Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 29 AS 1678/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 AS 981/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 27.05.2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen Sanktionsbescheid der Beschwerdegegnerin nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und begehrt zudem, diese zu verpflichten, ihm Akteneinsicht zu gewähren sowie seinen Antrag vom 05.08.2009 auf Rückerstattung von Bewerbungskosten zu bescheiden.
Der 1964 geborene Antragsteller erhält von der Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (zuletzt aufgrund Bewilligungsbescheiden vom 25.09.2009 und 25.05.2010 für die Zeiträume 01.12.2009 bis 31.05.2010 und 01.06.2010 bis 31.07.2010). Mit Schreiben vom 11.03.2010 unterbreitete die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine Eingliederungsvereinbarung gleichen Datums, die u.a. die Teilnahme an der Eingliederungsmaßnahme "Wege in Arbeit" mit Informationsgespräch bei dem Maßnahmeträger am 23.03.2010 vorsah. Zugleich händigte sie dem Antragsteller ein Einladungsschreiben aus, demzufolge er am 22.03.2010 um 10.45 Uhr bei ihr vorzusprechen habe. Es solle über das Bewerberangebot und die berufliche Situation gesprochen werden. Der Antragsteller möge die Eingliederungsvereinbarung sowie eine Datenschutzerklärung zum Termin mitbringen. Folge er der Einladung ohne wichtigen Grund nicht, werde das Arbeitslosengeld II um 10 % der für ihn maßgebenden Regelleistung abgesenkt.
Mit Schreiben vom 17.03.2010, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 18.03.2010, teilte der Antragsteller dieser u.a. mit:
"Um mir von der Maßnahme ein konkretes Bild zu machen, werde ich am 23. des Monats das vorgeschlagene Informationsgespräch bei der verantwortlichen Einrichtung wahrnehmen. Da die Maßnahme an diesem Tag noch nicht sofort beginnt, bleibt uns noch genügend Zeit, um uns über die Notwendigkeit und den integratorischen Effekt dieser Maßnahme im Laufe der kommenden Woche einig zu werden. Mit Ihrem Einverständnis werde ich den vorgemerkten Unterzeichnungstermin am 22. des Monats noch nicht wahrnehmen und mich erst nach Teilnahme an dem Informationsgespräch wieder schriftlich bei Ihnen zurückmelden."
Den Meldetermin am 22.03.2010 nahm der Antragsteller nicht wahr.
Am 23.03.2010 übersandte die Antragsgegnerin dem Antragsteller ein Anhörungsschreiben zu einer geplanten Absenkung der Leistungen. Der Antragsteller äußerte sich mit Schreiben vom 24.03.2010 zu dem von ihm beim Maßnahmeträger wahrgenommenen Informationsgespräch vom Vortag. Dort habe er erfahren, dass seine Zuweisung mit der Maßgabe erfolgt sei, er habe in der Vergangenheit mehrfach Integrationsmaßnahmen abgebrochen. Dies sei wahrheitswidrig und gehässig. Er beantrage Akteneinsicht. Eine Einladung der Antragsgegnerin vom 27.04.2010 zur Akteneinsicht am 17.05.2010 nahm der Antragsteller nicht wahr.
Mit Schreiben vom 14.04.2010 begehrte der Antragsteller von der Antragsgegnerin die Übernahme von Kosten für eine Bewerbungsreise am 08.10.2009 nach C, für die Anfertigung von Bewerbungen, für Porto und für Kopien.
Die Antragsgegnerin senkte die Leistungen mit Bescheid vom 21.04.2010 unter Hinweis auf das Meldeversäumnis am 22.03.2010 für die Zeit vom 01.05. bis 31.07.2010 um 10 %, d.h. 35,90 Euro monatlich ab.
Am 26.04.2010 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht (SG) Köln einen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt. Er hat begehrt, den Absenkungsbescheid vom 21.04.2010 außer Vollzug zu setzen bis über dessen Rechtmäßigkeit entschieden sei, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm Akteneinsicht zu gewähren und den "Antrag vom 05.08.2009" auf Rückerstattung von Bewerbungskosten zu bescheiden. Ein versäumter Meldetermin könne keinen Anlass zur Sanktion geben. Es sei am 22.03.2010 kein Termin angesetzt gewesen, der die persönliche Vorsprache erfordert hätte. Über etwaige Rechtsfolgen sei er nicht belehrt und vor der Sanktionierung auch nicht angehört worden. Gemäß § 25 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) stehe ihm jederzeit ein - bisher nicht gewährtes - Recht auf Akteneinsicht zu. "Der Antrag vom 05.08.2009" auf Rückerstattung der Bewerbungskosten sei nicht beschieden.
Den Widerspruch des Antragstellers vom 27.04.2010 gegen den Absenkungsbescheid wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2010 zurück. Hiergegen hat der Antragsteller Klage erhoben.
In einem Erörterungstermin am 18.05.2010 hat das SG den Sachbearbeiter der Antragsgegnerin, Herrn C, zeugenschaftlich vernommen.
Den Eilantrag hat das SG anschließend mit Beschluss vom 27.05.2010 abgelehnt. Die Kammer lege den Antrag bezüglich des Absenkungsbescheides als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid aus. Die Anordnung komme im Sinne einer Interessenabwägung zwischen den Beteiligten dann in Betracht, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt als offenbar rechtswidrig erweise. Dies sei hier nicht der Fall. Die Voraussetzungen für die erfolgte Absenkung des Arbeitslosengeldes II gemäß § 31 Abs. 2 SGB II lägen vor. Der Antragsteller habe den Meldetermin vom 22.03.2010 nicht wahrgenommen, ohne hierfür einen wichtigen Grund nachzuweisen. Insbesondere habe er nicht aufgrund seines Schreibens vom 17.03.2010 darauf vertrauen dürfen, dass die Antragsgegnerin seinem Vorschlag folgen werde. Der Absenkungsbescheid entspreche auch den formellen Anforderungen. Ungeachtet des Umstandes, dass die Antragsgegnerin an den Antragsteller ein Anhörungsschreiben verschickt habe, wäre ein etwaiger Anhörungsmangel aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Anhörung des Antragstellers im gerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X geheilt. Der Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht und Erstattung der Bewerbungskosten sei unbegründet. Es fehle an einem Anordnungsgrund, da nicht erkennbar sei, dass dem Antragsteller ein Abwarten in der Hauptsache nicht zugemutet werden könne. Dem Antragsteller sei die Möglichkeit eröffnet worden, bei der Antragsgegnerin am 17.05.2010 Akteneinsicht zu nehmen. Bezüglich der mit Schreiben vom 14.04.2010 geltend gemachten Bewerbungskosten handele es sich um einen Bedarf in der Vergangenheit, der im anhängigen Antragsverfahren zu entscheiden sei.
Gegen den ihm am 02.06.2010 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 14.06.2010 Beschwerde erhoben. Die Vorschrift des § 41 SGB X beziehe sich nur auf das Verwaltungsverfahren. Im Übrigen habe der Sanktionsbescheid zum Zeitpunkt der Beantragung wegen der Fehlerhaftigkeit nicht vollstreckt werden dürfen. Eine fehlende Anhörung gebe dem Widerspruch ausnahmsweise aufschiebende Wirkung, da es eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit sei, dass kein Verwaltungsakt ohne vorherige Anhörung des Betroffenen vollzogen werden dürfe. Falls der Anhörungsmangel durch die Gewährung gerichtlichen Gehörs zugleich als verwaltungsmäßige Anhörung gewertet würde, bitte er, die Beschwerde als Anfechtungsklage anzusehen. Ein Abwarten der dreimonatigen Klagesperrfrist sei in diesem Fall unnötig und unzumutbar.
Eine Rechtsfolgenbelehrung sei ihm vom Zeugen nicht ausgehändigt worden. Im Übrigen sei der Inhalt der in dem (ihm nicht zugegangenen) Einladungsschreiben enthaltenen Rechtsfolgenbelehrung teils irreführend, teils unvollständig. Das üblicherweise verwendete Einladungsformular laute auf eine "Einladung nach § 59 SGB II i.V.m. § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)". Der Inhalt der letzteren Vorschrift, auf den es zum Verständnis ankomme, werde nicht zitiert. Der Begriff der "Einladung" unterstelle anders als der in § 309 SGB III verwendete Begriff der "Meldeaufforderung" einen gewissen Grad an Freiwilligkeit. Sein Vertrauen in die Rechtsfolgenbelehrung sei aus vorigen unrechtmäßigen Rechtsfolgenbelehrungen ohnehin erschüttert gewesen.
Der Sanktionsbescheid sei auch materiell rechtswidrig. Einziger Zweck des Termins habe die Unterzeichnung der Eingliederungsvereinbarung sein sollen, für die es jedoch eine rechtliche Verpflichtung nicht gebe. Die Drohung mit einer Sanktion für den Fall der Verweigerung der Unterschriftsleistung sei strafrechtlich nach § 240 Strafgesetzbuch als Nötigung zu bewerten und mache den Verwaltungsakt daher gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 4 SGB X nichtig. Da er den Gegenstand der Vorsprache am 22. März berechtigterweise als Nötigung habe auffassen dürfen, sei sein Fernbleiben als entschuldbar i.S.v. § 31 Abs. 2 SGB II zu werten.
Was die Bewerbungskosten angehe, so finde sich in der Rechtsprechung die Auffassung, dass aus fehlerhaften Verwaltungsakten der Vergangenheit ein konkreter "Nachholbedarf" bestehen könne, der eine einstweilige Anordnung vor einer Entscheidung in der Hauptsache rechtfertige. Ein Grund für eine positive Entscheidung sei gegeben, weil er weitere Eigenbemühungen vornehmen und mangels Kostenerstattung in absehbarer Zeit die regelmäßigen Bewerbungen aus dem Regelsatz auslegen müsse, der dafür nicht vorgesehen sei.
Im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller Einsicht in die Akten genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vorbringens des Antragstellers im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die Beschwerde ist hinsichtlich der beantragten Akteneinsicht (nunmehr) unzulässig, im Übrigen unbegründet.
Die Beschwerde ist unzulässig, soweit der Antragsteller (weiterhin) die Gewährung von Akteneinsicht begehrt. Nach der im Beschwerdeverfahren erfolgten vollumfänglichen Akteneinsicht fehlt dem diesbezüglichen Beschwerdebegehren des Antragstellers nunmehr das Rechtsschutzbedürfnis.
Das Begehren des Antragstellers bezogen auf den Sanktionsbescheid ist zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung als Antrag auf Aufhebung der Vollziehung gemäß § 86b Abs. 1 S. 2 SGG auszulegen, weil die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Sanktionierung für den Zeitraum vom 01.05. bis 31.07.2010 bereits vollzogen ist und der Antragsteller seit 01.08.2010 wieder ungekürzte Leistungen der Antragsgegnerin erhält. Ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bzw. der inzwischen gegen Bescheid und Widerspruchsbescheid erhobenen Klage gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 SGG würde nach Ende des Vollzugs der Sanktionierung ins Leere laufen (vgl. zur konkreten Möglichkeit der Umdeutung Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2009, § 86b Rn 9b; vgl. allgemein BSG, Urteil vom 20.05.2003, B 1 KR 25/01 R Rn 19 in SozR 4-1500 § 158 Nr. 1).
Nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache die Aufhebung der Vollziehung eines Verwaltungsakts anordnen, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden ist. Das Gericht kann somit die erfolgten Vollziehungshandlungen bzw. deren unmittelbare Folgen rückgängig machen (Keller, a.a.O, § 86b Rn 10a m.wN.). Der Antrag auf Aufhebung der Vollziehung ist begründet, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass dem privaten Interesse des Antragstellers an der Rückgängigmachung der Vollziehung gegenüber dem (durch die Antragsgegnerin vertretenen) Interesse der Allgemeinheit an der (Beibehaltung der) Vollziehung der Vorrang zu geben ist. Dabei ist die grundsätzliche gesetzgeberische Entscheidung hinsichtlich der Vollziehbarkeit zu beachten (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.07.2009, L 29 AS 375/09 B ER Rn 15). Hat der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung bestimmter Verwaltungsakte angeordnet, so besteht nur dann Anlass, hiervon abzuweichen, wenn im Einzelfall gewichtige Argumente für eine Umkehr des gesetzgeberisch angenommenen Regelfalls sprechen. Die Aufhebung einer bereits erfolgten Vollziehung ist daher nur möglich, wenn besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise das Privatinteresse des von der Vollziehung des Verwaltungsakts Belasteten in den Vordergrund treten lassen (vgl. Keller, a.a.O., § 86b Rn 12 c m.w.N.). Dies gilt insbesondere dann, wenn zur Aufhebung der Vollziehung eine Maßnahme angeordnet werden muss, die die Hauptsache bereits vorwegnimmt und bei einem späteren Obsiegen des Leistungsträgers im Hauptsacheverfahren nur schwer rückgängig zu machen ist (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Umgekehrt gilt, dass der Rechtsschutzanspruch des Bürgers um so stärker ins Gewicht fällt, je schwerer die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme Unabänderliches bewirkt (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.07.2009, L 29 AS 375/09 B ER Rn 18; BVerfG, Beschluss vom 24.03.2009, 2 BvR 2347/08 Rn 8 m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist eine Aufhebung der Vollziehung des streitigen Sanktionsbescheides zugunsten des Antragstellers nicht gerechtfertigt. Nach der gesetzgeberischen Entscheidung des § 39 SGB II sind Sanktionsbescheide grundsätzlich sofort vollziehbar. Besondere Gründe, die im hier vorliegenden Fall eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, sind vom Antragsteller nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. In der Gesamtschau überwiegt das öffentliche Interesse an der Beibehaltung der Vollziehung das Interesse des Antragstellers an deren Aufhebung im Eilrechtsschutzverfahren.
Würde der einbehaltene Sanktionsbetrag jetzt vorläufig an den Antragsteller ausgezahlt, könnte die Antragsgegnerin bei einem späterem Obsiegen in der Hauptsache ihren Rückforderungsanspruch nur schwerlich realisieren, weil aufgrund der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers Zweifel bestehen, dass dieser dann in der Lage sein wird, die nachgezahlten Beträge zurückzuerstatten. Die vorläufige Zuerkennung der Leistungen würde deshalb im Ergebnis einen Zustand schaffen, der in seinen (wirtschaftlichen) Auswirkungen der Vorwegnahme in der Hauptsache zugunsten des Antragstellers gleichkäme.
Ein für den Antragsteller sprechendes, objektiv dringendes Interesse, die einbehaltenen Beträge unmittelbar zum jetzigen Zeitpunkt anstatt ggf. nach Obsiegen in der Hauptsache ausgezahlt zu bekommen, ist nicht erkennbar. Eine existentielle Notlage besteht für ihn gegenwärtig nicht. Sein laufender Lebensunterhalt ist durch die Leistungsgewährung der Antragsgegnerin sichergestellt.
Ergibt die Interessenabwägung wie hier, dass Gründe fehlen, die eine vorläufige Regelung zugunsten des Antragstellers erfordern, so kann im Rahmen des Eilverfahrens dahinstehen, ob die Ausführungen des Antragstellers zur Rechtswidrigkeit des angegriffenen Sanktionsbescheides zutreffen. Seine diesbezüglichen Bedenken kann der Antragsteller im Hauptsacheverfahren geltend machen.
Soweit der Antragsteller Kosten für eine Bewerbung und die Wahrnehmung eines Bewerbungstermins in C im Oktober 2009 geltend macht, ist der auf die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG gerichtete Antrag ebenfalls unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das von Antragstellerseite geltend gemachte Recht (sog. Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit, d.h. die Dringlichkeit, die Angelegenheit sofort vor einer Entscheidung in der Hauptsache vorläufig zu regeln (sog. Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Hiervon ausgehend sind vorliegend die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht erfüllt, da es an der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit fehlt. Wie vom Sozialgericht zutreffend ausgeführt, ist der Antragsteller für den vor dem Eilantrag entstandenen Bedarf auf das insoweit anhängige Antragsverfahren zu verweisen. Soweit der Antragsteller meint, dass sich aus einer rechtswidrigen Verwaltungsentscheidung ein "Nachholbedarf" ergebe, so kann dieser mangels Eilbedarfs jedoch nicht in einem Eilverfahren, sondern lediglich im Hauptsacheverfahren geltend gemacht werden. Für die Kostenerstattung bezüglich weiterer Bewerbungen in der Zukunft ist jeweils zunächst ein Antrag bei der Antragsgegnerin zu stellen. Vor einer Befassung des Leistungsträgers mit einem konkreten Leistungsbegehren fehlt einem gerichtlichen Eilantrag das Rechtsschutzbedürfnis.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen Sanktionsbescheid der Beschwerdegegnerin nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und begehrt zudem, diese zu verpflichten, ihm Akteneinsicht zu gewähren sowie seinen Antrag vom 05.08.2009 auf Rückerstattung von Bewerbungskosten zu bescheiden.
Der 1964 geborene Antragsteller erhält von der Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (zuletzt aufgrund Bewilligungsbescheiden vom 25.09.2009 und 25.05.2010 für die Zeiträume 01.12.2009 bis 31.05.2010 und 01.06.2010 bis 31.07.2010). Mit Schreiben vom 11.03.2010 unterbreitete die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine Eingliederungsvereinbarung gleichen Datums, die u.a. die Teilnahme an der Eingliederungsmaßnahme "Wege in Arbeit" mit Informationsgespräch bei dem Maßnahmeträger am 23.03.2010 vorsah. Zugleich händigte sie dem Antragsteller ein Einladungsschreiben aus, demzufolge er am 22.03.2010 um 10.45 Uhr bei ihr vorzusprechen habe. Es solle über das Bewerberangebot und die berufliche Situation gesprochen werden. Der Antragsteller möge die Eingliederungsvereinbarung sowie eine Datenschutzerklärung zum Termin mitbringen. Folge er der Einladung ohne wichtigen Grund nicht, werde das Arbeitslosengeld II um 10 % der für ihn maßgebenden Regelleistung abgesenkt.
Mit Schreiben vom 17.03.2010, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 18.03.2010, teilte der Antragsteller dieser u.a. mit:
"Um mir von der Maßnahme ein konkretes Bild zu machen, werde ich am 23. des Monats das vorgeschlagene Informationsgespräch bei der verantwortlichen Einrichtung wahrnehmen. Da die Maßnahme an diesem Tag noch nicht sofort beginnt, bleibt uns noch genügend Zeit, um uns über die Notwendigkeit und den integratorischen Effekt dieser Maßnahme im Laufe der kommenden Woche einig zu werden. Mit Ihrem Einverständnis werde ich den vorgemerkten Unterzeichnungstermin am 22. des Monats noch nicht wahrnehmen und mich erst nach Teilnahme an dem Informationsgespräch wieder schriftlich bei Ihnen zurückmelden."
Den Meldetermin am 22.03.2010 nahm der Antragsteller nicht wahr.
Am 23.03.2010 übersandte die Antragsgegnerin dem Antragsteller ein Anhörungsschreiben zu einer geplanten Absenkung der Leistungen. Der Antragsteller äußerte sich mit Schreiben vom 24.03.2010 zu dem von ihm beim Maßnahmeträger wahrgenommenen Informationsgespräch vom Vortag. Dort habe er erfahren, dass seine Zuweisung mit der Maßgabe erfolgt sei, er habe in der Vergangenheit mehrfach Integrationsmaßnahmen abgebrochen. Dies sei wahrheitswidrig und gehässig. Er beantrage Akteneinsicht. Eine Einladung der Antragsgegnerin vom 27.04.2010 zur Akteneinsicht am 17.05.2010 nahm der Antragsteller nicht wahr.
Mit Schreiben vom 14.04.2010 begehrte der Antragsteller von der Antragsgegnerin die Übernahme von Kosten für eine Bewerbungsreise am 08.10.2009 nach C, für die Anfertigung von Bewerbungen, für Porto und für Kopien.
Die Antragsgegnerin senkte die Leistungen mit Bescheid vom 21.04.2010 unter Hinweis auf das Meldeversäumnis am 22.03.2010 für die Zeit vom 01.05. bis 31.07.2010 um 10 %, d.h. 35,90 Euro monatlich ab.
Am 26.04.2010 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht (SG) Köln einen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt. Er hat begehrt, den Absenkungsbescheid vom 21.04.2010 außer Vollzug zu setzen bis über dessen Rechtmäßigkeit entschieden sei, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm Akteneinsicht zu gewähren und den "Antrag vom 05.08.2009" auf Rückerstattung von Bewerbungskosten zu bescheiden. Ein versäumter Meldetermin könne keinen Anlass zur Sanktion geben. Es sei am 22.03.2010 kein Termin angesetzt gewesen, der die persönliche Vorsprache erfordert hätte. Über etwaige Rechtsfolgen sei er nicht belehrt und vor der Sanktionierung auch nicht angehört worden. Gemäß § 25 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) stehe ihm jederzeit ein - bisher nicht gewährtes - Recht auf Akteneinsicht zu. "Der Antrag vom 05.08.2009" auf Rückerstattung der Bewerbungskosten sei nicht beschieden.
Den Widerspruch des Antragstellers vom 27.04.2010 gegen den Absenkungsbescheid wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2010 zurück. Hiergegen hat der Antragsteller Klage erhoben.
In einem Erörterungstermin am 18.05.2010 hat das SG den Sachbearbeiter der Antragsgegnerin, Herrn C, zeugenschaftlich vernommen.
Den Eilantrag hat das SG anschließend mit Beschluss vom 27.05.2010 abgelehnt. Die Kammer lege den Antrag bezüglich des Absenkungsbescheides als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid aus. Die Anordnung komme im Sinne einer Interessenabwägung zwischen den Beteiligten dann in Betracht, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt als offenbar rechtswidrig erweise. Dies sei hier nicht der Fall. Die Voraussetzungen für die erfolgte Absenkung des Arbeitslosengeldes II gemäß § 31 Abs. 2 SGB II lägen vor. Der Antragsteller habe den Meldetermin vom 22.03.2010 nicht wahrgenommen, ohne hierfür einen wichtigen Grund nachzuweisen. Insbesondere habe er nicht aufgrund seines Schreibens vom 17.03.2010 darauf vertrauen dürfen, dass die Antragsgegnerin seinem Vorschlag folgen werde. Der Absenkungsbescheid entspreche auch den formellen Anforderungen. Ungeachtet des Umstandes, dass die Antragsgegnerin an den Antragsteller ein Anhörungsschreiben verschickt habe, wäre ein etwaiger Anhörungsmangel aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Anhörung des Antragstellers im gerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X geheilt. Der Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht und Erstattung der Bewerbungskosten sei unbegründet. Es fehle an einem Anordnungsgrund, da nicht erkennbar sei, dass dem Antragsteller ein Abwarten in der Hauptsache nicht zugemutet werden könne. Dem Antragsteller sei die Möglichkeit eröffnet worden, bei der Antragsgegnerin am 17.05.2010 Akteneinsicht zu nehmen. Bezüglich der mit Schreiben vom 14.04.2010 geltend gemachten Bewerbungskosten handele es sich um einen Bedarf in der Vergangenheit, der im anhängigen Antragsverfahren zu entscheiden sei.
Gegen den ihm am 02.06.2010 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 14.06.2010 Beschwerde erhoben. Die Vorschrift des § 41 SGB X beziehe sich nur auf das Verwaltungsverfahren. Im Übrigen habe der Sanktionsbescheid zum Zeitpunkt der Beantragung wegen der Fehlerhaftigkeit nicht vollstreckt werden dürfen. Eine fehlende Anhörung gebe dem Widerspruch ausnahmsweise aufschiebende Wirkung, da es eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit sei, dass kein Verwaltungsakt ohne vorherige Anhörung des Betroffenen vollzogen werden dürfe. Falls der Anhörungsmangel durch die Gewährung gerichtlichen Gehörs zugleich als verwaltungsmäßige Anhörung gewertet würde, bitte er, die Beschwerde als Anfechtungsklage anzusehen. Ein Abwarten der dreimonatigen Klagesperrfrist sei in diesem Fall unnötig und unzumutbar.
Eine Rechtsfolgenbelehrung sei ihm vom Zeugen nicht ausgehändigt worden. Im Übrigen sei der Inhalt der in dem (ihm nicht zugegangenen) Einladungsschreiben enthaltenen Rechtsfolgenbelehrung teils irreführend, teils unvollständig. Das üblicherweise verwendete Einladungsformular laute auf eine "Einladung nach § 59 SGB II i.V.m. § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)". Der Inhalt der letzteren Vorschrift, auf den es zum Verständnis ankomme, werde nicht zitiert. Der Begriff der "Einladung" unterstelle anders als der in § 309 SGB III verwendete Begriff der "Meldeaufforderung" einen gewissen Grad an Freiwilligkeit. Sein Vertrauen in die Rechtsfolgenbelehrung sei aus vorigen unrechtmäßigen Rechtsfolgenbelehrungen ohnehin erschüttert gewesen.
Der Sanktionsbescheid sei auch materiell rechtswidrig. Einziger Zweck des Termins habe die Unterzeichnung der Eingliederungsvereinbarung sein sollen, für die es jedoch eine rechtliche Verpflichtung nicht gebe. Die Drohung mit einer Sanktion für den Fall der Verweigerung der Unterschriftsleistung sei strafrechtlich nach § 240 Strafgesetzbuch als Nötigung zu bewerten und mache den Verwaltungsakt daher gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 4 SGB X nichtig. Da er den Gegenstand der Vorsprache am 22. März berechtigterweise als Nötigung habe auffassen dürfen, sei sein Fernbleiben als entschuldbar i.S.v. § 31 Abs. 2 SGB II zu werten.
Was die Bewerbungskosten angehe, so finde sich in der Rechtsprechung die Auffassung, dass aus fehlerhaften Verwaltungsakten der Vergangenheit ein konkreter "Nachholbedarf" bestehen könne, der eine einstweilige Anordnung vor einer Entscheidung in der Hauptsache rechtfertige. Ein Grund für eine positive Entscheidung sei gegeben, weil er weitere Eigenbemühungen vornehmen und mangels Kostenerstattung in absehbarer Zeit die regelmäßigen Bewerbungen aus dem Regelsatz auslegen müsse, der dafür nicht vorgesehen sei.
Im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller Einsicht in die Akten genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vorbringens des Antragstellers im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die Beschwerde ist hinsichtlich der beantragten Akteneinsicht (nunmehr) unzulässig, im Übrigen unbegründet.
Die Beschwerde ist unzulässig, soweit der Antragsteller (weiterhin) die Gewährung von Akteneinsicht begehrt. Nach der im Beschwerdeverfahren erfolgten vollumfänglichen Akteneinsicht fehlt dem diesbezüglichen Beschwerdebegehren des Antragstellers nunmehr das Rechtsschutzbedürfnis.
Das Begehren des Antragstellers bezogen auf den Sanktionsbescheid ist zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung als Antrag auf Aufhebung der Vollziehung gemäß § 86b Abs. 1 S. 2 SGG auszulegen, weil die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Sanktionierung für den Zeitraum vom 01.05. bis 31.07.2010 bereits vollzogen ist und der Antragsteller seit 01.08.2010 wieder ungekürzte Leistungen der Antragsgegnerin erhält. Ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bzw. der inzwischen gegen Bescheid und Widerspruchsbescheid erhobenen Klage gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 SGG würde nach Ende des Vollzugs der Sanktionierung ins Leere laufen (vgl. zur konkreten Möglichkeit der Umdeutung Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2009, § 86b Rn 9b; vgl. allgemein BSG, Urteil vom 20.05.2003, B 1 KR 25/01 R Rn 19 in SozR 4-1500 § 158 Nr. 1).
Nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache die Aufhebung der Vollziehung eines Verwaltungsakts anordnen, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden ist. Das Gericht kann somit die erfolgten Vollziehungshandlungen bzw. deren unmittelbare Folgen rückgängig machen (Keller, a.a.O, § 86b Rn 10a m.wN.). Der Antrag auf Aufhebung der Vollziehung ist begründet, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass dem privaten Interesse des Antragstellers an der Rückgängigmachung der Vollziehung gegenüber dem (durch die Antragsgegnerin vertretenen) Interesse der Allgemeinheit an der (Beibehaltung der) Vollziehung der Vorrang zu geben ist. Dabei ist die grundsätzliche gesetzgeberische Entscheidung hinsichtlich der Vollziehbarkeit zu beachten (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.07.2009, L 29 AS 375/09 B ER Rn 15). Hat der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung bestimmter Verwaltungsakte angeordnet, so besteht nur dann Anlass, hiervon abzuweichen, wenn im Einzelfall gewichtige Argumente für eine Umkehr des gesetzgeberisch angenommenen Regelfalls sprechen. Die Aufhebung einer bereits erfolgten Vollziehung ist daher nur möglich, wenn besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise das Privatinteresse des von der Vollziehung des Verwaltungsakts Belasteten in den Vordergrund treten lassen (vgl. Keller, a.a.O., § 86b Rn 12 c m.w.N.). Dies gilt insbesondere dann, wenn zur Aufhebung der Vollziehung eine Maßnahme angeordnet werden muss, die die Hauptsache bereits vorwegnimmt und bei einem späteren Obsiegen des Leistungsträgers im Hauptsacheverfahren nur schwer rückgängig zu machen ist (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Umgekehrt gilt, dass der Rechtsschutzanspruch des Bürgers um so stärker ins Gewicht fällt, je schwerer die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme Unabänderliches bewirkt (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.07.2009, L 29 AS 375/09 B ER Rn 18; BVerfG, Beschluss vom 24.03.2009, 2 BvR 2347/08 Rn 8 m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist eine Aufhebung der Vollziehung des streitigen Sanktionsbescheides zugunsten des Antragstellers nicht gerechtfertigt. Nach der gesetzgeberischen Entscheidung des § 39 SGB II sind Sanktionsbescheide grundsätzlich sofort vollziehbar. Besondere Gründe, die im hier vorliegenden Fall eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, sind vom Antragsteller nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. In der Gesamtschau überwiegt das öffentliche Interesse an der Beibehaltung der Vollziehung das Interesse des Antragstellers an deren Aufhebung im Eilrechtsschutzverfahren.
Würde der einbehaltene Sanktionsbetrag jetzt vorläufig an den Antragsteller ausgezahlt, könnte die Antragsgegnerin bei einem späterem Obsiegen in der Hauptsache ihren Rückforderungsanspruch nur schwerlich realisieren, weil aufgrund der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers Zweifel bestehen, dass dieser dann in der Lage sein wird, die nachgezahlten Beträge zurückzuerstatten. Die vorläufige Zuerkennung der Leistungen würde deshalb im Ergebnis einen Zustand schaffen, der in seinen (wirtschaftlichen) Auswirkungen der Vorwegnahme in der Hauptsache zugunsten des Antragstellers gleichkäme.
Ein für den Antragsteller sprechendes, objektiv dringendes Interesse, die einbehaltenen Beträge unmittelbar zum jetzigen Zeitpunkt anstatt ggf. nach Obsiegen in der Hauptsache ausgezahlt zu bekommen, ist nicht erkennbar. Eine existentielle Notlage besteht für ihn gegenwärtig nicht. Sein laufender Lebensunterhalt ist durch die Leistungsgewährung der Antragsgegnerin sichergestellt.
Ergibt die Interessenabwägung wie hier, dass Gründe fehlen, die eine vorläufige Regelung zugunsten des Antragstellers erfordern, so kann im Rahmen des Eilverfahrens dahinstehen, ob die Ausführungen des Antragstellers zur Rechtswidrigkeit des angegriffenen Sanktionsbescheides zutreffen. Seine diesbezüglichen Bedenken kann der Antragsteller im Hauptsacheverfahren geltend machen.
Soweit der Antragsteller Kosten für eine Bewerbung und die Wahrnehmung eines Bewerbungstermins in C im Oktober 2009 geltend macht, ist der auf die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG gerichtete Antrag ebenfalls unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das von Antragstellerseite geltend gemachte Recht (sog. Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit, d.h. die Dringlichkeit, die Angelegenheit sofort vor einer Entscheidung in der Hauptsache vorläufig zu regeln (sog. Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Hiervon ausgehend sind vorliegend die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht erfüllt, da es an der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit fehlt. Wie vom Sozialgericht zutreffend ausgeführt, ist der Antragsteller für den vor dem Eilantrag entstandenen Bedarf auf das insoweit anhängige Antragsverfahren zu verweisen. Soweit der Antragsteller meint, dass sich aus einer rechtswidrigen Verwaltungsentscheidung ein "Nachholbedarf" ergebe, so kann dieser mangels Eilbedarfs jedoch nicht in einem Eilverfahren, sondern lediglich im Hauptsacheverfahren geltend gemacht werden. Für die Kostenerstattung bezüglich weiterer Bewerbungen in der Zukunft ist jeweils zunächst ein Antrag bei der Antragsgegnerin zu stellen. Vor einer Befassung des Leistungsträgers mit einem konkreten Leistungsbegehren fehlt einem gerichtlichen Eilantrag das Rechtsschutzbedürfnis.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved