Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 100/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 29/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.02.2009 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin, eine gesetzliche Krankenkasse, begehrt von dem Beklagten Schadensersatz.
Der 1941 geborene Beklagte wurde 1972 zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen und war in E als Vertragszahnarzt tätig.
Das Landgericht (LG) E verurteilte ihn wegen gewerbs- und bandenmäßigem Betruges in 41 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (Urteil vom 28.07.2008 - xxx -).
Der Zulassungsausschuss für Zahnärzte für den Bezirk Nordrhein entzog dem Beklagten mit Beschluss vom 19.07.2004 die vertragszahnärztliche Zulassung; der Berufungsausschuss bestätigte diese Maßnahme mit Beschluss vom 17.03.2005. Auch die Klage vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg blieb ohne Erfolg (Urteil des SG vom 28.09.2007 - S 19 KA 19/05 -). Das Berufungsverfahren (Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) - L 11 KA 66/07 -) erklärten die Beteiligten in der Hauptsache einvernehmlich für erledigt, nachdem der Kläger auf seine Zulassung zum 30.09.2008 verzichtet hatte.
Hintergrund dieser Verfahren war: Der Beklagte hatte für seine Praxis von der Fa. H / P Dental Handelsgesellschaft mbH (Fa. H) in den Jahren 1999 bis 2002 Zahnersatz bezogen. Diese Firma ließ Zahnersatz im Ausland, überwiegend in Asien, fertigen, in dem die Herstellungskosten weit unter deutschem Niveau lagen. Die Fa. H stellte den Vertragszahnärzten die Leistungen entsprechend den in Deutschland üblichen Preisen in Rechnung, die diese dann zu diesen Preisen u.a. über die Kassenzahnärztliche Vereinigung Nordrhein (KZV-No) abrechneten. Zwischen den jeweiligen Vertragszahnärzten und der Fa. H kam ein von dieser entwickeltes Rabattsystem zur Anwendung, nach dem die Vertragszahnärzte von der Fa. H entsprechend derer Tarifbedingungen Rabattzahlungen, sog. "Kickback-Zahlungen", in Höhe von (i.H.v.) bis zu 30 % erhielten, die sich u.a. aus der Differenz zwischen tatsächlichen Herstellungskosten und abgerechneten Kosten berechneten. Die Rückerstattungen an die Vertragszahnärzte, die diese für sich einbehielten, erfolgten in der Regel per Post oder in Form von Barzahlung durch Mitarbeiter von der Fa. H.
Im Rahmen der gegen die Mitarbeiter der Fa. H geführten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen (Staatsanwaltschaft X - xxx -) wurde u.a. eine Datenbank sichergestellt, nach der auch der Beklagte Rabattzahlungen von der Fa. H erhalten hatte. Dies bestätigte u.a. der Geschäftsführer der Fa. H, N, bei seiner Aussage vor dem Amtsgericht (AG) Essen (- 44 Gs 1867/03 -) am 22.10.2003. Er gab an, dass an den Beklagten bis Oktober 2002 Rabatte i.H.v. 60.657,69 EUR ausgezahlt worden seien. Der Beklagte bestätigte u.a. bei seiner der Vernehmung vor der Kreispolizeibehörde F am 10.02.2004 und seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht E - 80 Js 195/04 - am 24.09.2007 den Erhalt von "Kickback-Zahlungen".
Aufgrund dieser Vorgänge berühmt sich die Klägerin eigener Schadenersatzansprüche gegen den Beklagten: Die KZV-No habe für den Beklagten einen Gesamt-Kickback i.H.v. 52.822,69 EUR ermittelt, von dem ein Anteil i.H.v. 10.192,93 EUR auf sie, die Klägerin, entfalle. Dieser Anteil sei von der KZV-No eingezogen und an sie ausgezahlt worden. Ihr sei jedoch ein weitergehender, über die KZV-No nicht ausgeglichener Schaden entstanden, nämlich der auf die bei der Fa. H handelnden Personen entfallende "Gewinnanteil", der sich einschließlich eines bis zum 31.03.2006 entstandenen Zinsschadens auf 6.132,55 EUR belaufe.
Mit Schreiben vom 27.04.2006 und 24.05.2006 forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung dieses Schadensbetrages auf. Mit Schreiben vom 01.06.2006, bei der Klägerin am 02.06.2006 eingegangen, wies der Beklagte die Forderung als unberechtigt zurück.
Der daraufhin von der Klägerin am 10.08.2006 beim AG Hagen beantragte Mahnbescheid vom 15.08.2006 ist dem Beklagten am 21.08.2006 zugestellt worden. Nach dessen Widerspruch am 30.08.2006 hat das AG die Klägerin unter dem 31.08.2006 zur Zahlung der Kosten für die Durchführung des streitigen Verfahrens unter Hinweis darauf aufgefordert, dass die Zahlung als Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens angesehen würde. Die unter dem 31.08.2006 angeforderten Kosten sind am 26.09.2006 eingegangen; unter dem gleichen Datum ist das Verfahren an das LG E - 10 O 386/06 - abgegeben worden.
Das LG hat sich in der Folgezeit für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit mit Beschluss vom 25.07.2007 an das SG Düsseldorf verwiesen.
Die Klägerin hat zur Begründung der Klage vorgetragen: Der Beklagte habe nach § 830 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Schadensersatz in Höhe des "Gewinnanteils" zu leisten. Die Rechnung für die zahntechnischen Leistungen werde von der KZV nach Prüfung auf Richtigkeit und Vollständigkeit der Belege an die Krankenkassen weitergeleitet. Diese überwiesen daraufhin den Rechnungsbetrag an die KZV, die dann wiederum mit dem Vertragszahnarzt abrechne. Bei korrektem Abrechnungsverhalten des Beklagten hätte sie nur die Preise nach dem Tarifmodell "Standard" der Fa. H zahlen müssen, bei dem der Preis für die Prothetik bis zu 53 % unter den deutschen Höchstpreisen nach dem Bundeseinheitlichen Leistungsverzeichnis für zahntechnische Leistungen (BEL II) gelegen habe. Stattdessen habe sie aufgrund des kollusiven Zusammenwirkens des Beklagten mit den Verantwortlichen der Fa. H die überhöhten Preise nach dem sog. "Komforttarif" bezahlt, bei dem die Leistungen zum nach dem BEL II abrechnungsfähigen Höchstpreis berechnet worden seien. Die Leistungen beider Tarife seien vollständig gleich gewesen, der "Komforttarif" habe lediglich der Täuschung gedient. Damit ergebe sich ihre Forderung aus der Differenz von BEL II-Gesamtbetrag und Standard-Gesamtbetrag zzgl. der auf die Differenz entfallenden Mehrwertsteuer unter Abzug der von der KZV-No eingezogenen Erstattung. Auf der Grundlage der überreichten Heil- und Kostenpläne, Auftragsbestätigungen und Rechnungen der Fa. H und des auf den einzelnen, namentlich benannten Versicherten entfallenden Schadensbetrags errechne sich unter Berücksichtigung eines Zinsschadens eine Gesamtforderung i.H.v. 6.132,55 EUR. Der Zinsschaden sei durch die überhöhten Auszahlungen an den Beklagten in Form eines entgangenen Gewinns aus Anlagezins oder in Form der Zahlung entsprechender Kreditzinsen entstanden und berechne sich für die Zeit von Oktober 1999 bis April 2006 auf 718,10 EUR. Zudem seien ihr neben vorgerichtlicher Mahnkosten i.H.v. 20,00 EUR die vorprozessualen Kosten ihres Bevollmächtigten i.H.v. 294,35 EUR zu erstatten; dessen Kosten würden nur zu einem halben Anteil auf die Anwaltsgebühren des nachfolgenden Rechtsstreits angerechnet.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 6.132,55 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.04.2006 zzgl. 294,35 EUR vorgerichtlicher nicht anrechenbarer Anwaltsvergütung und 20,00 EUR vorgerichtlicher Mahnkosten zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise durch Vernehmung des Zeugen L Beweis zu erheben über den Inhalt der Gespräche betreffend der Unterschiede zwischen den Tarifen "Standard" und "Komfort".
Er hat vorgetragen: Die Klägerin habe keinen weiteren Schaden erlitten. Die Wahl des Komforttarifs sei nicht pflicht- oder rechtswidrig gewesen. Er habe den - dem BEL-II-Liste entsprechenden - Tarif im Heil- und Kostenplan angegeben. Die Klägerin habe in allen Fällen die geschätzten Material- und Laborkosten auf dieser Grundlage genehmigt. Ein Zahnarzt sei nicht verpflichtet, ein günstiges Labor oder den billigsten Tarif auszuwählen. Er sei lediglich gesamtvertraglich verpflichtet, Preisnachlässe an die Krankenkasse abzuführen. Allein auf diesem Pflichtverstoß habe das Strafverfahren gegen ihn beruht. Der Schaden sei nur durch den Pflichtverstoß entstanden und vollständig ausgeglichen. Er habe die entsprechenden Berechnungen der KZV gebilligt und diese als Treuhänderin für den Erhalt der Wiedergutmachungsbeträge genutzt. Es widerspreche Treu und Glauben, wenn die Klägerin nunmehr von einer anderen Schadenshöhe ausgehe, setze sie sich zu ihrem eigenen vorangegangenen Tun in Widerspruch. Im Übrigen gehe die Klägerin unzutreffend davon aus, dass die nach dem Standardtarif einerseits und dem Komforttarif andererseits gleichwertige Produkte angeboten worden seien. Die Firma H habe vielmehr mit zwei Produktlinien - einer günstigen und einer höherwertigen - gehandelt. Das "Komfort"-Modell sei dem "Standard"-Modell qualitativ und ästhetisch überlegen gewesen und habe im Gegensatz zu dem günstigeren Zahnersatz einer Endkontrolle deutscher Zahntechniker in Deutschland unterlegen, weshalb bei diesem Produkt auch eine dreimal längere Garantie habe gegeben werden können. Die Produkte seien auch ganz unterschiedlich beworben worden. Es sei ausdrücklich erklärt worden, dass durch die gesteigerte Betreuung und Kontrolle eine verbesserte Qualität im Komforttarif erreicht werden könne, die auch höchsten Ansprüchen genüge. Er sei deshalb von einer besseren Qualität ausgegangen. Als zusätzlicher Anreiz habe bei dem "Komfort"-Modell eine Umsatzbeteiligung ausgeschüttet werden können. Das "Standard"-Modell sei so knapp kalkuliert worden, dass dies nicht möglich gewesen sei. Die Bestellungen im Komforttarif sei nicht in betrügerischer Absicht erfolgt, sondern aus den "genannten medizinischen" Vorteilen. Auch der Tatbestand der Untreue scheide aus, da Zahnärzte bei Erbringung zahnärztlicher Leistungen nicht als Vertreter der Krankenkassen, sondern aufgrund einer vorher erteilten Genehmigung handelten; ihnen fehle daher die "Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen". Unabhängig davon gebe es keine im öffentlichen Recht fußende Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch. Selbst wenn Ansprüche entstanden sein sollten, seien diese jedenfalls verjährt, da die Verbände der Gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen den Sachverhalt um die Firma H bereits am 02.08.2001 zur Anzeige gebracht hätten. Spätestens 2002 im Zusammenhang mit den stattsanwaltlichen Ermittlungen und der öffentlichen Berichtserstattung wäre es ein Leichtes gewesen, die mit der Fa. H zusammenarbeitenden Zahnärzte sowie die Rechnungen zu ermitteln, die nachfolgend zur Rückerstattung geführt haben. Die Zinsforderung sei im Übrigen überhöht. Insbesondere könnten Verzugszinsen auf Zinsen nicht verlangt werden.
Das SG Düsseldorf hat der Klage mit Urteil vom 25.02.2009 stattgegeben: Die Klägerin sei unmittelbar aktivlegitimiert, einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten geltend zu machen, ohne dass zuvor die Prüfgremien der gemeinsamen Selbstverwaltung einen entsprechenden Schaden festzustellen hätten. Den Prüfungseinrichtungen sei die Kompetenz zur Feststellung von "sonstigen Schäden" nur innerhalb des Rechtszwecks der Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgung der Kranken zugewiesen worden. Vorliegend gehe es aber um einen Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung, der auf §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 Strafgesetzbuch (StGB), 830 BGB i.V.m. § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V beruhe. Deren Tatbestandsvoraussetzungen seien erfüllt; der Beklagte habe sich wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges strafbar gemacht und sei als Mittäter einer gemeinschaftlich begangenen unerlaubten Handlung für den gesamten Schaden verantwortlich. Der der Höhe nach unbestrittene Schaden ergebe sich aus der Wertdifferenz zwischen der tatsächlichen, durch das schädigende Ereignis (mit-)geschaffenen und der hypothetischen Vermögenslage, die bestünde, wenn das schädigende Ereignis hinweg gedacht werde. Bei rechtmäßigem Abrechnungsverhalten des Beklagten wären sowohl die ihm zugeflossenen "Kickback"-Rabatte als auch die Gewinnanteile für die Verantwortlichen der Fa. H nicht entstanden. Der Anspruch der Klägerin sei auch nicht verjährt. Positive Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Beklagten habe die Klägerin erst nach Eingang der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte bei ihr am 16.12.2003 erhalten. Die damit zum Ende des Jahres 2003 beginnende Verjährung sei vor Ablauf des Jahres 2006 durch Zustellung des Mahnbescheides an den Beklagten gehemmt worden. Da das Verfahren durchgängig betrieben worden sei, habe die Hemmung fortgedauert.
Mit seiner gegen das am 08.04.2009 zugestellte Urteil am 08.05.2009 eingelegten Berufung hat der Beklagte unter Bezugnahme auf seine erstinstanzlichen Ausführungen vorgetragen, für die Begründetheit der Leistungsklage fehle es bereits an einer entsprechenden Rechtsbeziehung zwischen der klagenden Krankenkasse und ihm - dem beklagten Vertragszahnarzt - im zugrunde liegenden System des Vertragszahnarztrechts. Für den Vorwurf der Klägerin, nicht den wirtschaftlich günstigeren und nach ihrer Auffassung qualitativ gleichwertigen Standardtarif ausgewählt und damit unwirtschaftlich gehandelt zu haben, sei für diesen Fall ein gesondertes Verfahren vorgesehen und ein Rückgriff auf die Vorschriften des BGB damit unzulässig. Soweit das SG auf die Bindungswirkung des Urteils des LG E vom 28.08.2006 abstelle, sei der Vorwurf nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen, so dass eine Bindungswirkung hinsichtlich der Feststellung des weiteren Schadens nicht bestehe. Der Zeuge L könne bestätigen, dass der er aufgrund der geführten Gespräche davon ausgehen habe müssen, dass der Komforttarif mit einer besseren Qualität verbunden und dies Beweggrund seiner Tarifwahl gewesen sei. Daran könne sich auch nichts ändern, wenn tatsächlich die verschiedenen Produkte qualitativ gleich gewesen sein sollten.
Nachdem die Klägerin ihre Forderung hinsichtlich der Zahlung von Verzugszinsen auf 704,10 EUR und von Prozesszinsen für die Zeit ab 26.05.2006 beschränkt hat, beantragt der Beklagte,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.02.2009 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsvorgänge der Klägerin und die Akten des SG Duisburg - S 19 KA 19/05 = L 11 KA 66/07 LSG NRW - und die Akten der Staatsanwaltschaft X - xxx - Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Schadensersatz in nach Rücknahme der Klage hinsichtlich des überschießenden Teils der Verzugszinsen geltend gemachter Höhe. Der Senat nimmt Bezug auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und führt ergänzend aus:
1. Die Entscheidungszuständigkeit des Senats ist sowohl in Bezug auf den Rechtsweg als auch in Bezug auf die Spruchkörperzuständigkeit gegeben.
Nach § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz obliegt dem Senat, der über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht die Prüfung, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.
Der erkennende Senat ist zuständig. Es handelt sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts (§ 31 Abs. 2 SGG), für die der 11. Senat nach dem Geschäftsverteilungsplan des LSG NRW in Berufungsverfahren ausschließlich zuständig ist.
§§ 10 Abs. 2, 31 Abs. 2 SGG begründen eine Sonderzuständigkeit für Streitigkeiten, die materiell dem Krankenversicherungsrecht zuzuordnen sind, aber die besonderen Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten betreffen (Senat, Beschlüsse vom 27.06.2006 - L 11 B 30/06 KA ER - und vom 09.02.2011 - L 11 KA 91/10 B ER -, Urteile vom 11.11.2009 - L 11 KA 101/06 -, vom 27.10. 2010 - L 11 (10) KA 14/07 - und vom 11.05.2011 - L 11 KA 84/06 - und - L 11 KA 23/11 -). Unter diese Streitigkeiten fällt der vorliegende Rechtsstreit. Das ergibt sich bereits daraus, dass eine gesetzliche Krankenkasse und ein Vertragszahnarzt Hauptbeteiligte des Rechtsstreit sind, aber auch aus der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch im Kern hergeleitet wird (vgl. BSG, Urteil vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R - m.w.N.). Die klagende Krankenkasse stützt ihren Anspruch zwar auf deliktisches Schadensersatzrecht i.S.d. §§ 823 Abs. 2, 830 BGB, diese Vorschriften finden aber über § 69 Abs. 1 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) entsprechende Anwendung.
2. Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
Die Klägerin hat sowohl nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB als auch nach § 830 BGB gegen den Beklagten Anspruch auf Schadensersatz.
a) Nach § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V gelten für die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und ihren Verbänden zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten und sonstigen Leistungserbringern im Übrigen die Vorschriften des BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach dem 4. Kapitel des SGB V vereinbar sind. Das bedeutet, dass den Regelungen des SGB V der Vorrang zukommt und die Vorschriften des BGB nur dann ergänzend herangezogen werden können, wenn die genannten Rechtsbeziehungen nicht abschließend im SGB V geregelt sind (BSG, Urteile vom 28.09.2005 - B 6 KA 71 /04 R - und vom 29.11.2006 - B 6 KA 21/06 R -). Das ist vorliegend nicht der Fall; das SGB V enthält keine abschließenden Regelungen zu einer Schadensersatzpflicht. Insbesondere sind die Vorschriften über eine Wirtschaftlichkeitsprüfung (§ 106 SGB V) nicht abschließend, so dass auch insoweit die Anwendung der §§ 823 ff BGB nicht ausgeschlossen ist (vgl. BSG, Urteile vom 28.08.1996 - 6 RKa 88/95 - und vom 17.12.2009 - B 3 KR 13/08 R -). Die den Prüfgremien von den Vertragspartnern des Bundesmantelvertrags-Zahnärzte (BMV-Z) - vgl. §§ 23 f BMV-Z - zugewiesene Kompetenz, auch über das Vorliegen sog. sonstiger Schäden zu befinden, ist an die den Prüfgremien gesetzlich vorgegebene Aufgabe der Überwachung der Wirtschaftlichkeit der vertragszahnärztlichen Versorgung gebunden, auch wenn § 23 BMV-Z nach seinem Wortlaut den Prüfungseinrichtungen eine Zuständigkeit zur Feststellung sonstiger Schäden in umfassendem Sinn einräumt. In § 106 Abs. 5 SGB V ist nämlich der Aufgabenbereich der Prüfungsgremien einengend auf die Prüfung der Wirtschaftlichkeit festgeschrieben. § 23 BMV-Z ist deshalb einschränkend dahin zu verstehen, dass den Prüfungseinrichtungen nur eine Schadensfeststellungskompetenz innerhalb des Rechtszwecks der Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgung der Kranken zugewiesen wird (BSG, Urteil vom 16.10.1991 - 6 RKa 32/90 -). Diese ist aber nicht Streitgegenstand. Der hier in Rede stehende deliktische Schadensersatzanspruch bedarf deshalb vor seiner Geltendmachung keines besonderen, formalisierten Verfahrens durch unabhängige Prüfungseinrichtungen, das im Wesentlichen durch seinen öffentlich-rechtlichen Charakter und die Einbindung in das kassen(zahn)ärztliche Vergütungssystem geprägt ist (BSG, Urteil vom 28.08.1996 a.a.O.).
b) Nach § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB ist derjenige zum Schadensersatz verpflichtet, der gegen ein den Schutz eines Anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Schutzgesetz in diesem Sinne ist § 263 StGB. Danach ist derjenige, der in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines Anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, mit Freiheits- bzw. Geldstrafe zu bestrafen. Mit Freiheitsstrafe ist der zu bestrafen, der den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 StGB verbunden hat, gewerbsmäßig begeht (§ 263 Abs. 5 StGB).
Der Beklagte hat nach den Feststellungen des LG E in seinem Urteil vom 28.07.2008 in der Zeit zwischen 1999 bis 2002 in 41 Fällen Betrügereien zum Nachteil der KZV und der Patienten, die einen Eigenanteil zu entrichten bzw. insgesamt privat abgerechnet hatten, begangen. Das strafgerichtliche Urteil hat für den Senat zwar keine Bindungswirkung, gleichwohl können aber nicht nur die Beweisprotokolle aus dem Ermittlungs- bzw. Strafverfahren sondern auch die in den strafgerichtlichen Urteilen getroffenen tatsächlichen Feststellungen in dem vorliegenden Rechtsstreit als Beweismittel verwertet werden (BGH, Urteil vom 26.01.1989 - X ZR 100/87 - m.w.N.; OLG Brandenburg, Urteil vom 30.04.2008 - 4 U 16/06 -). Angesichts der weitgehenden Identität des den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits und des Strafverfahrens bildenden Sachverhalts darf das rechtskräftige Strafurteil nicht unberücksichtigt bleiben. In der Regel wird den strafgerichtlichen Feststellungen zu folgen sein, sofern nicht gewichtige Gründe für deren Unrichtigkeit vorgebracht werden (OLG Koblenz, Urteil vom 07.04.1994 - 5 U 89/91 - m.w.N.).
Davon ausgehend steht fest, dass der Beklagte in Zusammenwirken mit den vorgenannten Verantwortlichen der Fa. H einen Betrug nicht nur zu Lasten der KZV und der aufgeführten Patientengruppe, sondern auch zu Lasten der Klägerin begangen hat. Der von § 823 Abs. 2 BGB vorausgesetzte "Verstoß" gegen ein Schutzgesetz erfordert, dass der objektive und subjektive Tatbestand des Schutzgesetzes erfüllt, nicht aber dass eine entsprechende strafrechtliche Verurteilung erfolgt ist.
§ 263 StGB setzt das Erfüllen der objektiven Tatbestandsmerkmale Täuschung, Irrtum, Vermögensverfügung und den Eintritt eines Vermögensschadens voraus. Die Täuschung des Täters muss den Irrtum des Getäuschten hervorrufen, der Irrtum zu einer Vermögensverfügung und diese dann zu einem Vermögensschaden führen (Cramer/Perron in Schönke/ Schröder, Strafgesetzbuch, 28. Auflage, 2010, § 263 Rdn. 5).
Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
Eine Täuschungshandlung i.S.d. § 263 StGB besteht nach dem Wortlaut des Gesetzes in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Vorspiegeln einer Tatsache bedeutet, dass der Täter einem Anderen eine nicht bestehende Tatsache als bestehend zur Kenntnis bringt (Cramer/Perrin a.a.O. Rdn. 6 m.w.N.).
Im Ergebnis nicht entscheidungserheblich ist, ob der Beklagte Täuschungshandlungen unmittelbar oder lediglich mittelbar gegenüber der Klägerin begangen hat.
Gegen eine unmittelbare Täuschungshandlung spricht, dass der Beklagte der Klägerin für die einzelnen Behandlungsfälle lediglich einen Heil- und Kostenplan (HKP) eingereicht hat, der Befund, Behandlungsplan und Schätzung der voraussichtlichen Laborkosten unter Zugrundelegung des einschlägigen Leistungsverzeichnisses enthielt (§ 88 Abs. 1 SGB V i.V.m. mit dem BEL). Getäuscht hat der Beklagte die Klägerin damit indes nicht; denn durch seine Unterschrift auf dem HKP hat er lediglich die ordnungsgemäße Planung des notwendigen Zahnersatzes bestätigt. Weitere unmittelbare Kontakte fanden zwischen Beklagtem und Klägerin nicht statt.
Der Beklagte hat aber jedenfalls die für die Prüfung seiner Leistungen zuständige KZV getäuscht. Nach § 30 Abs. 4 SGB V (i.d. vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung) war bei der nach Abschluss der Behandlung durch die KZV vorzunehmenden Abrechnung eine Durchschrift der Rechnung des gewerblichen oder des praxiseigenen Labors über zahntechnische Leistungen beizufügen. Ergänzend war dazu in den bundesmanteltarflichen Verträgen (z.B. § 11 Abs. 2 Ersatzkassenvertrag - Zahnärzte bzw. § 3 Absatz 1a RVO-Gesamtvertrag Nordrhein) geregelt, dass die abgerechneten Material- und Laborkosten der gewerblichen Laboratorien tatsächlich entstanden sind, dass der Zahnarzt Rückvergütungen, wie Preisnachlässe, Rabatte, Umsatzbeteiligungen, Bonifikationen und rückvergütungsgleiche Gewinnbeteiligungen mit Ausnahme von Barzahlungsrabatten an die Primär- bzw. Ersatzlasse weitergibt, und dass die zahntechnischen Leistungen des Zahnarztlabors tatsächlich von diesem erbracht worden sind. Dementsprechend hat der Beklagte auch bestätigt, dass die von der Fa. H in Höhe des Tarifmodells "Komfort" abgerechneten Material- und Laborkosten tatsächlich entstanden sind. Diese Bestätigung war jedoch falsch, da letztlich Kosten lediglich i.H. des Tarifmodells "Standard" entstanden waren.
Aufgrund der unrichtigen Angaben des Beklagten ist die KZV irrig davon ausgegangen, dass in den Rechnungen der Fa. H die tatsächlich entstanden Labor- und Materialkosten ausgewiesen worden sind. Sie ist deshalb bei der ihr obliegenden rechnerischen und gebührenordnungsrechtlichen Prüfung zu keiner Beanstandung gelangt und hat nachfolgend, nachdem die Klägerin den auf sie entfallenden Kostenanteil an sie gezahlt hat, die auf dieser unzutreffenden Grundlage zu erstattenden Kosten ausgezahlt. Durch diese Vermögensverfügung der KZV hat die Klägerin einen Schaden erlitten, da sie den auf sie entfallenden Anteil an den "unrichtigen" überhöhten Kosten an die KZV überwiesen hat. Im Ergebnis handelt es sich somit um einen sog. Dreiecksbetrug, bei dem die verfügende (KZV) und die geschädigte Person (Klägerin) nicht identisch sind, aber auch nicht sein müssen. Eine Zurechnung setzt allerdings nach ständiger Rechtsprechung (vgl. Fischer, Strafgesetzbuch, 58. Auflage, 2011, § 263 Rdn. 82 m.w.N.) voraus, dass der Verfügende "im Lager des Vermögensinhabers" steht. Voraussetzung dafür ist ein besonderes Näheverhältnis des Getäuschten/Verfügenden zu dem geschädigten Drittvermögen. Dieses ergibt sich vorliegend aus der sich auf § 30 Abs. 4 SGB V a.F. beruhenden gesetzlichen Befugnis und Pflicht der KZV über die Zuordnung von Vermögensteilen zu entscheiden (s.o. zur Prüfungspflicht der KZV vgl. Fischer a.a.O. § 263 Rdn. 85).
Der Beklagte hat in der Absicht gehandelt, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. In diese Absicht eingeschlossen war zwangsläufig auch die Absicht, der Fa. H bzw. deren Verantwortlichen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, da der gemeinsame Tatplan ansonsten nicht hätte umgesetzt werden können.
Der Beklagte kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, dass er aus medizinischen Gründen wegen besserer Qualität bzw. aus rechtlichen Gründen wegen erweiterter Garantiezusage den Komforttarif gewählt habe.
Es ist nach objektiven Maßstäben nicht nachvollziehbar, dass er gesetzlich versicherte Patienten - so die Werbung der Fa. H, auf die er sich zur Begründung seines diesbezüglichen Einwandes bezieht - als "anspruchsvolle Kunden, die sehr hohe Anforderungen an die Qualität stellt" angesehen haben will. Die Kenntnis seiner Grundverpflichtung, seine zahnärztliche Leistungen, wozu auch die im Eigenlabor oder Drittlabor erbrachten zahntechnischen Leistungen gehören (vgl. Schnapp/Wigge, Handbuch der Vertragsarztrechts, 2. Auflage, 2006,. § 22 IV Rdn. 55 f.), ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich zu erbringen (§ 12 SGB V), schließt einen solchen Gedankengang im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung, für die der Beklagte bereits seit 1972 zugelassen war, aus. Es ist auch nicht glaubhaft, dass der Beklagte den Komforttarif zu Gunsten seiner Patienten wegen einer verlängerten Garantiezeit von sechs Jahren gewählt hat. Unabhängig davon, ob die zwischen dem Beklagten und der Fa. H geschlossenen Verträge rechtlich als Kaufverträge (§ 433 BGB) oder Werkverträge (§ 633 BGB) zu bewerten sind, beträgt die gesetzliche Gewährleistungsfrist (Verjährung) zwei Jahre (§ 438 Abs. 2 Nr. 3 bzw. § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB). Nach § 136b Abs. 2 Satz 3 SGB V in der vom 01.10.200 bis 31.12.2003 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.1999 (BGBl. I 2626) - nunmehr § 137 Abs. 4 Satz 3 SGB V - übernimmt der Zahnarzt für die Versorgung mit Zahnersatz dementsprechend eine nur zweijährige Gewähr, so dass ein Vorteil des Patienten durch die dem Beklagten gegenüber eingeräumte Verlängerung nicht vorliegt. Dass es dem Beklagten bei der Tarifwahl nicht darauf ankam, seinen Patienten einen rechtlichen Vorteil zu verschaffen, zeigt der Umstand, dass er nicht der Klägerin das Angebot unterbreitet hat, seine Gewährleistungspflicht gemäß § 136b Abs. 2 Satz SGB V zu verlängern (§ 137b Abs. 2 Satz 6 SGB V). Hinzu kommt, dass nach den Feststellungen des AG nur ein Teil der Patienten überhaupt Kenntnis von der verlängerten Garantie erhielt, was wiederum im Einklang mit der Aussage des Beklagten bei der Polizei in F am 10.02.2004 steht: "Diese Gewährleistung war für mich aber nicht so relevant, weil die Möglichkeit bestand, dass die Firma (H) gar nicht so lange am Markt Bestand gehabt hätte." Jeder Aspekt für sich belegt, dass die betrügerische Absicht des Beklagten Triebfeder seiner Geschäfte mit der Fa. H war.
Der Beklagte hat im Übrigen auch rechtswidrig - Rechtfertigungsgründe liegen nicht vor - und schuldhaft gehandelt. Denn ihm war von Anfang an aufgrund der mit der Fa. H bzw. deren Außendienstmitarbeiter L getroffenen Rabattvereinbarungen (s. dazu die Angaben des Klägers vor dem Polizeipräsidium F vom 10.02.2004) bewusst, dass in den in Rechnung gestellten Kosten die ihm nachfolgend gewährten Rückerstattungen enthalten waren, es sich bei den der KZV gegenüber abgerechneten Kosten also keineswegs um die tatsächlich entstandenen Material- und Laborkosten gehandelt hat, mithin dass die von der Fa. H erstellten Rechnungen unrichtig waren. Gleiches gilt hinsichtlich des sog. "Gewinnanteils" der Fa. H bzw. derer Mitarbeiter. Es steht außer jedem Zweifel, dass dem Beklagten aufgrund der Gesamtumstände des Falles bewusst war, dass die Fa. H ebenso wie er selber aus dem mit deren Verantwortlichen vereinbarten Betrugsgeschäft einen erheblich über den üblichen Gewinnmargen liegenden "Beuteanteil" ziehen würde. Alles andere wäre wirklichkeitsfremd. Unerheblich ist, ob der Beklagte den genauen Betrag der auf jeden der Tatbeteiligten entfallenden Anteil an der "Beute" beziffern konnte oder nicht.
c) Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ergibt sich darüber hinaus aus § 830 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB. Danach ist, wenn mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht haben, jeder für den Schaden verantwortlich (§ 830 Abs. 1 Satz 2 BGB); dabei stehen Anstifter und Gehilfen Mittätern gleich (§ 830 Abs. 2 BGB).
Diese Regelungen stellen eine selbständige Anspruchsgrundlage dar, die in den Fällen von Mittäterschaft oder Teilnahme die Haftungsvoraussetzungen auf das Vorliegen einer deliktischen Solidargemeinschaft verkürzt. Es handelt sich nicht um eine Beweis-, sondern um eine Zurechnungsregel, nach der sich ein Kausalitätsnachweis bezüglich der einzelnen Tatbeiträge erübrigt, ohne dass den betreffenden Tatbeteiligten insoweit die Möglichkeit eines Entlastungsbeweises eröffnet ist (OLG Bamberg, Urteil vom 20.10.2004 - 4 W 108/04 -). § 830 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB verlangen eine deliktische Tatbeteiligung im strafrechtlichen Sinne (BGH, Urteil vom 04.11.1997 - VI ZR 348/96 -), vorliegend also Mittäterschaft oder Beihilfe. Die Teilnahme verlangt demgemäß neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen auszuführen oder sie als fremde Tat zu fördern. Objektiv muss eine Beteiligung an der Ausführung der Tat hinzukommen, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert und für diese relevant ist. Da Mittäter und Gehilfen nach § 830 Abs. 2 BGB deliktsrechtlich gleich zu behandeln sind, kommt es auf diese rechtliche Unterscheidung der Beteiligungsform nicht an. Jedenfalls aber muss für den einzelnen Teilnehmer ein Verhalten festgestellt werden können, das den rechtswidrigen Eingriff in das fremde Rechtsgut unterstützt hat und das (gemäß den im Rahmen des § 830 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB maßgeblichen strafrechtlichen Grundsätzen) von der Kenntnis der Tatumstände und dem auf die Rechtsgutverletzung gerichteten Willen getragen war (BGH, Urteil vom 04.11.1997 - VI ZR 348/96 -). Zu beachten ist, dass dafür die strafrechtlich relevante Feststellung der Bandenmitgliedschaft des Beklagten allein nicht ausreicht; denn die Bandenzugehörigkeit ist für sich genommen keine auf die aktuelle Tat bezogene Form der Beteiligung (BGH, Beschluss vom 15.01.2002 - 4 StR 499/01 -).
Die dargestellten Voraussetzungen einer deliktrechtlichen Beteiligung des Beklagten als Täter bzw. als Mittäter im Zusammenwirken mit den Verantwortlichen der Fa. H sind erfüllt. Dies ergibt sich bereits aus den o.a. Feststellungen des Senats zu § 823 BGB, aber auch aus den Ausführungen des LG X in seinem Urteil vom 28.07.2008, dessen Wertungen der Senat sich nach Würdigung des sich aus den Ermittlungs- und Strafakten ergebenden Beweisergebnisses in vollem Umfang beitritt:
"Der Angeklagte erhielt gemäß dem gemeinsamen Tatplan monatlich die Rückerstattung ausgezahlt. Durch dieses gezielte und fortdauernde Zusammenwirken mit der Geschäftsführung der Firma H, den gesondert verfolgten C, U N und N, sowie dem Zeugen L verschaffte sich der Angeklagte eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang."
d) Rechtsfolge der §§ 823 und 830 BGB ist, dass der Beklagte der Klägerin den aus der deliktischen Handlung entstandenen Schadens ersetzen muss.
aa) Der Vermögensschaden der Klägerin bemisst sich aus der Differenz zwischen den Kosten für den Zahnersatz nach dem "Standardtarif" und dem abgerechneten "Komforttarif" zuzüglich Mehrwertsteuer abzüglich der von dem Beklagten bereits über die KZV erstatteten Kickbacks. Damit wird die Klägerin so gestellt, als wenn die Material- und Laborkosten ordnungsgemäß abgerechnet worden wären. Das entspricht den Regelungen des § 249 Abs. 1 BGB, nach denen der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen hat, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
Weder ist vom Beklagten substantiiert vorgetragen noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der nach dem "Komforttarif" gelieferte Zahnersatz qualitativ besser gewesen sein könnte als der Zahnersatz nach dem "Standardtarif". Auf diese Frage kommt es aber auch ansonsten nicht an. Wie ausgeführt ist und war die Klägerin lediglich verpflichtet, ihren Versicherungsnehmern eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche, aber keine darüberhinausgehende Versorgung (§ 12 SGB V) zu gewähren. Gleiches gilt hinsichtlich einer möglicherweise mit dem "Komforttarif" verbundenen Verlängerung der Gewährleistungsfrist. Auch zu einer solchen "Leistung" war die Klägerin nicht verpflichtet, unabhängig davon, dass diese über eine Einzel- und Gruppenvereinbarung zwischen Klägerin und Beklagtem hätte geregelt werden müssen.
Hinsichtlich der Schadenshöhe von 5.414,45 EUR wird auf die Berechnung der Klägerin verwiesen, die von dem Beklagten nicht in Abrede gestellt wird und auch dem Senat keinen Anlass zur Beanstandung gibt.
bb) Die Klägerin hat (unter Ausklammerung der ursprünglich auch für die Monate März und April 2006 erhobenen Zinsen in Höhe von 13,94 EUR) Anspruch auf Ersatz eines Zinsschadens i.H.v. 704,16 EUR. Diesen hat sie mit der Begründung eines entgangenen Gewinns aus Anlage bzw. von Kreditzinsen geltend gemacht; bei ihrer Schadensberechnung hat sie geringfügig über dem Basiszinssatz (vgl. dazu § 1 Diskontsatz-Überleitungsgesetz vom 09.06.1998 (BGBl. I 1242) bzw. seit dem 01.01.2002 § 247 BGB) liegende Zinssätze nach den Geldmarktsätzen am Frankfurter Bankplatz eingestellt. Unabhängig davon, dass der Beklagte dem nicht entgegen getreten ist, erachtet der Senat diesen Ansatz der Klägerin im Rahmen der ihm in § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) eingeräumten Befugnis zur Schadensschätzung (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.05.2002 - I-8 U 32/01 - bei einem Zinssatz von 9%; Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.01.1997 - 5 AZR 441/95 - bei einem Zinssatz von 7,25%) für zutreffend. Dabei zieht der Senat in seine Überlegungen ein, dass die Klägerin zum Einen dazu verpflichtet ist, ihre Mittel so anzulegen, dass u.a. ein angemessener Ertrag erzielt wird, und dass zum Anderen der Geldmarktzins unter Berücksichtigung von Laufzeit, Währung und Bonität realistisches Kriterium zur Bemessung von zu erzielenden Zinsen auf dem Geldmarkt ist. Auf eine ggf. erforderliche Kapitalaufnahme kommt es nicht weiter an, da insoweit offenkundig deutlich höhere Zinssätze in Ansatz zu bringen gewesen wären.
cc) Insgesamt ergibt sich somit ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 6.118,61 EUR.
dd) Die ihr entstandenen Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 294,35 EUR (Ansatz von 1,3 Gebühren bei einem Gegenstandswert von zwischen 5.000,00 EUR und 6.000,00 EUR gemäß Anlage 2 zu § 13 RVG) macht die Klägerin ebenfalls zu Recht als Schadensersatz i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB geltend. Anhaltspunkte dafür, dass die Aufwendungen in dieser Höhe unzweckmäßig oder nicht erforderlich gewesen wären, bestehen nicht und werden von dem Beklagten auch nicht geltend gemacht. Gleiches gilt hinsichtlich der vorgerichtlichen Mahnkosten.
ee) Die Hauptforderungen der Klägerin sind ab Verzug des Beklagten am 28.04.2006 i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 288 BGB) zu verzinsen.
e) Der Anspruch der Klägerin ist nicht verjährt.
Der Schadensersatzanspruch der Klägerin unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Diese Frist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB (i.d. ab 01.01.2002 geltende Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138), die auch für am 01.01.2002 bestehende noch nicht verjährte Ansprüche Anwendung findet (§ 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB)) mit dem Schluss des Jahres, in dem 1. der Anspruch entstanden ist und 2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Wie bereits das SG zutreffend festgestellt hat und von dem Beklagten in der Berufungsinstanz auch nicht in Abrede gestellt wird, hat die Klägerin Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Beklagten frühestens im Verlauf des Jahres 2004, u.a. durch Einsicht in die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft im April 2004, erlangt, so dass die Frist des § 195 BGB mit Ablauf des Jahre 2004 am 01.01.2005 begann.
aa) Die danach grundsätzlich am 31.12.2007 ablaufende Verjährungsfrist war zunächst in der Zeit vom 30.04.2006 bis 02.06.2006 nach Maßgabe des § 203 BGB gehemmt. Nach dieser Regelung ist, wenn zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände schweben, die Verjährung solange gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Bei der Berechnung der Hemmungsfrist ist zu beachten, dass dann, wenn es zu schwebenden Vergleichsverhandlungen kommt, die Verjährungshemmung auf den Zeitpunkt der Geltendmachung der Ansprüche des Berechtigten gegen den Verpflichteten zurückwirkt. Dabei kommt es auf den Zugang des Schreibens an, mit dem die Ansprüche geltend gemacht werden (OLG Hamm, Urteil vom 19.03.1997 - 13 U 190/96 - m.w.N.). Die Hemmung der Verjährung endet mit der endgültigen Ablehnung des Anspruchs bzw. der Weigerung, die Verhandlungen fortzusetzen. Auch hier kommt es auf den Zugang des Ablehnungsschreiben an (BGH, Urteil vom 26.01.1988 - VI ZR 120/87 -). Der Begriff Verhandlungen ist weit auszulegen. Es genügt jeder Meinungsaustausch über den Schadensfall zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten, sofern nicht sofort und eindeutig jeder Ersatz abgelehnt wird. Verhandlungen schweben schon dann, wenn der Verpflichtete Erklärungen abgibt, die den Geschädigten zu der Annahme berechtigen, der Verpflichtete lasse sich jedenfalls auf Erörterungen über die Berechtigung von Schadensersatzansprüchen ein. Nicht erforderlich ist, dass dabei eine Vergleichsbereitschaft oder eine Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert wird (std. Rspr. vgl. BGH, Urteile vom 26.01.1988 - VI ZR 120/87 - und vom 20.02.2001 - VI ZR 179/00 -).
Auf dieser Grundlage ergibt sich, dass die Verjährung in der Zeit vom 30.04.2006 bis 02.06.2006 gehemmt war. Fristbeginn ist der 30.04.2006; an diesem Tag ist dem Beklagten unter Zugrundelegung einer Zugangsfiktion innerhalb von drei Tagen das Schreiben der Klägerin vom 27.04.2006, mit dem diese ihre erstmals Forderung geltend gemacht hat, zugegangen. Mit Schreiben vom 01.06.2006 hat der Beklagte die Forderung endgültig abgelehnt, so dass die Hemmung mit Zugang dieses Schreibens am 02.06.2006 endete.
bb) Am 30.08.2006 trat wegen der Zustellung des Mahnbescheids vom 15.08.2006 am 17.08.2006 erneut Hemmung der Verjährung ein. Nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 Zivilprozessordung (ZPO) tritt Hemmung zwar erst mit Zustellung eines Mahnbescheids ein; für die Berechnung der Hemmungsfrist bestimmt aber § 167 ZPO, dass in den Fällen, in denen durch die Zustellung u.a. eine Frist nach § 204 BGB gehemmt werden soll, diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags - vorliegend also am 30.08.2006 - eintritt, wenn die Zustellung wie hier demnächst erfolgt, so dass die originär bis 31.12.2007 laufende Verjährungsfrist auch ohne Berücksichtigung der Hemmung in der Zeit vom 30.04.2006 bis 02.06.2006 noch nicht abgelaufen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. §§ 154 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt der Beklagte die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs. 2 VwGO).
Die Revision ist zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tatbestand:
Die Klägerin, eine gesetzliche Krankenkasse, begehrt von dem Beklagten Schadensersatz.
Der 1941 geborene Beklagte wurde 1972 zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen und war in E als Vertragszahnarzt tätig.
Das Landgericht (LG) E verurteilte ihn wegen gewerbs- und bandenmäßigem Betruges in 41 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (Urteil vom 28.07.2008 - xxx -).
Der Zulassungsausschuss für Zahnärzte für den Bezirk Nordrhein entzog dem Beklagten mit Beschluss vom 19.07.2004 die vertragszahnärztliche Zulassung; der Berufungsausschuss bestätigte diese Maßnahme mit Beschluss vom 17.03.2005. Auch die Klage vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg blieb ohne Erfolg (Urteil des SG vom 28.09.2007 - S 19 KA 19/05 -). Das Berufungsverfahren (Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) - L 11 KA 66/07 -) erklärten die Beteiligten in der Hauptsache einvernehmlich für erledigt, nachdem der Kläger auf seine Zulassung zum 30.09.2008 verzichtet hatte.
Hintergrund dieser Verfahren war: Der Beklagte hatte für seine Praxis von der Fa. H / P Dental Handelsgesellschaft mbH (Fa. H) in den Jahren 1999 bis 2002 Zahnersatz bezogen. Diese Firma ließ Zahnersatz im Ausland, überwiegend in Asien, fertigen, in dem die Herstellungskosten weit unter deutschem Niveau lagen. Die Fa. H stellte den Vertragszahnärzten die Leistungen entsprechend den in Deutschland üblichen Preisen in Rechnung, die diese dann zu diesen Preisen u.a. über die Kassenzahnärztliche Vereinigung Nordrhein (KZV-No) abrechneten. Zwischen den jeweiligen Vertragszahnärzten und der Fa. H kam ein von dieser entwickeltes Rabattsystem zur Anwendung, nach dem die Vertragszahnärzte von der Fa. H entsprechend derer Tarifbedingungen Rabattzahlungen, sog. "Kickback-Zahlungen", in Höhe von (i.H.v.) bis zu 30 % erhielten, die sich u.a. aus der Differenz zwischen tatsächlichen Herstellungskosten und abgerechneten Kosten berechneten. Die Rückerstattungen an die Vertragszahnärzte, die diese für sich einbehielten, erfolgten in der Regel per Post oder in Form von Barzahlung durch Mitarbeiter von der Fa. H.
Im Rahmen der gegen die Mitarbeiter der Fa. H geführten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen (Staatsanwaltschaft X - xxx -) wurde u.a. eine Datenbank sichergestellt, nach der auch der Beklagte Rabattzahlungen von der Fa. H erhalten hatte. Dies bestätigte u.a. der Geschäftsführer der Fa. H, N, bei seiner Aussage vor dem Amtsgericht (AG) Essen (- 44 Gs 1867/03 -) am 22.10.2003. Er gab an, dass an den Beklagten bis Oktober 2002 Rabatte i.H.v. 60.657,69 EUR ausgezahlt worden seien. Der Beklagte bestätigte u.a. bei seiner der Vernehmung vor der Kreispolizeibehörde F am 10.02.2004 und seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht E - 80 Js 195/04 - am 24.09.2007 den Erhalt von "Kickback-Zahlungen".
Aufgrund dieser Vorgänge berühmt sich die Klägerin eigener Schadenersatzansprüche gegen den Beklagten: Die KZV-No habe für den Beklagten einen Gesamt-Kickback i.H.v. 52.822,69 EUR ermittelt, von dem ein Anteil i.H.v. 10.192,93 EUR auf sie, die Klägerin, entfalle. Dieser Anteil sei von der KZV-No eingezogen und an sie ausgezahlt worden. Ihr sei jedoch ein weitergehender, über die KZV-No nicht ausgeglichener Schaden entstanden, nämlich der auf die bei der Fa. H handelnden Personen entfallende "Gewinnanteil", der sich einschließlich eines bis zum 31.03.2006 entstandenen Zinsschadens auf 6.132,55 EUR belaufe.
Mit Schreiben vom 27.04.2006 und 24.05.2006 forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung dieses Schadensbetrages auf. Mit Schreiben vom 01.06.2006, bei der Klägerin am 02.06.2006 eingegangen, wies der Beklagte die Forderung als unberechtigt zurück.
Der daraufhin von der Klägerin am 10.08.2006 beim AG Hagen beantragte Mahnbescheid vom 15.08.2006 ist dem Beklagten am 21.08.2006 zugestellt worden. Nach dessen Widerspruch am 30.08.2006 hat das AG die Klägerin unter dem 31.08.2006 zur Zahlung der Kosten für die Durchführung des streitigen Verfahrens unter Hinweis darauf aufgefordert, dass die Zahlung als Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens angesehen würde. Die unter dem 31.08.2006 angeforderten Kosten sind am 26.09.2006 eingegangen; unter dem gleichen Datum ist das Verfahren an das LG E - 10 O 386/06 - abgegeben worden.
Das LG hat sich in der Folgezeit für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit mit Beschluss vom 25.07.2007 an das SG Düsseldorf verwiesen.
Die Klägerin hat zur Begründung der Klage vorgetragen: Der Beklagte habe nach § 830 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Schadensersatz in Höhe des "Gewinnanteils" zu leisten. Die Rechnung für die zahntechnischen Leistungen werde von der KZV nach Prüfung auf Richtigkeit und Vollständigkeit der Belege an die Krankenkassen weitergeleitet. Diese überwiesen daraufhin den Rechnungsbetrag an die KZV, die dann wiederum mit dem Vertragszahnarzt abrechne. Bei korrektem Abrechnungsverhalten des Beklagten hätte sie nur die Preise nach dem Tarifmodell "Standard" der Fa. H zahlen müssen, bei dem der Preis für die Prothetik bis zu 53 % unter den deutschen Höchstpreisen nach dem Bundeseinheitlichen Leistungsverzeichnis für zahntechnische Leistungen (BEL II) gelegen habe. Stattdessen habe sie aufgrund des kollusiven Zusammenwirkens des Beklagten mit den Verantwortlichen der Fa. H die überhöhten Preise nach dem sog. "Komforttarif" bezahlt, bei dem die Leistungen zum nach dem BEL II abrechnungsfähigen Höchstpreis berechnet worden seien. Die Leistungen beider Tarife seien vollständig gleich gewesen, der "Komforttarif" habe lediglich der Täuschung gedient. Damit ergebe sich ihre Forderung aus der Differenz von BEL II-Gesamtbetrag und Standard-Gesamtbetrag zzgl. der auf die Differenz entfallenden Mehrwertsteuer unter Abzug der von der KZV-No eingezogenen Erstattung. Auf der Grundlage der überreichten Heil- und Kostenpläne, Auftragsbestätigungen und Rechnungen der Fa. H und des auf den einzelnen, namentlich benannten Versicherten entfallenden Schadensbetrags errechne sich unter Berücksichtigung eines Zinsschadens eine Gesamtforderung i.H.v. 6.132,55 EUR. Der Zinsschaden sei durch die überhöhten Auszahlungen an den Beklagten in Form eines entgangenen Gewinns aus Anlagezins oder in Form der Zahlung entsprechender Kreditzinsen entstanden und berechne sich für die Zeit von Oktober 1999 bis April 2006 auf 718,10 EUR. Zudem seien ihr neben vorgerichtlicher Mahnkosten i.H.v. 20,00 EUR die vorprozessualen Kosten ihres Bevollmächtigten i.H.v. 294,35 EUR zu erstatten; dessen Kosten würden nur zu einem halben Anteil auf die Anwaltsgebühren des nachfolgenden Rechtsstreits angerechnet.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 6.132,55 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.04.2006 zzgl. 294,35 EUR vorgerichtlicher nicht anrechenbarer Anwaltsvergütung und 20,00 EUR vorgerichtlicher Mahnkosten zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise durch Vernehmung des Zeugen L Beweis zu erheben über den Inhalt der Gespräche betreffend der Unterschiede zwischen den Tarifen "Standard" und "Komfort".
Er hat vorgetragen: Die Klägerin habe keinen weiteren Schaden erlitten. Die Wahl des Komforttarifs sei nicht pflicht- oder rechtswidrig gewesen. Er habe den - dem BEL-II-Liste entsprechenden - Tarif im Heil- und Kostenplan angegeben. Die Klägerin habe in allen Fällen die geschätzten Material- und Laborkosten auf dieser Grundlage genehmigt. Ein Zahnarzt sei nicht verpflichtet, ein günstiges Labor oder den billigsten Tarif auszuwählen. Er sei lediglich gesamtvertraglich verpflichtet, Preisnachlässe an die Krankenkasse abzuführen. Allein auf diesem Pflichtverstoß habe das Strafverfahren gegen ihn beruht. Der Schaden sei nur durch den Pflichtverstoß entstanden und vollständig ausgeglichen. Er habe die entsprechenden Berechnungen der KZV gebilligt und diese als Treuhänderin für den Erhalt der Wiedergutmachungsbeträge genutzt. Es widerspreche Treu und Glauben, wenn die Klägerin nunmehr von einer anderen Schadenshöhe ausgehe, setze sie sich zu ihrem eigenen vorangegangenen Tun in Widerspruch. Im Übrigen gehe die Klägerin unzutreffend davon aus, dass die nach dem Standardtarif einerseits und dem Komforttarif andererseits gleichwertige Produkte angeboten worden seien. Die Firma H habe vielmehr mit zwei Produktlinien - einer günstigen und einer höherwertigen - gehandelt. Das "Komfort"-Modell sei dem "Standard"-Modell qualitativ und ästhetisch überlegen gewesen und habe im Gegensatz zu dem günstigeren Zahnersatz einer Endkontrolle deutscher Zahntechniker in Deutschland unterlegen, weshalb bei diesem Produkt auch eine dreimal längere Garantie habe gegeben werden können. Die Produkte seien auch ganz unterschiedlich beworben worden. Es sei ausdrücklich erklärt worden, dass durch die gesteigerte Betreuung und Kontrolle eine verbesserte Qualität im Komforttarif erreicht werden könne, die auch höchsten Ansprüchen genüge. Er sei deshalb von einer besseren Qualität ausgegangen. Als zusätzlicher Anreiz habe bei dem "Komfort"-Modell eine Umsatzbeteiligung ausgeschüttet werden können. Das "Standard"-Modell sei so knapp kalkuliert worden, dass dies nicht möglich gewesen sei. Die Bestellungen im Komforttarif sei nicht in betrügerischer Absicht erfolgt, sondern aus den "genannten medizinischen" Vorteilen. Auch der Tatbestand der Untreue scheide aus, da Zahnärzte bei Erbringung zahnärztlicher Leistungen nicht als Vertreter der Krankenkassen, sondern aufgrund einer vorher erteilten Genehmigung handelten; ihnen fehle daher die "Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen". Unabhängig davon gebe es keine im öffentlichen Recht fußende Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch. Selbst wenn Ansprüche entstanden sein sollten, seien diese jedenfalls verjährt, da die Verbände der Gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen den Sachverhalt um die Firma H bereits am 02.08.2001 zur Anzeige gebracht hätten. Spätestens 2002 im Zusammenhang mit den stattsanwaltlichen Ermittlungen und der öffentlichen Berichtserstattung wäre es ein Leichtes gewesen, die mit der Fa. H zusammenarbeitenden Zahnärzte sowie die Rechnungen zu ermitteln, die nachfolgend zur Rückerstattung geführt haben. Die Zinsforderung sei im Übrigen überhöht. Insbesondere könnten Verzugszinsen auf Zinsen nicht verlangt werden.
Das SG Düsseldorf hat der Klage mit Urteil vom 25.02.2009 stattgegeben: Die Klägerin sei unmittelbar aktivlegitimiert, einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten geltend zu machen, ohne dass zuvor die Prüfgremien der gemeinsamen Selbstverwaltung einen entsprechenden Schaden festzustellen hätten. Den Prüfungseinrichtungen sei die Kompetenz zur Feststellung von "sonstigen Schäden" nur innerhalb des Rechtszwecks der Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgung der Kranken zugewiesen worden. Vorliegend gehe es aber um einen Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung, der auf §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 Strafgesetzbuch (StGB), 830 BGB i.V.m. § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V beruhe. Deren Tatbestandsvoraussetzungen seien erfüllt; der Beklagte habe sich wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges strafbar gemacht und sei als Mittäter einer gemeinschaftlich begangenen unerlaubten Handlung für den gesamten Schaden verantwortlich. Der der Höhe nach unbestrittene Schaden ergebe sich aus der Wertdifferenz zwischen der tatsächlichen, durch das schädigende Ereignis (mit-)geschaffenen und der hypothetischen Vermögenslage, die bestünde, wenn das schädigende Ereignis hinweg gedacht werde. Bei rechtmäßigem Abrechnungsverhalten des Beklagten wären sowohl die ihm zugeflossenen "Kickback"-Rabatte als auch die Gewinnanteile für die Verantwortlichen der Fa. H nicht entstanden. Der Anspruch der Klägerin sei auch nicht verjährt. Positive Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Beklagten habe die Klägerin erst nach Eingang der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte bei ihr am 16.12.2003 erhalten. Die damit zum Ende des Jahres 2003 beginnende Verjährung sei vor Ablauf des Jahres 2006 durch Zustellung des Mahnbescheides an den Beklagten gehemmt worden. Da das Verfahren durchgängig betrieben worden sei, habe die Hemmung fortgedauert.
Mit seiner gegen das am 08.04.2009 zugestellte Urteil am 08.05.2009 eingelegten Berufung hat der Beklagte unter Bezugnahme auf seine erstinstanzlichen Ausführungen vorgetragen, für die Begründetheit der Leistungsklage fehle es bereits an einer entsprechenden Rechtsbeziehung zwischen der klagenden Krankenkasse und ihm - dem beklagten Vertragszahnarzt - im zugrunde liegenden System des Vertragszahnarztrechts. Für den Vorwurf der Klägerin, nicht den wirtschaftlich günstigeren und nach ihrer Auffassung qualitativ gleichwertigen Standardtarif ausgewählt und damit unwirtschaftlich gehandelt zu haben, sei für diesen Fall ein gesondertes Verfahren vorgesehen und ein Rückgriff auf die Vorschriften des BGB damit unzulässig. Soweit das SG auf die Bindungswirkung des Urteils des LG E vom 28.08.2006 abstelle, sei der Vorwurf nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen, so dass eine Bindungswirkung hinsichtlich der Feststellung des weiteren Schadens nicht bestehe. Der Zeuge L könne bestätigen, dass der er aufgrund der geführten Gespräche davon ausgehen habe müssen, dass der Komforttarif mit einer besseren Qualität verbunden und dies Beweggrund seiner Tarifwahl gewesen sei. Daran könne sich auch nichts ändern, wenn tatsächlich die verschiedenen Produkte qualitativ gleich gewesen sein sollten.
Nachdem die Klägerin ihre Forderung hinsichtlich der Zahlung von Verzugszinsen auf 704,10 EUR und von Prozesszinsen für die Zeit ab 26.05.2006 beschränkt hat, beantragt der Beklagte,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.02.2009 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsvorgänge der Klägerin und die Akten des SG Duisburg - S 19 KA 19/05 = L 11 KA 66/07 LSG NRW - und die Akten der Staatsanwaltschaft X - xxx - Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Schadensersatz in nach Rücknahme der Klage hinsichtlich des überschießenden Teils der Verzugszinsen geltend gemachter Höhe. Der Senat nimmt Bezug auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und führt ergänzend aus:
1. Die Entscheidungszuständigkeit des Senats ist sowohl in Bezug auf den Rechtsweg als auch in Bezug auf die Spruchkörperzuständigkeit gegeben.
Nach § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz obliegt dem Senat, der über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht die Prüfung, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.
Der erkennende Senat ist zuständig. Es handelt sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts (§ 31 Abs. 2 SGG), für die der 11. Senat nach dem Geschäftsverteilungsplan des LSG NRW in Berufungsverfahren ausschließlich zuständig ist.
§§ 10 Abs. 2, 31 Abs. 2 SGG begründen eine Sonderzuständigkeit für Streitigkeiten, die materiell dem Krankenversicherungsrecht zuzuordnen sind, aber die besonderen Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten betreffen (Senat, Beschlüsse vom 27.06.2006 - L 11 B 30/06 KA ER - und vom 09.02.2011 - L 11 KA 91/10 B ER -, Urteile vom 11.11.2009 - L 11 KA 101/06 -, vom 27.10. 2010 - L 11 (10) KA 14/07 - und vom 11.05.2011 - L 11 KA 84/06 - und - L 11 KA 23/11 -). Unter diese Streitigkeiten fällt der vorliegende Rechtsstreit. Das ergibt sich bereits daraus, dass eine gesetzliche Krankenkasse und ein Vertragszahnarzt Hauptbeteiligte des Rechtsstreit sind, aber auch aus der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch im Kern hergeleitet wird (vgl. BSG, Urteil vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R - m.w.N.). Die klagende Krankenkasse stützt ihren Anspruch zwar auf deliktisches Schadensersatzrecht i.S.d. §§ 823 Abs. 2, 830 BGB, diese Vorschriften finden aber über § 69 Abs. 1 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) entsprechende Anwendung.
2. Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
Die Klägerin hat sowohl nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB als auch nach § 830 BGB gegen den Beklagten Anspruch auf Schadensersatz.
a) Nach § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V gelten für die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und ihren Verbänden zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten und sonstigen Leistungserbringern im Übrigen die Vorschriften des BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach dem 4. Kapitel des SGB V vereinbar sind. Das bedeutet, dass den Regelungen des SGB V der Vorrang zukommt und die Vorschriften des BGB nur dann ergänzend herangezogen werden können, wenn die genannten Rechtsbeziehungen nicht abschließend im SGB V geregelt sind (BSG, Urteile vom 28.09.2005 - B 6 KA 71 /04 R - und vom 29.11.2006 - B 6 KA 21/06 R -). Das ist vorliegend nicht der Fall; das SGB V enthält keine abschließenden Regelungen zu einer Schadensersatzpflicht. Insbesondere sind die Vorschriften über eine Wirtschaftlichkeitsprüfung (§ 106 SGB V) nicht abschließend, so dass auch insoweit die Anwendung der §§ 823 ff BGB nicht ausgeschlossen ist (vgl. BSG, Urteile vom 28.08.1996 - 6 RKa 88/95 - und vom 17.12.2009 - B 3 KR 13/08 R -). Die den Prüfgremien von den Vertragspartnern des Bundesmantelvertrags-Zahnärzte (BMV-Z) - vgl. §§ 23 f BMV-Z - zugewiesene Kompetenz, auch über das Vorliegen sog. sonstiger Schäden zu befinden, ist an die den Prüfgremien gesetzlich vorgegebene Aufgabe der Überwachung der Wirtschaftlichkeit der vertragszahnärztlichen Versorgung gebunden, auch wenn § 23 BMV-Z nach seinem Wortlaut den Prüfungseinrichtungen eine Zuständigkeit zur Feststellung sonstiger Schäden in umfassendem Sinn einräumt. In § 106 Abs. 5 SGB V ist nämlich der Aufgabenbereich der Prüfungsgremien einengend auf die Prüfung der Wirtschaftlichkeit festgeschrieben. § 23 BMV-Z ist deshalb einschränkend dahin zu verstehen, dass den Prüfungseinrichtungen nur eine Schadensfeststellungskompetenz innerhalb des Rechtszwecks der Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgung der Kranken zugewiesen wird (BSG, Urteil vom 16.10.1991 - 6 RKa 32/90 -). Diese ist aber nicht Streitgegenstand. Der hier in Rede stehende deliktische Schadensersatzanspruch bedarf deshalb vor seiner Geltendmachung keines besonderen, formalisierten Verfahrens durch unabhängige Prüfungseinrichtungen, das im Wesentlichen durch seinen öffentlich-rechtlichen Charakter und die Einbindung in das kassen(zahn)ärztliche Vergütungssystem geprägt ist (BSG, Urteil vom 28.08.1996 a.a.O.).
b) Nach § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB ist derjenige zum Schadensersatz verpflichtet, der gegen ein den Schutz eines Anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Schutzgesetz in diesem Sinne ist § 263 StGB. Danach ist derjenige, der in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines Anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, mit Freiheits- bzw. Geldstrafe zu bestrafen. Mit Freiheitsstrafe ist der zu bestrafen, der den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 StGB verbunden hat, gewerbsmäßig begeht (§ 263 Abs. 5 StGB).
Der Beklagte hat nach den Feststellungen des LG E in seinem Urteil vom 28.07.2008 in der Zeit zwischen 1999 bis 2002 in 41 Fällen Betrügereien zum Nachteil der KZV und der Patienten, die einen Eigenanteil zu entrichten bzw. insgesamt privat abgerechnet hatten, begangen. Das strafgerichtliche Urteil hat für den Senat zwar keine Bindungswirkung, gleichwohl können aber nicht nur die Beweisprotokolle aus dem Ermittlungs- bzw. Strafverfahren sondern auch die in den strafgerichtlichen Urteilen getroffenen tatsächlichen Feststellungen in dem vorliegenden Rechtsstreit als Beweismittel verwertet werden (BGH, Urteil vom 26.01.1989 - X ZR 100/87 - m.w.N.; OLG Brandenburg, Urteil vom 30.04.2008 - 4 U 16/06 -). Angesichts der weitgehenden Identität des den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits und des Strafverfahrens bildenden Sachverhalts darf das rechtskräftige Strafurteil nicht unberücksichtigt bleiben. In der Regel wird den strafgerichtlichen Feststellungen zu folgen sein, sofern nicht gewichtige Gründe für deren Unrichtigkeit vorgebracht werden (OLG Koblenz, Urteil vom 07.04.1994 - 5 U 89/91 - m.w.N.).
Davon ausgehend steht fest, dass der Beklagte in Zusammenwirken mit den vorgenannten Verantwortlichen der Fa. H einen Betrug nicht nur zu Lasten der KZV und der aufgeführten Patientengruppe, sondern auch zu Lasten der Klägerin begangen hat. Der von § 823 Abs. 2 BGB vorausgesetzte "Verstoß" gegen ein Schutzgesetz erfordert, dass der objektive und subjektive Tatbestand des Schutzgesetzes erfüllt, nicht aber dass eine entsprechende strafrechtliche Verurteilung erfolgt ist.
§ 263 StGB setzt das Erfüllen der objektiven Tatbestandsmerkmale Täuschung, Irrtum, Vermögensverfügung und den Eintritt eines Vermögensschadens voraus. Die Täuschung des Täters muss den Irrtum des Getäuschten hervorrufen, der Irrtum zu einer Vermögensverfügung und diese dann zu einem Vermögensschaden führen (Cramer/Perron in Schönke/ Schröder, Strafgesetzbuch, 28. Auflage, 2010, § 263 Rdn. 5).
Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
Eine Täuschungshandlung i.S.d. § 263 StGB besteht nach dem Wortlaut des Gesetzes in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Vorspiegeln einer Tatsache bedeutet, dass der Täter einem Anderen eine nicht bestehende Tatsache als bestehend zur Kenntnis bringt (Cramer/Perrin a.a.O. Rdn. 6 m.w.N.).
Im Ergebnis nicht entscheidungserheblich ist, ob der Beklagte Täuschungshandlungen unmittelbar oder lediglich mittelbar gegenüber der Klägerin begangen hat.
Gegen eine unmittelbare Täuschungshandlung spricht, dass der Beklagte der Klägerin für die einzelnen Behandlungsfälle lediglich einen Heil- und Kostenplan (HKP) eingereicht hat, der Befund, Behandlungsplan und Schätzung der voraussichtlichen Laborkosten unter Zugrundelegung des einschlägigen Leistungsverzeichnisses enthielt (§ 88 Abs. 1 SGB V i.V.m. mit dem BEL). Getäuscht hat der Beklagte die Klägerin damit indes nicht; denn durch seine Unterschrift auf dem HKP hat er lediglich die ordnungsgemäße Planung des notwendigen Zahnersatzes bestätigt. Weitere unmittelbare Kontakte fanden zwischen Beklagtem und Klägerin nicht statt.
Der Beklagte hat aber jedenfalls die für die Prüfung seiner Leistungen zuständige KZV getäuscht. Nach § 30 Abs. 4 SGB V (i.d. vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung) war bei der nach Abschluss der Behandlung durch die KZV vorzunehmenden Abrechnung eine Durchschrift der Rechnung des gewerblichen oder des praxiseigenen Labors über zahntechnische Leistungen beizufügen. Ergänzend war dazu in den bundesmanteltarflichen Verträgen (z.B. § 11 Abs. 2 Ersatzkassenvertrag - Zahnärzte bzw. § 3 Absatz 1a RVO-Gesamtvertrag Nordrhein) geregelt, dass die abgerechneten Material- und Laborkosten der gewerblichen Laboratorien tatsächlich entstanden sind, dass der Zahnarzt Rückvergütungen, wie Preisnachlässe, Rabatte, Umsatzbeteiligungen, Bonifikationen und rückvergütungsgleiche Gewinnbeteiligungen mit Ausnahme von Barzahlungsrabatten an die Primär- bzw. Ersatzlasse weitergibt, und dass die zahntechnischen Leistungen des Zahnarztlabors tatsächlich von diesem erbracht worden sind. Dementsprechend hat der Beklagte auch bestätigt, dass die von der Fa. H in Höhe des Tarifmodells "Komfort" abgerechneten Material- und Laborkosten tatsächlich entstanden sind. Diese Bestätigung war jedoch falsch, da letztlich Kosten lediglich i.H. des Tarifmodells "Standard" entstanden waren.
Aufgrund der unrichtigen Angaben des Beklagten ist die KZV irrig davon ausgegangen, dass in den Rechnungen der Fa. H die tatsächlich entstanden Labor- und Materialkosten ausgewiesen worden sind. Sie ist deshalb bei der ihr obliegenden rechnerischen und gebührenordnungsrechtlichen Prüfung zu keiner Beanstandung gelangt und hat nachfolgend, nachdem die Klägerin den auf sie entfallenden Kostenanteil an sie gezahlt hat, die auf dieser unzutreffenden Grundlage zu erstattenden Kosten ausgezahlt. Durch diese Vermögensverfügung der KZV hat die Klägerin einen Schaden erlitten, da sie den auf sie entfallenden Anteil an den "unrichtigen" überhöhten Kosten an die KZV überwiesen hat. Im Ergebnis handelt es sich somit um einen sog. Dreiecksbetrug, bei dem die verfügende (KZV) und die geschädigte Person (Klägerin) nicht identisch sind, aber auch nicht sein müssen. Eine Zurechnung setzt allerdings nach ständiger Rechtsprechung (vgl. Fischer, Strafgesetzbuch, 58. Auflage, 2011, § 263 Rdn. 82 m.w.N.) voraus, dass der Verfügende "im Lager des Vermögensinhabers" steht. Voraussetzung dafür ist ein besonderes Näheverhältnis des Getäuschten/Verfügenden zu dem geschädigten Drittvermögen. Dieses ergibt sich vorliegend aus der sich auf § 30 Abs. 4 SGB V a.F. beruhenden gesetzlichen Befugnis und Pflicht der KZV über die Zuordnung von Vermögensteilen zu entscheiden (s.o. zur Prüfungspflicht der KZV vgl. Fischer a.a.O. § 263 Rdn. 85).
Der Beklagte hat in der Absicht gehandelt, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. In diese Absicht eingeschlossen war zwangsläufig auch die Absicht, der Fa. H bzw. deren Verantwortlichen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, da der gemeinsame Tatplan ansonsten nicht hätte umgesetzt werden können.
Der Beklagte kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, dass er aus medizinischen Gründen wegen besserer Qualität bzw. aus rechtlichen Gründen wegen erweiterter Garantiezusage den Komforttarif gewählt habe.
Es ist nach objektiven Maßstäben nicht nachvollziehbar, dass er gesetzlich versicherte Patienten - so die Werbung der Fa. H, auf die er sich zur Begründung seines diesbezüglichen Einwandes bezieht - als "anspruchsvolle Kunden, die sehr hohe Anforderungen an die Qualität stellt" angesehen haben will. Die Kenntnis seiner Grundverpflichtung, seine zahnärztliche Leistungen, wozu auch die im Eigenlabor oder Drittlabor erbrachten zahntechnischen Leistungen gehören (vgl. Schnapp/Wigge, Handbuch der Vertragsarztrechts, 2. Auflage, 2006,. § 22 IV Rdn. 55 f.), ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich zu erbringen (§ 12 SGB V), schließt einen solchen Gedankengang im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung, für die der Beklagte bereits seit 1972 zugelassen war, aus. Es ist auch nicht glaubhaft, dass der Beklagte den Komforttarif zu Gunsten seiner Patienten wegen einer verlängerten Garantiezeit von sechs Jahren gewählt hat. Unabhängig davon, ob die zwischen dem Beklagten und der Fa. H geschlossenen Verträge rechtlich als Kaufverträge (§ 433 BGB) oder Werkverträge (§ 633 BGB) zu bewerten sind, beträgt die gesetzliche Gewährleistungsfrist (Verjährung) zwei Jahre (§ 438 Abs. 2 Nr. 3 bzw. § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB). Nach § 136b Abs. 2 Satz 3 SGB V in der vom 01.10.200 bis 31.12.2003 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.1999 (BGBl. I 2626) - nunmehr § 137 Abs. 4 Satz 3 SGB V - übernimmt der Zahnarzt für die Versorgung mit Zahnersatz dementsprechend eine nur zweijährige Gewähr, so dass ein Vorteil des Patienten durch die dem Beklagten gegenüber eingeräumte Verlängerung nicht vorliegt. Dass es dem Beklagten bei der Tarifwahl nicht darauf ankam, seinen Patienten einen rechtlichen Vorteil zu verschaffen, zeigt der Umstand, dass er nicht der Klägerin das Angebot unterbreitet hat, seine Gewährleistungspflicht gemäß § 136b Abs. 2 Satz SGB V zu verlängern (§ 137b Abs. 2 Satz 6 SGB V). Hinzu kommt, dass nach den Feststellungen des AG nur ein Teil der Patienten überhaupt Kenntnis von der verlängerten Garantie erhielt, was wiederum im Einklang mit der Aussage des Beklagten bei der Polizei in F am 10.02.2004 steht: "Diese Gewährleistung war für mich aber nicht so relevant, weil die Möglichkeit bestand, dass die Firma (H) gar nicht so lange am Markt Bestand gehabt hätte." Jeder Aspekt für sich belegt, dass die betrügerische Absicht des Beklagten Triebfeder seiner Geschäfte mit der Fa. H war.
Der Beklagte hat im Übrigen auch rechtswidrig - Rechtfertigungsgründe liegen nicht vor - und schuldhaft gehandelt. Denn ihm war von Anfang an aufgrund der mit der Fa. H bzw. deren Außendienstmitarbeiter L getroffenen Rabattvereinbarungen (s. dazu die Angaben des Klägers vor dem Polizeipräsidium F vom 10.02.2004) bewusst, dass in den in Rechnung gestellten Kosten die ihm nachfolgend gewährten Rückerstattungen enthalten waren, es sich bei den der KZV gegenüber abgerechneten Kosten also keineswegs um die tatsächlich entstandenen Material- und Laborkosten gehandelt hat, mithin dass die von der Fa. H erstellten Rechnungen unrichtig waren. Gleiches gilt hinsichtlich des sog. "Gewinnanteils" der Fa. H bzw. derer Mitarbeiter. Es steht außer jedem Zweifel, dass dem Beklagten aufgrund der Gesamtumstände des Falles bewusst war, dass die Fa. H ebenso wie er selber aus dem mit deren Verantwortlichen vereinbarten Betrugsgeschäft einen erheblich über den üblichen Gewinnmargen liegenden "Beuteanteil" ziehen würde. Alles andere wäre wirklichkeitsfremd. Unerheblich ist, ob der Beklagte den genauen Betrag der auf jeden der Tatbeteiligten entfallenden Anteil an der "Beute" beziffern konnte oder nicht.
c) Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ergibt sich darüber hinaus aus § 830 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB. Danach ist, wenn mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht haben, jeder für den Schaden verantwortlich (§ 830 Abs. 1 Satz 2 BGB); dabei stehen Anstifter und Gehilfen Mittätern gleich (§ 830 Abs. 2 BGB).
Diese Regelungen stellen eine selbständige Anspruchsgrundlage dar, die in den Fällen von Mittäterschaft oder Teilnahme die Haftungsvoraussetzungen auf das Vorliegen einer deliktischen Solidargemeinschaft verkürzt. Es handelt sich nicht um eine Beweis-, sondern um eine Zurechnungsregel, nach der sich ein Kausalitätsnachweis bezüglich der einzelnen Tatbeiträge erübrigt, ohne dass den betreffenden Tatbeteiligten insoweit die Möglichkeit eines Entlastungsbeweises eröffnet ist (OLG Bamberg, Urteil vom 20.10.2004 - 4 W 108/04 -). § 830 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB verlangen eine deliktische Tatbeteiligung im strafrechtlichen Sinne (BGH, Urteil vom 04.11.1997 - VI ZR 348/96 -), vorliegend also Mittäterschaft oder Beihilfe. Die Teilnahme verlangt demgemäß neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen auszuführen oder sie als fremde Tat zu fördern. Objektiv muss eine Beteiligung an der Ausführung der Tat hinzukommen, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert und für diese relevant ist. Da Mittäter und Gehilfen nach § 830 Abs. 2 BGB deliktsrechtlich gleich zu behandeln sind, kommt es auf diese rechtliche Unterscheidung der Beteiligungsform nicht an. Jedenfalls aber muss für den einzelnen Teilnehmer ein Verhalten festgestellt werden können, das den rechtswidrigen Eingriff in das fremde Rechtsgut unterstützt hat und das (gemäß den im Rahmen des § 830 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB maßgeblichen strafrechtlichen Grundsätzen) von der Kenntnis der Tatumstände und dem auf die Rechtsgutverletzung gerichteten Willen getragen war (BGH, Urteil vom 04.11.1997 - VI ZR 348/96 -). Zu beachten ist, dass dafür die strafrechtlich relevante Feststellung der Bandenmitgliedschaft des Beklagten allein nicht ausreicht; denn die Bandenzugehörigkeit ist für sich genommen keine auf die aktuelle Tat bezogene Form der Beteiligung (BGH, Beschluss vom 15.01.2002 - 4 StR 499/01 -).
Die dargestellten Voraussetzungen einer deliktrechtlichen Beteiligung des Beklagten als Täter bzw. als Mittäter im Zusammenwirken mit den Verantwortlichen der Fa. H sind erfüllt. Dies ergibt sich bereits aus den o.a. Feststellungen des Senats zu § 823 BGB, aber auch aus den Ausführungen des LG X in seinem Urteil vom 28.07.2008, dessen Wertungen der Senat sich nach Würdigung des sich aus den Ermittlungs- und Strafakten ergebenden Beweisergebnisses in vollem Umfang beitritt:
"Der Angeklagte erhielt gemäß dem gemeinsamen Tatplan monatlich die Rückerstattung ausgezahlt. Durch dieses gezielte und fortdauernde Zusammenwirken mit der Geschäftsführung der Firma H, den gesondert verfolgten C, U N und N, sowie dem Zeugen L verschaffte sich der Angeklagte eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang."
d) Rechtsfolge der §§ 823 und 830 BGB ist, dass der Beklagte der Klägerin den aus der deliktischen Handlung entstandenen Schadens ersetzen muss.
aa) Der Vermögensschaden der Klägerin bemisst sich aus der Differenz zwischen den Kosten für den Zahnersatz nach dem "Standardtarif" und dem abgerechneten "Komforttarif" zuzüglich Mehrwertsteuer abzüglich der von dem Beklagten bereits über die KZV erstatteten Kickbacks. Damit wird die Klägerin so gestellt, als wenn die Material- und Laborkosten ordnungsgemäß abgerechnet worden wären. Das entspricht den Regelungen des § 249 Abs. 1 BGB, nach denen der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen hat, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
Weder ist vom Beklagten substantiiert vorgetragen noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der nach dem "Komforttarif" gelieferte Zahnersatz qualitativ besser gewesen sein könnte als der Zahnersatz nach dem "Standardtarif". Auf diese Frage kommt es aber auch ansonsten nicht an. Wie ausgeführt ist und war die Klägerin lediglich verpflichtet, ihren Versicherungsnehmern eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche, aber keine darüberhinausgehende Versorgung (§ 12 SGB V) zu gewähren. Gleiches gilt hinsichtlich einer möglicherweise mit dem "Komforttarif" verbundenen Verlängerung der Gewährleistungsfrist. Auch zu einer solchen "Leistung" war die Klägerin nicht verpflichtet, unabhängig davon, dass diese über eine Einzel- und Gruppenvereinbarung zwischen Klägerin und Beklagtem hätte geregelt werden müssen.
Hinsichtlich der Schadenshöhe von 5.414,45 EUR wird auf die Berechnung der Klägerin verwiesen, die von dem Beklagten nicht in Abrede gestellt wird und auch dem Senat keinen Anlass zur Beanstandung gibt.
bb) Die Klägerin hat (unter Ausklammerung der ursprünglich auch für die Monate März und April 2006 erhobenen Zinsen in Höhe von 13,94 EUR) Anspruch auf Ersatz eines Zinsschadens i.H.v. 704,16 EUR. Diesen hat sie mit der Begründung eines entgangenen Gewinns aus Anlage bzw. von Kreditzinsen geltend gemacht; bei ihrer Schadensberechnung hat sie geringfügig über dem Basiszinssatz (vgl. dazu § 1 Diskontsatz-Überleitungsgesetz vom 09.06.1998 (BGBl. I 1242) bzw. seit dem 01.01.2002 § 247 BGB) liegende Zinssätze nach den Geldmarktsätzen am Frankfurter Bankplatz eingestellt. Unabhängig davon, dass der Beklagte dem nicht entgegen getreten ist, erachtet der Senat diesen Ansatz der Klägerin im Rahmen der ihm in § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) eingeräumten Befugnis zur Schadensschätzung (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.05.2002 - I-8 U 32/01 - bei einem Zinssatz von 9%; Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.01.1997 - 5 AZR 441/95 - bei einem Zinssatz von 7,25%) für zutreffend. Dabei zieht der Senat in seine Überlegungen ein, dass die Klägerin zum Einen dazu verpflichtet ist, ihre Mittel so anzulegen, dass u.a. ein angemessener Ertrag erzielt wird, und dass zum Anderen der Geldmarktzins unter Berücksichtigung von Laufzeit, Währung und Bonität realistisches Kriterium zur Bemessung von zu erzielenden Zinsen auf dem Geldmarkt ist. Auf eine ggf. erforderliche Kapitalaufnahme kommt es nicht weiter an, da insoweit offenkundig deutlich höhere Zinssätze in Ansatz zu bringen gewesen wären.
cc) Insgesamt ergibt sich somit ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 6.118,61 EUR.
dd) Die ihr entstandenen Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 294,35 EUR (Ansatz von 1,3 Gebühren bei einem Gegenstandswert von zwischen 5.000,00 EUR und 6.000,00 EUR gemäß Anlage 2 zu § 13 RVG) macht die Klägerin ebenfalls zu Recht als Schadensersatz i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB geltend. Anhaltspunkte dafür, dass die Aufwendungen in dieser Höhe unzweckmäßig oder nicht erforderlich gewesen wären, bestehen nicht und werden von dem Beklagten auch nicht geltend gemacht. Gleiches gilt hinsichtlich der vorgerichtlichen Mahnkosten.
ee) Die Hauptforderungen der Klägerin sind ab Verzug des Beklagten am 28.04.2006 i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 288 BGB) zu verzinsen.
e) Der Anspruch der Klägerin ist nicht verjährt.
Der Schadensersatzanspruch der Klägerin unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Diese Frist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB (i.d. ab 01.01.2002 geltende Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138), die auch für am 01.01.2002 bestehende noch nicht verjährte Ansprüche Anwendung findet (§ 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB)) mit dem Schluss des Jahres, in dem 1. der Anspruch entstanden ist und 2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Wie bereits das SG zutreffend festgestellt hat und von dem Beklagten in der Berufungsinstanz auch nicht in Abrede gestellt wird, hat die Klägerin Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Beklagten frühestens im Verlauf des Jahres 2004, u.a. durch Einsicht in die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft im April 2004, erlangt, so dass die Frist des § 195 BGB mit Ablauf des Jahre 2004 am 01.01.2005 begann.
aa) Die danach grundsätzlich am 31.12.2007 ablaufende Verjährungsfrist war zunächst in der Zeit vom 30.04.2006 bis 02.06.2006 nach Maßgabe des § 203 BGB gehemmt. Nach dieser Regelung ist, wenn zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände schweben, die Verjährung solange gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Bei der Berechnung der Hemmungsfrist ist zu beachten, dass dann, wenn es zu schwebenden Vergleichsverhandlungen kommt, die Verjährungshemmung auf den Zeitpunkt der Geltendmachung der Ansprüche des Berechtigten gegen den Verpflichteten zurückwirkt. Dabei kommt es auf den Zugang des Schreibens an, mit dem die Ansprüche geltend gemacht werden (OLG Hamm, Urteil vom 19.03.1997 - 13 U 190/96 - m.w.N.). Die Hemmung der Verjährung endet mit der endgültigen Ablehnung des Anspruchs bzw. der Weigerung, die Verhandlungen fortzusetzen. Auch hier kommt es auf den Zugang des Ablehnungsschreiben an (BGH, Urteil vom 26.01.1988 - VI ZR 120/87 -). Der Begriff Verhandlungen ist weit auszulegen. Es genügt jeder Meinungsaustausch über den Schadensfall zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten, sofern nicht sofort und eindeutig jeder Ersatz abgelehnt wird. Verhandlungen schweben schon dann, wenn der Verpflichtete Erklärungen abgibt, die den Geschädigten zu der Annahme berechtigen, der Verpflichtete lasse sich jedenfalls auf Erörterungen über die Berechtigung von Schadensersatzansprüchen ein. Nicht erforderlich ist, dass dabei eine Vergleichsbereitschaft oder eine Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert wird (std. Rspr. vgl. BGH, Urteile vom 26.01.1988 - VI ZR 120/87 - und vom 20.02.2001 - VI ZR 179/00 -).
Auf dieser Grundlage ergibt sich, dass die Verjährung in der Zeit vom 30.04.2006 bis 02.06.2006 gehemmt war. Fristbeginn ist der 30.04.2006; an diesem Tag ist dem Beklagten unter Zugrundelegung einer Zugangsfiktion innerhalb von drei Tagen das Schreiben der Klägerin vom 27.04.2006, mit dem diese ihre erstmals Forderung geltend gemacht hat, zugegangen. Mit Schreiben vom 01.06.2006 hat der Beklagte die Forderung endgültig abgelehnt, so dass die Hemmung mit Zugang dieses Schreibens am 02.06.2006 endete.
bb) Am 30.08.2006 trat wegen der Zustellung des Mahnbescheids vom 15.08.2006 am 17.08.2006 erneut Hemmung der Verjährung ein. Nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 Zivilprozessordung (ZPO) tritt Hemmung zwar erst mit Zustellung eines Mahnbescheids ein; für die Berechnung der Hemmungsfrist bestimmt aber § 167 ZPO, dass in den Fällen, in denen durch die Zustellung u.a. eine Frist nach § 204 BGB gehemmt werden soll, diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags - vorliegend also am 30.08.2006 - eintritt, wenn die Zustellung wie hier demnächst erfolgt, so dass die originär bis 31.12.2007 laufende Verjährungsfrist auch ohne Berücksichtigung der Hemmung in der Zeit vom 30.04.2006 bis 02.06.2006 noch nicht abgelaufen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. §§ 154 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt der Beklagte die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs. 2 VwGO).
Die Revision ist zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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NRW
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