Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 17 P 88/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 P 5/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der aufgrund eines technischen Büroversehens fehlerhafte Beschluss des Senats vom 05.04.2012 wird aufgehoben und wie folgt neu gefasst: Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 17.11.2011 geändert. Den Antragsgegnern wird bis zum 31.10.2012 untersagt, die Veröffentlichung des Transparenzberichtes zu den Ergebnissen der Qualitätsprüfung vom 31.08.2011 über den ambulanten Pflegedienst der Antragstellerin im Internet oder in sonstiger Weise sowie dessen Freigabe an Dritte zum Zweck der Veröffentlichung zu veranlassen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird den Antragsgegnern ein Ordnungsgeld bis zu 250 000,- Euro, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten mit der Maßgabe angedroht, dass die Haft an einem vertretungsberechtigten Vorstandsmitglied der Antragsgegner zu vollziehen ist. Die Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens für beide Rechtszüge als Gesamtschuldner. Der Streitwert wird für jeden Rechtszug auf 25 000,- Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Senat hat über den den Beteiligten zugestellten Beschluss vom 05.04.2010 erneut entschieden, weil aufgrund eines fehlerhaften Datenabgleichs und eines Büroversehens den Beteiligten statt der ausgefertigten Endfassung des Beschlusses vom 05.04.2010 erneut der Vorentwurf zugestellt worden ist. Der Senat hält dies zur Klarstellung für erforderlich.
II.
Die Antragstellerin (Ast) wendet sich im Wege des Einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Veröffentlichung eines Transparenzberichts durch die Antragsgegner (AG). Die Ast betreibt den gemäß § 72 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) zugelassenen ambulanten Pflegedienst Q GbR. Am 31.08.2011 führte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Niedersachsen und Land Bremen (MDK) im Auftrage der AG in dieser Einrichtung eine Qualitätsprüfung gemäß §§ 114 ff SGB XI durch. Die Antragstellerin versorgte zum Zeitpunkt der Prüfung insgesamt 60 Personen, von denen 21 Leistungsempfänger nach dem SGB XI waren. In die Prüfung waren 5 Pflegebedürftige mit den Pflegestufen I bis III einbezogen. Der Prüfbericht wurde unter dem 09.09.2011 erstellt und der Ast mit Schreiben vom 12.09.2011 zur Kenntnisnahme übersandt. Die AG teilten der Ast mit E-Mail vom 13.09.2011 mit, dass der Transparenzbericht nunmehr im Internet zugänglich sei. Die Veröffentlichung erfolge spätestens 28 Tage nach dem ersten Entwurf. Es bestehe Gelegenheit zur Stellungnahme. Hiervon machte die ASt keinen Gebrauch.
Der Transparenzbericht weist als rechnerisches Gesamtergebnis aus dem Mittelwert der Punktebewertung der 37 Einzelkriterien die Note "gut" (1,9) aus. Der Qualitätsbereich "pflegerische Leistungen" erhielt die Note "mangelhaft" (4,7), der Qualitätsbereich "ärztlich verordnete pflegerische Leistungen " die Note "sehr gut" (1,0) und der Qualitätsbereich "Dienstleistung und Organisation" ebenfalls die Note "sehr gut" (1,0). Als Ergebnis der Befragung der Kunden des Pflegedienstes erhielt die Ast die nicht in das Gesamtergebnis einfließende Note "sehr gut" (1,0). Von den im Qualitätsbereich 1 geprüften 17 Einzelkriterien konnten 10 nicht bewertet werden, weil die Kriterien bei den in die Prüfung einbezogenen Pflegebedürftigen nicht vorlagen. Lediglich für ein Einzelkriterium konnten 5 Pflegebedürftige befragt werden. Demgegenüber lag der Bewertung von 5 Einzelkriterien jeweils lediglich die Befragung eines Pflegebedürftigen zugrunde. Im Qualitätsbereich 2 konnten lediglich 4 von 10 Kriterien bewertet werden, wobei jeweils bei 2 Einzelkriterien die Befragung nur eines bzw. zweier Pflegebedürftiger zugrunde lag. Der Qualitätsbereich 3 betrifft im Wesentlichen einrichtungsbezogene Kriterien.
Am 06.10.2011 hat die Ast bei dem Sozialgericht Detmold (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, mit der sie sich gegen die Veröffentlichung des Transparenzberichts wendet, da dieser unrichtig sei. Die Vorgabe der Vereinbarung nach § 115 Abs 1a S 6 SGB XI über die Kriterien der Veröffentlichung sowie die Bewertungssystematik der Qualitätsprüfung des MDK sowie gleichwertiger Prüfergebnisse von ambulanten Pflegediensten - Pflegetransparenzvereinbarung ambulant (PTVA) - vom 29.01.2009 seien nicht beachtet worden. Der seitens der AG benutzte Berechnungsweg für die Benotung der Pflegeeinrichtung sei falsch, weil er nicht mit dem aus der PTVA ersichtlichen Berechnungsweg übereinstimme. Die Notenbildung hinsichtlich der Einzel- wie auch der Gesamtbewertung nach Ziffer 2.2 Anlage 2 PTVA müsse durch Errechnung des jeweiligen arithmetischen Mittels der Bewertung der einzelnen Kriterien erfolgen. Eine Notenbildung aufgrund der den Einzelnoten zugrunde liegenden Skalenbewertungen stelle demgegenüber einen schweren Fehler dar und führe zu rechnerisch nicht korrekten Ergebnissen. Die AG hätten die Gesamtnote aufgrund der Summe der Skalen-Mittelwerte errechnet anstatt aufgrund der Summe der Einzelnoten. Bei zutreffender Berechnung nach den Skalenwerten ergebe sich im Qualitätsbereich 1 eine Abweichung dahingehend, dass die Note "ausreichend" (3,6) zu vergeben sei. Der Transparenzbericht bilde die Ergebnisqualität in der Einrichtung der Ast auch deshalb nicht zutreffend ab, da die Gruppe der befragten Patienten nicht ausreichend groß gewesen sei. Hierdurch habe ein großer Teil der Kriterien nicht geprüft werden können. Auch beruhten einzelne Prüfergebnisse nur auf der Befragung eines einzelnen Pflegebedürftigen. Schließlich gebe es bislang keine pflegewissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über valide Indikatoren in die Ergebnis- und Lebensqualität der pflegerischen Versorgung in Deutschland, so dass auch insoweit das auf der Grundlage der PTVA durchgeführte Benotungsverfahren nicht gesetzeskonform sei. Ein Anordnungsgrund liege vor, da der Ast ganz erhebliche Schäden in Form eines dramatischen Rückgangs der Pflegeinteressenten drohen würden. Dies könne schlimmstenfalls zum wirtschaftlichen Ruin führen. Diese Gefahr bestehe auch schon aufgrund der in einzelnen Bereichen äußerst schlechten Einzelbenotungen.
Die Antragsgegner haben die Ansicht vertreten, dass die Ast einen rechtserheblichen Mangel des Transparenzberichts nicht glaubhaft gemacht habe. Verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der PTVA sowie deren Rechtsgrundlage in § 115 Abs 1a SGB XI bestünden nicht. Die Anzahl der geprüften Pflegebedürftigen habe den Vorgaben der PTVA entsprochen. Danach seien 10 vH, jedoch mindestens 5 und höchstens 15 pflegebedürftige Menschen in die Prüfung einzubeziehen. Auch das in Anlage 2 zur PTVA geregelte Berechnungsverfahren der Noten sei berücksichtigt worden. Danach komme es nicht auf das arithmetische Mittel der Einzelnoten an, sondern auf die Punkt- und Skalenwertung. Die Ast habe auch nicht glaubhaft gemacht, dass die AG ihren Beurteilungsspielraum in unzulässiger Weise überschritten hätten. Die Bewertung habe den Boden der Neutralität, Objektivität und Sachkunde nicht verlassen. Schließlich fehle es an einem Anordnungsgrund. Eine konkrete Existenzgefährdung sei bei der Ast nicht zu erwarten. Diese habe die Möglichkeit der Beantragung einer kurzfristigen Wiederholungsprüfung sowie der Kommentierung des Transparenzberichts. Eine Abwägung zwischen einem denkbaren wirtschaftlichen Schaden der Ast im Vergleich zur schutzwürdigen Situation der Pflegebedürftigen ergebe eine deutlich überwiegendes öffentliches Interesse an der alsbaldigen Veröffentlichung des Berichts.
Mit Hängebeschluss vom 11.10.2011 hat das SG die Veröffentlichung des Transparenzberichts bis zur rechtskräftigen Entscheidung des vorliegenden Verfahrens untersagt. Mit Beschluss vom 17.11.2011 hat es den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung abgelehnt. Für die Veröffentlichung des Transparenzberichts bestehe mit § 115 Abs 1a SGB XI eine Rechtsgrundlage, die nicht verfassungswidrig sei und deren rechtliche Grenzen nicht überschritten worden seien. Bei summarischer Prüfung ergebe sich auch keine offensichtliche Unrichtigkeit des Transparenzberichts aufgrund der Bildung der Gesamtnoten. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Gesamtnote nicht aus dem arithmetischen Mittel der jeweils nach den Skalenwerten errechneten Noten, sondern aus dem Mittel der Skalenwerte und anschließender Notenbildung gemäß Ziffer 3 Anlage 2 PTVS bzw. PTVA gebildet werde. Die Ziffern 2.2 und 2.3 der Anlage PVTS würden auf das arithmetische Mittel der Bewertungen (nicht Noten) der maßgeblichen Kriterien abstellen. Der Begriff der Bewertung werde in Ziffer 2.1 Anlage 2 PTVA eindeutig in Bezug auf die Skalenwerte und nicht auf die gemäß Ziffer 3 zu ermittelnden Noten verwandt. Auch entspreche die geprüfte Anzahl der Pflegebedürftigen den Vorgaben der PTVA. Darüber hinaus habe die Ast einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft begründet. Der Vortrag, es drohe ein Rückgang der Pflegeinteressen und schlimmstenfalls wirtschaftlicher Ruin, sei rein spekulativ. Darüber hinaus habe die Ast von der Möglichkeit, sich kurzfristig um eine Wiederholungsprüfung zu bemühen, keinen Gebrauch gemacht.
Gegen den am 21.11.2011 zugestellten Beschluss hat die Ast am 21.12.2011 Beschwerde eingelegte und zur Begründung vorgetragen, die Veröffentlichung von Qualitätsprüfungsergebnissen sei de lege lata verfassungswidrig. Diese Auffassung werde durch zahlreiche Stimmen in Rechtsprechung und Literatur gestützt. Im Übrigen wiederholt sie ihr bisheriges Vorbringen und weist ergänzend darauf hin, dass das LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 12.08.2011, L 15 P 2/11 B ER) die seitens der Ast vertretene Rechtsauffassung zur Bildung von Gesamtnoten teile.
Die Ast beantragt,
I. Der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 17.11.2011 (S 17 P 88/11 ER) wird aufgehoben. Den Antragsgegnern wird vorläufig, bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Hauptsacheverfahren, untersagt, die Ergebnisse der MDK-Qualitätsprüfung in der Pflegeeinrichtung "Ambulanter Pflegedienst Q" vom 31.08.2011 und/oder den über die Prüfung erstellten Transparenzbericht im Internet und/oder sonst wie zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen und/oder auf andere Weise der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und eine etwaig bereits erfolgte Veröffentlichung rückgängig zu machen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wird den Antragsgegnern ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten mit der Maßgabe angedroht, dass die Haft an einem vertretungsberechtigten Vorstandsmitglied der Antragsgegner zu vollziehen ist.
II. Die Antragsgegner tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.
Die AG beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend und wiederholen zur Begründung im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der Beratung.
III.
Die zulässige Beschwerde der Ast ist begründet. Das SG hat den Antrag zu Unrecht abgelehnt, weil die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegeben sind.
Gemäß § 86 b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweiligen Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ast vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung).
Eine stattgebende Eilentscheidung setzt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg des Hauptsacheverfahrens (Anordnungsanspruch) und für die Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) als jeweils eigenständige Voraussetzungen des Anspruchsbegehrens voraus. Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs 2 Zivilprozessordnung (ZPO) iVm § 86b Abs 2 S 4 SGG glaubhaft zu machen. Im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes findet grundsätzlich eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage statt. Dies bedeutet, dass im Unterschied zum Hauptsacheverfahren keine vollständige und erschöpfende Aufklärung der Sach- und Rechtslage vorzunehmen ist. Grundsätzlich sind alle Beweismittel zulässig, allerdings reicht wegen des Verweises auf § 920 Abs 2 ZPO der gegenüber dem Vollbeweis geringere Wahrscheinlichkeitsgrad der Glaubhaftmachung.
Der Senat kommt nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage zu dem Ergebnis, dass sowohl ein Anordnungsanspruch (1.) wie auch ein Anordnungsgrund (2.) gegeben ist.
1. Ein Anordnungsanspruch liegt vor. Eine Klage hätte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in der Hauptsache Erfolg. Die Ast hat einen aus der Abwehrfunktion der Grundrechte bzw. aus einer analogen Anwendung von § 1004 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abzuleitenden öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch.
Voraussetzung für einen derartigen Anspruch ist ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in ein subjektives Recht der Ast. Diese Voraussetzung liegt vor.
a) Für die Veröffentlichung des Transparenzberichts besteht mit § 115 Abs 1a SGB XI eine Rechtsgrundlage, die nicht verfassungswidrig ist und deren rechtliche Grenzen nicht überschritten werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf seinen Beschluss vom 10.05.2010, L 10 P 10/10 B ER und insbesondere auf den auf Anhörungsrüge ergangenen Beschluss vom 22.06.2010, L 10 P 59/10 B ER RG, Bezug. Der erkennende Senat hält an dieser die stationäre Pflege betreffende Rechtsprechung ausdrücklich fest und erstreckt diese auch auf die im Wesentlichen deckungsgleich geregelte Veröffentlichung von Transparenzberichten in der ambulanten Pflege.
b) Entgegen der seitens der Ast vertretenen Rechtsauffassung ist der Transparenzbericht vorliegend auch nicht deshalb zu beanstanden, weil die Gesamtnote nicht aus dem arithmetischen Mittel der jeweils nach Skalenwerten errechneten Noten, sondern aus dem Mittel der Skalenwerte und anschließender Notenbildung gemäß Ziffer 2.3 der Anlage 2 PTVA gebildet wurde (aA LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.03.2010, L 27 P 14/10 B ER). Wie auch in der PTVS stellen die Ziffern 2.2 und 2.3 der Anlage 2 PTVA jeweils auf das arithmetische der Bewertungen (nicht Noten) der maßgeblichen Kriterien ab. Der Begriff der Bewertungen wird in Ziffer 2.1 Anlage 2 PTVA eindeutig in Bezug auf die Skalenwerte und nicht auf die gemäß der Ziffern 2.2 und 2.3 zu ermittelnden Noten verwandt. Der Senat hält auch insofern an seiner zur Anlage 2 der Pflege-Transparenzvereinbarung stationär (PTVS) ergangenen Rechtsprechung fest und erstreckt diese auf die PTVA (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 10.05.2010, L 10 P 10/10 B ER, Juris Rn 43).
c) Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen ist der vorliegende Transparenzbericht jedoch rechtswidrig, weil die AG eine zu geringe Zahl von Pflegebedürftigen geprüft und deshalb im Wesentlichen zu nicht tragfähigen Ergebnissen gelangt sind. Der erkennende Senat schließt sich insoweit der Auffassung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt an, wonach § 2 S 2 der PVTA im Wege der verfassungskonformen Auslegung dahin zu korrigieren ist, dass nicht mindestens 5, sondern mindestens 10 pflegebedürftige Menschen in die Prüfung einzubeziehen sind (vgl. Beschluss vom 08.07.2011, L 4 P 44/10 B ER, Juris Rn 47 ff). Diesen Vorgaben genügt der vorliegende Transparenz-bericht nicht, weil für ihn nur 5 pflegebedürftige Menschen in die Prüfung einbezogen wurden.
Der Senat hält nach dem oben Gesagten an seiner Auffassung, dass das System der Qualitätsprüfung und der Veröffentlichung der Ergebnisse in Form sogenannter Transparenzberichte grundsätzlich rechtmäßig ist, fest (s.o.). Voraussetzung ist allerdings, dass die auf dieser Grundlage gefundenen Ergebnisse und die an die Pflegeeinrichtung vergebenen Noten nachvollziehbar und - wenigstens annähernd - auch richtig und repräsentativ sind. Gerade weil jeweils nur einzelne sogenannte "Momentaufnahmen" zum Inhalt des Prüfberichts und der Veröffentlichung gemacht werden, muss der Qualitätsstandard möglichst realitätsnah abgebildet sein. Die Erlangung rechtlicher verlässlicher Aussagen im Sinne unverzehrter statistischer Kennwerte setzt im Rahmen des im Transparenzverfahren verwendeten Stichprobenverfahrens voraus, dass der gewählte Stichprobenumfang zu aussagekräftigen Ergebnissen führt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, aa0, Juris Rdnrn. 51 und 52). Das ist dann nicht der Fall, wenn weniger 10 als pflegebedürftige Menschen in die Prüfung einbezogen werden. So konnten im vorliegenden Falle bei nur 5 in die Prüfung einbezogenen Personen von den 27 personenbezogenen Kriterien der Qualitätsbereiche 1 und 2 überhaupt nur 11 bewertet werden. Dabei sind 7 dieser Bewertungen allein auf Prüfung eines einzigen Pflegebedürftigen erfolgt. Der Senat geht im Rahmen der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung davon aus, dass auf dieser Ermittlungsgrundlage eine verlässliche Aussage zur Pflegequalität der Ast nicht möglich ist. Angesichts der geringen Ermittlungsdichte besteht vielmehr die unübersehbare Gefahr, dass der Transparenzbericht eher Zufallsergebnisse als verlässliche Aussagen zur tatsächlichen Qualität der Pflegeleistung der Ast vermittelt. Dies steht aber im Gegensatz zu den mit der Veröffentlichung von Transparenzberichten verfolgten Zielen der Gewährleistung einer für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen verständlichen, umfassenden, übersichtlichen, nachprüfbaren und zuverlässigen Form der Darstellung von Angaben zur Pflegequalität der Einrichtungen (BT-Drucksache 16/7439). Der erkennende Senat hält deshalb in Übereinstimmung mit dem LSG Sachsen-Anhalt (aa0) im Ergebnis das von Prof. Dr. I und Prof. Dr. X in der am 21.07.2010 vorgelegten "Wissenschaftlichen Evaluation zur Beurteilung der Pflege-Transparenzvereinbarung für den ambulanten (PVTA) und stationären (PVTS) Bereich" formulierte Erfordernis eines erforderlichen Mindestumfangs einer Stichprobe mit 10 Personen für nachvollziehbar und geboten und schließt sich den entsprechenden Erwägungen des LSG Sachsen-Anhalt an.
2. Auch ein Anordnungsgrund liegt vor. Die Rechtsverfolgung durch die Ast ist vorliegend offensichtlich zulässig und begründet. Damit vermindern sich auch die Anforderungen an den Anordnungsgrund. Dem Antrag ist in diesem Falle in der Regel stattzugeben (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 05.05.2011, L 10 P 7/11 B ER Juris Rdnr 35). Dies gilt im vorliegenden Verfahren insbesondere auch deshalb, weil ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Veröffentlichung des aufgrund unzureichender Ermittlungsergebnisse erstellten Transparenzberichts bereits deshalb nicht bestehen kann, weil hierin nach dem oben Gesagten eine zuverlässige Aussage zur Pflegequalität durch die Ast überhaupt nicht möglich ist.
Der Senat hat die Unterlassungsanordnung bis Ende Oktober 2012 ausgesprochen, weil im Hinblick auf § 114 Abs 2 SGB XI die Wiederholungsprüfung im Abstand von höchstens einem Jahr und ausgehend von der letzten Qualitätsprüfung im August 2011 danach bis Ende August 2012 veranlasst sein muss. Unter Berücksichtigung eines Vorlaufs von weiteren zwei Monaten werden die neueren Erkenntnisse der Wiederholungsprüfung für die Aktualisierung des Prüfberichts gemäß § 115 Abs 1 a S 4 SGB XI bis Ende Oktober 2012 zur Verfügung stehen können. Es handelt sich bei dem Prüfbericht um Momentaufnahmen und der Qualitätsstandard soll aktuell abgebildet werden. Er soll dem Pflegebedürftigen oder seinen Angehörigen den Weg erleichtern, einen Platz in einem Pflegeheim zu suchen. Der Senat hält es insoweit nicht für sachgerecht, die Unterlassungsanordnung wie beantragt bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens auszusprechen, weil die Hauptsacheverfahren seitens der ASt häufig nicht eingeleitet werden und die AG von der Möglichkeit, den AG über § 202 SGG iVm § 926 Abs 1 ZPO zur Klageerhebung zu zwingen, ebenso regelmäßig keinen Gebrauch machen. Insoweit war die Beschwerde zurückzuweisen. Kommt eine Wiederholungsprüfung nicht innerhalb der Frist des § 114 Abs 2 SGB XI zustande, kann gegebenenfalls erneut Rechtsschutz beantragt werden.
Die Rechtmäßigkeit der Androhung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft folgt aus § 86b Abs 2 S 4 SGG iVm §§ 928, 890 Absätze 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO), vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 23.12.2009, L 6 KR 331/09 ER, Juris Rn 19 mwN sowie zur Frage der Anwendbarkeit gegenüber Behörden: BSG, Urteil vom 20.04.1988, 3/8 RK 4/87, Juris Rn 28 und 29.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die teilweise Zurückweisung der Beschwerde im Hinblick auf die Dauer der Unterlassungsanordnung hat auf die Kostenregelung keinen Einfluss.
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 197a SGG iVm §§ 63 Abs 3 S 1, 53 Abs 2 Ziffer 4, 52 Abs 2 und 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Im Hinblick auf die subjektive Bedeutung der Veröffentlichung eines Transparenzberichts für die Beteiligten hält es der Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Beschlüsse des erkennenden Senats vom 05.07.2010, L 10 P 10/10 B ER und L 10 P 59/10 B ER RG) im Rahmen der Schätzung nach § 52 Abs 1 GKG (nach billigem Ermessen) für angemessen, den Streitwert mit 25.000 EUR festzusetzen. Auch in Maßnahmenbescheiden bildet der Senat Maßnahmekomplexe, die er im Rahmen der Schätzung orientiert am Auffangstreitwert (§ 52 Abs 1, Abs 2 GKG) mit jeweils 5.000 EUR bewertet (vgl. zur Höhe des Streitwerts bei Maßnahmebescheiden: Beschluss des erkennenden Senats vom 26.05.2010, L 10 P 41/09 P). Die Auswirkungen eines veröffentlichten Transparenzberichts stehen denen festgestellter und kurzfristig behebbarer Qualitätsmängel nicht nach, sondern der veröffentlichte Transparenzbericht gibt die Bewertung jedenfalls bis zur nächsten Wiederholungsprüfung/Regelprüfung und Berücksichtigung neuerer Ergebnisse (§ 115 Abs 1a Satz 4 SGB XI) für einen Zeitraum von regelmäßig etwa einem Jahr (§ 114 Abs 2 SGB XI) wieder, dies auch, wenn die festgestellten Mängel bereits beseitigt worden sind. Dem ist Rechnung zu tragen. Eine Reduzierung des Streitwerts im Anordnungsverfahren hält der Senat nicht für geboten, wenn wie hier kein Hauptsacheverfahren anhängig gemacht ist und dem Anordnungsverfahren - dies ist in der Praxis überwiegend der Fall - quasi die abschließende Wirkung eines Hauptsacheverfahrens zukommt. Im Ergebnis strebt die ASt auch die Vorwegnahme der Hauptsache an; zudem haben auch die Landesverbände der Pflegekassen in den Fällen, in denen Ihnen im Anordnungsverfahren die Veröffentlichung des Transparenzberichtes untersagt worden ist, bisher regelmäßig nicht den Antrag gemäß § 202 SGG iVm § 926 Abs 1 ZPO gestellt. Insoweit hält der Senat im Eilrechtschutzverfahren den auch im Hauptsacheverfahren festzusetzenden Streitwert für sachgerecht.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Senat hat über den den Beteiligten zugestellten Beschluss vom 05.04.2010 erneut entschieden, weil aufgrund eines fehlerhaften Datenabgleichs und eines Büroversehens den Beteiligten statt der ausgefertigten Endfassung des Beschlusses vom 05.04.2010 erneut der Vorentwurf zugestellt worden ist. Der Senat hält dies zur Klarstellung für erforderlich.
II.
Die Antragstellerin (Ast) wendet sich im Wege des Einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Veröffentlichung eines Transparenzberichts durch die Antragsgegner (AG). Die Ast betreibt den gemäß § 72 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) zugelassenen ambulanten Pflegedienst Q GbR. Am 31.08.2011 führte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Niedersachsen und Land Bremen (MDK) im Auftrage der AG in dieser Einrichtung eine Qualitätsprüfung gemäß §§ 114 ff SGB XI durch. Die Antragstellerin versorgte zum Zeitpunkt der Prüfung insgesamt 60 Personen, von denen 21 Leistungsempfänger nach dem SGB XI waren. In die Prüfung waren 5 Pflegebedürftige mit den Pflegestufen I bis III einbezogen. Der Prüfbericht wurde unter dem 09.09.2011 erstellt und der Ast mit Schreiben vom 12.09.2011 zur Kenntnisnahme übersandt. Die AG teilten der Ast mit E-Mail vom 13.09.2011 mit, dass der Transparenzbericht nunmehr im Internet zugänglich sei. Die Veröffentlichung erfolge spätestens 28 Tage nach dem ersten Entwurf. Es bestehe Gelegenheit zur Stellungnahme. Hiervon machte die ASt keinen Gebrauch.
Der Transparenzbericht weist als rechnerisches Gesamtergebnis aus dem Mittelwert der Punktebewertung der 37 Einzelkriterien die Note "gut" (1,9) aus. Der Qualitätsbereich "pflegerische Leistungen" erhielt die Note "mangelhaft" (4,7), der Qualitätsbereich "ärztlich verordnete pflegerische Leistungen " die Note "sehr gut" (1,0) und der Qualitätsbereich "Dienstleistung und Organisation" ebenfalls die Note "sehr gut" (1,0). Als Ergebnis der Befragung der Kunden des Pflegedienstes erhielt die Ast die nicht in das Gesamtergebnis einfließende Note "sehr gut" (1,0). Von den im Qualitätsbereich 1 geprüften 17 Einzelkriterien konnten 10 nicht bewertet werden, weil die Kriterien bei den in die Prüfung einbezogenen Pflegebedürftigen nicht vorlagen. Lediglich für ein Einzelkriterium konnten 5 Pflegebedürftige befragt werden. Demgegenüber lag der Bewertung von 5 Einzelkriterien jeweils lediglich die Befragung eines Pflegebedürftigen zugrunde. Im Qualitätsbereich 2 konnten lediglich 4 von 10 Kriterien bewertet werden, wobei jeweils bei 2 Einzelkriterien die Befragung nur eines bzw. zweier Pflegebedürftiger zugrunde lag. Der Qualitätsbereich 3 betrifft im Wesentlichen einrichtungsbezogene Kriterien.
Am 06.10.2011 hat die Ast bei dem Sozialgericht Detmold (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, mit der sie sich gegen die Veröffentlichung des Transparenzberichts wendet, da dieser unrichtig sei. Die Vorgabe der Vereinbarung nach § 115 Abs 1a S 6 SGB XI über die Kriterien der Veröffentlichung sowie die Bewertungssystematik der Qualitätsprüfung des MDK sowie gleichwertiger Prüfergebnisse von ambulanten Pflegediensten - Pflegetransparenzvereinbarung ambulant (PTVA) - vom 29.01.2009 seien nicht beachtet worden. Der seitens der AG benutzte Berechnungsweg für die Benotung der Pflegeeinrichtung sei falsch, weil er nicht mit dem aus der PTVA ersichtlichen Berechnungsweg übereinstimme. Die Notenbildung hinsichtlich der Einzel- wie auch der Gesamtbewertung nach Ziffer 2.2 Anlage 2 PTVA müsse durch Errechnung des jeweiligen arithmetischen Mittels der Bewertung der einzelnen Kriterien erfolgen. Eine Notenbildung aufgrund der den Einzelnoten zugrunde liegenden Skalenbewertungen stelle demgegenüber einen schweren Fehler dar und führe zu rechnerisch nicht korrekten Ergebnissen. Die AG hätten die Gesamtnote aufgrund der Summe der Skalen-Mittelwerte errechnet anstatt aufgrund der Summe der Einzelnoten. Bei zutreffender Berechnung nach den Skalenwerten ergebe sich im Qualitätsbereich 1 eine Abweichung dahingehend, dass die Note "ausreichend" (3,6) zu vergeben sei. Der Transparenzbericht bilde die Ergebnisqualität in der Einrichtung der Ast auch deshalb nicht zutreffend ab, da die Gruppe der befragten Patienten nicht ausreichend groß gewesen sei. Hierdurch habe ein großer Teil der Kriterien nicht geprüft werden können. Auch beruhten einzelne Prüfergebnisse nur auf der Befragung eines einzelnen Pflegebedürftigen. Schließlich gebe es bislang keine pflegewissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über valide Indikatoren in die Ergebnis- und Lebensqualität der pflegerischen Versorgung in Deutschland, so dass auch insoweit das auf der Grundlage der PTVA durchgeführte Benotungsverfahren nicht gesetzeskonform sei. Ein Anordnungsgrund liege vor, da der Ast ganz erhebliche Schäden in Form eines dramatischen Rückgangs der Pflegeinteressenten drohen würden. Dies könne schlimmstenfalls zum wirtschaftlichen Ruin führen. Diese Gefahr bestehe auch schon aufgrund der in einzelnen Bereichen äußerst schlechten Einzelbenotungen.
Die Antragsgegner haben die Ansicht vertreten, dass die Ast einen rechtserheblichen Mangel des Transparenzberichts nicht glaubhaft gemacht habe. Verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der PTVA sowie deren Rechtsgrundlage in § 115 Abs 1a SGB XI bestünden nicht. Die Anzahl der geprüften Pflegebedürftigen habe den Vorgaben der PTVA entsprochen. Danach seien 10 vH, jedoch mindestens 5 und höchstens 15 pflegebedürftige Menschen in die Prüfung einzubeziehen. Auch das in Anlage 2 zur PTVA geregelte Berechnungsverfahren der Noten sei berücksichtigt worden. Danach komme es nicht auf das arithmetische Mittel der Einzelnoten an, sondern auf die Punkt- und Skalenwertung. Die Ast habe auch nicht glaubhaft gemacht, dass die AG ihren Beurteilungsspielraum in unzulässiger Weise überschritten hätten. Die Bewertung habe den Boden der Neutralität, Objektivität und Sachkunde nicht verlassen. Schließlich fehle es an einem Anordnungsgrund. Eine konkrete Existenzgefährdung sei bei der Ast nicht zu erwarten. Diese habe die Möglichkeit der Beantragung einer kurzfristigen Wiederholungsprüfung sowie der Kommentierung des Transparenzberichts. Eine Abwägung zwischen einem denkbaren wirtschaftlichen Schaden der Ast im Vergleich zur schutzwürdigen Situation der Pflegebedürftigen ergebe eine deutlich überwiegendes öffentliches Interesse an der alsbaldigen Veröffentlichung des Berichts.
Mit Hängebeschluss vom 11.10.2011 hat das SG die Veröffentlichung des Transparenzberichts bis zur rechtskräftigen Entscheidung des vorliegenden Verfahrens untersagt. Mit Beschluss vom 17.11.2011 hat es den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung abgelehnt. Für die Veröffentlichung des Transparenzberichts bestehe mit § 115 Abs 1a SGB XI eine Rechtsgrundlage, die nicht verfassungswidrig sei und deren rechtliche Grenzen nicht überschritten worden seien. Bei summarischer Prüfung ergebe sich auch keine offensichtliche Unrichtigkeit des Transparenzberichts aufgrund der Bildung der Gesamtnoten. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Gesamtnote nicht aus dem arithmetischen Mittel der jeweils nach den Skalenwerten errechneten Noten, sondern aus dem Mittel der Skalenwerte und anschließender Notenbildung gemäß Ziffer 3 Anlage 2 PTVS bzw. PTVA gebildet werde. Die Ziffern 2.2 und 2.3 der Anlage PVTS würden auf das arithmetische Mittel der Bewertungen (nicht Noten) der maßgeblichen Kriterien abstellen. Der Begriff der Bewertung werde in Ziffer 2.1 Anlage 2 PTVA eindeutig in Bezug auf die Skalenwerte und nicht auf die gemäß Ziffer 3 zu ermittelnden Noten verwandt. Auch entspreche die geprüfte Anzahl der Pflegebedürftigen den Vorgaben der PTVA. Darüber hinaus habe die Ast einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft begründet. Der Vortrag, es drohe ein Rückgang der Pflegeinteressen und schlimmstenfalls wirtschaftlicher Ruin, sei rein spekulativ. Darüber hinaus habe die Ast von der Möglichkeit, sich kurzfristig um eine Wiederholungsprüfung zu bemühen, keinen Gebrauch gemacht.
Gegen den am 21.11.2011 zugestellten Beschluss hat die Ast am 21.12.2011 Beschwerde eingelegte und zur Begründung vorgetragen, die Veröffentlichung von Qualitätsprüfungsergebnissen sei de lege lata verfassungswidrig. Diese Auffassung werde durch zahlreiche Stimmen in Rechtsprechung und Literatur gestützt. Im Übrigen wiederholt sie ihr bisheriges Vorbringen und weist ergänzend darauf hin, dass das LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 12.08.2011, L 15 P 2/11 B ER) die seitens der Ast vertretene Rechtsauffassung zur Bildung von Gesamtnoten teile.
Die Ast beantragt,
I. Der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 17.11.2011 (S 17 P 88/11 ER) wird aufgehoben. Den Antragsgegnern wird vorläufig, bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Hauptsacheverfahren, untersagt, die Ergebnisse der MDK-Qualitätsprüfung in der Pflegeeinrichtung "Ambulanter Pflegedienst Q" vom 31.08.2011 und/oder den über die Prüfung erstellten Transparenzbericht im Internet und/oder sonst wie zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen und/oder auf andere Weise der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und eine etwaig bereits erfolgte Veröffentlichung rückgängig zu machen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wird den Antragsgegnern ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten mit der Maßgabe angedroht, dass die Haft an einem vertretungsberechtigten Vorstandsmitglied der Antragsgegner zu vollziehen ist.
II. Die Antragsgegner tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.
Die AG beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend und wiederholen zur Begründung im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der Beratung.
III.
Die zulässige Beschwerde der Ast ist begründet. Das SG hat den Antrag zu Unrecht abgelehnt, weil die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegeben sind.
Gemäß § 86 b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweiligen Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ast vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung).
Eine stattgebende Eilentscheidung setzt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg des Hauptsacheverfahrens (Anordnungsanspruch) und für die Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) als jeweils eigenständige Voraussetzungen des Anspruchsbegehrens voraus. Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs 2 Zivilprozessordnung (ZPO) iVm § 86b Abs 2 S 4 SGG glaubhaft zu machen. Im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes findet grundsätzlich eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage statt. Dies bedeutet, dass im Unterschied zum Hauptsacheverfahren keine vollständige und erschöpfende Aufklärung der Sach- und Rechtslage vorzunehmen ist. Grundsätzlich sind alle Beweismittel zulässig, allerdings reicht wegen des Verweises auf § 920 Abs 2 ZPO der gegenüber dem Vollbeweis geringere Wahrscheinlichkeitsgrad der Glaubhaftmachung.
Der Senat kommt nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage zu dem Ergebnis, dass sowohl ein Anordnungsanspruch (1.) wie auch ein Anordnungsgrund (2.) gegeben ist.
1. Ein Anordnungsanspruch liegt vor. Eine Klage hätte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in der Hauptsache Erfolg. Die Ast hat einen aus der Abwehrfunktion der Grundrechte bzw. aus einer analogen Anwendung von § 1004 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abzuleitenden öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch.
Voraussetzung für einen derartigen Anspruch ist ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in ein subjektives Recht der Ast. Diese Voraussetzung liegt vor.
a) Für die Veröffentlichung des Transparenzberichts besteht mit § 115 Abs 1a SGB XI eine Rechtsgrundlage, die nicht verfassungswidrig ist und deren rechtliche Grenzen nicht überschritten werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf seinen Beschluss vom 10.05.2010, L 10 P 10/10 B ER und insbesondere auf den auf Anhörungsrüge ergangenen Beschluss vom 22.06.2010, L 10 P 59/10 B ER RG, Bezug. Der erkennende Senat hält an dieser die stationäre Pflege betreffende Rechtsprechung ausdrücklich fest und erstreckt diese auch auf die im Wesentlichen deckungsgleich geregelte Veröffentlichung von Transparenzberichten in der ambulanten Pflege.
b) Entgegen der seitens der Ast vertretenen Rechtsauffassung ist der Transparenzbericht vorliegend auch nicht deshalb zu beanstanden, weil die Gesamtnote nicht aus dem arithmetischen Mittel der jeweils nach Skalenwerten errechneten Noten, sondern aus dem Mittel der Skalenwerte und anschließender Notenbildung gemäß Ziffer 2.3 der Anlage 2 PTVA gebildet wurde (aA LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.03.2010, L 27 P 14/10 B ER). Wie auch in der PTVS stellen die Ziffern 2.2 und 2.3 der Anlage 2 PTVA jeweils auf das arithmetische der Bewertungen (nicht Noten) der maßgeblichen Kriterien ab. Der Begriff der Bewertungen wird in Ziffer 2.1 Anlage 2 PTVA eindeutig in Bezug auf die Skalenwerte und nicht auf die gemäß der Ziffern 2.2 und 2.3 zu ermittelnden Noten verwandt. Der Senat hält auch insofern an seiner zur Anlage 2 der Pflege-Transparenzvereinbarung stationär (PTVS) ergangenen Rechtsprechung fest und erstreckt diese auf die PTVA (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 10.05.2010, L 10 P 10/10 B ER, Juris Rn 43).
c) Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen ist der vorliegende Transparenzbericht jedoch rechtswidrig, weil die AG eine zu geringe Zahl von Pflegebedürftigen geprüft und deshalb im Wesentlichen zu nicht tragfähigen Ergebnissen gelangt sind. Der erkennende Senat schließt sich insoweit der Auffassung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt an, wonach § 2 S 2 der PVTA im Wege der verfassungskonformen Auslegung dahin zu korrigieren ist, dass nicht mindestens 5, sondern mindestens 10 pflegebedürftige Menschen in die Prüfung einzubeziehen sind (vgl. Beschluss vom 08.07.2011, L 4 P 44/10 B ER, Juris Rn 47 ff). Diesen Vorgaben genügt der vorliegende Transparenz-bericht nicht, weil für ihn nur 5 pflegebedürftige Menschen in die Prüfung einbezogen wurden.
Der Senat hält nach dem oben Gesagten an seiner Auffassung, dass das System der Qualitätsprüfung und der Veröffentlichung der Ergebnisse in Form sogenannter Transparenzberichte grundsätzlich rechtmäßig ist, fest (s.o.). Voraussetzung ist allerdings, dass die auf dieser Grundlage gefundenen Ergebnisse und die an die Pflegeeinrichtung vergebenen Noten nachvollziehbar und - wenigstens annähernd - auch richtig und repräsentativ sind. Gerade weil jeweils nur einzelne sogenannte "Momentaufnahmen" zum Inhalt des Prüfberichts und der Veröffentlichung gemacht werden, muss der Qualitätsstandard möglichst realitätsnah abgebildet sein. Die Erlangung rechtlicher verlässlicher Aussagen im Sinne unverzehrter statistischer Kennwerte setzt im Rahmen des im Transparenzverfahren verwendeten Stichprobenverfahrens voraus, dass der gewählte Stichprobenumfang zu aussagekräftigen Ergebnissen führt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, aa0, Juris Rdnrn. 51 und 52). Das ist dann nicht der Fall, wenn weniger 10 als pflegebedürftige Menschen in die Prüfung einbezogen werden. So konnten im vorliegenden Falle bei nur 5 in die Prüfung einbezogenen Personen von den 27 personenbezogenen Kriterien der Qualitätsbereiche 1 und 2 überhaupt nur 11 bewertet werden. Dabei sind 7 dieser Bewertungen allein auf Prüfung eines einzigen Pflegebedürftigen erfolgt. Der Senat geht im Rahmen der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung davon aus, dass auf dieser Ermittlungsgrundlage eine verlässliche Aussage zur Pflegequalität der Ast nicht möglich ist. Angesichts der geringen Ermittlungsdichte besteht vielmehr die unübersehbare Gefahr, dass der Transparenzbericht eher Zufallsergebnisse als verlässliche Aussagen zur tatsächlichen Qualität der Pflegeleistung der Ast vermittelt. Dies steht aber im Gegensatz zu den mit der Veröffentlichung von Transparenzberichten verfolgten Zielen der Gewährleistung einer für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen verständlichen, umfassenden, übersichtlichen, nachprüfbaren und zuverlässigen Form der Darstellung von Angaben zur Pflegequalität der Einrichtungen (BT-Drucksache 16/7439). Der erkennende Senat hält deshalb in Übereinstimmung mit dem LSG Sachsen-Anhalt (aa0) im Ergebnis das von Prof. Dr. I und Prof. Dr. X in der am 21.07.2010 vorgelegten "Wissenschaftlichen Evaluation zur Beurteilung der Pflege-Transparenzvereinbarung für den ambulanten (PVTA) und stationären (PVTS) Bereich" formulierte Erfordernis eines erforderlichen Mindestumfangs einer Stichprobe mit 10 Personen für nachvollziehbar und geboten und schließt sich den entsprechenden Erwägungen des LSG Sachsen-Anhalt an.
2. Auch ein Anordnungsgrund liegt vor. Die Rechtsverfolgung durch die Ast ist vorliegend offensichtlich zulässig und begründet. Damit vermindern sich auch die Anforderungen an den Anordnungsgrund. Dem Antrag ist in diesem Falle in der Regel stattzugeben (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 05.05.2011, L 10 P 7/11 B ER Juris Rdnr 35). Dies gilt im vorliegenden Verfahren insbesondere auch deshalb, weil ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Veröffentlichung des aufgrund unzureichender Ermittlungsergebnisse erstellten Transparenzberichts bereits deshalb nicht bestehen kann, weil hierin nach dem oben Gesagten eine zuverlässige Aussage zur Pflegequalität durch die Ast überhaupt nicht möglich ist.
Der Senat hat die Unterlassungsanordnung bis Ende Oktober 2012 ausgesprochen, weil im Hinblick auf § 114 Abs 2 SGB XI die Wiederholungsprüfung im Abstand von höchstens einem Jahr und ausgehend von der letzten Qualitätsprüfung im August 2011 danach bis Ende August 2012 veranlasst sein muss. Unter Berücksichtigung eines Vorlaufs von weiteren zwei Monaten werden die neueren Erkenntnisse der Wiederholungsprüfung für die Aktualisierung des Prüfberichts gemäß § 115 Abs 1 a S 4 SGB XI bis Ende Oktober 2012 zur Verfügung stehen können. Es handelt sich bei dem Prüfbericht um Momentaufnahmen und der Qualitätsstandard soll aktuell abgebildet werden. Er soll dem Pflegebedürftigen oder seinen Angehörigen den Weg erleichtern, einen Platz in einem Pflegeheim zu suchen. Der Senat hält es insoweit nicht für sachgerecht, die Unterlassungsanordnung wie beantragt bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens auszusprechen, weil die Hauptsacheverfahren seitens der ASt häufig nicht eingeleitet werden und die AG von der Möglichkeit, den AG über § 202 SGG iVm § 926 Abs 1 ZPO zur Klageerhebung zu zwingen, ebenso regelmäßig keinen Gebrauch machen. Insoweit war die Beschwerde zurückzuweisen. Kommt eine Wiederholungsprüfung nicht innerhalb der Frist des § 114 Abs 2 SGB XI zustande, kann gegebenenfalls erneut Rechtsschutz beantragt werden.
Die Rechtmäßigkeit der Androhung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft folgt aus § 86b Abs 2 S 4 SGG iVm §§ 928, 890 Absätze 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO), vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 23.12.2009, L 6 KR 331/09 ER, Juris Rn 19 mwN sowie zur Frage der Anwendbarkeit gegenüber Behörden: BSG, Urteil vom 20.04.1988, 3/8 RK 4/87, Juris Rn 28 und 29.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die teilweise Zurückweisung der Beschwerde im Hinblick auf die Dauer der Unterlassungsanordnung hat auf die Kostenregelung keinen Einfluss.
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 197a SGG iVm §§ 63 Abs 3 S 1, 53 Abs 2 Ziffer 4, 52 Abs 2 und 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Im Hinblick auf die subjektive Bedeutung der Veröffentlichung eines Transparenzberichts für die Beteiligten hält es der Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Beschlüsse des erkennenden Senats vom 05.07.2010, L 10 P 10/10 B ER und L 10 P 59/10 B ER RG) im Rahmen der Schätzung nach § 52 Abs 1 GKG (nach billigem Ermessen) für angemessen, den Streitwert mit 25.000 EUR festzusetzen. Auch in Maßnahmenbescheiden bildet der Senat Maßnahmekomplexe, die er im Rahmen der Schätzung orientiert am Auffangstreitwert (§ 52 Abs 1, Abs 2 GKG) mit jeweils 5.000 EUR bewertet (vgl. zur Höhe des Streitwerts bei Maßnahmebescheiden: Beschluss des erkennenden Senats vom 26.05.2010, L 10 P 41/09 P). Die Auswirkungen eines veröffentlichten Transparenzberichts stehen denen festgestellter und kurzfristig behebbarer Qualitätsmängel nicht nach, sondern der veröffentlichte Transparenzbericht gibt die Bewertung jedenfalls bis zur nächsten Wiederholungsprüfung/Regelprüfung und Berücksichtigung neuerer Ergebnisse (§ 115 Abs 1a Satz 4 SGB XI) für einen Zeitraum von regelmäßig etwa einem Jahr (§ 114 Abs 2 SGB XI) wieder, dies auch, wenn die festgestellten Mängel bereits beseitigt worden sind. Dem ist Rechnung zu tragen. Eine Reduzierung des Streitwerts im Anordnungsverfahren hält der Senat nicht für geboten, wenn wie hier kein Hauptsacheverfahren anhängig gemacht ist und dem Anordnungsverfahren - dies ist in der Praxis überwiegend der Fall - quasi die abschließende Wirkung eines Hauptsacheverfahrens zukommt. Im Ergebnis strebt die ASt auch die Vorwegnahme der Hauptsache an; zudem haben auch die Landesverbände der Pflegekassen in den Fällen, in denen Ihnen im Anordnungsverfahren die Veröffentlichung des Transparenzberichtes untersagt worden ist, bisher regelmäßig nicht den Antrag gemäß § 202 SGG iVm § 926 Abs 1 ZPO gestellt. Insoweit hält der Senat im Eilrechtschutzverfahren den auch im Hauptsacheverfahren festzusetzenden Streitwert für sachgerecht.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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