Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 48 KN 1153/10 KR
Datum
-
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 SF 210/11 AB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Gesuch des Antragstellers auf Ablehnung von Richterin H wegen Besorgnis der Befangenheit wird zurückgewiesen.
Gründe:
Das Befangenheitsgesuch des Antragstellers (AS) ist nicht begründet.
Ein Richter kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO] i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Für die Feststellung eines solchen Grundes kommt es nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich parteilich oder befangen ist oder aber sich selbst für befangen hält. Andererseits begründet die subjektive Überzeugung eines AS oder seine Besorgnis, der Richter sei befangen, allein nicht die Berechtigung der Ablehnung. Entscheidend ist vielmehr, ob ein Grund vorliegt, der den AS von seinem Standpunkt aus nach objektiven Maßstäben befürchten lassen könnte, der von ihm abgelehnte Richter werde nicht unparteilich entscheiden (std. Rspr., vgl. u.a. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 12.07.1986 - 1 BvR 713/83, 1 BvR 921/84, 1 BvR 1190/84, 1 BvR 333/85, 1 BvR 248/85, 1 BvR 306/85, 1 BvR 497/85 -, vom 05.04.1990 - 2 BvR 413/88 - und vom 02.12.1992 - 2 BvF 2/90, 2 BvF 4/92, 2 BvF 5/92 -; Bundessozialgericht, Beschluss vom 01.03.1993 - 12 RK 45/92 -).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Der AS leitet Besorgnis der Befangenheit aus dem mit der Ankündigung eines Erörterungstermins verbundenen, vorsorglichen richterlichen Hinweis vom 23.05.2011 her, dass die von ihm erhobene Klage wenig Aussicht auf Erfolg habe. Dies trägt das Begehren des AS schon deshalb nicht, weil das von ihm beanstandete Vorgehen der abgelehnten Richterin den rechtlichen Anforderungen an die richterliche Tätigkeit entspricht.
Einem Richter obliegt im sozialgerichtlichen Verfahren eine umfassende Aufklärungspflicht (§§ 103, 106 SGG). Gelangt der Richter im Rahmen seiner Tätigkeit zu der Auffassung, dass ein Verfahrensstand erreicht ist, der Rückschluss auf das jeweilige Begehren zulässt, ist er nicht nur berechtigt, sondern in der Regel auch gehalten, dies den Beteiligten mitzuteilen. Das folgt insbesondere aus den in § 106 Abs. 1 und 2 SGG im Einzelnen aufgeführten Aufklärungs- bzw. Hinweispflichten. Mit seinem Hinweis gibt der Richter Gelegenheit, auf die richterliche Meinungsbildung einzuwirken und rechtzeitig ggf. für erforderlich gehaltende prozess- bzw. erkenntnisfördernde Erklärungen abzugeben bzw. entsprechende Anträge zu stellen (std. Rspr., vgl. u.a. Beschluss des Senats vom 02.05.2011 - L 11 SF 43/11 AB -). Dass der Hinweis vom 23.05.2011 keine weitere (ggf. kurze) Begründung der richterlichen Rechtsauffassung enthält, ist schon deshalb unbeachtlich, weil er mit der Ankündigung eines Erörterungstermins, mithin eines Termins, der zur Erörterung der Sachlage bestimmt ist, in dem aber auch die Rechtslage (ggf. eingehend) besprochen werden kann (vgl. dazu Kolmetz in Jansen, Sozialgerichtsgesetz, 3. Auflage, § 106, Rdn. 15), verbunden war.
Der Hinweis war darüber hinaus auch deshalb geboten, weil der AS bereits die - im Übrigen nach objektiven Maßstäben unmissverständliche - richterliche Anfrage vom 11.02.2011 missverstanden hatte und von einem Klageerfolg ausgegangen war.
Soweit der AS inzidenter die Richtigkeit des ihm erteilten Hinweises in Frage stellt, ist dem nicht weiter nachzugehen. Denn das Ablehnungsverfahren dient nicht der Überprüfung richterlicher Vorgehensweisen auf etwaige Rechts- bzw. Verfahrensfehler. Derartige etwaige Mängel sind vielmehr grundsätzlich mit dem Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache geltend zu machen. Die Rüge von Rechtsverstößen kann allenfalls dann die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass das mögliche Fehlverhalten auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht. Die Fehlerhaftigkeit muss ohne Weiteres feststellbar und gravierend sein sowie auf unsachliche Erwägungen schließen lassen. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn der abgelehnte Richter die seiner richterlichen Tätigkeit gesetzten Schranken missachtet und Grundrechte verletzt hat oder wenn in einer Weise gegen Verfahrensregeln verstoßen wurde, dass sich bei dem Beteiligten der Eindruck der Voreingenommenheit aufdrängen konnte (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27.09.1994 - VIII B 64-76/94 pp - m.w.N.; Beschlüsse des LSG NRW vom 10.04.2006 - L 10 AR 42/06 und L 10 AR 43/06 - und des Senats vom 25.11.2009 - L 11 AR 117/09 AB -, vom 20.01.2010 - L 11 AR 129/09 AB und L 11 AR 130/09 AB -, vom 17.05.2010 - L 11 SF 102/10 AB -, vom 19.07.2010 - L 11 SF 108/10 AB - und vom 30.03.2011 - L 11 SF 44/11 AB -).
Für eine derartige unsachliche Einstellung der abgelehnten Richterin oder für Willkür bestehen indes keine Anhaltspunkte; sie sind auch von dem AS nicht dargetan.
Einer weitergehenden dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten Richterin bedurfte es vorliegend nicht. Soweit der AS meint, die abgegebene dienstliche Stellungnahme sei unzureichend und stelle lediglich ein "Lippenbekenntnis" dar, geht dies fehl. § 44 Abs. 3 ZPO bestimmt, dass sich der abgelehnte Richter über den Ablehnungsgrund dienstlich äußert. Der Umfang der dienstlichen Äußerung steht grundsätzlich im Ermessen des Richters. Er kann zu den für das Ablehnungsgesuch entscheidungserheblichen Tatsachen Stellung nehmen, soweit ihm das notwendig und zweckmäßig erscheint. Inhalt und Umfang der dienstlichen Äußerung sollen sich nach dem jeweils geltend gemachten Ablehnungsgrund richten. Steht - wie hier - der für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch erhebliche Sachverhalt unstreitig fest, bedarf es jedenfalls keiner im Einzelnen begründeten dienstlichen Äußerung (LSG Niedersachsen, Beschluss vom 26.09.2001 - L 4 B 202/01 KR - m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.11.2006 - L 10 AR 79/06 AB -; ständige Rechtsprechung des Senats, u.v.a. Beschlüsse vom 11.01.2010 - L 11 AR 98/09 AB - und vom 19.07.2010 - L 11 SF 198/10 AB -). Eine dienstliche Stellungnahme ist kein Selbstzweck. Zu diesem verkommt sie aber, wenn erwartet wird, dass ein abgelehnter Richter, der im Ablehnungsverfahren nicht zu Ausführungen verpflichtet ist, wie der Sachverhalt rechtlich zu werten ist, den sich aus den Akten ergebenden oder von einem AS vorgetragenen unstreitigen Sachverhalt wiederholt. Im Übrigen kommt es entgegen der Auffassung des AS - wie bereits ausgeführt - nicht darauf an, ob sich ein Richter selbst für befangen hält oder nicht.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Das Befangenheitsgesuch des Antragstellers (AS) ist nicht begründet.
Ein Richter kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO] i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Für die Feststellung eines solchen Grundes kommt es nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich parteilich oder befangen ist oder aber sich selbst für befangen hält. Andererseits begründet die subjektive Überzeugung eines AS oder seine Besorgnis, der Richter sei befangen, allein nicht die Berechtigung der Ablehnung. Entscheidend ist vielmehr, ob ein Grund vorliegt, der den AS von seinem Standpunkt aus nach objektiven Maßstäben befürchten lassen könnte, der von ihm abgelehnte Richter werde nicht unparteilich entscheiden (std. Rspr., vgl. u.a. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 12.07.1986 - 1 BvR 713/83, 1 BvR 921/84, 1 BvR 1190/84, 1 BvR 333/85, 1 BvR 248/85, 1 BvR 306/85, 1 BvR 497/85 -, vom 05.04.1990 - 2 BvR 413/88 - und vom 02.12.1992 - 2 BvF 2/90, 2 BvF 4/92, 2 BvF 5/92 -; Bundessozialgericht, Beschluss vom 01.03.1993 - 12 RK 45/92 -).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Der AS leitet Besorgnis der Befangenheit aus dem mit der Ankündigung eines Erörterungstermins verbundenen, vorsorglichen richterlichen Hinweis vom 23.05.2011 her, dass die von ihm erhobene Klage wenig Aussicht auf Erfolg habe. Dies trägt das Begehren des AS schon deshalb nicht, weil das von ihm beanstandete Vorgehen der abgelehnten Richterin den rechtlichen Anforderungen an die richterliche Tätigkeit entspricht.
Einem Richter obliegt im sozialgerichtlichen Verfahren eine umfassende Aufklärungspflicht (§§ 103, 106 SGG). Gelangt der Richter im Rahmen seiner Tätigkeit zu der Auffassung, dass ein Verfahrensstand erreicht ist, der Rückschluss auf das jeweilige Begehren zulässt, ist er nicht nur berechtigt, sondern in der Regel auch gehalten, dies den Beteiligten mitzuteilen. Das folgt insbesondere aus den in § 106 Abs. 1 und 2 SGG im Einzelnen aufgeführten Aufklärungs- bzw. Hinweispflichten. Mit seinem Hinweis gibt der Richter Gelegenheit, auf die richterliche Meinungsbildung einzuwirken und rechtzeitig ggf. für erforderlich gehaltende prozess- bzw. erkenntnisfördernde Erklärungen abzugeben bzw. entsprechende Anträge zu stellen (std. Rspr., vgl. u.a. Beschluss des Senats vom 02.05.2011 - L 11 SF 43/11 AB -). Dass der Hinweis vom 23.05.2011 keine weitere (ggf. kurze) Begründung der richterlichen Rechtsauffassung enthält, ist schon deshalb unbeachtlich, weil er mit der Ankündigung eines Erörterungstermins, mithin eines Termins, der zur Erörterung der Sachlage bestimmt ist, in dem aber auch die Rechtslage (ggf. eingehend) besprochen werden kann (vgl. dazu Kolmetz in Jansen, Sozialgerichtsgesetz, 3. Auflage, § 106, Rdn. 15), verbunden war.
Der Hinweis war darüber hinaus auch deshalb geboten, weil der AS bereits die - im Übrigen nach objektiven Maßstäben unmissverständliche - richterliche Anfrage vom 11.02.2011 missverstanden hatte und von einem Klageerfolg ausgegangen war.
Soweit der AS inzidenter die Richtigkeit des ihm erteilten Hinweises in Frage stellt, ist dem nicht weiter nachzugehen. Denn das Ablehnungsverfahren dient nicht der Überprüfung richterlicher Vorgehensweisen auf etwaige Rechts- bzw. Verfahrensfehler. Derartige etwaige Mängel sind vielmehr grundsätzlich mit dem Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache geltend zu machen. Die Rüge von Rechtsverstößen kann allenfalls dann die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass das mögliche Fehlverhalten auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht. Die Fehlerhaftigkeit muss ohne Weiteres feststellbar und gravierend sein sowie auf unsachliche Erwägungen schließen lassen. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn der abgelehnte Richter die seiner richterlichen Tätigkeit gesetzten Schranken missachtet und Grundrechte verletzt hat oder wenn in einer Weise gegen Verfahrensregeln verstoßen wurde, dass sich bei dem Beteiligten der Eindruck der Voreingenommenheit aufdrängen konnte (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27.09.1994 - VIII B 64-76/94 pp - m.w.N.; Beschlüsse des LSG NRW vom 10.04.2006 - L 10 AR 42/06 und L 10 AR 43/06 - und des Senats vom 25.11.2009 - L 11 AR 117/09 AB -, vom 20.01.2010 - L 11 AR 129/09 AB und L 11 AR 130/09 AB -, vom 17.05.2010 - L 11 SF 102/10 AB -, vom 19.07.2010 - L 11 SF 108/10 AB - und vom 30.03.2011 - L 11 SF 44/11 AB -).
Für eine derartige unsachliche Einstellung der abgelehnten Richterin oder für Willkür bestehen indes keine Anhaltspunkte; sie sind auch von dem AS nicht dargetan.
Einer weitergehenden dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten Richterin bedurfte es vorliegend nicht. Soweit der AS meint, die abgegebene dienstliche Stellungnahme sei unzureichend und stelle lediglich ein "Lippenbekenntnis" dar, geht dies fehl. § 44 Abs. 3 ZPO bestimmt, dass sich der abgelehnte Richter über den Ablehnungsgrund dienstlich äußert. Der Umfang der dienstlichen Äußerung steht grundsätzlich im Ermessen des Richters. Er kann zu den für das Ablehnungsgesuch entscheidungserheblichen Tatsachen Stellung nehmen, soweit ihm das notwendig und zweckmäßig erscheint. Inhalt und Umfang der dienstlichen Äußerung sollen sich nach dem jeweils geltend gemachten Ablehnungsgrund richten. Steht - wie hier - der für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch erhebliche Sachverhalt unstreitig fest, bedarf es jedenfalls keiner im Einzelnen begründeten dienstlichen Äußerung (LSG Niedersachsen, Beschluss vom 26.09.2001 - L 4 B 202/01 KR - m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.11.2006 - L 10 AR 79/06 AB -; ständige Rechtsprechung des Senats, u.v.a. Beschlüsse vom 11.01.2010 - L 11 AR 98/09 AB - und vom 19.07.2010 - L 11 SF 198/10 AB -). Eine dienstliche Stellungnahme ist kein Selbstzweck. Zu diesem verkommt sie aber, wenn erwartet wird, dass ein abgelehnter Richter, der im Ablehnungsverfahren nicht zu Ausführungen verpflichtet ist, wie der Sachverhalt rechtlich zu werten ist, den sich aus den Akten ergebenden oder von einem AS vorgetragenen unstreitigen Sachverhalt wiederholt. Im Übrigen kommt es entgegen der Auffassung des AS - wie bereits ausgeführt - nicht darauf an, ob sich ein Richter selbst für befangen hält oder nicht.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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