Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 34 KR 973/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KR 206/12 B und L 11 KR 299/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden des Klägers gegen die Beschlüsse des Sozialgerichts Köln vom 06.02.2012 und 02.04.2012 werden zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten der Verfahren.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich in der Hauptsache gegen einen Haftungsbescheid der Beklagten vom 11.03.2010. Ausweislich dieses Bescheides hat die Beklagte Beitragsforderungen gegenüber seiner verstorbenen Ehefrau über 55.385,95 EUR, die sie dem Kläger gegenüber geltend macht. Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26.09.2011). Unter dem 28.10.2011 hat der Kläger den Bescheid vor dem Sozialgericht (SG) Köln mit der Klage angegriffen und zugleich die Anträge gestellt, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen und ihm Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt L zu bewilligen. Mit Beschluss vom 04.11.2011 hat das SG den Streitwert für das einstweilige Rechtsschutzverfahren vorläufig auf 13.846,48 EUR festgesetzt. Die Kostenbeamtin der Geschäftsstelle hat die Prozesskostenhilfevorprüfung durchgeführt und nach Anforderung weiterer Unterlagen in der Aktenverfügung vom 20.12.2011 festgehalten, dass die Voraussetzungen für eine ratenfreie Bewilligung der beantragten PKH nach ihrer Auffassung vorliegen. Unter dem 21.12.2011 hat die Geschäftsstelle das PKH-Heft nebst vorgenannter Aktenverfügung dem Kammervorsitzenden, Richter am Sozialgericht (RiSG) V, vorgelegt, der am 22.12.2011 Termin zur Erörterung des Sachverhalts auf 10.01.2012 bestimmt hat. Hierauf hat der Klägerbevollmächtigte am 22.12.2011 wegen anderweitiger Termine um Terminaufhebung und um Entscheidung über die PKH vor Termindurchführung gebeten. Am 27.12.2011 hat der Kammervorsitzende eine Umladung auf den 24.01.2012 verfügt. Mit Schriftsatz vom 19.01.2012 hat der Klägerbevollmächtigte nochmals darum gebeten, vor dem angesetzten Termin über den PKH-Antrag zu entscheiden.
Mit Schreiben vom 23.01.2012 hat der Antragsteller den Kammervorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Der Richter habe über die mit der Klageschrift beantragte PKH bislang nicht entschieden. Dennoch wolle er einen Erörterungstermin durchführen. Über den PKH-Antrag sei jedoch rechtzeitig vor dem Termin zu entscheiden, damit bei einer etwaigen Nichtbewilligung das PKH-Beschwerdeverfahren bzw. eine kostengünstigere Antragsrücknahme erwogen werden könne. Durch die Terminansetzung ohne Entscheidung über den PKH-Antrag werde sein - des Antragstellers Recht - auf ein faires Verfahren in hohem Maße verletzt. Diese Vorgehensweise sei willkürlich.
Der abgelehnte Richter hat in einer dienstlichen Stellungnahme ausgeführt, tatsächliche Umstände, wegen derer die Besorgnis seiner Befangenheit bestehe könne, vermöge er dem Ablehnungsgesuch nicht zu entnehmen. Das SG hat den Antrag zurückgewiesen (Beschluss vom 06.02.2012 - S 34 SF 34/12 -). Der Kläger könne mit dem Vorbringen, der abgelehnte Richter habe vor dem anberaumten Erörterungstermin immer noch nicht über seinen PKH-Antrag entschieden, im Ablehnungsverfahren kein Gehör finden, denn dieses diene nicht der Überprüfung richterlicher Vorgehensweisen auf etwaige Rechts- bzw. Verfahrensfehler. Der abgelehnte Richter habe auch nicht die seiner richterlichen Tätigkeit gesetzten Schranken missachtet und Grundrechte verletzt oder in einer Weise gegen Verfahrensregeln verstoßen, dass sich bei den Beteiligten der Eindruck der Voreingenommenheit habe aufdrängen können. Zwar solle über die Bewilligung von PKH möglichst zeitnah entschieden werden. Grundsätzlich könne jedoch insbesondere in einem Eilverfahren die hinreichende Erfolgsaussicht des Antrags auch in einem Erörterungstermin bei gleichzeitiger Mitwirkung der Beteiligten geklärt werden. Eine unsachliche Einstellung des Richters gegenüber dem Antragsteller oder eine willkürliche Vorgehensweise lasse sich nicht ansatzweise feststellen. Im Übrigen sehe § 118 Abs. 1 Satz 3 Zivilprozessordnung (ZPO) ausdrücklich die Möglichkeit einer mündlichen Erörterung vor. In der Rechtsmittelbelehrung wurde darauf hingewiesen, dass dieser Beschluss gemäß § 172 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht anfechtbar sei.
Mit Verfügung vom 23.02.2012 hat RiSG V neuerlich zur Erörterung der Sach- und Rechtslage auf den 07.03.2012 geladen. Hierauf hat der Kläger den Richter erneut wegen Befangenheit abgelehnt (Schriftsatz vom 27.02.2012) und mit weiterem Schriftsatz vom 27.02.2012 den Beschluss vom 06.02.2012 mit der sofortigen Beschwerde angegriffen (Az. L 11 KR 206/12 B). Der abgelehnte Richter habe auf einen weiteren Termin ohne Entscheidung über die beantragte PKH geladen, obwohl die Beschwerdefrist gegen den Beschluss vom 09.02.2012 noch nicht abgelaufen sei. Demzufolge habe er gegen das auch für den Zeitraum der Beschwerdefrist geltende Handlungsverbot des § 47 ZPO verstoßen. Die Terminbestimmung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO setze voraus, dass eine Einigung zu erwarten sei. Aus den in der Sache vorliegenden Schriftsätzen folge indes eindeutig, dass keine Einigungsbereitschaft bestehe. Die Terminbestimmung sei daher willkürlich. Dem Gericht lägen seit Mitte Dezember 2011 die PKH-Unterlagen nebst Antragsbegründung vor. Weshalb bis heute über den PKH-Antrag nicht entschieden worden sei, bleibe unerklärlich. Die Vorgehensweise lasse erheblich an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters in der Sache zweifeln.
Das SG hat den Antrag nach Einholung einer weiteren dienstlichen Stellungnahme unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 06.02.2012 zurückgewiesen und in der Rechtsmittelbelehrung wiederum darauf hingewiesen, dass der Beschluss gemäß § 172 Abs. 2 SGG nicht anfechtbar sei (Beschluss vom 02.04.2012 - S 38 SF 67/12 AB -). Der Kläger hat gegen den Beschluss des SG am 16.04.2012 sofortige Beschwerde eingelegt (Az. L 11 KR 299/12 B). Der abgelehnte Richter habe trotz des noch laufenden PKH-Verfahrens und unter weiterem Verstoß gegen das Handlungsgebot des § 47 ZPO angewiesen, dass Gerichtskosten iHv 1.688,00 EUR eingezogen werden, was aus der Zahlungsaufforderung des SG vom 21.03.2012 folge. Die Eintreibung der Gerichtskosten mit Androhung von Zwangsmitteln sei in hohem Maße prozessrechtswidrig und willkürlich, zumal das SG seit über fünf Monaten nicht über den PKH-Antrag entschieden habe. Zudem sei dem abgelehnte Richter aus der Klageschrift und dem vorgelegten Attest bekannt, dass er - der Kläger - schwer herzkrank sei und ihn jegliche physische und psychische Belastung gefährde.
II.
Die Beschwerde ist statthaft und im Übrigen zulässig (nachfolgend 1.), sie ist indes unbegründet (nachfolgend 2.).
1. Die Beschwerde ist statthaft.
a) Durch Art. 8 Ziffer 4b) i. V. m. Art. 23 des Vierten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches des Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (4. Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze) ist § 60 Abs. 1 Satz 2 SGG ("Über die Ablehnung entscheidet außer im Falle des § 171 das Landessozialgericht durch Beschluss.") mit Wirkung zum 01.01.2012 aufgehoben worden (BGBI I 3057). Seither ist das SG funktionell zuständig, über Befangenheitsanträge gegen Richter/innen erster Instanz zu entscheiden. Ob und inwieweit diese Entscheidung mit der Beschwerde angegriffen werden kann, ist dem Gesetz nicht mit der gebotenen Deutlichkeit zu entnehmen.
b) Die Statthaftigkeit der Beschwerde ergibt sich im Einzelnen wie folgt:
aa) Nach § 46 Abs. 2 ZPO findet gegen einen Beschluss, durch den das Befangenheitsgesuch für begründet erklärt wird, kein Rechtsmittel und gegen den Beschluss, durch den das Gesuch für unbegründet erklärt wird, die sofortige Beschwerde statt (hierzu § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Infolge von Art. 8 Nr. 4 Ziff. a) des 4. Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze wurden in § 60 Abs. 1 SGG die Wörter "§§ 41 bis 44, 45 Abs. 2 Satz, §§ 47 bis 49" durch die Angabe "§§ 41 bis 49" ersetzt. Nunmehr lautet § 60 Abs. 1 SGG: "Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten die §§ 41 bis 49 der Zivilprozessordnung entsprechend." Demzufolge ist § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO nach dem eindeutigen Wortlaut in Bezug genommen und die Beschwerde unter den genannten Voraussetzungen statthaft.
bb) Gegenläufig bestimmt allerdings § 172 Abs. 2 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes (SGGArbGGÄndG) vom 26.03.2008 (BGBl. I 444), dass u. a. Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen nicht mit der Beschwerde angefochten werden können. In diesem Zusammenhang heißt es im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 4. Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze (BR-Drs. 315/11, S. 40; BT-Drs. 17/6764, S. 27):
Da § 46 Zivilprozessordnung (ZPO) für entsprechend anwendbar erklärt wird, ist die bisher in Satz 2 enthaltene Regelung entbehrlich. § 172 Absatz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) geht als speziellere Norm dem § 46 Absatz 2 ZPO vor, so dass weiterhin Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen nicht mit der Beschwerde angefochten werden können.
Dies zugrunde gelegt hat der Gesetzgeber einerseits eine eindeutige Regelung getroffen, nämlich Statthaftigkeit der Beschwerde (§ 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO), andererseits steht dem § 172 Abs. 2 SGG mit dem darin formulierten Beschwerdeausschluss entgegen. Die Gesetzesbegründung (s. soeben) favorisiert § 172 Abs. 2 SGG auf der Grundlage insoweit unterstellter Gesetzesspezialität. Ob und inwieweit dies zutrifft, ist zu prüfen.
(1) Dabei gilt vorab: Die Meinungsäußerung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Verfassungsorgane bzw. von Mitgliedern dieser Organe ist zwar zur Kenntnis zu nehmen, sie ist indes für die Auslegung der maßgebenden Vorschriften von nachrangiger Bedeutung. Motive, die in Gesetzentwürfen zum Ausdruck kommen und die in der Regel in Ministerien formuliert werden, können nicht kurzerhand jenen Personen untergeschoben werden, die den Gesetzbeschluss gefasst haben (Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Auflage, 2006, S. 24). Es kommt ferner nicht darauf an, was der Gesetzgeber regeln wollte oder meint, geregelt zu haben, sondern auf den durch das Gericht im Wege der Auslegung zu ermittelnden Inhalt des Gesetzes selbst, den "objektivierten Willen des Gesetzgebers", in dessen Bestimmung die Motive des Gesetzgebers allenfalls sekundär einfließen können (hierzu Zippelius, a.a.O., S. 21 ff.; Kramer, Juristische Methodenlehre, 2. Auflage, 2005, S. 113 ff., 152 f.; vgl. auch Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 23.09.1999 - IV R 56/98 - ; Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 20.02.1964 - 8 RV 649/62 -; Senat, Beschlüsse vom 04.05.2011 - L 11 KA 120/10 B ER - und 17.06.2009 - L 11 B 6/09 KA ER -).
Enthält sich der Gesetzgeber - wie hier - einer eindeutigen Entscheidung, ist die Normenkonkurrenz durch die Gerichte aufzulösen (vgl. auch Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 03.04.1990 - 1 BvR 1186/89 -). Hat der Gesetzgeber allerdings eine eindeutige Entscheidung (etwa pro oder contra Statthaftigkeit der Beschwerde) getroffen, darf ein Gericht dies nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern oder durch judikative Lösungen ersetzen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.06.2007 - 2 BvR 1447/05, 2 BvR 136/05 -). Der Richter darf sich nicht dem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck des Gesetzes entziehen. Er muss die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren und den Willen des Gesetzgebers (auch) unter gewandelten Bedingungen möglichst zuverlässig zur Geltung bringen. Er hat hierbei den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung zu folgen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12.11.1997 - 1 BvR 479/92, 1 BvR 307/94 - und 26.06.1991 - 1 BvR 779/85 -). Eine Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, keinen Widerhall im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder - bei Vorliegen einer erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke - stillschweigend gebilligt wird, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16.02.2012 - 1 BvR 127/10 - und 14.06.2007 - 2 BvR 1447/05, 2 BvR 136/05 -).
(2) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ergibt sich: Zwei hierarchisch gleichrangige Normen stehen im Widerstreit. Die Normenkonkurrenz ist im Wege der Auslegung aufzulösen.
(a) Eine Auslegung nach Maßgabe des jeweiligen Wortlauts führt nicht weiter. Zwar erklärt § 60 Abs. 1 SGG die §§ 41 bis 49 ZPO nur für entsprechend anwendbar. Die Sinngehalt der "entsprechenden Anwendbarkeit" erschließt sich daraus, dass die §§ 41 bis 49 ZPO auf das zivilprozessuale Verfahren zugeschnitten sind (z. B. Parteien statt Beteiligte, sofortige Beschwerde statt Beschwerde), folglich ohnehin nicht unmittelbar angewandt werden können. Die bezogenen Vorschriften sind daher nur maßgebend, soweit nicht grundsätzliche Unterschiede der Verfahrensarten dem entgegenstehen (zu § 202 SGG: vgl. Straßfeld in Jansen, SGG, 3. Auflage, 2009, § 202 Rdn. 1; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, 2012, § 202 Rdn. 3). Ausgeschlossen ist damit das in § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO vorgesehene Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde (hierzu § 567 Abs. 1 ZPO). Hieraus lässt sich indes nicht herleiten, dass § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO nicht anzuwenden ist. Der Gesetzgeber hat das Gegenteil bestimmt. Er hat auch diese Norm in Bezug genommen und sie damit in das SGG-Verfahren einbezogen. Sie kann damit nicht gesetzwidrig hinweg interpretiert werden. Dies gilt umso mehr, als das im Gesetzgebungsverfahren federführende Bundesministerium mehrfach auf die ungelöste Normenkonkurrenz hingewiesen worden ist (s. unten) und dennoch keinen Anlass gesehen hat, die schon im Referentenentwurf (März 2011) vorgesehene Bezugnahme des § 60 Abs. 1 SGG auf §§ 41 bis §§ 49 ZPO in eine solche auf §§ 41 bis 45, 46 Abs. 1 und Abs. 2 Halbs. 1, 47 bis 49 ZPO zu ändern. Die vom Gesetzgeber angeordnete "entsprechende Anwendung" bedeutet sonach nur, dass statt der sofortigen Beschwerde (§ 567 Abs. 1 ZPO) der im SGG vorgesehene, vergleichbare Rechtsbehelf zum Zuge kommt; das ist die "einfache" Beschwerde nach § 172 Abs. 1 SGG.
(b) Die Gesetzesbegründung meint, infolge Spezialität verdränge § 172 Abs. 2 SGG die gegenläufige Regelung des § 60 Abs. 1 SGG i. V. m. § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO. Das trifft nicht zu. Die sich inhaltlich widersprechenden Regelungen des § 60 Abs. 1 SGG i. V. m. § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO einerseits und § 172 Abs. 2 SGG andererseits begründen einen der systematischen Interpretation zuzuordnen Normenkonflikt, denn auf ein und denselben Sachverhalt erscheinen - isoliert betrachtet - mehrere gesetzliche Tatbestände anwendbar. In derartigen Fällen der Gesetzeskonkurrenz kann eine der Normen einen weiteren (generellen) Anwendungsbereich haben als die konkurrierende speziellere Norm. Gemeinhin wird dann das Prinzip "lex specialis derogat legi generali" vertreten. Dies könnte auf einen Vorrang des § 172 Abs. 2 SGG hindeuten (so die Gesetzesbegründung a.a.O.). Das ist indessen nicht der Fall. Die Anwendung vorgenannter Regel setzt ein Spezialitätsverhältnis voraus. Spezialität läge vor, wenn alle Sachverhalte, die unter § 172 Abs. 2 SGG subsumiert werden können, gleichzeitig auch § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO zurechenbar sind, nicht aber umgekehrt (vgl. auch Senat, Beschluss vom 14.06.2010 - L 11 KR 199/10 KL - m.w.N.). Tatsächlich sind die Normen im Tatbestand deckungsgleich (negativer Beschluss des SG über ein Befangenheitsgesuch), weichen indes (nur) in der angeordneten Rechtsfolge diametral voneinander ab. Damit geht es entgegen der Gesetzesbegründung nicht um die Frage der Spezialität im Sinne vom "lex specialis derogat legi generali" mit der Folge, dass die Gesetzesbegründung nicht trägt.
Grundsätzlich gilt im Bereich der systematischen Auslegung, dass eine Norm im Zweifel so zu interpretieren ist, dass die konkurrierende Norm nicht obsolet wird (Kramer, a.a.O., S. 94). Ausgehend hiervon hat der Gesetzgeber mit der Bezugnahme des § 60 Abs. 1 SGG auf § 42 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO bewusst und zielgerichtet die Beschwerdemöglichkeit eröffnet. Dem die Grundlage dadurch zu entziehen, dass mittels der nicht tragfähigen Gesetzesbegründung der fragwürdigen Regelung (s. unten unter (c) (aa)) des § 172 Abs. 2 SGG verdrängende Wirkung beigemessen wird, verbietet sich hiernach. Mit Blick auf die zeitliche Gesetzeskonkurrenz (hierzu Kramer, a.a.O., S. 101) ist zudem maßgebend, dass jüngeres Recht widersprechendes älteres Recht aufhebt (lex posterior derogat legi priori) und nicht umgekehrt (vgl. Zippelius, a.a.O., S. 40; Kramer, a.a.O., S. 101 f.; hierzu auch Senat, Beschlüsse vom 13.04.2011 - L 11 KA 133/10 B ER, L 11 KA 17/11 B ER - und 14.06.2010 - L 11 KR 199/10 KL -). Sonach verdrängt § 60 Abs. 1 SGG i. V. m. § 42 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO die ältere Regelung des § 172 Abs. 2 SGG. Allerdings bedarf es jeweils einer genauen Analyse, ob vorgenannter Grundsatz gilt, denn möglicherweise ergibt die Auslegung, dass eine Norm einer anderen Vorschrift vorgehen oder sie aufheben soll (Zippelius, a.a.O., S. 41). Gleichermaßen denkbar ist, dass der Gesetzgeber einer fragwürdigen Regelung (hier § 172 Abs. 2 SGG) nunmehr einen realen Sinngehalt gibt und deswegen der Grundsatz "lex posterior derogat legi priori" nicht greift. Das führt indes nicht weiter, was sich nachfolgend ergibt.
(c) Zu fragen ist zunächst nach dem Regelungsgehalt des § 172 Abs. 2 SGG.
(aa) Der Wortlaut ist eindeutig. Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Mit dem Begriff "Gerichtspersonen" werden die in § 60 Abs. 1 SGG und in §§ 41 bis 49 ZPO benannten Richter, ehrenamtlichen Richter und Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erfasst (vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) Hamburg, Beschluss vom 27.04.2011 - 1 So 15/11 - m.w.N. zu § 146 Abs. 2 VwGO). Die Beschwerde ist hiernach nicht statthaft. Gleichwohl ist die Vorschrift zutreffend als unnötig (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 9. Auflage, 2008, § 172 Rdn. 6f) bzw. fehlsam (Zeihe, SGG, Stand 11/2010, § 172 Rdn. 13) bezeichnet worden. § 172 Abs. 2 SGG "regelte" im hier interessierenden Zusammenhang allein, dass Befangenheitsbeschlüsse des LSG (§ 60 Abs. 1 Satz 2 SGG a. F.) nicht mit der Beschwerde angefochten werden konnten. Das folgt indes schon aus § 177 SGG. Damit bleibt zu klären, ob der Gesetzgeber mittels des 4. Gesetzes zur Änderungen des SGB IV und anderer Gesetze § 172 Abs. 2 SGG einen neuen und weiteren Regelungsgehalt beigemessen hat, der dazu führt, dass diese Norm die jüngere Regelung des § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO entgegen dem Grundsatz des "lex posterior derogat legi priori" verdrängt. Da ein Spezialitätsverhältnis entgegen der in der Gesetzesbegründung vertretenen Auffassung nicht vorliegt (s. oben), bedarf es einer weitergehenden Analyse.
(bb) Der Satzteil "und über die Ablehnung von Gerichtspersonen" ist durch Art. 29 des SGGArbGGÄndG m.W.v. 01.04.2008 in § 172 Abs. 2 SGG eingefügt worden (BGBl I 444). Mittels des SGGArbGGÄndG sollte die Sozialgerichtsbarkeit insgesamt entlastet werden, und zwar durch eine Straffung des sozialgerichtlichen Verfahrens, die es den Gerichten erlaubt, ihrer Amtsermittlungspflicht zum Einen besser nachzukommen, zum Anderen aber auch Verzögerungen des Verfahrens, die durch die Verfahrensbeteiligten selbst verursacht werden, zu sanktionieren (vgl. BT-Drs. 16/7716 S. 1). Diesem Ziel diente auch die Ausweitung der Regelungen über den Beschwerdeausschluss in § 172 SGG. Dabei sollte mit der Änderung in § 172 Abs. 2 SGG im Interesse der Vereinheitlichung der Verfahrensordnungen eine Anpassung an § 146 VwGO bewirkt werden (vgl. BT-Drs. 16/7716 S. 22 zu Nr. 29 Buchst. a)). Dort war bereits mit dem 6. VwGO-Änderungsgesetz vom 01.12.1996 (BGBl I 1626) in § 146 Abs. 2 VwGO eine der jetzigen Fassung des § 172 Abs. 2 SGG entsprechende Bestimmung über den Ausschluss der Beschwerde bei Beschlüssen über die Ablehnung von Gerichtspersonen aufgenommen worden, die wie alle Rechtsänderungen in der genannten Gesetzesnovelle der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung der seinerzeit überlasteten Verwaltungsgerichte diente (vgl. BT-Drs. 13/5098 S. 1 f.). Der Gesetzgeber hielt es nicht für sinnvoll, den Beteiligten einen Instanzenzug gegen den Beschluss, mit dem ein Ablehnungsgesuch abgelehnt wird, auch dann zu gewähren, wenn die Hauptsacheentscheidung nicht oder nur nach besonderer Zulassung anfechtbar ist; zugleich sollte den Beteiligten der Anreiz genommen werden, Ablehnungsgesuche allein zur Hinauszögerung der Hauptsacheentscheidung anzubringen (BT-Drs. 13/3993, S. 22 f.; BT-Drs. 13/5098, S. 24 f.).
(cc) Die den Beschwerdeausschluss nach § 146 Abs. 2 VwGO (n.F.) tragenden Erwägungen greifen für das SGG nur schwerlich. Das SGG kennt im Gegensatz zu § 124 VwGO keine Zulassungsberufung. Somit verbleibt nur das wenig überzeugende "Anreizargument" (vgl. oben), um die § 142 Abs. 2 VwGO (n.F.) zugrundeliegenden gesetzgeberischen Erwägungen auf die Neuregelung des § 172 Abs. 2 SGG i.d.F. des SGGArbGGÄndG zu übertragen. Hinzu kommt, dass mittels § 146 Abs. 2 VwGO (n.F.) zielgerichtet das zuvor bestehende Beschwerderecht (vgl. OVG Sachsen, Beschluss vom 01.08.2000 - 1 B 58/99 -) ausgeschlossen werden sollte, mithin der Regelungsgehalt dieser Norm insoweit klar war. Für § 172 Abs. 2 SGG gilt indes Anderes. Über das Befangenheitsgesuch entschied bislang das LSG (§ 60 Abs. 1 Satz 2 SGG a.F.). Die Beschwerde konnte schon deswegen nicht ausgeschlossen werden, weil sie losgelöst von § 172 Abs. 2 nicht statthaft war (§ 177 SGG). Insoweit war die Neufassung des § 172 Abs. 2 unnötig bzw. fehlsam (s. oben). Dementsprechend war die mit der Einfügung der Worte "und über die Ablehnung von Gerichtspersonen" verfolgte Zielrichtung des SGGArbGGÄndG äußerst bescheiden; es ging nur um eine Anpassung an § 146 VwGO im Interesse der Vereinheitlichung der Verfahrensordnungen (BT-Drs. 16/7716, S. 27). Angesichts dieser gesetzgeberischen Konzeption des § 172 Abs. 2 SGG ist es wenig überzeugend, wenn der auslegungstechnisch nicht tragfähigen Meinung des "Gesetzgebers" beigetreten wird, § 172 Abs. 2 SGG verdränge die an sich gegebene Beschwerdemöglichkeit nach § 60 Abs. 1 SGG i. V. m. § 46 Abs. 2 ZPO.
(dd) Hinzu kommt: Anliegen des 4. Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze ist es zwar, die Verfahren zu beschleunigen und die Effizienz in der Sozialgerichtsbarkeit zu steigern (BT-Drs. 315/11 S. 2, 22). Dieses Ziel hat der Gesetzgeber allerdings selbst konterkariert, indem er mittels Streichung des § 60 Abs. 1 Satz 2 SGG die Zuständigkeit der hoch belasteten Sozialgerichte für Entscheidungen in Befangenheitssachen geschaffen hat. Diese Zuständigkeitsverlagerung ist überdies ineffektiv. Waren bei den Landessozialgerichten die Zuständigkeiten für Befangenheitssachen betreffend Richter vielfach einem Senat zugewiesen und damit der Sachverstand gebündelt, kann hiervon nunmehr keine Rede mehr sein, wenn ausweislich des Gesetzesbegründung jeweils der geschäftsplanmäßige Vertreter zuständig sein soll, mithin statt einer Zuständigkeitsbündelung nunmehr zu diversifizieren ist. Schon deswegen verbietet es sich, die Neuregelung allein mit Blick auf die Gesichtspunkte der Effizienzsteigerung bzw. Verfahrensbeschleunigung zu interpretieren, um einer Beschwerde die Statthaftigkeit abzusprechen.
(ee) Wird zudem zutreffend angenommen, dass Entscheidungen der Sozialgerichte über die Ablehnung von Sachverständigen mit der Beschwerde angegriffen werden können (ganz h.M.; vgl. nur LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.01.2011 - L 4 KR 324/10 B - mit zustimmender Anmerkung von Hellweg in ZMGR 2011, 184, jeweils m.w.N.; OVG Hamburg, Beschluss vom 27.04.2011 - 1 So 15/11 - zu § 146 Abs. 2 VwGO; Leitherer, a.a.O., § 172 Rdn. 6f.; a.A. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.01.2010 - L 7 R 3206/09 B -), kommt es zu nicht nachvollziehbaren Wertungswidersprüchen, wenn die in der Gesetzesbegründung und damit nur beiläufig geäußerte Auffassung des "Gesetzgebers" als maßgebend angesehen wird.
(ff) Schließlich gilt unter systematischen Gesichtspunkten, dass § 172 Abs. 2 SGG eine Ausnahmevorschrift darstellt (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.01.2011 - L 4 KR 324/10 B -; Hellweg in ZMGR 2011, 184) und als solche schwerlich geeignet ist, § 60 Abs. 1 i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO zu verdrängen. Als Grundregel bestimmt § 172 Abs. 1 SGG, dass gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte die Beschwerde an das LSG stattfindet, soweit im SGG nichts anderes bestimmt ist. Letzteres ist mit § 172 Abs. 2 SGG der Fall. Diese Norm steht in einem Spezialitätsverhältnis zu § 172 Abs. 1 SGG. Nichts anderes gilt für § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO, denn diese Normenkette bekräftigt für ihren Anwendungsbereich (Befangenheitssachen) spezialgesetzlich nochmals die Grundregel des § 172 Abs. 1 SGG. Stehen sonach zwei spezialgesetzliche Normen im Widerstreit, kann das Spannungsverhältnis jedenfalls nicht dadurch beseitigt werden, dass der einen Norm (§ 172 Abs. 2 SGG) mit dem schlichten Hinweis auf die Gesetzesbegründung eine verdrängende Wirkung gegenüber der anderen Norm (§ 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO) beigemessen wird. Vielmehr gilt dann, dass der Ausnahmetatbestand (§ 172 Abs. 2 SGG) durch die neu geschaffene Spezialregelung des § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO neutralisiert wird.
(gg) Von einem redaktionellen Versehen des Gesetzgebers kann zudem nicht ausgegangen werden, denn im Gesetzgebungsverfahren ist das federführende Bundesministerium mehrfach auf diese Unstimmigkeiten hingewiesen worden. So heißt es in der Stellungnahme 26/11 des Deutschen Richterbundes aus Oktober 2011 (www.drb.de):
Das Ziel einer Verfahrensbeschleunigung kann im Übrigen nur erreicht werden, wenn die Entscheidungen über die Ausschließung oder Ablehnung des Richters nicht mit der Beschwerde angefochten werden kann, da ansonsten das Verfahren im Vergleich zum derzeit geltenden Recht sogar verlängert würde. Davon geht auch der Gesetzentwurf aus, wenn er in der Begründung auf S. 48 ausgeführt, dass Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen nicht mit der Beschwerde angefochten werden könnten, da § 172 Abs. 2 SGG dem § 46 Abs. 2 ZPO als speziellere Norm vorgehe. Dies ergibt sich allerdings aus dem Wortlaut des § 60 SGG-E nicht eindeutig. Zur Klarstellung regen wird daher an, die im Entwurf enthaltene Verweisung auf § 46 Abs. 2 ZPO (der eine Beschwerde vorsieht) zu streichen.
(hh) Letztlich bleibt zur Kenntnis zu nehmen, dass die Verfasser des 4. Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze (wohl) die Beschwerdemöglichkeit gegen Beschlüsse, mit denen eine Befangenheitsantrag gegen Richter abgelehnt wird, abschaffen wollten. Losgelöst von der dem entgegenstehenden Auslegung der maßgebenden Normen (s. oben), kann vom Gesetzgeber allerdings erwartet werden, dass er eine Beschneidung von Rechtsschutzmöglichkeiten eindeutig und unmissverständlich formuliert. Dies gebieten die Gesichtspunkte der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens. Geschieht das - wie hier - nicht, spricht Einiges dafür, zunächst an der bisherigen Rechtslage festzuhalten; nötigenfalls mag gesetzgeberisch "nachgebessert" werden.
c) Sonach: Wortlaut, Gesetzessystematik, Entstehungsgeschichte und teleologische Gesichtspunkte sprechen entgegen der Gesetzesbegründung für eine Beschwerdemöglichkeit nach Maßgabe des § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 46 Abs. 2 ZPO.
2. In der Sache sind die Beschwerden im Ergebnis unbegründet.
a) Ein Richter kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO). Für die Feststellung eines solchen Grundes kommt es nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich parteilich oder befangen ist oder aber sich selbst für befangen hält. Andererseits begründet die subjektive Überzeugung eines AS oder seine Besorgnis, der Richter sei befangen, allein nicht die Berechtigung der Ablehnung. Entscheidend ist vielmehr, ob ein Grund vorliegt, der den Antragsteller von seinem Standpunkt aus nach objektiven Maßstäben befürchten lassen könnte, der von ihm abgelehnte Richter werde nicht unparteilich entscheiden (std. Rechtsprechung, vgl. u.a. BVerfG, Beschlüsse vom 12.07.1986 - 1 BvR 713/83, 1 BvR 921/84, 1 BvR 1190/84, 1 BvR 333/85, 1 BvR 248/85, 1 BvR 306/85, 1 BvR 497/85 -, vom 05.04.1990 - 2 BvR 413/88 - und vom 02.12.1992 - 2 BvF 2/90, 2 BvF 5/92 -; BSG, Beschluss vom 10.12.2010 - B 4 AS 97/10 B -; Senat, Beschlüsse vom 19.10.2011 - L 11 SF 274/11 AB - und 22.02.2010 - L 11 AR 140/09 AB -).
b) Diese Voraussetzungen sind letztlich nicht gegeben.
aa) Soweit der Kläger einen Verstoß gegen das Handlungsverbot gemäß § 47 ZPO rügt, kann wegen der bislang ungeklärten Rechtslage (vgl. die Ausführungen zu 1.) nicht auf eine unsachliche Einstellung des Richters geschlossen werden. Der Senat hat sich erstmals mit Beschluss vom 07.05.2012 (L 11 SO 108/12 B) zur Statthaftigkeit der Beschwerde nach der Gesetzesänderung verhalten und diese als statthaft erachtet.
bb) Die Besorgnis der Befangenheit folgt auch nicht daraus, dass der abgelehnte Richter trotz zweimaliger Erinnerungen des Klägerbevollmächtigten Termin zur Erörterung des Sachverhalts auf den 10.01.2012/24.01.2012 bzw. 07.03.2012 anberaumt hat ohne zuvor über den PKH-Antrag zu entscheiden.
(1) Einem Richter obliegt zwar im sozialgerichtlichen Verfahren eine umfassendeAufklärungspflicht (§§ 103, 106 SGG). Gelangt der Richter im Rahmen seiner Tätigkeit zu der Auffassung, dass ein Verfahrensstand erreicht ist, der Rückschluss auf das jeweilige Begehren zulässt, ist er nicht nur berechtigt, sondern in der Regel auch gehalten, dies den Beteiligten mitzuteilen. Das folgt insbesondere aus den in § 106 Abs. 1 und 2 SGG im Einzelnen aufgeführten Aufklärungs- bzw. Hinweispflichten. Mit seinem Hinweis gibt der Richter Gelegenheit, auf die richterliche Meinungsbildung einzuwirken und rechtzeitig ggf. für erforderlich gehaltene prozess- bzw. erkenntnisfördernde Erklärungen abzugeben bzw. entsprechende Anträge zu stellen (std. Rspr., vgl. u.a. Senat, Beschluss vom 02.05.2011 - L 11 SF 43/11 AB -). Er ist indessen nicht verpflichtet, jeden Verfahrensschritt zu erläutern. Ob und inwieweit sich ausnahmsweise eine "Erklärungspflicht" ergibt, hängt allein von den Umständen des jeweiligen Falles ab und wird wesentlich durch die Grundsätze des rechtlichen Gehörs und fairen Verfahrens bestimmt. So mag es tunlich sein, jedenfalls auf das Schreiben des Klägerbevollmächtigten vom 19.01.2012 ("in Anbetracht des angesetzten Termins wird das Gericht nochmals um umgehende vorherige Entscheidung über die PKH gebeten") zu reagieren. Indessen vermag der Senat nicht zu erkennen, dass der abgelehnte Richter deswegen befangen ist, wenngleich dem Kläger zuzugeben ist, dass die Verfahrensleitung insoweit Anlass zu Irritationen geben mag, indem der Richter trotz der dringenden Bitte, über den PKH-Antrag zu entscheiden, wiederholt Erörterungstermine bestimmt (zur Rechtsgrundlage s unten).
(2) Die Bearbeitung des PKH-Antrags im Übrigen vermag gleichermaßen keine Befangenheit zu begründen.
Insoweit gilt: Der besonnene Rechtsuchende darf an der Unparteilichkeit und objektiven Einstellung des Richters die Besorgnis der Befangenheit dann begründende Zweifel haben, wenn sich der Verfahrensablauf über lange Zeit eindeutig als eine Kette von Verzögerungen bis hin zur Untätigkeit darstellt und keine Gründe ersichtlich sind, die diesen Ablauf als vertretbar erscheinen lassen könnten (LSG Niedersachsen, Beschlüsse vom 20.09.1994 - S 23 V 182/90 - und - L 9 S (V) 153/94 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 27.06.2000 - L 10 AR 22/07 -; Senat, Beschlüsse vom 07.05.2008 - L 11 AR 20/08 AB -, vom 20.11.2008 - L 11 AR 70/08 AB -, vom 13.04.2010 - L 11 SF 49/10 AB, vom 22.06.2010 - L 11 SF 118/10 AB -, vom 19.07.2010 - L 11 SF 108/10 AB - und vom 20.12.2010 - L 11 SF 325/10 AB -, jeweils m.w.N.). So ist anerkannt, dass eine langdauernde Nichtbearbeitung eines Antrags auf PKH-Bewilligung zur Besorgnis der Befangenheit Anlass geben kann, wenn der Richter Erinnerungen der Partei nicht beachtet und sachliche Gründe für eine Verfahrensverzögerung nicht ersichtlich sind (BFH, Beschluss vom 11.08.1994 - IB 98/93 -). Befangenheit eines Richters ist angenommen worden, der einen Prozesskostenhilfeantrag bezüglich einer Sorgerechtsregelung während des Getrenntlebens erst - nach zweimaliger schriftsätzlicher Erinnerung - nach fast einem halben Jahr beschieden hatte, weil die Entscheidung von einem Bericht des Jugendamts abhängig gemacht wurde, ohne dass auf das Vorbringen der Antragstellerin eingegangen wurde, so dass die Antragstellerin den Eindruck gewinnen konnte, der Richter weigere sich, ihren Sachvortrag zur Kenntnis zu nehmen und zu würdigen (OLG Oldenburg, Beschluss vom 07.10.1991 - 3 EF 106/91 -; vgl. auch Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Auflage, § 42 Rdn. 24 m.w.N.; Musielak/Heinrich, ZPO, 7. Auflage, 2009, § 42 Rdn. 11 m.w.N.). Auch der Senat hat sich mit der Fragestellung, ob und inwieweit Verfahrensverzögerungen, namentlich betreffend PKH-Anträge, Befangenheit begründen können, mehrfach befasst. Im Beschluss vom 15.07.2008 - L 11 AR 38/08 - hat er Befangenheit verneint, obgleich der PKH-Antrag trotz mehrerer unbeantworteter Sachstandanfragen nicht bearbeitet wurde. Der Senat hat ausgeführt, dass in der zögerlichen Bearbeitung eines PKH-Antrags nur dann ein Grund für die Besorgnis der Befangenheit gesehen werden kann, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die zögerliche Bearbeitung erfolgte, um dem Antragsteller Nachteile zuzufügen. Das war nicht der Fall, weil der abgelehnte Richter in seiner dienstlichen Stellungnahme auf die allseits bekannte überobligatorische Arbeitsbelastung der in der Sozialgerichtsbarkeit tätigen Richter verwies. Ferner hat der Senat ein Befangenheitsgesuch wegen Nichtentscheidung über einen PKH-Antrag mit der Erwägung abgelehnt, dass die Bewilligung noch während des gesamten Verfahrensverlaufs möglich ist, wenn sich aus einer verspäteten Bearbeitung keine Nachteile für den Kläger ergeben (Beschluss vom 10.12.2008 - L 11 AR 81/08 AB -).
Ausgehend hiervon ist die Besorgnis der Befangenheit nicht gegeben. Zweifelhaft ist schon, ob der abgelehnte Richter das PKH-Verfahren zögerlich bearbeitet hat. Der Antrag datierte vom 28.10.2011. Unter dem 14.11.2011 hat der Richter "Vorlage KB mit der Bitte um PKH-Vorprüfung" verfügt. Die Kostenbeamtin hat am 15.11.2011 beim Klägerbevollmächtigten weitere Unterlagen angefordert und nach deren Vorlage in der Aktenverfügung vom 20.11.2012 festgehalten, nach ihrer Auffassung seien die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine ratenfreie PKH-Bewilligung erfüllt. Der abgelehnte Richter hat sodann Erörterungstermin im Bewilligungsverfahren (§ 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO; s nachfolgend) bestimmt auf den 10.01.2012, der wegen Verhinderung des Klägerbevollmächtigten auf den 24.01.2012 verlegt wurde. Auf den Befangenheitsantrag vom 23.01.2012 greift das Handlungsverbot des § 47 ZPO bis zur Entscheidung des SG vom 06.02.2012 - S 34 SF 34/12 - (Ablehnung des Befangenheitsgesuchs). Nach Rückgabe der Akten am 09.02.2012 hat der abgelehnte Richter am 23.02.2012 neuerlich einen Erörterungstermin bestimmt auf den 07.03.2012. Auf das weitere Befangenheitsgesuch vom 27.02.2012 greift wiederum das Handlungsverbot (§ 47 ZPO) bis zur Ablehnung dieses Befangenheitsantrags mit Beschluss vom 02.04.2012 - S 38 SF 67/12 -). Unter dem 11.04.2012 hat das SG die Akten dem Senat zugeleitet. Eine langdauernde und (unvertretbar) zögerliche Bearbeitung vermag der Senat sonach nicht festzustellen.
(3) Auch die Anberaumung der Erörterungstermine vom 10.01.2012/24.01.2012 bzw. 07.03.2012 ist letztlich nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Unklar ist, welchem Zweck die Erörterungstermine dienten. Rechtliche Grundlage hierfür kann § 202 SGG i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO oder § 106 Abs. 2 Nr. 7 SGG sein. Sofern der abgelehnte Richter den Erörterungstermin auf der Grundlage von § 106 Abs. 3 Nr. 7 SGG hätte durchführen wollen, läge Befangenheit nahe (nachfolgend (a)). Der Senat geht mangels anderweitiger Anhaltspunkte indes davon aus, dass die Terminbestimmungen zur Erörterung des Sachverhalts im Bewilligungsverfahren nach Maßgabe des § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO erfolgten (nachfolgend (b)).
(a) Sollte die Termin 10.01.2012/24.01.2012 auf der Grundlage von § 106 Abs. 2 Nr. 7 SGG bestimmt worden sein, wäre Ziel eine Erörterung des Sachverhalts und ggf., wenngleich insoweit von der Norm nicht gedeckt, der Rechtslage (hierzu Kolmetz in Jansen, SGG. 3. Auflage, 2009, § 106 Rdn. 15). Schon der Grundsatz des fairen Verfahrens (hierzu auch Zöller/Vollkommer, a.a.O. § 42 Rdn. 24 m.w.N.) gebietet es jedenfalls angesichts der zweimaligen Nachfrage des Klägerbevollmächtigten rechtzeitig vor dem Termin über den PKH-Antrag zu entscheiden, zumindest aber die Hinderungsgründe mitzuteilen. Dies gilt umso mehr, als der abgelehnte Richter auf den 07.03.2012 wiederum einen Erörterungstermin bestimmt hat, ohne zu entscheiden. Dass der Kläger in dieser Konstellation durch die Nichtentscheidung benachteiligt wird, ist jedenfalls im GKG-Verfahren evident.
(b) Die mündliche Erörterung (§ 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO) als Teil des Bewilligungsverfahrens (§ 127 Abs. 1 ZPO) darf nur stattfinden, wenn "eine Einigung zu erwarten" ist. Sie soll dazu dienen, Entscheidungsreife herbeizuführen. Ungeachtet dessen soll das Gericht in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hinwirken (§ 278 Abs. 1 ZPO), was bei der Auslegung des § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO zu beachten ist Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Auflage, 2012, § 118 Rdn. 14). Die Einigung muss einigermaßen naheliegen; die nur vage Möglichkeit reicht nicht aus (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.02.1992 - 18 WF 7/92 -). Ein Termin kann daher nur ausnahmsweise stattfinden (Musielak/Fischer, a.a.O., § 118 Rdn. 4; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 118 Rdn. 14). Die Einigung muss nicht nur nach Ansicht eines der Beteiligten erwartbar sein, sondern auch nach derjenigen des Gerichts (OLG Schleswig, Beschluss vom 14.02.1983 - 7 W 74/83 -; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 118 Rdn. 14).
(aa) Soweit es den Erörterungstermin vom 10.01.2012/24.01.2012 anlangt, ist zwar zweifelhaft, ob eine solche Prognose getroffen werden konnte. Indessen gilt, dass das Ablehnungsverfahren nicht der Überprüfung richterlicher Vorgehensweisen auf etwaige Rechts- bzw. Verfahrensfehler dient. Die Rüge von Rechtsverstößen kann allenfalls dann die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass das mögliche Fehlverhalten auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht. Die Fehlerhaftigkeit muss ohne Weiteres feststellbar und gravierend sein sowie auf unsachliche Erwägungen schließen lassen. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn der abgelehnte Richter die seiner richterlichen Tätigkeit gesetzten Schranken missachtet und Grundrechte verletzt hat oder wenn in einer Weise gegen Verfahrensregeln verstoßen wurde, dass sich bei dem Beteiligten der Eindruck der Voreingenommenheit aufdrängen konnte (vgl. BFH, Beschluss vom 27.09.1994 - VIII B 64-76/94 pp - m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 10.04.2006 - L 10 AR 42/06 und L 10 AR 43/06 -; Senat, Beschlüsse vom 25.11.2009 - L 11 AR 117/09 AB -, vom 20.01.2010 - L 11 AR 129/09 AB und L 11 AR 130/09 AB -, vom 17.05.2010 - L 11 SF 102/10 AB -, vom 19.07.2010 - L 11 SF 108/10 AB - und 30.03.2011 - L 11 SF 44/11 AB -). Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich des Erörterungstermins vom 10.01.2012 nicht vor. Die Prognose "Einigung zu erwarten" war jedenfalls nicht offensichtlich unvertretbar.
(bb) Soweit es den Erörterungstermin vom 07.03.2012 anlangt, kann die zuvor noch vertretbare Prognose (s soeben) indes nicht mehr aufrechterhalten bleiben. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 27.02.2012 nachdrücklich dargelegt, dass und warum eine Einigung nicht zu erwarten ist. In der Folge ist eine Ladung der Parteien zur mündlichen Erörterung auf der Grundlage von § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO unzulässig (vgl. Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 33. Auflage, 2012, § 118 Rdn. 3). Ausgehend hiervon ist die Ladung zum Erörterungstermin vom 07.03.2012 nur noch schwerlich vertretbar. Wiederum gilt indessen, dass das Ablehnungsverfahren nicht der Überprüfung richterlicher Vorgehensweisen auf etwaige Rechts- bzw. Verfahrensfehler dient (s oben), mithin Befangenheit hieraus nicht hergeleitet werden kann.
(3) Befangenheit rührt entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht daher, dass das SG ihm mit Schreiben vom 13.04.2012 angekündigt hat, die Zwangsvollstreckung einzuleiten. Dieses Schreiben bezieht sich auf das Hauptsacheverfahren S 34 KR 974/11. Dem liegt zugrunde: Die Verfahrensgebühr in Prozessverfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit wird mit der Einreichung der Klageschrift fällig (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Gerichtskostengesetz (GKG)). Ausgehend hiervon ist in Hauptsachverfahren der Streitwert nach Maßgabe des § 63 Abs. 1 GKG vorläufig festzusetzen. Für den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gilt dies indes nicht. Da § 6 Abs. 1 Nr. 5 GKG sich nur auf das Prozessverfahren bezieht, fehlt es im einstweiligen Rechtsschutzverfahren an einer Rechtsgrundlage für eine vorläufige Streitwertfestsetzung. Ungeachtet dessen hat der abgelehnte Richter den Streitwert für das einstweilige Rechtsschutzverfahren vorläufig auf 13.846, 48 EUR festgesetzt (Beschluss vom 04.11.2011). Gebühren werden dennoch erst mit Abschluss des Verfahren fällig. Dass das SG die durch die Einreichung des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes entstandene Verfahrensgebühr bereits vor Fälligkeit einzieht und ggf. vollstreckt, ist weder ersichtlich noch dargetan. Nötigenfalls stünden dem Kläger die in § 66 GKG vorgesehen Rechtsbehelfe zur Verfügung. Im Übrigen unterfällt die Kostenbetreibung und ggf. Zwangsvollstreckung ohnehin nicht der Zuständigkeit des Richters. Verantwortlich ist die Gerichtsleitung. Etwaige Fehler sind dieser und nicht dem Richter zuzurechnen (hierzu Senat, Beschluss vom 22.02.2010 - L 11 AR 140/09 AB -).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich in der Hauptsache gegen einen Haftungsbescheid der Beklagten vom 11.03.2010. Ausweislich dieses Bescheides hat die Beklagte Beitragsforderungen gegenüber seiner verstorbenen Ehefrau über 55.385,95 EUR, die sie dem Kläger gegenüber geltend macht. Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26.09.2011). Unter dem 28.10.2011 hat der Kläger den Bescheid vor dem Sozialgericht (SG) Köln mit der Klage angegriffen und zugleich die Anträge gestellt, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen und ihm Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt L zu bewilligen. Mit Beschluss vom 04.11.2011 hat das SG den Streitwert für das einstweilige Rechtsschutzverfahren vorläufig auf 13.846,48 EUR festgesetzt. Die Kostenbeamtin der Geschäftsstelle hat die Prozesskostenhilfevorprüfung durchgeführt und nach Anforderung weiterer Unterlagen in der Aktenverfügung vom 20.12.2011 festgehalten, dass die Voraussetzungen für eine ratenfreie Bewilligung der beantragten PKH nach ihrer Auffassung vorliegen. Unter dem 21.12.2011 hat die Geschäftsstelle das PKH-Heft nebst vorgenannter Aktenverfügung dem Kammervorsitzenden, Richter am Sozialgericht (RiSG) V, vorgelegt, der am 22.12.2011 Termin zur Erörterung des Sachverhalts auf 10.01.2012 bestimmt hat. Hierauf hat der Klägerbevollmächtigte am 22.12.2011 wegen anderweitiger Termine um Terminaufhebung und um Entscheidung über die PKH vor Termindurchführung gebeten. Am 27.12.2011 hat der Kammervorsitzende eine Umladung auf den 24.01.2012 verfügt. Mit Schriftsatz vom 19.01.2012 hat der Klägerbevollmächtigte nochmals darum gebeten, vor dem angesetzten Termin über den PKH-Antrag zu entscheiden.
Mit Schreiben vom 23.01.2012 hat der Antragsteller den Kammervorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Der Richter habe über die mit der Klageschrift beantragte PKH bislang nicht entschieden. Dennoch wolle er einen Erörterungstermin durchführen. Über den PKH-Antrag sei jedoch rechtzeitig vor dem Termin zu entscheiden, damit bei einer etwaigen Nichtbewilligung das PKH-Beschwerdeverfahren bzw. eine kostengünstigere Antragsrücknahme erwogen werden könne. Durch die Terminansetzung ohne Entscheidung über den PKH-Antrag werde sein - des Antragstellers Recht - auf ein faires Verfahren in hohem Maße verletzt. Diese Vorgehensweise sei willkürlich.
Der abgelehnte Richter hat in einer dienstlichen Stellungnahme ausgeführt, tatsächliche Umstände, wegen derer die Besorgnis seiner Befangenheit bestehe könne, vermöge er dem Ablehnungsgesuch nicht zu entnehmen. Das SG hat den Antrag zurückgewiesen (Beschluss vom 06.02.2012 - S 34 SF 34/12 -). Der Kläger könne mit dem Vorbringen, der abgelehnte Richter habe vor dem anberaumten Erörterungstermin immer noch nicht über seinen PKH-Antrag entschieden, im Ablehnungsverfahren kein Gehör finden, denn dieses diene nicht der Überprüfung richterlicher Vorgehensweisen auf etwaige Rechts- bzw. Verfahrensfehler. Der abgelehnte Richter habe auch nicht die seiner richterlichen Tätigkeit gesetzten Schranken missachtet und Grundrechte verletzt oder in einer Weise gegen Verfahrensregeln verstoßen, dass sich bei den Beteiligten der Eindruck der Voreingenommenheit habe aufdrängen können. Zwar solle über die Bewilligung von PKH möglichst zeitnah entschieden werden. Grundsätzlich könne jedoch insbesondere in einem Eilverfahren die hinreichende Erfolgsaussicht des Antrags auch in einem Erörterungstermin bei gleichzeitiger Mitwirkung der Beteiligten geklärt werden. Eine unsachliche Einstellung des Richters gegenüber dem Antragsteller oder eine willkürliche Vorgehensweise lasse sich nicht ansatzweise feststellen. Im Übrigen sehe § 118 Abs. 1 Satz 3 Zivilprozessordnung (ZPO) ausdrücklich die Möglichkeit einer mündlichen Erörterung vor. In der Rechtsmittelbelehrung wurde darauf hingewiesen, dass dieser Beschluss gemäß § 172 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht anfechtbar sei.
Mit Verfügung vom 23.02.2012 hat RiSG V neuerlich zur Erörterung der Sach- und Rechtslage auf den 07.03.2012 geladen. Hierauf hat der Kläger den Richter erneut wegen Befangenheit abgelehnt (Schriftsatz vom 27.02.2012) und mit weiterem Schriftsatz vom 27.02.2012 den Beschluss vom 06.02.2012 mit der sofortigen Beschwerde angegriffen (Az. L 11 KR 206/12 B). Der abgelehnte Richter habe auf einen weiteren Termin ohne Entscheidung über die beantragte PKH geladen, obwohl die Beschwerdefrist gegen den Beschluss vom 09.02.2012 noch nicht abgelaufen sei. Demzufolge habe er gegen das auch für den Zeitraum der Beschwerdefrist geltende Handlungsverbot des § 47 ZPO verstoßen. Die Terminbestimmung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO setze voraus, dass eine Einigung zu erwarten sei. Aus den in der Sache vorliegenden Schriftsätzen folge indes eindeutig, dass keine Einigungsbereitschaft bestehe. Die Terminbestimmung sei daher willkürlich. Dem Gericht lägen seit Mitte Dezember 2011 die PKH-Unterlagen nebst Antragsbegründung vor. Weshalb bis heute über den PKH-Antrag nicht entschieden worden sei, bleibe unerklärlich. Die Vorgehensweise lasse erheblich an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters in der Sache zweifeln.
Das SG hat den Antrag nach Einholung einer weiteren dienstlichen Stellungnahme unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 06.02.2012 zurückgewiesen und in der Rechtsmittelbelehrung wiederum darauf hingewiesen, dass der Beschluss gemäß § 172 Abs. 2 SGG nicht anfechtbar sei (Beschluss vom 02.04.2012 - S 38 SF 67/12 AB -). Der Kläger hat gegen den Beschluss des SG am 16.04.2012 sofortige Beschwerde eingelegt (Az. L 11 KR 299/12 B). Der abgelehnte Richter habe trotz des noch laufenden PKH-Verfahrens und unter weiterem Verstoß gegen das Handlungsgebot des § 47 ZPO angewiesen, dass Gerichtskosten iHv 1.688,00 EUR eingezogen werden, was aus der Zahlungsaufforderung des SG vom 21.03.2012 folge. Die Eintreibung der Gerichtskosten mit Androhung von Zwangsmitteln sei in hohem Maße prozessrechtswidrig und willkürlich, zumal das SG seit über fünf Monaten nicht über den PKH-Antrag entschieden habe. Zudem sei dem abgelehnte Richter aus der Klageschrift und dem vorgelegten Attest bekannt, dass er - der Kläger - schwer herzkrank sei und ihn jegliche physische und psychische Belastung gefährde.
II.
Die Beschwerde ist statthaft und im Übrigen zulässig (nachfolgend 1.), sie ist indes unbegründet (nachfolgend 2.).
1. Die Beschwerde ist statthaft.
a) Durch Art. 8 Ziffer 4b) i. V. m. Art. 23 des Vierten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches des Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (4. Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze) ist § 60 Abs. 1 Satz 2 SGG ("Über die Ablehnung entscheidet außer im Falle des § 171 das Landessozialgericht durch Beschluss.") mit Wirkung zum 01.01.2012 aufgehoben worden (BGBI I 3057). Seither ist das SG funktionell zuständig, über Befangenheitsanträge gegen Richter/innen erster Instanz zu entscheiden. Ob und inwieweit diese Entscheidung mit der Beschwerde angegriffen werden kann, ist dem Gesetz nicht mit der gebotenen Deutlichkeit zu entnehmen.
b) Die Statthaftigkeit der Beschwerde ergibt sich im Einzelnen wie folgt:
aa) Nach § 46 Abs. 2 ZPO findet gegen einen Beschluss, durch den das Befangenheitsgesuch für begründet erklärt wird, kein Rechtsmittel und gegen den Beschluss, durch den das Gesuch für unbegründet erklärt wird, die sofortige Beschwerde statt (hierzu § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Infolge von Art. 8 Nr. 4 Ziff. a) des 4. Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze wurden in § 60 Abs. 1 SGG die Wörter "§§ 41 bis 44, 45 Abs. 2 Satz, §§ 47 bis 49" durch die Angabe "§§ 41 bis 49" ersetzt. Nunmehr lautet § 60 Abs. 1 SGG: "Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten die §§ 41 bis 49 der Zivilprozessordnung entsprechend." Demzufolge ist § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO nach dem eindeutigen Wortlaut in Bezug genommen und die Beschwerde unter den genannten Voraussetzungen statthaft.
bb) Gegenläufig bestimmt allerdings § 172 Abs. 2 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes (SGGArbGGÄndG) vom 26.03.2008 (BGBl. I 444), dass u. a. Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen nicht mit der Beschwerde angefochten werden können. In diesem Zusammenhang heißt es im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 4. Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze (BR-Drs. 315/11, S. 40; BT-Drs. 17/6764, S. 27):
Da § 46 Zivilprozessordnung (ZPO) für entsprechend anwendbar erklärt wird, ist die bisher in Satz 2 enthaltene Regelung entbehrlich. § 172 Absatz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) geht als speziellere Norm dem § 46 Absatz 2 ZPO vor, so dass weiterhin Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen nicht mit der Beschwerde angefochten werden können.
Dies zugrunde gelegt hat der Gesetzgeber einerseits eine eindeutige Regelung getroffen, nämlich Statthaftigkeit der Beschwerde (§ 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO), andererseits steht dem § 172 Abs. 2 SGG mit dem darin formulierten Beschwerdeausschluss entgegen. Die Gesetzesbegründung (s. soeben) favorisiert § 172 Abs. 2 SGG auf der Grundlage insoweit unterstellter Gesetzesspezialität. Ob und inwieweit dies zutrifft, ist zu prüfen.
(1) Dabei gilt vorab: Die Meinungsäußerung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Verfassungsorgane bzw. von Mitgliedern dieser Organe ist zwar zur Kenntnis zu nehmen, sie ist indes für die Auslegung der maßgebenden Vorschriften von nachrangiger Bedeutung. Motive, die in Gesetzentwürfen zum Ausdruck kommen und die in der Regel in Ministerien formuliert werden, können nicht kurzerhand jenen Personen untergeschoben werden, die den Gesetzbeschluss gefasst haben (Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Auflage, 2006, S. 24). Es kommt ferner nicht darauf an, was der Gesetzgeber regeln wollte oder meint, geregelt zu haben, sondern auf den durch das Gericht im Wege der Auslegung zu ermittelnden Inhalt des Gesetzes selbst, den "objektivierten Willen des Gesetzgebers", in dessen Bestimmung die Motive des Gesetzgebers allenfalls sekundär einfließen können (hierzu Zippelius, a.a.O., S. 21 ff.; Kramer, Juristische Methodenlehre, 2. Auflage, 2005, S. 113 ff., 152 f.; vgl. auch Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 23.09.1999 - IV R 56/98 - ; Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 20.02.1964 - 8 RV 649/62 -; Senat, Beschlüsse vom 04.05.2011 - L 11 KA 120/10 B ER - und 17.06.2009 - L 11 B 6/09 KA ER -).
Enthält sich der Gesetzgeber - wie hier - einer eindeutigen Entscheidung, ist die Normenkonkurrenz durch die Gerichte aufzulösen (vgl. auch Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 03.04.1990 - 1 BvR 1186/89 -). Hat der Gesetzgeber allerdings eine eindeutige Entscheidung (etwa pro oder contra Statthaftigkeit der Beschwerde) getroffen, darf ein Gericht dies nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern oder durch judikative Lösungen ersetzen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.06.2007 - 2 BvR 1447/05, 2 BvR 136/05 -). Der Richter darf sich nicht dem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck des Gesetzes entziehen. Er muss die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren und den Willen des Gesetzgebers (auch) unter gewandelten Bedingungen möglichst zuverlässig zur Geltung bringen. Er hat hierbei den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung zu folgen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12.11.1997 - 1 BvR 479/92, 1 BvR 307/94 - und 26.06.1991 - 1 BvR 779/85 -). Eine Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, keinen Widerhall im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder - bei Vorliegen einer erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke - stillschweigend gebilligt wird, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16.02.2012 - 1 BvR 127/10 - und 14.06.2007 - 2 BvR 1447/05, 2 BvR 136/05 -).
(2) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ergibt sich: Zwei hierarchisch gleichrangige Normen stehen im Widerstreit. Die Normenkonkurrenz ist im Wege der Auslegung aufzulösen.
(a) Eine Auslegung nach Maßgabe des jeweiligen Wortlauts führt nicht weiter. Zwar erklärt § 60 Abs. 1 SGG die §§ 41 bis 49 ZPO nur für entsprechend anwendbar. Die Sinngehalt der "entsprechenden Anwendbarkeit" erschließt sich daraus, dass die §§ 41 bis 49 ZPO auf das zivilprozessuale Verfahren zugeschnitten sind (z. B. Parteien statt Beteiligte, sofortige Beschwerde statt Beschwerde), folglich ohnehin nicht unmittelbar angewandt werden können. Die bezogenen Vorschriften sind daher nur maßgebend, soweit nicht grundsätzliche Unterschiede der Verfahrensarten dem entgegenstehen (zu § 202 SGG: vgl. Straßfeld in Jansen, SGG, 3. Auflage, 2009, § 202 Rdn. 1; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, 2012, § 202 Rdn. 3). Ausgeschlossen ist damit das in § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO vorgesehene Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde (hierzu § 567 Abs. 1 ZPO). Hieraus lässt sich indes nicht herleiten, dass § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO nicht anzuwenden ist. Der Gesetzgeber hat das Gegenteil bestimmt. Er hat auch diese Norm in Bezug genommen und sie damit in das SGG-Verfahren einbezogen. Sie kann damit nicht gesetzwidrig hinweg interpretiert werden. Dies gilt umso mehr, als das im Gesetzgebungsverfahren federführende Bundesministerium mehrfach auf die ungelöste Normenkonkurrenz hingewiesen worden ist (s. unten) und dennoch keinen Anlass gesehen hat, die schon im Referentenentwurf (März 2011) vorgesehene Bezugnahme des § 60 Abs. 1 SGG auf §§ 41 bis §§ 49 ZPO in eine solche auf §§ 41 bis 45, 46 Abs. 1 und Abs. 2 Halbs. 1, 47 bis 49 ZPO zu ändern. Die vom Gesetzgeber angeordnete "entsprechende Anwendung" bedeutet sonach nur, dass statt der sofortigen Beschwerde (§ 567 Abs. 1 ZPO) der im SGG vorgesehene, vergleichbare Rechtsbehelf zum Zuge kommt; das ist die "einfache" Beschwerde nach § 172 Abs. 1 SGG.
(b) Die Gesetzesbegründung meint, infolge Spezialität verdränge § 172 Abs. 2 SGG die gegenläufige Regelung des § 60 Abs. 1 SGG i. V. m. § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO. Das trifft nicht zu. Die sich inhaltlich widersprechenden Regelungen des § 60 Abs. 1 SGG i. V. m. § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO einerseits und § 172 Abs. 2 SGG andererseits begründen einen der systematischen Interpretation zuzuordnen Normenkonflikt, denn auf ein und denselben Sachverhalt erscheinen - isoliert betrachtet - mehrere gesetzliche Tatbestände anwendbar. In derartigen Fällen der Gesetzeskonkurrenz kann eine der Normen einen weiteren (generellen) Anwendungsbereich haben als die konkurrierende speziellere Norm. Gemeinhin wird dann das Prinzip "lex specialis derogat legi generali" vertreten. Dies könnte auf einen Vorrang des § 172 Abs. 2 SGG hindeuten (so die Gesetzesbegründung a.a.O.). Das ist indessen nicht der Fall. Die Anwendung vorgenannter Regel setzt ein Spezialitätsverhältnis voraus. Spezialität läge vor, wenn alle Sachverhalte, die unter § 172 Abs. 2 SGG subsumiert werden können, gleichzeitig auch § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO zurechenbar sind, nicht aber umgekehrt (vgl. auch Senat, Beschluss vom 14.06.2010 - L 11 KR 199/10 KL - m.w.N.). Tatsächlich sind die Normen im Tatbestand deckungsgleich (negativer Beschluss des SG über ein Befangenheitsgesuch), weichen indes (nur) in der angeordneten Rechtsfolge diametral voneinander ab. Damit geht es entgegen der Gesetzesbegründung nicht um die Frage der Spezialität im Sinne vom "lex specialis derogat legi generali" mit der Folge, dass die Gesetzesbegründung nicht trägt.
Grundsätzlich gilt im Bereich der systematischen Auslegung, dass eine Norm im Zweifel so zu interpretieren ist, dass die konkurrierende Norm nicht obsolet wird (Kramer, a.a.O., S. 94). Ausgehend hiervon hat der Gesetzgeber mit der Bezugnahme des § 60 Abs. 1 SGG auf § 42 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO bewusst und zielgerichtet die Beschwerdemöglichkeit eröffnet. Dem die Grundlage dadurch zu entziehen, dass mittels der nicht tragfähigen Gesetzesbegründung der fragwürdigen Regelung (s. unten unter (c) (aa)) des § 172 Abs. 2 SGG verdrängende Wirkung beigemessen wird, verbietet sich hiernach. Mit Blick auf die zeitliche Gesetzeskonkurrenz (hierzu Kramer, a.a.O., S. 101) ist zudem maßgebend, dass jüngeres Recht widersprechendes älteres Recht aufhebt (lex posterior derogat legi priori) und nicht umgekehrt (vgl. Zippelius, a.a.O., S. 40; Kramer, a.a.O., S. 101 f.; hierzu auch Senat, Beschlüsse vom 13.04.2011 - L 11 KA 133/10 B ER, L 11 KA 17/11 B ER - und 14.06.2010 - L 11 KR 199/10 KL -). Sonach verdrängt § 60 Abs. 1 SGG i. V. m. § 42 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO die ältere Regelung des § 172 Abs. 2 SGG. Allerdings bedarf es jeweils einer genauen Analyse, ob vorgenannter Grundsatz gilt, denn möglicherweise ergibt die Auslegung, dass eine Norm einer anderen Vorschrift vorgehen oder sie aufheben soll (Zippelius, a.a.O., S. 41). Gleichermaßen denkbar ist, dass der Gesetzgeber einer fragwürdigen Regelung (hier § 172 Abs. 2 SGG) nunmehr einen realen Sinngehalt gibt und deswegen der Grundsatz "lex posterior derogat legi priori" nicht greift. Das führt indes nicht weiter, was sich nachfolgend ergibt.
(c) Zu fragen ist zunächst nach dem Regelungsgehalt des § 172 Abs. 2 SGG.
(aa) Der Wortlaut ist eindeutig. Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Mit dem Begriff "Gerichtspersonen" werden die in § 60 Abs. 1 SGG und in §§ 41 bis 49 ZPO benannten Richter, ehrenamtlichen Richter und Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erfasst (vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) Hamburg, Beschluss vom 27.04.2011 - 1 So 15/11 - m.w.N. zu § 146 Abs. 2 VwGO). Die Beschwerde ist hiernach nicht statthaft. Gleichwohl ist die Vorschrift zutreffend als unnötig (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 9. Auflage, 2008, § 172 Rdn. 6f) bzw. fehlsam (Zeihe, SGG, Stand 11/2010, § 172 Rdn. 13) bezeichnet worden. § 172 Abs. 2 SGG "regelte" im hier interessierenden Zusammenhang allein, dass Befangenheitsbeschlüsse des LSG (§ 60 Abs. 1 Satz 2 SGG a. F.) nicht mit der Beschwerde angefochten werden konnten. Das folgt indes schon aus § 177 SGG. Damit bleibt zu klären, ob der Gesetzgeber mittels des 4. Gesetzes zur Änderungen des SGB IV und anderer Gesetze § 172 Abs. 2 SGG einen neuen und weiteren Regelungsgehalt beigemessen hat, der dazu führt, dass diese Norm die jüngere Regelung des § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO entgegen dem Grundsatz des "lex posterior derogat legi priori" verdrängt. Da ein Spezialitätsverhältnis entgegen der in der Gesetzesbegründung vertretenen Auffassung nicht vorliegt (s. oben), bedarf es einer weitergehenden Analyse.
(bb) Der Satzteil "und über die Ablehnung von Gerichtspersonen" ist durch Art. 29 des SGGArbGGÄndG m.W.v. 01.04.2008 in § 172 Abs. 2 SGG eingefügt worden (BGBl I 444). Mittels des SGGArbGGÄndG sollte die Sozialgerichtsbarkeit insgesamt entlastet werden, und zwar durch eine Straffung des sozialgerichtlichen Verfahrens, die es den Gerichten erlaubt, ihrer Amtsermittlungspflicht zum Einen besser nachzukommen, zum Anderen aber auch Verzögerungen des Verfahrens, die durch die Verfahrensbeteiligten selbst verursacht werden, zu sanktionieren (vgl. BT-Drs. 16/7716 S. 1). Diesem Ziel diente auch die Ausweitung der Regelungen über den Beschwerdeausschluss in § 172 SGG. Dabei sollte mit der Änderung in § 172 Abs. 2 SGG im Interesse der Vereinheitlichung der Verfahrensordnungen eine Anpassung an § 146 VwGO bewirkt werden (vgl. BT-Drs. 16/7716 S. 22 zu Nr. 29 Buchst. a)). Dort war bereits mit dem 6. VwGO-Änderungsgesetz vom 01.12.1996 (BGBl I 1626) in § 146 Abs. 2 VwGO eine der jetzigen Fassung des § 172 Abs. 2 SGG entsprechende Bestimmung über den Ausschluss der Beschwerde bei Beschlüssen über die Ablehnung von Gerichtspersonen aufgenommen worden, die wie alle Rechtsänderungen in der genannten Gesetzesnovelle der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung der seinerzeit überlasteten Verwaltungsgerichte diente (vgl. BT-Drs. 13/5098 S. 1 f.). Der Gesetzgeber hielt es nicht für sinnvoll, den Beteiligten einen Instanzenzug gegen den Beschluss, mit dem ein Ablehnungsgesuch abgelehnt wird, auch dann zu gewähren, wenn die Hauptsacheentscheidung nicht oder nur nach besonderer Zulassung anfechtbar ist; zugleich sollte den Beteiligten der Anreiz genommen werden, Ablehnungsgesuche allein zur Hinauszögerung der Hauptsacheentscheidung anzubringen (BT-Drs. 13/3993, S. 22 f.; BT-Drs. 13/5098, S. 24 f.).
(cc) Die den Beschwerdeausschluss nach § 146 Abs. 2 VwGO (n.F.) tragenden Erwägungen greifen für das SGG nur schwerlich. Das SGG kennt im Gegensatz zu § 124 VwGO keine Zulassungsberufung. Somit verbleibt nur das wenig überzeugende "Anreizargument" (vgl. oben), um die § 142 Abs. 2 VwGO (n.F.) zugrundeliegenden gesetzgeberischen Erwägungen auf die Neuregelung des § 172 Abs. 2 SGG i.d.F. des SGGArbGGÄndG zu übertragen. Hinzu kommt, dass mittels § 146 Abs. 2 VwGO (n.F.) zielgerichtet das zuvor bestehende Beschwerderecht (vgl. OVG Sachsen, Beschluss vom 01.08.2000 - 1 B 58/99 -) ausgeschlossen werden sollte, mithin der Regelungsgehalt dieser Norm insoweit klar war. Für § 172 Abs. 2 SGG gilt indes Anderes. Über das Befangenheitsgesuch entschied bislang das LSG (§ 60 Abs. 1 Satz 2 SGG a.F.). Die Beschwerde konnte schon deswegen nicht ausgeschlossen werden, weil sie losgelöst von § 172 Abs. 2 nicht statthaft war (§ 177 SGG). Insoweit war die Neufassung des § 172 Abs. 2 unnötig bzw. fehlsam (s. oben). Dementsprechend war die mit der Einfügung der Worte "und über die Ablehnung von Gerichtspersonen" verfolgte Zielrichtung des SGGArbGGÄndG äußerst bescheiden; es ging nur um eine Anpassung an § 146 VwGO im Interesse der Vereinheitlichung der Verfahrensordnungen (BT-Drs. 16/7716, S. 27). Angesichts dieser gesetzgeberischen Konzeption des § 172 Abs. 2 SGG ist es wenig überzeugend, wenn der auslegungstechnisch nicht tragfähigen Meinung des "Gesetzgebers" beigetreten wird, § 172 Abs. 2 SGG verdränge die an sich gegebene Beschwerdemöglichkeit nach § 60 Abs. 1 SGG i. V. m. § 46 Abs. 2 ZPO.
(dd) Hinzu kommt: Anliegen des 4. Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze ist es zwar, die Verfahren zu beschleunigen und die Effizienz in der Sozialgerichtsbarkeit zu steigern (BT-Drs. 315/11 S. 2, 22). Dieses Ziel hat der Gesetzgeber allerdings selbst konterkariert, indem er mittels Streichung des § 60 Abs. 1 Satz 2 SGG die Zuständigkeit der hoch belasteten Sozialgerichte für Entscheidungen in Befangenheitssachen geschaffen hat. Diese Zuständigkeitsverlagerung ist überdies ineffektiv. Waren bei den Landessozialgerichten die Zuständigkeiten für Befangenheitssachen betreffend Richter vielfach einem Senat zugewiesen und damit der Sachverstand gebündelt, kann hiervon nunmehr keine Rede mehr sein, wenn ausweislich des Gesetzesbegründung jeweils der geschäftsplanmäßige Vertreter zuständig sein soll, mithin statt einer Zuständigkeitsbündelung nunmehr zu diversifizieren ist. Schon deswegen verbietet es sich, die Neuregelung allein mit Blick auf die Gesichtspunkte der Effizienzsteigerung bzw. Verfahrensbeschleunigung zu interpretieren, um einer Beschwerde die Statthaftigkeit abzusprechen.
(ee) Wird zudem zutreffend angenommen, dass Entscheidungen der Sozialgerichte über die Ablehnung von Sachverständigen mit der Beschwerde angegriffen werden können (ganz h.M.; vgl. nur LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.01.2011 - L 4 KR 324/10 B - mit zustimmender Anmerkung von Hellweg in ZMGR 2011, 184, jeweils m.w.N.; OVG Hamburg, Beschluss vom 27.04.2011 - 1 So 15/11 - zu § 146 Abs. 2 VwGO; Leitherer, a.a.O., § 172 Rdn. 6f.; a.A. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.01.2010 - L 7 R 3206/09 B -), kommt es zu nicht nachvollziehbaren Wertungswidersprüchen, wenn die in der Gesetzesbegründung und damit nur beiläufig geäußerte Auffassung des "Gesetzgebers" als maßgebend angesehen wird.
(ff) Schließlich gilt unter systematischen Gesichtspunkten, dass § 172 Abs. 2 SGG eine Ausnahmevorschrift darstellt (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.01.2011 - L 4 KR 324/10 B -; Hellweg in ZMGR 2011, 184) und als solche schwerlich geeignet ist, § 60 Abs. 1 i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO zu verdrängen. Als Grundregel bestimmt § 172 Abs. 1 SGG, dass gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte die Beschwerde an das LSG stattfindet, soweit im SGG nichts anderes bestimmt ist. Letzteres ist mit § 172 Abs. 2 SGG der Fall. Diese Norm steht in einem Spezialitätsverhältnis zu § 172 Abs. 1 SGG. Nichts anderes gilt für § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO, denn diese Normenkette bekräftigt für ihren Anwendungsbereich (Befangenheitssachen) spezialgesetzlich nochmals die Grundregel des § 172 Abs. 1 SGG. Stehen sonach zwei spezialgesetzliche Normen im Widerstreit, kann das Spannungsverhältnis jedenfalls nicht dadurch beseitigt werden, dass der einen Norm (§ 172 Abs. 2 SGG) mit dem schlichten Hinweis auf die Gesetzesbegründung eine verdrängende Wirkung gegenüber der anderen Norm (§ 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO) beigemessen wird. Vielmehr gilt dann, dass der Ausnahmetatbestand (§ 172 Abs. 2 SGG) durch die neu geschaffene Spezialregelung des § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO neutralisiert wird.
(gg) Von einem redaktionellen Versehen des Gesetzgebers kann zudem nicht ausgegangen werden, denn im Gesetzgebungsverfahren ist das federführende Bundesministerium mehrfach auf diese Unstimmigkeiten hingewiesen worden. So heißt es in der Stellungnahme 26/11 des Deutschen Richterbundes aus Oktober 2011 (www.drb.de):
Das Ziel einer Verfahrensbeschleunigung kann im Übrigen nur erreicht werden, wenn die Entscheidungen über die Ausschließung oder Ablehnung des Richters nicht mit der Beschwerde angefochten werden kann, da ansonsten das Verfahren im Vergleich zum derzeit geltenden Recht sogar verlängert würde. Davon geht auch der Gesetzentwurf aus, wenn er in der Begründung auf S. 48 ausgeführt, dass Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen nicht mit der Beschwerde angefochten werden könnten, da § 172 Abs. 2 SGG dem § 46 Abs. 2 ZPO als speziellere Norm vorgehe. Dies ergibt sich allerdings aus dem Wortlaut des § 60 SGG-E nicht eindeutig. Zur Klarstellung regen wird daher an, die im Entwurf enthaltene Verweisung auf § 46 Abs. 2 ZPO (der eine Beschwerde vorsieht) zu streichen.
(hh) Letztlich bleibt zur Kenntnis zu nehmen, dass die Verfasser des 4. Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze (wohl) die Beschwerdemöglichkeit gegen Beschlüsse, mit denen eine Befangenheitsantrag gegen Richter abgelehnt wird, abschaffen wollten. Losgelöst von der dem entgegenstehenden Auslegung der maßgebenden Normen (s. oben), kann vom Gesetzgeber allerdings erwartet werden, dass er eine Beschneidung von Rechtsschutzmöglichkeiten eindeutig und unmissverständlich formuliert. Dies gebieten die Gesichtspunkte der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens. Geschieht das - wie hier - nicht, spricht Einiges dafür, zunächst an der bisherigen Rechtslage festzuhalten; nötigenfalls mag gesetzgeberisch "nachgebessert" werden.
c) Sonach: Wortlaut, Gesetzessystematik, Entstehungsgeschichte und teleologische Gesichtspunkte sprechen entgegen der Gesetzesbegründung für eine Beschwerdemöglichkeit nach Maßgabe des § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 46 Abs. 2 ZPO.
2. In der Sache sind die Beschwerden im Ergebnis unbegründet.
a) Ein Richter kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO). Für die Feststellung eines solchen Grundes kommt es nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich parteilich oder befangen ist oder aber sich selbst für befangen hält. Andererseits begründet die subjektive Überzeugung eines AS oder seine Besorgnis, der Richter sei befangen, allein nicht die Berechtigung der Ablehnung. Entscheidend ist vielmehr, ob ein Grund vorliegt, der den Antragsteller von seinem Standpunkt aus nach objektiven Maßstäben befürchten lassen könnte, der von ihm abgelehnte Richter werde nicht unparteilich entscheiden (std. Rechtsprechung, vgl. u.a. BVerfG, Beschlüsse vom 12.07.1986 - 1 BvR 713/83, 1 BvR 921/84, 1 BvR 1190/84, 1 BvR 333/85, 1 BvR 248/85, 1 BvR 306/85, 1 BvR 497/85 -, vom 05.04.1990 - 2 BvR 413/88 - und vom 02.12.1992 - 2 BvF 2/90, 2 BvF 5/92 -; BSG, Beschluss vom 10.12.2010 - B 4 AS 97/10 B -; Senat, Beschlüsse vom 19.10.2011 - L 11 SF 274/11 AB - und 22.02.2010 - L 11 AR 140/09 AB -).
b) Diese Voraussetzungen sind letztlich nicht gegeben.
aa) Soweit der Kläger einen Verstoß gegen das Handlungsverbot gemäß § 47 ZPO rügt, kann wegen der bislang ungeklärten Rechtslage (vgl. die Ausführungen zu 1.) nicht auf eine unsachliche Einstellung des Richters geschlossen werden. Der Senat hat sich erstmals mit Beschluss vom 07.05.2012 (L 11 SO 108/12 B) zur Statthaftigkeit der Beschwerde nach der Gesetzesänderung verhalten und diese als statthaft erachtet.
bb) Die Besorgnis der Befangenheit folgt auch nicht daraus, dass der abgelehnte Richter trotz zweimaliger Erinnerungen des Klägerbevollmächtigten Termin zur Erörterung des Sachverhalts auf den 10.01.2012/24.01.2012 bzw. 07.03.2012 anberaumt hat ohne zuvor über den PKH-Antrag zu entscheiden.
(1) Einem Richter obliegt zwar im sozialgerichtlichen Verfahren eine umfassendeAufklärungspflicht (§§ 103, 106 SGG). Gelangt der Richter im Rahmen seiner Tätigkeit zu der Auffassung, dass ein Verfahrensstand erreicht ist, der Rückschluss auf das jeweilige Begehren zulässt, ist er nicht nur berechtigt, sondern in der Regel auch gehalten, dies den Beteiligten mitzuteilen. Das folgt insbesondere aus den in § 106 Abs. 1 und 2 SGG im Einzelnen aufgeführten Aufklärungs- bzw. Hinweispflichten. Mit seinem Hinweis gibt der Richter Gelegenheit, auf die richterliche Meinungsbildung einzuwirken und rechtzeitig ggf. für erforderlich gehaltene prozess- bzw. erkenntnisfördernde Erklärungen abzugeben bzw. entsprechende Anträge zu stellen (std. Rspr., vgl. u.a. Senat, Beschluss vom 02.05.2011 - L 11 SF 43/11 AB -). Er ist indessen nicht verpflichtet, jeden Verfahrensschritt zu erläutern. Ob und inwieweit sich ausnahmsweise eine "Erklärungspflicht" ergibt, hängt allein von den Umständen des jeweiligen Falles ab und wird wesentlich durch die Grundsätze des rechtlichen Gehörs und fairen Verfahrens bestimmt. So mag es tunlich sein, jedenfalls auf das Schreiben des Klägerbevollmächtigten vom 19.01.2012 ("in Anbetracht des angesetzten Termins wird das Gericht nochmals um umgehende vorherige Entscheidung über die PKH gebeten") zu reagieren. Indessen vermag der Senat nicht zu erkennen, dass der abgelehnte Richter deswegen befangen ist, wenngleich dem Kläger zuzugeben ist, dass die Verfahrensleitung insoweit Anlass zu Irritationen geben mag, indem der Richter trotz der dringenden Bitte, über den PKH-Antrag zu entscheiden, wiederholt Erörterungstermine bestimmt (zur Rechtsgrundlage s unten).
(2) Die Bearbeitung des PKH-Antrags im Übrigen vermag gleichermaßen keine Befangenheit zu begründen.
Insoweit gilt: Der besonnene Rechtsuchende darf an der Unparteilichkeit und objektiven Einstellung des Richters die Besorgnis der Befangenheit dann begründende Zweifel haben, wenn sich der Verfahrensablauf über lange Zeit eindeutig als eine Kette von Verzögerungen bis hin zur Untätigkeit darstellt und keine Gründe ersichtlich sind, die diesen Ablauf als vertretbar erscheinen lassen könnten (LSG Niedersachsen, Beschlüsse vom 20.09.1994 - S 23 V 182/90 - und - L 9 S (V) 153/94 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 27.06.2000 - L 10 AR 22/07 -; Senat, Beschlüsse vom 07.05.2008 - L 11 AR 20/08 AB -, vom 20.11.2008 - L 11 AR 70/08 AB -, vom 13.04.2010 - L 11 SF 49/10 AB, vom 22.06.2010 - L 11 SF 118/10 AB -, vom 19.07.2010 - L 11 SF 108/10 AB - und vom 20.12.2010 - L 11 SF 325/10 AB -, jeweils m.w.N.). So ist anerkannt, dass eine langdauernde Nichtbearbeitung eines Antrags auf PKH-Bewilligung zur Besorgnis der Befangenheit Anlass geben kann, wenn der Richter Erinnerungen der Partei nicht beachtet und sachliche Gründe für eine Verfahrensverzögerung nicht ersichtlich sind (BFH, Beschluss vom 11.08.1994 - IB 98/93 -). Befangenheit eines Richters ist angenommen worden, der einen Prozesskostenhilfeantrag bezüglich einer Sorgerechtsregelung während des Getrenntlebens erst - nach zweimaliger schriftsätzlicher Erinnerung - nach fast einem halben Jahr beschieden hatte, weil die Entscheidung von einem Bericht des Jugendamts abhängig gemacht wurde, ohne dass auf das Vorbringen der Antragstellerin eingegangen wurde, so dass die Antragstellerin den Eindruck gewinnen konnte, der Richter weigere sich, ihren Sachvortrag zur Kenntnis zu nehmen und zu würdigen (OLG Oldenburg, Beschluss vom 07.10.1991 - 3 EF 106/91 -; vgl. auch Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Auflage, § 42 Rdn. 24 m.w.N.; Musielak/Heinrich, ZPO, 7. Auflage, 2009, § 42 Rdn. 11 m.w.N.). Auch der Senat hat sich mit der Fragestellung, ob und inwieweit Verfahrensverzögerungen, namentlich betreffend PKH-Anträge, Befangenheit begründen können, mehrfach befasst. Im Beschluss vom 15.07.2008 - L 11 AR 38/08 - hat er Befangenheit verneint, obgleich der PKH-Antrag trotz mehrerer unbeantworteter Sachstandanfragen nicht bearbeitet wurde. Der Senat hat ausgeführt, dass in der zögerlichen Bearbeitung eines PKH-Antrags nur dann ein Grund für die Besorgnis der Befangenheit gesehen werden kann, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die zögerliche Bearbeitung erfolgte, um dem Antragsteller Nachteile zuzufügen. Das war nicht der Fall, weil der abgelehnte Richter in seiner dienstlichen Stellungnahme auf die allseits bekannte überobligatorische Arbeitsbelastung der in der Sozialgerichtsbarkeit tätigen Richter verwies. Ferner hat der Senat ein Befangenheitsgesuch wegen Nichtentscheidung über einen PKH-Antrag mit der Erwägung abgelehnt, dass die Bewilligung noch während des gesamten Verfahrensverlaufs möglich ist, wenn sich aus einer verspäteten Bearbeitung keine Nachteile für den Kläger ergeben (Beschluss vom 10.12.2008 - L 11 AR 81/08 AB -).
Ausgehend hiervon ist die Besorgnis der Befangenheit nicht gegeben. Zweifelhaft ist schon, ob der abgelehnte Richter das PKH-Verfahren zögerlich bearbeitet hat. Der Antrag datierte vom 28.10.2011. Unter dem 14.11.2011 hat der Richter "Vorlage KB mit der Bitte um PKH-Vorprüfung" verfügt. Die Kostenbeamtin hat am 15.11.2011 beim Klägerbevollmächtigten weitere Unterlagen angefordert und nach deren Vorlage in der Aktenverfügung vom 20.11.2012 festgehalten, nach ihrer Auffassung seien die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine ratenfreie PKH-Bewilligung erfüllt. Der abgelehnte Richter hat sodann Erörterungstermin im Bewilligungsverfahren (§ 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO; s nachfolgend) bestimmt auf den 10.01.2012, der wegen Verhinderung des Klägerbevollmächtigten auf den 24.01.2012 verlegt wurde. Auf den Befangenheitsantrag vom 23.01.2012 greift das Handlungsverbot des § 47 ZPO bis zur Entscheidung des SG vom 06.02.2012 - S 34 SF 34/12 - (Ablehnung des Befangenheitsgesuchs). Nach Rückgabe der Akten am 09.02.2012 hat der abgelehnte Richter am 23.02.2012 neuerlich einen Erörterungstermin bestimmt auf den 07.03.2012. Auf das weitere Befangenheitsgesuch vom 27.02.2012 greift wiederum das Handlungsverbot (§ 47 ZPO) bis zur Ablehnung dieses Befangenheitsantrags mit Beschluss vom 02.04.2012 - S 38 SF 67/12 -). Unter dem 11.04.2012 hat das SG die Akten dem Senat zugeleitet. Eine langdauernde und (unvertretbar) zögerliche Bearbeitung vermag der Senat sonach nicht festzustellen.
(3) Auch die Anberaumung der Erörterungstermine vom 10.01.2012/24.01.2012 bzw. 07.03.2012 ist letztlich nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Unklar ist, welchem Zweck die Erörterungstermine dienten. Rechtliche Grundlage hierfür kann § 202 SGG i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO oder § 106 Abs. 2 Nr. 7 SGG sein. Sofern der abgelehnte Richter den Erörterungstermin auf der Grundlage von § 106 Abs. 3 Nr. 7 SGG hätte durchführen wollen, läge Befangenheit nahe (nachfolgend (a)). Der Senat geht mangels anderweitiger Anhaltspunkte indes davon aus, dass die Terminbestimmungen zur Erörterung des Sachverhalts im Bewilligungsverfahren nach Maßgabe des § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO erfolgten (nachfolgend (b)).
(a) Sollte die Termin 10.01.2012/24.01.2012 auf der Grundlage von § 106 Abs. 2 Nr. 7 SGG bestimmt worden sein, wäre Ziel eine Erörterung des Sachverhalts und ggf., wenngleich insoweit von der Norm nicht gedeckt, der Rechtslage (hierzu Kolmetz in Jansen, SGG. 3. Auflage, 2009, § 106 Rdn. 15). Schon der Grundsatz des fairen Verfahrens (hierzu auch Zöller/Vollkommer, a.a.O. § 42 Rdn. 24 m.w.N.) gebietet es jedenfalls angesichts der zweimaligen Nachfrage des Klägerbevollmächtigten rechtzeitig vor dem Termin über den PKH-Antrag zu entscheiden, zumindest aber die Hinderungsgründe mitzuteilen. Dies gilt umso mehr, als der abgelehnte Richter auf den 07.03.2012 wiederum einen Erörterungstermin bestimmt hat, ohne zu entscheiden. Dass der Kläger in dieser Konstellation durch die Nichtentscheidung benachteiligt wird, ist jedenfalls im GKG-Verfahren evident.
(b) Die mündliche Erörterung (§ 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO) als Teil des Bewilligungsverfahrens (§ 127 Abs. 1 ZPO) darf nur stattfinden, wenn "eine Einigung zu erwarten" ist. Sie soll dazu dienen, Entscheidungsreife herbeizuführen. Ungeachtet dessen soll das Gericht in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hinwirken (§ 278 Abs. 1 ZPO), was bei der Auslegung des § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO zu beachten ist Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Auflage, 2012, § 118 Rdn. 14). Die Einigung muss einigermaßen naheliegen; die nur vage Möglichkeit reicht nicht aus (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.02.1992 - 18 WF 7/92 -). Ein Termin kann daher nur ausnahmsweise stattfinden (Musielak/Fischer, a.a.O., § 118 Rdn. 4; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 118 Rdn. 14). Die Einigung muss nicht nur nach Ansicht eines der Beteiligten erwartbar sein, sondern auch nach derjenigen des Gerichts (OLG Schleswig, Beschluss vom 14.02.1983 - 7 W 74/83 -; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 118 Rdn. 14).
(aa) Soweit es den Erörterungstermin vom 10.01.2012/24.01.2012 anlangt, ist zwar zweifelhaft, ob eine solche Prognose getroffen werden konnte. Indessen gilt, dass das Ablehnungsverfahren nicht der Überprüfung richterlicher Vorgehensweisen auf etwaige Rechts- bzw. Verfahrensfehler dient. Die Rüge von Rechtsverstößen kann allenfalls dann die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass das mögliche Fehlverhalten auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht. Die Fehlerhaftigkeit muss ohne Weiteres feststellbar und gravierend sein sowie auf unsachliche Erwägungen schließen lassen. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn der abgelehnte Richter die seiner richterlichen Tätigkeit gesetzten Schranken missachtet und Grundrechte verletzt hat oder wenn in einer Weise gegen Verfahrensregeln verstoßen wurde, dass sich bei dem Beteiligten der Eindruck der Voreingenommenheit aufdrängen konnte (vgl. BFH, Beschluss vom 27.09.1994 - VIII B 64-76/94 pp - m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 10.04.2006 - L 10 AR 42/06 und L 10 AR 43/06 -; Senat, Beschlüsse vom 25.11.2009 - L 11 AR 117/09 AB -, vom 20.01.2010 - L 11 AR 129/09 AB und L 11 AR 130/09 AB -, vom 17.05.2010 - L 11 SF 102/10 AB -, vom 19.07.2010 - L 11 SF 108/10 AB - und 30.03.2011 - L 11 SF 44/11 AB -). Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich des Erörterungstermins vom 10.01.2012 nicht vor. Die Prognose "Einigung zu erwarten" war jedenfalls nicht offensichtlich unvertretbar.
(bb) Soweit es den Erörterungstermin vom 07.03.2012 anlangt, kann die zuvor noch vertretbare Prognose (s soeben) indes nicht mehr aufrechterhalten bleiben. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 27.02.2012 nachdrücklich dargelegt, dass und warum eine Einigung nicht zu erwarten ist. In der Folge ist eine Ladung der Parteien zur mündlichen Erörterung auf der Grundlage von § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO unzulässig (vgl. Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 33. Auflage, 2012, § 118 Rdn. 3). Ausgehend hiervon ist die Ladung zum Erörterungstermin vom 07.03.2012 nur noch schwerlich vertretbar. Wiederum gilt indessen, dass das Ablehnungsverfahren nicht der Überprüfung richterlicher Vorgehensweisen auf etwaige Rechts- bzw. Verfahrensfehler dient (s oben), mithin Befangenheit hieraus nicht hergeleitet werden kann.
(3) Befangenheit rührt entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht daher, dass das SG ihm mit Schreiben vom 13.04.2012 angekündigt hat, die Zwangsvollstreckung einzuleiten. Dieses Schreiben bezieht sich auf das Hauptsacheverfahren S 34 KR 974/11. Dem liegt zugrunde: Die Verfahrensgebühr in Prozessverfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit wird mit der Einreichung der Klageschrift fällig (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Gerichtskostengesetz (GKG)). Ausgehend hiervon ist in Hauptsachverfahren der Streitwert nach Maßgabe des § 63 Abs. 1 GKG vorläufig festzusetzen. Für den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gilt dies indes nicht. Da § 6 Abs. 1 Nr. 5 GKG sich nur auf das Prozessverfahren bezieht, fehlt es im einstweiligen Rechtsschutzverfahren an einer Rechtsgrundlage für eine vorläufige Streitwertfestsetzung. Ungeachtet dessen hat der abgelehnte Richter den Streitwert für das einstweilige Rechtsschutzverfahren vorläufig auf 13.846, 48 EUR festgesetzt (Beschluss vom 04.11.2011). Gebühren werden dennoch erst mit Abschluss des Verfahren fällig. Dass das SG die durch die Einreichung des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes entstandene Verfahrensgebühr bereits vor Fälligkeit einzieht und ggf. vollstreckt, ist weder ersichtlich noch dargetan. Nötigenfalls stünden dem Kläger die in § 66 GKG vorgesehen Rechtsbehelfe zur Verfügung. Im Übrigen unterfällt die Kostenbetreibung und ggf. Zwangsvollstreckung ohnehin nicht der Zuständigkeit des Richters. Verantwortlich ist die Gerichtsleitung. Etwaige Fehler sind dieser und nicht dem Richter zuzurechnen (hierzu Senat, Beschluss vom 22.02.2010 - L 11 AR 140/09 AB -).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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