Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 19 AY 5/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 AY 43/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 AY 6/11 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Begriff des Familienangehörigen in § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG ist eng im Sinne des Begriffs der "Kernfamilie" in § 1 Nr. 6 AsylbLG auszulegen. Hierunter fallen also nur Ehegatten, Lebenspartner und minderjährige Kinder.
Bemerkung
Auf Rev. d.Bekl. wird Urteil des LSG aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Neues Az. = L 20 AY 115/13 ZVW
Neues Az. = L 20 AY 115/13 ZVW
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18.6.2008 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt 5/6 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Höhe von Leistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Die am 00.00.1932 geborene, seit 1993 verwitwete Klägerin lebt seit 1993 in der Bundesrepublik Deutschland. Sie stammt nach ihren Angaben aus Bosnien-Herzegovina und besitzt sowohl einen bosnisch-herzegovinischen als auch einen kroatischen Pass. Ein Asylverfahren wurde nicht durchgeführt. Seit März 2005 verfügt sie über einen Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
In der Vergangenheit wohnte sie gemeinsam mit ihrem 1969 geborenen Sohn, ihrer 1970 geborenen Schwiegertochter und ihrer 1998 geborenen Enkelin in einer Mietwohnung im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten und wirtschaftete mit ihrem Sohn und dessen Familie in einem Haushalt. Sowohl der Sohn als auch die Schwiegertochter und die Enkelin besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Kosten für die von der Klägerin mit der Familie ihres Sohnes bewohnte Wohnung beliefen sich seit Juni 2005 - auch noch im Januar 2007 - insgesamt auf 712,00 EUR monatlich (Kosten der Unterkunft und Heizung). Seit Februar 2011 wohnt die Klägerin alleine in einem Seniorenwohnheim.
Der Sohn der Klägerin ist erwerbstätig bei der X AG. Das Grundgehalt - ohne Zuschläge und Einmalzahlungen - belief sich seit November 2006 auf etwa 1.900,00 EUR monatlich. Auch die Schwiegertochter der Klägerin ist als Hauwirtschaftshilfe geringfügig erwerbstätig. Sie erzielte in der Regel Verdienste i.H.v. etwa 120,00 EUR monatlich. An Vermögenswerten verfügten die Eheleute im Januar 2007 über eine Lebensversicherung und ein Investmentkonto (zur Anlage vermögenswirksamer Leistungen). Es bestanden Zahlungsverpflichtungen für diverse Versicherungen und Kreditverbindlichkeiten (Stand Mai 2007: ca. 18.000,00 EUR). Die noch schulpflichtige Enkelin der Klägerin verfügte weder über Einkommen noch über Vermögen.
Die Klägerin selbst war und ist vermögenslos. Sie verfügt jedoch über Renteneinkommen in Form einer Witwenrente aus der deutschen Rentenversicherung (DRV) und über eine kroatische Witwenrente. Die Einkünfte hieraus beliefen sich im Januar 2007 auf 109,87 EUR (kroatische Witwenrente) und 52,66 EUR (Rente aus der DRV).
Seit Januar 2003 bezog die Klägerin von der Beklagten zunächst Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung unter Anrechnung ihrer Renteneinkünfte, aber ohne Anrechnung von Einkünften des Sohnes oder der Schwiegertochter, zuletzt befristet bis zum 31.12.2004.
Seit Januar 2005 erhielt sie von der Beklagten monatsweise Leistungen nach § 3 AsylbLG, wobei die Gewährung teilweise durch schriftliche Bescheide und teilweise durch tatsächliche Auszahlung erfolgte. Daneben wurden wiederholt auch Leistungen nach § 4 AsylbLG erbracht. Bei der Berechnung des Leistungsbetrages nach § 3 AsylbLG blieb das Einkommen oder Vermögen des Sohnes der Klägerin bzw. der Schwiegertochter zunächst unberücksichtigt, weil die Beklagte nach Überprüfung zu dem Ergebnis kam, dass die Einkünfte zu gering bzw. die Vermögenswerte nicht zu berücksichtigen seien.
In den Monaten Mai, August und Dezember 2005 sowie Januar bis März, Mai und November 2006 zahlte die Beklagte an die Klägerin jedoch keine bzw. nicht nur um deren Renteneinkünfte, sondern auch um Einkünfte des Sohnes und der Schwiegertochter gekürzte Leistungen. Sie hielt dabei zusätzlich Einkünfte des Sohnes und der Schwiegertochter für anrechenbar, die - nach Berechnung der Beklagten - deren fiktiven Bedarf einschließlich desjenigen der Enkelin nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) überstiegen. Die hierüber erteilten schriftlichen Bescheide der Beklagten waren jeweils mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, wurden von der Klägerin jedoch nicht angefochten.
Nachdem der Klägerin mit schriftlichem Bescheid vom 7.11.2006 für November 2006 um Einkommen ihres Sohnes bzw. der Schwiegertochter zusätzlich gekürzte Leistungen bewilligt worden waren, erteilte die Beklagte unter dem 7.12.2006 einen Bescheid, mit dem sie die Leistungen ab dem 1.12.2006 "einstellte". Gemäß § 7 AsylbLG sei vor Eintritt der Leistungen Einkommen und Vermögen, über das verfügt werden könne, von dem Leistungsberechtigten und seinen Familienangehörigen, die im selben Haushalt lebten, aufzubrauchen. Wie den beigelegten Berechnungen zu entnehmen sei, übersteige das Erwerbseinkommen des Sohnes bzw. seiner Ehefrau deren nach dem SGB II zu bemessenden Bedarf sowie den Bedarf ihres Kindes im Zeitraum vom 1.12.2006 bis zum 31.12.2006 um 1.085,99 EUR. Bei Gegenüberstellung dieses Betrages mit dem für den Monat Dezember ermittelten Bedarf der Klägerin errechne sich ein übersteigendes Einkommen i.H.v. 811,69 EUR. Dieses Einkommen sei zunächst monatlich für die entstehenden Krankenhilfekosten einzusetzen. Eine Berücksichtigung der mit Belegen geltend gemachten Kosten für die Reparatur des PKW des Sohnes, für Strom sowie für die Anschaffung von Bekleidung sei nicht möglich; solche Kosten seien aus den Regelsätzen zu bestreiten. In einem Begleitschreiben vom gleichen Tage wies die Beklagte zusätzlich darauf hin, dass der Betrag von 811,69 EUR im Januar 2006 (gemeint wohl 2007) komplett als Einkommen berücksichtigt werde, wenn für Dezember 2006 keine Krankenhilfekosten entstünden.
Hiergegen legte die (seinerzeit noch unvertretene) Klägerin mit Schreiben vom 14.12.2006 Widerspruch ein. Da die Beklagte die Unterstützung für Dezember nicht auszahle, ihrem Sohn jedoch die 811,00 EUR nicht zur Verfügung stünden, könne sie weder ihren Lebensunterhalt bestreiten noch einen dringend notwendigen Arztbesuch vornehmen. Auch im Januar 2007 stünden die 811,00 EUR nicht zur Verfügung. Unter diesen Umständen könne sie nicht menschenwürdig existieren. Der Sohn der Klägerin wies ergänzend darauf hin, die Reparatur seines PKW sei unerlässlich gewesen, weil er sonst seine Arbeitsstelle nicht ohne weiteres erreichen könnte.
Mit Schreiben vom 20.12.2006 forderte die Beklagte die Klägerin im Hinblick auf eine Leistungsgewährung ab Januar 2007 dazu auf, Unterlagen über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse bzw. die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie ihres Sohnes vorzulegen. Nach Auswertung der daraufhin von der Klägerin vorgelegten Unterlagen teilte ihr die Beklagte mit Schreiben vom 8.1.2007 unter Beifügung eines Berechnungsbogens für Januar 2007 mit, für diesen Monat ergebe sich wegen bedarfsübersteigenden Einkommens des Sohnes und der Schwiegertochter i.H.v. 719,08 EUR ebenfalls kein Leistungsanspruch. Aus diesem Einkommensüberschuss müsse die Klägerin anfallende Krankenhilfekosten zahlen und darüber einen Nachweis einreichen. Sofern solche Kosten nicht anfielen, werde der Betrag im Februar 2007 komplett als Einkommen berücksichtigt. Das Schreiben vom 20.12.2006 enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.
Hiergegen legte die (nunmehr anwaltlich vertretene) Klägerin wiederum Widerspruch ein. Einkommen des Sohnes und der Schwiegertochter könne nicht gemäß den Vorschriften des SGB II angerechnet werden. Nach dem AsylbLG richte sich die Anrechnung von Einkommen und Vermögen nach § 7 AsylbLG i.V.m. § 94 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Für einen Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen ihren Sohn müssten die Unterhaltsgrundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes beachtet werden.
Mit Abhilfebescheid vom 20.2.2007 hob die Beklagte den Bescheid vom 8.1.2007 gemäß § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf. Mit weiterem Bescheid vom 21.2.2007 traf sie eine (neue) Entscheidung über den Leistungsanspruch der Klägerin nach § 3 AsylbLG für Januar 2007 sowie (erstmalig) eine Entscheidung für Februar 2007. Unter Berücksichtigung von "Unterhalt" (= für anrechenbar gehaltenes Einkommen des Sohnes und der Schwiegertochter) i.H.v. 181,69 EUR bewilligte die Beklagte der Klägerin für Januar 92,61 EUR und für Februar 2007 ohne (weitere) Berücksichtigung von "Unterhalt" 274,30 EUR. Für Januar 2007 legte sie dabei die Bruttoeinkünfte des Sohnes und seiner Ehefrau für Dezember 2006 i.H.v. 2.275,54 EUR bzw. 249,27 EUR zugrunde. Im Übrigen verblieb es wie bisher bei einer Anrechnung des Renteneinkommens i.H.v. 103,10 EUR monatlich.
Auch gegen den Bescheid vom 21.2.2007 legte die Klägerin (anwaltlich vertreten) Widerspruch ein. Zur Begründung bezog sie sich auf die Ausführungen in dem Widerspruch vom 7.2.2007.
Für März und April 2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin wiederum jeweils 274,30 EUR (Bescheide vom 12.3.2007 und 11.4.2007). Mit Bescheid vom 10.5.2007 stellte sie die bisher gewährten Leistungen mit Wirkung ab dem 1.5.2007 ein. Mit Bescheid vom 12.6.2007 bewilligte sie der Klägerin wie in den Monaten Februar, März und April wieder Leistungen i.H.v. jeweils 274,30 EUR.
In der Zeit vom 25.5.2007 bis 19.8.2007 hielt sich die Klägerin in Kroatien auf; ab Juli 2007 gelangten dabei keine Leistungen mehr zur Auszahlung.
Mit einem ersten Widerspruchsbescheid vom 31.7.2007, zugestellt an den Sohn der Klägerin, half die Beklagte dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 7.12.2006 insoweit ab, als sie der Klägerin für Dezember 2006 nunmehr Leistungen nach § 3 AsylbLG bewilligte. Dabei berücksichtigte sie allerdings (zusätzlich) leistungsmindernd einen Betrag von 203,30 EUR als "Unterhalt". Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Zu den Familienangehörigen im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG zählten jedenfalls alle Verwandten in gerader Linie (Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen [OVG NRW], Urteil vom 1.3.2004 - 12 A 3543/01). Verwandte und Verschwägerte seien deshalb generell als Familienangehörige anzusehen. Da der Sohn mit der Klägerin in einem Haushalt lebe, seien somit sein verfügbares Einkommen und Vermögen vor Einsetzen von Asylbewerberleistungen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes vorrangig einzusetzen. Die Bemessung des Einkommenseinsatzes richte sich ausschließlich nach dem öffentlichen Leistungsrecht. Unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sei Einkommen des Familienangehörigen nur bei Zumutbarkeit einzusetzen. Dies sei nur der Fall, wenn der Familienangehörige und seine ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen durch den Einsatz nicht selbst bedürftig würden. Dabei sei zur Ermittlung der Bedürftigkeitsgrenze auf die Rechtsvorschriften abzustellen, nach denen der Familienangehörige und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen Sozialleistungen beanspruchen könnten, falls sie selber bedürftig wären. Da der Sohn der Klägerin und seine Ehefrau über eine Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 AufenthG sowie über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügten, sei insoweit für die Bedarfsberechnung das SGB II heranzuziehen. Es sei nicht ersichtlich, dass verwertbares Vermögen i.S.v. § 12 SGB II vorhanden sei. Die Familie des Sohnes verfüge jedoch über Einkommen. Unter Berücksichtigung der Bedarfsberechnung ergebe sich für Dezember 2006 bedarfsüberschreitendes Einkommen i.H.v. 203,30 EUR; es könne erwartet werden, dass dieses Einkommen der Klägerin zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes zu Gute komme. Zwar stehe Einkommen in Höhe eines Betrages von 304,17 EUR insofern nicht zur freien Verfügung, als die Familie des Sohnes damit finanziellen Verpflichtungen für Versicherungen und aus einem Darlehensvertrag nachkomme. Da es sich hierbei jedoch um freiwillig abgeschlossene und kündbare Verträge handele, deren Kündigung auch zur vorrangigen Bestreitung des Lebensunterhaltes der Klägerin erwartet werden könne, seien die Versicherungsbeiträge sowie die Kreditrate als tatsächlich verfügbares Einkommen zu berücksichtigen.
Mit einem zweiten Widerspruchsbescheid vom 31.7.2007, gerichtet an die Bevollmächtigte der Klägerin, wies die Beklagte den Widerspruch vom 7.3.2007 gegen den Bescheid vom 21.2.2007 zurück. Bei ihrer Berechnung gelangte sie nunmehr zu einer gegenüber dem Bescheid vom 21.2.2007 zu Lasten der Klägerin (zusätzlich) zu berücksichtigenden "Einkommensüberschreitung" bei Sohn und Schwiegertochter von 323,36 EUR (Januar 2007) bzw. 226,08 EUR (Februar 2007). Von einer Rückforderung der danach entstandenen Überzahlung werde jedoch abgesehen, da ursprünglich lediglich von anzurechnendem Einkommen i.H.v. 181,69 EUR (Januar) bzw. 0,00 EUR (Februar) ausgegangen worden sei. Der Widerspruchsbescheid betreffend den Bescheid vom 21.2.2007 ist im Übrigen inhaltsgleich mit dem Widerspruchsbescheid betreffend den Bescheid vom 7.12.2006.
Bereits am 22.5.2007 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Aachen Klage erhoben mit dem Begehren, die Beklagte zu verpflichten, Unterhaltsansprüche gegen ihren Sohn lediglich nach Maßgabe des § 93 SGB XII zu berücksichtigen. Ihr Sohn sei seiner Ehefrau und dem gemeinsamen minderjährigen, noch zur Schule gehenden Kind unterhaltsverpflichtet. Im Rahmen des AsylbLG sei nicht das SGB II, sondern das SGB XII heranzuziehen. Unterhaltsansprüche würden gemäß §§ 93, 94 SGB XII nach Maßgabe der bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsvorschriften angerechnet.
Am 9.8.2007 hat die Klägerin unter Vorlage des an ihre Prozessbevollmächtigte gerichteten Widerspruchsbescheides vom 31.7.2007 ihre Klage auf das Begehren "erweitert", "den Bescheid vom 21.2.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.7.2007 aufzuheben und festzustellen, dass die Einkünfte ihres Sohnes nur analog der §§ 93 und 94 SGB XII berücksichtigt werden können". Zur Begründung hat sie ergänzend ausgeführt, dass grundsätzlich die Vorschriften des SGB XII auch im Rahmen des AsylbLG Anwendung fänden, ergebe sich insbesondere aus dem Wortlaut des § 93 SGB XII. Bei Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsvorschriften und der Düsseldorfer Tabelle verblieben ihrem Sohn keine Mittel mehr, um sie finanziell zu unterstützen.
Am 4.9.2007 hat die Klägerin die Untätigkeitsklage für erledigt erklärt. Das Sozialgericht hat daraufhin am 6.9.2007 die Klage zunächst aus seinem Verfahrensregister ausgetragen. Die Beklagte hat sich nachträglich der Erledigungserklärung der Klägerin angeschlossen.
Zwischenzeitlich stellte die Beklagte fest, dass sie die kroatische Rente mit einem zu geringen Zahlbetrag berücksichtigt hatte. Daraufhin berechnet sie nach weiteren Ermittlungen mit Bescheid vom 13.2.2008 den Leistungsanspruch der Klägerin für die Zeit von Juni 2007 bis Februar 2008 neu. Hierbei berücksichtigte sie für den gesamten Zeitraum höhere Zahlbeträge der kroatischen Rente, ferner teilweise Einkünfte des Sohnes und der Schwiegertochter der Klägerin. Für die in der Zeit von Februar bis Juni 2006 zu Unrecht nicht berücksichtigten Rentenzahlungen und die Ortsabwesenheit (Wegfall des Leistungsanspruches) werde noch ein gesonderten Rückforderungsbescheid erlassen. Ein solcher Bescheid erging in der Folgezeit jedoch nicht.
Gegen den Bescheid vom 13.2.2008 legte die Klägerin am 4.3.2008 Widerspruch ein.
Auf eine Sachstandsanfrage der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 12.2.2008 hat das Sozialgericht das dortige Klageverfahren unter neuem Aktenzeichen wieder aufgenommen und die Beteiligten informiert, die Klage richte sich nach Abschluss der Untätigkeitsklage nunmehr gegen die Anrechnung des Einkommens des Sohnes bei der Ermittlung der Leistungen für die Klägerin nach dem AsylbLG.
Die Klägerin hat daraufhin ergänzend vorgetragen, zwar habe sie gegen ihren Sohn grundsätzlich Unterhaltsansprüche gemäß §§ 1601 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). § 7 Abs. 3 AsylbLG sei jedoch zu entnehmen, dass die Beklagte einen solchen Unterhaltsanspruch nach sozialhilferechtlichen Vorschriften auf sich überleiten könne. Dies sei bisher nicht geschehen. Ohnehin ergebe sich schon bei überschlägiger Berechnung nach zivilrechtlichen Grundsätzen eine mangelnde Leistungsfähigkeit ihres Sohnes.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 21.2.2007 und unter Abänderung des Widerspruchsbescheides vom 31.7.2007 sowie aller anderen noch nicht rechtskräftigen Bescheide des Beklagten zu verpflichten, ihr Leistungen nach § 3 AsylbLG ohne Anrechnung des Einkommens der Familie des Sohnes zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.
Mit Urteil vom 18.6.2008 hat das Sozialgericht die Beklagte "unter Abänderung ihres Bescheides vom 21.2.2007 und des Widerspruchsbescheides vom 31.7.2007 und unter Abänderung aller entgegenstehenden nicht rechtskräftigen Ablehnungsbescheide bis zum 18.6.2008 verpflichtet, der Klägerin Leistungen nach § 3 AsylbLG ohne Anrechnung des Einkommens der Familie des Sohnes zu bewilligen". Dabei hat es nicht nur die Monate Januar und Februar 2007 als streitgegenständlich angesehen, sondern (zumindest) auch die Monate Juni 2007 bis Februar 2008. Der Begriff des "Familienangehörigen" i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG sei eng auszulegen und umfasse nur Ehegatten und minderjährige Kinder des Leistungsberechtigten.
Gegen das ihr am 2.10.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 3.11.2008 (Montag) Berufung eingelegt. Sie verweist weiterhin auf das Urteil des OVG NRW vom 1.3.2004 - 12 A 3543/01, auf den allgemeinen Sprachgebrauch, den Sinn und Zweck des § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG und der nachfolgenden §§ 8 und 9 AsylbLG sowie auf systematische Erwägungen. Den Gesetzesmaterialien lasse sich entnehmen, dass der Begriff des Familienangehörigen in § 7 Abs. 1 Satz 2 AsylbLG weit zu verstehen sei.
In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten den streitgegenständlichen Zeitraum einvernehmlich auf den Monat Januar 2007 beschränkt. Für die weiteren zuvor streitigen Leistungszeiträume haben sie im Wege des Vergleichs eine Neubescheidung entsprechend dem rechtskräftigen Ausgang des vorliegenden Verfahrens vereinbart; dabei haben sie dahingehend übereingestimmt, dass der Klägerin für die Zeit des Auslandsaufenthalts keine Leistungen nach dem AsylbLG zustehen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18.6.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie verweist weiterhin auf die Möglichkeit eines Vorgehens der Beklagten nach § 7 Abs. 3 AsylbLG sowie auf eine fehlende Leistungsfähigkeit ihres Sohnes nach zivilrechtlichen Unterhaltsregeln.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakte eines zwischenzeitlich zwischen den Beteiligten anhängig gewesenen Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes (S 19 AY 11/08 ER/L 20 AY 70/08 AY ER). Der Inhalt sämtlicher Akten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
A) Entsprechend der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgten Beschränkung des streitigen Zeitraums ist Gegenstand des Verfahrens nur mehr der Leistungsanspruch der Klägerin für den Monat Januar 2007, wie er durch den Bescheid vom 21.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.7.2007 geregelt wurde. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 8.1.2007, mit dem die Beklagte ursprünglich Leistungen für den Monat Januar 2007 abgelehnt hatte; dieser Bescheid wurde bereits durch Abhilfebescheid vom 20.1.2007 aufgehoben.
B) Die Berufung ist zulässig.
Insbesondere wird der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) notwendige (Mindest-) Beschwerdewert von 750,01 EUR erreicht. Dieser Wert des Beschwerdegegenstandes bemisst sich nach der sich aus der angefochtenen Entscheidung ergebenden Beschwer, deren Beseitigung die Beklagte mit ihrer Berufung erstrebt (vgl. Frehse, in: Jansen, SGG, 3. Auflage 2008, § 144 Rn. 8). Entscheidend ist insoweit nicht die Beschwer, wie sie sich im Anschluss an die zwischen den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgte Beschränkung des streitigen Zeitraumes auf Januar 2007 ergibt, sondern die Beschwer, wie sie aus dem bei Berufungseinlegung (insgesamt) von der Beklagten angefochtenen Urteil des Sozialgerichts folgte (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 144 Rn. 19 m.w.N.).
Zwar hat das Sozialgericht die Beklagte nicht zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrages verurteilt; denn es hat die Beklagte ohne nähere Bezifferung verpflichtet, "Leistungen nach § 3 AsylbLG ohne Anrechnung des Einkommens der Familie des Sohnes zu bewilligen". Hierbei handelt es sich jedoch nicht etwa um eine - unzulässige - Entscheidung über einzelne Berechnungselemente des Leistungsanspruches. Der Ausspruch des Sozialgerichts stellt vielmehr i.S.v. § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG ein Grundurteil auf Gewährung höherer Leistungen dar (zu dieser Möglichkeit vgl. BSG, Urteile vom 21.12.2009 - B 14 AS 61/08 R, Rn. 10 und vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R, Rn. 16 m.w.N.). In einem solchen Fall ist der Wert des Beschwerdegegenstandes durch Auslegung zu ermitteln (Frehse, a.a.O.; Leitherer, a.a.O., Rn. 15a). Dabei kommt es allein darauf an, wozu die Beklagte durch das angefochtene Urteil verpflichtet wurde. Dem Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung kann in Zusammenschau mit den Entscheidungsgründen die Verpflichtung der Beklagten entnommen werden, (zumindest) für die Zeiträume Januar und Februar 2007 sowie Juni 2007 bis Februar 2008 bei der Berechnung des Leistungsanspruchs der Klägerin von einer Anrechnung von Einkommen des Sohnes und der Schwiegertochter abzusehen. Aus den Entscheidungsgründen des Sozialgerichts ergeben sich danach folgende Beträge: Januar 2007 181,69 EUR, August und September 2007 jeweils 213,63 EUR, Oktober 2007 106,70 EUR, November 2007 49,57 EUR, Dezember 2007 123,28 EUR, Januar und Februar 2008 jeweils 213,63 EUR. Die Summe dieser Beträge überschreitet mit 1.315,76 EUR den Mindestbeschwerdewert für die Berufung.
C) Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, der Klägerin für den Monat Januar 2007 höhere Leistungen ohne Anrechnung des Einkommens der Familie ihres Sohnes zu gewähren.
I) Die Klage ist zulässig. Insbesondere war der Rechtsstreit im Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts dort noch anhängig, so dass eine Sachentscheidung ergehen konnte. Die erforderlichen Sachurteilsvoraussetzungen lagen vor. Denn die Klägerin hat jedenfalls seit dem innerhalb der Klagefrist beim Sozialgericht eingegangenen Schriftsatz vom 9.8.2007 durchgängig deutlich gemacht, dass sie gegen die Entscheidung der Beklagten im Bescheid vom 21.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.7.2007 vorgehen wollte.
Deswegen kann dahin stehen, ob es sich bei der ursprünglich am 22.5.2007 erhobenen Klage um eine - am 4.9.2007 für erledigt erklärte - Untätigkeitsklage handelte oder um eine zunächst mangels Vorverfahrens noch unzulässige und mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 31.7.2007 (erst) nachträglich zulässig gewordene Klage in der Hauptsache. Dass das Sozialgericht die Sache zunächst als erledigt ausgetragen hatte, stand einer Sachentscheidung ebenfalls nicht entgegen. Denn dies stellte lediglich eine unzutreffende aktentechnische Behandlung dar.
II) Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid vom 21.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.7.2007 ist rechtswidrig und die Klägerin deswegen i.S.v. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin gegenüber der Beklagten für den Monat Januar 2007 ein höherer Leistungsanspruch als die gewährten 92,61 EUR zusteht.
1) Die grundsätzliche Berechtigung der Klägerin zum Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG. Denn sie verfügte im Januar 2007 über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Umstände, die gegen eine Leistungsberechtigung der Klägerin nach dem AsylbLG sprechen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere begann der - leistungsschädliche (vgl. § 1 Abs. 1 AsylbLG: "die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten") - Auslandsaufenthalt der Klägerin erst im Mai 2007 und damit später als der im vorliegenden Verfahrens streitige Zeitraum.
Die örtliche Zuständigkeit der Beklagten für die Leistungserbringung an die Klägerin beruht auf § 10a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG.
2) Die Beklagte hat bei der Berechnung des Leistungsanspruches der Klägerin zu Unrecht die Einkünfte ihres Sohnes und seiner Ehefrau berücksichtigt (dazu a), woraus sich ein höherer Leistungsanspruch der Klägerin ergibt (dazu b).
a) Eine gesetzliche Berechtigung der Beklagten, bei der Bemessung der Leistungen für die Klägerin Einkünfte des Sohnes seiner Ehefrau leistungsmindernd zu berücksichtigen, besteht nicht. Die von der Beklagten insoweit herangezogene Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG gestattet eine solche Berücksichtigung gerade nicht.
aa) Zwar lebten die Klägerin, ihr Sohn, die Schwiegertochter und die Enkelin im streitigen Zeitraum i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG "im selben Haushalt”. Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin und die Familie ihres Sohnes seinerzeit in der gemeinsamen Wohnung zudem "aus einem Topf" wirtschafteten und damit sogar eine Haushaltsgemeinschaft bildeten. Angesichts dessen kann von vornherein offen bleiben, ob für ein Leben "im selben Haushalt" schon ein (nur) räumlich-funktionelles Zusammenleben ausreichen würde (dazu Hohm, in: GK-AsylbLG, § 7 Rn. 65 f.).
bb) Denn der Begriff des "Familienangehörigen" in § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG ist nach Ansicht des Senats eng auszulegen; hierzu zählt nur die sog. Kernfamilie des Leistungsberechtigten, also der Ehegatte bzw. eingetragene Lebenspartner sowie die minderjährigen Kinder.
(1) Der Beklagten ist allerdings zuzugeben, dass der Begriff des "Familienangehörigen" nach allgemeinem Sprachverständnis auch auf die "Großfamilie” bezogen werden kann (vgl. Hohm, a.a.O., Rn. 51). Dieses allgemeine Sprachverständnis ist jedoch für die Auslegung im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG nicht maßgebend. Der Senat hat bereits im Beschluss vom 21.9.2010 - L 20 B 50/09 AY ER im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes die Auffassung vertreten, dass die Norm allein die Kernfamilie erfasst. Die Gründe hierfür hat er dabei insbesondere in der Entstehungsgeschichte des AsylbLG gesehen:
Das seit dem 1.11.1993 geltende AsylbLG löste in seinem Anwendungsbereich das zuvor für diesen Personenkreis geltende Leistungsregime des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) ab. Dort waren (in der Neufassung vom 10.1.1991, BGBl. I, S. 94, 113 f.) Leistungsansprüche von Ausländern in § 120 BSHG geregelt. Für diese Ansprüche aber war der im Rahmen des BSHG zugrunde gelegte Familienbegriff maßgebend: § 120 BSHG war seit 1982 in seinen Grundzügen unverändert geblieben. § 11 Abs. 1 BSHG in der bis zum 31.10.1993 geltenden Fassung nahm eine "Einsatzgemeinschaft" allein zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern an. Für Leistungen nach § 120 BSHG gab es insoweit keine Sonderregelung; vielmehr erhielt auch der Personenkreis der Ausländer nach § 120 Abs. 1 Satz 1 BSHG Hilfe zum Lebensunterhalt nach Maßgabe der §§ 11 ff. BSHG.
Mit Schaffung des AsylbLG wurde zwar der Kreis der nach § 1 AsylbLG Leistungsberechtigten aus dem Anwendungsbereich des § 120 BSHG herausgenommen und seither dem neuen Leistungsregime des AsylbLG unterworfen. Dabei wurde jedoch die Systematik eines bedarfsorientierten Grundsicherungssystems beibehalten. Denn Ziel des AsylbLG war zwar eine Neuregelung der Leistungen für Ausländer, welche zuvor Sozialhilfeleistungen nach dem BSHG erhalten hatten, wobei das Leistungsniveau für bestimmte Ausländergruppen auf das Niveau unterhalb desjenigen nach dem BSHG abgesenkt wurde. Ein Wille des Gesetzgebers, nunmehr vom bisherigen sozialhilferechtlichen System der Einsatzgemeinschaft abzuweichen, ist jedoch nicht erkennbar. Diese sozialhilferechtliche Einsatzgemeinschaft umfasste aber schon nach dem BSHG - wie auch heute nach dem SGB XII (§ 19 Abs. 3) - allein Ehegatten bzw. Lebenspartner und minderjährige Kinder der Leistungsberechtigten. Volljährige Kinder oder sonstige Verwandte gehören hingegen nicht zu dieser Einsatzgemeinschaft.
Hätte der Gesetzgeber den Willen gehabt, im AsylbLG diese Einsatzgemeinschaft über den bereits aus dem BSHG überkommenen Rahmen hinaus auf Familienmitglieder außerhalb der "Kernfamilie" auszuweiten, so hätte im Rahmen der nach dem 1.11.1993 vorgenommenen Änderungen des AsylbLG mehrfach Gelegenheit bestanden, dies durch Neufassung des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG klarzustellen. Dass eine Neufassung gerade nicht erfolgt ist, zeigt, dass es bei dem schon aus dem BSHG überkommenen engen Familienbegriff bleiben sollte. Dies gilt umso mehr, als die Verpflichtung Dritter zum Aufbrauch von Einkommen oder Vermögen in den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) eingreift und daher einer eindeutigen gesetzlichen Festlegung bedarf (Hohm, a.a.O., Rn. 48 und Rn. 60/61).
Für eine enge Auslegung des Familienbegriffs in § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG spricht im Übrigen auch, dass Einkommen in § 7 Abs. 2 AsylbLG nur in einem sehr geringen Maße freigestellt wird. Eine Rechtfertigung dafür, nicht zur Kernfamilie gehörende Familienangehörige eines nach dem AsylbLG Leistungsberechtigten wirtschaftlich in einem weiteren Umfang in die Pflicht zu nehmen als in anderen gesetzlichen Grundleistungsregimes, ist jedenfalls dann nicht erkennbar, wenn dieses Familienmitglied (wie der Sohn der Klägerin) seinen Lebensunterhalt allein aus Erwerbseinkommen bestreitet und keiner ergänzenden Sozialleistungen bedarf.
(2) An dieser Lesart des Begriffes des "Familienangehörigen" i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG, die im Übrigen in der Literatur nahezu einhellig geteilt wird (vgl. Hohm, a.a.O., Rn. 48-62; ders., in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2010, § 7 AsylbLG Rn. 13; Schmidt, in: jurisPK-AsylbLG, § 7 Rn. 25; Decker, in: Oestreicher, SGB II / SGB XII mit AsylbLG, § 7 AsylbLG Rn. 19-22; Herbst, in: Mergler/Zink, SGB XII und AsylbLG, § 7 AsylbLG Rn. 17-21; Fasselt, in: Fichtner/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, 3. Auflage 2005, § 7 Rn. 6; Birk, in: LPK-SBG XII, 8. Auflage 2008, § 7 Rz. 3; unklar Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auflage 2010, § 7 Rz. 13 - sämtlich m.w.N.), und die mit weiten Teilen der Rechtsprechung übereinstimmt (vgl. Landessozialgericht [LSG] Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19.6.2007 - L 11 AY 80/06; Verwaltungsgericht [VG] München, Urteil vom 23.2.2001 - M 6a K 00.5157; VG Göttingen, Urteil vom 24.3.2004 - 2 A 220/03; Sozialgericht [SG] Aachen, Urteil vom 13.1.2010 - S 19 AY 11/09; SG Dortmund, Beschluss vom 05.09.2008 - S 47 AY 191/08 ER; weitere Nachweise zur Rechtsprechung bei Hohm, a.a.O., § 7 Rn. 49), hält der Senat weiterhin fest.
Neben den bereits genannten Gründen spricht für diese Lesart eine Konkordanz zur Auslegung des Begriffs "Familienangehöriger” an anderen Stellen des AsylbLG. Sowohl die gesetzliche Formulierung in § 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG als auch in § 1a AsylbLG legen ein einheitliches Verständnis desselben Begriffs nahe. Die zum 1.1.2005 erfolgte Ergänzung des § 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG um den Begriff des Lebenspartners trug lediglich dem Lebenspartnerschaftgesetz Rechnung, stellte jedoch keine substantielle Änderung dar (vgl. Hohm, a.a.O., Rn. 54/55 m.w.N.; VG München, a.a.O., Rn. 23).
Die für die Gegenansicht (vgl. OVG NRW, Urteil vom 1.3.2004 - 12 A 3543/01; Hessischer Verwaltungsgerichtshof [Hess. VGH], Beschluss vom 7.9.2004 - 10 UE 600/04; VG Hamburg Beschluss vom 13.10.1998 - 8 VG 3451/98; VG Braunschweig, Beschluss vom 30.3.1998 - 3 B 3071/98 [zumindest volljährige Kinder]) vorgetragenen Gründe hält der Senat nicht für überzeugend:
Zwar ist insoweit zuzugeben, dass sowohl im Hinblick auf den Wortlaut der Regelung als auch in systematischer Hinsicht (Verweisungen innerhalb der jeweiligen Fassungen des AsylbLG) nicht nur Anhaltspunkte für, sondern auch gegen ein enges Begriffsverständnis gefunden werden können (vgl. insbes. OVG NRW, a.a.O., Rn. 42 ff.). Die enge Lesart trägt jedoch eher einem einheitlichen und damit widerspruchsfreien Verständnis des "Familienangehörigen" innerhalb des AsylbLG Rechnung und erscheint daher vorzugswürdig. Zudem ist der "allgemeine Sprachgebrauch” (OVG NRW, a.a.O., Rn. 44-55 und Rn. 77) insbesondere mit Blick auf die Rechtfertigung eines Eingriffs in Art. 14 Abs. 1 GG - jedenfalls im Rahmen der vorliegenden Fragestellung - kein taugliches Kriterium. Denn schon die divergierenden gerichtlichen Entscheidungen zu § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG belegen, dass gerade ein "allgemeiner" Sprachgebrauch zum Begriff des "Familienangehörigen” keinen näheren Anhalt bieten kann; der Rückgriff auf einen nur vermeintlich allgemeinen Sprachgebrauch trägt jedoch keine Begründung in sich. Darüber hinaus wird der Begriff im rechtlichen Kontext ohnehin in verschiedenen Bereichen jeweils unterschiedlich gebraucht (vgl. SG Aachen, Urteil vom 13.1.2010, a.a.O., Rn. 19).
Ebensowenig überzeugt ein weites Verständnis des "Familienangehörigen" unter Hinweis auf den Sinn und Zweck des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG, den Nachrang der Leistungen des AsylbLG gegenüber bestimmten Leistungsverpflichtungen Dritter zu regeln (so OVG NRW, a.a.O., Rn. 60 ff.; Hess. VGH, a.a.O., Rn. 22 m.w.N.). Das AsylbLG enthält mit seinem § 7 Abs. 3 bereits eine den Nachrang gegenüber Ansprüchen gegen Dritte (außerhalb der Kernfamilie) sichernde Regelung. Bei einer weiten Lesart des Familienbegriffs in § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG verbliebe für die Vorschrift des § 7 Abs. 3 AsylbLG jedoch kaum ein realistischer Anwendungsbereich.
Für eine weite Auslegung des Begriffs des "Familienangehörigen" i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG spricht auch nicht etwa der Umstand, dass für eine Vermutung der Bedarfsdeckung nach § 39 SGB XII (früher: § 16 BSHG, bzw. § 36 SGB XII in der bis zum 31.12.2010 gültigen Fassung) im Bereich der Sozialhilfe nach dem Dritten Kapitel des SGB XII nicht einmal (mehr) verwandtschaftliche Beziehungen erforderlich sind. Keineswegs werden Leistungsberechtigte nach § 3 AsylbLG hierdurch gegenüber solchen nach dem SGB XII bzw. Analogleistungsberechtigten nach § 2 AsylbLG in ungerechtfertigter Weise bevorzugt (so aber OVG NRW, a.a.O., Rn. 71 ff.). Durch die formale Loslösung des AsylbLG vom Recht der Sozialhilfe hat der Gesetzgeber vielmehr zu erkennen gegeben, dass es sich bei Berechtigten nach dem AsylbLG und solchen nach dem SGB XII aus seiner Sicht um (wesentlich) unterschiedliche Personenkreise handelt, für die auch unterschiedliche Regelungen gelten können. Wenn er die ergänzende Anwendung von Vorschriften des SGB XII für angezeigt hielt, hat er dies jeweils angeordnet (vgl. z.B. §§ 7 Abs. 1 Satz 2, 2 Abs. 1, 9 Abs. 4 AsylbLG). Es schadete insoweit nicht, wenn eine der getroffenen Regelungen des Gesamtsystems - also hier § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG - günstige Auswirkungen im Vergleich zum Regelungssystem der Sozialhilfe hätte. Dies gilt umso mehr, als der Umfang der Leistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG von vornherein deutlich unter demjenigen nach dem SGB XII bzw. nach § 2 AsylbLG liegt; zudem wird - wie bereits erwähnt - grundsätzlich einsatzpflichtiges Einkommen Dritter im Rahmen von § 7 Abs. 2 AsylbLG in deutlich geringerem Maße verschont als im Rahmen des SGB XII. Die Gegenansicht übersieht ohnedies, dass § 39 SGB XII lediglich eine - relativ leicht widerlegbare - Vermutung aufstellt; § 39 SGB XII ist damit hinsichtlich einer Einstandspflicht deutlich günstiger gestaltet als die - zwingende - Einstandsregel des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG. Dass ein enger Familienbegriff in § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG zwangsläufig zu einer Schlechterstellung des nach dem SGB XII berechtigten Personenkreises führe, trifft deshalb ohnehin nicht zu.
Ein weiter Begriff des "Familienangehörigen" in § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG ließe sich schließlich auch mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09) nicht vereinbaren. Dieses Grundrecht ist durch einen gesetzlichen Anspruch sicherzustellen. Ein Hilfebedürftiger darf nicht auf freiwillige Leistungen des Staates oder Dritter verwiesen werden, deren Erbringung nicht durch ein subjektives Recht des Hilfebedürftigen gesichert ist; die verfassungsrechtliche Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums muss durch ein Parlamentsgesetz erfolgen, das einen konkreten Leistungsanspruch des Bürgers gegenüber dem zuständigen Leistungsträger enthält (BVerfG, a.a.O., Rn. 136). Ist ein Angehöriger wie der Sohn der Klägerin ggf. nach den unterhaltsrechtlichen Maßgaben des BGB mangels eigener Leistungsfähigkeit gar nicht durchsetzbar zum Unterhalt verpflichtet, wäre eine Leistungsbedürftige in der Situation der Klägerin bei einem weite Verständnis des Familienangehörigen im Rahmen von § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG jedoch darauf verwiesen, auf einen gleichwohl freiwilligen Unterhalt durch den Angehörigen, etwa durch Bilden einer "Notgemeinschaft", zu hoffen. Ist auch diesem Grund ein enges Begriffsverständnis vorzuziehen, so muss der Senat im konkreten Fall der Klägerin eine etwa fehlende Leistungsfähigkeit des Sohnes und seiner Familie nach Maßgabe der unterhaltsrechtlichen Vorschriften des BGB nicht näher klären (wenn dieses Fehlen bei den bekannten Bruttoerwerbseinkünften der Eheleute im Januar 2007 von 2.275,54 EUR und 249,27 EUR auch durchaus naheliegt).
b) Unter Berücksichtigung der Ausführungen zu a) ist es nicht zu beanstanden, dass das Sozialgericht die Beklagte für den Monat Januar 2007 dem Grunde nach zur Gewährung höherer Leistungen an die Klägerin ohne Anrechnung von Einkommen der Familie ihres Sohnes verurteilt hat. Die Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG liegen insoweit vor (vgl. zu den Anforderungen an ein Grundurteil auch BSG, Urteil vom 21.12.2009 - B 14 AS 61/08 R, Rn. 10 m.w.N.). Denn wegen der rechtswidrigen Berücksichtigung von Einkommen der Familie des Sohnes steht fest, dass der Klägerin für den genannten Monat höhere Leistungen zustanden, als ihr die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden bewilligt hat:
Mit dem Bescheid vom 21.2.20007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.7.2007 wurde für Januar 2007 ein Leistungsanspruch i.H.v. 92,61 EUR zuerkannt. Der Bedarf der Klägerin für diesen Monat belief sich auf 377,40 EUR (Grundleistung nach § 3 Abs. 1 und 2 AsylbLG 199,40 EUR zzgl. kopfteilige Kosten für Unterkunft und Heizung [1/4 von 712,00 EUR =] 178,00 EUR). Hiervon sind lediglich die im Januar 2007 tatsächlich zugeflossenen Rentenbeträge in Abzug zu bringen (kroatische Rentenversicherung 109,87 EUR, DRV 52,66 EUR). Der sich danach ergebende Leistungsanspruch übersteigt mit (377,40./. 109,87./. 52,66 EUR =) 214,87 EUR den zuerkannten Betrag von 92,61 EUR um 122,26 EUR.
c) Ob sich darüber hinaus ein noch höherer Leistungsanspruch für die Klägerin ergeben könnte, weil die von ihr bezogenen Leistungen nach § 3 AsylbLG verfassungswidrig zu niedrig bemessen sind (vgl. hierzu Vorlagebeschlüsse des Senats i.S.v. Art. 100 Abs. 1 GG vom 26.07.2010 - L 20 AY 13/09 sowie vom 22.11.2010 - L 20 AY 1/09; hierzu anhängig BVerfG 1 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11), kann offen bleiben, da allein die Beklagte das Urteil des Sozialgerichts mit der Berufung angefochten hat.
D) Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Der danach bei der Klägerin verbleibende Anteil der Kostenlast von einem Sechstel ergibt sich aus dem Fehlen jeglichen Leistungsanspruchs nach dem AsylbLG während ihres Auslandsaufenthalts von Mai bis August 2007; die Beteiligten haben diesen Umstand bei dem von ihnen in der mündlichen Verhandlung geschlossenen Teilvergleich berücksichtigt.
E) Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Zum Begriff des "Familienangehörigen" i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG liegt höchstrichterliche Rechtsprechung nicht vor.
Tatbestand:
Im Streit steht die Höhe von Leistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Die am 00.00.1932 geborene, seit 1993 verwitwete Klägerin lebt seit 1993 in der Bundesrepublik Deutschland. Sie stammt nach ihren Angaben aus Bosnien-Herzegovina und besitzt sowohl einen bosnisch-herzegovinischen als auch einen kroatischen Pass. Ein Asylverfahren wurde nicht durchgeführt. Seit März 2005 verfügt sie über einen Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
In der Vergangenheit wohnte sie gemeinsam mit ihrem 1969 geborenen Sohn, ihrer 1970 geborenen Schwiegertochter und ihrer 1998 geborenen Enkelin in einer Mietwohnung im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten und wirtschaftete mit ihrem Sohn und dessen Familie in einem Haushalt. Sowohl der Sohn als auch die Schwiegertochter und die Enkelin besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Kosten für die von der Klägerin mit der Familie ihres Sohnes bewohnte Wohnung beliefen sich seit Juni 2005 - auch noch im Januar 2007 - insgesamt auf 712,00 EUR monatlich (Kosten der Unterkunft und Heizung). Seit Februar 2011 wohnt die Klägerin alleine in einem Seniorenwohnheim.
Der Sohn der Klägerin ist erwerbstätig bei der X AG. Das Grundgehalt - ohne Zuschläge und Einmalzahlungen - belief sich seit November 2006 auf etwa 1.900,00 EUR monatlich. Auch die Schwiegertochter der Klägerin ist als Hauwirtschaftshilfe geringfügig erwerbstätig. Sie erzielte in der Regel Verdienste i.H.v. etwa 120,00 EUR monatlich. An Vermögenswerten verfügten die Eheleute im Januar 2007 über eine Lebensversicherung und ein Investmentkonto (zur Anlage vermögenswirksamer Leistungen). Es bestanden Zahlungsverpflichtungen für diverse Versicherungen und Kreditverbindlichkeiten (Stand Mai 2007: ca. 18.000,00 EUR). Die noch schulpflichtige Enkelin der Klägerin verfügte weder über Einkommen noch über Vermögen.
Die Klägerin selbst war und ist vermögenslos. Sie verfügt jedoch über Renteneinkommen in Form einer Witwenrente aus der deutschen Rentenversicherung (DRV) und über eine kroatische Witwenrente. Die Einkünfte hieraus beliefen sich im Januar 2007 auf 109,87 EUR (kroatische Witwenrente) und 52,66 EUR (Rente aus der DRV).
Seit Januar 2003 bezog die Klägerin von der Beklagten zunächst Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung unter Anrechnung ihrer Renteneinkünfte, aber ohne Anrechnung von Einkünften des Sohnes oder der Schwiegertochter, zuletzt befristet bis zum 31.12.2004.
Seit Januar 2005 erhielt sie von der Beklagten monatsweise Leistungen nach § 3 AsylbLG, wobei die Gewährung teilweise durch schriftliche Bescheide und teilweise durch tatsächliche Auszahlung erfolgte. Daneben wurden wiederholt auch Leistungen nach § 4 AsylbLG erbracht. Bei der Berechnung des Leistungsbetrages nach § 3 AsylbLG blieb das Einkommen oder Vermögen des Sohnes der Klägerin bzw. der Schwiegertochter zunächst unberücksichtigt, weil die Beklagte nach Überprüfung zu dem Ergebnis kam, dass die Einkünfte zu gering bzw. die Vermögenswerte nicht zu berücksichtigen seien.
In den Monaten Mai, August und Dezember 2005 sowie Januar bis März, Mai und November 2006 zahlte die Beklagte an die Klägerin jedoch keine bzw. nicht nur um deren Renteneinkünfte, sondern auch um Einkünfte des Sohnes und der Schwiegertochter gekürzte Leistungen. Sie hielt dabei zusätzlich Einkünfte des Sohnes und der Schwiegertochter für anrechenbar, die - nach Berechnung der Beklagten - deren fiktiven Bedarf einschließlich desjenigen der Enkelin nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) überstiegen. Die hierüber erteilten schriftlichen Bescheide der Beklagten waren jeweils mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, wurden von der Klägerin jedoch nicht angefochten.
Nachdem der Klägerin mit schriftlichem Bescheid vom 7.11.2006 für November 2006 um Einkommen ihres Sohnes bzw. der Schwiegertochter zusätzlich gekürzte Leistungen bewilligt worden waren, erteilte die Beklagte unter dem 7.12.2006 einen Bescheid, mit dem sie die Leistungen ab dem 1.12.2006 "einstellte". Gemäß § 7 AsylbLG sei vor Eintritt der Leistungen Einkommen und Vermögen, über das verfügt werden könne, von dem Leistungsberechtigten und seinen Familienangehörigen, die im selben Haushalt lebten, aufzubrauchen. Wie den beigelegten Berechnungen zu entnehmen sei, übersteige das Erwerbseinkommen des Sohnes bzw. seiner Ehefrau deren nach dem SGB II zu bemessenden Bedarf sowie den Bedarf ihres Kindes im Zeitraum vom 1.12.2006 bis zum 31.12.2006 um 1.085,99 EUR. Bei Gegenüberstellung dieses Betrages mit dem für den Monat Dezember ermittelten Bedarf der Klägerin errechne sich ein übersteigendes Einkommen i.H.v. 811,69 EUR. Dieses Einkommen sei zunächst monatlich für die entstehenden Krankenhilfekosten einzusetzen. Eine Berücksichtigung der mit Belegen geltend gemachten Kosten für die Reparatur des PKW des Sohnes, für Strom sowie für die Anschaffung von Bekleidung sei nicht möglich; solche Kosten seien aus den Regelsätzen zu bestreiten. In einem Begleitschreiben vom gleichen Tage wies die Beklagte zusätzlich darauf hin, dass der Betrag von 811,69 EUR im Januar 2006 (gemeint wohl 2007) komplett als Einkommen berücksichtigt werde, wenn für Dezember 2006 keine Krankenhilfekosten entstünden.
Hiergegen legte die (seinerzeit noch unvertretene) Klägerin mit Schreiben vom 14.12.2006 Widerspruch ein. Da die Beklagte die Unterstützung für Dezember nicht auszahle, ihrem Sohn jedoch die 811,00 EUR nicht zur Verfügung stünden, könne sie weder ihren Lebensunterhalt bestreiten noch einen dringend notwendigen Arztbesuch vornehmen. Auch im Januar 2007 stünden die 811,00 EUR nicht zur Verfügung. Unter diesen Umständen könne sie nicht menschenwürdig existieren. Der Sohn der Klägerin wies ergänzend darauf hin, die Reparatur seines PKW sei unerlässlich gewesen, weil er sonst seine Arbeitsstelle nicht ohne weiteres erreichen könnte.
Mit Schreiben vom 20.12.2006 forderte die Beklagte die Klägerin im Hinblick auf eine Leistungsgewährung ab Januar 2007 dazu auf, Unterlagen über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse bzw. die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie ihres Sohnes vorzulegen. Nach Auswertung der daraufhin von der Klägerin vorgelegten Unterlagen teilte ihr die Beklagte mit Schreiben vom 8.1.2007 unter Beifügung eines Berechnungsbogens für Januar 2007 mit, für diesen Monat ergebe sich wegen bedarfsübersteigenden Einkommens des Sohnes und der Schwiegertochter i.H.v. 719,08 EUR ebenfalls kein Leistungsanspruch. Aus diesem Einkommensüberschuss müsse die Klägerin anfallende Krankenhilfekosten zahlen und darüber einen Nachweis einreichen. Sofern solche Kosten nicht anfielen, werde der Betrag im Februar 2007 komplett als Einkommen berücksichtigt. Das Schreiben vom 20.12.2006 enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.
Hiergegen legte die (nunmehr anwaltlich vertretene) Klägerin wiederum Widerspruch ein. Einkommen des Sohnes und der Schwiegertochter könne nicht gemäß den Vorschriften des SGB II angerechnet werden. Nach dem AsylbLG richte sich die Anrechnung von Einkommen und Vermögen nach § 7 AsylbLG i.V.m. § 94 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Für einen Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen ihren Sohn müssten die Unterhaltsgrundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes beachtet werden.
Mit Abhilfebescheid vom 20.2.2007 hob die Beklagte den Bescheid vom 8.1.2007 gemäß § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf. Mit weiterem Bescheid vom 21.2.2007 traf sie eine (neue) Entscheidung über den Leistungsanspruch der Klägerin nach § 3 AsylbLG für Januar 2007 sowie (erstmalig) eine Entscheidung für Februar 2007. Unter Berücksichtigung von "Unterhalt" (= für anrechenbar gehaltenes Einkommen des Sohnes und der Schwiegertochter) i.H.v. 181,69 EUR bewilligte die Beklagte der Klägerin für Januar 92,61 EUR und für Februar 2007 ohne (weitere) Berücksichtigung von "Unterhalt" 274,30 EUR. Für Januar 2007 legte sie dabei die Bruttoeinkünfte des Sohnes und seiner Ehefrau für Dezember 2006 i.H.v. 2.275,54 EUR bzw. 249,27 EUR zugrunde. Im Übrigen verblieb es wie bisher bei einer Anrechnung des Renteneinkommens i.H.v. 103,10 EUR monatlich.
Auch gegen den Bescheid vom 21.2.2007 legte die Klägerin (anwaltlich vertreten) Widerspruch ein. Zur Begründung bezog sie sich auf die Ausführungen in dem Widerspruch vom 7.2.2007.
Für März und April 2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin wiederum jeweils 274,30 EUR (Bescheide vom 12.3.2007 und 11.4.2007). Mit Bescheid vom 10.5.2007 stellte sie die bisher gewährten Leistungen mit Wirkung ab dem 1.5.2007 ein. Mit Bescheid vom 12.6.2007 bewilligte sie der Klägerin wie in den Monaten Februar, März und April wieder Leistungen i.H.v. jeweils 274,30 EUR.
In der Zeit vom 25.5.2007 bis 19.8.2007 hielt sich die Klägerin in Kroatien auf; ab Juli 2007 gelangten dabei keine Leistungen mehr zur Auszahlung.
Mit einem ersten Widerspruchsbescheid vom 31.7.2007, zugestellt an den Sohn der Klägerin, half die Beklagte dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 7.12.2006 insoweit ab, als sie der Klägerin für Dezember 2006 nunmehr Leistungen nach § 3 AsylbLG bewilligte. Dabei berücksichtigte sie allerdings (zusätzlich) leistungsmindernd einen Betrag von 203,30 EUR als "Unterhalt". Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Zu den Familienangehörigen im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG zählten jedenfalls alle Verwandten in gerader Linie (Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen [OVG NRW], Urteil vom 1.3.2004 - 12 A 3543/01). Verwandte und Verschwägerte seien deshalb generell als Familienangehörige anzusehen. Da der Sohn mit der Klägerin in einem Haushalt lebe, seien somit sein verfügbares Einkommen und Vermögen vor Einsetzen von Asylbewerberleistungen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes vorrangig einzusetzen. Die Bemessung des Einkommenseinsatzes richte sich ausschließlich nach dem öffentlichen Leistungsrecht. Unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sei Einkommen des Familienangehörigen nur bei Zumutbarkeit einzusetzen. Dies sei nur der Fall, wenn der Familienangehörige und seine ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen durch den Einsatz nicht selbst bedürftig würden. Dabei sei zur Ermittlung der Bedürftigkeitsgrenze auf die Rechtsvorschriften abzustellen, nach denen der Familienangehörige und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen Sozialleistungen beanspruchen könnten, falls sie selber bedürftig wären. Da der Sohn der Klägerin und seine Ehefrau über eine Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 AufenthG sowie über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügten, sei insoweit für die Bedarfsberechnung das SGB II heranzuziehen. Es sei nicht ersichtlich, dass verwertbares Vermögen i.S.v. § 12 SGB II vorhanden sei. Die Familie des Sohnes verfüge jedoch über Einkommen. Unter Berücksichtigung der Bedarfsberechnung ergebe sich für Dezember 2006 bedarfsüberschreitendes Einkommen i.H.v. 203,30 EUR; es könne erwartet werden, dass dieses Einkommen der Klägerin zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes zu Gute komme. Zwar stehe Einkommen in Höhe eines Betrages von 304,17 EUR insofern nicht zur freien Verfügung, als die Familie des Sohnes damit finanziellen Verpflichtungen für Versicherungen und aus einem Darlehensvertrag nachkomme. Da es sich hierbei jedoch um freiwillig abgeschlossene und kündbare Verträge handele, deren Kündigung auch zur vorrangigen Bestreitung des Lebensunterhaltes der Klägerin erwartet werden könne, seien die Versicherungsbeiträge sowie die Kreditrate als tatsächlich verfügbares Einkommen zu berücksichtigen.
Mit einem zweiten Widerspruchsbescheid vom 31.7.2007, gerichtet an die Bevollmächtigte der Klägerin, wies die Beklagte den Widerspruch vom 7.3.2007 gegen den Bescheid vom 21.2.2007 zurück. Bei ihrer Berechnung gelangte sie nunmehr zu einer gegenüber dem Bescheid vom 21.2.2007 zu Lasten der Klägerin (zusätzlich) zu berücksichtigenden "Einkommensüberschreitung" bei Sohn und Schwiegertochter von 323,36 EUR (Januar 2007) bzw. 226,08 EUR (Februar 2007). Von einer Rückforderung der danach entstandenen Überzahlung werde jedoch abgesehen, da ursprünglich lediglich von anzurechnendem Einkommen i.H.v. 181,69 EUR (Januar) bzw. 0,00 EUR (Februar) ausgegangen worden sei. Der Widerspruchsbescheid betreffend den Bescheid vom 21.2.2007 ist im Übrigen inhaltsgleich mit dem Widerspruchsbescheid betreffend den Bescheid vom 7.12.2006.
Bereits am 22.5.2007 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Aachen Klage erhoben mit dem Begehren, die Beklagte zu verpflichten, Unterhaltsansprüche gegen ihren Sohn lediglich nach Maßgabe des § 93 SGB XII zu berücksichtigen. Ihr Sohn sei seiner Ehefrau und dem gemeinsamen minderjährigen, noch zur Schule gehenden Kind unterhaltsverpflichtet. Im Rahmen des AsylbLG sei nicht das SGB II, sondern das SGB XII heranzuziehen. Unterhaltsansprüche würden gemäß §§ 93, 94 SGB XII nach Maßgabe der bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsvorschriften angerechnet.
Am 9.8.2007 hat die Klägerin unter Vorlage des an ihre Prozessbevollmächtigte gerichteten Widerspruchsbescheides vom 31.7.2007 ihre Klage auf das Begehren "erweitert", "den Bescheid vom 21.2.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.7.2007 aufzuheben und festzustellen, dass die Einkünfte ihres Sohnes nur analog der §§ 93 und 94 SGB XII berücksichtigt werden können". Zur Begründung hat sie ergänzend ausgeführt, dass grundsätzlich die Vorschriften des SGB XII auch im Rahmen des AsylbLG Anwendung fänden, ergebe sich insbesondere aus dem Wortlaut des § 93 SGB XII. Bei Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsvorschriften und der Düsseldorfer Tabelle verblieben ihrem Sohn keine Mittel mehr, um sie finanziell zu unterstützen.
Am 4.9.2007 hat die Klägerin die Untätigkeitsklage für erledigt erklärt. Das Sozialgericht hat daraufhin am 6.9.2007 die Klage zunächst aus seinem Verfahrensregister ausgetragen. Die Beklagte hat sich nachträglich der Erledigungserklärung der Klägerin angeschlossen.
Zwischenzeitlich stellte die Beklagte fest, dass sie die kroatische Rente mit einem zu geringen Zahlbetrag berücksichtigt hatte. Daraufhin berechnet sie nach weiteren Ermittlungen mit Bescheid vom 13.2.2008 den Leistungsanspruch der Klägerin für die Zeit von Juni 2007 bis Februar 2008 neu. Hierbei berücksichtigte sie für den gesamten Zeitraum höhere Zahlbeträge der kroatischen Rente, ferner teilweise Einkünfte des Sohnes und der Schwiegertochter der Klägerin. Für die in der Zeit von Februar bis Juni 2006 zu Unrecht nicht berücksichtigten Rentenzahlungen und die Ortsabwesenheit (Wegfall des Leistungsanspruches) werde noch ein gesonderten Rückforderungsbescheid erlassen. Ein solcher Bescheid erging in der Folgezeit jedoch nicht.
Gegen den Bescheid vom 13.2.2008 legte die Klägerin am 4.3.2008 Widerspruch ein.
Auf eine Sachstandsanfrage der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 12.2.2008 hat das Sozialgericht das dortige Klageverfahren unter neuem Aktenzeichen wieder aufgenommen und die Beteiligten informiert, die Klage richte sich nach Abschluss der Untätigkeitsklage nunmehr gegen die Anrechnung des Einkommens des Sohnes bei der Ermittlung der Leistungen für die Klägerin nach dem AsylbLG.
Die Klägerin hat daraufhin ergänzend vorgetragen, zwar habe sie gegen ihren Sohn grundsätzlich Unterhaltsansprüche gemäß §§ 1601 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). § 7 Abs. 3 AsylbLG sei jedoch zu entnehmen, dass die Beklagte einen solchen Unterhaltsanspruch nach sozialhilferechtlichen Vorschriften auf sich überleiten könne. Dies sei bisher nicht geschehen. Ohnehin ergebe sich schon bei überschlägiger Berechnung nach zivilrechtlichen Grundsätzen eine mangelnde Leistungsfähigkeit ihres Sohnes.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 21.2.2007 und unter Abänderung des Widerspruchsbescheides vom 31.7.2007 sowie aller anderen noch nicht rechtskräftigen Bescheide des Beklagten zu verpflichten, ihr Leistungen nach § 3 AsylbLG ohne Anrechnung des Einkommens der Familie des Sohnes zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.
Mit Urteil vom 18.6.2008 hat das Sozialgericht die Beklagte "unter Abänderung ihres Bescheides vom 21.2.2007 und des Widerspruchsbescheides vom 31.7.2007 und unter Abänderung aller entgegenstehenden nicht rechtskräftigen Ablehnungsbescheide bis zum 18.6.2008 verpflichtet, der Klägerin Leistungen nach § 3 AsylbLG ohne Anrechnung des Einkommens der Familie des Sohnes zu bewilligen". Dabei hat es nicht nur die Monate Januar und Februar 2007 als streitgegenständlich angesehen, sondern (zumindest) auch die Monate Juni 2007 bis Februar 2008. Der Begriff des "Familienangehörigen" i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG sei eng auszulegen und umfasse nur Ehegatten und minderjährige Kinder des Leistungsberechtigten.
Gegen das ihr am 2.10.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 3.11.2008 (Montag) Berufung eingelegt. Sie verweist weiterhin auf das Urteil des OVG NRW vom 1.3.2004 - 12 A 3543/01, auf den allgemeinen Sprachgebrauch, den Sinn und Zweck des § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG und der nachfolgenden §§ 8 und 9 AsylbLG sowie auf systematische Erwägungen. Den Gesetzesmaterialien lasse sich entnehmen, dass der Begriff des Familienangehörigen in § 7 Abs. 1 Satz 2 AsylbLG weit zu verstehen sei.
In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten den streitgegenständlichen Zeitraum einvernehmlich auf den Monat Januar 2007 beschränkt. Für die weiteren zuvor streitigen Leistungszeiträume haben sie im Wege des Vergleichs eine Neubescheidung entsprechend dem rechtskräftigen Ausgang des vorliegenden Verfahrens vereinbart; dabei haben sie dahingehend übereingestimmt, dass der Klägerin für die Zeit des Auslandsaufenthalts keine Leistungen nach dem AsylbLG zustehen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18.6.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie verweist weiterhin auf die Möglichkeit eines Vorgehens der Beklagten nach § 7 Abs. 3 AsylbLG sowie auf eine fehlende Leistungsfähigkeit ihres Sohnes nach zivilrechtlichen Unterhaltsregeln.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakte eines zwischenzeitlich zwischen den Beteiligten anhängig gewesenen Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes (S 19 AY 11/08 ER/L 20 AY 70/08 AY ER). Der Inhalt sämtlicher Akten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
A) Entsprechend der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgten Beschränkung des streitigen Zeitraums ist Gegenstand des Verfahrens nur mehr der Leistungsanspruch der Klägerin für den Monat Januar 2007, wie er durch den Bescheid vom 21.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.7.2007 geregelt wurde. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 8.1.2007, mit dem die Beklagte ursprünglich Leistungen für den Monat Januar 2007 abgelehnt hatte; dieser Bescheid wurde bereits durch Abhilfebescheid vom 20.1.2007 aufgehoben.
B) Die Berufung ist zulässig.
Insbesondere wird der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) notwendige (Mindest-) Beschwerdewert von 750,01 EUR erreicht. Dieser Wert des Beschwerdegegenstandes bemisst sich nach der sich aus der angefochtenen Entscheidung ergebenden Beschwer, deren Beseitigung die Beklagte mit ihrer Berufung erstrebt (vgl. Frehse, in: Jansen, SGG, 3. Auflage 2008, § 144 Rn. 8). Entscheidend ist insoweit nicht die Beschwer, wie sie sich im Anschluss an die zwischen den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgte Beschränkung des streitigen Zeitraumes auf Januar 2007 ergibt, sondern die Beschwer, wie sie aus dem bei Berufungseinlegung (insgesamt) von der Beklagten angefochtenen Urteil des Sozialgerichts folgte (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 144 Rn. 19 m.w.N.).
Zwar hat das Sozialgericht die Beklagte nicht zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrages verurteilt; denn es hat die Beklagte ohne nähere Bezifferung verpflichtet, "Leistungen nach § 3 AsylbLG ohne Anrechnung des Einkommens der Familie des Sohnes zu bewilligen". Hierbei handelt es sich jedoch nicht etwa um eine - unzulässige - Entscheidung über einzelne Berechnungselemente des Leistungsanspruches. Der Ausspruch des Sozialgerichts stellt vielmehr i.S.v. § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG ein Grundurteil auf Gewährung höherer Leistungen dar (zu dieser Möglichkeit vgl. BSG, Urteile vom 21.12.2009 - B 14 AS 61/08 R, Rn. 10 und vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R, Rn. 16 m.w.N.). In einem solchen Fall ist der Wert des Beschwerdegegenstandes durch Auslegung zu ermitteln (Frehse, a.a.O.; Leitherer, a.a.O., Rn. 15a). Dabei kommt es allein darauf an, wozu die Beklagte durch das angefochtene Urteil verpflichtet wurde. Dem Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung kann in Zusammenschau mit den Entscheidungsgründen die Verpflichtung der Beklagten entnommen werden, (zumindest) für die Zeiträume Januar und Februar 2007 sowie Juni 2007 bis Februar 2008 bei der Berechnung des Leistungsanspruchs der Klägerin von einer Anrechnung von Einkommen des Sohnes und der Schwiegertochter abzusehen. Aus den Entscheidungsgründen des Sozialgerichts ergeben sich danach folgende Beträge: Januar 2007 181,69 EUR, August und September 2007 jeweils 213,63 EUR, Oktober 2007 106,70 EUR, November 2007 49,57 EUR, Dezember 2007 123,28 EUR, Januar und Februar 2008 jeweils 213,63 EUR. Die Summe dieser Beträge überschreitet mit 1.315,76 EUR den Mindestbeschwerdewert für die Berufung.
C) Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, der Klägerin für den Monat Januar 2007 höhere Leistungen ohne Anrechnung des Einkommens der Familie ihres Sohnes zu gewähren.
I) Die Klage ist zulässig. Insbesondere war der Rechtsstreit im Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts dort noch anhängig, so dass eine Sachentscheidung ergehen konnte. Die erforderlichen Sachurteilsvoraussetzungen lagen vor. Denn die Klägerin hat jedenfalls seit dem innerhalb der Klagefrist beim Sozialgericht eingegangenen Schriftsatz vom 9.8.2007 durchgängig deutlich gemacht, dass sie gegen die Entscheidung der Beklagten im Bescheid vom 21.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.7.2007 vorgehen wollte.
Deswegen kann dahin stehen, ob es sich bei der ursprünglich am 22.5.2007 erhobenen Klage um eine - am 4.9.2007 für erledigt erklärte - Untätigkeitsklage handelte oder um eine zunächst mangels Vorverfahrens noch unzulässige und mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 31.7.2007 (erst) nachträglich zulässig gewordene Klage in der Hauptsache. Dass das Sozialgericht die Sache zunächst als erledigt ausgetragen hatte, stand einer Sachentscheidung ebenfalls nicht entgegen. Denn dies stellte lediglich eine unzutreffende aktentechnische Behandlung dar.
II) Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid vom 21.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.7.2007 ist rechtswidrig und die Klägerin deswegen i.S.v. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin gegenüber der Beklagten für den Monat Januar 2007 ein höherer Leistungsanspruch als die gewährten 92,61 EUR zusteht.
1) Die grundsätzliche Berechtigung der Klägerin zum Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG. Denn sie verfügte im Januar 2007 über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Umstände, die gegen eine Leistungsberechtigung der Klägerin nach dem AsylbLG sprechen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere begann der - leistungsschädliche (vgl. § 1 Abs. 1 AsylbLG: "die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten") - Auslandsaufenthalt der Klägerin erst im Mai 2007 und damit später als der im vorliegenden Verfahrens streitige Zeitraum.
Die örtliche Zuständigkeit der Beklagten für die Leistungserbringung an die Klägerin beruht auf § 10a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG.
2) Die Beklagte hat bei der Berechnung des Leistungsanspruches der Klägerin zu Unrecht die Einkünfte ihres Sohnes und seiner Ehefrau berücksichtigt (dazu a), woraus sich ein höherer Leistungsanspruch der Klägerin ergibt (dazu b).
a) Eine gesetzliche Berechtigung der Beklagten, bei der Bemessung der Leistungen für die Klägerin Einkünfte des Sohnes seiner Ehefrau leistungsmindernd zu berücksichtigen, besteht nicht. Die von der Beklagten insoweit herangezogene Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG gestattet eine solche Berücksichtigung gerade nicht.
aa) Zwar lebten die Klägerin, ihr Sohn, die Schwiegertochter und die Enkelin im streitigen Zeitraum i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG "im selben Haushalt”. Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin und die Familie ihres Sohnes seinerzeit in der gemeinsamen Wohnung zudem "aus einem Topf" wirtschafteten und damit sogar eine Haushaltsgemeinschaft bildeten. Angesichts dessen kann von vornherein offen bleiben, ob für ein Leben "im selben Haushalt" schon ein (nur) räumlich-funktionelles Zusammenleben ausreichen würde (dazu Hohm, in: GK-AsylbLG, § 7 Rn. 65 f.).
bb) Denn der Begriff des "Familienangehörigen" in § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG ist nach Ansicht des Senats eng auszulegen; hierzu zählt nur die sog. Kernfamilie des Leistungsberechtigten, also der Ehegatte bzw. eingetragene Lebenspartner sowie die minderjährigen Kinder.
(1) Der Beklagten ist allerdings zuzugeben, dass der Begriff des "Familienangehörigen" nach allgemeinem Sprachverständnis auch auf die "Großfamilie” bezogen werden kann (vgl. Hohm, a.a.O., Rn. 51). Dieses allgemeine Sprachverständnis ist jedoch für die Auslegung im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG nicht maßgebend. Der Senat hat bereits im Beschluss vom 21.9.2010 - L 20 B 50/09 AY ER im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes die Auffassung vertreten, dass die Norm allein die Kernfamilie erfasst. Die Gründe hierfür hat er dabei insbesondere in der Entstehungsgeschichte des AsylbLG gesehen:
Das seit dem 1.11.1993 geltende AsylbLG löste in seinem Anwendungsbereich das zuvor für diesen Personenkreis geltende Leistungsregime des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) ab. Dort waren (in der Neufassung vom 10.1.1991, BGBl. I, S. 94, 113 f.) Leistungsansprüche von Ausländern in § 120 BSHG geregelt. Für diese Ansprüche aber war der im Rahmen des BSHG zugrunde gelegte Familienbegriff maßgebend: § 120 BSHG war seit 1982 in seinen Grundzügen unverändert geblieben. § 11 Abs. 1 BSHG in der bis zum 31.10.1993 geltenden Fassung nahm eine "Einsatzgemeinschaft" allein zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern an. Für Leistungen nach § 120 BSHG gab es insoweit keine Sonderregelung; vielmehr erhielt auch der Personenkreis der Ausländer nach § 120 Abs. 1 Satz 1 BSHG Hilfe zum Lebensunterhalt nach Maßgabe der §§ 11 ff. BSHG.
Mit Schaffung des AsylbLG wurde zwar der Kreis der nach § 1 AsylbLG Leistungsberechtigten aus dem Anwendungsbereich des § 120 BSHG herausgenommen und seither dem neuen Leistungsregime des AsylbLG unterworfen. Dabei wurde jedoch die Systematik eines bedarfsorientierten Grundsicherungssystems beibehalten. Denn Ziel des AsylbLG war zwar eine Neuregelung der Leistungen für Ausländer, welche zuvor Sozialhilfeleistungen nach dem BSHG erhalten hatten, wobei das Leistungsniveau für bestimmte Ausländergruppen auf das Niveau unterhalb desjenigen nach dem BSHG abgesenkt wurde. Ein Wille des Gesetzgebers, nunmehr vom bisherigen sozialhilferechtlichen System der Einsatzgemeinschaft abzuweichen, ist jedoch nicht erkennbar. Diese sozialhilferechtliche Einsatzgemeinschaft umfasste aber schon nach dem BSHG - wie auch heute nach dem SGB XII (§ 19 Abs. 3) - allein Ehegatten bzw. Lebenspartner und minderjährige Kinder der Leistungsberechtigten. Volljährige Kinder oder sonstige Verwandte gehören hingegen nicht zu dieser Einsatzgemeinschaft.
Hätte der Gesetzgeber den Willen gehabt, im AsylbLG diese Einsatzgemeinschaft über den bereits aus dem BSHG überkommenen Rahmen hinaus auf Familienmitglieder außerhalb der "Kernfamilie" auszuweiten, so hätte im Rahmen der nach dem 1.11.1993 vorgenommenen Änderungen des AsylbLG mehrfach Gelegenheit bestanden, dies durch Neufassung des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG klarzustellen. Dass eine Neufassung gerade nicht erfolgt ist, zeigt, dass es bei dem schon aus dem BSHG überkommenen engen Familienbegriff bleiben sollte. Dies gilt umso mehr, als die Verpflichtung Dritter zum Aufbrauch von Einkommen oder Vermögen in den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) eingreift und daher einer eindeutigen gesetzlichen Festlegung bedarf (Hohm, a.a.O., Rn. 48 und Rn. 60/61).
Für eine enge Auslegung des Familienbegriffs in § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG spricht im Übrigen auch, dass Einkommen in § 7 Abs. 2 AsylbLG nur in einem sehr geringen Maße freigestellt wird. Eine Rechtfertigung dafür, nicht zur Kernfamilie gehörende Familienangehörige eines nach dem AsylbLG Leistungsberechtigten wirtschaftlich in einem weiteren Umfang in die Pflicht zu nehmen als in anderen gesetzlichen Grundleistungsregimes, ist jedenfalls dann nicht erkennbar, wenn dieses Familienmitglied (wie der Sohn der Klägerin) seinen Lebensunterhalt allein aus Erwerbseinkommen bestreitet und keiner ergänzenden Sozialleistungen bedarf.
(2) An dieser Lesart des Begriffes des "Familienangehörigen" i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG, die im Übrigen in der Literatur nahezu einhellig geteilt wird (vgl. Hohm, a.a.O., Rn. 48-62; ders., in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2010, § 7 AsylbLG Rn. 13; Schmidt, in: jurisPK-AsylbLG, § 7 Rn. 25; Decker, in: Oestreicher, SGB II / SGB XII mit AsylbLG, § 7 AsylbLG Rn. 19-22; Herbst, in: Mergler/Zink, SGB XII und AsylbLG, § 7 AsylbLG Rn. 17-21; Fasselt, in: Fichtner/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, 3. Auflage 2005, § 7 Rn. 6; Birk, in: LPK-SBG XII, 8. Auflage 2008, § 7 Rz. 3; unklar Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auflage 2010, § 7 Rz. 13 - sämtlich m.w.N.), und die mit weiten Teilen der Rechtsprechung übereinstimmt (vgl. Landessozialgericht [LSG] Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19.6.2007 - L 11 AY 80/06; Verwaltungsgericht [VG] München, Urteil vom 23.2.2001 - M 6a K 00.5157; VG Göttingen, Urteil vom 24.3.2004 - 2 A 220/03; Sozialgericht [SG] Aachen, Urteil vom 13.1.2010 - S 19 AY 11/09; SG Dortmund, Beschluss vom 05.09.2008 - S 47 AY 191/08 ER; weitere Nachweise zur Rechtsprechung bei Hohm, a.a.O., § 7 Rn. 49), hält der Senat weiterhin fest.
Neben den bereits genannten Gründen spricht für diese Lesart eine Konkordanz zur Auslegung des Begriffs "Familienangehöriger” an anderen Stellen des AsylbLG. Sowohl die gesetzliche Formulierung in § 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG als auch in § 1a AsylbLG legen ein einheitliches Verständnis desselben Begriffs nahe. Die zum 1.1.2005 erfolgte Ergänzung des § 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG um den Begriff des Lebenspartners trug lediglich dem Lebenspartnerschaftgesetz Rechnung, stellte jedoch keine substantielle Änderung dar (vgl. Hohm, a.a.O., Rn. 54/55 m.w.N.; VG München, a.a.O., Rn. 23).
Die für die Gegenansicht (vgl. OVG NRW, Urteil vom 1.3.2004 - 12 A 3543/01; Hessischer Verwaltungsgerichtshof [Hess. VGH], Beschluss vom 7.9.2004 - 10 UE 600/04; VG Hamburg Beschluss vom 13.10.1998 - 8 VG 3451/98; VG Braunschweig, Beschluss vom 30.3.1998 - 3 B 3071/98 [zumindest volljährige Kinder]) vorgetragenen Gründe hält der Senat nicht für überzeugend:
Zwar ist insoweit zuzugeben, dass sowohl im Hinblick auf den Wortlaut der Regelung als auch in systematischer Hinsicht (Verweisungen innerhalb der jeweiligen Fassungen des AsylbLG) nicht nur Anhaltspunkte für, sondern auch gegen ein enges Begriffsverständnis gefunden werden können (vgl. insbes. OVG NRW, a.a.O., Rn. 42 ff.). Die enge Lesart trägt jedoch eher einem einheitlichen und damit widerspruchsfreien Verständnis des "Familienangehörigen" innerhalb des AsylbLG Rechnung und erscheint daher vorzugswürdig. Zudem ist der "allgemeine Sprachgebrauch” (OVG NRW, a.a.O., Rn. 44-55 und Rn. 77) insbesondere mit Blick auf die Rechtfertigung eines Eingriffs in Art. 14 Abs. 1 GG - jedenfalls im Rahmen der vorliegenden Fragestellung - kein taugliches Kriterium. Denn schon die divergierenden gerichtlichen Entscheidungen zu § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG belegen, dass gerade ein "allgemeiner" Sprachgebrauch zum Begriff des "Familienangehörigen” keinen näheren Anhalt bieten kann; der Rückgriff auf einen nur vermeintlich allgemeinen Sprachgebrauch trägt jedoch keine Begründung in sich. Darüber hinaus wird der Begriff im rechtlichen Kontext ohnehin in verschiedenen Bereichen jeweils unterschiedlich gebraucht (vgl. SG Aachen, Urteil vom 13.1.2010, a.a.O., Rn. 19).
Ebensowenig überzeugt ein weites Verständnis des "Familienangehörigen" unter Hinweis auf den Sinn und Zweck des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG, den Nachrang der Leistungen des AsylbLG gegenüber bestimmten Leistungsverpflichtungen Dritter zu regeln (so OVG NRW, a.a.O., Rn. 60 ff.; Hess. VGH, a.a.O., Rn. 22 m.w.N.). Das AsylbLG enthält mit seinem § 7 Abs. 3 bereits eine den Nachrang gegenüber Ansprüchen gegen Dritte (außerhalb der Kernfamilie) sichernde Regelung. Bei einer weiten Lesart des Familienbegriffs in § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG verbliebe für die Vorschrift des § 7 Abs. 3 AsylbLG jedoch kaum ein realistischer Anwendungsbereich.
Für eine weite Auslegung des Begriffs des "Familienangehörigen" i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG spricht auch nicht etwa der Umstand, dass für eine Vermutung der Bedarfsdeckung nach § 39 SGB XII (früher: § 16 BSHG, bzw. § 36 SGB XII in der bis zum 31.12.2010 gültigen Fassung) im Bereich der Sozialhilfe nach dem Dritten Kapitel des SGB XII nicht einmal (mehr) verwandtschaftliche Beziehungen erforderlich sind. Keineswegs werden Leistungsberechtigte nach § 3 AsylbLG hierdurch gegenüber solchen nach dem SGB XII bzw. Analogleistungsberechtigten nach § 2 AsylbLG in ungerechtfertigter Weise bevorzugt (so aber OVG NRW, a.a.O., Rn. 71 ff.). Durch die formale Loslösung des AsylbLG vom Recht der Sozialhilfe hat der Gesetzgeber vielmehr zu erkennen gegeben, dass es sich bei Berechtigten nach dem AsylbLG und solchen nach dem SGB XII aus seiner Sicht um (wesentlich) unterschiedliche Personenkreise handelt, für die auch unterschiedliche Regelungen gelten können. Wenn er die ergänzende Anwendung von Vorschriften des SGB XII für angezeigt hielt, hat er dies jeweils angeordnet (vgl. z.B. §§ 7 Abs. 1 Satz 2, 2 Abs. 1, 9 Abs. 4 AsylbLG). Es schadete insoweit nicht, wenn eine der getroffenen Regelungen des Gesamtsystems - also hier § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG - günstige Auswirkungen im Vergleich zum Regelungssystem der Sozialhilfe hätte. Dies gilt umso mehr, als der Umfang der Leistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG von vornherein deutlich unter demjenigen nach dem SGB XII bzw. nach § 2 AsylbLG liegt; zudem wird - wie bereits erwähnt - grundsätzlich einsatzpflichtiges Einkommen Dritter im Rahmen von § 7 Abs. 2 AsylbLG in deutlich geringerem Maße verschont als im Rahmen des SGB XII. Die Gegenansicht übersieht ohnedies, dass § 39 SGB XII lediglich eine - relativ leicht widerlegbare - Vermutung aufstellt; § 39 SGB XII ist damit hinsichtlich einer Einstandspflicht deutlich günstiger gestaltet als die - zwingende - Einstandsregel des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG. Dass ein enger Familienbegriff in § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG zwangsläufig zu einer Schlechterstellung des nach dem SGB XII berechtigten Personenkreises führe, trifft deshalb ohnehin nicht zu.
Ein weiter Begriff des "Familienangehörigen" in § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG ließe sich schließlich auch mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09) nicht vereinbaren. Dieses Grundrecht ist durch einen gesetzlichen Anspruch sicherzustellen. Ein Hilfebedürftiger darf nicht auf freiwillige Leistungen des Staates oder Dritter verwiesen werden, deren Erbringung nicht durch ein subjektives Recht des Hilfebedürftigen gesichert ist; die verfassungsrechtliche Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums muss durch ein Parlamentsgesetz erfolgen, das einen konkreten Leistungsanspruch des Bürgers gegenüber dem zuständigen Leistungsträger enthält (BVerfG, a.a.O., Rn. 136). Ist ein Angehöriger wie der Sohn der Klägerin ggf. nach den unterhaltsrechtlichen Maßgaben des BGB mangels eigener Leistungsfähigkeit gar nicht durchsetzbar zum Unterhalt verpflichtet, wäre eine Leistungsbedürftige in der Situation der Klägerin bei einem weite Verständnis des Familienangehörigen im Rahmen von § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG jedoch darauf verwiesen, auf einen gleichwohl freiwilligen Unterhalt durch den Angehörigen, etwa durch Bilden einer "Notgemeinschaft", zu hoffen. Ist auch diesem Grund ein enges Begriffsverständnis vorzuziehen, so muss der Senat im konkreten Fall der Klägerin eine etwa fehlende Leistungsfähigkeit des Sohnes und seiner Familie nach Maßgabe der unterhaltsrechtlichen Vorschriften des BGB nicht näher klären (wenn dieses Fehlen bei den bekannten Bruttoerwerbseinkünften der Eheleute im Januar 2007 von 2.275,54 EUR und 249,27 EUR auch durchaus naheliegt).
b) Unter Berücksichtigung der Ausführungen zu a) ist es nicht zu beanstanden, dass das Sozialgericht die Beklagte für den Monat Januar 2007 dem Grunde nach zur Gewährung höherer Leistungen an die Klägerin ohne Anrechnung von Einkommen der Familie ihres Sohnes verurteilt hat. Die Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG liegen insoweit vor (vgl. zu den Anforderungen an ein Grundurteil auch BSG, Urteil vom 21.12.2009 - B 14 AS 61/08 R, Rn. 10 m.w.N.). Denn wegen der rechtswidrigen Berücksichtigung von Einkommen der Familie des Sohnes steht fest, dass der Klägerin für den genannten Monat höhere Leistungen zustanden, als ihr die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden bewilligt hat:
Mit dem Bescheid vom 21.2.20007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.7.2007 wurde für Januar 2007 ein Leistungsanspruch i.H.v. 92,61 EUR zuerkannt. Der Bedarf der Klägerin für diesen Monat belief sich auf 377,40 EUR (Grundleistung nach § 3 Abs. 1 und 2 AsylbLG 199,40 EUR zzgl. kopfteilige Kosten für Unterkunft und Heizung [1/4 von 712,00 EUR =] 178,00 EUR). Hiervon sind lediglich die im Januar 2007 tatsächlich zugeflossenen Rentenbeträge in Abzug zu bringen (kroatische Rentenversicherung 109,87 EUR, DRV 52,66 EUR). Der sich danach ergebende Leistungsanspruch übersteigt mit (377,40./. 109,87./. 52,66 EUR =) 214,87 EUR den zuerkannten Betrag von 92,61 EUR um 122,26 EUR.
c) Ob sich darüber hinaus ein noch höherer Leistungsanspruch für die Klägerin ergeben könnte, weil die von ihr bezogenen Leistungen nach § 3 AsylbLG verfassungswidrig zu niedrig bemessen sind (vgl. hierzu Vorlagebeschlüsse des Senats i.S.v. Art. 100 Abs. 1 GG vom 26.07.2010 - L 20 AY 13/09 sowie vom 22.11.2010 - L 20 AY 1/09; hierzu anhängig BVerfG 1 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11), kann offen bleiben, da allein die Beklagte das Urteil des Sozialgerichts mit der Berufung angefochten hat.
D) Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Der danach bei der Klägerin verbleibende Anteil der Kostenlast von einem Sechstel ergibt sich aus dem Fehlen jeglichen Leistungsanspruchs nach dem AsylbLG während ihres Auslandsaufenthalts von Mai bis August 2007; die Beteiligten haben diesen Umstand bei dem von ihnen in der mündlichen Verhandlung geschlossenen Teilvergleich berücksichtigt.
E) Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Zum Begriff des "Familienangehörigen" i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG liegt höchstrichterliche Rechtsprechung nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved