Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 26 KA 21/08 ER
Datum
-
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 B 6/09 KA ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 30.943, 91 EUR festgesetzt.
Gründe:
Nach §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) in der Fassung des Kostenmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 (BGBl. I, 718) bestimmt sich die Höhe des Streitwertes nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Streitsache. Maßgebend ist grundsätzlich dessen wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 26.03.2003 - L 10 B 2/03 KA -, 13.08.2003 - L 10 B 10/03 KA ER -, 24.02.2006 - L 10 B 21/05 KA -).
1. Ein eigenes wirtschaftliches Interesse der Antragstellerin und Beschwerdeführerein (KV Nordrhein) am Ausgang des Rechtsstreits ist nicht erkennbar und wird von ihr auch nicht behauptet. Mangels tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung des Streitwertes kann daher insoweit nur auf den Auffangwert von 5.000,00 EUR zurückgegriffen werden (§ 52 Abs. 2 GKG). Andererseits wird das wirtschaftliche Interesse des Beigeladenen zu 8) durch die Höhe der in einem bestimmten Zeitraum zu erzielenden Einnahmen bestimmt (dazu unter 2.) und liegt in Zulassungssachen regelhaft deutlich über dem Auffangwert von 5.000,00 EUR. Nach § 52 Abs. 1 GKG kommt es indessen nicht auf das wirtschaftliche Interesse des Beschwerdegegners oder des Beigeladenen an. Der Wortlaut stellt allein auf die Bedeutung der Sache für den Kläger ab. Außer Betracht bleiben die Auswirkungen der Entscheidung auf andere Beteiligte (Hartmann, Kostengesetz, 2008, § 52 GKG Rdn. 9). Ungeachtet dessen hat das Bundessozialgericht (BSG) hierzu im Hinblick auf Besonderheiten des Leistungserbringerrechts des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) ausgeführt (Beschluss vom 19.06.1992 - 6 RKa 40/93 -).
An der Festsetzung eines besonderen, abweichenden Gegenstandswertes für die Beigeladenen sieht sich der Senat durch § 13 Abs. 1 GKG dennoch nicht gehindert. Die verwaltungsrechtliche Rechtsprechung und Literatur will allerdings im Hinblick auf den Wortlaut und die Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift die Bildung unterschiedlicher Streitwerte nur ausnahmsweise für den Fall zulassen, daß sich die rechtliche Betroffenheit eines Beteiligten auf lediglich einen Teil des Streitgegenstandes beschränkt. Sie hält es dagegen nicht für zulässig, über eine gesonderte Wertfestsetzung die voneinander abweichenden Interessen der Prozeßbeteiligten zur Geltung zu bringen (vgl. BSG SozR 3-1930 § 8 Nr. 1 S. 6).Ob § 13 Abs 1 GKG für das Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Finanzgerichtsbarkeit zwingend eine gesonderte, an den unterschiedlichen Interessen der Beteiligten ausgerichtete Streitwertfestsetzung ausschließt, kann auf sich beruhen, denn die Vorschrift gilt für das sozialgerichtliche Verfahren nicht unmittelbar. Ihre vom Senat geforderte ergänzende Heranziehung im Rahmen des § 8 Abs 2 Satz 2 BRAGebO soll lediglich sachlich nicht begründete Abweichungen gegenüber der verwaltungs- und finanzgerichtlichen Praxis vermeiden helfen. Dieser Zweck rechtfertigt es nicht, die Regelung auch insoweit zu übernehmen, als sie den Besonderheiten des Sozialgerichtsprozesses nicht gerecht wird und zu unbilligen Ergebnissen führt. Für das durch mehrseitige Rechtsbeziehungen geprägte Leistungserbringungsrecht des SGB V, dem der Großteil der unter § 116 Abs 2 BRAGebO fallenden Streitigkeiten angehört, ist kennzeichnend, daß Verwaltungsentscheidungen gleichzeitig auf die Rechtsstellung mehrerer Betroffener unmittelbar oder mittelbar einwirken. Dementsprechend sind an derartigen Verfahren neben den Hauptbeteiligten regelmäßig Beigeladene mit unterschiedlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen beteiligt, wobei die prozessuale Stellung als Kläger, Beklagter oder Beigeladener vielfach durch die Zufälligkeit der jeweiligen Verfahrenskonstellation bestimmt wird. Hinzu kommt, daß von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in weit stärkerem Maße als von den Verwaltungs- und Finanzgerichten von der Möglichkeit der sogenannten einfachen Beiladung Gebrauch gemacht wird. Da das Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Unterschied zur Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und zur Finanzgerichtsordnung (FGO) für die einfache Beiladung keine rechtliche Betroffenheit verlangt, sondern es ausreichen läßt, wenn durch die Entscheidung berechtigte Interessen des Beizuladenden berührt werden (vgl § 75 Abs 1 SGG einerseits, § 65 Abs 1 VwGO und § 60 Abs 1 Satz 1 FGO andererseits), können im Sozialgerichtsprozeß nach dem Ermessen des Gerichts auch außerrechtliche, etwa wirtschaftliche, ethische, ideelle, soziale, kulturelle oder sonstige tatsächliche Interessen zur Beiladung führen. Ein für alle Betroffenen einheitlicher, allein durch das wirtschaftliche Interesse des Klägers bestimmter Gegenstandswert trägt diesen besonderen Gegebenheiten nicht Rechnung, weil er die typischerweise ganz unterschiedliche Interessenlage und wirtschaftliche Betroffenheit der Beteiligten vernachlässigt, die Höhe des Streitwertes von der zufälligen Stellung der Beteiligten im Prozeß abhängig macht und den einzelnen unter Umständen einem unkalkulierbaren Kostenrisiko aussetzt, das in keinem Verhältnis zu der Bedeutung steht, die der Prozeß für ihn selbst hat.
Ausgehend hiervon hat das BSG im Beschluss vom 12.09.2006 - B 6 KA 70/05 B - dargelegt, dass der Wert der Beschwer für die das Rechtsmittelverfahren zwecks Verteidigung ihres Bescheides betreibenden KV spiegelbildlich zur Beschwer des Klägers im Verfahren vor dem Sozialgericht und deshalb nach denselben Grundsätzen zu bestimmen ist. In diesem Sinn hat der Senat bereits mehrfach - allerdings ohne nähere Begründung - entschieden (vgl. Beschluss vom 18.03.2008 - L 11 B 22/07 KA ER -; Urteil vom 12.03.2008 - L 11 (10) KA 36/06 -; vgl. auch Beschluss vom 10.12.2007 - L 10 B 39/06 KA -). Daran ist aus den vom BSG herausgearbeiteten Gründen festzuhalten. Hieraus folgt, dass in Fällen, in denen eine KV Klägerin oder Antragstellerin ist, deren wirtschaftliche Interesse - spiegelbildlich - durch das wirtschaftliche Interesse anderer Verfahrensbeteiligter bestimmt werden kann, wenn ein eigenes wirtschaftliches Interesse der KV weder ersichtlich ist noch vorgetragen wird.
2. Soweit es ein Hauptsacheverfahren auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung anlangt, ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht mehr von einem Fünf-Jahres-Zeitraum, sondern nur noch von einem Drei-Jahres-Zeitraum auszugehen (BSG, Beschluss vom 12.10.2005 - B 6 KA 47/04 B -; Urteil vom 01.09.2005 - B 6 KA 41/04 R -). Geht es - wie hier - um einstweiligen Rechtsschutz in Zulassungssachen, wird teilweise die Auffassung vertreten, dass von dem fiktiven Wert des solchermaßen in zeitlicher Hinsicht fixierten Hauptsacheverfahrens ein Abschlag vorzunehmen ist (vgl. SG Dresden, Beschluss vom 15.07.2004 - S 11 KA 279/04 ER -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 19.11.2003 - L 11 B 28/00 KA -; LSG Thüringen, Beschluss vom 12.03.2004 - L 4 B 15/01 KA -). Der Senat folgt dem nicht. Für die Wertberechnung ist vielmehr ein (fiktives) Hauptsacheverfahren zu Grunde zu legen. Insoweit ist die Länge des Zeitraums zu schätzen, die bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens typischerweise zu erwarten ist (LSG Bayern, Beschlüsse vom 09.12.2004 - L 12 B 202/04 KA - und vom 25.04.2005 - L 12 B 203/04 KA -: zwei Jahre). Ein Abschlag wegen des besonderen Charakters des einstweiligen Rechtsschutzes kommt nicht in Betracht. Dies beruht darauf, dass der vorläufig zugelassene Arzt und der Arzt, der wegen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels gegen die Zulassungsentziehung weiter vertragsärztlich tätig sein darf, unter dem Gesichtspunkt der Vergütung ihrer Leistungen keinen anderen Status als "regulär" zugelassene Ärzte haben (vgl. Wenner/Bernard, NZS 2006, 1, 4).
Dieser Ansatz würde allerdings dazu führen, dass das wirtschaftliche Interesse des antragstellenden Arztes an einer einstweiligen Regelung seinem wirtschaftlichen Interesse an einem Obsiegen im Hauptsacheverfahren deckungsgleich ist. Da für ein solches Hauptsacheverfahren - typisierend - grundsätzlich ein Zeitraum von drei Jahren anzusetzen ist (vgl. oben), müsste auch der im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zu berücksichtigende Zeitfaktor auf drei Jahre bemessen werden. Das damit verbundene Kostenrisiko erachtet der Senat wegen Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) als nicht mehr vertretbar (vgl. BVerfG NJW 1997, 311). Aus diesem Grunde kann für das Beschwerdeverfahrens grundsätzlich ein Zeitraum von einem Jahr angesetzt werden. Anderes mag dann gelten, wenn eine befristete Teilnahmeform im Streit steht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19.05.2009 - L 11 B 10/09 KA ER - und 27.05.2009 - L 11 KA 2/09 ER -). Darum geht es hier indessen nicht. Zeitlicher Bemessungsfaktor für den Streitwert ist mithin "ein Jahr".
In Zulassungsangelegenheiten ist der Streitwert in der Regel in Höhe des Umsatzes anzusetzen, den der Arzt bei erlangter Zulassung innerhalb der nächsten Zeit aus vertragsärztlicher Tätigkeit erzielen könnte, abzüglich des Praxiskostenanteils (vgl. BSG, Beschluss vom 12.09.2006 - B 6 KA 70/05 B -). Für die Umsätze ist in dem Regelfall einer Klage auf Zulassung - da insoweit keine individuellen Umsätze des Vertragsarztes vorliegen, die herangezogen werden könnten - auf die Beträge abzustellen, die im Gesamtbundesdurchschnitt (bzw. für Regionen in den neuen Bundesländern im Durchschnitt dieser Länder) für die Arztgruppe ausgewiesen sind, welcher der Arzt angehört (dazu Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)- Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland). Sofern Daten des jeweiligen KV-Bezirks vorliegen, in welchem der betroffene Vertragsarzt tätig war bzw. tätig werden möchte, können auch diese Umsätze zu Grunde gelegt werden (BSG, Beschluss vom 01.09.2005 - B 6 KA 41/04 R -). Soweit nicht auf individuelle Umsätze zurückgegriffen werden kann und eine Arztgruppe betroffen ist, für die keine Daten des Gruppendurchschnitts vorliegen, kann es in Betracht kommen, den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu schätzen oder auf den Durchschnitt der Umsätze aller Arztgruppen abzustellen. Vom Zeitpunkt her sind die Verhältnisse desjenigen Jahres zu Grunde zu legen, in dem der jeweilige Rechtszug eingeleitet worden ist. Soweit die Werte dieses Jahres noch nicht ermittelt worden oder jedenfalls noch nicht bekannt sind, ist auf die zeitnächsten verfügbaren Daten zurückzugreifen (BSG, Beschluss vom 26.09.2005 - B 6 KA 69/04 B -). Für die Praxiskostenanteile ist pauschalierend auf die Kostenquote abzustellen, die im Gesamtbundesdurchschnitt (bzw. für Regionen in den neuen Bundesländern im Durchschnitt dieser Länder) für die Arztgruppe ausgewiesen ist, welcher der betroffene Arzt angehört (vgl. KBV, Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland). Ist eine Arztgruppe betroffen, für die keine Daten vorliegen, kann es in Betracht kommen, entweder auf die durchschnittliche Kostenquote aller Arztgruppen oder auf einen pauschal gegriffenen Kostensatz von z.B. 50 v.H. abzustellen (BSG, Beschluss vom 12.10.2005 - B 6 KA 47/04 B -).
Vorliegend geht es um eine Praxisnachbesetzung. Demzufolge kann auf die vom Beigeladenen zu 7) erwirtschafteten Umsätze zurückgegriffen werden.
Nach diesen Grundsätzen wäre für die vom Beigeladenen zu 8) mittels Nachbesetzung angestrebte vertragsärztliche Tätigkeit als Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie ein durchschnittlicher mit der Beschwerdeführerein abgerechneter Umsatz (vgl. deren Schreiben vom 21.07.2009) von
2005: 100.950,15 EUR
2006: 95.917,20 EUR
2007: 83.591,05 EUR
= 280.458,40 EUR./. 3 = 93.486,13 EUR
anzusetzen.
Da die KBV in den Grunddaten für die vertragsärztliche Versorgung für 2007 keine Praxiskostenanteile veröffentlicht hat, ist es sachgerecht, auf die zeitnächst verfügbaren Daten zurückzugreifen (BSG, Beschluss vom 12.10.2005 - B 6 KA 47/04 -). Das sind jene für das Jahr 2003, nämlich 66,9 v.H. für die Arztgruppe der Chirurgen (KBV, Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland, 2004, Tabelle III.4 (gesamtes Bundesgebiet)). Daraus ergibt sich ein Streitwert von 93.486,13 EUR - 66,9 % = 30.943, 91 EUR.
Unerheblich ist insoweit, dass der Beigeladene zu 8) Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie ist. Zwar weisen die von der KBV a.a.O. veröffentlichten Daten für Orthopäden Betriebskosten in Höhe von 61,3 % aus. Dieser Wert ist vorliegend nicht maßgebend, denn der Beigeladene zu 8) will eine chirurgisch ausgerichtet Praxis übernehmen (hierzu Senat, Beschluss vom 17.06.2009 - L 11 B 6/09 KA ER -).
3. Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 8) wird der Streitwert nicht durch Umsatzvolumina erhöht, die daraus resultieren, dass der Beigeladene zu 7) im Rahmen seiner Tätigkeit als Durchgangsarzt mit den Trägern der gesetzliche Unfallversicherung Patientenbehandlungen abgerechnet hat. Die Tätigkeit eines Durchgangsarztes ist nicht Teil der vertragsärztlichen Versorgung. Dies folgt aus § 34 Abs. 2 Siebentes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Hiernach haben die Unfallversicherungsträger die Ärzte und Krankenhäuser an der Durchführung der besonderen unfallmedizinischen Behandlung zu beteiligen, die den nach Absatz 1 Satz 2 festgelegten Anforderungen entsprechen. Ein Durchgangsarzt wird demgemäss aufgrund einer von den Berufsgenossenschaften erteilten besonderen Zulassung tätig. So liegt es hier. Der Beigeladene zu 7) ist mit Bescheid des Landesverbandes Rheinland-Westfalen der gewerblichen Berufsgenossenschaften vom 18.01.1995 zum Durchgangsarzt bestellt worden. Kostenträger für Arbeits- und Wegeunfälle ist die zuständige Unfallversicherung (z.B. gewerbliche Berufsgenossenschaft). Aus alledem folgt, dass es sich bei den aus einer Tätigkeit als Durchgangsarzt erzielten Einnahmen nicht um solche aus vertragsärztlicher Tätigkeit handelt.
4. Soweit der Beigeladene zu 8) darauf verweist, dass als Praxiseinnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit für die steuerliche Gewinnermittlung 93.382,81 EUR (2005), 102.180,43 EUR (2006) und 80.993,62 EUR (2007) zu Grunde gelegt worden sind, weichen diese Daten zwar von dem mit der Beschwerdeführerin abgerechneten Umsatz ab (vgl. oben). Indessen sind steuerrechtliche Ansätze für die Streitwertbestimmung irrelevant (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 10.12.2007 - L 10 B 39/06 KA - und 23.04.2007 - L 10 B 1/07 KA -). Abzustellen ist allein auf die sich aus den Abrechnungsbescheiden ergebenden konkreten Umsatzvolumina (vgl. auch BSG vom 12.10.2005 - B 6 KA 47/04 B -: Umsätze des Vertragsarztes).
Nach alldem ist der Streitwert mit 30.943, 91 EUR festzusetzen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Nach §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) in der Fassung des Kostenmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 (BGBl. I, 718) bestimmt sich die Höhe des Streitwertes nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Streitsache. Maßgebend ist grundsätzlich dessen wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 26.03.2003 - L 10 B 2/03 KA -, 13.08.2003 - L 10 B 10/03 KA ER -, 24.02.2006 - L 10 B 21/05 KA -).
1. Ein eigenes wirtschaftliches Interesse der Antragstellerin und Beschwerdeführerein (KV Nordrhein) am Ausgang des Rechtsstreits ist nicht erkennbar und wird von ihr auch nicht behauptet. Mangels tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung des Streitwertes kann daher insoweit nur auf den Auffangwert von 5.000,00 EUR zurückgegriffen werden (§ 52 Abs. 2 GKG). Andererseits wird das wirtschaftliche Interesse des Beigeladenen zu 8) durch die Höhe der in einem bestimmten Zeitraum zu erzielenden Einnahmen bestimmt (dazu unter 2.) und liegt in Zulassungssachen regelhaft deutlich über dem Auffangwert von 5.000,00 EUR. Nach § 52 Abs. 1 GKG kommt es indessen nicht auf das wirtschaftliche Interesse des Beschwerdegegners oder des Beigeladenen an. Der Wortlaut stellt allein auf die Bedeutung der Sache für den Kläger ab. Außer Betracht bleiben die Auswirkungen der Entscheidung auf andere Beteiligte (Hartmann, Kostengesetz, 2008, § 52 GKG Rdn. 9). Ungeachtet dessen hat das Bundessozialgericht (BSG) hierzu im Hinblick auf Besonderheiten des Leistungserbringerrechts des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) ausgeführt (Beschluss vom 19.06.1992 - 6 RKa 40/93 -).
An der Festsetzung eines besonderen, abweichenden Gegenstandswertes für die Beigeladenen sieht sich der Senat durch § 13 Abs. 1 GKG dennoch nicht gehindert. Die verwaltungsrechtliche Rechtsprechung und Literatur will allerdings im Hinblick auf den Wortlaut und die Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift die Bildung unterschiedlicher Streitwerte nur ausnahmsweise für den Fall zulassen, daß sich die rechtliche Betroffenheit eines Beteiligten auf lediglich einen Teil des Streitgegenstandes beschränkt. Sie hält es dagegen nicht für zulässig, über eine gesonderte Wertfestsetzung die voneinander abweichenden Interessen der Prozeßbeteiligten zur Geltung zu bringen (vgl. BSG SozR 3-1930 § 8 Nr. 1 S. 6).Ob § 13 Abs 1 GKG für das Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Finanzgerichtsbarkeit zwingend eine gesonderte, an den unterschiedlichen Interessen der Beteiligten ausgerichtete Streitwertfestsetzung ausschließt, kann auf sich beruhen, denn die Vorschrift gilt für das sozialgerichtliche Verfahren nicht unmittelbar. Ihre vom Senat geforderte ergänzende Heranziehung im Rahmen des § 8 Abs 2 Satz 2 BRAGebO soll lediglich sachlich nicht begründete Abweichungen gegenüber der verwaltungs- und finanzgerichtlichen Praxis vermeiden helfen. Dieser Zweck rechtfertigt es nicht, die Regelung auch insoweit zu übernehmen, als sie den Besonderheiten des Sozialgerichtsprozesses nicht gerecht wird und zu unbilligen Ergebnissen führt. Für das durch mehrseitige Rechtsbeziehungen geprägte Leistungserbringungsrecht des SGB V, dem der Großteil der unter § 116 Abs 2 BRAGebO fallenden Streitigkeiten angehört, ist kennzeichnend, daß Verwaltungsentscheidungen gleichzeitig auf die Rechtsstellung mehrerer Betroffener unmittelbar oder mittelbar einwirken. Dementsprechend sind an derartigen Verfahren neben den Hauptbeteiligten regelmäßig Beigeladene mit unterschiedlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen beteiligt, wobei die prozessuale Stellung als Kläger, Beklagter oder Beigeladener vielfach durch die Zufälligkeit der jeweiligen Verfahrenskonstellation bestimmt wird. Hinzu kommt, daß von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in weit stärkerem Maße als von den Verwaltungs- und Finanzgerichten von der Möglichkeit der sogenannten einfachen Beiladung Gebrauch gemacht wird. Da das Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Unterschied zur Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und zur Finanzgerichtsordnung (FGO) für die einfache Beiladung keine rechtliche Betroffenheit verlangt, sondern es ausreichen läßt, wenn durch die Entscheidung berechtigte Interessen des Beizuladenden berührt werden (vgl § 75 Abs 1 SGG einerseits, § 65 Abs 1 VwGO und § 60 Abs 1 Satz 1 FGO andererseits), können im Sozialgerichtsprozeß nach dem Ermessen des Gerichts auch außerrechtliche, etwa wirtschaftliche, ethische, ideelle, soziale, kulturelle oder sonstige tatsächliche Interessen zur Beiladung führen. Ein für alle Betroffenen einheitlicher, allein durch das wirtschaftliche Interesse des Klägers bestimmter Gegenstandswert trägt diesen besonderen Gegebenheiten nicht Rechnung, weil er die typischerweise ganz unterschiedliche Interessenlage und wirtschaftliche Betroffenheit der Beteiligten vernachlässigt, die Höhe des Streitwertes von der zufälligen Stellung der Beteiligten im Prozeß abhängig macht und den einzelnen unter Umständen einem unkalkulierbaren Kostenrisiko aussetzt, das in keinem Verhältnis zu der Bedeutung steht, die der Prozeß für ihn selbst hat.
Ausgehend hiervon hat das BSG im Beschluss vom 12.09.2006 - B 6 KA 70/05 B - dargelegt, dass der Wert der Beschwer für die das Rechtsmittelverfahren zwecks Verteidigung ihres Bescheides betreibenden KV spiegelbildlich zur Beschwer des Klägers im Verfahren vor dem Sozialgericht und deshalb nach denselben Grundsätzen zu bestimmen ist. In diesem Sinn hat der Senat bereits mehrfach - allerdings ohne nähere Begründung - entschieden (vgl. Beschluss vom 18.03.2008 - L 11 B 22/07 KA ER -; Urteil vom 12.03.2008 - L 11 (10) KA 36/06 -; vgl. auch Beschluss vom 10.12.2007 - L 10 B 39/06 KA -). Daran ist aus den vom BSG herausgearbeiteten Gründen festzuhalten. Hieraus folgt, dass in Fällen, in denen eine KV Klägerin oder Antragstellerin ist, deren wirtschaftliche Interesse - spiegelbildlich - durch das wirtschaftliche Interesse anderer Verfahrensbeteiligter bestimmt werden kann, wenn ein eigenes wirtschaftliches Interesse der KV weder ersichtlich ist noch vorgetragen wird.
2. Soweit es ein Hauptsacheverfahren auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung anlangt, ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht mehr von einem Fünf-Jahres-Zeitraum, sondern nur noch von einem Drei-Jahres-Zeitraum auszugehen (BSG, Beschluss vom 12.10.2005 - B 6 KA 47/04 B -; Urteil vom 01.09.2005 - B 6 KA 41/04 R -). Geht es - wie hier - um einstweiligen Rechtsschutz in Zulassungssachen, wird teilweise die Auffassung vertreten, dass von dem fiktiven Wert des solchermaßen in zeitlicher Hinsicht fixierten Hauptsacheverfahrens ein Abschlag vorzunehmen ist (vgl. SG Dresden, Beschluss vom 15.07.2004 - S 11 KA 279/04 ER -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 19.11.2003 - L 11 B 28/00 KA -; LSG Thüringen, Beschluss vom 12.03.2004 - L 4 B 15/01 KA -). Der Senat folgt dem nicht. Für die Wertberechnung ist vielmehr ein (fiktives) Hauptsacheverfahren zu Grunde zu legen. Insoweit ist die Länge des Zeitraums zu schätzen, die bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens typischerweise zu erwarten ist (LSG Bayern, Beschlüsse vom 09.12.2004 - L 12 B 202/04 KA - und vom 25.04.2005 - L 12 B 203/04 KA -: zwei Jahre). Ein Abschlag wegen des besonderen Charakters des einstweiligen Rechtsschutzes kommt nicht in Betracht. Dies beruht darauf, dass der vorläufig zugelassene Arzt und der Arzt, der wegen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels gegen die Zulassungsentziehung weiter vertragsärztlich tätig sein darf, unter dem Gesichtspunkt der Vergütung ihrer Leistungen keinen anderen Status als "regulär" zugelassene Ärzte haben (vgl. Wenner/Bernard, NZS 2006, 1, 4).
Dieser Ansatz würde allerdings dazu führen, dass das wirtschaftliche Interesse des antragstellenden Arztes an einer einstweiligen Regelung seinem wirtschaftlichen Interesse an einem Obsiegen im Hauptsacheverfahren deckungsgleich ist. Da für ein solches Hauptsacheverfahren - typisierend - grundsätzlich ein Zeitraum von drei Jahren anzusetzen ist (vgl. oben), müsste auch der im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zu berücksichtigende Zeitfaktor auf drei Jahre bemessen werden. Das damit verbundene Kostenrisiko erachtet der Senat wegen Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) als nicht mehr vertretbar (vgl. BVerfG NJW 1997, 311). Aus diesem Grunde kann für das Beschwerdeverfahrens grundsätzlich ein Zeitraum von einem Jahr angesetzt werden. Anderes mag dann gelten, wenn eine befristete Teilnahmeform im Streit steht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19.05.2009 - L 11 B 10/09 KA ER - und 27.05.2009 - L 11 KA 2/09 ER -). Darum geht es hier indessen nicht. Zeitlicher Bemessungsfaktor für den Streitwert ist mithin "ein Jahr".
In Zulassungsangelegenheiten ist der Streitwert in der Regel in Höhe des Umsatzes anzusetzen, den der Arzt bei erlangter Zulassung innerhalb der nächsten Zeit aus vertragsärztlicher Tätigkeit erzielen könnte, abzüglich des Praxiskostenanteils (vgl. BSG, Beschluss vom 12.09.2006 - B 6 KA 70/05 B -). Für die Umsätze ist in dem Regelfall einer Klage auf Zulassung - da insoweit keine individuellen Umsätze des Vertragsarztes vorliegen, die herangezogen werden könnten - auf die Beträge abzustellen, die im Gesamtbundesdurchschnitt (bzw. für Regionen in den neuen Bundesländern im Durchschnitt dieser Länder) für die Arztgruppe ausgewiesen sind, welcher der Arzt angehört (dazu Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)- Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland). Sofern Daten des jeweiligen KV-Bezirks vorliegen, in welchem der betroffene Vertragsarzt tätig war bzw. tätig werden möchte, können auch diese Umsätze zu Grunde gelegt werden (BSG, Beschluss vom 01.09.2005 - B 6 KA 41/04 R -). Soweit nicht auf individuelle Umsätze zurückgegriffen werden kann und eine Arztgruppe betroffen ist, für die keine Daten des Gruppendurchschnitts vorliegen, kann es in Betracht kommen, den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu schätzen oder auf den Durchschnitt der Umsätze aller Arztgruppen abzustellen. Vom Zeitpunkt her sind die Verhältnisse desjenigen Jahres zu Grunde zu legen, in dem der jeweilige Rechtszug eingeleitet worden ist. Soweit die Werte dieses Jahres noch nicht ermittelt worden oder jedenfalls noch nicht bekannt sind, ist auf die zeitnächsten verfügbaren Daten zurückzugreifen (BSG, Beschluss vom 26.09.2005 - B 6 KA 69/04 B -). Für die Praxiskostenanteile ist pauschalierend auf die Kostenquote abzustellen, die im Gesamtbundesdurchschnitt (bzw. für Regionen in den neuen Bundesländern im Durchschnitt dieser Länder) für die Arztgruppe ausgewiesen ist, welcher der betroffene Arzt angehört (vgl. KBV, Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland). Ist eine Arztgruppe betroffen, für die keine Daten vorliegen, kann es in Betracht kommen, entweder auf die durchschnittliche Kostenquote aller Arztgruppen oder auf einen pauschal gegriffenen Kostensatz von z.B. 50 v.H. abzustellen (BSG, Beschluss vom 12.10.2005 - B 6 KA 47/04 B -).
Vorliegend geht es um eine Praxisnachbesetzung. Demzufolge kann auf die vom Beigeladenen zu 7) erwirtschafteten Umsätze zurückgegriffen werden.
Nach diesen Grundsätzen wäre für die vom Beigeladenen zu 8) mittels Nachbesetzung angestrebte vertragsärztliche Tätigkeit als Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie ein durchschnittlicher mit der Beschwerdeführerein abgerechneter Umsatz (vgl. deren Schreiben vom 21.07.2009) von
2005: 100.950,15 EUR
2006: 95.917,20 EUR
2007: 83.591,05 EUR
= 280.458,40 EUR./. 3 = 93.486,13 EUR
anzusetzen.
Da die KBV in den Grunddaten für die vertragsärztliche Versorgung für 2007 keine Praxiskostenanteile veröffentlicht hat, ist es sachgerecht, auf die zeitnächst verfügbaren Daten zurückzugreifen (BSG, Beschluss vom 12.10.2005 - B 6 KA 47/04 -). Das sind jene für das Jahr 2003, nämlich 66,9 v.H. für die Arztgruppe der Chirurgen (KBV, Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland, 2004, Tabelle III.4 (gesamtes Bundesgebiet)). Daraus ergibt sich ein Streitwert von 93.486,13 EUR - 66,9 % = 30.943, 91 EUR.
Unerheblich ist insoweit, dass der Beigeladene zu 8) Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie ist. Zwar weisen die von der KBV a.a.O. veröffentlichten Daten für Orthopäden Betriebskosten in Höhe von 61,3 % aus. Dieser Wert ist vorliegend nicht maßgebend, denn der Beigeladene zu 8) will eine chirurgisch ausgerichtet Praxis übernehmen (hierzu Senat, Beschluss vom 17.06.2009 - L 11 B 6/09 KA ER -).
3. Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 8) wird der Streitwert nicht durch Umsatzvolumina erhöht, die daraus resultieren, dass der Beigeladene zu 7) im Rahmen seiner Tätigkeit als Durchgangsarzt mit den Trägern der gesetzliche Unfallversicherung Patientenbehandlungen abgerechnet hat. Die Tätigkeit eines Durchgangsarztes ist nicht Teil der vertragsärztlichen Versorgung. Dies folgt aus § 34 Abs. 2 Siebentes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Hiernach haben die Unfallversicherungsträger die Ärzte und Krankenhäuser an der Durchführung der besonderen unfallmedizinischen Behandlung zu beteiligen, die den nach Absatz 1 Satz 2 festgelegten Anforderungen entsprechen. Ein Durchgangsarzt wird demgemäss aufgrund einer von den Berufsgenossenschaften erteilten besonderen Zulassung tätig. So liegt es hier. Der Beigeladene zu 7) ist mit Bescheid des Landesverbandes Rheinland-Westfalen der gewerblichen Berufsgenossenschaften vom 18.01.1995 zum Durchgangsarzt bestellt worden. Kostenträger für Arbeits- und Wegeunfälle ist die zuständige Unfallversicherung (z.B. gewerbliche Berufsgenossenschaft). Aus alledem folgt, dass es sich bei den aus einer Tätigkeit als Durchgangsarzt erzielten Einnahmen nicht um solche aus vertragsärztlicher Tätigkeit handelt.
4. Soweit der Beigeladene zu 8) darauf verweist, dass als Praxiseinnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit für die steuerliche Gewinnermittlung 93.382,81 EUR (2005), 102.180,43 EUR (2006) und 80.993,62 EUR (2007) zu Grunde gelegt worden sind, weichen diese Daten zwar von dem mit der Beschwerdeführerin abgerechneten Umsatz ab (vgl. oben). Indessen sind steuerrechtliche Ansätze für die Streitwertbestimmung irrelevant (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 10.12.2007 - L 10 B 39/06 KA - und 23.04.2007 - L 10 B 1/07 KA -). Abzustellen ist allein auf die sich aus den Abrechnungsbescheiden ergebenden konkreten Umsatzvolumina (vgl. auch BSG vom 12.10.2005 - B 6 KA 47/04 B -: Umsätze des Vertragsarztes).
Nach alldem ist der Streitwert mit 30.943, 91 EUR festzusetzen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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