Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 5 KR 292/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 105/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 30/10 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
als unzulässig verworfen
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.09.2005 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung des sog. Herstellerrabatts gemäß § 130a Abs. 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) für Arzneimittel, die die in den Niederlanden ansässige Klägerin im Wege des Versandhandels an Versicherte der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in der Zeit von 2003 bis 2005 abgegeben hat.
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft niederländischen Rechts mit Sitz in I/Niederlande, die Beklagte ist ein pharmazeutischer Unternehmer i.S.d. § 4 Abs. 18 Arzneimittelgesetz (AMG) mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland. Die Klägerin betreibt in den Niederlanden sowohl eine Präsenz- als auch eine Versand-/Internetapotheke, mit der sie überwiegend Endverbraucher in Deutschland versorgt. Ihren Angaben zufolge erwirbt sie die Arzneimittel bei deutschen Großhändlern, die die Ware an den Sitz der Klägerin in die Niederlande senden. Von dort aus beliefert sie Versicherte der GKV auf Bestellung per Kurierdienst mit Arzneimitteln, die nach dem AMG zugelassen sind. Verordnungspflichtige Arzneimittel versendet sie gegen Vorlage vertragsärztlicher Verordnungen. Die Vergütung der Leistungen erfolgt wie bei inländischen Apotheken unmittelbar im Verhältnis zwischen der Klägerin und den Krankenkassen der Versicherten, ohne dass diese in Vorleistung treten und im Nachhinein Erstattung beantragen müssen. Grundlage hierfür sind individuelle vertragliche Vereinbarungen zwischen der Klägerin und einzelnen Krankenkassen. Auf diese Vereinbarungen gestützt rechnet die Klägerin die erbrachten Leistungen außerhalb des für inländische Apotheken nach § 129 SGB V vorgeschriebenen Abrechnungsverfahrens zu den Bedingungen ab, die sie mit der jeweiligen Krankenkasse selbst ausgehandelt hat.
Im Bereich der GKV sind die Arzneimittelkosten, die den Krankenkassen durch die Versorgung ihrer Versicherten entstehen, u.a. durch Apotheken-, Großhandels- und Herstellerrabatte zu verringern. Der Gesetzgeber hat die GKV mit dem Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) vom 23.12.2002 (BGBl. I 4637) finanziell u.a. dadurch entlastet, dass pharmazeutische Unternehmer Rabatte auf Arzneimittel für ihre Versicherten gewähren müssen. Diese Rabatte sind von den pharmazeutischen Unternehmern jedoch nicht unmittelbar an die Krankenkassen abzuführen. Vielmehr erhalten die Krankenkassen den Rabatt dadurch, dass sie die Rechnungen der Apotheken um den Herstellerrabatt kürzen. Die Apotheken wiederum können pharmazeutische Unternehmer auf Erstattung der gekürzten Beträge in Anspruch nehmen (§ 130a SGB V).
Die Klägerin gab im betroffenen Zeitraum von 2003 bis 2005 im Wege des Versandhandels an Versicherte der GKV u.a. Arzneimittel ab, die die Beklagte vertrieben hatte. Hierfür entrichteten die Krankenkassen auf der Basis ihrer Vereinbarungen mit der Klägerin die geschuldete Vergütung, wobei jeweils ein Abschlag in Höhe des Herstellerrabatts einbehalten wurde. Die Erstattung dieser Rabatte lehnte der beklagte pharmazeutische Unternehmer jedoch gegenüber der Klägerin ab.
Mit ihrer am 10.12.2003 vor dem Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht:
§ 130a SGB V gelte nach dem eindeutigen Wortlaut des Abs. 1 für sämtliche Arzneimittel, die zu Lasten der GKV an Versicherte abgegeben würden. Der Apothekerbegriff des § 130a SGB V umfasse auch EU-ausländische Apotheken. Eine Apotheke, die - wie die Klägerin - Arzneimittel grenzüberschreitend innerhalb der EU vertreibe, sei Trägerin der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (jetzt: AEUV). Insbesondere die in den Art. 28 EG (jetzt: Art. 34 AEUV) normierte Freiheit des Warenverkehrs fordere, dass die Kosten für Arzneimittel, die von in Deutschland gesetzlich Versicherten aus dem Ausland bezogen würden, von den deutschen gesetzlichen Krankenkassen übernommen würden. Die Rechtslage sei unmittelbar vergleichbar mit der Inanspruchnahme ambulanter Behandlungen im EG-Ausland durch gesetzlich Versicherte, für die der EuGH in nunmehr ständiger Rechtsprechung davon ausgehe, dass die daraus entstehenden Kosten ohne Genehmigungserfordernis zu übernehmen seien.
Die Klägerin hat ferner die Auffassung vertreten, dass sie rechtmäßig an dem Handel mit Arzneimitteln teilgenommen habe. Dem stehe nicht entgegen, dass § 43 Abs. 1 AMG den Versand von Arzneimitteln zur Zeit der Klageerhebung in Deutschland noch untersagt habe. Dieses Verbot sei zum 01.01.2004 aufgehoben worden und habe ohnehin auf den grenzüberschreitenden Direktversand an deutsche Kunden keine Anwendung gefunden, da es in ungerechtfertigter Weise gegen die Freiheit des Warenverkehrs verstoßen habe.
Der Beitritt zum Rahmenvertrag nach § 129 SGB V sei nicht Voraussetzung für den geltend gemachten Anspruch. Das gesetzgeberische Ziel des § 130 a Abs. 5 Satz 5 SGB V, nämlich eine Abrechnungserleichterung in Bezug auf den Herstellerrabatt zu ermöglichen, sei durch das von ihr installierte Abrechnungsverfahren gewährleistet.
Die Geltung der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) für die Klägerin sei nicht Anspruchsvoraussetzung im Rahmen des § 130a SGB V. Daraus könne allerdings nicht gefolgert werden, dass die Herstellerrabattregelung ebenfalls keine Anwendung finde. Der Zweck beider Regelungen sei nämlich grundlegend unterschiedlich. Mit der AMPreisV solle eine flächendeckende und vor allem gleichartige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt werden. Dagegen verfolgten die Regelungen über den Herstellerrabatt den Zweck, die gesetzlichen Krankenkassen gegenüber den pharmazeutischen Unternehmern zu entlasten.
Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) ermögliche es der neu eingeführte § 140e SGB V den Krankenkassen, mit EU-ausländischen Leistungserbringern nach Maßgabe des Vierten Kapitels des SGB V Verträge gemäß § 13 Abs. 4 Satz 2 SGB V über den Leistungsaustausch abzuschließen. Von dieser Möglichkeit hätten nahezu sämtliche Krankenkassen Gebrauch gemacht und entsprechende Verträge mit der Klägerin geschlossen. Insbesondere müsse berücksichtigt werden, dass vertraglich vereinbart worden sei, dass die Arzneimittellieferverträge der deutschen Apothekerschaft gemäß § 129 SGB V entsprechend anzuwenden seien.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.641,16 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 10. Dezember 2003 auf 832,83 Euro und seit dem 13. Juli 2004 auf den Betrag von 1.808,33 Euro zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat u.a. entgegnet:
§ 130a SGB V sei auf die Klägerin als ausländischer Apotheke nach § 30 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgestzbuch (SGB I) insgesamt nicht anwendbar. Normadressat des § 130a SGB V könnten von vornherein nur inländische Apotheken sein. Denn die Klägerin könne als ausländisches Unternehmen nicht Adressat der Verpflichtungen des SGB V und der AMPreisV sein. Eben dies habe sie für den relevanten Zeitraum ab 2003 in die Lage versetzt, Arzneimittel im Wege des Versandhandels zu günstigeren Konditionen abzugeben, als dies inländischen Apotheken möglich gewesen sei. Das von der Klägerin gewählte Geschäftsmodell beruhe - soweit es den Versandhandel in Deutschland betreffe - gerade darauf, dass es außerhalb der gesetzlichen Regelungen des SGB V sowie der AMPreisV stehe.
Entgegen der Auffassung der Klägerin komme es für den Erstattungsanspruch nach § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht auf die tatsächliche Abführung des Herstellerrabatts an. Entscheidend sei allein, dass der Anspruch für Apotheken im Innenverhältnis gegenüber den pharmazeutischen Unternehmen daran anknüpfe, dass im Außenverhältnis eine entsprechende Abführungsverpflichtung gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen nach § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V bestehe. Der logische und legitimierende Rechtsgrund für den gesetzlichen Rückgriffsanspruch im Innenverhältnis sei mithin die gesetzliche Abführungsverpflichtung der Apotheken im Außenverhältnis. Da die Klägerin bereits nicht Normadressat des § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V sei, könne auch ein daraus abgeleiteter Erstattungsanspruch nicht bestehen.
Soweit die Klägerin die Auffassung vertrete, sie habe den gesetzlich vorgeschriebenen Rabatt abgeführt, sei dies nicht zutreffend. Vielmehr habe sie lediglich einen Rabatt gewährt, der demjenigen entspreche, zu dessen Abführung als Herstellerrabatt die inländischen Apotheken gesetzlich verpflichtet seien. Es handele sich dabei gerade nicht um einen "Herstellerrabatt" i.S.d. gesetzlichen Regelungen, sondern um einen von der Klägerin frei von rechtlichem Zwang geleisteten "Apothekerrabatt".
Der Anwendbarkeit des § 130a SGB V stehe ferner entgegen, dass die Klägerin die Arzneimittel außerhalb der AMPreisV und folglich nicht auf Grundlage der in Deutschland geltenden Arzneimittelpreisbindung abgegeben habe. Somit müsse davon ausgegangen werden, dass bei freier Preisbildung auch der Herstellerabgabepreis im Einzelfall frei vereinbart werden könne und der Herstellerabschlag nicht zu entrichten sei. Es wäre aus gesetzessystematischer Sicht völlig systemwidrig, der Klägerin einen isolierten Rückgriffsanspruch gemäß § 130a SGB V zu gewähren, obwohl alle anderen preisregulierenden und rabattrechtlichen Vorschriften des Sozialversicherungs- und Arzneimittelrechts auf die Klägerin nicht anzuwenden seien.
Zwar sei der Apothekenversandhandel mit Arzneimitteln seit dem 01.01.2004 zulässig. Die Neuregelung bestätige jedoch die Sonderstellung der ausländischen Leistungserbringer und deren Ausschluss vom GKV-Finanzierungssystem. Abgesehen davon nähmen ausländische Apotheken auch nach der Rechtsänderung nicht an dem national beschränkten Sachleistungssystem teil, sondern könnten von Versicherten nur im Wege der Kostenerstattung in Anspruch genommen werden. Im Rahmen des Kostenerstattungsanspruchs falle jedoch kein Herstellerrabatt an. Auch wenn die Klägerin unmittelbar mit den Krankenkassen abgerechnet habe, stelle dies keine Leistungserbringung innerhalb des Sachleistungssystems dar.
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die von der Klägerin übersandten Abrechnungen Fertigarzneimittel enthielten, bei denen sie - die Beklagte - als verantwortlicher pharmazeutischer Unternehmer nicht in Betracht komme.
Durch Urteil vom 21.09.2005 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt der Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 27.09.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.10.2005 Berufung eingelegt. Sie hält an ihrer erstinstanzlich vertretenen Auffassung fest und macht geltend, dass sie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH zu den Verkehrsfreiheiten in dem hier streitigen Zeitraum wie eine inländische Apotheke am Sachleistungssystem der GKV beteiligt gewesen sei. Bei anderer Sichtweise wäre ein Verstoß gegen Art. 28 EG (Art. 34 AEUV) gegeben.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 21.09.2005 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr einen Betrag von 4.372,54 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 10.12.2003 auf 832,83 Euro, seit dem 13.07.2004 auf 1808,33 Euro, seit dem 22.12.2006 auf 290,54 Euro, seit dem 17.12.2007 auf 503,85 Euro und seit dem 03.12.2008 auf 936,99 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor, dass § 130a SGB V nur für diejenigen Apotheken gelte, die in den Anwendungsbereich des Rahmenvertrages nach § 129 Abs. 2 SGB V fielen. Soweit die Versorgung auf Basis von nach § 140e SGB V geschlossenen Verträgen erfolge, sei die Erstattungsregelung des § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht anwendbar.
Weiterer Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des sog. Herstellerrabatts gemäß § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V. Der in § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V geregelte Rabatt der pharmazeutischen Unternehmer gilt nur für Fertigarzneimittel, deren Apothekenabgabepreise aufgrund der Preisvorschriften nach dem AMG oder aufgrund des § 129 Abs. 5a SGB V bestimmt sind. Diesen Preisregelungen unterfielen die Fertigarzneimittel nicht, die die Klägerin in dem hier streitigen Zeitraum als Import im Rahmen des Versandhandels an Versicherte der GKV abgegeben hat. Die Beschränkung des § 130a Abs. 1 SGB V auf den Kreis solcher Fertigarzneimittel verstößt weder gegen Verfassungsrecht noch gegen europäisches Recht.
Unschädlich ist, dass die Klägerin ihre Forderung im Berufungsverfahren insgesamt um einen Betrag von 1.731,38 Euro nebst Zinsen erhöht hat. Denn hierbei handelt es sich nicht um eine Klageänderung i.S.d. § 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Vielmehr hat die Klägerin ihren ursprünglichen Klageantrag gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG ohne Änderung des Klagegrundes zulässig erweitert.
Grundlage für den von der Klägerin erhobenen Anspruch ist § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V sein, hier in der seit Inkrafttreten des § 130a SGB V im Wesentlichen unverändert gebliebenen Fassung des BSSichG. § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V ordnet an: "Pharmazeutische Unternehmen sind verpflichtet, den Apotheken den Abschlag zu erstatten". Der Anspruch dient dem Ausgleich von Zahlungspflichten von Apotheken nach § 130a Abs 1 Satz 1 SGB V. Die Vorschrift bestimmte in der hier anzuwendenden und bis zur Änderung durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der GKV (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) vom 26.3.2007 (BGBl. I 378) mit Wirkung vom 01.04.2007 unverändert gebliebenen Fassung des BSSichG: "Die Krankenkassen erhalten von Apotheken für ab dem 1. Januar 2003 zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel einen Abschlag in Höhe von 6 vom Hundert des Herstellerabgabepreises." Im vorliegenden Fall bestehen Erstattungsansprüche der Klägerin aber nicht, weil Rechtsgrundlage ihrer Zahlungen an die Krankenkassen nicht § 130a SGB V war und demzufolge - wie bereits das SG in dem angefochtenen Urteil zutreffend herausgestellt hat - auch Erstattungsansprüche nach dieser Vorschrift nicht entstehen konnten.
Im hier streitigen Zeitraum sind Abgabepflichten der pharmazeutischen Unternehmer und der für die Einziehung in Dienst genommenen Apotheken nicht entstanden. Rabatte nach § 130a Abs. 1 SGB V fallen grundsätzlich nur bei Abgabe von Fertigarzneimitteln im Rahmen der Preisvorschriften nach dem AMG oder aufgrund des § 129 Abs. 5a SGB V an. Weder Apotheken noch pharmazeutische Unternehmer waren diesem Regime während des hier zu beurteilenden Zeitraums unterstellt (BSG, Urteil v. 28.7.2008 - B 1 KR 4/08 R, BSGE 101, 161 = SozR 4-2500 § 130a Nr. 3; Urteil v. 17.12.2009 - B 3 KR 14/08 R, Rdn. 14). Der Umstand, dass dem Herstellerrabatt gemäß § 130a Abs. 1 SGB V nur solche Fertigarzneimittel unterliegen, deren Apothekenabgabepreise aufgrund der Preisvorschriften nach dem AMG oder aufgrund des § 129 Abs 5a SGB V bestimmt werden, ist für die Zeit ab 01.05.2006 nunmehr in § 130a Abs 1 Satz 5 SGB V (eingefügt durch Art. 1 Nr. 7a des Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung vom 26.04.2006, BGBl. I 984) ausdrücklich normiert. Diese Regelung hat eine lediglich klarstellende Funktion. Ihre Geltung für die Zeit davor und somit für sämtliche früheren Fassungen des § 130a SGB V muss aus dem Umstand abgeleitet werden, dass als Herstellerabgabepreis i.S.d. § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V stets nur ein nach deutschem Preisrecht bestimmter Preis angesehen werden konnte. Für nach Deutschland importierte Fertigarzneimittel gelten Apothekenabgabepreise jedoch weder nach Maßgabe der Preisvorschriften des AMG noch sind sie gemäß § 129 Abs 5a SGB V bestimmt. Die inländischen Preisvorschriften für Arzneimittel sind mithin als klassisches hoheitliches Eingriffsrecht nicht auf Arzneimittel anwendbar, die sich außerhalb der Bundesrepublik Deutschland befinden (BSG, Urteile v. 28.07.2008 und v. 17.12.2009, a.a.O.).
Die Klägerin hat nicht durch den zulässigen Beitritt zum Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 SGB V und die entsprechende Ausgestaltung ihres Vertriebs die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der deutschen Preisvorschriften und damit auch für das Eingreifen der Bestimmungen über den Herstellerrabatt geschaffen. Dass sich die Klägerin durch die mit den Krankenkassen geschlossenen Einzelverträge zur Abführung eines dem Herstellerrabatt entsprechenden Betrages verpflichtet hat, führt nicht zu einem Zahlungsanspruch gegenüber der Beklagten. Die Einzelverträge ermöglichten zwar die Gewährung von finanziellen Anreizen zu Gunsten der Kassen sowie eine Abrechnung der Arzneimittellieferungen unmittelbar mit den Krankenkassen, ohne dass die Versicherten - wie es sonst bei der Inanspruchnahme von Leistungserbringern im Ausland grundsätzlich erforderlich gewesen wäre - in Vorleistung treten mussten und auf die Kostenerstattung im Verfahren nach § 13 Abs. 4 SGB V verwiesen waren. Gleichwohl führt auch die in den Verträgen mit den Krankenkassen vereinbarte "wirkungsgleiche Gewährung von Rabatten entsprechend § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V" nicht zu einem Anspruch aus § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V. Die den pharmazeutischen Unternehmern auferlegten Lasten nach § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V stellen als Preisreglementierung wie jede sonstige Regelung zur Kostendämpfung im Bereich der Arzneimittelversorgung einen hoheitlichen Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) dar und bedürfen deshalb einer gesetzlichen Grundlage. Angesichts dessen können Verpflichtungen nach § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V nur als Ausgleich für ihrerseits hoheitlich begründete Zahlungspflichten entstehen. Entscheidend ist im vorliegenden Zusammenhang nicht, ob eine Apotheke tatsächlich Zahlungen entsprechend § 130a Abs. 1 SGB V leistet, sondern welchen Rechtsgrund diese haben. Sind dies - wie im Falle der Klägerin - ausschließlich vertragliche Bindungen, bewirken sie keine hoheitliche Indienstnahme, wie es für einen Erstattungsanspruch vorauszusetzen ist (vgl. BSG, Urteil v. 17.12.2009, a.a.O.).
Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, sind vor diesem Hintergrund nur Apotheken erstattungsberechtigt, die nach Maßgabe des § 129 SGB V an der Arzneimittelversorgung teilnehmen und die daher den Bestimmungen dieser Regelung sowie der §§ 130, 130a SGB V unterworfen sind. Einen solchen Status haben lediglich Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 SGB V Gültigkeit hat. Dies ist dann der Fall, wenn Apotheken entweder einem Spitzenverband nach § 129 Abs. 3 Nr. 1 SGB V angehören oder dem Rahmenvertrag gemäß § 129 Abs. 3 Nr. 2 SGB V beigetreten sind (vgl. auch BSG, Urteile v. 28.07.2008 und v. 19.12.2009, a.a.O.). Eine solche Einbindung in das System der GKV hat - bezogen auf den hier streitigen Zeitraum von 2003 bis 2005 - jedoch nicht vorgelegen. Denn die Klägerin gehörte weder einem Verband nach § 129 Abs. 3 Nr. 1 SGB V an noch ist sie dem Rahmenvertrag i.S.d. § 129 Abs. 3 Nr. 2 SGB V beigetreten.
Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, dass sie ohne entsprechende Rabattzusagen Einzelverträge mit den Krankenkassen nicht hätte abschließen können und § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V deshalb auch sie faktisch binde. Das ändert zum einen nichts daran, dass sie keinen gesetzlichen Abgabepflichten ausgesetzt ist und es daher an einer Rechtsgrundlage für die begehrte Abwälzung der vertraglich vereinbarten Rabatte auf die pharmazeutischen Unternehmer mangelt. Zum anderen fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin wirtschaftlichen Nachteilen im Verhältnis zu inländischen Apotheken ausgesetzt wäre. Soweit die Klägerin befugt ist, sich durch Versandhandel vom Ausland aus an der Arzneimittelversorgung der GKV-Versicherten zu beteiligen, stehen ihr dafür mehrere Versorgungsformen zur Verfügung. Zunächst könnten Versicherte unmittelbar gegen Rechnung beliefert und auf Kostenerstattung gegen die Krankenkasse gemäß § 13 Abs 4 SGB V verwiesen werden; dann wäre die Klägerin selbst von jeder Rabattverpflichtung frei. Außerdem könnte die Klägerin gemäß § 129 Abs. 3 Nr. 2 SGB V dem Rahmenvertrag beitreten und sich damit den Rabattvorschriften der §§ 130 und 130a SGB V unterstellen (vgl. BSG, Urteile v. 28.07.2008 und v. 19.12.2009, a.a.O.). Schließlich kann sie - wie hier - unmittelbare vertragliche Beziehungen zu den beteiligten Krankenkassen aufnehmen und hierdurch Wettbewerbsvorteile nutzen, die ihr als ausländische Apothekenbetreiberin deutschen Apotheken gegenüber zukommen. Nicht vorgesehen ist jedoch, die Vorteile unterschiedlicher Systeme zu kumulieren (vgl. BSG, Urteile v. 28.07.2008 und v. 19.12.2009, a.a.O.).
Grundrechte der Klägerin sind nicht verletzt. Selbst wenn man davon ausgeht, dass das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) auch auf EU-ausländische juristische Personen des Privatrechts anwendbar ist (vgl. nur Jarass/Pieroth, GG, 9. Aufl. 2007, Art. 12, Rdn. 10 ff., m.w.N.), scheidet ein Verstoß aus. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Klägerin keinen Abgabepflichten nach § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V unterliegt. Dass sie einen dem Herstellerrabatt der Höhe nach entsprechenden Rabatt mit den Krankenkassen vereinbart hat, resultiert aus ihrer eigenen unternehmerischen Entscheidung und kann somit nicht auf staatlich veranlassten Abgabepflichten beruhen. Demgegenüber bedürfte die Begründung von Erstattungspflichten zu Lasten pharmazeutischer Unternehmer als Eingriff in das Recht der Freiheit der Berufsausübung einer gesetzlichen Grundlage, die hier jedoch gerade nicht gegeben ist.
Die dargestellte Rechtslage verstößt auch nicht gegen Europarecht. Der Herstellerrabatt in seiner Ausgestaltung durch die §§ 129 und 130a SGB V ist vielmehr ein mit europäischem Recht in Einklang stehendes Mittel zur finanziellen Entlastung der Krankenkassen (ausführlich BSG, Urteil v. 28.07.2008, a.a.O.). Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Rahmenvertrag dazu missbraucht werden könnte, beitrittsfähige und -willige Apotheken aus der EU und dem EWR zu diskriminieren. Vielmehr ist durch die rechtliche Ausgestaltung des Rahmenvertrages die Gleichbehandlung in- und ausländischer Apotheken sicherzustellen (BSG, Urteil v. 28.07.2008, a.a.O.; vgl. auch LSG NRW, Beschluss v. 14.04.2010 - L 21 KR 69/09 SFB zu § 127 Abs. 2a SGB V). Insofern ist nicht erkennbar, dass die Verkehrsfreiheiten - insbesondere die Freiheit des Warenverkehrs (Art. 28 EG bzw. Art. 34 AEUV) und/oder die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EG bzw. Art. 56 AEUV) – tangiert sind. Dass die Klägerin die von ihr an die Krankenkassen geleisteten - von den Vertragsparteien im Wesentlichen übereinstimmend als Herstellerrabatt bezeichneten - Zahlungen nicht erstattet erhält, hat seine Ursache in der von der Klägerin verfolgten Unternehmensstrategie, nicht jedoch in nationalstaatlichen Regelungen, die geeignet sind, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu beeinträchtigen oder nur zu beeinflussen.
Eine europarechtswidrige Diskriminierung der Klägerin kann nicht darin gesehen werden, dass die Regelungen über den Herstellerrabatt an inlandsbezogene Sachverhalte anknüpfen. Denn die Vereinbarkeit dieser Regelungen mit europäischem Recht ergibt sich daraus, dass sie von Art. 4 der Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21.12.1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme ("Transparenzrichtlinie"; ABl. EWG vom 11.02.1989 L 40/8) erfasst werden (BSG, Urteil v. 28.07.2008, a.a.O., juris Rdn. 45 ff.). Eine Vorlage an den EuGH ist, wie bereits das BSG in den zitierten Entscheidungen dargelegt hat, vor diesem Hintergrund nicht nur mangels Entscheidungserheblichkeit nicht erforderlich, sondern auch nicht statthaft.
Ansprüche auf bereicherungsrechtlicher Grundlage stützen das Klagebegehren ebenfalls nicht. Denn die Voraussetzungen der bestehenden Zahlungspflichten nach § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V sind abschließend geregelt; für die ergänzende Heranziehung bereicherungsrechtlicher Grundsätze entsprechend § 812 BGB besteht schon deshalb kein Raum.
Angesichts des Umstandes, dass die Klage bereits dem Grunde nach keinen Erfolg haben konnte, kann offen bleiben, ob sich der erhobene Erstattungsanspruch der Höhe nach ausschließlich auf Arzneimittel bezieht, hinsichtlich derer die Beklagte pharmazeutischer Unternehmer ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 HS 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung des sog. Herstellerrabatts gemäß § 130a Abs. 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) für Arzneimittel, die die in den Niederlanden ansässige Klägerin im Wege des Versandhandels an Versicherte der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in der Zeit von 2003 bis 2005 abgegeben hat.
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft niederländischen Rechts mit Sitz in I/Niederlande, die Beklagte ist ein pharmazeutischer Unternehmer i.S.d. § 4 Abs. 18 Arzneimittelgesetz (AMG) mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland. Die Klägerin betreibt in den Niederlanden sowohl eine Präsenz- als auch eine Versand-/Internetapotheke, mit der sie überwiegend Endverbraucher in Deutschland versorgt. Ihren Angaben zufolge erwirbt sie die Arzneimittel bei deutschen Großhändlern, die die Ware an den Sitz der Klägerin in die Niederlande senden. Von dort aus beliefert sie Versicherte der GKV auf Bestellung per Kurierdienst mit Arzneimitteln, die nach dem AMG zugelassen sind. Verordnungspflichtige Arzneimittel versendet sie gegen Vorlage vertragsärztlicher Verordnungen. Die Vergütung der Leistungen erfolgt wie bei inländischen Apotheken unmittelbar im Verhältnis zwischen der Klägerin und den Krankenkassen der Versicherten, ohne dass diese in Vorleistung treten und im Nachhinein Erstattung beantragen müssen. Grundlage hierfür sind individuelle vertragliche Vereinbarungen zwischen der Klägerin und einzelnen Krankenkassen. Auf diese Vereinbarungen gestützt rechnet die Klägerin die erbrachten Leistungen außerhalb des für inländische Apotheken nach § 129 SGB V vorgeschriebenen Abrechnungsverfahrens zu den Bedingungen ab, die sie mit der jeweiligen Krankenkasse selbst ausgehandelt hat.
Im Bereich der GKV sind die Arzneimittelkosten, die den Krankenkassen durch die Versorgung ihrer Versicherten entstehen, u.a. durch Apotheken-, Großhandels- und Herstellerrabatte zu verringern. Der Gesetzgeber hat die GKV mit dem Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) vom 23.12.2002 (BGBl. I 4637) finanziell u.a. dadurch entlastet, dass pharmazeutische Unternehmer Rabatte auf Arzneimittel für ihre Versicherten gewähren müssen. Diese Rabatte sind von den pharmazeutischen Unternehmern jedoch nicht unmittelbar an die Krankenkassen abzuführen. Vielmehr erhalten die Krankenkassen den Rabatt dadurch, dass sie die Rechnungen der Apotheken um den Herstellerrabatt kürzen. Die Apotheken wiederum können pharmazeutische Unternehmer auf Erstattung der gekürzten Beträge in Anspruch nehmen (§ 130a SGB V).
Die Klägerin gab im betroffenen Zeitraum von 2003 bis 2005 im Wege des Versandhandels an Versicherte der GKV u.a. Arzneimittel ab, die die Beklagte vertrieben hatte. Hierfür entrichteten die Krankenkassen auf der Basis ihrer Vereinbarungen mit der Klägerin die geschuldete Vergütung, wobei jeweils ein Abschlag in Höhe des Herstellerrabatts einbehalten wurde. Die Erstattung dieser Rabatte lehnte der beklagte pharmazeutische Unternehmer jedoch gegenüber der Klägerin ab.
Mit ihrer am 10.12.2003 vor dem Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht:
§ 130a SGB V gelte nach dem eindeutigen Wortlaut des Abs. 1 für sämtliche Arzneimittel, die zu Lasten der GKV an Versicherte abgegeben würden. Der Apothekerbegriff des § 130a SGB V umfasse auch EU-ausländische Apotheken. Eine Apotheke, die - wie die Klägerin - Arzneimittel grenzüberschreitend innerhalb der EU vertreibe, sei Trägerin der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (jetzt: AEUV). Insbesondere die in den Art. 28 EG (jetzt: Art. 34 AEUV) normierte Freiheit des Warenverkehrs fordere, dass die Kosten für Arzneimittel, die von in Deutschland gesetzlich Versicherten aus dem Ausland bezogen würden, von den deutschen gesetzlichen Krankenkassen übernommen würden. Die Rechtslage sei unmittelbar vergleichbar mit der Inanspruchnahme ambulanter Behandlungen im EG-Ausland durch gesetzlich Versicherte, für die der EuGH in nunmehr ständiger Rechtsprechung davon ausgehe, dass die daraus entstehenden Kosten ohne Genehmigungserfordernis zu übernehmen seien.
Die Klägerin hat ferner die Auffassung vertreten, dass sie rechtmäßig an dem Handel mit Arzneimitteln teilgenommen habe. Dem stehe nicht entgegen, dass § 43 Abs. 1 AMG den Versand von Arzneimitteln zur Zeit der Klageerhebung in Deutschland noch untersagt habe. Dieses Verbot sei zum 01.01.2004 aufgehoben worden und habe ohnehin auf den grenzüberschreitenden Direktversand an deutsche Kunden keine Anwendung gefunden, da es in ungerechtfertigter Weise gegen die Freiheit des Warenverkehrs verstoßen habe.
Der Beitritt zum Rahmenvertrag nach § 129 SGB V sei nicht Voraussetzung für den geltend gemachten Anspruch. Das gesetzgeberische Ziel des § 130 a Abs. 5 Satz 5 SGB V, nämlich eine Abrechnungserleichterung in Bezug auf den Herstellerrabatt zu ermöglichen, sei durch das von ihr installierte Abrechnungsverfahren gewährleistet.
Die Geltung der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) für die Klägerin sei nicht Anspruchsvoraussetzung im Rahmen des § 130a SGB V. Daraus könne allerdings nicht gefolgert werden, dass die Herstellerrabattregelung ebenfalls keine Anwendung finde. Der Zweck beider Regelungen sei nämlich grundlegend unterschiedlich. Mit der AMPreisV solle eine flächendeckende und vor allem gleichartige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt werden. Dagegen verfolgten die Regelungen über den Herstellerrabatt den Zweck, die gesetzlichen Krankenkassen gegenüber den pharmazeutischen Unternehmern zu entlasten.
Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) ermögliche es der neu eingeführte § 140e SGB V den Krankenkassen, mit EU-ausländischen Leistungserbringern nach Maßgabe des Vierten Kapitels des SGB V Verträge gemäß § 13 Abs. 4 Satz 2 SGB V über den Leistungsaustausch abzuschließen. Von dieser Möglichkeit hätten nahezu sämtliche Krankenkassen Gebrauch gemacht und entsprechende Verträge mit der Klägerin geschlossen. Insbesondere müsse berücksichtigt werden, dass vertraglich vereinbart worden sei, dass die Arzneimittellieferverträge der deutschen Apothekerschaft gemäß § 129 SGB V entsprechend anzuwenden seien.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.641,16 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 10. Dezember 2003 auf 832,83 Euro und seit dem 13. Juli 2004 auf den Betrag von 1.808,33 Euro zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat u.a. entgegnet:
§ 130a SGB V sei auf die Klägerin als ausländischer Apotheke nach § 30 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgestzbuch (SGB I) insgesamt nicht anwendbar. Normadressat des § 130a SGB V könnten von vornherein nur inländische Apotheken sein. Denn die Klägerin könne als ausländisches Unternehmen nicht Adressat der Verpflichtungen des SGB V und der AMPreisV sein. Eben dies habe sie für den relevanten Zeitraum ab 2003 in die Lage versetzt, Arzneimittel im Wege des Versandhandels zu günstigeren Konditionen abzugeben, als dies inländischen Apotheken möglich gewesen sei. Das von der Klägerin gewählte Geschäftsmodell beruhe - soweit es den Versandhandel in Deutschland betreffe - gerade darauf, dass es außerhalb der gesetzlichen Regelungen des SGB V sowie der AMPreisV stehe.
Entgegen der Auffassung der Klägerin komme es für den Erstattungsanspruch nach § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht auf die tatsächliche Abführung des Herstellerrabatts an. Entscheidend sei allein, dass der Anspruch für Apotheken im Innenverhältnis gegenüber den pharmazeutischen Unternehmen daran anknüpfe, dass im Außenverhältnis eine entsprechende Abführungsverpflichtung gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen nach § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V bestehe. Der logische und legitimierende Rechtsgrund für den gesetzlichen Rückgriffsanspruch im Innenverhältnis sei mithin die gesetzliche Abführungsverpflichtung der Apotheken im Außenverhältnis. Da die Klägerin bereits nicht Normadressat des § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V sei, könne auch ein daraus abgeleiteter Erstattungsanspruch nicht bestehen.
Soweit die Klägerin die Auffassung vertrete, sie habe den gesetzlich vorgeschriebenen Rabatt abgeführt, sei dies nicht zutreffend. Vielmehr habe sie lediglich einen Rabatt gewährt, der demjenigen entspreche, zu dessen Abführung als Herstellerrabatt die inländischen Apotheken gesetzlich verpflichtet seien. Es handele sich dabei gerade nicht um einen "Herstellerrabatt" i.S.d. gesetzlichen Regelungen, sondern um einen von der Klägerin frei von rechtlichem Zwang geleisteten "Apothekerrabatt".
Der Anwendbarkeit des § 130a SGB V stehe ferner entgegen, dass die Klägerin die Arzneimittel außerhalb der AMPreisV und folglich nicht auf Grundlage der in Deutschland geltenden Arzneimittelpreisbindung abgegeben habe. Somit müsse davon ausgegangen werden, dass bei freier Preisbildung auch der Herstellerabgabepreis im Einzelfall frei vereinbart werden könne und der Herstellerabschlag nicht zu entrichten sei. Es wäre aus gesetzessystematischer Sicht völlig systemwidrig, der Klägerin einen isolierten Rückgriffsanspruch gemäß § 130a SGB V zu gewähren, obwohl alle anderen preisregulierenden und rabattrechtlichen Vorschriften des Sozialversicherungs- und Arzneimittelrechts auf die Klägerin nicht anzuwenden seien.
Zwar sei der Apothekenversandhandel mit Arzneimitteln seit dem 01.01.2004 zulässig. Die Neuregelung bestätige jedoch die Sonderstellung der ausländischen Leistungserbringer und deren Ausschluss vom GKV-Finanzierungssystem. Abgesehen davon nähmen ausländische Apotheken auch nach der Rechtsänderung nicht an dem national beschränkten Sachleistungssystem teil, sondern könnten von Versicherten nur im Wege der Kostenerstattung in Anspruch genommen werden. Im Rahmen des Kostenerstattungsanspruchs falle jedoch kein Herstellerrabatt an. Auch wenn die Klägerin unmittelbar mit den Krankenkassen abgerechnet habe, stelle dies keine Leistungserbringung innerhalb des Sachleistungssystems dar.
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die von der Klägerin übersandten Abrechnungen Fertigarzneimittel enthielten, bei denen sie - die Beklagte - als verantwortlicher pharmazeutischer Unternehmer nicht in Betracht komme.
Durch Urteil vom 21.09.2005 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt der Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 27.09.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.10.2005 Berufung eingelegt. Sie hält an ihrer erstinstanzlich vertretenen Auffassung fest und macht geltend, dass sie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH zu den Verkehrsfreiheiten in dem hier streitigen Zeitraum wie eine inländische Apotheke am Sachleistungssystem der GKV beteiligt gewesen sei. Bei anderer Sichtweise wäre ein Verstoß gegen Art. 28 EG (Art. 34 AEUV) gegeben.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 21.09.2005 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr einen Betrag von 4.372,54 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 10.12.2003 auf 832,83 Euro, seit dem 13.07.2004 auf 1808,33 Euro, seit dem 22.12.2006 auf 290,54 Euro, seit dem 17.12.2007 auf 503,85 Euro und seit dem 03.12.2008 auf 936,99 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor, dass § 130a SGB V nur für diejenigen Apotheken gelte, die in den Anwendungsbereich des Rahmenvertrages nach § 129 Abs. 2 SGB V fielen. Soweit die Versorgung auf Basis von nach § 140e SGB V geschlossenen Verträgen erfolge, sei die Erstattungsregelung des § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht anwendbar.
Weiterer Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des sog. Herstellerrabatts gemäß § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V. Der in § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V geregelte Rabatt der pharmazeutischen Unternehmer gilt nur für Fertigarzneimittel, deren Apothekenabgabepreise aufgrund der Preisvorschriften nach dem AMG oder aufgrund des § 129 Abs. 5a SGB V bestimmt sind. Diesen Preisregelungen unterfielen die Fertigarzneimittel nicht, die die Klägerin in dem hier streitigen Zeitraum als Import im Rahmen des Versandhandels an Versicherte der GKV abgegeben hat. Die Beschränkung des § 130a Abs. 1 SGB V auf den Kreis solcher Fertigarzneimittel verstößt weder gegen Verfassungsrecht noch gegen europäisches Recht.
Unschädlich ist, dass die Klägerin ihre Forderung im Berufungsverfahren insgesamt um einen Betrag von 1.731,38 Euro nebst Zinsen erhöht hat. Denn hierbei handelt es sich nicht um eine Klageänderung i.S.d. § 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Vielmehr hat die Klägerin ihren ursprünglichen Klageantrag gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG ohne Änderung des Klagegrundes zulässig erweitert.
Grundlage für den von der Klägerin erhobenen Anspruch ist § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V sein, hier in der seit Inkrafttreten des § 130a SGB V im Wesentlichen unverändert gebliebenen Fassung des BSSichG. § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V ordnet an: "Pharmazeutische Unternehmen sind verpflichtet, den Apotheken den Abschlag zu erstatten". Der Anspruch dient dem Ausgleich von Zahlungspflichten von Apotheken nach § 130a Abs 1 Satz 1 SGB V. Die Vorschrift bestimmte in der hier anzuwendenden und bis zur Änderung durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der GKV (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) vom 26.3.2007 (BGBl. I 378) mit Wirkung vom 01.04.2007 unverändert gebliebenen Fassung des BSSichG: "Die Krankenkassen erhalten von Apotheken für ab dem 1. Januar 2003 zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel einen Abschlag in Höhe von 6 vom Hundert des Herstellerabgabepreises." Im vorliegenden Fall bestehen Erstattungsansprüche der Klägerin aber nicht, weil Rechtsgrundlage ihrer Zahlungen an die Krankenkassen nicht § 130a SGB V war und demzufolge - wie bereits das SG in dem angefochtenen Urteil zutreffend herausgestellt hat - auch Erstattungsansprüche nach dieser Vorschrift nicht entstehen konnten.
Im hier streitigen Zeitraum sind Abgabepflichten der pharmazeutischen Unternehmer und der für die Einziehung in Dienst genommenen Apotheken nicht entstanden. Rabatte nach § 130a Abs. 1 SGB V fallen grundsätzlich nur bei Abgabe von Fertigarzneimitteln im Rahmen der Preisvorschriften nach dem AMG oder aufgrund des § 129 Abs. 5a SGB V an. Weder Apotheken noch pharmazeutische Unternehmer waren diesem Regime während des hier zu beurteilenden Zeitraums unterstellt (BSG, Urteil v. 28.7.2008 - B 1 KR 4/08 R, BSGE 101, 161 = SozR 4-2500 § 130a Nr. 3; Urteil v. 17.12.2009 - B 3 KR 14/08 R, Rdn. 14). Der Umstand, dass dem Herstellerrabatt gemäß § 130a Abs. 1 SGB V nur solche Fertigarzneimittel unterliegen, deren Apothekenabgabepreise aufgrund der Preisvorschriften nach dem AMG oder aufgrund des § 129 Abs 5a SGB V bestimmt werden, ist für die Zeit ab 01.05.2006 nunmehr in § 130a Abs 1 Satz 5 SGB V (eingefügt durch Art. 1 Nr. 7a des Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung vom 26.04.2006, BGBl. I 984) ausdrücklich normiert. Diese Regelung hat eine lediglich klarstellende Funktion. Ihre Geltung für die Zeit davor und somit für sämtliche früheren Fassungen des § 130a SGB V muss aus dem Umstand abgeleitet werden, dass als Herstellerabgabepreis i.S.d. § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V stets nur ein nach deutschem Preisrecht bestimmter Preis angesehen werden konnte. Für nach Deutschland importierte Fertigarzneimittel gelten Apothekenabgabepreise jedoch weder nach Maßgabe der Preisvorschriften des AMG noch sind sie gemäß § 129 Abs 5a SGB V bestimmt. Die inländischen Preisvorschriften für Arzneimittel sind mithin als klassisches hoheitliches Eingriffsrecht nicht auf Arzneimittel anwendbar, die sich außerhalb der Bundesrepublik Deutschland befinden (BSG, Urteile v. 28.07.2008 und v. 17.12.2009, a.a.O.).
Die Klägerin hat nicht durch den zulässigen Beitritt zum Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 SGB V und die entsprechende Ausgestaltung ihres Vertriebs die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der deutschen Preisvorschriften und damit auch für das Eingreifen der Bestimmungen über den Herstellerrabatt geschaffen. Dass sich die Klägerin durch die mit den Krankenkassen geschlossenen Einzelverträge zur Abführung eines dem Herstellerrabatt entsprechenden Betrages verpflichtet hat, führt nicht zu einem Zahlungsanspruch gegenüber der Beklagten. Die Einzelverträge ermöglichten zwar die Gewährung von finanziellen Anreizen zu Gunsten der Kassen sowie eine Abrechnung der Arzneimittellieferungen unmittelbar mit den Krankenkassen, ohne dass die Versicherten - wie es sonst bei der Inanspruchnahme von Leistungserbringern im Ausland grundsätzlich erforderlich gewesen wäre - in Vorleistung treten mussten und auf die Kostenerstattung im Verfahren nach § 13 Abs. 4 SGB V verwiesen waren. Gleichwohl führt auch die in den Verträgen mit den Krankenkassen vereinbarte "wirkungsgleiche Gewährung von Rabatten entsprechend § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V" nicht zu einem Anspruch aus § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V. Die den pharmazeutischen Unternehmern auferlegten Lasten nach § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V stellen als Preisreglementierung wie jede sonstige Regelung zur Kostendämpfung im Bereich der Arzneimittelversorgung einen hoheitlichen Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) dar und bedürfen deshalb einer gesetzlichen Grundlage. Angesichts dessen können Verpflichtungen nach § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V nur als Ausgleich für ihrerseits hoheitlich begründete Zahlungspflichten entstehen. Entscheidend ist im vorliegenden Zusammenhang nicht, ob eine Apotheke tatsächlich Zahlungen entsprechend § 130a Abs. 1 SGB V leistet, sondern welchen Rechtsgrund diese haben. Sind dies - wie im Falle der Klägerin - ausschließlich vertragliche Bindungen, bewirken sie keine hoheitliche Indienstnahme, wie es für einen Erstattungsanspruch vorauszusetzen ist (vgl. BSG, Urteil v. 17.12.2009, a.a.O.).
Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, sind vor diesem Hintergrund nur Apotheken erstattungsberechtigt, die nach Maßgabe des § 129 SGB V an der Arzneimittelversorgung teilnehmen und die daher den Bestimmungen dieser Regelung sowie der §§ 130, 130a SGB V unterworfen sind. Einen solchen Status haben lediglich Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 SGB V Gültigkeit hat. Dies ist dann der Fall, wenn Apotheken entweder einem Spitzenverband nach § 129 Abs. 3 Nr. 1 SGB V angehören oder dem Rahmenvertrag gemäß § 129 Abs. 3 Nr. 2 SGB V beigetreten sind (vgl. auch BSG, Urteile v. 28.07.2008 und v. 19.12.2009, a.a.O.). Eine solche Einbindung in das System der GKV hat - bezogen auf den hier streitigen Zeitraum von 2003 bis 2005 - jedoch nicht vorgelegen. Denn die Klägerin gehörte weder einem Verband nach § 129 Abs. 3 Nr. 1 SGB V an noch ist sie dem Rahmenvertrag i.S.d. § 129 Abs. 3 Nr. 2 SGB V beigetreten.
Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, dass sie ohne entsprechende Rabattzusagen Einzelverträge mit den Krankenkassen nicht hätte abschließen können und § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V deshalb auch sie faktisch binde. Das ändert zum einen nichts daran, dass sie keinen gesetzlichen Abgabepflichten ausgesetzt ist und es daher an einer Rechtsgrundlage für die begehrte Abwälzung der vertraglich vereinbarten Rabatte auf die pharmazeutischen Unternehmer mangelt. Zum anderen fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin wirtschaftlichen Nachteilen im Verhältnis zu inländischen Apotheken ausgesetzt wäre. Soweit die Klägerin befugt ist, sich durch Versandhandel vom Ausland aus an der Arzneimittelversorgung der GKV-Versicherten zu beteiligen, stehen ihr dafür mehrere Versorgungsformen zur Verfügung. Zunächst könnten Versicherte unmittelbar gegen Rechnung beliefert und auf Kostenerstattung gegen die Krankenkasse gemäß § 13 Abs 4 SGB V verwiesen werden; dann wäre die Klägerin selbst von jeder Rabattverpflichtung frei. Außerdem könnte die Klägerin gemäß § 129 Abs. 3 Nr. 2 SGB V dem Rahmenvertrag beitreten und sich damit den Rabattvorschriften der §§ 130 und 130a SGB V unterstellen (vgl. BSG, Urteile v. 28.07.2008 und v. 19.12.2009, a.a.O.). Schließlich kann sie - wie hier - unmittelbare vertragliche Beziehungen zu den beteiligten Krankenkassen aufnehmen und hierdurch Wettbewerbsvorteile nutzen, die ihr als ausländische Apothekenbetreiberin deutschen Apotheken gegenüber zukommen. Nicht vorgesehen ist jedoch, die Vorteile unterschiedlicher Systeme zu kumulieren (vgl. BSG, Urteile v. 28.07.2008 und v. 19.12.2009, a.a.O.).
Grundrechte der Klägerin sind nicht verletzt. Selbst wenn man davon ausgeht, dass das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) auch auf EU-ausländische juristische Personen des Privatrechts anwendbar ist (vgl. nur Jarass/Pieroth, GG, 9. Aufl. 2007, Art. 12, Rdn. 10 ff., m.w.N.), scheidet ein Verstoß aus. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Klägerin keinen Abgabepflichten nach § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V unterliegt. Dass sie einen dem Herstellerrabatt der Höhe nach entsprechenden Rabatt mit den Krankenkassen vereinbart hat, resultiert aus ihrer eigenen unternehmerischen Entscheidung und kann somit nicht auf staatlich veranlassten Abgabepflichten beruhen. Demgegenüber bedürfte die Begründung von Erstattungspflichten zu Lasten pharmazeutischer Unternehmer als Eingriff in das Recht der Freiheit der Berufsausübung einer gesetzlichen Grundlage, die hier jedoch gerade nicht gegeben ist.
Die dargestellte Rechtslage verstößt auch nicht gegen Europarecht. Der Herstellerrabatt in seiner Ausgestaltung durch die §§ 129 und 130a SGB V ist vielmehr ein mit europäischem Recht in Einklang stehendes Mittel zur finanziellen Entlastung der Krankenkassen (ausführlich BSG, Urteil v. 28.07.2008, a.a.O.). Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Rahmenvertrag dazu missbraucht werden könnte, beitrittsfähige und -willige Apotheken aus der EU und dem EWR zu diskriminieren. Vielmehr ist durch die rechtliche Ausgestaltung des Rahmenvertrages die Gleichbehandlung in- und ausländischer Apotheken sicherzustellen (BSG, Urteil v. 28.07.2008, a.a.O.; vgl. auch LSG NRW, Beschluss v. 14.04.2010 - L 21 KR 69/09 SFB zu § 127 Abs. 2a SGB V). Insofern ist nicht erkennbar, dass die Verkehrsfreiheiten - insbesondere die Freiheit des Warenverkehrs (Art. 28 EG bzw. Art. 34 AEUV) und/oder die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EG bzw. Art. 56 AEUV) – tangiert sind. Dass die Klägerin die von ihr an die Krankenkassen geleisteten - von den Vertragsparteien im Wesentlichen übereinstimmend als Herstellerrabatt bezeichneten - Zahlungen nicht erstattet erhält, hat seine Ursache in der von der Klägerin verfolgten Unternehmensstrategie, nicht jedoch in nationalstaatlichen Regelungen, die geeignet sind, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu beeinträchtigen oder nur zu beeinflussen.
Eine europarechtswidrige Diskriminierung der Klägerin kann nicht darin gesehen werden, dass die Regelungen über den Herstellerrabatt an inlandsbezogene Sachverhalte anknüpfen. Denn die Vereinbarkeit dieser Regelungen mit europäischem Recht ergibt sich daraus, dass sie von Art. 4 der Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21.12.1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme ("Transparenzrichtlinie"; ABl. EWG vom 11.02.1989 L 40/8) erfasst werden (BSG, Urteil v. 28.07.2008, a.a.O., juris Rdn. 45 ff.). Eine Vorlage an den EuGH ist, wie bereits das BSG in den zitierten Entscheidungen dargelegt hat, vor diesem Hintergrund nicht nur mangels Entscheidungserheblichkeit nicht erforderlich, sondern auch nicht statthaft.
Ansprüche auf bereicherungsrechtlicher Grundlage stützen das Klagebegehren ebenfalls nicht. Denn die Voraussetzungen der bestehenden Zahlungspflichten nach § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V sind abschließend geregelt; für die ergänzende Heranziehung bereicherungsrechtlicher Grundsätze entsprechend § 812 BGB besteht schon deshalb kein Raum.
Angesichts des Umstandes, dass die Klage bereits dem Grunde nach keinen Erfolg haben konnte, kann offen bleiben, ob sich der erhobene Erstattungsanspruch der Höhe nach ausschließlich auf Arzneimittel bezieht, hinsichtlich derer die Beklagte pharmazeutischer Unternehmer ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 HS 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
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