 20.07.2004 und vom 28.05.2003 a.a.O.).

Eine solche Fallgestaltung liegt hier vor. Dem Kläger ist nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. M und des Zeugen E nicht möglich, seinen Aufenthaltsort innerhalb oder gar außerhalb des Heimes selbst zu bestimmen, die im Ablauf des täglichen Lebens anfallenden Verrichtungen eigenständig und ohne Hilfestellung des Pflegepersonals zu erledigen oder aktiv am Gemeinschaftsleben im Heim teilzunehmen. Zwar kann der Kläger am Gemeinschaftsleben im Heim teilnehmen, wenn er mit anderen Heimbewohnern zusammengebracht wird. Ein eigenständiges und bewusstes Gestalten dieses Zusammenseins ist für den Kläger aufgrund seiner Beeinträchtigungen aber ausgeschlossen. Auch wenn der Kläger nach Angaben des Zeugen E noch in der Lage ist, selbst Eindrücke wahrzunehmen, auf Ansprache zu reagieren und Unmut, Freude und Zufriedenheit zum Ausdruck zu bringen, bedeutet dies lediglich ein (passives) Reagieren, nicht aber ein Agieren (vgl. BSG, Urteil vom 22.07.2004 a.a.O.). Ob darüber hinaus beim Spielen mit einem Orffschen Instrument - wie der Zeuge E angegeben hat - eine Interaktion mit anderen Heimbewohnern, also eine wechselseitige Beeinflussung des Verhaltens, stattfindet oder ob das Verhalten des Klägers ebenfalls nur eine Reaktion darstellt, ist unerheblich. Allein in dem Umstand einer Interaktion in dem von dem Zeugen angegebenen Sinne kann eine verantwortungsbewusste Bestimmung über das eigene Schicksal nicht gesehen werden, zumal nach Angaben des Sachverständigen Dr. M mit dem Kläger eine sinnvolle Kommunikation gar nicht möglich ist.

Der vom SG zur Begründung seiner Entscheidung herangezogene Umstand, durch Benutzung des in Streit stehenden Lifters könnten anfallsauslösende Situationen verringert bzw. vermieden werden, führt nicht weiter. Entgegen der Auffassung des SG ist nämlich bereits zur Durchführung der von dem Heim geschuldeten Pflege, insbesondere des pflegenotwendigen Transports, ein üblicher Lifter mit großem Tuch nicht ausreichend. Der Sachverständige Dr. M hat dazu festgestellt, dass grundsätzlich zwar ein Liften mit einem Tuchlifter als sicher zu bezeichnen, vorliegend aber aufgrund der Körperwahrnehmungsstörungen und der damit verbundenen Ängste des Klägers ein Transfer mit dem streitigen Lifter erforderlich sei. Dies wird durch den Zeugen E bestätigt, nach dessen Einschätzung ein Transport mittels eines Tuchlifters wegen der dabei bestehenden Gefahr von Spastiken nur unter Gefährdung der Gesundheit des Klägers erfolgen kann.

Schließlich führen auch die Angaben des Sachverständigen Dr. M, nur bei Verwendung des streitigen Lifters seien therapeutische Übungen zur Verbesserung der Mobilisierung und zur Kräftigung der Beinmuskulatur möglich, zu keiner anderen Beurteilung. Diese Maßnahmen stellen lediglich eine aktivierende Pflege i.S.d. SGB XI dar. Nach § 28 Abs. 4 SGB XI soll nämlich die Pflege auch die Aktivierung des Pflegebedürftigen zum Ziel haben, um vorhandene Fähigkeiten zu erhalten und, soweit dies möglich ist, verlorene Fähigkeiten zurückzugewinnen.

Ein Anspruch des Klägers gegen die Beigeladene zu 1) auf Versorgung mit dem Lifter als Pflegehilfsmittel kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Pflegekassen nur für die Versorgung der Versicherten mit Pflegehilfsmitteln im häuslichen Bereich zuständig sind (BSG, Urteil vom 10.02.2000 - B 3 KR 26/99 R -). Eine Verurteilung der Beigeladen zu 2) zur Leistungserbringung bzw. Kostenerstattung scheidet ebenfalls aus (§ 75 Abs. 5 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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