Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 7 AS 689/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 693/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 21.04.2010 wird zurückgewiesen. Kosten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist von Beruf selbständiger Kirchenmaler. Er ist Eigentümer eines bebauten Grundstückes mit einer Wohnfläche von 215 qm, das er teilweise mit seiner Ehefrau selbst nutzt (104 qm) und teilweise vermietet.
Am 10.02.2010 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Laut internem Gesprächsvermerk bat er bei einer Vorsprache am 25.03.2010 um die Aushändigung eines rechtsmittelfähigen Bescheides. Ihm sei mitgeteilt worden, dass eine darlehensweise Bewilligung von Leistungen erst nach Eintragung einer Grundschuld in das Grundbuch erfolge könne. Ihm könne nur eine Ablehnung wegen mangelnder Mitwirkung ausgehändigt werden. Mit dieser Verfahrensweise habe sich der Antragsteller nicht einverstanden erklärt.
Am 19.04.2010 legte der Antragsteller gegen die mündliche Ablehnung seines Antrags Widerspruch ein, den die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2010 zurückwies.
Am 25.03.2010 hat der Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtschutzes zu verpflichten, seinen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II bedingungslos zu bescheiden.
Er hat vorgetragen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet sei, über seinen Antrag auf darlehensweise Gewährung von Leistungen nach dem SGB II zur Überbrückung der finanziellen Notsituation bedingungslos zu befinden.
Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 15.04.2010 vorgetragen, dass der Antrag des Antragstellers auf bedingungslose Bescheidung am 25.03.2010 mündlich abgelehnt worden sei. Auf eine schriftliche Bescheidung habe er verzichtet. Des weiteren sei weder ein Anordnungsanspruch auf Gewährung eines durch Grundschulden gesicherten Darlehens noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden.
Durch Beschluss vom 21.04.2010 hat das Sozialgericht Detmold den Antrag abgelehnt. Es hat den schriftsätzlich gestellten Antrag des Antragstellers als Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ausgelegt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 22.04.2010 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 22.04.2010 Beschwerde eingelegt.
Er trägt vor, dass die Auslegung seines erstinstanzlich gestellten Antrags durch das Sozialgericht weder dem Wortlaut des Antrags noch seinem Willen entsprochen habe. Es sei in dem Verfahren schlicht darum gegangen, der Bearbeitungsweise der Antragsgegnerin - mündliche Abweisung eines Antrags, verbunden mit der Weigerung, einen schriftlichen Bescheid zu erlassen - entgegenzutreten. Sein Ziel sei es, über seinen Antrag auf Leistungen einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erhalten.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Der Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist unzulässig. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint.
Der im Beschwerdeverfahren verfolgte Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Bescheidung seines Leistungsantrags vom 10.02.2010 ist wegen Vorwegnahme der Hauptsache unstatthaft. Wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung soll die endgültige Entscheidung der Hauptsache in einem Verfahren nach § 86 b Abs. 2 SGG nicht vorweggenommen werden (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86 b Rn 31 m. w. N.). Dies begehrt jedoch der Antragsteller mit dem im Beschwerdeverfahren verfolgten Begehren. Dabei kann dahinstehen, ob das Sozialgericht den im erstinstanzlichen Verfahren schriftsätzlich gestellten Antrag unter Beachtung des Meistbegünstigungsgrundsatzes zutreffend als Leistungsantrag - als Antrag zur Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II in Form eines Darlehens ohne Sicherungsmaßnahmen nach § 23 Abs. 5 Satz 2 SGB II - ausgelegt hat. Der Antragsteller hat im Beschwerdeverfahren sein Begehren dahingehend konkretisiert und beschränkt, dass er die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur (schriftlichen) Bescheidung seines Leistungsantrags begehrt. Er verfolgt mithin ein Begehren, das im Hauptsacheverfahren mit der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG verfolgt werden kann, wobei der Antragsteller im Hauptsacheverfahren auch nur die Verurteilung der Antragsgegnerin nach § 88 SGG zur Bescheidung seines Antrags erreichen könnte. Mithin strebt der Antragsteller eine Vorwegnahme der Hauptsache an (vgl. zur Unstatthaftigkeit eines Antrags nach § 86 b Abs. 2 SGG auf Verpflichtung des Leistungsträgers zur Bescheidung eines Antrags: LSG NRW Beschluss vom 22.07.2009 - L 19 B 189/09 AS ER).
Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz vorliegend erforderlich wäre, der Hauptsache - einer Untätigkeitsklage - vorzugreifen. Es ist nicht ersichtlich, dass ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht mehr gutzumachende Nachteile für den Antragsteller entstehen, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Dem Antragsteller steht es überdies frei, im Wege eines Antrags nach § 86 b Abs. 2 SGG, der auf vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erbringung von Leistungen nach dem SGB II zur Abwendung einer Notlage gerichtet ist, eine vorläufige Regelung bis zum Ablauf der Sperrfrist von sechs Monate des § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG zu erreichen.
Des weiteren ist durch den Erlass des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2010 das Rechtschutzbedürfnis für einen Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Bescheidung des Leistungsantrags vom 10.02.2010 entfallen. Dabei kann dahinstehen, ob die mündlichen Äußerungen des Mitarbeiters der Antragsgegnerin am 25.03.2010 als schlichte Willenserklärung oder als mündlicher Verwaltungsakt i.S.v. §§ 31, 33 Abs. 2 Satz 1 SGB X aufzufassen sind. Denn die Antragsgegnerin hat den Widerspruch der Antragstellers gegen die mündliche Ablehnung im Widerspruchsbescheid vom 28.04.2010 nicht wegen Fehlens eines Verwaltungsakts als unzulässig verworfen, sondern die mündlichen Erklärungen ihres Bediensteten am 25.03.2010 als Verwaltungsakt gewertet und eine materielle Entscheidung getroffen. Ein Verwaltungsakt, der die Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 2, 4 SGG eröffnet, liegt aber auch vor, wenn zwar der ursprüngliche Akt kein Verwaltungsakt gewesen ist, jedoch der Widerspruchsbescheid aus der schlichten Willenserklärung der Behörde einen Verwaltungsakt gemacht hat (vgl. BSG Urteil vom 18.09.1997 - 11 RAr 85/96 = SozR 3-4100 § 34 Nr. 4 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen). Damit ist der Leistungsantrag des Antragstellers von der Antragsgegnerin beschieden und der Rechtsweg für den Antragsteller eröffnet.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist von Beruf selbständiger Kirchenmaler. Er ist Eigentümer eines bebauten Grundstückes mit einer Wohnfläche von 215 qm, das er teilweise mit seiner Ehefrau selbst nutzt (104 qm) und teilweise vermietet.
Am 10.02.2010 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Laut internem Gesprächsvermerk bat er bei einer Vorsprache am 25.03.2010 um die Aushändigung eines rechtsmittelfähigen Bescheides. Ihm sei mitgeteilt worden, dass eine darlehensweise Bewilligung von Leistungen erst nach Eintragung einer Grundschuld in das Grundbuch erfolge könne. Ihm könne nur eine Ablehnung wegen mangelnder Mitwirkung ausgehändigt werden. Mit dieser Verfahrensweise habe sich der Antragsteller nicht einverstanden erklärt.
Am 19.04.2010 legte der Antragsteller gegen die mündliche Ablehnung seines Antrags Widerspruch ein, den die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2010 zurückwies.
Am 25.03.2010 hat der Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtschutzes zu verpflichten, seinen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II bedingungslos zu bescheiden.
Er hat vorgetragen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet sei, über seinen Antrag auf darlehensweise Gewährung von Leistungen nach dem SGB II zur Überbrückung der finanziellen Notsituation bedingungslos zu befinden.
Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 15.04.2010 vorgetragen, dass der Antrag des Antragstellers auf bedingungslose Bescheidung am 25.03.2010 mündlich abgelehnt worden sei. Auf eine schriftliche Bescheidung habe er verzichtet. Des weiteren sei weder ein Anordnungsanspruch auf Gewährung eines durch Grundschulden gesicherten Darlehens noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden.
Durch Beschluss vom 21.04.2010 hat das Sozialgericht Detmold den Antrag abgelehnt. Es hat den schriftsätzlich gestellten Antrag des Antragstellers als Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ausgelegt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 22.04.2010 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 22.04.2010 Beschwerde eingelegt.
Er trägt vor, dass die Auslegung seines erstinstanzlich gestellten Antrags durch das Sozialgericht weder dem Wortlaut des Antrags noch seinem Willen entsprochen habe. Es sei in dem Verfahren schlicht darum gegangen, der Bearbeitungsweise der Antragsgegnerin - mündliche Abweisung eines Antrags, verbunden mit der Weigerung, einen schriftlichen Bescheid zu erlassen - entgegenzutreten. Sein Ziel sei es, über seinen Antrag auf Leistungen einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erhalten.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Der Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist unzulässig. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint.
Der im Beschwerdeverfahren verfolgte Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Bescheidung seines Leistungsantrags vom 10.02.2010 ist wegen Vorwegnahme der Hauptsache unstatthaft. Wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung soll die endgültige Entscheidung der Hauptsache in einem Verfahren nach § 86 b Abs. 2 SGG nicht vorweggenommen werden (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86 b Rn 31 m. w. N.). Dies begehrt jedoch der Antragsteller mit dem im Beschwerdeverfahren verfolgten Begehren. Dabei kann dahinstehen, ob das Sozialgericht den im erstinstanzlichen Verfahren schriftsätzlich gestellten Antrag unter Beachtung des Meistbegünstigungsgrundsatzes zutreffend als Leistungsantrag - als Antrag zur Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II in Form eines Darlehens ohne Sicherungsmaßnahmen nach § 23 Abs. 5 Satz 2 SGB II - ausgelegt hat. Der Antragsteller hat im Beschwerdeverfahren sein Begehren dahingehend konkretisiert und beschränkt, dass er die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur (schriftlichen) Bescheidung seines Leistungsantrags begehrt. Er verfolgt mithin ein Begehren, das im Hauptsacheverfahren mit der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG verfolgt werden kann, wobei der Antragsteller im Hauptsacheverfahren auch nur die Verurteilung der Antragsgegnerin nach § 88 SGG zur Bescheidung seines Antrags erreichen könnte. Mithin strebt der Antragsteller eine Vorwegnahme der Hauptsache an (vgl. zur Unstatthaftigkeit eines Antrags nach § 86 b Abs. 2 SGG auf Verpflichtung des Leistungsträgers zur Bescheidung eines Antrags: LSG NRW Beschluss vom 22.07.2009 - L 19 B 189/09 AS ER).
Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz vorliegend erforderlich wäre, der Hauptsache - einer Untätigkeitsklage - vorzugreifen. Es ist nicht ersichtlich, dass ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht mehr gutzumachende Nachteile für den Antragsteller entstehen, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Dem Antragsteller steht es überdies frei, im Wege eines Antrags nach § 86 b Abs. 2 SGG, der auf vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erbringung von Leistungen nach dem SGB II zur Abwendung einer Notlage gerichtet ist, eine vorläufige Regelung bis zum Ablauf der Sperrfrist von sechs Monate des § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG zu erreichen.
Des weiteren ist durch den Erlass des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2010 das Rechtschutzbedürfnis für einen Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Bescheidung des Leistungsantrags vom 10.02.2010 entfallen. Dabei kann dahinstehen, ob die mündlichen Äußerungen des Mitarbeiters der Antragsgegnerin am 25.03.2010 als schlichte Willenserklärung oder als mündlicher Verwaltungsakt i.S.v. §§ 31, 33 Abs. 2 Satz 1 SGB X aufzufassen sind. Denn die Antragsgegnerin hat den Widerspruch der Antragstellers gegen die mündliche Ablehnung im Widerspruchsbescheid vom 28.04.2010 nicht wegen Fehlens eines Verwaltungsakts als unzulässig verworfen, sondern die mündlichen Erklärungen ihres Bediensteten am 25.03.2010 als Verwaltungsakt gewertet und eine materielle Entscheidung getroffen. Ein Verwaltungsakt, der die Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 2, 4 SGG eröffnet, liegt aber auch vor, wenn zwar der ursprüngliche Akt kein Verwaltungsakt gewesen ist, jedoch der Widerspruchsbescheid aus der schlichten Willenserklärung der Behörde einen Verwaltungsakt gemacht hat (vgl. BSG Urteil vom 18.09.1997 - 11 RAr 85/96 = SozR 3-4100 § 34 Nr. 4 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen). Damit ist der Leistungsantrag des Antragstellers von der Antragsgegnerin beschieden und der Rechtsweg für den Antragsteller eröffnet.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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