Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 29 R 190/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 290/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 14.3.2011 geändert. Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 1.10.2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.9.2010 anzuordnen, wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Der Streitwert wird, auch für das Beschwerdeverfahren, auf 21.533,67 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 1.10.2010 gegen den Betriebsprüfungsbescheid der Antragsgegnerin vom 20.09.2010 gem. § 86 b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Antragsteller betreibt als Bilanzbuchhalter ein Kontierungsbüro in X. Er lebt nach seinen Angaben mit seiner Lebensgefährtin F N seit 1999 in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, aus welcher zwei Kinder, der am 00.00.2001 geborene Sohn O N und der am 00.00.2004 geborene Sohn N N, hervorgegangen sind. In der Zeit vom 1.1.2003 bis zum 30.9.2009 stellte die Lebensgefährtin des Antragstellers diesem regelmäßig monatliche Rechnungen i.H.v. 1.000,00 EUR netto zzgl. Umsatzsteuer für Bürodienstleistungen aus. Die Honorare wurden bei dem Buchhaltungsbüro H auf dem Konto "000, Fremdleistungen" verbucht. Seit dem Monat Februar 2005 wurde die Lebensgefährtin des Antragsteller daneben im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses als Bürokraft mit einem Bruttogehalt von 410,00 EUR monatlich geführt und von dem Antragsteller angemeldet. Die Gehälter wurden bei dem Buchhaltungsbüro H auf dem Konto "000, Gehälter" verbucht.
Mit Schreiben vom 5.1.2009 teilte das Finanzamt X den buchhalterischen Sachverhalt der Antragsgegnerin mit. Zudem führte es aus, dem Lohnordner für die Lebensgefährtin des Antragstellers habe die Kopie einer schriftlichen Anfrage der Antragsgegnerin beigelegen, auf welcher der Antragsteller die Frage nach freien Mitarbeitern und Honorarkräften mit "nein" beantwortet habe.
Mit Anhörungsschreiben vom 12.5.2010 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass beabsichtigt sei, aufgrund einer am 29.3.2010 durchgeführten Betriebsprüfung für die Zeit vom 01.01.2003 bis 31.12.2009 Nachforderungen zur Sozialversicherung i.H.v. 86.134,41 EUR zu erheben. In dieser Nachforderung seien Säumniszuschläge i.H.v. 27.043,00 EUR enthalten. Die Antragsgegnerin gehe davon aus, dass es sich bei der Tätigkeit der Lebensgefährtin des Antragstellers in der Zeit vom 1.1.2003 bis zum 30.9.2009 um eine abhängige Beschäftigung gehandelt habe, auf deren Entgelt in vollem Umfang Sozialversicherungsbeiträge zu leisten seien. Dem Entgelt seien auch die auf dem Konto 000 Fremdleistungen gebuchten Beträge zuzurechnen. Die Beitragsforderung sei überdies nicht verjährt, da die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten worden seien. Dies ergebe sich daraus, dass der Antragsteller im Fragebogen der Deutschen Rentenversicherung eine falsche Aussage zu den vorhandenen Beschäftigungsverhältnissen gemacht habe.
Auf die Anhörung der Antragsgegnerin verwahrte der Antragsteller sich mit Schriftsatz vom 11.9.2010 dagegen, vorsätzlich "irgendwelche Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten" zu haben. Seine Lebensgefährtin habe (lediglich) in einem Umfang von weniger als zwei Arbeitsstunden täglich die anfallenden Schreibarbeiten ausgeführt. Für ihn habe es keinen Unterschied gemacht, ob er die diesbezüglichen Diktatbänder zu einem externen Schreibbüro gebe oder aber durch seine Lebensgefährtin fertigen lasse, zumal Letzteres für ihn den Vorteil gehabt habe, dass keine entsprechenden Fahrwege zu bewältigen gewesen seien. Die eigentliche Tätigkeit als Bilanzbuchhalter sei aber ausschließlich von ihm und einer Arbeitnehmerin, die für die Lohnbuchhaltung zuständig gewesen wäre, ausgeführt worden. Die Höhe der Rechnungsstellung orientiere sich an entsprechenden externen Dienstleistern bei einem Stundenlohn von kalkulierten 25,00 EUR zzgl. Umsatzsteuer. Eine vergleichbare Angestellte hätte allerhöchstens einen Stundenbruttolohn von 8,00 bis 10,00 EUR erhalten. Wenn sich aber die Höhe der Beitragsschuld nach der ständigen Rechtsprechung nicht nach der Höhe des tatsächlich an den Arbeitnehmer ausgezahlten Entgelts (Zuflussprinzip) orientiere, sondern nach der Höhe des Entgelts richte, auf das der Arbeitnehmer einen rechtlichen Anspruch gehabt habe (Entstehungsprinzip) so müsse dieses Prinzip auch zugunsten des Arbeitgebers greifen, wenn - wie vorliegend - das Dreifache des (markt-) üblichen Gehalts gezahlt werde.
Mit Bescheid vom 20.9.2010 forderte die Antragsgegnerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge i.H.v. 86.134,66 EUR nach, wogegen der Antragsteller mit Bezug auf seine Ausführungen im Anhörungsverfahren am 4.10.2010 Widerspruch einlegte. Außerdem beantragte er mit Schriftsatz vom 25.11.2010 die Aussetzung der Vollziehung bei der Antragsgegnerin, was diese unter dem 4.1.2011 ablehnte.
Am 19.2.2011 hat der Antragsteller sodann bei dem Sozialgericht (SG) Duisburg einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Er hat nunmehr geltend gemacht, dass ihm seine Lebensgefährtin zwar in den Jahren 2003 bis 2009 Bürodienstleistungen in Rechnung gestellt habe. Sie habe aber lediglich in der Zeit vom 1.2.2005 bis 30.9.2009 als Bürokraft in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis bei ihm gestanden. Hierfür seien ordnungsgemäß die diesbezüglichen Sozialversicherungsabgaben geleistet worden. Daneben sei keine Beschäftigung erfolgt. Vor Februar 2005 habe seine Lebensgefährtin lediglich in ganz geringem Umfang sporadisch manchmal ausgeholfen. Es handele sich dementsprechend lediglich um reine Gefälligkeiten zwischen den Partnern. Die Rechnungen seien erstellt worden, um seine, des Antragstellers, Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Lebensgefährtin auf diese Weise steuerlich gewinnmindernd geltend machen zu können. Aufgrund dieses steuerrechtlichen Fehlverhaltens hätten sowohl der Antragsteller als auch seine Lebensgefährtin zwischenzeitlich beim Finanzamt in X eine Selbstanzeige erstattet.
Die Antragsgegnerin ist weiterhin der Auffassung gewesen, dass es sich bei den in Rechnung gestellten Beträgen um beitragspflichtiges Arbeitsentgelt und nicht um Unterhaltszahlungen gehandelt habe. Letzteres sei nicht glaubhaft.
Das SG Duisburg hat mit Beschluss vom 14.3.2011 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Ausführungen des SG Bezug genommen.
Gegen den ihr am 18.3.2011 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 24.3.2011 Beschwerde eingelegt. Sie hält an der Auffassung fest, dass die in der Zeit vom 1.1.2003 bis zum 31.12.2009 verrichteten Tätigkeiten der Lebensgefährtin des Antragstellers im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung erfolgt seien und dementsprechend Sozialversicherungs- und Umlagebeiträge nachzuzahlen seien. Es sei insbesondere nicht glaubhaft, dass es sich bei den in Rechnung gestellten Beträgen um "Unterhaltszahlungen" des Antragstellers gehandelt habe, zumal ein entsprechender Vortrag im bisherigen Verwaltungsverfahren nicht erfolgt sei.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 14.3.2011 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 1.10.2010 anzuordnen, als unbegründet zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den Beschluss des SG für zutreffend und meint, dass es keinerlei Anlass gebe, an seiner Sachverhaltsdarstellung im vorliegenden Antragsverfahren zu zweifeln.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist auch begründet.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs.s 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich der Säumniszuschläge (vgl. zu Letzteren Senat, Beschluss v. 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, juris, m.w.N.). Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschlüsse v. 24.6.2009, L 8 B 4/09 R ER; v. 27.7.2009, L 8 B 5/09 R ER; v. 18.2.2010, L 8 B 13/09 R ER; v. 8.10.2010, L 8 R 368/10 B ER; jeweils juris und sozialgerichtsbarkeit.de).
Im vorliegenden Fall bestehen entgegen der Auffassung des SG keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass ein Erfolg des Rechtsbehelfs überwiegend wahrscheinlich erschiene.
Zunächst ist es im Rahmen der im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller mit den vorgenommenen regelmäßigen monatlichen Zahlungen i.H.v. 1.000,00 EUR seinen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seiner Lebensgefährtin nach § 1615l Bürgerliches Gesetzbuch nachkommen wollte. Der Antragsteller beschränkt sich insoweit auf eine bloße, wenn auch eidesstattliche versicherte Behauptung. Grund und Höhe des Unterhaltsanspruchs, insbesondere die Vermögens- und Einkommenssituationen des Antragstellers und seiner Lebensgefährtin zu den einzelnen unterhaltsrechtlich relevanten Zeitpunkten hat er indessen weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Dass er mit seiner Lebensgefährtin eine Selbstanzeige gegenüber dem Finanzamt erstattet hat, ändert hieran nichts. Zwar mag aufgrund dessen die Gefahr bestehen, durch die Finanzbehörden zu einer ergänzenden Steuerzahlung verpflichtet zu werden. Diese Forderung wird aber - auch entsprechend der Angaben des Antragstellers - die Forderungshöhe der Beklagten voraussichtlich nicht erreichen, so dass sie mithin das geringere Übel für den Antragsteller darstellt. Demgegenüber ist es von erheblichem Gewicht, dass der Antragsteller noch mittels Schriftsatz vom 11.9.2010 im Anhörungsverfahren den Sachverhalt völlig anders dargestellt und ausgeführt hat, seine Lebensgefährtin habe das in Streit stehende Entgelt für weniger als zwei Arbeitsstunden täglich oder sonstige Gefälligkeiten erhalten. Diesen Vortrag hat er durch Bezugnahmen ausdrücklich zumindest bis zum 25.11.2010 (Antrag auf Aussetzung der Vollziehung), also über annähernd drei Monate aufrecht erhalten, ehe er ihn erstmals mit der Antragsschrift vom 19.2.2011 widerrufen hat.
Darüber hinaus ist für den Senat auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die von der Lebensgefährtin des Antragstellers vorgenommenen Tätigkeiten im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit ausgeführt worden sind. Wie das SG richtig feststellt, kommt es hierfür auf eine Gesamtbetrachtung des zu bewertenden Rechtsverhältnisses an.
Allerdings reicht es für die Feststellung der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, dass eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, nicht aus, dass ggf. im Rechtsbehelfsverfahren noch ergänzende Feststellungen zur Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschluss vom 24.6.2009, a.a.O.). Insofern hat der Antragsteller keinen Sachverhalt vorgetragen oder glaubhaft gemacht, der es überwiegend wahrscheinlich erscheinen lässt, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Beitragsnachforderung der Antragsgegnerin nicht vorliegen.
Es sprechen nach dem Akteninhalt und auch nach den Ausführungen des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 11.09.2010 vielmehr gewichtige Gründe für die Annahme, dass zwischen dem Antragsteller und seiner Lebensgefährtin ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis i.S.v. § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) vorgelegen hat, für das sie auch die auf dem Konto "Nr. 000, Fremdleistungen" verbuchten Honorare erhielt. Hierfür spricht einmal, dass die Zahlungen mit geringen Abweichungen regelmäßig monatlich - wie es bei einem Beschäftigungsverhältnis üblich ist - erfolgten und nicht etwa die Schreibtätigkeit auftragsbezogen nach Aufwand, z.B. nach Anschlägen, abgerechnet wurde. Zwar mag es vorkommen, dass mit externen Schreibbüros auch Pauschalvereinbarungen getroffen werden. Vorliegend kommt allerdings hinzu, dass der Antragsteller insbesondere in seiner Stellungnahme vom 11.9.2010 nicht zwischen den Tätigkeiten seiner Lebensgefährtin im Rahmen des vermeintlichen Auftragsverhältnisses und der abhängigen Beschäftigung differenziert und Unterschiede in der vertraglichen Ausgestaltung dargestellt hat. Er hat auch keine Umstände dargelegt, die explizit für eine Selbstständigkeit der Tätigkeit der Lebensgefährtin sprächen. Insbesondere ist das Vorliegen eines unternehmerischen Risikos, dem unternehmerische Chancen gegenüberstehen, nicht ersichtlich. Für den Senat ist daher zumindest nicht überwiegend wahrscheinlich, dass das Vertragsverhältnis zwischen dem Antragsteller und seiner Lebensgefährtin vor und neben der geringfügigen abhängigen Beschäftigung anders ausgestaltet war als dieses selbst.
Soweit der Antragsteller darauf hinweist, dass der Umfang der Tätigkeit seiner Lebensgefährtin mit weniger als zwei Arbeitsstunden täglich relativ gering war, so dass es unwahrscheinlich erscheinen müsse, dass die gezahlten Gelder allein der Abgeltung dieser Tätigkeit dienten, so ist auch dieser Umstand nicht ausreichend glaubhaft gemacht.
Hierzu hätte der Antragsteller ausführlich und detailliert zumindest die Art, den Umfang und die genauen Abläufe seiner beruflichen Tätigkeit darstellen müssen, damit das Gericht nachvollziehen kann, welche Schreibarbeiten angefallen sind. Auch dies hat der Antragsteller versäumt.
Ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller zur Beitragshöhe auf das sog. "Entstehungsprinzip". Wie dargestellt, ist es zumindest genauso wahrscheinlich wie unwahrscheinlich, dass der Antragsteller sich mit seiner Lebensgefährtin eben auf die gezahlte und verbuchte Vergütung - seien ihre Arbeitsleistungen auch noch so geringwertig gewesen - geeinigt hat, ihr diese damit auch - über das möglicherweise am Markt sonst Übliche hinaus - individualarbeitsrechtlich schuldete, der entsprechende Vergütungsanspruch aufgrund dessen entstanden ist und die hierauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge somit (auch nach dem Entstehungsprinzip) geschuldet werden.
Es ist darüber hinaus auch zumindest nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller nicht zumindest bedingt vorsätzlich geschuldete Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten hat, so dass Teile des geltend gemachten Anspruchs bereits verjährt wären. Vielmehr bestehen erhebliche Anhaltspunkte für zumindest den bedingten Vorsatz der Nichtentrichtung von Beiträgen. Entweder hat der als Bilanzbuchhalter mit der Materie vertraute Antragsteller nämlich - entsprechend seinem eigenen Vortrag - gegenüber den Finanzbehörden bewusst falsche Angaben gemacht, um sich steuerrechtliche Vorteile zu verschaffen. Oder er trägt nunmehr falsch vor, um mit möglichst geringen finanziellen Belastungen die Situation für sich zu lösen. Ein solches Verhalten zeigt jedenfalls, dass der Antragsteller bereit ist, bewusst gegen abgabenrechtliche Pflichten zu verstoßen, um sich Vorteile zu verschaffen, die ihm nicht zustehen. Es bestehen daher gegenwärtig keine überwiegenden Zweifel daran, dass er durch die Ausgestaltung der Vertrags- und Zahlungsverhältnisse mit seiner Lebensgefährtin zumindest billigend in Kauf genommen hat, Sozialversicherungsbeiträge vorzuenthalten.
Schließlich ist bei summarischer Prüfung auch eine fehlerhafte Berechnung der Beiträge der Höhe nach nicht zu erkennen. Auch der Antragsteller beanstandet die Berechnung als solche nicht.
Ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller schließlich darauf, die Vollziehung des Beitragsbescheides bedeute für ihn eine unbillige Härte. Allein die mit der Zahlung auf eine Bei-tragsforderung für den Antragsteller verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Aus demselben Grund begründet auch die Höhe einer Beitragsforderung allein und auch im Abgleich mit dem derzeitigen offensichtlich relativ geringen Einkommen des Antragstellers keine unbillige Härte. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wieder gut zu machende Nachteile durch eine Zahlung hat der Antragsteller schließlich nicht dargelegt. Diese müssten im Weiteren auch noch das Interesse der Antragsgegnerin an der aktuellen Durchsetzung der Forderung überwiegen. Das Interesse der Antragsgegnerin an einer zeitnahen Durchsetzbarkeit der Beitragsforderung wird aber gerade dann hoch sein, wenn der Antragsteller behauptet, dass Zahlungsunfähigkeit drohe. Gerade in einer solchen Situation ist die Antragsgegnerin gehalten, die Beiträge rasch einzutreiben, um die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung sicherzustellen. Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist also regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelänge darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung seines Geschäftsbetriebes und damit den Entzug seiner Lebensgrundlage zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber nicht weiter gefährdet wäre als zurzeit. Hierzu ist vom Antragsteller nichts vorgetragen worden.
Letztlich kann der Senat dies jedoch dahinstehen lassen, da der Antragsteller schon nicht dargestellt und glaubhaft gemacht hat, dass er nicht in der Lage wäre, den geforderten Betrag zu begleichen. Er behauptet lediglich, er sei bei Beitreiben der Forderung gezwungen, eine eidesstattliche Versicherung abzugeben. Diese Behauptung ist - wie im Wesentlichen der übrige Sachvortrag - durch keinerlei belegte Anknüpfungstatsachen untermauert. Hierzu hätte der Antragsteller zumindest nachvollziehbar wiederum detailliert und nachvollziehbar seine gesamte gewerbliche und übrige Einkommens- und Vermögenssituation darstellen und glaubhaft machen müssen. Auch dieses hat er versäumt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der ständigen Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz von einem Viertel des Hauptsachestreitwerts einschließlich der Säumniszuschläge auszugehen (Senat, Beschluss v. 8.10.2010, L 8 R 368/10 B ER m.w.N., juris und sozialgerichtsbarkeit.de).
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 1.10.2010 gegen den Betriebsprüfungsbescheid der Antragsgegnerin vom 20.09.2010 gem. § 86 b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Antragsteller betreibt als Bilanzbuchhalter ein Kontierungsbüro in X. Er lebt nach seinen Angaben mit seiner Lebensgefährtin F N seit 1999 in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, aus welcher zwei Kinder, der am 00.00.2001 geborene Sohn O N und der am 00.00.2004 geborene Sohn N N, hervorgegangen sind. In der Zeit vom 1.1.2003 bis zum 30.9.2009 stellte die Lebensgefährtin des Antragstellers diesem regelmäßig monatliche Rechnungen i.H.v. 1.000,00 EUR netto zzgl. Umsatzsteuer für Bürodienstleistungen aus. Die Honorare wurden bei dem Buchhaltungsbüro H auf dem Konto "000, Fremdleistungen" verbucht. Seit dem Monat Februar 2005 wurde die Lebensgefährtin des Antragsteller daneben im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses als Bürokraft mit einem Bruttogehalt von 410,00 EUR monatlich geführt und von dem Antragsteller angemeldet. Die Gehälter wurden bei dem Buchhaltungsbüro H auf dem Konto "000, Gehälter" verbucht.
Mit Schreiben vom 5.1.2009 teilte das Finanzamt X den buchhalterischen Sachverhalt der Antragsgegnerin mit. Zudem führte es aus, dem Lohnordner für die Lebensgefährtin des Antragstellers habe die Kopie einer schriftlichen Anfrage der Antragsgegnerin beigelegen, auf welcher der Antragsteller die Frage nach freien Mitarbeitern und Honorarkräften mit "nein" beantwortet habe.
Mit Anhörungsschreiben vom 12.5.2010 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass beabsichtigt sei, aufgrund einer am 29.3.2010 durchgeführten Betriebsprüfung für die Zeit vom 01.01.2003 bis 31.12.2009 Nachforderungen zur Sozialversicherung i.H.v. 86.134,41 EUR zu erheben. In dieser Nachforderung seien Säumniszuschläge i.H.v. 27.043,00 EUR enthalten. Die Antragsgegnerin gehe davon aus, dass es sich bei der Tätigkeit der Lebensgefährtin des Antragstellers in der Zeit vom 1.1.2003 bis zum 30.9.2009 um eine abhängige Beschäftigung gehandelt habe, auf deren Entgelt in vollem Umfang Sozialversicherungsbeiträge zu leisten seien. Dem Entgelt seien auch die auf dem Konto 000 Fremdleistungen gebuchten Beträge zuzurechnen. Die Beitragsforderung sei überdies nicht verjährt, da die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten worden seien. Dies ergebe sich daraus, dass der Antragsteller im Fragebogen der Deutschen Rentenversicherung eine falsche Aussage zu den vorhandenen Beschäftigungsverhältnissen gemacht habe.
Auf die Anhörung der Antragsgegnerin verwahrte der Antragsteller sich mit Schriftsatz vom 11.9.2010 dagegen, vorsätzlich "irgendwelche Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten" zu haben. Seine Lebensgefährtin habe (lediglich) in einem Umfang von weniger als zwei Arbeitsstunden täglich die anfallenden Schreibarbeiten ausgeführt. Für ihn habe es keinen Unterschied gemacht, ob er die diesbezüglichen Diktatbänder zu einem externen Schreibbüro gebe oder aber durch seine Lebensgefährtin fertigen lasse, zumal Letzteres für ihn den Vorteil gehabt habe, dass keine entsprechenden Fahrwege zu bewältigen gewesen seien. Die eigentliche Tätigkeit als Bilanzbuchhalter sei aber ausschließlich von ihm und einer Arbeitnehmerin, die für die Lohnbuchhaltung zuständig gewesen wäre, ausgeführt worden. Die Höhe der Rechnungsstellung orientiere sich an entsprechenden externen Dienstleistern bei einem Stundenlohn von kalkulierten 25,00 EUR zzgl. Umsatzsteuer. Eine vergleichbare Angestellte hätte allerhöchstens einen Stundenbruttolohn von 8,00 bis 10,00 EUR erhalten. Wenn sich aber die Höhe der Beitragsschuld nach der ständigen Rechtsprechung nicht nach der Höhe des tatsächlich an den Arbeitnehmer ausgezahlten Entgelts (Zuflussprinzip) orientiere, sondern nach der Höhe des Entgelts richte, auf das der Arbeitnehmer einen rechtlichen Anspruch gehabt habe (Entstehungsprinzip) so müsse dieses Prinzip auch zugunsten des Arbeitgebers greifen, wenn - wie vorliegend - das Dreifache des (markt-) üblichen Gehalts gezahlt werde.
Mit Bescheid vom 20.9.2010 forderte die Antragsgegnerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge i.H.v. 86.134,66 EUR nach, wogegen der Antragsteller mit Bezug auf seine Ausführungen im Anhörungsverfahren am 4.10.2010 Widerspruch einlegte. Außerdem beantragte er mit Schriftsatz vom 25.11.2010 die Aussetzung der Vollziehung bei der Antragsgegnerin, was diese unter dem 4.1.2011 ablehnte.
Am 19.2.2011 hat der Antragsteller sodann bei dem Sozialgericht (SG) Duisburg einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Er hat nunmehr geltend gemacht, dass ihm seine Lebensgefährtin zwar in den Jahren 2003 bis 2009 Bürodienstleistungen in Rechnung gestellt habe. Sie habe aber lediglich in der Zeit vom 1.2.2005 bis 30.9.2009 als Bürokraft in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis bei ihm gestanden. Hierfür seien ordnungsgemäß die diesbezüglichen Sozialversicherungsabgaben geleistet worden. Daneben sei keine Beschäftigung erfolgt. Vor Februar 2005 habe seine Lebensgefährtin lediglich in ganz geringem Umfang sporadisch manchmal ausgeholfen. Es handele sich dementsprechend lediglich um reine Gefälligkeiten zwischen den Partnern. Die Rechnungen seien erstellt worden, um seine, des Antragstellers, Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Lebensgefährtin auf diese Weise steuerlich gewinnmindernd geltend machen zu können. Aufgrund dieses steuerrechtlichen Fehlverhaltens hätten sowohl der Antragsteller als auch seine Lebensgefährtin zwischenzeitlich beim Finanzamt in X eine Selbstanzeige erstattet.
Die Antragsgegnerin ist weiterhin der Auffassung gewesen, dass es sich bei den in Rechnung gestellten Beträgen um beitragspflichtiges Arbeitsentgelt und nicht um Unterhaltszahlungen gehandelt habe. Letzteres sei nicht glaubhaft.
Das SG Duisburg hat mit Beschluss vom 14.3.2011 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Ausführungen des SG Bezug genommen.
Gegen den ihr am 18.3.2011 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 24.3.2011 Beschwerde eingelegt. Sie hält an der Auffassung fest, dass die in der Zeit vom 1.1.2003 bis zum 31.12.2009 verrichteten Tätigkeiten der Lebensgefährtin des Antragstellers im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung erfolgt seien und dementsprechend Sozialversicherungs- und Umlagebeiträge nachzuzahlen seien. Es sei insbesondere nicht glaubhaft, dass es sich bei den in Rechnung gestellten Beträgen um "Unterhaltszahlungen" des Antragstellers gehandelt habe, zumal ein entsprechender Vortrag im bisherigen Verwaltungsverfahren nicht erfolgt sei.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 14.3.2011 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 1.10.2010 anzuordnen, als unbegründet zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den Beschluss des SG für zutreffend und meint, dass es keinerlei Anlass gebe, an seiner Sachverhaltsdarstellung im vorliegenden Antragsverfahren zu zweifeln.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist auch begründet.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs.s 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich der Säumniszuschläge (vgl. zu Letzteren Senat, Beschluss v. 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, juris, m.w.N.). Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschlüsse v. 24.6.2009, L 8 B 4/09 R ER; v. 27.7.2009, L 8 B 5/09 R ER; v. 18.2.2010, L 8 B 13/09 R ER; v. 8.10.2010, L 8 R 368/10 B ER; jeweils juris und sozialgerichtsbarkeit.de).
Im vorliegenden Fall bestehen entgegen der Auffassung des SG keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass ein Erfolg des Rechtsbehelfs überwiegend wahrscheinlich erschiene.
Zunächst ist es im Rahmen der im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller mit den vorgenommenen regelmäßigen monatlichen Zahlungen i.H.v. 1.000,00 EUR seinen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seiner Lebensgefährtin nach § 1615l Bürgerliches Gesetzbuch nachkommen wollte. Der Antragsteller beschränkt sich insoweit auf eine bloße, wenn auch eidesstattliche versicherte Behauptung. Grund und Höhe des Unterhaltsanspruchs, insbesondere die Vermögens- und Einkommenssituationen des Antragstellers und seiner Lebensgefährtin zu den einzelnen unterhaltsrechtlich relevanten Zeitpunkten hat er indessen weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Dass er mit seiner Lebensgefährtin eine Selbstanzeige gegenüber dem Finanzamt erstattet hat, ändert hieran nichts. Zwar mag aufgrund dessen die Gefahr bestehen, durch die Finanzbehörden zu einer ergänzenden Steuerzahlung verpflichtet zu werden. Diese Forderung wird aber - auch entsprechend der Angaben des Antragstellers - die Forderungshöhe der Beklagten voraussichtlich nicht erreichen, so dass sie mithin das geringere Übel für den Antragsteller darstellt. Demgegenüber ist es von erheblichem Gewicht, dass der Antragsteller noch mittels Schriftsatz vom 11.9.2010 im Anhörungsverfahren den Sachverhalt völlig anders dargestellt und ausgeführt hat, seine Lebensgefährtin habe das in Streit stehende Entgelt für weniger als zwei Arbeitsstunden täglich oder sonstige Gefälligkeiten erhalten. Diesen Vortrag hat er durch Bezugnahmen ausdrücklich zumindest bis zum 25.11.2010 (Antrag auf Aussetzung der Vollziehung), also über annähernd drei Monate aufrecht erhalten, ehe er ihn erstmals mit der Antragsschrift vom 19.2.2011 widerrufen hat.
Darüber hinaus ist für den Senat auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die von der Lebensgefährtin des Antragstellers vorgenommenen Tätigkeiten im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit ausgeführt worden sind. Wie das SG richtig feststellt, kommt es hierfür auf eine Gesamtbetrachtung des zu bewertenden Rechtsverhältnisses an.
Allerdings reicht es für die Feststellung der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, dass eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, nicht aus, dass ggf. im Rechtsbehelfsverfahren noch ergänzende Feststellungen zur Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschluss vom 24.6.2009, a.a.O.). Insofern hat der Antragsteller keinen Sachverhalt vorgetragen oder glaubhaft gemacht, der es überwiegend wahrscheinlich erscheinen lässt, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Beitragsnachforderung der Antragsgegnerin nicht vorliegen.
Es sprechen nach dem Akteninhalt und auch nach den Ausführungen des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 11.09.2010 vielmehr gewichtige Gründe für die Annahme, dass zwischen dem Antragsteller und seiner Lebensgefährtin ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis i.S.v. § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) vorgelegen hat, für das sie auch die auf dem Konto "Nr. 000, Fremdleistungen" verbuchten Honorare erhielt. Hierfür spricht einmal, dass die Zahlungen mit geringen Abweichungen regelmäßig monatlich - wie es bei einem Beschäftigungsverhältnis üblich ist - erfolgten und nicht etwa die Schreibtätigkeit auftragsbezogen nach Aufwand, z.B. nach Anschlägen, abgerechnet wurde. Zwar mag es vorkommen, dass mit externen Schreibbüros auch Pauschalvereinbarungen getroffen werden. Vorliegend kommt allerdings hinzu, dass der Antragsteller insbesondere in seiner Stellungnahme vom 11.9.2010 nicht zwischen den Tätigkeiten seiner Lebensgefährtin im Rahmen des vermeintlichen Auftragsverhältnisses und der abhängigen Beschäftigung differenziert und Unterschiede in der vertraglichen Ausgestaltung dargestellt hat. Er hat auch keine Umstände dargelegt, die explizit für eine Selbstständigkeit der Tätigkeit der Lebensgefährtin sprächen. Insbesondere ist das Vorliegen eines unternehmerischen Risikos, dem unternehmerische Chancen gegenüberstehen, nicht ersichtlich. Für den Senat ist daher zumindest nicht überwiegend wahrscheinlich, dass das Vertragsverhältnis zwischen dem Antragsteller und seiner Lebensgefährtin vor und neben der geringfügigen abhängigen Beschäftigung anders ausgestaltet war als dieses selbst.
Soweit der Antragsteller darauf hinweist, dass der Umfang der Tätigkeit seiner Lebensgefährtin mit weniger als zwei Arbeitsstunden täglich relativ gering war, so dass es unwahrscheinlich erscheinen müsse, dass die gezahlten Gelder allein der Abgeltung dieser Tätigkeit dienten, so ist auch dieser Umstand nicht ausreichend glaubhaft gemacht.
Hierzu hätte der Antragsteller ausführlich und detailliert zumindest die Art, den Umfang und die genauen Abläufe seiner beruflichen Tätigkeit darstellen müssen, damit das Gericht nachvollziehen kann, welche Schreibarbeiten angefallen sind. Auch dies hat der Antragsteller versäumt.
Ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller zur Beitragshöhe auf das sog. "Entstehungsprinzip". Wie dargestellt, ist es zumindest genauso wahrscheinlich wie unwahrscheinlich, dass der Antragsteller sich mit seiner Lebensgefährtin eben auf die gezahlte und verbuchte Vergütung - seien ihre Arbeitsleistungen auch noch so geringwertig gewesen - geeinigt hat, ihr diese damit auch - über das möglicherweise am Markt sonst Übliche hinaus - individualarbeitsrechtlich schuldete, der entsprechende Vergütungsanspruch aufgrund dessen entstanden ist und die hierauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge somit (auch nach dem Entstehungsprinzip) geschuldet werden.
Es ist darüber hinaus auch zumindest nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller nicht zumindest bedingt vorsätzlich geschuldete Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten hat, so dass Teile des geltend gemachten Anspruchs bereits verjährt wären. Vielmehr bestehen erhebliche Anhaltspunkte für zumindest den bedingten Vorsatz der Nichtentrichtung von Beiträgen. Entweder hat der als Bilanzbuchhalter mit der Materie vertraute Antragsteller nämlich - entsprechend seinem eigenen Vortrag - gegenüber den Finanzbehörden bewusst falsche Angaben gemacht, um sich steuerrechtliche Vorteile zu verschaffen. Oder er trägt nunmehr falsch vor, um mit möglichst geringen finanziellen Belastungen die Situation für sich zu lösen. Ein solches Verhalten zeigt jedenfalls, dass der Antragsteller bereit ist, bewusst gegen abgabenrechtliche Pflichten zu verstoßen, um sich Vorteile zu verschaffen, die ihm nicht zustehen. Es bestehen daher gegenwärtig keine überwiegenden Zweifel daran, dass er durch die Ausgestaltung der Vertrags- und Zahlungsverhältnisse mit seiner Lebensgefährtin zumindest billigend in Kauf genommen hat, Sozialversicherungsbeiträge vorzuenthalten.
Schließlich ist bei summarischer Prüfung auch eine fehlerhafte Berechnung der Beiträge der Höhe nach nicht zu erkennen. Auch der Antragsteller beanstandet die Berechnung als solche nicht.
Ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller schließlich darauf, die Vollziehung des Beitragsbescheides bedeute für ihn eine unbillige Härte. Allein die mit der Zahlung auf eine Bei-tragsforderung für den Antragsteller verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Aus demselben Grund begründet auch die Höhe einer Beitragsforderung allein und auch im Abgleich mit dem derzeitigen offensichtlich relativ geringen Einkommen des Antragstellers keine unbillige Härte. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wieder gut zu machende Nachteile durch eine Zahlung hat der Antragsteller schließlich nicht dargelegt. Diese müssten im Weiteren auch noch das Interesse der Antragsgegnerin an der aktuellen Durchsetzung der Forderung überwiegen. Das Interesse der Antragsgegnerin an einer zeitnahen Durchsetzbarkeit der Beitragsforderung wird aber gerade dann hoch sein, wenn der Antragsteller behauptet, dass Zahlungsunfähigkeit drohe. Gerade in einer solchen Situation ist die Antragsgegnerin gehalten, die Beiträge rasch einzutreiben, um die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung sicherzustellen. Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist also regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelänge darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung seines Geschäftsbetriebes und damit den Entzug seiner Lebensgrundlage zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber nicht weiter gefährdet wäre als zurzeit. Hierzu ist vom Antragsteller nichts vorgetragen worden.
Letztlich kann der Senat dies jedoch dahinstehen lassen, da der Antragsteller schon nicht dargestellt und glaubhaft gemacht hat, dass er nicht in der Lage wäre, den geforderten Betrag zu begleichen. Er behauptet lediglich, er sei bei Beitreiben der Forderung gezwungen, eine eidesstattliche Versicherung abzugeben. Diese Behauptung ist - wie im Wesentlichen der übrige Sachvortrag - durch keinerlei belegte Anknüpfungstatsachen untermauert. Hierzu hätte der Antragsteller zumindest nachvollziehbar wiederum detailliert und nachvollziehbar seine gesamte gewerbliche und übrige Einkommens- und Vermögenssituation darstellen und glaubhaft machen müssen. Auch dieses hat er versäumt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der ständigen Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz von einem Viertel des Hauptsachestreitwerts einschließlich der Säumniszuschläge auszugehen (Senat, Beschluss v. 8.10.2010, L 8 R 368/10 B ER m.w.N., juris und sozialgerichtsbarkeit.de).
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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