Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 30 R 18/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 181/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 22.09.2009 geändert und der Bescheid der Beklagten vom 16.09.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2009 aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 23.986,86 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen zugunsten des Beigeladenen für die Zeit vom 1.4.1964 bis zum 31.1.1973 in Höhe von 23.986,86 Euro.
Der am 00.00.1948 geborene Beigeladene war als Beamter im Zeitraum vom 1.4.1964 bis zum 31.3.1973 bei der Deutschen Bundespost beschäftigt. Bei seinem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis hatte er den Rang eines Posthauptschaffners. Im Anschluss an das Ausscheiden nahm er ab dem 3.4.1973 eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung auf.
Bei seinem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis informierte die Klägerin den Beigeladenen mit persönlich übergebenem Schreiben vom 12.2.1973 unter anderem darüber, dass mit seiner Entlassung sein Anspruch auf Versorgung verloren gehe. Daneben teilte sie mit, dass die Nachversicherung frühestens nach Ablauf eines Jahres bzw. bei Eintritt des Versicherungsfalles durchgeführt würde. Hierüber werde der Beigeladene zu gegebener Zeit besonderen Bescheid erhalten. Mit Schreiben vom 28.3.1974 ergänzte die Klägerin diese Informationen und bat um Rücksendung eines auszufüllenden Fragebogens, damit geprüft werden könne, ob die Nachversicherung nunmehr durchzuführen oder noch aufzuschieben sei. Die entsprechende Sendung kam wegen Unzustellbarkeit im Postlauf zurück. Weitere Vorgänge sind aus der von der Klägerin für den Beigeladenen geführten Personalakte nicht ersichtlich.
Am 22.7.2008 teilte die Klägerin der Beklagten die Beschäftigung des Beigeladenen bei ihr mit. Für den Fall einer Geltendmachung von Nachversicherungsbeiträgen durch die Beklagte erhob sie vorsorglich die Einrede der Verjährung gem. § 29 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO).
Mit Bescheid vom 16.9.2008 forderte die Beklagte die Klägerin auf, die Nachversicherung zugunsten des Beigeladenen für den Zeitraum vom 1.4.1964 bis zum 31.1.1973 durchzuführen. Mit Bezug auf das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) vom 26.1.2008 (L 13 R 117/05) und das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13.1.2008 (B 13 R 27/07 R) vertrat die Beklagte die Ansicht, dass die Erhebung der Verjährungseinrede in Bezug auf die Nachversicherungsbeiträge durch den ehemaligen Dienstherren gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße, ferner unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht aus dem Beamtenverhältnis eine unzulässige Rechtsausübung darstelle und daher nicht erhoben werden dürfe oder jedenfalls unbeachtlich sei.
Hiergegen legte die Klägerin am 22.9.2008 Widerspruch ein. Sie erhob erneut die Einrede der Verjährung. Die Erhebung der Verjährungseinrede verstoße nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Der zuständige Träger der Rentenversicherung sei von der Forderung der Beiträge während der zurückliegenden Zeit nicht abgehalten worden. Vielmehr hätte der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung die fehlende Entrichtung der Beiträge für den Beigeladenen z. B. im Rahmen von Betriebsprüfungen feststellen können. Die Erhebung der Verjährungseinrede stelle auch keine unzulässige Rechtsausübung dar. Die Rechtsmissbräuchlichkeit lasse sich jedenfalls nicht mit einem Verstoß gegen beamtenrechtliche Fürsorgepflichten begründen. Denn eine solche beamtenrechtliche Fürsorgepflicht betreffe nicht das Verhältnis zwischen dem Nachversicherungsgläubiger und dem Nachversicherungsschuldner und müsse daher im vorliegenden Streitverhältnis außer Betracht bleiben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.2.2009 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und nahm im Wesentlichen Bezug auf ihre Ausführungen im Ausgangsbescheid. Das Erheben der Verjährungseinrede sei rechtsmissbräuchlich. Denn im Ergebnis habe die Klägerin sie, die Beklagte, von der rechtzeitigen Geltendmachung des Anspruches abgehalten, da sie innerhalb der Verjährungsfrist weder einen Aufschub noch eine Nachversicherungsbescheinigung erteilt habe, so dass der Rentenversicherungsträger über das unversorgte Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis nicht informiert gewesen und damit gehindert gewesen sei, den Anspruch geltend zu machen.
Hiergegen hat die Klägerin am 13.02.2009 Klage erhoben. Ihrer Ansicht nach kann das Fehlen einer "Aufschub- oder Nachversicherungsbescheinigung" nicht von vornherein dazu führen, dass die Verjährungseinrede als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. Wäre das Vorliegen einer solchen Bescheinigung jeweils die Voraussetzung einer möglichen und erfolgreichen Verjährungseinrede, dann würde einerseits der Anwendungsbereich der Verjährungsvorschrift im Sozialrecht nahezu leer laufen, andererseits würde es auch gar nicht erst zu den Streitfällen einer fehlenden Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen kommen. Hinsichtlich des Arguments, dass es für den zuständigen Rentenversicherungsträger ohne Vorliegen einer Aufschub- oder Nachversicherungsbescheinigung nicht möglich sei, die Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge rechtzeitig geltend zu machen, müsse darauf verwiesen werden, dass zur Kontrolle von ordnungsgemäßer Beitragsentrichtung Betriebsprüfungen bei den jeweiligen Arbeitgebern durchzuführen seien. Solche seien auch bei der Deutschen Bundespost vorgenommen worden, dementsprechend habe also durchaus die Möglichkeit bestanden, die Nichtdurchführung der Nachversicherung in einzelnen Fällen zu ermitteln und Nachversicherungsbeiträge rechtzeitig zu erheben. Im Übrigen ergebe sich aus den einschlägigen Verjährungsvorschriften des § 29 Abs. 1 RVO bzw. des § 25 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuches (SGB IV), dass der Gesetzgeber sogar im Falle einer vorsätzlichen Nichtentrichtung der Nachversicherungsbeiträge davon ausginge, dass die Forderung innerhalb von 30 Jahren verjähre. Die Verjährungseinrede würde im Übrigen nahezu leer laufen, wenn die Auffassung vertreten würde, die Erhebung der Verjährungseinrede sei bereits bei einer fehlenden Aufschub- oder Nachversicherungsbescheinigung in jedem Fall rechtsmissbräuchlich.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 16.09.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 10.02.2009 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre Bescheide verteidigt und im Wesentlichen auf die bereits im Verwaltungsverfahren getauschten Argumente Bezug genommen.
Mit Urteil vom 22.09.2009 hat das Sozialgericht Köln (SG) die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, denn er sei rechtmäßig. Die Beklagte habe einen Anspruch auf Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen aus § 233 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI). Die Voraussetzungen für die Durchführung der Nachversicherung seien - was zwischen den Parteien im Übrigen nicht streitig sei - erfüllt. Zwar sei der Anspruch gem. § 25 SGB VI bzw. § 29 Abs. 1 RVO verjährt. Der Klägerin sei jedoch verwehrt, die Einrede der Verjährung zu erheben, da sich dies als rechtsmissbräuchlich darstelle. Die Klägerin als Verpflichtete habe den Berechtigen, wenn auch möglicherweise unabsichtlich, durch ihr Verhalten von der rechtzeitigen Geltendmachung des Anspruches abgehalten habe. Weder habe sie die Beklagte durch die Erteilung einer Aufschubbescheinigung von dem Nachversicherungsfall in Kenntnis gesetzt, noch habe sie die Nachversicherungsbeiträge an die Beklagte entrichtet. Dadurch habe sie pflichtwidrig verhindert, dass die Beklagte vor Ablauf sämtlicher Verjährungsfristen Kenntnis vom Eintritt des Nachversicherungsfalles erhalten habe. Soweit die Klägerin die Auffassung vertrete, allein das Fehlen einer Aufschub- oder Nachversicherungsbescheinigung könne nicht ausreichen, um die Verjährungseinrede als rechtsmissbräuchlich erscheinen zu lassen, da eine solche Bescheinigung auch bei einem völlig unverschuldeten Unterlassen der Nachversicherung fehlen würde, so könne dem nicht gefolgt werden. Zwar ergebe sich aus dem Wortlaut der Verjährungsvorschriften, die ein vorsätzliches Vorenthalten bzw. absichtliches Hinterziehen für die lange Verjährung vorsähen, dass auch bei vorsätzlichem Handeln grundsätzlich die Verjährungseinrede erhoben werden könne. Davon zu trennen sei jedoch die Frage, inwiefern das Geltendmachen der Einrede gegen Treu und Glauben verstieße. Insofern sei anerkannt, dass das "Abhalten" kein Verschulden voraussetze. Soweit das Wort "Abhalten" darauf hindeute, dass ein aktives Tun des Schuldners von Nöten sei, um eine Verfolgung seines Anspruchs zu unterbinden, so sei hier auf die Besonderheiten des öffentlichen Rechts hinzuweisen. Die Rechtsprechung zur Missbräuchlichkeit der Einrede der Verjährung sei maßgeblich von den ordentlichen Gerichten entwickelt worden. In den dortigen Fallgestaltungen sei dem Gläubiger grundsätzlich bekannt sei, dass ihm ein Anspruch zustehe, so dass in diesen Fällen typischerweise in der Tat (nur) ein aktives Tun ihn von der Geltendmachung des Anspruches abhielte. In öffentlich rechtlichen Rechtsverhältnissen seien dem Gläubiger jedoch bestehende Ansprüche möglicherweise völlig unbekannt. So zeichne sich der vorliegende Fall gerade dadurch aus, dass die Gläubigerin, die Beklagte, gerade wegen des vorwerfbaren fehlerhaften Verhaltens der Klägerin nichts von ihren Ansprüchen gewusst habe. Mangels dieser Kenntnis sei zwar bei der Beklagten kein guter Glaube dahingehend hervorgerufen worden, die Klägerin werde sich nicht auf die Verjährung berufen. Trotzdem sei sie aber gerade wegen der von der Klägerin verschuldeten Unkenntnis von einer rechtzeitigen, verjährungsunterbrechenden Anspruchserhebung abgehalten worden. Dem Gegenargument der Klägerin, die Beklagte hätte durch eine Betriebsprüfung bezüglich von Nachversicherungsfällen das Versäumnis selbst feststellen können, vermöge sich die Kammer nicht anzuschließen. Sie teile vielmehr die Rechtsmeinung der Beklagten, wonach Betriebsprüfungen eine reine Kontrollfunktion zukomme. Sie dienten nicht dem Zweck, einen Schuldner zu entlasten.
Gegen das ihr am 23.10.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.11.2009 im Wesentlichen unter Intensivierung ihres bisherigen Vortrags Berufung eingelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 22.09.2009 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 16.09.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und nimmt zur Erwiderung im Wesentlichen auf die Urteilsgründe Bezug.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Inhalte der Prozess- sowie der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Personalakte der Klägerin betreffend den Beigeladenen Bezug genommen, die beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung gegen das Urteil des SG vom 22.9.2009 ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 16.9.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.2.2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Dem Anspruch der Beklagten auf Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen für den Beigeladenen für den Zeitraum vom 1.4.1964 bis zum 31.1.1973 in Höhe von 23.986,86 Euro steht die Einrede der Verjährung entgegen.
Der Senat kann dahinstehen lassen, ob und ggf. in welcher Höhe ein Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Nachversicherungsbeiträge dem Grunde nach besteht. Soweit dieser Anspruch nach § 233 Abs. 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) besteht - wofür vieles spricht und was zwischen den Beteiligten unstreitig ist -, hat sich die Klägerin insoweit wirksam auf die Einrede der Verjährung berufen. Auf die Frage, ob die Verjährung von Beitragsansprüchen von Amts wegen zu beachten ist, kommt es danach nicht an (vgl. zum Problem BSG, Urteil vom 13.8.1996, 12 RK 76/94, SozR 3-2400 § 25 Nr. 6 m.w.N.).
Ein möglicher Anspruch der Beklagten auf Nachversicherungsbeiträge ist nach § 29 Abs. 1 RVO in der bis zum 31.12.1976 geltenden Fassung zum 31.12.1975 verjährt. Denn das Ob der Nachversicherung (Bestehen des Anspruch sowie ggf. seine Verjährung) richtet sich für Personen, die - wie der verstorbene Versicherte - vor dem 1.1.1992 aus einer Beschäftigung ausgeschieden sind, gem. § 233 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nach den bis zum 31.12.1991 geltenden Vorschriften (Gürtner in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 66. Ergänzungslieferung 2010, § 277 SGB VI Rdn. 2). Zwar war die Verjährung von Ansprüchen auf die Entrichtung von Beiträgen, also auch von Nachversicherungsbeiträgen, in § 25 des bereits zum 1.1.1977 in Kraft getretenen Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) geregelt. Allerdings bestimmte § 15 des Art. II SGB IV vom 23.12.1976, dass § 25 SGB IV (nur) auf nicht verjährte Beitrags- und Erstattungsansprüche anzuwenden war. Der mögliche Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Nachversicherung war zu diesem Zeitpunkt indes bereits gem. § 29 Abs. 1 RVO zum 31.12.1975 verjährt. Der Anspruch auf Nachversicherungsbeiträge verjährte nämlich nach dieser Vorschrift, soweit die Beiträge nicht absichtlich hinterzogen worden waren, in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres in denen sie fällig geworden waren. Fällig geworden waren die Beitragsansprüche zur Nachversicherung für den Versicherten frühestens mit dessen Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis zu Ende März 1973 und spätestens mit der sich daran anschließenden Aufnahme eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses durch den Versicherten Anfang April 1973. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war ausgeschlossen, dass Tatbestände vorlagen, welche die Verpflichtung zur Nachversicherung gem. § 125 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) ausschlossen. Da weder Anhaltspunkte ersichtlich sind noch von der Beklagten oder der Beigeladenen geltend gemacht werden, dass die Klägerin die strittigen Nachversicherungsbeiträge absichtlich hinterzogen hat, begann die zweijährige Regelverjährung somit gem. § 29 Abs. 1 RVO am 1.1.1974 und endete zum 31.12.1975. Bei seiner Geltendmachung durch den angefochtenen Bescheid vom 16.9.2008 war der Anspruch auf Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen zugunsten des Versicherten mithin mehr als 32 Jahre verjährt. Sogar die lange, 30jährige Verjährungsfrist, die bei absichtlichem Vorenthalten nach § 29 RVO oder bei vorsätzlichem Vorenthalten von Beiträgen nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eingriffe, war im September 2008 bereits mehr als zwei Jahre abgelaufen.
Die Erhebung der Verjährungseinrede durch die Klägerin ist auch nicht etwa rechtsmissbräuchlich oder verstößt gegen Treu und Glauben. Wie das SG zutreffend feststellt, ist das Rechtsinstitut der unzulässigen Rechtsausübung wegen Rechtsmissbrauchs eine aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), abgeleitete, der gesamten Rechtsordnung immanente Schranke, die auch im Bereich des Sozialrechts zu beachten ist (vgl. BSG, Urteil v. 9.12.1993, SozR 3-2200 § 543 Nr. 1, unter Hinweis auf BSG, Urteil v. 19.5.1978, 8/3 RK 4/76, BSGE 46, 187, 189; BSG, Urteil v. 12.8.1987, 10 RKg 16/86, BSGE 62, 96; BSG, Urteil v. 24.3.1977, 10 RV 27/76, BSGE 43, 227). Die Verjährung dient dabei dem Rechtsfrieden und der Sicherheit des Rechtsverkehrs (BGH, Urteil v. 16.6.1972, I ZR 154/70, BGHZ 59, 72, 74). Dieser bedeutende Regelungszweck gebietet es, strenge Maßstäbe anzulegen und den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nur gegenüber wirklich groben, nicht hinnehmbaren Verstößen gegen Treu und Glauben durchgreifen zu lassen (BGH, Urteil v. 3.11.1988, IX ZR 203/87, BGH NJW-RR 1989, 215, 217). Die Berufung auf die Verjährung wird daher grundsätzlich nur dann als unzulässige Rechtsausübung angesehen, wenn der Verpflichtete den Berechtigten durch sein Verhalten von der gesetzlichen Geltendmachung des Anspruches abgehalten hat (BGH, Urteil v. 21.1.1988, IX ZR 65/87, NJW 1988, 2245, 2247; BGH, Urteil v. 28.11.1984, VIII ZR 140/83, BGHZ 93, 64, 66; BAG, Urteil v. 4.11.1992, 5 AZR 75/92, juris). Ein solches Verhalten der Klägerin liegt entgegen der Auffassung der Beklagten, der Beigeladenen und des Sozialgerichts nicht vor.
Ob die Beitragsforderung der Beklagten gegen die Klägerin noch durchsetzbar ist, richtet sich dabei allein nach dem Innenverhältnis zwischen der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Dienstherrin des inzwischen verstorbenen Versicherten (Beitragsschuldnerin) einerseits und der Beklagten als Rentenversicherungsträger (Beitragsgläubiger) andererseits (BSG, Urteil v. 31.1.2008, B 13 R 27/07 R, SozR 4-2600 § 281 Nr. 1; BSG, Urteil v. 13.8.1996, 12 RK 76/94, SozR 3-2400 § 25 Nr. 6; juris-Rdnr. 26). Das Verhältnis zwischen dem Versicherten und seinem ehemaligen Dienstherren spielt insoweit keine Rolle, denn ihm gegenüber wird der Einwand nicht (unmittelbar) erhoben. Gegenüber eventuellen mittelbaren Wirkungen des Einwands ist der Versicherte bzw. ist die Beigeladene als dessen Rechstnachfolgerin zudem nicht schutzlos, weil er bzw. sie zumindest innerhalb der Verjährungsfristen den ehemaligen Arbeitgeber auf Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge in Anspruch nehmen können (BSG, Urteil v. 31.1.2008, a.a.O., juris-Rdnr. 30; BayVGH, Beschluss v. 13.2.2007, 14 ZB 06.3282, juris). Auch besteht eine gewisse Absicherung des Versicherten durch Vorschriften, nach denen eine Beitragszahlung fingiert oder vermutet wird (§ 119 Abs. 6 AVG, § 1397 Abs. 6 RVO, § 203 Abs. 2 SGB VI; § 145 AVG; § 1423 RVO; § 199, 203 Abs. 1 § 286 SGB VI; BSG, Urteil vom. 13.8.1996, a.a.O.). Schließlich hätte der Versicherte nach dem bis zum 31.12.1988 geltenden Recht die vollen Beiträge an Stelle des Arbeitgebers selbst zahlen können (BSG, Urteil vom 13.8.1996, a.a.O.). Entgegen der Ansicht des SG ist also nicht entscheidungserheblich, ob zwischen dem Versicherten bzw. dessen Rechtsnachfolgerin einerseits und der Klägerin andererseits weit über dreißig Jahre nach Beendigung des Beamtenverhältnisses hinaus Fürsorgeverpflichtungen bestehen, die sich aus dem früheren Dienstverhältnis und seinen Nachwirkungen ergeben. Nicht gefolgt werden kann daher auch der anderslautenden Auffassung des 13. Senats des LSG NRW (Urteil v. 26.1.2007, L 13 R 117/05, juris-Rdnr. 42). Er hatte aus der seines Erachtens nachwirkenden Fürsorgepflicht des Landes gegenüber einem ehemaligen Landesbeamten auf die Verpflichtung geschlossen, den Rentenversicherer auf die Nachversicherungspflicht hinzuweisen bzw. - falls dies nicht geschehe - sich nicht auf die aufgrund dieser Umstände versäumte Verjährungsfrist zu berufen. Insoweit stellt der 13. Senat des LSG NRW unzulässiger Weise auf das Verhältnis des ehemaligen Beamten zum Dienstherren ab und nicht auf das Verhältnis von Beitragsschuldner zum Beitragsgläubiger (BSG, Urteil v. 31.1.2008, a.a.O.; BSG, Urteil v. 13.8.1996, a.a.O.).
Da es bei der Frage nach der Treuwidrigkeit der Verjährungseinrede nicht auf das Verhältnis zwischen dem ehemaligen Beamten und seinem früheren Dienstherren ankommt, lässt es der Senat dahinstehen, ob der inzwischen verstorbene Versicherte das Hinweisschreiben der Klägerin vom 5.4.1965 tatsächlich erhalten hat und ob die darin erteilten Hinweise zur Nachversicherung und seinen insoweit bestehenden Mitwirkungspflichten zutrafen.
Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat deshalb darauf hin, dass mit einer etwaigen Fürsorgepflicht der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Dienstherrin auch eine Mitwirkungspflicht des Versicherten korrespondiert. Dieser Verpflichtung ist der Versicherte offenbar nicht nachgekommen. Bereits im Jahre 1990, d.h. mit Vollendung des 45. Lebensjahres, erhielt der Versicherte einen Versicherungsverlauf mit Aufklärungsersuchen bezüglich der bestehenden Versicherungslücken. Diesem Ersuchen kam der Versicherte jedoch nicht nach. Dass ihm die Bedeutung seines (Nicht-) Handelns bekannt war, ergibt sich dann aus seinem Schreiben an die Klägerin aus dem Jahre 2003. Darin weist er darauf hin, dass er die Angelegenheit all zulange habe schleifen lassen und er seine Versicherungszeiten aufgrund der bestehenden Erkrankung jetzt klären wolle und müsse.
Es ist auch nicht etwa so, dass ganz allgemein, d.h. unabhängig von etwaigen Nachwirkungen des ehemaligen Beamtenverhältnisses, der Nachversicherungsschuldner stets verpflichtet ist, den Nachversicherungsgläubiger über den Lauf der Verjährungsfrist zu belehren und dass ein Verstoß gegen diese Verpflichtung dazu führt, dass der Schuldner - hier die Klägerin - sich auf die Verjährung des Anspruchs nicht berufen darf (so aber LSG NRW, Urteil v. 26.1.2007, a.a.O.). Die Annahme, hierbei handele es sich im dreiseitigen Nachversicherungsverhältnis nach der ständigen Rechtsprechung des BSG um eine Hauptpflicht des ehemaligen Dienstherren gegenüber dem Rentenversicherungsträger als Beitragsgläubiger (das Urteil des BSG v. 29.7.1997, 4 RA 107/95, SozR 3-2600 § 8 Nr. 4, juris-Rdnr. 21 spricht nur in Bezug auf die tatsächliche Nachversicherung und Zahlung der entsprechenden Beiträge von einer Hauptpflicht, nicht - jedenfalls nicht ausdrücklich - in Bezug auf eine Information des Rentenversicherungsträger) geht fehl. Vielmehr hat der 13. Senat des BSG zutreffend in seinem Urteil vom 31.1.2008 (a.a.O.) das Vorliegen einer solchen, rechtlich bindenden ständigen Rechtsprechung verneint. Es hat sich nämlich ausschließlich um Entscheidungen eines Senats des BSG, genauer des ehemaligen 4. Senats, gehandelt, die in dem hier relevanten Punkt zudem nicht entscheidungsrelevant und damit nicht bindend gewesen sind. Hinzu kommt, dass sich die rechtlich problematischen Fälle - so auch der vorliegende - dadurch auszeichnen, dass grundsätzlich sofort eine Nachversicherung hätte stattfinden können und müssen. Dieser Verpflichtung ist der ehemalige Dienstherr, oft und auch hier vorwerfbar, aber unabsichtlich, nicht nachgekommen, weil der Versicherte auf Anschreiben/Nachfragen nicht reagiert hat und dann nichts weiter veranlasst worden ist. Bestand aber ausschließlich eine (nicht erfüllte) Nachversicherungspflicht, dann bestand eben keine Verpflichtung, eine Aufschubbescheinigung auszustellen oder den Rentenversicherer auf andere Weise über die unterlassene Nachversicherung zu informieren. Dem Dienstherrn kann es dann auch nicht dadurch, dass er die - tatsächlich nicht bestehende - Verpflichtung nicht erfüllt hat, nach Treu und Glauben verwehrt sein, die Einrede der Verjährung zu erheben. Das BSG weist in seinem Urteil vom 31.1.2008 (a.a.O.) insoweit zutreffend darauf hin, dass die Frage nach der Durchsetzbarkeit der Forderung noch im Verhältnis zwischen Versichertem einerseits und ehemaligen Dienstherrn andererseits zu klären ist. Träfe hingegen die Argumentation des 13. Senats des LSG NRW zu, so wäre es für die vorliegende Fallgestaltung regelhaft und auch in dem vom BSG entschiedenen Fall so, dass sich der ehemalige Dienstherr nicht auf die Verjährung berufen könnte. Er wäre stets weder der Verpflichtung zur Nachversicherung noch zur Erteilung einer Aufschubbescheinigung nachgekommen. Das allein genügt zur Überzeugung des BSG aber nicht um die Verjährungseinrede als verwirkt anzusehen. Vielmehr ist über das reine Unterlassen der Nachversicherung bzw. die Nichterteilung einer Aufschubbescheinigung hinaus ein weiteres Verhalten des ehemaligen Dienstherren notwendig, das nach objektiven Umständen geeignet ist, den Rentenversicherer von der rechtzeitigen Geltendmachung der Nachversicherungsbeiträge abzuhalten. An einem solchen Verhalten fehlt es hier. Insoweit verweist der Senat auch auf das Urteil des BSG vom 13.8.1996 (a.a.O.). Dort hatte das Land als ehemaliger Dienstherr und Beitragsschuldner ebenfalls weder die Nachversicherung durchgeführt noch den Rentenversicherungsträger über die durchzuführende Nachversicherung informiert. Im Urteil heißt es dennoch: "Das BSG hat keine Tatsachen festgestellt, die im Gläubiger-Schuldner-Verhältnis der Beklagten zur Beigeladenen zu 2) die Annahme rechtfertigt, die Beigeladene zu 2) habe durch ihr Verhalten die Beklagte von der rechtzeitigen Geltendmachung der Beitragsansprüche abgehalten." (juris-Rdnr. 31).
Das Ergebnis, dass die einfache Untätigkeit der Klägerin in Bezug auf die Nachversicherung bzw. die Aufschubbescheinigung nicht genügt, um eine Verwirkung der Verjährungseinrede anzunehmen, überzeugt auch. Es ist zu bedenken, dass nach § 29 RVO sich auf (die dreißigjährige) Verjährung selbst derjenige berufen konnte, der einen anderen absichtlich geschädigt hat, bspw. indem er bewusst keine Versicherungsbeiträge entrichtete. Wenn nun in der vorliegenden Fallgestaltung nicht einmal diese Absicht und damit auch kein bewusstes Vorgehen des Nachversicherungsschuldners zwecks Vermeidung der Nachversicherung vorliegt, sondern nur die Kenntnis von der grundsätzlich bestehenden Nachversicherungspflicht und ein organisatorisches Verschulden in der korrekten Abwicklung der Nachversicherung, dann wäre es unbillig, trotz dieses deutlichen geringeren Schuldvorwurfs eine deutliche strengere Haftung - nämlich eine zeitlich unbefristete - daran zu knüpfen. Das gilt auch deswegen, weil dies dann nicht aufgrund einer Abwägung aller Umstände des Einzellfalls geschähe, sondern regelhaft für alle Fälle, in denen ein Dienstherr vorwerfbar seiner Nachversicherungspflicht nicht nachgekommen ist. Dies widerspricht aber dem auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls abstellenden Grundsatz von Treu und Glauben.
Es kann danach dahinstehen, ob die Klägerin sich auch deshalb auf die Einrede der Verjährung berufen darf, weil es der Beklagten möglich war, die Nachversicherungsfälle bei Betriebsprüfungen aufzudecken und Rückstände nachzufordern. Das ist die Auffassung der Klägerin, die sich insoweit darauf beruft, sie habe mit der Beklagten Mitte der siebziger Jahre sogar eine Vereinbarung dahingehend getroffen, dass alle möglichen Nachversicherungsfälle zwecks Prüfung im Rahmen von Betriebsprüfungen von den Oberpostdirektionen aufgelistet und der Beklagten zur Kenntnis gebracht werden. Ob das tatsächlich und insbesondere auch im vorliegenden Fall geschehen ist, steht indes nicht fest. Zudem waren Mitte der siebziger Jahre die vorliegend streitigen Ansprüche bereits verjährt, was gegen diese Argumentation spricht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 SGG i.Vm. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
Vorliegend entsprach es zur Überzeugung des Senats und entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. etwa BSG 4.11.2002, B 13 RJ 19/01 R, SozR 3-5795 § 10d Nr. 1; BSG, Urteil v. 28.4.2004, B 6 KA 9/03 R, SozR 4-2500 § 98 Nr. 3) nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen der unterlegenen Beklagten aufzuerlegen, da der Beigeladene keine eigenen (erfolgreichen) Anträge gestellt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor, da sich die Entscheidung - wie oben dargelegt - an der aktuellen Rechtsprechung des BSG orientiert.
Der Streitwert entspricht der strittigen Beitragsforderung.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen zugunsten des Beigeladenen für die Zeit vom 1.4.1964 bis zum 31.1.1973 in Höhe von 23.986,86 Euro.
Der am 00.00.1948 geborene Beigeladene war als Beamter im Zeitraum vom 1.4.1964 bis zum 31.3.1973 bei der Deutschen Bundespost beschäftigt. Bei seinem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis hatte er den Rang eines Posthauptschaffners. Im Anschluss an das Ausscheiden nahm er ab dem 3.4.1973 eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung auf.
Bei seinem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis informierte die Klägerin den Beigeladenen mit persönlich übergebenem Schreiben vom 12.2.1973 unter anderem darüber, dass mit seiner Entlassung sein Anspruch auf Versorgung verloren gehe. Daneben teilte sie mit, dass die Nachversicherung frühestens nach Ablauf eines Jahres bzw. bei Eintritt des Versicherungsfalles durchgeführt würde. Hierüber werde der Beigeladene zu gegebener Zeit besonderen Bescheid erhalten. Mit Schreiben vom 28.3.1974 ergänzte die Klägerin diese Informationen und bat um Rücksendung eines auszufüllenden Fragebogens, damit geprüft werden könne, ob die Nachversicherung nunmehr durchzuführen oder noch aufzuschieben sei. Die entsprechende Sendung kam wegen Unzustellbarkeit im Postlauf zurück. Weitere Vorgänge sind aus der von der Klägerin für den Beigeladenen geführten Personalakte nicht ersichtlich.
Am 22.7.2008 teilte die Klägerin der Beklagten die Beschäftigung des Beigeladenen bei ihr mit. Für den Fall einer Geltendmachung von Nachversicherungsbeiträgen durch die Beklagte erhob sie vorsorglich die Einrede der Verjährung gem. § 29 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO).
Mit Bescheid vom 16.9.2008 forderte die Beklagte die Klägerin auf, die Nachversicherung zugunsten des Beigeladenen für den Zeitraum vom 1.4.1964 bis zum 31.1.1973 durchzuführen. Mit Bezug auf das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) vom 26.1.2008 (L 13 R 117/05) und das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13.1.2008 (B 13 R 27/07 R) vertrat die Beklagte die Ansicht, dass die Erhebung der Verjährungseinrede in Bezug auf die Nachversicherungsbeiträge durch den ehemaligen Dienstherren gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße, ferner unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht aus dem Beamtenverhältnis eine unzulässige Rechtsausübung darstelle und daher nicht erhoben werden dürfe oder jedenfalls unbeachtlich sei.
Hiergegen legte die Klägerin am 22.9.2008 Widerspruch ein. Sie erhob erneut die Einrede der Verjährung. Die Erhebung der Verjährungseinrede verstoße nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Der zuständige Träger der Rentenversicherung sei von der Forderung der Beiträge während der zurückliegenden Zeit nicht abgehalten worden. Vielmehr hätte der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung die fehlende Entrichtung der Beiträge für den Beigeladenen z. B. im Rahmen von Betriebsprüfungen feststellen können. Die Erhebung der Verjährungseinrede stelle auch keine unzulässige Rechtsausübung dar. Die Rechtsmissbräuchlichkeit lasse sich jedenfalls nicht mit einem Verstoß gegen beamtenrechtliche Fürsorgepflichten begründen. Denn eine solche beamtenrechtliche Fürsorgepflicht betreffe nicht das Verhältnis zwischen dem Nachversicherungsgläubiger und dem Nachversicherungsschuldner und müsse daher im vorliegenden Streitverhältnis außer Betracht bleiben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.2.2009 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und nahm im Wesentlichen Bezug auf ihre Ausführungen im Ausgangsbescheid. Das Erheben der Verjährungseinrede sei rechtsmissbräuchlich. Denn im Ergebnis habe die Klägerin sie, die Beklagte, von der rechtzeitigen Geltendmachung des Anspruches abgehalten, da sie innerhalb der Verjährungsfrist weder einen Aufschub noch eine Nachversicherungsbescheinigung erteilt habe, so dass der Rentenversicherungsträger über das unversorgte Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis nicht informiert gewesen und damit gehindert gewesen sei, den Anspruch geltend zu machen.
Hiergegen hat die Klägerin am 13.02.2009 Klage erhoben. Ihrer Ansicht nach kann das Fehlen einer "Aufschub- oder Nachversicherungsbescheinigung" nicht von vornherein dazu führen, dass die Verjährungseinrede als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. Wäre das Vorliegen einer solchen Bescheinigung jeweils die Voraussetzung einer möglichen und erfolgreichen Verjährungseinrede, dann würde einerseits der Anwendungsbereich der Verjährungsvorschrift im Sozialrecht nahezu leer laufen, andererseits würde es auch gar nicht erst zu den Streitfällen einer fehlenden Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen kommen. Hinsichtlich des Arguments, dass es für den zuständigen Rentenversicherungsträger ohne Vorliegen einer Aufschub- oder Nachversicherungsbescheinigung nicht möglich sei, die Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge rechtzeitig geltend zu machen, müsse darauf verwiesen werden, dass zur Kontrolle von ordnungsgemäßer Beitragsentrichtung Betriebsprüfungen bei den jeweiligen Arbeitgebern durchzuführen seien. Solche seien auch bei der Deutschen Bundespost vorgenommen worden, dementsprechend habe also durchaus die Möglichkeit bestanden, die Nichtdurchführung der Nachversicherung in einzelnen Fällen zu ermitteln und Nachversicherungsbeiträge rechtzeitig zu erheben. Im Übrigen ergebe sich aus den einschlägigen Verjährungsvorschriften des § 29 Abs. 1 RVO bzw. des § 25 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuches (SGB IV), dass der Gesetzgeber sogar im Falle einer vorsätzlichen Nichtentrichtung der Nachversicherungsbeiträge davon ausginge, dass die Forderung innerhalb von 30 Jahren verjähre. Die Verjährungseinrede würde im Übrigen nahezu leer laufen, wenn die Auffassung vertreten würde, die Erhebung der Verjährungseinrede sei bereits bei einer fehlenden Aufschub- oder Nachversicherungsbescheinigung in jedem Fall rechtsmissbräuchlich.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 16.09.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 10.02.2009 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre Bescheide verteidigt und im Wesentlichen auf die bereits im Verwaltungsverfahren getauschten Argumente Bezug genommen.
Mit Urteil vom 22.09.2009 hat das Sozialgericht Köln (SG) die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, denn er sei rechtmäßig. Die Beklagte habe einen Anspruch auf Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen aus § 233 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI). Die Voraussetzungen für die Durchführung der Nachversicherung seien - was zwischen den Parteien im Übrigen nicht streitig sei - erfüllt. Zwar sei der Anspruch gem. § 25 SGB VI bzw. § 29 Abs. 1 RVO verjährt. Der Klägerin sei jedoch verwehrt, die Einrede der Verjährung zu erheben, da sich dies als rechtsmissbräuchlich darstelle. Die Klägerin als Verpflichtete habe den Berechtigen, wenn auch möglicherweise unabsichtlich, durch ihr Verhalten von der rechtzeitigen Geltendmachung des Anspruches abgehalten habe. Weder habe sie die Beklagte durch die Erteilung einer Aufschubbescheinigung von dem Nachversicherungsfall in Kenntnis gesetzt, noch habe sie die Nachversicherungsbeiträge an die Beklagte entrichtet. Dadurch habe sie pflichtwidrig verhindert, dass die Beklagte vor Ablauf sämtlicher Verjährungsfristen Kenntnis vom Eintritt des Nachversicherungsfalles erhalten habe. Soweit die Klägerin die Auffassung vertrete, allein das Fehlen einer Aufschub- oder Nachversicherungsbescheinigung könne nicht ausreichen, um die Verjährungseinrede als rechtsmissbräuchlich erscheinen zu lassen, da eine solche Bescheinigung auch bei einem völlig unverschuldeten Unterlassen der Nachversicherung fehlen würde, so könne dem nicht gefolgt werden. Zwar ergebe sich aus dem Wortlaut der Verjährungsvorschriften, die ein vorsätzliches Vorenthalten bzw. absichtliches Hinterziehen für die lange Verjährung vorsähen, dass auch bei vorsätzlichem Handeln grundsätzlich die Verjährungseinrede erhoben werden könne. Davon zu trennen sei jedoch die Frage, inwiefern das Geltendmachen der Einrede gegen Treu und Glauben verstieße. Insofern sei anerkannt, dass das "Abhalten" kein Verschulden voraussetze. Soweit das Wort "Abhalten" darauf hindeute, dass ein aktives Tun des Schuldners von Nöten sei, um eine Verfolgung seines Anspruchs zu unterbinden, so sei hier auf die Besonderheiten des öffentlichen Rechts hinzuweisen. Die Rechtsprechung zur Missbräuchlichkeit der Einrede der Verjährung sei maßgeblich von den ordentlichen Gerichten entwickelt worden. In den dortigen Fallgestaltungen sei dem Gläubiger grundsätzlich bekannt sei, dass ihm ein Anspruch zustehe, so dass in diesen Fällen typischerweise in der Tat (nur) ein aktives Tun ihn von der Geltendmachung des Anspruches abhielte. In öffentlich rechtlichen Rechtsverhältnissen seien dem Gläubiger jedoch bestehende Ansprüche möglicherweise völlig unbekannt. So zeichne sich der vorliegende Fall gerade dadurch aus, dass die Gläubigerin, die Beklagte, gerade wegen des vorwerfbaren fehlerhaften Verhaltens der Klägerin nichts von ihren Ansprüchen gewusst habe. Mangels dieser Kenntnis sei zwar bei der Beklagten kein guter Glaube dahingehend hervorgerufen worden, die Klägerin werde sich nicht auf die Verjährung berufen. Trotzdem sei sie aber gerade wegen der von der Klägerin verschuldeten Unkenntnis von einer rechtzeitigen, verjährungsunterbrechenden Anspruchserhebung abgehalten worden. Dem Gegenargument der Klägerin, die Beklagte hätte durch eine Betriebsprüfung bezüglich von Nachversicherungsfällen das Versäumnis selbst feststellen können, vermöge sich die Kammer nicht anzuschließen. Sie teile vielmehr die Rechtsmeinung der Beklagten, wonach Betriebsprüfungen eine reine Kontrollfunktion zukomme. Sie dienten nicht dem Zweck, einen Schuldner zu entlasten.
Gegen das ihr am 23.10.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.11.2009 im Wesentlichen unter Intensivierung ihres bisherigen Vortrags Berufung eingelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 22.09.2009 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 16.09.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und nimmt zur Erwiderung im Wesentlichen auf die Urteilsgründe Bezug.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Inhalte der Prozess- sowie der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Personalakte der Klägerin betreffend den Beigeladenen Bezug genommen, die beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung gegen das Urteil des SG vom 22.9.2009 ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 16.9.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.2.2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Dem Anspruch der Beklagten auf Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen für den Beigeladenen für den Zeitraum vom 1.4.1964 bis zum 31.1.1973 in Höhe von 23.986,86 Euro steht die Einrede der Verjährung entgegen.
Der Senat kann dahinstehen lassen, ob und ggf. in welcher Höhe ein Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Nachversicherungsbeiträge dem Grunde nach besteht. Soweit dieser Anspruch nach § 233 Abs. 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) besteht - wofür vieles spricht und was zwischen den Beteiligten unstreitig ist -, hat sich die Klägerin insoweit wirksam auf die Einrede der Verjährung berufen. Auf die Frage, ob die Verjährung von Beitragsansprüchen von Amts wegen zu beachten ist, kommt es danach nicht an (vgl. zum Problem BSG, Urteil vom 13.8.1996, 12 RK 76/94, SozR 3-2400 § 25 Nr. 6 m.w.N.).
Ein möglicher Anspruch der Beklagten auf Nachversicherungsbeiträge ist nach § 29 Abs. 1 RVO in der bis zum 31.12.1976 geltenden Fassung zum 31.12.1975 verjährt. Denn das Ob der Nachversicherung (Bestehen des Anspruch sowie ggf. seine Verjährung) richtet sich für Personen, die - wie der verstorbene Versicherte - vor dem 1.1.1992 aus einer Beschäftigung ausgeschieden sind, gem. § 233 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nach den bis zum 31.12.1991 geltenden Vorschriften (Gürtner in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 66. Ergänzungslieferung 2010, § 277 SGB VI Rdn. 2). Zwar war die Verjährung von Ansprüchen auf die Entrichtung von Beiträgen, also auch von Nachversicherungsbeiträgen, in § 25 des bereits zum 1.1.1977 in Kraft getretenen Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) geregelt. Allerdings bestimmte § 15 des Art. II SGB IV vom 23.12.1976, dass § 25 SGB IV (nur) auf nicht verjährte Beitrags- und Erstattungsansprüche anzuwenden war. Der mögliche Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Nachversicherung war zu diesem Zeitpunkt indes bereits gem. § 29 Abs. 1 RVO zum 31.12.1975 verjährt. Der Anspruch auf Nachversicherungsbeiträge verjährte nämlich nach dieser Vorschrift, soweit die Beiträge nicht absichtlich hinterzogen worden waren, in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres in denen sie fällig geworden waren. Fällig geworden waren die Beitragsansprüche zur Nachversicherung für den Versicherten frühestens mit dessen Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis zu Ende März 1973 und spätestens mit der sich daran anschließenden Aufnahme eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses durch den Versicherten Anfang April 1973. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war ausgeschlossen, dass Tatbestände vorlagen, welche die Verpflichtung zur Nachversicherung gem. § 125 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) ausschlossen. Da weder Anhaltspunkte ersichtlich sind noch von der Beklagten oder der Beigeladenen geltend gemacht werden, dass die Klägerin die strittigen Nachversicherungsbeiträge absichtlich hinterzogen hat, begann die zweijährige Regelverjährung somit gem. § 29 Abs. 1 RVO am 1.1.1974 und endete zum 31.12.1975. Bei seiner Geltendmachung durch den angefochtenen Bescheid vom 16.9.2008 war der Anspruch auf Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen zugunsten des Versicherten mithin mehr als 32 Jahre verjährt. Sogar die lange, 30jährige Verjährungsfrist, die bei absichtlichem Vorenthalten nach § 29 RVO oder bei vorsätzlichem Vorenthalten von Beiträgen nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eingriffe, war im September 2008 bereits mehr als zwei Jahre abgelaufen.
Die Erhebung der Verjährungseinrede durch die Klägerin ist auch nicht etwa rechtsmissbräuchlich oder verstößt gegen Treu und Glauben. Wie das SG zutreffend feststellt, ist das Rechtsinstitut der unzulässigen Rechtsausübung wegen Rechtsmissbrauchs eine aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), abgeleitete, der gesamten Rechtsordnung immanente Schranke, die auch im Bereich des Sozialrechts zu beachten ist (vgl. BSG, Urteil v. 9.12.1993, SozR 3-2200 § 543 Nr. 1, unter Hinweis auf BSG, Urteil v. 19.5.1978, 8/3 RK 4/76, BSGE 46, 187, 189; BSG, Urteil v. 12.8.1987, 10 RKg 16/86, BSGE 62, 96; BSG, Urteil v. 24.3.1977, 10 RV 27/76, BSGE 43, 227). Die Verjährung dient dabei dem Rechtsfrieden und der Sicherheit des Rechtsverkehrs (BGH, Urteil v. 16.6.1972, I ZR 154/70, BGHZ 59, 72, 74). Dieser bedeutende Regelungszweck gebietet es, strenge Maßstäbe anzulegen und den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nur gegenüber wirklich groben, nicht hinnehmbaren Verstößen gegen Treu und Glauben durchgreifen zu lassen (BGH, Urteil v. 3.11.1988, IX ZR 203/87, BGH NJW-RR 1989, 215, 217). Die Berufung auf die Verjährung wird daher grundsätzlich nur dann als unzulässige Rechtsausübung angesehen, wenn der Verpflichtete den Berechtigten durch sein Verhalten von der gesetzlichen Geltendmachung des Anspruches abgehalten hat (BGH, Urteil v. 21.1.1988, IX ZR 65/87, NJW 1988, 2245, 2247; BGH, Urteil v. 28.11.1984, VIII ZR 140/83, BGHZ 93, 64, 66; BAG, Urteil v. 4.11.1992, 5 AZR 75/92, juris). Ein solches Verhalten der Klägerin liegt entgegen der Auffassung der Beklagten, der Beigeladenen und des Sozialgerichts nicht vor.
Ob die Beitragsforderung der Beklagten gegen die Klägerin noch durchsetzbar ist, richtet sich dabei allein nach dem Innenverhältnis zwischen der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Dienstherrin des inzwischen verstorbenen Versicherten (Beitragsschuldnerin) einerseits und der Beklagten als Rentenversicherungsträger (Beitragsgläubiger) andererseits (BSG, Urteil v. 31.1.2008, B 13 R 27/07 R, SozR 4-2600 § 281 Nr. 1; BSG, Urteil v. 13.8.1996, 12 RK 76/94, SozR 3-2400 § 25 Nr. 6; juris-Rdnr. 26). Das Verhältnis zwischen dem Versicherten und seinem ehemaligen Dienstherren spielt insoweit keine Rolle, denn ihm gegenüber wird der Einwand nicht (unmittelbar) erhoben. Gegenüber eventuellen mittelbaren Wirkungen des Einwands ist der Versicherte bzw. ist die Beigeladene als dessen Rechstnachfolgerin zudem nicht schutzlos, weil er bzw. sie zumindest innerhalb der Verjährungsfristen den ehemaligen Arbeitgeber auf Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge in Anspruch nehmen können (BSG, Urteil v. 31.1.2008, a.a.O., juris-Rdnr. 30; BayVGH, Beschluss v. 13.2.2007, 14 ZB 06.3282, juris). Auch besteht eine gewisse Absicherung des Versicherten durch Vorschriften, nach denen eine Beitragszahlung fingiert oder vermutet wird (§ 119 Abs. 6 AVG, § 1397 Abs. 6 RVO, § 203 Abs. 2 SGB VI; § 145 AVG; § 1423 RVO; § 199, 203 Abs. 1 § 286 SGB VI; BSG, Urteil vom. 13.8.1996, a.a.O.). Schließlich hätte der Versicherte nach dem bis zum 31.12.1988 geltenden Recht die vollen Beiträge an Stelle des Arbeitgebers selbst zahlen können (BSG, Urteil vom 13.8.1996, a.a.O.). Entgegen der Ansicht des SG ist also nicht entscheidungserheblich, ob zwischen dem Versicherten bzw. dessen Rechtsnachfolgerin einerseits und der Klägerin andererseits weit über dreißig Jahre nach Beendigung des Beamtenverhältnisses hinaus Fürsorgeverpflichtungen bestehen, die sich aus dem früheren Dienstverhältnis und seinen Nachwirkungen ergeben. Nicht gefolgt werden kann daher auch der anderslautenden Auffassung des 13. Senats des LSG NRW (Urteil v. 26.1.2007, L 13 R 117/05, juris-Rdnr. 42). Er hatte aus der seines Erachtens nachwirkenden Fürsorgepflicht des Landes gegenüber einem ehemaligen Landesbeamten auf die Verpflichtung geschlossen, den Rentenversicherer auf die Nachversicherungspflicht hinzuweisen bzw. - falls dies nicht geschehe - sich nicht auf die aufgrund dieser Umstände versäumte Verjährungsfrist zu berufen. Insoweit stellt der 13. Senat des LSG NRW unzulässiger Weise auf das Verhältnis des ehemaligen Beamten zum Dienstherren ab und nicht auf das Verhältnis von Beitragsschuldner zum Beitragsgläubiger (BSG, Urteil v. 31.1.2008, a.a.O.; BSG, Urteil v. 13.8.1996, a.a.O.).
Da es bei der Frage nach der Treuwidrigkeit der Verjährungseinrede nicht auf das Verhältnis zwischen dem ehemaligen Beamten und seinem früheren Dienstherren ankommt, lässt es der Senat dahinstehen, ob der inzwischen verstorbene Versicherte das Hinweisschreiben der Klägerin vom 5.4.1965 tatsächlich erhalten hat und ob die darin erteilten Hinweise zur Nachversicherung und seinen insoweit bestehenden Mitwirkungspflichten zutrafen.
Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat deshalb darauf hin, dass mit einer etwaigen Fürsorgepflicht der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Dienstherrin auch eine Mitwirkungspflicht des Versicherten korrespondiert. Dieser Verpflichtung ist der Versicherte offenbar nicht nachgekommen. Bereits im Jahre 1990, d.h. mit Vollendung des 45. Lebensjahres, erhielt der Versicherte einen Versicherungsverlauf mit Aufklärungsersuchen bezüglich der bestehenden Versicherungslücken. Diesem Ersuchen kam der Versicherte jedoch nicht nach. Dass ihm die Bedeutung seines (Nicht-) Handelns bekannt war, ergibt sich dann aus seinem Schreiben an die Klägerin aus dem Jahre 2003. Darin weist er darauf hin, dass er die Angelegenheit all zulange habe schleifen lassen und er seine Versicherungszeiten aufgrund der bestehenden Erkrankung jetzt klären wolle und müsse.
Es ist auch nicht etwa so, dass ganz allgemein, d.h. unabhängig von etwaigen Nachwirkungen des ehemaligen Beamtenverhältnisses, der Nachversicherungsschuldner stets verpflichtet ist, den Nachversicherungsgläubiger über den Lauf der Verjährungsfrist zu belehren und dass ein Verstoß gegen diese Verpflichtung dazu führt, dass der Schuldner - hier die Klägerin - sich auf die Verjährung des Anspruchs nicht berufen darf (so aber LSG NRW, Urteil v. 26.1.2007, a.a.O.). Die Annahme, hierbei handele es sich im dreiseitigen Nachversicherungsverhältnis nach der ständigen Rechtsprechung des BSG um eine Hauptpflicht des ehemaligen Dienstherren gegenüber dem Rentenversicherungsträger als Beitragsgläubiger (das Urteil des BSG v. 29.7.1997, 4 RA 107/95, SozR 3-2600 § 8 Nr. 4, juris-Rdnr. 21 spricht nur in Bezug auf die tatsächliche Nachversicherung und Zahlung der entsprechenden Beiträge von einer Hauptpflicht, nicht - jedenfalls nicht ausdrücklich - in Bezug auf eine Information des Rentenversicherungsträger) geht fehl. Vielmehr hat der 13. Senat des BSG zutreffend in seinem Urteil vom 31.1.2008 (a.a.O.) das Vorliegen einer solchen, rechtlich bindenden ständigen Rechtsprechung verneint. Es hat sich nämlich ausschließlich um Entscheidungen eines Senats des BSG, genauer des ehemaligen 4. Senats, gehandelt, die in dem hier relevanten Punkt zudem nicht entscheidungsrelevant und damit nicht bindend gewesen sind. Hinzu kommt, dass sich die rechtlich problematischen Fälle - so auch der vorliegende - dadurch auszeichnen, dass grundsätzlich sofort eine Nachversicherung hätte stattfinden können und müssen. Dieser Verpflichtung ist der ehemalige Dienstherr, oft und auch hier vorwerfbar, aber unabsichtlich, nicht nachgekommen, weil der Versicherte auf Anschreiben/Nachfragen nicht reagiert hat und dann nichts weiter veranlasst worden ist. Bestand aber ausschließlich eine (nicht erfüllte) Nachversicherungspflicht, dann bestand eben keine Verpflichtung, eine Aufschubbescheinigung auszustellen oder den Rentenversicherer auf andere Weise über die unterlassene Nachversicherung zu informieren. Dem Dienstherrn kann es dann auch nicht dadurch, dass er die - tatsächlich nicht bestehende - Verpflichtung nicht erfüllt hat, nach Treu und Glauben verwehrt sein, die Einrede der Verjährung zu erheben. Das BSG weist in seinem Urteil vom 31.1.2008 (a.a.O.) insoweit zutreffend darauf hin, dass die Frage nach der Durchsetzbarkeit der Forderung noch im Verhältnis zwischen Versichertem einerseits und ehemaligen Dienstherrn andererseits zu klären ist. Träfe hingegen die Argumentation des 13. Senats des LSG NRW zu, so wäre es für die vorliegende Fallgestaltung regelhaft und auch in dem vom BSG entschiedenen Fall so, dass sich der ehemalige Dienstherr nicht auf die Verjährung berufen könnte. Er wäre stets weder der Verpflichtung zur Nachversicherung noch zur Erteilung einer Aufschubbescheinigung nachgekommen. Das allein genügt zur Überzeugung des BSG aber nicht um die Verjährungseinrede als verwirkt anzusehen. Vielmehr ist über das reine Unterlassen der Nachversicherung bzw. die Nichterteilung einer Aufschubbescheinigung hinaus ein weiteres Verhalten des ehemaligen Dienstherren notwendig, das nach objektiven Umständen geeignet ist, den Rentenversicherer von der rechtzeitigen Geltendmachung der Nachversicherungsbeiträge abzuhalten. An einem solchen Verhalten fehlt es hier. Insoweit verweist der Senat auch auf das Urteil des BSG vom 13.8.1996 (a.a.O.). Dort hatte das Land als ehemaliger Dienstherr und Beitragsschuldner ebenfalls weder die Nachversicherung durchgeführt noch den Rentenversicherungsträger über die durchzuführende Nachversicherung informiert. Im Urteil heißt es dennoch: "Das BSG hat keine Tatsachen festgestellt, die im Gläubiger-Schuldner-Verhältnis der Beklagten zur Beigeladenen zu 2) die Annahme rechtfertigt, die Beigeladene zu 2) habe durch ihr Verhalten die Beklagte von der rechtzeitigen Geltendmachung der Beitragsansprüche abgehalten." (juris-Rdnr. 31).
Das Ergebnis, dass die einfache Untätigkeit der Klägerin in Bezug auf die Nachversicherung bzw. die Aufschubbescheinigung nicht genügt, um eine Verwirkung der Verjährungseinrede anzunehmen, überzeugt auch. Es ist zu bedenken, dass nach § 29 RVO sich auf (die dreißigjährige) Verjährung selbst derjenige berufen konnte, der einen anderen absichtlich geschädigt hat, bspw. indem er bewusst keine Versicherungsbeiträge entrichtete. Wenn nun in der vorliegenden Fallgestaltung nicht einmal diese Absicht und damit auch kein bewusstes Vorgehen des Nachversicherungsschuldners zwecks Vermeidung der Nachversicherung vorliegt, sondern nur die Kenntnis von der grundsätzlich bestehenden Nachversicherungspflicht und ein organisatorisches Verschulden in der korrekten Abwicklung der Nachversicherung, dann wäre es unbillig, trotz dieses deutlichen geringeren Schuldvorwurfs eine deutliche strengere Haftung - nämlich eine zeitlich unbefristete - daran zu knüpfen. Das gilt auch deswegen, weil dies dann nicht aufgrund einer Abwägung aller Umstände des Einzellfalls geschähe, sondern regelhaft für alle Fälle, in denen ein Dienstherr vorwerfbar seiner Nachversicherungspflicht nicht nachgekommen ist. Dies widerspricht aber dem auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls abstellenden Grundsatz von Treu und Glauben.
Es kann danach dahinstehen, ob die Klägerin sich auch deshalb auf die Einrede der Verjährung berufen darf, weil es der Beklagten möglich war, die Nachversicherungsfälle bei Betriebsprüfungen aufzudecken und Rückstände nachzufordern. Das ist die Auffassung der Klägerin, die sich insoweit darauf beruft, sie habe mit der Beklagten Mitte der siebziger Jahre sogar eine Vereinbarung dahingehend getroffen, dass alle möglichen Nachversicherungsfälle zwecks Prüfung im Rahmen von Betriebsprüfungen von den Oberpostdirektionen aufgelistet und der Beklagten zur Kenntnis gebracht werden. Ob das tatsächlich und insbesondere auch im vorliegenden Fall geschehen ist, steht indes nicht fest. Zudem waren Mitte der siebziger Jahre die vorliegend streitigen Ansprüche bereits verjährt, was gegen diese Argumentation spricht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 SGG i.Vm. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
Vorliegend entsprach es zur Überzeugung des Senats und entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. etwa BSG 4.11.2002, B 13 RJ 19/01 R, SozR 3-5795 § 10d Nr. 1; BSG, Urteil v. 28.4.2004, B 6 KA 9/03 R, SozR 4-2500 § 98 Nr. 3) nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen der unterlegenen Beklagten aufzuerlegen, da der Beigeladene keine eigenen (erfolgreichen) Anträge gestellt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor, da sich die Entscheidung - wie oben dargelegt - an der aktuellen Rechtsprechung des BSG orientiert.
Der Streitwert entspricht der strittigen Beitragsforderung.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
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