L 11 B 16/09 KA ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 9 KA 76/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 B 16/09 KA ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1.
Wenden sich Konkurrenten gegen eine unbefristete Zweigpraxisgenehmigung wird deren wirt­schaftliche Interesse grund­sätzlich dadurch bestimmt, dass sie mittels eines defensiven prozessualen Vorgehens die dem Vertragsarzt erteilte Zweigpraxisgenehmigung zu beseitigen versuchen. Das dem zugrundeliegende wirtschaftliche Interesse lässt sich nicht präzisieren.
2.
Der Streitwert in Fällen der Zweigpraxisgenehmigung ist nach Maßgabe des § 52 Abs. 2 GKG zu bestimmen.
3.
Da grundsätzlich pekuniäre Interessen im Vordergrund stehen, ist der Auffangstreitwert von 5.000,00 € im Wege der Schätzung angemessen zu erhöhen.
4.
Maßgebende Faktoren für die Schätzung sind dabei grundsätzlich das in der Zweig­praxis angebotene Zeitkontingent sowie Art und Umfang der zur Verfügung gestellten ärzt­lichen Leistungen.
5.
Im Hauptsacheverfahren ist es vielfach gerechtfertigt, den Streitwert nach Maßgabe eines Zeitfaktors von drei Jahren mit 60.000,00 € zu bestimmen.
6.
Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren kann grundsätzl­ich ein Zeitraum von einem Jahr angesetzt werden, so dass sich ein Streitwert von 20.000,00 € ergibt.
1. Der Streitwert für das Verfahren L 11 B 16/09 KA ER wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beigeladenen zu 1) und 2) je zur Hälfte als Gesamtschuldner.

Gründe:

I.

Gemäß § 53 Abs. 3 Nr. 4 i. V. m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) ist der Streitwert in Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit aufgrund richterlichem Ermessen nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache zu bestimmen, soweit nichts anderes geregelt ist. Maßgeblich ist grundsätzlich dessen wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens (vgl. Senat, Beschlüsse vom 12.08.2009 - L 11 KA 102/08 KA - und 20.01.2010 - L 11 B 13/09 KR -).

1. Ausgehend vom Streitgegenstand (unbefristete Zweigpraxisgenehmigung) wird das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen zu 1) und 2) (im Folgenden: Beigeladene) grundsätzlich dadurch bestimmt, dass sie mittels eines defensiven prozessualen Vorgehens die den Antragstellern erteilte Zweigpraxisgenehmigung zu beseitigen versuchen. Das dem zugrundeliegende wirtschaftliche Interesse lässt sich nicht präzisieren (vgl. Senat, Beschluss vom 19.05.2009 - L 11 B 10/09 KA ER - zur defensiven Konkurrentenklage).

a) Soweit es den Streitwert für die Erteilung einer Zweigpraxisgenehmigung anlangt, hat der Senat im Beschluss vom 14.06.2010 - L 11 B 14/09 KA ER - (vgl. auch Senat, Beschluss vom 17.12.2009 - L 11 B 7/09 KA -) ausgeführt:

Ausgehend vom Streitgegenstand (unbefristete Zweigpraxisgenehmigung) wird das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin durch die Höhe der in einem bestimmten Zeitraum zu erzielenden Einnahmen bestimmt. Ungeachtet dieses Ansatzes und unter Berücksichtigung der für den Sitz der Zweigpraxis angegebenen insgesamt achtstündigen Sprechstundenzeiten je Woche, lässt sich das wirtschaftliche Interesse der Antragsteller schwerlich hinreichend präzise bestimmen. Anknüpfungspunkt könnte zwar das durch den Bescheid fixierte Zeitkontingent von acht Stunden in Relation zu dem in einer (fiktiven) 40-Stunden-Woche erzielbaren Umsatz einer durchschnittlichen HNO-ärztlichen Praxis sein. Dem steht jedoch entgegen, dass zwei dieser Parameter nicht annähernd verlässlich bestimmt werden können. So bleibt unklar, ob die Antragstellerin die Tätigkeit in der Zweigpraxis zusätzlich zu jener in ihrer Hauptpraxis ausüben will. Sollte dies zu bejahen sein, wäre das wirtschaftliche Interesse darauf gerichtet, den Umsatz in der Hauptpraxis zu perpetuieren und mittels des zusätzlichen Zeitkontingents von acht Stunden in der Zweigpaxis ein darüber hinaus gehendes Umsatzvolumen zu erarbeiten. Gleichermaßen denkbar ist, dass die Antragstellerin - aus welchen Gründen auch immer - den Tätigkeitsschwerpunkt zwar weiterhin in der Hauptpraxis hat, diesen indessen um ein Quantum von acht Stunden reduziert, um die bisherige individuelle Wochenarbeitszeit zu halten. Im Spektrum dieser Varianten sind eine Vielzahl von Fallgestaltungen und Motivationslagen denkbar, die Vertragsärzte dazu veranlassen können, eine Zweigpraxis zu betreiben. Angesichts dieser Unsicherheiten sieht sich der Senat außerstande, das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin auch nur annähernd konkret zu bestimmen.

Diese Erwägungen gelten umso mehr in Fallgestaltungen, in denen Konkurrenten versuchen, die erteilte Zweigpraxisgenehmigung zu eliminieren, mithin grundsätzlich auf deren (negatives) wirtschaftliches Interesse abzustellen ist. Nach § 52 Abs. 1 GKG kommt es indessen nicht auf das wirtschaftliche Interesse des Beschwerdegegners oder des Beigeladenen an. Der Wortlaut stellt allein auf die Bedeutung der Sache für den Kläger ab. Außer Betracht bleiben die Auswirkungen der Entscheidung auf andere Beteiligte (Hartmann, Kostengesetz, 2008, § 52 GKG Rdn. 9). Ungeachtet dessen hat das Bundessozialgericht (BSG) hierzu im Hinblick auf Besonderheiten des Leistungserbringerrechts des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) ausgeführt (Beschluss vom 19.06.1992 - 6 RKa 40/93 -):

An der Festsetzung eines besonderen, abweichenden Gegenstandswertes für die Beigeladenen sieht sich der Senat durch § 13 Abs. 1 GKG dennoch nicht gehindert. Die verwaltungsrechtliche Rechtsprechung und Literatur will allerdings im Hinblick auf den Wortlaut und die Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift die Bildung unterschiedlicher Streitwerte nur ausnahmsweise für den Fall zulassen, daß sich die rechtliche Betroffenheit eines Beteiligten auf lediglich einen Teil des Streitgegenstandes beschränkt. Sie hält es dagegen nicht für zulässig, über eine gesonderte Wertfestsetzung die voneinander abweichenden Interessen der Prozeßbeteiligten zur Geltung zu bringen (vgl. BSG SozR 3-1930 § 8 Nr. 1 S. 6).Ob § 13 Abs. 1 GKG für das Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Finanzgerichtsbarkeit zwingend eine gesonderte, an den unterschiedlichen Interessen der Beteiligten ausgerichtete Streitwertfestsetzung ausschließt, kann auf sich beruhen, denn die Vorschrift gilt für das sozialgerichtliche Verfahren nicht unmittelbar. Ihre vom Senat geforderte ergänzende Heranziehung im Rahmen des § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGebO soll lediglich sachlich nicht begründete Abweichungen gegenüber der verwaltungs- und finanzgerichtlichen Praxis vermeiden helfen. Dieser Zweck rechtfertigt es nicht, die Regelung auch insoweit zu übernehmen, als sie den Besonderheiten des Sozialgerichtsprozesses nicht gerecht wird und zu unbilligen Ergebnissen führt. Für das durch mehrseitige Rechtsbeziehungen geprägte Leistungserbringungsrecht des SGB V, dem der Großteil der unter § 116 Abs. 2 BRAGebO fallenden Streitigkeiten angehört, ist kennzeichnend, daß Verwaltungsentscheidungen gleichzeitig auf die Rechtsstellung mehrerer Betroffener unmittelbar oder mittelbar einwirken. Dementsprechend sind an derartigen Verfahren neben den Hauptbeteiligten regelmäßig Beigeladene mit unterschiedlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen beteiligt, wobei die prozessuale Stellung als Kläger, Beklagter oder Beigeladener vielfach durch die Zufälligkeit der jeweiligen Verfahrenskonstellation bestimmt wird. Hinzu kommt, daß von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in weit stärkerem Maße als von den Verwaltungs- und Finanzgerichten von der Möglichkeit der sogenannten einfachen Beiladung Gebrauch gemacht wird. Da das Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Unterschied zur Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und zur Finanzgerichtsordnung (FGO) für die einfache Beiladung keine rechtliche Betroffenheit verlangt, sondern es ausreichen läßt, wenn durch die Entscheidung berechtigte Interessen des Beizuladenden berührt werden (vgl § 75 Abs 1 SGG einerseits, § 65 Abs 1 VwGO und § 60 Abs 1 Satz 1 FGO andererseits), können im Sozialgerichtsprozeß nach dem Ermessen des Gerichts auch außerrechtliche, etwa wirtschaftliche, ethische, ideelle, soziale, kulturelle oder sonstige tatsächliche Interessen zur Beiladung führen. Ein für alle Betroffenen einheitlicher, allein durch das wirtschaftliche Interesse des Klägers bestimmter Gegenstandswert trägt diesen besonderen Gegebenheiten nicht Rechnung, weil er die typischerweise ganz unterschiedliche Interessenlage und wirtschaftliche Betroffenheit der Beteiligten vernachlässigt, die Höhe des Streitwertes von der zufälligen Stellung der Beteiligten im Prozeß abhängig macht und den einzelnen unter Umständen einem unkalkulierbaren Kostenrisiko aussetzt, das in keinem Verhältnis zu der Bedeutung steht, die der Prozeß für ihn selbst hat.

Ausgehend hiervon hat das BSG im Beschluss vom 12.09.2006 - B 6 KA 70/05 B - dargelegt, dass der Wert der Beschwer für die das Rechtsmittelverfahren zwecks Verteidigung ihres Bescheides betreibende Kassenärztlichen Vereinigung (KV) spiegelbildlich zur Beschwer des Klägers im Verfahren vor dem Sozialgericht und deshalb nach denselben Grundsätzen zu bestimmen ist. In diesem Sinn hat der Senat bereits mehrfach - allerdings ohne nähere Begründung - entschieden (vgl. Beschluss vom 18.03.2008 - L 11 B 22/07 KA ER -; Urteil vom 12.03.2008 - L 11 (10) KA 36/06 -; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.12.2007 - L 10 B 39/06 KA -). Daran ist aus den vom BSG herausgearbeiteten Gründen festzuhalten. Hieraus folgt, dass in Fällen, in denen eine KV Klägerin oder Antragstellerin ist, deren wirtschaftliches Interesse - spiegelbildlich - durch das wirtschaftliche Interesse anderer Verfahrensbeteiligter bestimmt werden kann, wenn ein eigenes wirtschaftliches Interesse der KV weder ersichtlich ist noch vorgetragen wird (hierzu Senat, Beschluss vom 07.09.2009 - L 11 B 6/09 KA ER -). Diese Erwägungen sind - jedenfalls vorliegend - auf die Fallkonstellation eines von den Beigeladenen begehrten defensiven Rechtsschutzes zu übertragen.

b) Der Streitwert ist daher nach Maßgabe des § 52 Abs. 2 GKG zu bestimmen. Ein Streitwert von 5.000,00 EUR lässt sich allerdings schon im Ansatz nicht rechtfertigen. Bezogen auf einen Zeitraum von drei Jahren (für Zulassungssachen: BSG, Beschluss vom 12.10.2005 - B 6 KA 47/04 B -; Urteil vom 01.09.2005 - B 6 KA 41/04 R -) läge dem die Prämisse zu Grunde, dass die Antragsteller die Zweigpraxis vornehmlich nicht zwecks Gewinnerzielung sondern ganz überwiegend aus altruistischen Gründen betreiben wollen. Hierfür sind indessen keinerlei Anhaltspunkte vorhanden. Deswegen ist grundsätzlich - wie auch hier - davon auszugehen, dass pekuniäre Interessen im Vordergrund stehen. Angesichts des sonach vorhandenen, indessen nicht bestimmbaren wirtschaftlichen Interesses der Antragsteller am Betreiben der Zweigpraxis ist der Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR im Wege der Schätzung angemessen zu erhöhen (vgl. auch Senat, Beschluss vom 27.05.2009 - L 11 KA 2/09 ER -). Insoweit wäre unter Berücksichtigung der von den Antragstellern für die Zweigpraxis mitgeteilten Sprechstundenzeiten (freitags von 8 bis 12 Uhr und 14 bis 17 Uhr) sowie der dort angebotenen Leistungen (augenärztliche Sprechstunde) der Streitwert - im Hauptsacheverfahren - auf 60.000,00 EUR (5.000,00 EUR je Quartal x 12 Quartale) festzusetzen (hierzu Senat, Beschluss vom 17.12.2009 - L 11 B 7/09 KA -). Der Senat weist in diesem Zusammenhang klarstellend darauf hin, dass der Streitwert in Verfahren auf Genehmigung einer Zweigpraxis nicht generell in dieser Höhe festzusetzen ist. Ausgehend vom Auffangstreitwert kann es in Betracht kommen, diesen ggf. nur moderat zu erhöhen. Maßgebende Faktoren für die Schätzung sind dabei grundsätzlich das in der Zweigpraxis angebotene Zeitkontingent sowie Art und Umfang der zur Verfügung gestellten ärztlichen Leistungen. Soweit der Senat im Beschluss vom 17.12.2009 - L 11 B 7/09 KA - einen Streitwert von 60.000,00 EUR bei einem avisierten Sprechstundenvolumen von zehn Stunden/wöchentlich angesetzt hat und die Antragsteller lediglich sieben Stunden anbieten, rechtfertigt dies noch keinen Abschlag, da die insoweit maßgebende Schätzung naturgemäß schon dem Grunde nach mit Unsicherheiten verbunden ist und sich insoweit einer mathematischen Berechnung entzieht.

2. Ein Abschlag ist allerdings geboten, weil es sich um ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren handelt. Das ergibt sich wie folgt:

Soweit es ein Hauptsacheverfahren auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung anlangt, ist von einem Drei-Jahres-Zeitraum auszugehen (BSG, Beschluss vom 12.10.2005 - B 6 KA 47/04 B -; Urteil vom 01.09.2005 - B 6 KA 41/04 R -). Geht es um einstweiligen Rechtsschutz in Zulassungssachen, wird teilweise die Auffassung vertreten, dass von dem fiktiven Wert des solchermaßen in zeitlicher Hinsicht fixierten Hauptsacheverfahrens ein Abschlag vorzunehmen ist (vgl. SG Dresden, Beschluss vom 15.07.2004 - S 11 KA 279/04 ER -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 19.11.2003 - L 11 B 28/00 KA -; LSG Thüringen, Beschluss vom 12.03.2004 - L 4 B 15/01 KA -). Der Senat folgt dem nicht. Für die Wertberechnung ist vielmehr ein (fiktives) Hauptsacheverfahren zu Grunde zu legen. Insoweit ist die Länge des Zeitraums zu schätzen, die bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens typischerweise zu erwarten ist (LSG Bayern, Beschlüsse vom 09.12.2004 - L 12 B 202/04 KA - und vom 25.04.2005 - L 12 B 203/04 KA -: zwei Jahre). Der Senat nimmt insoweit mit dem BSG drei Jahre an. Ein Abschlag wegen des besonderen Charakters des einstweiligen Rechtsschutzes kommt nicht in Betracht. Dies beruht darauf, dass der vorläufig zugelassene Arzt und der Arzt, der wegen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels gegen die Zulassungsentziehung weiter vertragsärztlich tätig sein darf, unter dem Gesichtspunkt der Vergütung ihrer Leistungen keinen anderen Status als "regulär" zugelassene Ärzte haben (vgl. Wenner/Bernard, NZS 2006, 1,4).

Dieser Ansatz würde dazu führen, dass das wirtschaftliche Interesse des antragstellenden Arztes an einer einstweiligen Regelung seinem wirtschaftlichen Interesse an einem Obsiegen im Hauptsacheverfahren deckungsgleich ist. Da für ein solches Hauptsacheverfahren - typisierend - grundsätzlich ein Zeitraum von drei Jahren anzusetzen ist, müsste auch der im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zu berücksichtigende Zeitfaktor auf drei Jahre bemessen werden. Das damit verbundene Kostenrisiko erachtet der Senat wegen Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) allerdings als nicht mehr vertretbar (vgl. BVerfG NJW 1997, 311). Aus diesem Grunde kann in einstweiligen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich ein Zeitraum von einem Jahr angesetzt werden. Ansatzpunkt für den zeitlichen Bemessungsfaktor "ein Jahr" ist die Überlegung, dass der Antragsteller auf der Grundlage einer einstweiligen Regelung vorläufig, d.h. bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens vertragsärztlich tätig werden will, so dass eine einstweilig erstrittene Zulassung trotz ihres nur vorläufigen Charakters in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen einer vollen Zulassung gleichkommt. Da für das Hauptsacheverfahren mit der Rechtsprechung des BSG ein Zeitraum von drei Jahren anzusetzen ist, kommt es insoweit nur darauf an, für den einstweiligen Rechtsschutz ein dem Charakter dieses Verfahrens hinreichend Rechnung tragenden Ansatz zu finden, um auch vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG einen im Vergleich zum Hauptsacheverfahren niedrigeren Streitwert zu bestimmen. Der Senat sieht es hierzu - wie dargelegt - als sachgerecht an, der Streitwertbestimmung das wirtschaftliche Interesse bezogen auf ein Jahr zugrunde zu legen. Anderes mag dann gelten, wenn eine befristete Teilnahmeform im Streit steht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19.05.2009 - L 11 B 10/09 KA ER - und 27.05.2009 - L 11 KA 2/09 ER -). Darum geht es hier indessen nicht. Vielmehr sind die aufgezeigten und für Zulassungsstreitverfahren entwickelten Grundsätze auf Verfahren, in denen es um die Genehmigung von Zweigpraxen geht, zu übertragen. Aus alledem ergibt sich für das von den Beigeladenen betriebene Beschwerdeverfahren ein Streitwert von 20.000,00 EUR.

3. Der "Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit" benennt zwar in Teil C IX Vertragsarztrecht 16.10 (Zweigpraxis) für das Hauptsacheverfahren einen dreifachen Regelstreitwert und bezieht sich hierzu auf Wenner/Bernard in NZS 2003, 568, 572. Dem kann nicht gefolgt werden. Nach A 4 des Streitwertkatalogs soll dieser eine Empfehlung auf der Grundlage der Rechtsprechung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsliteratur darstellen. Die für den Streitwertkatalog verantwortlichen Präsidenten/-innen der Landessozialgerichte sind indessen schon aus Rechtsgründen nicht befugt, den Spruchkörpern "Empfehlungen" zu geben. Das bedarf keiner Erörterung. Der Streitwertkatalog der Präsidenten/-innen der Landessozialgerichte hat somit lediglich informativen Charakter. Der Katalog ist ohnehin unvollständig und damit wenig brauchbar, wenn lediglich punktuelle Entscheidungen zu einzelnen Komplexen aufgegriffen werden (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.11.2006 - L 10 B 34/06 KA-). Hieraus folgt, dass der Streitwert von vornherein nicht mit einem schlichten Hinweis auf im Katalog gelistete tabellarische Werte festgesetzt werden kann. Dies gilt umso mehr, als die auf eine Streitwertbeschwerde ergehende gerichtliche Entscheidung nachvollziehbar zu begründen ist (Hartmann, Kostengesetze, 38. Auflage, 2008, GKG, § 68 Rdn. 21). Daran fehlt es, wenn allein auf den unverbindlichen Streitwertkatalog verwiesen wird. Im Übrigen trägt die Bezugnahme im Streitwertkatalog auf Wenner/Bernard schon deswegen nicht, weil diese Autoren für den um eine Zweigpraxisgenehmigung geführten Rechtsstreit einen Streitwert von 15.000,00 EUR vorschlagen, hierzu indessen keinerlei Begründung geben (vgl. Senat, Beschlüsse vom 14.06.2010 - L 11 B 14/09 KA ER - und vom 17.12.2009 - L 11 B 7/09 KA -).

4. Nach alledem ist der Streitwert mit 20.000,00 EUR festzusetzen.

II.

Die Kostengrundentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Hiernach trägt derjenige, der einen Rechtsbehelf zurücknimmt die Kosten des Verfahrens.

III.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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