L 19 AS 1473/11

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 8 AS 328/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 1473/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 40/12 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Rev. als unzulässig verworfen
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 21.06.2011 geändert. Der Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 29.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2008 verurteilt, dem Kläger für den Monat September 2006 eine Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von insgesamt 407,- EUR, für die Monate Oktober und November in Höhe von insgesamt 372,- EUR mtl. und für den Monat Dezember 2006 in Höhe von insgesamt 476,- EUR zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen. Kosten des Klägers im Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung von höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 08.07.2005 bis 31.12.2007.

Der am 00.00.1955 geborene Kläger ist alleinstehend. Er bewohnte seit dem 01.04.1999 die 50 qm große Wohnung I-Straße 00, T. Laut Mietbescheinigung vom 15.07.2005 betrug die Pauschalmiete ohne Strom 332,34 EUR mtl. Die Wohnung wurde mittels einer Zentralheizung beheizt.

Bei der Antragstellung am 08.07.2005 gab der Kläger an, dass er eine selbständige Tätigkeit unter der Firma L - Verkauf - Vertrieb - Montage - ausübe. In der Zeit vom 09.08. bis 23.09.2005 verbüßte er eine Ersatzfreiheitsstrafe von 45 Tagen. In diesem Zeitraum wurde die Wohnung zwangsgeräumt. Bei einer Vorsprache am 13.10.2005 bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten (nachfolgend einheitlich: Beklagter) gab der Kläger an, dass er sich seit dem 23.09.2005 auf seinem Betriebsgelände, B-Weg 00, I - in einer Lager- und Montagehalle - aufhalte. Die Miete der Lager- und Montagehalle betrug 165,- EUR mtl. (115,- EUR Miete + 50,- EUR Stromvorauszahlung). Der Beklagte übernahm die Miete für die Lager- und Montagehalle als sonstige weitere Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II für die Zeit vom 01.09.2005 bis 30.06.2006 und überwies den Betrag von 165,- EUR mtl. an den Vermieter (Bescheide vom 27.10.2005, vom 18.01.2006 und vom 12.04.2006). Die Zwangsräumung des Betriebsgeländes erfolgte am 29.01.2007. Der Kläger wurde in die Notunterkunft X-straße 00, I, eingewiesen. Die Nutzungsgebühr betrug 130,65 EUR mtl. Dieser Betrag setzte sich aus einer Grundmiete von 68,70 EUR und Betriebskosten in Höhe von 61,95 EUR, die u.a. die Heizkosten inklusive Warmwasser und die Stromkosten umfassten, zusammen.

In der Zeit vom 08.07. bis 30.09.2005 bezog der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II (Bescheid vom 28.07.2005 und 02.08.2005). Der Beklagte veranlasste die Einstellung der Zahlungen zum 01.10.2005. In der Zeit vom 13.10.2005 bis zum 31.12.2007 bezog der Kläger durchgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vom Beklagten (Bescheide vom 25.10.2005, 26.10.2005, 21.02.2006, 11.04.2006, 14.07.2006, 30.08.2006, 20.12.2006, 22.02.2007, 16.05.2007, 02.06.2007, 03.08.2007, 29.08.2007).

Durch Bescheid vom 07.08.2006 senkte der Beklagte das Arbeitslosengeld II in Höhe von 103,50 EUR mtl. für die Zeit vom 01.09. bis 30.11.2006 wegen der Nichterfüllung der in der am 13.07.2006 abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten - Nichtantritt einer Maßnahme - ab und hob die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung insoweit auf. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 06.11.2006 als unbegründet zurückwies.

Durch Bescheid vom 30.08.2006 senkte der Beklagte das Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.10. bis 31.12.2006 um 34,50 EUR mtl. wegen eines Meldeversäumnisses am 15.08.2006 ab und hob die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung insoweit auf.

Durch Bescheid vom 29.03.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2007 hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II für die Zeit vom 09.08. bis 23.09.2005 teilweise in Höhe von 364,50 EUR unter Berufung auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auf und forderte vom Kläger einen Betrag von 364,50 EUR nach § 50 SGB X zurück. Hiergegen erhob der Kläger Klage, S 21 AS 173/07. Durch Bescheid vom 29.03.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2007 forderte der Beklagte vom Kläger einen zu viel ausgezahlten Betrag von 334,- EUR, der ihm am 12.01.2006 bar ausgezahlt worden war, zurück. Hiergegen erhob der Kläger Klage, S 21 AS 181/07.

In der mündlichen Verhandlung vom 26.05.2008 schlossen die Beteiligten zur Erledigung der Verfahren S 21 AS 173/07 und S 21 AS 181/07 einen Vergleich, in dem sich der Beklagte verpflichtete, dem Kläger für die Zeit vom 08.07.2005 bis 31.05.2008 komplett neu zu bescheiden. Daraufhin erließ der Beklagte am 29.08.2008 neun Bescheide. Er bewilligte dem Kläger folgende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes:

- 61548; für die Zeit vom 08.07. bis 31.07.2005 i.H.v. 513,- EUR (276,- EUR Regelleistung + 237,- EUR Kosten für Unterkunft und Heizung)

- 61548; für die Zeit vom 01.08. bis 31.08.2005 i.H.v. 361,05 EUR (64,80 EUR Regelleistung + 296,25 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung)

- 61548; für die Zeit vom 01.09. bis 30.09.2005 i.H.v 352,95 EUR (56,70 EUR Regelleistung + 296,25 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung)

- 61548; für die Zeit vom 13.10. bis 31.10.2005 i.H.v. 218,50 EUR (Regelleistung)

- 61548; für die Zeit vom 01.11. bis 31.12.2005 i.H.v. 345,- EUR mtl. (Regelleistung)

- 61548; für die Zeit vom 01.01. bis 31.03.2006 i.H.v. 345,- EUR mtl. (Regelleistung)

- 61548; für die Zeit vom 01.04. bis 30.06.2006 i.H.v. 345,- EUR mtl. (Regelleistung)

- 61548; für die Zeit vom 01.07. bis 31.08.2006 i.H.v. 510,- EUR mtl. (345,- EUR Regelleistung + 165,- EUR Kosten für Unterkunft und Heizung)

- 61548; für die Zeit vom 01.09. bis 30.09.2006 i.H.v. 406,- EUR (345,- EUR Regelleistung + 165,- EUR Kosten für Unterkunft und Heizung abzüglich 104,- EUR Minderungsbetrag aufgrund von Sanktionen)

- 61548; für die Zeit vom 01.10. bis 30.11.2006 i.H.v. 371,- EUR mtl. (345,- EUR Regelleistung + 165,- EUR Kosten für Unterkunft und Heizung abzüglich 139,- EUR Minderungsbetrag aufgrund von Sanktionen)

- 61548; für die Zeit vom 01.12. bis 31.12.2006 i.H.v. 475,- EUR (345,- EUR Regelleistung + 165,- EUR Kosten für Unterkunft und Heizung abzüglich 35,- EUR Minderungsbetrag aufgrund von Sanktionen)

- 61548; für die Zeit vom 01.01. bis 31.01.2007 i.H.v. 523,07 EUR (345,- EUR Regelleistung + 178,07 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung)

- 61548; für die Zeit vom 01.02. bis 30.04.2007 i.H.v. 475,65 EUR mtl. (345,- EUR Regelleistung + 130,65 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung)

- 61548; für die Zeit vom 01.05. bis 30.06.2007 i.H.v. 475,65 EUR mtl.(345,- EUR Regelleistung + 130,65 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung)

- 61548; für die Zeit vom 01.07. bis 31.10.2007 i.H.v. 477,65 EUR mtl. (347,- EUR Regelleistung + 130,65 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung)

- 61548; für die Zeit vom 01.11.2007 bis 31.08.2008 i.H.v. 477,65 EUR mtl. (347,- EUR Regelleistung + 130,65 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung)

- 61548; für die Zeit vom 01.04. bis 30.06.2008 i.H.v. 773,74 EUR mtl. (347,- EUR Regelleistung + 426,74 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung)

- 61548; für die Zeit vom 01.07 bis 31.10.2008 i.H.v. 777,67 EUR mtl. (351,- EUR Regelleistung + 426,74 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung)

Den Bescheiden war ein Schreiben des Beklagten beigefügt, wonach sich aus der den Änderungsbescheiden beigefügten Aufstellungen ergäbe, dass die Ansprüche an den Kläger voll ausgezahlt seien.

Den gegen die Bescheide eingelegten Widerspruch verwarf der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 12.11.2008 als unzulässig.

Am 12.12.2008 hat der Kläger Klage erhoben.

Er hat gerügt, dass die angefochtenen Bescheide keine Entscheidung bezüglich des Zeitraums vom 01.10. bis 12.10.2005 enthielten. Der Beklagte habe die bewilligten Leistungen für die Jahre 2005 bis 2007 teilweise nicht ausgezahlt.

Die Bevollmächtigte des Klägers hat beantragt,

den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 29.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2008 sowie der Bescheide vom 28.07.2005, 02.08.2005, 29.03.2007, 25.10.2005, 26.10.2005, 21.02.2006, 11.04.2006, 17.07.2006, 30.08.2006, 07.08.2006, 30.08.2006, 20.12.2006, 22.02.2007, 30.03.2007, 16.05.2007, 03.08.2007, 19.10.2007 und 11.07.2007 zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum vom 08.07.2005 bis 31.12.2007 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren und für diesen Zeitraum Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 808,55 EUR sowie Kosten der Unterkunft in Höhe von 829,51 EUR für den Zeitraum vom 08.07.2005 bis 31.12.2005 zu zahlen, für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 1.689,00 EUR sowie Unterkunftskosten in Höhe von 1.320,00 EUR auszuzahlen und für den Zeitraum vom 01.012007 bis 31.12.2007 Leistungen in Höhe von 487,64 EUR auszuzahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch Urteil vom 21.06.2011 hat das Sozialgericht Detmold den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 29.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2008, der Bescheide vom 28.07.2005 und vom 02.08.2005 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 29.03.2007 verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 08.07.2005 bis 31.07.2005 weitere Leistungen in Höhe von 23,89 EUR sowie für den Zeitraum vom 01.08.2005 bis 31.08.2005 in Höhe von weiteren 310,07 EUR, für den Zeitraum vom 01.09.2005 bis 30.09.2005 in Höhe von weiteren 318,17 EUR und für den Zeitraum vom 01.10.2005 bis 31.10.2005 in Höhe von 126,50 EUR zu gewähren und entsprechend auszuzahlen sowie unter Abänderung der Bescheide vom 29.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2008, vom 21.02.2006 und vom 11.04.2006 verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 30.06.2006 weitere Leistungen in Höhe von 82,50 EUR monatlich zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und dem Beklagten 1/4 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das am 21.07.2011 seiner Bevollmächtigten zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.08.2011 Berufung eingelegt.

Er verfolgt sein Begehren weiter. Ergänzend trägt er vor, dass er die rückständige Miete für das Betriebsgelände für die Monate Oktober 2005 bis Februar 2006 nach Mahnung des Vermieters gezahlt habe.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 21.05.2011 zu ändern und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 29.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2008 sowie der Bescheide vom 28.07.2005, 02.08.2005, 29.03.2007, 25.10.2005, 26.10.2005, 21.02.2006, 11.04.2006, 17.07.2006, 30.08.2006, 07.08.2006, 30.08.2006, 20112.2006, 22.02.2007, 30.03.2007, 16.05.2007, 03.08.2007, 19.10.2007 und 11.07.2007 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 08.07.2005 bis 31.12.2007 Leistungen nachdem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren und für diesen Zeitraum Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 808,55 EUR sowie Kosten der Unterkunft in Höhe von 829,51 EUR für den Zeitraum vom 08.07.2005 bis 31.12.2005 zu zahlen, für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 1.689,00 EUR sowie Unterkunftskosten in Höhe von 1.320,00 EUR auszuzahlen und für den Zeitraum vom 01.012007 bis 31.12.2007 Leistungen in Höhe von 487,64 EUR auszuzahlen und die rückständigen Leistungen zu verzinsen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage auf Verzinsung abzuweisen.

Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden (§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), da dieser mit der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist. Das persönliche Erscheinen des Klägers, der hinreichend Gelegenheit hatte, sich schriftsätzlich zu äußern, war auch nicht zum Zweck einer weiteren Sachverhaltsaufklärung angeordnet worden.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind die Bescheide vom 29.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2008, mit denen der Beklagte die Höhe der bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in der Zeit vom 08.07.2005 bis 31.10.2008nach § 44 SGB X überprüft hat. Streitbefangener Zeitraum ist der Zeitraum vom 08.07.2005 bis 31.12.2007, da die Klägerbevollmächtigte das Klagebegehren, das auf die Gewährung von höheren Leistungen nach dem SGB II gerichtet gewesen ist, in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht im Klageantrag auf diesen Zeitraum zeitlich begrenzt hat (vgl. zur Zulässigkeit der zeitlichen Beschränkung eines Klagebegehrens: Bundessozialgericht (BSG) Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 75/08 R = juris Rn 12). Neben der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage i.S.v. § 54 Abs. 2 und Abs. 4 SGG hat der Kläger erstinstanzlich eine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG erhoben, die auf Auszahlung der in den angefochtenen Bescheiden bewilligten Leistungen gerichtet ist. Desweiteren hat der Kläger im Berufungsverfahren erstinstanzlich eine Klage auf Verzinsung der rückständigen Leistungen erhoben.

Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr. 1 SGG beteiligtenfähig (vgl. BSG Urteil vom 18.01.2011 - B 4 AS 99/10 R = juris Rn 11). Nach § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten.

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf höherer Leistungen für die Zeit vom 01.09 bis 31.12.2006 in Höhe von 0,50 EUR mtl. zu. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet (I). Die Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG ist unbegründet (II). Die im Berufungsverfahren erhobene Leistungsklage auf Verzinsung der rückständigen Leistungen ist unzulässig (III).

I. Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von 0,50 EUR mtl. zu gewähren. Im Übrigen steht dem Kläger kein höherer Leistungsanspruch als ausgeurteilt zu.

Im Zeitraum vom 08.07.2005 bis 31.12.2007 hat der Kläger die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II dem Grunde nach erfüllt. Er hat in diesem Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik gehabt. Der Kläger ist hilfebedürftig gewesen, da er weder über ein zu berücksichtigendes Vermögen verfügt noch ein Einkommen i.S.v. § 11 Abs.1 Satz1 SGB II bezogen hat. Weder aus dem Akteneinhalt noch aus dem Vortrag des Klägers ergeben sich Anhaltspunkte, dass er im streitbefangenen Zeitraum aus seinem Gewerbebetrieb Gewinn erzielt hat. Der Kläger ist erwerbsfähig i.S.v. § 8 SGB II gewesen.

Der Beklagten hat dem Kläger in den angefochtenen Bescheiden die in § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II i.d.F. bis zum 3112.2010 (a. F.) vorgesehene Regelleistung für Alleinstehende für die Zeit vom 08.07. bis 30.09.2005 sowie vom 01.11.2005 bis 31.12.2007 in voller Höhe sowie für die Zeit vom 13.10 bis 31.10.2005 anteilig in Höhe von 218,50 EUR entsprechend der Vorschrift des § 41 Abs. 1 Satz 3 SGB II bewilligt. Die Höhe der für den Kläger anzusetzende Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts ergibt sich aus den Bestimmungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II a.F., wonach die Regelleistung für Alleinstehende ab dem 01.01.2005 345,- EUR und ab dem 01.07.2007 347,- EUR mtl. beträgt. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Vorschriften über die Höhe der Regelleistung, u. a. die des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II a.F., mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt. Daraus folgt aber nicht, dass einem Hilfebedürftigen ein höherer Anspruch auf Leistungen für einen zurückliegenden Zeitraum - wie im vorliegenden Fall - zusteht, vielmehr gilt die Vorschrift des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der jeweils anzuwendenden Fassung bis zum 31.12.2010 fort. Der Gesetzgeber ist nur verpflichtet die Regelleistung für die Zukunft neu festzusetzen (BVerfG Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 = juris Rn 210 ff; Beschluss vom 18.02.2010 - 1 BvR 1523/08 -, Beschluss vom 24.03.2010 - 1 BvR 395/09 - ; BSG Urteil vom 17.16.2010 - B 14 AS 17/10 R = juris Rn 16). Zudem hat das Sozialgericht den Beklagten verpflichtet, für den Zeitraum vom 01.10. bis 12.10.2005 eine Regelleistung in Höhe von 126,50 EUR zu gewähren. Damit erhielt der Kläger auch für den Monat Oktober 2005 die volle Regelleistung in Höhe von 345,- EUR, da der Beklagte ihm in dem Bescheid vom 29.08.2008 für die Zeit vom 13.10 bis 31.10.2005 schon eine anteilige Regelleistung von 218,50 EUR bewilligt hat.

Im streitbefangen Zeitraum sind die monatlichen Leistungen nicht um einen Mehrbedarf nach § 21 SGB II i.d.F. bis zum 31.12.2010 (a.F.) oder Sonderbedarf nach § 23 Abs. 3 SGB II i.d.F. bis zum 31.12.2010 (a.F.) zu erhöhen. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 1 - 5 SGB II a.F. oder eines Sonderbedarfs nach § 23 Abs. 3 SGB II a. F. haben nicht vorgelegen. Es sind nach Aktenlage keine Anhaltspunkte für das Bestehen eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 1 - 5 SGB II a.F. oder eines Sonderbedarfs nach § 23 Abs. 3 SGB II a. F. ersichtlich. Das Vorliegen solcher Bedarfe ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers. Ebenso hat beim Kläger im streitigen Zeitraum keine atypische Bedarfslage bestanden (vgl. zu den Ansprüchen bei atypischen Bedarfslagen: BSG Urteil vom 19.08.2010 - B 14 AS 13/10 R = juris Rn 17). Weder nach Aktenlage noch aus dem Vortrag des Klägers ergeben sich Hinweise auf eine solche Bedarfslage.

Dem Kläger steht auch kein höherer Anspruch auf Leistungen nach dem § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II als ausgeurteilt zu.

Der Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden vom 29.08.2008 die tatsächlich angefallenen Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01.07.2006 bis 31.12.2007 übernommen, nämlich 165,- EUR mtl. für die Anmietung der Lager- und Montagehalle, B-Weg 00, I für die Zeit vom 01.07. 2006 bis 29.01.2007 sowie die Nutzungsgebühr von 130,65 EUR mtl. für die Notunterkunft X-straße 00, I für die Zeit vom 29.01. bis 31.12.2007. Der Anfall weiterer Kosten für Unterkunft und Heizung i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in diesem Zeitraum ergibt sich weder aus dem Akteninhalt noch wird er von dem Kläger geltend gemacht.

Das Sozialgericht hat zudem den Beklagten verurteilt, dem Kläger die in der Zeit vom 08.07. bis 30.09.2005 angefallenen tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung für die Wohnung I-Straße 00, T in Höhe von 332,34 EUR mtl. zu tragen. Der Anfall weiterer Kosten für Unterkunft und Heizung i.S.v. § 22 Abs. 1 SGB II für diese Wohnung ist in den Akten nicht belegt und wird auch vom Kläger nicht geltend gemacht.

Für die Zeit vom 01.10.2005 bis 30.06.2006 steht dem Kläger kein Anspruch auf Leistungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II für die Nutzung der angemieteten Lager- und Montagehalle B-Weg 00, I, zu Unterkunftszwecken zu. Der Beklagte hat die Miete für die Lagerhalle, einschließlich der Stromkosten in Höhe von 165,- EUR mtl. für diesen Zeitraum als sonstige weitere Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II übernommen. Damit sind die Kosten der Halle im vorgenannten Zeitraum in vollem Umfang gedeckt. Soweit der Kläger geltend macht, der Beklagte habe die bewilligten Beträge für die Monate Oktober 2005 bis Februar 2006 nicht an den Vermieter ausgezahlt, steht dies im Gegensatz zum Akteninhalt. Die in den Verwaltungsakten befindlichen Daten zur Daueranordnung belegen, dass die Auszahlung des Betrages von 165,00 EUR mtl. jeweils zum 30.10.2005, 30.11.2005, 30.12.2005, 30.01.2006 und 28.02.2006 an den Vermieter veranlasst worden ist. Auf Anfrage des Klägers hat der Beklagte diesem auch mit Schreiben aus Februar 2006 die maßgeblichen Auszahlungstermine mitgeteilt. Weder der Kläger noch der Vermieter haben an die Überweisung der Beträge erinnert. Auch hat der Kläger im Schreiben aus Januar 2006 gegenüber dem Beklagten bestätigt, dass eine Mietzahlung von 465,- EUR für die Monate Oktober bis Dezember 2005 beim Vermieter eingegangen sind, dieser habe lediglich die Mietzahlung für September 2005 angemahnt.

Der Beklagte hat zu Recht das Arbeitslosengeld II für den Monat September 2006 um 103,50 EUR, für die Monate Oktober und November 20006 um 138,50 EUR mtl. und für den Monat Dezember 2006 um 34,50 EUR abgesenkt.

Der Bescheid vom 07.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2006 betreffend die Absenkung des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 01.09. bis 30.11.2006 in Höhe von 103,50 EUR mtl. ist rechtmäßig. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b SGB II i.d.F. bis zum 31.03.2011 (a.F.) wird das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn er trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflicht nicht erfüllt. Der Kläger hat den Sanktionstatbestand des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b SGB II a.F. erfüllt. Er hat sich in der Eingliederungsvereinbarung vom 13.07.2006 u.a. verpflichtet, an der Qualifizierungsmaßnahme bei Maßarbeit I e.V. in der Zeit vom 07.08. bis 06.12.2006 teilzunehmen. Diese Maßnahme hat der Kläger nicht angetreten. Über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung ist er ordnungsgemäß belehrt worden. Der Kläger ist in der Eingliederungsvereinbarung darüber belehrt worden, dass bei einer Verletzung der Grundpflichten sein Arbeitslosengeld II um 30% der Regelleistung gekürzt wird. Als Verletzung der Grundpflichten wird in der Eingliederungsvereinbarung u. a. die Nichterfüllung der Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung beschrieben. Der Kläger hat auch keinen wichtigen Grund i.S.v. § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II a.F. für die Nichtteilnahme an der Maßnahme gehabt. Er kann sich auch nicht darauf berufen, dass er aus finanziellen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, zum Maßnahmeort anzureisen. In der Regelleistung nach § 20 SGB II ist ein Betrag für die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmittel enthalten. Die Regelleistung dient nicht dazu - wie der Kläger anscheinend angenommen hat - die Kosten eines defizitären Gewerbebetriebs zu bestreiten. Mithin ist das Arbeitslosengeld II für die Dauer von drei Monaten um 30 vom Hundert der maßgebenden Regeleistung, also um 103,50 EUR mtl., abzusenken. Den Sanktionszeitraum hat der Beklagte zutreffend nach § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II a.F. auf die Zeit vom 01.09. bis 30.11.2006 festgesetzt.

Des Weiteren hat der Beklagte zutreffend in dem Bescheid vom 30.08.2006 das Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.10. bis 31.12.2006 um 34,50 EUR mtl. wegen eines Meldeversäumnisses am 15.08.2006 i.S.v. § 31 Abs. 2 Satz 1 SGB II a.F. abgesenkt. Der Kläger hat den Meldetermin am 15.08.2006 nicht wahrgenommen, wobei er in dem Schreiben vom 20.08.2006 eingeräumt hat, dass er Kenntnis von dem Termin gehabt hat, also die Meldeaufforderung erhalten hat. Ein wichtiger Grund für die Nichtwahrnehmung des Meldetermins am 15.08.2006 hat nicht vorgelegen. Der Kläger hat sich lediglich dahingehend eingelassen, dass er den Termin "verpasst" habe. Soweit er sich darauf berufen hat, er sei aus finanziellen Gründen nicht in der Lage gewesen, beim Beklagten vorzusprechen, wertet der Senat dies als Schutzbehauptung. Denn der Kläger hat 14 Tage später am 29.08.2006 bei unveränderten finanziellen Verhältnissen beim Beklagten vorgesprochen. Mithin ist der Sanktionstatbestand des § 31 Abs. 2 Satz 1 SGB II erfüllt gewesen, so dass der Beklagte berechtigt gewesen ist, das Arbeitslosengeld II um 10 vom Hundert, also von 34,50 EUR mtl., für die Dauer von drei Monaten abzusenken. Der Sanktionszeitraum wurde vom Beklagten zutreffend auf die Zeit vom 01.10. bis 31.12.2006 festgesetzt (§ 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II a.F.).

Die vom Beklagten in den angefochtenen Bescheiden vorgenommene Aufrundung der Sanktionsbeträge für die Zeit vom 01.09 bis 31.12.2006 nach § 41 Abs. 2 SGB II i.d.F. bis zum 31.03.2011(a.F.) auf 104,- EUR bzw. 139,- EUR und 35,- EUR ist rechtswidrig. Die Anwendung der Rundungsregel des § 41 Abs. 2 SGB II a.F. auf Sanktionsbeträge ist unzulässig (vgl. Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2 Aufl. § 41 Rn 17), da gefestigter Rechtsprechung des BSG die Rundungsregel des § 41 Abs. 2 SGB II nur auf die Endzahlbeträge anzuwenden ist (vgl. BSG Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 100/10 R = juris Rn 37).

Damit beläuft sich der Leistungsanspruch des Klägers für den Monat September auf 406,50 EUR, gerundet auf 407,- EUR, für die Monate Oktober und November auf jeweils 371,50 EUR mtl., gerundet auf 372,- EUR mtl., und für den Monat Dezember 2006 auf 475,50 EUR, gerundet 476,- EUR.

II. Die Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG ist unbegründet.

Der Beklagte hat die in den Bescheiden vom 29.08.2008 an den Kläger bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 08.07. bis 30.09.2005 und vom 13.10.2005 bis 31.12.2007 vollständig ausgezahlt. Insoweit nimmt der Senat auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

III. Das Begehren des Klägers, den Beklagten zu einer Verzinsung der rückständigen Leistungen zu verpflichten, ist unstatthaft. Eine Verpflichtung des Beklagten zur Verzinsung eines Nachzahlungsbetrages kann sich allenfalls aus § 44 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) ergeben, da in Verfahren betreffend Sozialleistungsansprüche vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit keine Prozesszinsen entsprechend § 291 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) anfallen (vgl. BSG Urteil vom 13.07.2010 - B 8 SO 10/10 R = juris Rn 12 m.w.N.). Eine Entscheidung des Beklagten über einen Zinsanspruch des Klägers nach § 44 SGB I ist bislang nicht ergangen. Damit ist die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 2 und 4 SGG wegen des Fehlens eines Verwaltungsaktes unzulässig. Der Kläger kann sein Begehren auch nicht in Form einer reinen Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG verfolgen, da zwischen ihm und dem Beklagten hinsichtlich des Zinsanspruchs aus § 44 SGB I kein Gleichordnungsverhältnis besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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