L 19 AS 2083/11 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 19 AS 3146/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 2083/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 10.11.2011 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Kläger wenden sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für ihre am 15.08.2011 erhobene Untätigkeitsklage.

Die am 00.00.1978 geborene Klägerin zu 1) und der am 00.00.1984 geborene Kläger zu 2) stehen im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Auf entsprechende Anfrage wurde seitens des Rechtsvorgängers des Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagter) am 08.11.2010 die leistungsrechtliche Notwendigkeit eines Wohnungswechsels anerkannt und für dringend erforderlich erachtet, wobei ein Quadratmeterpreis von 6,90 EUR und eine Wohnungsgröße von 77 qm auf keinen Fall überschritten werden sollten. Die Kläger erwarteten für Juni 2011 die Geburt eines gemeinsamen Kindes. Sie legten dem Beklagten einen Mietvertrag vom 10.01.2011 über eine 77,97 qm große Wohnung vor. Mietbeginn war der 01.02.2011. Die Bruttowarmmiete der Wohnung betrug 660,50 EUR.

Am 13.01.2011 erließ der Beklagte einen Bescheid, in dem den Klägern für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis einschließlich 30.06.2011 Arbeitslosengeld II bewilligt wurde. Hierbei wurden Kosten für Unterkunft und Heizung für den Monat Januar in Höhe von 468,36 EUR und für die Monate Februar bis einschließlich Juni in Höhe von monatlich 481,16 EUR berücksichtigt.

Am 22.02.2011 legten die Kläger, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 13.01.2011 mit der Begründung ein, die Kosten der Unterkunft würden nicht in voller Höhe übernommen. Am 16.03.2011 erließ der Beklagte insoweit mit "Abhilfebescheid" bezeichneten Bescheid, in dem ausgeführt wurde, es würden nunmehr die angemessenen Kosten für drei Personen übernommen. Die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten würden auf Antrag erstattet, soweit sie notwendig waren und nachgewiesen würden.

Am 26.03.2011 erging sodann ein Änderungsbescheid für den Zeitraum von Januar 2011 bis einschließlich Juni 2011. In dem Bescheid wurde mitgeteilt, es seien die ab Januar 2011 erhöhten Regelleistungen berücksichtigt worden. Darüber hinaus wurden ab Februar 2011 Kosten der Unterkunft in Höhe von 581,76 EUR übernommen. Als Rechtsbehelfsbelehrung wies der Bescheid auf die Möglichkeit der Einlegung eines Widerspruchs hin.

Im Hinblick auf den Abhilfebescheid vom 16.03.2011 übersandte die Prozessbevollmächtigte am 31.03.2011 eine Kostennote.

Am 26.04.2011 legten die Kläger sodann Widerspruch gegen den Bescheid vom 26.03.2011 mit der Begründung ein, im Januar seien lediglich Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 468,36 EUR berücksichtigt worden.

Am 06.05.2011 erließ der Beklagte einen weiteren Änderungsbescheid für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis einschließlich 30.06.2011, in dem für den Monat Januar nunmehr Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 480,00 EUR und für die Zeit ab Februar bis einschließlich Juni in Höhe von monatlich 596,30 EUR übernommen wurden. Dieser Bescheid erhielt den Vermerk, dass er nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens werde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.2011 wies der Beklagte den Widerspruch vom 22.02.2011 gegen den Bescheid vom 13.01.2011 nach Erlass der Änderungsbescheid vom 26.03.2011 und 06.05.2011 bei Kostenüberanahme in Höhe von 90% als unbegründet zurück.

Mit Schreiben vom 11.05.2011 wies der Beklagte die Prozessbevollmächtigte darauf hin, dass die von ihr eingereichte Kostennote auf volle Übernahme der Kosten laute. Sie habe indes nicht voll im Widerspruchsverfahren obsiegt. Am 10.05.2011 übermittelte die Prozessbevollmächtigte daraufhin eine weitere Kostennote unter Berücksichtigung einer Kostenquote von 90 %.

Am 15.07.2011 erinnerten die Kläger an die Bescheidung des Widerspruchs vom 26.04.2011, da man sich ansonsten gezwungen sehe, Untätigkeitsklage zu erheben.

Am 15.08.2011 haben die Kläger Untätigkeitsklage erhoben und beantragt, den Widerspruch vom 26.04.2011 gegen den Änderungsbescheid vom 26.03.2011 zu bescheiden sowie dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Sie vertreten die Auffassung, der Bescheid vom 26.03.2011 sei - ausweislich der Rechtsbehelfsbelehrung - selbständig anfechtbar gewesen. Es gelte hier das Veranlassungsprinzip.

Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Er ist der Auffassung, die Bescheide vom 26.03.2011 und vom 06.05.2011 seien nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden. Der Widerspruchsbescheid vom 06.05.2011 habe damit auch den Widerspruch vom 26.04.2011 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 28.10.2011 hat das Sozialgericht Köln darauf hingewiesen, dass der Widerspruchsbescheid vom 06.05.2011 den angefochtenen Bescheid vom 26.03.2011 miterfasst habe. Es sei damit auch über den Widerspruch vom 26.04.2011 entschieden worden. Die Untätigkeitsklage gehe insoweit ins Leere.

Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin führt aus, es sei streitig, ob nach dem Veranlassungsprinzip eine Verpflichtung zur Kostenerstattung nach § 63 SGB X auch für den Fall erfolgen müsse, wenn wegen einer unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung Widerspruch eingelegt werde. So liege der Fall hier. Der Beklagte müsse daher eine separate Kostengrundentscheidung erlassen. Weigere sie sich, so komme nur die Untätigkeitsklage in Betracht. Der Beklagte könne selbstverständlich den Widerspruch als unzulässig verwerfen. In einem Hauptsacheverfahren müsse dann geklärt werden, ob das Veranlassungsprinzip gelte oder nicht. Dies könne aber nur im Rahmen einer Untätigkeitsklage erfolgen. Sie könne die Klage und den PKH-Antrag daher nicht zurücknehmen.

Mit Beschluss vom 10.11.2011, der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 15.11.2011, hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin B, abgelehnt. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.

Mit Telefax vom 15.11.2011 haben die Kläger Beschwerde gegen den Beschluss vom 14.11.2011 eingelegt. Sie vertreten die Auffassung, es stehe noch eine Kostengrundentscheidung nach § 63 SGB X hinsichtlich des Widerspruchs vom 26.04.2011 gegen den Bescheid vom 26.03.2011 aus. Diese sei nur im Wege einer Untätigkeitsklage zu erreichen.

Mit Schriftsatz vom 11.01.2012 haben sie klargestellt, mit der Beschwerde sollte der Beschluss vom 10.11.2011 angefochten werden. Soweit sie zuvor den 14.11.2011 genannt hätten, habe es sich um einen Schreibfehler gehandelt.

Der Beklagte tritt der Beschwerde entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Prozesskostenhilfe steht den Klägern mangels hinreichender Erfolgsaussicht nicht zu, §§ 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Die Klägerin macht geltend, der Beklagte habe dadurch, dass der Bescheid vom 26.03.2011 eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten habe, Veranlassung zur Einlegung eines Widerspruchs gegeben und müsse daher auch die Kosten des Widerspruchsverfahrens tragen. Dies müsse durch separate Kostengrundentscheidung erfolgen, die bisher, auch nach Ablauf der Frist des § 88 Abs. 1, 2 SGG ohne zureichenden Grund nicht ergangen sei. Der Beklagte könne nur durch eine Untätigkeitsklage veranlasst werden, die ausstehende Entscheidung zu treffen.

Diese Sichtweise der Klägerin verkennt, dass der Beklagte über den Widerspruch vom 26.04.2011 gegen den Bescheid vom 26.03.2011, der trotz der anderslautenden Rechtsbehelfsbelehrung nach § 86 SGG Gegenstand des laufenden Vorverfahrens geworden ist, ausdrücklich mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.2011 entschieden hat und insoweit auch eine (einheitliche) Kostengrundentscheidung getroffen hat. Eine Untätigkeit im Hinblick auf die Kosten des Widerspruchs vom 26.04.2011 lag damit bei Klageerhebung nicht vor, so dass die Klage unzulässig war. Hierauf hat auch das Sozialgericht schon zutreffend abgestellt.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass - entgegen der klägerischen Auffassung - bei der Frage der Kosten nach § 63 SGB X das Veranlassungsprinzip keine Anwendung findet. Ein Widerspruch hat nur dann Erfolg im Sinne dieser Vorschrift, wenn und soweit die Behörde ihm stattgibt (hierzu eingehend BSG Urteil v. 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R = SGb 2011, 161 = juris Rn. 30, 37 m.w.N).

Soweit im Hinblick auf den durch die unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung veranlassten Widerspruch Mehraufwand entstanden ist, kann dies im Rahmen der Kostenfestsetzung seine Berücksichtigung finden.

Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind entsprechend § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.

Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG endgültig.
Rechtskraft
Aus
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