Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 14 KA 140/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 57/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.07.2009 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin, die als Fachärztin für Anästhesiologie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, wendet sich gegen einen Regress wegen unzulässiger Verordnung von Sprechstundenbedarf (SSB) in den Quartalen IV/04 bis 111/05.
Auf die Anträge der beigeladenen Krankenkasse zu 8) für das Quartal IV/04 vom 14.12.2005, für das Quartal 1/05 vom 30.03.2006, für das Quartal 11/05 vom 29.06.2006 und für das Quartal 111/05 vom 25.09.2006 setzte der Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein mit Bescheiden vom 15.08.2006 (IV/04 und 1/05), 13.11.2006 (11/05) und 17.01.2007 (111/05) Regresse wegen unzulässiger Verordnung von Portex Single Shot ProBloc Nadeln als SSB in Höhe von insgesamt 5.147,40 EUR fest.
Mit ihren Widersprüchen wandte sich die Klägerin gegen die Regressforderungen und verwies zur Begründung auf ein Urteil des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf vom 08.02.2006 (S 14 KA 60/05). In diesem Verfahren hatte sich die dortige Klägerin erfolgreich gegen von dem Beklagten u.a. regressierte Verordnungen von Plexufix Kanülen als SSB gewandt. Bei den nunmehr beanstandeten Artikeln handele es sich um vergleichbare Kanülen eines anderen Herstellers. Der Beklagte wies ihre Einwendungen mit Widerspruchsbescheid vom 13.06. 2007 zurück. Single Shot ProBloc Nadeln könnten nicht unter Punkt IV.5 der Vereinbarung über die ärztliche Verordnung von SSB (im Folgenden: SSB-Vereinbarung) - Mittel zur Diagnostik und Sofortanwendung - subsumiert werden.
Mit ihrer fristgerecht eingelegten Klage hat die Klägerin unter Ergänzung ihrer bisherigen Ausführungen vorgetragen: Single Shot ProBloc Nadeln seien wie die Produkte "Plexufix" oder "Stimuplex" keine Einmalspritzen oder -kanülen, sondern Verweilkanülen. Die Beigeladene zu 8) habe in der Vergangenheit ihre Prüfanträge wegen der Verordnung von Stimuplex D-Kanülen für die Quartale 11/01 und 11/03 im Rahmen der jeweiligen Widerspruchsverfahren zurückgenommen. Im Vertrauen auf diese Entscheidungen habe sie auch in der Folgezeit bei ihrer Tätigkeit die streitigen "Verweilkanülen" verwendet, allerdings den Hersteller gewechselt, so dass nunmehr das technisch vergleichbare Produkt ProBloc Single Shot verwendet werde. Bei der Plexusanästhesie würden in der Regel 50 ml der zu applizierenden Flüssigkeit über einen Zeitraum von zum Teil mehreren Stunden in den Körper eingebracht. Bei den streitigen Nadeln handele es sich um Verweilkanülen, die während der gesamten Operationszeit zum Teil über mehrere Stunden am Patienten verblieben. Während dieser Zeit werde ohne Druck, also nur durch Schwerkraft, ein Anästhetikum von mehr als 20ml, meist 50ml, in den Körper des Patienten eingebracht, so dass es sich bei dem streitigen Verfahren um eine Infusion und nicht um eine Injektion handele.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 13.06.2007 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Aufrechterhaltung seiner Auffassung hat der Beklagte ergänzend vorgetragen: Nach der Herstellerbeschreibung dienten Single Shot ProBloc Nadein der punktgenauen Lokalisierung des Nervs im Wege der Stimulation zur selektiven Schmerzausschaltung durch Verabreichung von Lokalästhetika am Nerv. Die Applikation von Anästhetika im Rahmen der Plexusanästhesie erfolge mittels Injektion und nicht mittels Infusion. Daran ändere sich nichts, wenn die Nadeln zum Nachspritzen während der Dauer der Operation am Patienten verblieben. Die Verabreichung einer ggf. weiteren Betäubungsmitteldosis erfolge ebenfalls per Injektion. Bei der Plexusanästhesie fehle es zumindest an dem eine Infusion regelmäßig kennzeichnenden Einleiten in ein Hohlorgan. Die Anästhetika würde bei der Plexusanästhesie definitionsgemäß in das von Nervengeflecht umgebende Gewebe und nicht in ein Hohlorgan eingebracht. Demgemäß seien die benannten Nadeln nicht als Ein-malinfusionsnadeln über SSB bezugsfähig. Die Vorgehensweise der Beigeladenen zu 8) in der Vergangenheit bzw. das von der Klägerin angeführte Urteil des SG rechtfertigten nicht die Annahme der Verordnungsfähigkeit. Er sei an die verbindlichen Vorgaben gebunden. Eine Selbstbindung könne es in Hinblick auf eine unzulässige Verordnung nicht geben.
Die Beigeladene zu 8), die selbst keinen Antrag gestellt hat, hat unter Hinweis auf die Definition der Plexusanästhesie im Klinischen Wörterbuch Pschyrembel ausgeführt, es handele sich hierbei um eine Form der Leitungsanästhesie mit Injektion von Lokalanästhetika in die unmittelbare Nähe eines Nervenplexus.
Mit Urteil vom 29.07.2009 hat das SG Düsseldorf die Klage unter Aufgabe seiner Rechtsprechung im. Urteil vom 08.02.2006 abgewiesen. Portex Single Shot ProBioc Nadeln seien nicht als SSB bezugsfähig, da sie nicht unter Ziffer IV. der SSB-Vereinbarung gelistet und auch nicht als Einmalinfusionsnadeln gemäß Ziffer IV. Nr. 5 der SSB-Vereinbarung zu qualifizieren seien. Nach Angaben des Herstellers würden diese Produkte im Rahmen der Anästhesie für eine lokale Nervenblockade mittels Injektion eines Lokalanästhetikums verwendet. Die Nerven würden mit Hilfe der an anatomischen Landmarken orientierten Technik, eines Nervenstimulators oder unter Ultraschallkontrolle aufgesucht und durch das Einspritzen eines Lokalanästhetikums durch eine Kanüle betäubt. Das Verfahren der Plexusanästhesie erfolge in Form einer Injektion als Einspritzen von sterilen Arzneimitteln in den Körper mit einer Spritze und einer Hohlnadel (Kanüle) und nicht in Form einer Infusion, unter der man die parenterale Verabreichung von Flüssigkeiten verstehe. In Anbetracht dieser Definitionen und der für die Plexusanästhesie beschriebenen Verfahrensweise stelle der medizinische Vorgang eine Injektion dar. Das gelte ungeachtet der Frage, welche Menge an Anästhetika verabreicht werde. Diese orientiere sich an dem vorzunehmenden Eingriff (z.B. dessen Dauer) und der Konstitution (z.B. Körpergröße und Gewicht) des Patienten. Aus diesem Grund sei die verabreichte Menge kein maßgebendes Kriterium für die Frage, ob eine Infusion vorliege. Denn der medizinische Vorgang (Applikation eines Lokalanästhetikums zur Plexusanästhesie) verändere sich hierdurch nicht. Auch der Umstand, dass die Kanüle während des Eingriffs am Patienten verbleibe, qualifiziere die Applikation nicht als Infusion. Das Verbleiben der Kanüle diene im Wesentlichen dem Zweck, im Verlauf des Eingriffs eventuell weiter benötigte Anästhetika einspritzen zu können und hierfür keinen erneuten Zugang legen zu müssen. Eine dauerhafte Flüssigkeitsgabe erfolge damit nicht. Portex Single Shot Probioc Nadeln seien in den berechnungsfähigen Leistungen nach Maßgabe von Teil A I. Ziffer 2 Allgemeine Bestimmungen EBM bereits enthalten.
Die Klägerin wendet sich im Berufungsverfahren unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrags gegen die erstinstanzliche Entscheidung. Die Begründung des SG, die verabreichte Menge sei kein maßgebendes Kriterium für die Frage, ob eine Infusion vorliege, sei eine "These", aber keine Begründung, zumal das SG zuvor vollkommen anders argumentiert habe. Bei der Bewertung, "ob ProBloc Single Shot Nadeln als SSB verordnungsfähig sind", handele es sich vor allem um eine medizinische Frage, zu deren Klärung sie erstinstanzlich wiederholt Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beantragt habe. Diesem Beweisantrag hätte das SG ihrer Ansicht nach nachgehen müssen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.07.2009 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Beschlusses vom 13.06.2007 zu verpflichten, über die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 15.08.2006, 13.11.2006 und 17.01.2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unter Verweis auf seinen erstinstanzlichen Vortrag im Übrigen trägt der Beklagte vor: Entgegen der Auffassung der Klägerin bedürfe es keiner Beweiserhebung zur Funktionsweise der hier streitigen Portex Single Shot ProBloc Nadeln. Diese seien aufgrund der Herstellerangaben eindeutig als Injektionsartikel beschrieben. Als Medizinprodukt seien die Nadeln bestimmungsgemäß zu verwenden, so dass es auf die Vorstellung der Klägerin, wie sich das Infundieren von Lokalanästhetika auch darstellen könne, nicht ankomme. Die begrifflichen Unscharfen zwischen Injektion und Infusuion seien unerheblich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Beschluss des Beklagten vom 13.06.2007 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Der Senat nimmt Bezug auf die Entscheidung des Beklagten und des SG (§§ 136 Abs.3, 153 Abs. 2 SGG) und führt ergänzend aus:
Die Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung und damit auch der Beklagte sind befugt, Regresse wegen unzulässiger Verordnung von SSB festzusetzen. Das ergibt sich aus § 6 Abs. 1 b) der zwischen der KV Nordrhein, der AOK Rheinland, dem Landesverband der Betriebskrankenkassen Nordrhein-Westfalen, der IKK Nordrhein, der Krankenkasse der rheinischen Landwirtschaft, der Bundesknappschaft Bochum, dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. - ab 01.01.2009 Verband der Ersatzkassen e.V. - und dem - mit Wirkung ab 01.01.2009 aufgelösten - AEV-Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. geschlossenen Prüfvereinbarung in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (Rheinisches Ärzteblatt 6/2001, S. 109 ff.) i.V.m. der SSB-Vereinbarung in der Fassung vom 01.10.2005 (Rhein. Ärzteblatt 2005, 80 ff.), die durch die Nachträge vom 01.04.2006 und 01.01.2007 (Rhein. Ärztebiatt 2006, 101 und 2007, 93) keine vorliegend relevanten Änderungen erfahren hat. Danach erfolgt die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und der Zulässigkeit von SSB-Anforde-rungen nach den Bestimmungen der Gemeinsamen Prüfvereinbarung. Die Gesamtvertragspartner haben im Wege gesamtvertraglicher Vereinbarung die Prüfungszuständigkeit für die Wirtschaftlichkeit der SSB-Verordnungen auf die Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung übertragen. Dies steht mit § 106 SGB V in Einklang. Das BSG hat mehrfach entschieden, dass § 106 SGB V die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung ausschließlich den Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung von Vertragsärzten und Krankenkassen zuweist. Diese Vorschrift schließt jedoch nicht aus, den Wirtschaftlichkeitsprü-fungsgremien durch gesamtvertragliche Vereinbarung gemäß §§ 82, 83 SGB V auch andere Zuständigkeiten, insbesondere zur sachlich-rechnerischen Honorarberichtigung und zur Festsetzung von Schadensersatzansprüchen wegen unzulässiger Verordnungen, zu übertragen (BSG, Urteil vom 20.10.2004 - B 6 KA 41/03 - m.w.N.; Urteile des Senats vom 28.01.2009 - L 11 KA 24/08 - und vom 10.12.2008 - L 11 KA 16/07 -). Zu Recht stellen deshalb die Beteiligten die Berechtigung des beklagten Beschwerdeausschusses nicht in Frage, hinsichtlich der SSB-Verordnungen nicht nur zu prüfen, ob die Verordnungen dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprochen haben, sondern auch zu prüfen, ob Artikel verordnet worden sind, die als SSB nicht hätten verordnet werden dürfen.
Der angefochtene Beschluss ist formell rechtmäßig. Die Anträge der Beigeladenen zu 8) sind rechtzeitig, nämlich innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach Abschluss des Quartals, in dem der vom Antrag erfasste Sachverhalt angefallen ist, gestellt worden (§ 15 Abs. 2 Satz 2 Prüfvereinbarung). Der Beschluss ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat durch die Verordnung der ProBloc-S-Nadeln in unzulässiger Weise SSB angefordert.
Dahin gestellt bleiben kann, ob für die Auslegung der SSB-Vereinbarung die einschränkenden Maßstäbe gelten, die die Rechtsprechung für die Auslegung von Bewertungs- und Vergütungsregeiungen entwickelt hat (so für den Einheitlichen Bewertungsmaßstab u.a. BSG, Urteil vom 26.02.2000 - B 6 KA 13/99 R -), oder ob die allgemeinen Auslegungsgrundsätze für Normenverträge eingreifen (so z.B. für die Auslegung der Onkologie-Vereinbarung BSG, Urteil vom 03.03.1999 - B 6 KA 18/98 R -). Denn in jedem Fall ergibt sich, dass die Parteien der SSB-Vereinbarung einen - ggf. mit der wegen der Formulierung in Ziff. IV.7 "insbesondere" bei Notfällen und Sofortanwendung möglichen Ausnahme - abschließenden Katalog der verordnungsfähigen Mittel aufgestellt haben, der mangels Regelungslücke einer erweiternden Auslegung unter teleologischen Gesichtspunkten oder einer Rechtsfortbildung nicht zugänglich ist (Urteil des Senats vom 10.12.2008 - L 11 KA 16/07-).
Ziff. III.1 SSB-Vereinbarung schränkt die Verordnungsfähigkeit von Mitteln als SSB in mehrfacher Weise ein. Zunächst muss es sich um Mittel handeln, die ihrer Art nach bei mehr als einem Berechtigten angewendet werden, oder die zur Notfall- oder Sofortbehandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung erforderlich sind (Ziff. III.1 Satz 1 SSB-Vereinbarung). Zur länger andauernden Therapie ist nur die Einzelverordnung auf den Namen des Patienten zulässig (Ziff. 111.1 Satz 2 SSB-Vereinbarung). Bei der Anforderung von SSB sind nur die unter Ziff. IV. dieser Vereinbarung aufgeführten Mittel verordnungsfähig (Ziff. III.1 Satz 3 SSB-Vereinbarung). Ein ersatzweiser Bezug anderer Mittel oder Artikel ist nicht zulässig (Ziff. 111.1 Satz 4 SSB-Vereinbarung). Diese Regelungen sind abschließend; sie entsprechen ihrer Struktur nach der in Ziff. V.3 der Anlage 12 zum Bundesmantelvertrag Zahnärzte-/Ersatzkassen, die von der Rechtsprechung ebenfalls als abschließend angesehen worden ist (BSG, Urteil vom 20.09.2995 - 6 RKa 56/94 -). Hier wie dort haben sich die Vertragsparteien für eine Kombination von Positivliste und einschränkenden Indikationen entschieden. Der Unterschied besteht allein darin, dass in der hier anwendbaren SSB-Vereinbarung die einschränkenden Indikationen, wie z.B. durch Ziff. III.1 Satz 1 sowie Ziff. III.4 bis 6 geschehen, zum Teil im Sinn allgemeiner Regelungen vor die "Klammer" der in Ziff. IV enthaltenen Aufstellung der als SSB zulässigen Mittel gezogen worden sind (Urteile des Senats vom 10.12.2008 - L 11 KA 16/07 - und 30.07.2003 -L 11 KA 116/01 und L 11 KA 149/01 -).
In der unter Ziff. IV. 1 - 6 SBB-Vereinbarung grundsätzlich (mit Ausnahmen bei Notfallbehandlungen, welche vorliegend nicht gegeben sind) abschließenden Positivliste sind die regressierten Portex Single Shot ProBloc-S-Nadeln nicht aufgeführt. Entgegen der Auffassung der Klägerin können diese auch nicht unter den in Ziff. IV.5. SSB-Vereinbarung als "Mittel zur Diagnostik oder Soforttherapie" gelisteten "Einmal-Infusionsnadeln" subsumiert werden.
Während bei einer Injektion eine zu applizierende Flüssigkeit unter einem gewissen Druck in den Körper des Patienten eingebracht wird, ist eine Infusion als das Einfließenlassen größerer Flüssigkeitsmengen in ein Hohlorgan definiert. Die Grenzen einer wortlautorientierten Auslegung werden überschritten, wenn das mittels Druck erfolgte Einspritzen von Medikamenten an eine bestimmte, genau zu markierende Körperregion als "Infusion" verstanden werden soll (BSG, Urteil vom 20.10.2004 - B 6 KA 41/03 - im Zusammenhang mit koaxialen Interventionssets). Auch bei der Verwendung von ProBloc Single Shot ProBloc Nadeln erfolgt eine Einbringung der zu verabreichenden Substanz (Anästhetikums) mittels Druck an den gewünschten Behandlungsort (= Injektion; lat. inicere, iniectus = hineintun, einflößen) und nicht mittels Einfließenlassen (lat. infundere, infusus = hineingießen). Um die Nervenleitung und damit auch die Weitergabe von Schmerzreizen zu blockieren, werden kleine "Vorräte" (Depots) eines langwirkenden Lokalanästhetikums in die unmittelbare Umgebung von Austrittsstellen empfindungsleitender (sensibler) Nerven gespritzt. Um die richtige Stelle zu finden, wird ein sogenannter Nervenstimulator verwendet, der schwache Stromstöße aussendet. Liegt die Nadel an der richtigen Stelle in unmittelbarer Nähe des Nerven, kommt es dadurch zu Zuckungen im Ner-venversorgungsgebiet (z.B. Hand oder Fuß), woraufhin der Anästhesist das Betäubungsmittel spritzt. Grundsätzlich ist bei dieser Methode zwischen zwei Techniken zu unterscheiden: Bei der sogenannten "Single-shot"-Methode wird einmal eine Dosis des Medikaments gespritzt. Die betäubende Wirkung hält dann längere Zeit an, und der Patient kann operiert werden, ohne unter Schmerzen zu leiden. Die so genannten Kathetertechniken ermöglichen hingegen eine kontinuierliche Gabe des Lokalanästhetikums. Der Katheter ist ein dünner Schlauch, der über eine spezielle Nadel in die Nähe des Nervs geschoben wird. Die Nadel wird dann herausgezogen und der Katheter verbleibt. Jetzt kann der Nerv durch eine kontinuierliche Gabe von Lokalanästhetikum für längere Zeit ausgeschaltet werden, was den Vorteil hat, dass sich so auch die oftmals recht heftigen Schmerzen in den ersten Stunden nach der Operation wirkungsvoll behandeln lassen (Quelle: http://www. gesundheitpro.de/Therapien/ A050829ANONI013644). Portex bietet eine Kombination beider Verfahren: Durch Anlegen der Kanüle werden die Vorteile der o.a. Kathetertechnik genutzt, so z.B. die Möglichkeit der vereinfachten, bei Bedarf zu erfolgenden Nachinjektion (z.B. bei Schmerzen in bzw. unmittelbar nach der Aufwachsituation). Nichts desto trotz wird das Anästhetikum durch Injektion - Single-shot - eingebracht. Dies wird durch die Angaben des Herstellers Smith Medical von ProBloc Single Shot ProBloc Nadeln bestätigt, wonach diese eine spezielle Insolationsbeschichtung, die von der Spitze entfernt ist, um den Strom zu leiten, aufweisen und im Rahmen der Anästhesie für die lokale Nervenbiockade mittels "Injektion" eines Lokalanästhetikums verwendet werden (http://www.smiths-medical.com/plugins/news/2006/mar/probloc-s-needles-have.html). Auf die Vorstellung der Klägerin, wie sich das Infundieren von Lokalanästhetika auch darstellen könnte, kommt es nicht an. ProBloc Nadeln, die vom Hersteller - wie dargelegt - als Injektionsartikel beschrieben werden, sind gemäß § 3 Nr. 10 Medizinproduktegesetz bestimmungsgemäß zu verwenden.
Der Senat war - ebenso wie das SG - nicht gehalten, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Die Frage der Subsumtion der regressierten Portex Single Shot ProBioc-S-Nadeln unter das Tatbestandmerkmal der SSB-Vereinbarung "Einmal-Infusions-Nadeln" ist keine dem Beweis durch Sachverständigengutachten zugängliche Frage. Auslegung und Anwendung des vertragsärztlichen Leistungsverzeichnisses sind Bestandteil der den Gerichten obliegenden Rechtsanwendung (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2002 - 6 KA 1/02 R -).
Die fehlerhaften SSB-Verordnungen der Klägerin lösen eine verschuldensunabhängige Ersatzpflicht aus (zuletzt BSG, Beschluss vom 20.10.2010 - B 6 KA 26/10 B - m.w.N.). Der Regress wegen unzulässiger SSB-Verordnung ist ein Unterfall des Verordnungsregresses. Er richtet sich auf den Betrag, den die Krankenkasse an die Apotheke für Arzneien/Mittel gezahlt hat, welche dem verordnenden Vertragsarzt aufgrund der SSB-Verordnung ausgehändigt wurden und werden durften. Demgegenüber ist der typische Schadensregress außerhalb des Verordnungsverhaltens dadurch gekennzeichnet, dass das Verhalten des Arztes Folgekosten der Kassen ähnlich einem "Mangelfolgeschaden" nach bürgerlichem Recht ausgelöst hat (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2001 - B 6 KA 19/00 R -). Um einen solchen "Mangelfolgeschaden" geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht. Der auf das Fehlen der Verordnungsfähigkeit eines Medikaments/Mittels gestützte SSB-Regress ist seiner Rechtsnatur nach ein Schadensersatz- und kein Bereicherungsanspruch (BSG, Urteil vom 20.10.2004 - B 6 KA 41/03 R -). Insoweit kommt auf der Grundlage des normativen Schadensbegriffs eine Berücksichtigung ggf. ersparter Aufwendungen als schadensmindernde Vorteile nicht in Betracht. Eine solche Anrechnung entspräche nicht dem Zweck des Schadensersatzes; denn anderenfalls wären die Zielsetzungen der SSB-Vereinbarung gefährdet (Senat, Urteil vom 30.07.2003 - L 11 KA 44/05 -). Insoweit gelten für die Verordnung von SSB keine anderen Grundsätze als allgemein für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise eines Vertragsarztes (BSG, Urteile vom 06.05.2009 B 6 KA 2/08 R - und vom 20.10.2004 - B 6 KA 65/03 R -, Senat, Urteile vom 10.12.2008 L 11 KA 16/07 - und 30.07.2003 - L 11 KA 116/01 -). Deshalb ist für die Rechtmäßigkeit des Regressbescheides ohne Bedeutung, ob die Klägerin subjektiv der Auffassung gewesen ist, ihre Verordnungspraxis sei mit den maßgeblichen rechtlichen Vorschriften vereinbar. Ein abweichendes Ergebnis lässt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes, der ausnahmsweise ein Absehen von Regressen rechtfertigen könnte, ableiten. Vertrauensschutz setzt einen gegenüber dem betroffenen Arzt gesetzten besonderen Vertrauenstatbestand voraus (Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, § 106 Rdn. 356), der hier nicht geschaffen wurde. In der neuen Judikatur des BSG ist der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes im Zusammenhang mit der rückwirkenden Korrektur von Honorarbescheiden thematisiert worden. Dabei wurden fünf Sachverhaltsgestaltungen angenommen, in denen ein Vertrauenstatbestand zugunsten der Vertrags(zahn)ärzte anzunehmen ist: (1) Ablauf der Vierjahresfrist seit Erlass des betroffenen Honorarbescheides; (2) Verbrauch der Befugnis der K(Z)V zu sachlich rechnerischen Richtigstellungen nach den Bundesmantelverträgen durch vorbehaltslose Überprüfung und Bestätigung der Honoraranforderung des Vertrags(zahn)arztes; (3) Unterlassener Hinweis der K(Z)V bei Erteilung des Honorarbescheides auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung; (4) Duldung der Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände über einen längeren Zeitraum und spätere Beurteilung als fachfremd; (5) Herrühren der Fehlerhaftigkeit des Bescheides aus Umständen, die außerhalb des eigentlichen Bereichs einer sachlich und rechnerisch korrekten Honorarabrechnung und -Verteilung liegen und deshalb die fehlende konkrete Berührung der besonderen Funktionsbedingungen des Systems vertrags(zahn)ärztlicher Honorierung belegen (BSG, Urteile vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R -, Senat, Urteil vom 14.11.2007 - L 11 KA 67/06 -).
Werden die dargestellten Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen, lässt sich ein schützenswertes Vertrauen der Klägerin nicht begründen. Insbesondere war seit Erlass der Honorarbescheide für die Quartale IV/04 bis 111/05 bis zum Zeitpunkt der Regressforderungen in den Jahren 2006 und 2007 die Ausschlussfrist von vier Jahren (vgl, dazu BSG, Beschluss vom 20.10.2010 - B 6 KA 26/10 B - m.w.N.) nicht abgelaufen. Ebenso gibt es für einen Verbrauch der Prüfbefugnis unter dem Aspekt einer vorbehaltlosen Überprüfung und Bestätigung keine Anhaltspunkte. Diese können insbesondere nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass für die vor den streitgegenständlichen Quartalen liegenden vier Quartale kein Prüfantrag gestellt worden ist, denn bei einer solchen Annahme würde die in der Prüfvereinbarung festgeschriebene Frist, innerhalb deren ein Prüfantrag überhaupt gestellt werden kann, ad absurdum geführt. Jede weitere Prüfung wäre in diesem Fall obsolet. Soweit die Klägerin einen Vertrauensschutz aufgrund des Urteils des SG Düsseldorf vom 08.02.2006 für sich in Anspruch nehmen will, bleibt dies bereits deshalb erfolglos, well das Urteil erst nach den regressierten Quartalen IV/04 bis 111/05 ergangen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Die Klägerin, die als Fachärztin für Anästhesiologie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, wendet sich gegen einen Regress wegen unzulässiger Verordnung von Sprechstundenbedarf (SSB) in den Quartalen IV/04 bis 111/05.
Auf die Anträge der beigeladenen Krankenkasse zu 8) für das Quartal IV/04 vom 14.12.2005, für das Quartal 1/05 vom 30.03.2006, für das Quartal 11/05 vom 29.06.2006 und für das Quartal 111/05 vom 25.09.2006 setzte der Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein mit Bescheiden vom 15.08.2006 (IV/04 und 1/05), 13.11.2006 (11/05) und 17.01.2007 (111/05) Regresse wegen unzulässiger Verordnung von Portex Single Shot ProBloc Nadeln als SSB in Höhe von insgesamt 5.147,40 EUR fest.
Mit ihren Widersprüchen wandte sich die Klägerin gegen die Regressforderungen und verwies zur Begründung auf ein Urteil des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf vom 08.02.2006 (S 14 KA 60/05). In diesem Verfahren hatte sich die dortige Klägerin erfolgreich gegen von dem Beklagten u.a. regressierte Verordnungen von Plexufix Kanülen als SSB gewandt. Bei den nunmehr beanstandeten Artikeln handele es sich um vergleichbare Kanülen eines anderen Herstellers. Der Beklagte wies ihre Einwendungen mit Widerspruchsbescheid vom 13.06. 2007 zurück. Single Shot ProBloc Nadeln könnten nicht unter Punkt IV.5 der Vereinbarung über die ärztliche Verordnung von SSB (im Folgenden: SSB-Vereinbarung) - Mittel zur Diagnostik und Sofortanwendung - subsumiert werden.
Mit ihrer fristgerecht eingelegten Klage hat die Klägerin unter Ergänzung ihrer bisherigen Ausführungen vorgetragen: Single Shot ProBloc Nadeln seien wie die Produkte "Plexufix" oder "Stimuplex" keine Einmalspritzen oder -kanülen, sondern Verweilkanülen. Die Beigeladene zu 8) habe in der Vergangenheit ihre Prüfanträge wegen der Verordnung von Stimuplex D-Kanülen für die Quartale 11/01 und 11/03 im Rahmen der jeweiligen Widerspruchsverfahren zurückgenommen. Im Vertrauen auf diese Entscheidungen habe sie auch in der Folgezeit bei ihrer Tätigkeit die streitigen "Verweilkanülen" verwendet, allerdings den Hersteller gewechselt, so dass nunmehr das technisch vergleichbare Produkt ProBloc Single Shot verwendet werde. Bei der Plexusanästhesie würden in der Regel 50 ml der zu applizierenden Flüssigkeit über einen Zeitraum von zum Teil mehreren Stunden in den Körper eingebracht. Bei den streitigen Nadeln handele es sich um Verweilkanülen, die während der gesamten Operationszeit zum Teil über mehrere Stunden am Patienten verblieben. Während dieser Zeit werde ohne Druck, also nur durch Schwerkraft, ein Anästhetikum von mehr als 20ml, meist 50ml, in den Körper des Patienten eingebracht, so dass es sich bei dem streitigen Verfahren um eine Infusion und nicht um eine Injektion handele.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 13.06.2007 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Aufrechterhaltung seiner Auffassung hat der Beklagte ergänzend vorgetragen: Nach der Herstellerbeschreibung dienten Single Shot ProBloc Nadein der punktgenauen Lokalisierung des Nervs im Wege der Stimulation zur selektiven Schmerzausschaltung durch Verabreichung von Lokalästhetika am Nerv. Die Applikation von Anästhetika im Rahmen der Plexusanästhesie erfolge mittels Injektion und nicht mittels Infusion. Daran ändere sich nichts, wenn die Nadeln zum Nachspritzen während der Dauer der Operation am Patienten verblieben. Die Verabreichung einer ggf. weiteren Betäubungsmitteldosis erfolge ebenfalls per Injektion. Bei der Plexusanästhesie fehle es zumindest an dem eine Infusion regelmäßig kennzeichnenden Einleiten in ein Hohlorgan. Die Anästhetika würde bei der Plexusanästhesie definitionsgemäß in das von Nervengeflecht umgebende Gewebe und nicht in ein Hohlorgan eingebracht. Demgemäß seien die benannten Nadeln nicht als Ein-malinfusionsnadeln über SSB bezugsfähig. Die Vorgehensweise der Beigeladenen zu 8) in der Vergangenheit bzw. das von der Klägerin angeführte Urteil des SG rechtfertigten nicht die Annahme der Verordnungsfähigkeit. Er sei an die verbindlichen Vorgaben gebunden. Eine Selbstbindung könne es in Hinblick auf eine unzulässige Verordnung nicht geben.
Die Beigeladene zu 8), die selbst keinen Antrag gestellt hat, hat unter Hinweis auf die Definition der Plexusanästhesie im Klinischen Wörterbuch Pschyrembel ausgeführt, es handele sich hierbei um eine Form der Leitungsanästhesie mit Injektion von Lokalanästhetika in die unmittelbare Nähe eines Nervenplexus.
Mit Urteil vom 29.07.2009 hat das SG Düsseldorf die Klage unter Aufgabe seiner Rechtsprechung im. Urteil vom 08.02.2006 abgewiesen. Portex Single Shot ProBioc Nadeln seien nicht als SSB bezugsfähig, da sie nicht unter Ziffer IV. der SSB-Vereinbarung gelistet und auch nicht als Einmalinfusionsnadeln gemäß Ziffer IV. Nr. 5 der SSB-Vereinbarung zu qualifizieren seien. Nach Angaben des Herstellers würden diese Produkte im Rahmen der Anästhesie für eine lokale Nervenblockade mittels Injektion eines Lokalanästhetikums verwendet. Die Nerven würden mit Hilfe der an anatomischen Landmarken orientierten Technik, eines Nervenstimulators oder unter Ultraschallkontrolle aufgesucht und durch das Einspritzen eines Lokalanästhetikums durch eine Kanüle betäubt. Das Verfahren der Plexusanästhesie erfolge in Form einer Injektion als Einspritzen von sterilen Arzneimitteln in den Körper mit einer Spritze und einer Hohlnadel (Kanüle) und nicht in Form einer Infusion, unter der man die parenterale Verabreichung von Flüssigkeiten verstehe. In Anbetracht dieser Definitionen und der für die Plexusanästhesie beschriebenen Verfahrensweise stelle der medizinische Vorgang eine Injektion dar. Das gelte ungeachtet der Frage, welche Menge an Anästhetika verabreicht werde. Diese orientiere sich an dem vorzunehmenden Eingriff (z.B. dessen Dauer) und der Konstitution (z.B. Körpergröße und Gewicht) des Patienten. Aus diesem Grund sei die verabreichte Menge kein maßgebendes Kriterium für die Frage, ob eine Infusion vorliege. Denn der medizinische Vorgang (Applikation eines Lokalanästhetikums zur Plexusanästhesie) verändere sich hierdurch nicht. Auch der Umstand, dass die Kanüle während des Eingriffs am Patienten verbleibe, qualifiziere die Applikation nicht als Infusion. Das Verbleiben der Kanüle diene im Wesentlichen dem Zweck, im Verlauf des Eingriffs eventuell weiter benötigte Anästhetika einspritzen zu können und hierfür keinen erneuten Zugang legen zu müssen. Eine dauerhafte Flüssigkeitsgabe erfolge damit nicht. Portex Single Shot Probioc Nadeln seien in den berechnungsfähigen Leistungen nach Maßgabe von Teil A I. Ziffer 2 Allgemeine Bestimmungen EBM bereits enthalten.
Die Klägerin wendet sich im Berufungsverfahren unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrags gegen die erstinstanzliche Entscheidung. Die Begründung des SG, die verabreichte Menge sei kein maßgebendes Kriterium für die Frage, ob eine Infusion vorliege, sei eine "These", aber keine Begründung, zumal das SG zuvor vollkommen anders argumentiert habe. Bei der Bewertung, "ob ProBloc Single Shot Nadeln als SSB verordnungsfähig sind", handele es sich vor allem um eine medizinische Frage, zu deren Klärung sie erstinstanzlich wiederholt Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beantragt habe. Diesem Beweisantrag hätte das SG ihrer Ansicht nach nachgehen müssen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.07.2009 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Beschlusses vom 13.06.2007 zu verpflichten, über die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 15.08.2006, 13.11.2006 und 17.01.2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unter Verweis auf seinen erstinstanzlichen Vortrag im Übrigen trägt der Beklagte vor: Entgegen der Auffassung der Klägerin bedürfe es keiner Beweiserhebung zur Funktionsweise der hier streitigen Portex Single Shot ProBloc Nadeln. Diese seien aufgrund der Herstellerangaben eindeutig als Injektionsartikel beschrieben. Als Medizinprodukt seien die Nadeln bestimmungsgemäß zu verwenden, so dass es auf die Vorstellung der Klägerin, wie sich das Infundieren von Lokalanästhetika auch darstellen könne, nicht ankomme. Die begrifflichen Unscharfen zwischen Injektion und Infusuion seien unerheblich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Beschluss des Beklagten vom 13.06.2007 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Der Senat nimmt Bezug auf die Entscheidung des Beklagten und des SG (§§ 136 Abs.3, 153 Abs. 2 SGG) und führt ergänzend aus:
Die Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung und damit auch der Beklagte sind befugt, Regresse wegen unzulässiger Verordnung von SSB festzusetzen. Das ergibt sich aus § 6 Abs. 1 b) der zwischen der KV Nordrhein, der AOK Rheinland, dem Landesverband der Betriebskrankenkassen Nordrhein-Westfalen, der IKK Nordrhein, der Krankenkasse der rheinischen Landwirtschaft, der Bundesknappschaft Bochum, dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. - ab 01.01.2009 Verband der Ersatzkassen e.V. - und dem - mit Wirkung ab 01.01.2009 aufgelösten - AEV-Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. geschlossenen Prüfvereinbarung in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (Rheinisches Ärzteblatt 6/2001, S. 109 ff.) i.V.m. der SSB-Vereinbarung in der Fassung vom 01.10.2005 (Rhein. Ärzteblatt 2005, 80 ff.), die durch die Nachträge vom 01.04.2006 und 01.01.2007 (Rhein. Ärztebiatt 2006, 101 und 2007, 93) keine vorliegend relevanten Änderungen erfahren hat. Danach erfolgt die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und der Zulässigkeit von SSB-Anforde-rungen nach den Bestimmungen der Gemeinsamen Prüfvereinbarung. Die Gesamtvertragspartner haben im Wege gesamtvertraglicher Vereinbarung die Prüfungszuständigkeit für die Wirtschaftlichkeit der SSB-Verordnungen auf die Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung übertragen. Dies steht mit § 106 SGB V in Einklang. Das BSG hat mehrfach entschieden, dass § 106 SGB V die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung ausschließlich den Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung von Vertragsärzten und Krankenkassen zuweist. Diese Vorschrift schließt jedoch nicht aus, den Wirtschaftlichkeitsprü-fungsgremien durch gesamtvertragliche Vereinbarung gemäß §§ 82, 83 SGB V auch andere Zuständigkeiten, insbesondere zur sachlich-rechnerischen Honorarberichtigung und zur Festsetzung von Schadensersatzansprüchen wegen unzulässiger Verordnungen, zu übertragen (BSG, Urteil vom 20.10.2004 - B 6 KA 41/03 - m.w.N.; Urteile des Senats vom 28.01.2009 - L 11 KA 24/08 - und vom 10.12.2008 - L 11 KA 16/07 -). Zu Recht stellen deshalb die Beteiligten die Berechtigung des beklagten Beschwerdeausschusses nicht in Frage, hinsichtlich der SSB-Verordnungen nicht nur zu prüfen, ob die Verordnungen dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprochen haben, sondern auch zu prüfen, ob Artikel verordnet worden sind, die als SSB nicht hätten verordnet werden dürfen.
Der angefochtene Beschluss ist formell rechtmäßig. Die Anträge der Beigeladenen zu 8) sind rechtzeitig, nämlich innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach Abschluss des Quartals, in dem der vom Antrag erfasste Sachverhalt angefallen ist, gestellt worden (§ 15 Abs. 2 Satz 2 Prüfvereinbarung). Der Beschluss ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat durch die Verordnung der ProBloc-S-Nadeln in unzulässiger Weise SSB angefordert.
Dahin gestellt bleiben kann, ob für die Auslegung der SSB-Vereinbarung die einschränkenden Maßstäbe gelten, die die Rechtsprechung für die Auslegung von Bewertungs- und Vergütungsregeiungen entwickelt hat (so für den Einheitlichen Bewertungsmaßstab u.a. BSG, Urteil vom 26.02.2000 - B 6 KA 13/99 R -), oder ob die allgemeinen Auslegungsgrundsätze für Normenverträge eingreifen (so z.B. für die Auslegung der Onkologie-Vereinbarung BSG, Urteil vom 03.03.1999 - B 6 KA 18/98 R -). Denn in jedem Fall ergibt sich, dass die Parteien der SSB-Vereinbarung einen - ggf. mit der wegen der Formulierung in Ziff. IV.7 "insbesondere" bei Notfällen und Sofortanwendung möglichen Ausnahme - abschließenden Katalog der verordnungsfähigen Mittel aufgestellt haben, der mangels Regelungslücke einer erweiternden Auslegung unter teleologischen Gesichtspunkten oder einer Rechtsfortbildung nicht zugänglich ist (Urteil des Senats vom 10.12.2008 - L 11 KA 16/07-).
Ziff. III.1 SSB-Vereinbarung schränkt die Verordnungsfähigkeit von Mitteln als SSB in mehrfacher Weise ein. Zunächst muss es sich um Mittel handeln, die ihrer Art nach bei mehr als einem Berechtigten angewendet werden, oder die zur Notfall- oder Sofortbehandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung erforderlich sind (Ziff. III.1 Satz 1 SSB-Vereinbarung). Zur länger andauernden Therapie ist nur die Einzelverordnung auf den Namen des Patienten zulässig (Ziff. 111.1 Satz 2 SSB-Vereinbarung). Bei der Anforderung von SSB sind nur die unter Ziff. IV. dieser Vereinbarung aufgeführten Mittel verordnungsfähig (Ziff. III.1 Satz 3 SSB-Vereinbarung). Ein ersatzweiser Bezug anderer Mittel oder Artikel ist nicht zulässig (Ziff. 111.1 Satz 4 SSB-Vereinbarung). Diese Regelungen sind abschließend; sie entsprechen ihrer Struktur nach der in Ziff. V.3 der Anlage 12 zum Bundesmantelvertrag Zahnärzte-/Ersatzkassen, die von der Rechtsprechung ebenfalls als abschließend angesehen worden ist (BSG, Urteil vom 20.09.2995 - 6 RKa 56/94 -). Hier wie dort haben sich die Vertragsparteien für eine Kombination von Positivliste und einschränkenden Indikationen entschieden. Der Unterschied besteht allein darin, dass in der hier anwendbaren SSB-Vereinbarung die einschränkenden Indikationen, wie z.B. durch Ziff. III.1 Satz 1 sowie Ziff. III.4 bis 6 geschehen, zum Teil im Sinn allgemeiner Regelungen vor die "Klammer" der in Ziff. IV enthaltenen Aufstellung der als SSB zulässigen Mittel gezogen worden sind (Urteile des Senats vom 10.12.2008 - L 11 KA 16/07 - und 30.07.2003 -L 11 KA 116/01 und L 11 KA 149/01 -).
In der unter Ziff. IV. 1 - 6 SBB-Vereinbarung grundsätzlich (mit Ausnahmen bei Notfallbehandlungen, welche vorliegend nicht gegeben sind) abschließenden Positivliste sind die regressierten Portex Single Shot ProBloc-S-Nadeln nicht aufgeführt. Entgegen der Auffassung der Klägerin können diese auch nicht unter den in Ziff. IV.5. SSB-Vereinbarung als "Mittel zur Diagnostik oder Soforttherapie" gelisteten "Einmal-Infusionsnadeln" subsumiert werden.
Während bei einer Injektion eine zu applizierende Flüssigkeit unter einem gewissen Druck in den Körper des Patienten eingebracht wird, ist eine Infusion als das Einfließenlassen größerer Flüssigkeitsmengen in ein Hohlorgan definiert. Die Grenzen einer wortlautorientierten Auslegung werden überschritten, wenn das mittels Druck erfolgte Einspritzen von Medikamenten an eine bestimmte, genau zu markierende Körperregion als "Infusion" verstanden werden soll (BSG, Urteil vom 20.10.2004 - B 6 KA 41/03 - im Zusammenhang mit koaxialen Interventionssets). Auch bei der Verwendung von ProBloc Single Shot ProBloc Nadeln erfolgt eine Einbringung der zu verabreichenden Substanz (Anästhetikums) mittels Druck an den gewünschten Behandlungsort (= Injektion; lat. inicere, iniectus = hineintun, einflößen) und nicht mittels Einfließenlassen (lat. infundere, infusus = hineingießen). Um die Nervenleitung und damit auch die Weitergabe von Schmerzreizen zu blockieren, werden kleine "Vorräte" (Depots) eines langwirkenden Lokalanästhetikums in die unmittelbare Umgebung von Austrittsstellen empfindungsleitender (sensibler) Nerven gespritzt. Um die richtige Stelle zu finden, wird ein sogenannter Nervenstimulator verwendet, der schwache Stromstöße aussendet. Liegt die Nadel an der richtigen Stelle in unmittelbarer Nähe des Nerven, kommt es dadurch zu Zuckungen im Ner-venversorgungsgebiet (z.B. Hand oder Fuß), woraufhin der Anästhesist das Betäubungsmittel spritzt. Grundsätzlich ist bei dieser Methode zwischen zwei Techniken zu unterscheiden: Bei der sogenannten "Single-shot"-Methode wird einmal eine Dosis des Medikaments gespritzt. Die betäubende Wirkung hält dann längere Zeit an, und der Patient kann operiert werden, ohne unter Schmerzen zu leiden. Die so genannten Kathetertechniken ermöglichen hingegen eine kontinuierliche Gabe des Lokalanästhetikums. Der Katheter ist ein dünner Schlauch, der über eine spezielle Nadel in die Nähe des Nervs geschoben wird. Die Nadel wird dann herausgezogen und der Katheter verbleibt. Jetzt kann der Nerv durch eine kontinuierliche Gabe von Lokalanästhetikum für längere Zeit ausgeschaltet werden, was den Vorteil hat, dass sich so auch die oftmals recht heftigen Schmerzen in den ersten Stunden nach der Operation wirkungsvoll behandeln lassen (Quelle: http://www. gesundheitpro.de/Therapien/ A050829ANONI013644). Portex bietet eine Kombination beider Verfahren: Durch Anlegen der Kanüle werden die Vorteile der o.a. Kathetertechnik genutzt, so z.B. die Möglichkeit der vereinfachten, bei Bedarf zu erfolgenden Nachinjektion (z.B. bei Schmerzen in bzw. unmittelbar nach der Aufwachsituation). Nichts desto trotz wird das Anästhetikum durch Injektion - Single-shot - eingebracht. Dies wird durch die Angaben des Herstellers Smith Medical von ProBloc Single Shot ProBloc Nadeln bestätigt, wonach diese eine spezielle Insolationsbeschichtung, die von der Spitze entfernt ist, um den Strom zu leiten, aufweisen und im Rahmen der Anästhesie für die lokale Nervenbiockade mittels "Injektion" eines Lokalanästhetikums verwendet werden (http://www.smiths-medical.com/plugins/news/2006/mar/probloc-s-needles-have.html). Auf die Vorstellung der Klägerin, wie sich das Infundieren von Lokalanästhetika auch darstellen könnte, kommt es nicht an. ProBloc Nadeln, die vom Hersteller - wie dargelegt - als Injektionsartikel beschrieben werden, sind gemäß § 3 Nr. 10 Medizinproduktegesetz bestimmungsgemäß zu verwenden.
Der Senat war - ebenso wie das SG - nicht gehalten, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Die Frage der Subsumtion der regressierten Portex Single Shot ProBioc-S-Nadeln unter das Tatbestandmerkmal der SSB-Vereinbarung "Einmal-Infusions-Nadeln" ist keine dem Beweis durch Sachverständigengutachten zugängliche Frage. Auslegung und Anwendung des vertragsärztlichen Leistungsverzeichnisses sind Bestandteil der den Gerichten obliegenden Rechtsanwendung (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2002 - 6 KA 1/02 R -).
Die fehlerhaften SSB-Verordnungen der Klägerin lösen eine verschuldensunabhängige Ersatzpflicht aus (zuletzt BSG, Beschluss vom 20.10.2010 - B 6 KA 26/10 B - m.w.N.). Der Regress wegen unzulässiger SSB-Verordnung ist ein Unterfall des Verordnungsregresses. Er richtet sich auf den Betrag, den die Krankenkasse an die Apotheke für Arzneien/Mittel gezahlt hat, welche dem verordnenden Vertragsarzt aufgrund der SSB-Verordnung ausgehändigt wurden und werden durften. Demgegenüber ist der typische Schadensregress außerhalb des Verordnungsverhaltens dadurch gekennzeichnet, dass das Verhalten des Arztes Folgekosten der Kassen ähnlich einem "Mangelfolgeschaden" nach bürgerlichem Recht ausgelöst hat (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2001 - B 6 KA 19/00 R -). Um einen solchen "Mangelfolgeschaden" geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht. Der auf das Fehlen der Verordnungsfähigkeit eines Medikaments/Mittels gestützte SSB-Regress ist seiner Rechtsnatur nach ein Schadensersatz- und kein Bereicherungsanspruch (BSG, Urteil vom 20.10.2004 - B 6 KA 41/03 R -). Insoweit kommt auf der Grundlage des normativen Schadensbegriffs eine Berücksichtigung ggf. ersparter Aufwendungen als schadensmindernde Vorteile nicht in Betracht. Eine solche Anrechnung entspräche nicht dem Zweck des Schadensersatzes; denn anderenfalls wären die Zielsetzungen der SSB-Vereinbarung gefährdet (Senat, Urteil vom 30.07.2003 - L 11 KA 44/05 -). Insoweit gelten für die Verordnung von SSB keine anderen Grundsätze als allgemein für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise eines Vertragsarztes (BSG, Urteile vom 06.05.2009 B 6 KA 2/08 R - und vom 20.10.2004 - B 6 KA 65/03 R -, Senat, Urteile vom 10.12.2008 L 11 KA 16/07 - und 30.07.2003 - L 11 KA 116/01 -). Deshalb ist für die Rechtmäßigkeit des Regressbescheides ohne Bedeutung, ob die Klägerin subjektiv der Auffassung gewesen ist, ihre Verordnungspraxis sei mit den maßgeblichen rechtlichen Vorschriften vereinbar. Ein abweichendes Ergebnis lässt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes, der ausnahmsweise ein Absehen von Regressen rechtfertigen könnte, ableiten. Vertrauensschutz setzt einen gegenüber dem betroffenen Arzt gesetzten besonderen Vertrauenstatbestand voraus (Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, § 106 Rdn. 356), der hier nicht geschaffen wurde. In der neuen Judikatur des BSG ist der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes im Zusammenhang mit der rückwirkenden Korrektur von Honorarbescheiden thematisiert worden. Dabei wurden fünf Sachverhaltsgestaltungen angenommen, in denen ein Vertrauenstatbestand zugunsten der Vertrags(zahn)ärzte anzunehmen ist: (1) Ablauf der Vierjahresfrist seit Erlass des betroffenen Honorarbescheides; (2) Verbrauch der Befugnis der K(Z)V zu sachlich rechnerischen Richtigstellungen nach den Bundesmantelverträgen durch vorbehaltslose Überprüfung und Bestätigung der Honoraranforderung des Vertrags(zahn)arztes; (3) Unterlassener Hinweis der K(Z)V bei Erteilung des Honorarbescheides auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung; (4) Duldung der Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände über einen längeren Zeitraum und spätere Beurteilung als fachfremd; (5) Herrühren der Fehlerhaftigkeit des Bescheides aus Umständen, die außerhalb des eigentlichen Bereichs einer sachlich und rechnerisch korrekten Honorarabrechnung und -Verteilung liegen und deshalb die fehlende konkrete Berührung der besonderen Funktionsbedingungen des Systems vertrags(zahn)ärztlicher Honorierung belegen (BSG, Urteile vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R -, Senat, Urteil vom 14.11.2007 - L 11 KA 67/06 -).
Werden die dargestellten Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen, lässt sich ein schützenswertes Vertrauen der Klägerin nicht begründen. Insbesondere war seit Erlass der Honorarbescheide für die Quartale IV/04 bis 111/05 bis zum Zeitpunkt der Regressforderungen in den Jahren 2006 und 2007 die Ausschlussfrist von vier Jahren (vgl, dazu BSG, Beschluss vom 20.10.2010 - B 6 KA 26/10 B - m.w.N.) nicht abgelaufen. Ebenso gibt es für einen Verbrauch der Prüfbefugnis unter dem Aspekt einer vorbehaltlosen Überprüfung und Bestätigung keine Anhaltspunkte. Diese können insbesondere nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass für die vor den streitgegenständlichen Quartalen liegenden vier Quartale kein Prüfantrag gestellt worden ist, denn bei einer solchen Annahme würde die in der Prüfvereinbarung festgeschriebene Frist, innerhalb deren ein Prüfantrag überhaupt gestellt werden kann, ad absurdum geführt. Jede weitere Prüfung wäre in diesem Fall obsolet. Soweit die Klägerin einen Vertrauensschutz aufgrund des Urteils des SG Düsseldorf vom 08.02.2006 für sich in Anspruch nehmen will, bleibt dies bereits deshalb erfolglos, well das Urteil erst nach den regressierten Quartalen IV/04 bis 111/05 ergangen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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