Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 8 AS 66/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 AS 2244/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 22.11.2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren darum, ob die Klägerin von dem Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Zeitraum vom 01.03.2008 bis 30.06.2008 beanspruchen kann; im Berufungsverfahren sind Leistungsansprüche nur noch für Mai und Juni 2008 streitig.
Die am 00.00.1950 geborene Klägerin stand seit ihrem Zuzug aus O im August 2007 im Leistungsbezug bei dem Beklagten. Sie beantragte u. a. anteilige Kosten der Unterkunft für die 110 qm große 3-Zimmer-Wohnung in der L-straße 00 in Q (Kaltmiete: 350 EUR), die zum 01.09.2007 von ihrer Tochter T1 C angemietet worden war. Neben dieser war im Mietvertrag - offensichtlich nachträglich eingefügt - die Klägerin als Mieterin vermerkt. Im Antragsvordruck ließ die Klägerin die Frage nach dem Bestehen von Erwerbsfähigkeit unbeantwortet. Sie legte ein ärztliches Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. L aus O vom 17.07.2007 vor. Danach stand die Klägerin bei diesem fortlaufend seit dem 2. Quartal 2006 in Behandlung und war durchweg seitdem arbeitsunfähig erkrankt. Auf deren Antrag vom 31.07.2007 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 04.10.2008 für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis 29.02.2008 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 577 EUR. Über ihren damaligen Prozessbevollmächtigten ließ die Klägerin sodann Ende November 2007 erklären, sie stehe "für eine Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung", habe bei der DRV Bund die Gewährung einer abschlagsfreien Altersrente beantragt. Der Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit, dass die Voraussetzungen des § 65 Abs. 4 SGB II bei dieser nicht vorlägen, da sie das 58. Lebensjahr noch nicht erreicht habe.
Da die Klägerin in der Folgezeit Einladungen zu Meldeterminen (zwecks Einleitung der Überprüfung der Erwerbsfähigkeit) nicht nachkam und fortlaufend Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des o. g. Dr. L aus O vorlegte, beauftragte der Beklagte am 20.03.2008 seinen Außendienst mit der Überprüfung der Erreichbarkeit der Klägerin. Diese konnte an fünf verschiedenen Tagen zu unterschiedlichen Uhrzeiten im Zeitraum vom 20.03. bis zum 28.04.2008 nicht unter ihrer mitgeteilten Wohnanschrift angetroffen werden. Am 14.04.2008 wurde die Tochter T1 C angetroffen, die angab, ihre Mutter halte sich wegen eines ärztlichen Behandlungstermins in O auf. Der Vermieter erklärte auf Nachfrage, dass er ausschließlich mit der Tochter der Klägerin den Mietvertrag geschlossen habe. Sein Exemplar weise die Klägerin nicht als Mieterin aus, die er im Übrigen - im Gegensatz zu der Tochter - nur sehr selten sehe.
Den am 28.01.2008 gestellten Fortzahlungsantrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 28.05.2008 daraufhin ab: Die Klägerin halte sich nicht in seinem, des Beklagten Zuständigkeitsbereich auf. Den dagegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.01.2009, dem Bevollmächtigten mit Schreiben vom 19.02.2009 übersandt, als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 12.03.2009 Klage zum Sozialgericht Detmold erhoben. Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, die Behauptung des Beklagten, sie habe zum Antragszeitpunkt nicht mehr in dessen Zuständigkeitsbereich gewohnt, sei schlicht unwahr, und hat dies näher ausgeführt. Erst Ende April 2008 sei sie vorübergehend zu dem Zeugen T C, ihrem Sohn, nach Q gezogen, Anfang Juli 2008 dann endgültig aus dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten verzogen. Grund hierfür sei allein gewesen, dass sie von dem Beklagten nicht mehr unterstützt worden sei. Für den Zeitraum vom 01.03.2008 bis zum 30.04.2008, d. h. bis zum Umzug nach Q Ende April 2008, bestehe ein Leistungsanspruch. Der ursprünglich auf Leistungsgewährung ab dem 01.03.2008 gerichtete Klageantrag sei dahingehend zu berichtigen, dass nunmehr nur noch Leistungen für die Zeit vom 01.03. bis zum 30.04.2008 begehrt würden. In einem Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.05.2011 hat die Klägerin sodann mitgeteilt, dass die Beschränkung auf den Zeitraum März bis April 2008 nicht richtig sei. Ihr vorheriger Bevollmächtigter müsse das versehentlich falsch verstanden haben.
Die Klägerin hat sodann beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 28.05.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2009 zu verurteilen, der Klägerin auf ihren Antrag vom 28.01.2008 für die Zeit vom 01.03.2008 bis 30.06.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er ausgeführt, die Klägerin habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt im streitgegenständlichen Zeitraum nicht in seinem, des Beklagten, Zuständigkeitsbereich gehabt. Im Übrigen erhalte gemäß § 7 Abs. 4 a SGB II auch derjenige keine Leistungen, der sich ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches aufhalte.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das Sozialgericht eine schriftliche Auskunft der Vermieter der Klägerin, der Eheleute D und I N, betreffend den tatsächlichen Aufenthalt der Klägerin im Zeitraum vom 01.03.2008 bis 30.04.2008 eingeholt. Das Sozialgericht hat weiter Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen T C und T1 C. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 09.11.2010 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 22.11.2011 hat das Sozialgericht Detmold sodann den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 28.05.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2009 verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum vom 01.03.2008 bis 30.04.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren, und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Klage habe teilweise Erfolg. Soweit die Klägerin Leistungen von dem Beklagten für die Zeit vom 01.05.2008 bis zum 30.06.2008 begehre, sei die Klage bereits unzulässig. Hinsichtlich des Zeitraumes vom 01.03.2008 bis zum 30.04.2008 sei die Klage zulässig und begründet.
Bezüglich des Zeitraumes vom 01.05.2008 bis 30.06.2008 sei die Klage bereits unzulässig, da der angefochtene Bescheid insoweit bestandskräftig geworden sei. Die Klägerin habe den Streitgegenstand auf den Zeitraum März bis April 2008 beschränkt. Bis zur mündlichen Verhandlung am 17.05.2011 habe diese stets ausgeführt, dass streitgegenständlicher Zeitraum die Monate März und April 2008 sein sollten. So sei zwar zunächst in der Klageschrift vom 12.03.2009 ein zeitlich unbeschränkter Klageantrag angekündigt worden. Auf die Klageerwiderung des Beklagten habe die Klägerin sodann aber mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 18.08.2009 eindeutig erklärt, dass streitgegenständlich der Leistungszeitraum vom 01.03.2008 bis 30.04.2008 sein solle. Insoweit sei in dem Schriftsatz auch der Klageantrag dahingehend angepasst worden. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass es sich bei dem Datum 30.04.2008 um einen Schreibfehler handele; dagegen spreche bereits, dass das Datum 30.04.2008 in dem Schriftsatz vom 28.08.2009 zwei Mal erwähnt worden sei. Zudem sei in dem Schriftsatz ausdrücklich von dem "unstreitigen Umzug der Klägerin nach Q zu Ende April 2008" die Rede. Dass weitere Zeiträume streitgegenständlich sein sollten, sei dann erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.05.2011 erwähnt worden. Hinsichtlich dieser Klageerweiterung sei aber die einmonatige Klagefrist gemäß § 87 Abs. 1 S. 1 SGG nicht gewahrt. Soweit die Klägerin hierzu im Termin zur mündlichen Verhandlung ausgeführt habe, dass sie dem nicht zu folgen vermöge, da die Klage sich auf den gesamten Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides beziehe, so könne die Kammer dem nicht folgen. Zutreffend sei, dass die Klage zunächst ohne Beschränkung auf einen Teilzeitraum erhoben worden war. Jedenfalls mit Schriftsatz vom 18.08.2009 sei der Klagegegenstand dann aber zulässigerweise auf die Monate März und April 2008 beschränkt worden.
Soweit die Klägerin Leistungen für den Zeitraum März und April 2008 begehre, sei die Klage zulässig und begründet. Die Klägerin sei insoweit durch den angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 28.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2009 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG, da der Bescheid rechtswidrig sei. Die Klägerin habe gegen den Beklagten im maßgeblichen Zeitraum einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Zur weiteren Begründung wird auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihrer Prozessbevollmächtigten am 14.12.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.11.2011 Berufung eingelegt, mit der sie die Verpflichtung des Beklagten zur Leistungsgewährung für den Zeitraum vom 01.05.2008 bis zum 30.06.2008 begehrt. Auch in den Monaten Mai und Juni 2008 hätten sämtliche Leistungsvoraussetzungen vorgelegen, insbesondere habe sie sich im Zuständigkeitsbereich des Beklagten aufgehalten. Dies hätten auch die Zeugen bestätigt. Dass das Sozialgericht die Klage diesbezüglich als unzulässig angesehen habe, könne nicht nachvollzogen werden. Die von dem früheren Prozessbevollmächtigten erklärte Beschränkung des streitgegenständlichen Zeitraums sei mit ihr, der Klägerin, nicht abgesprochen gewesen; es habe ein Anwaltsversehen vorgelegen. Deshalb sei die Erklärung nicht wirksam.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 22.11.2011 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 28.05.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2009 zu verurteilen, ihr auf ihren Antrag vom 28.01.2008 auch für die Zeit vom 01.05.2008 bis 30.06.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich auf die aus seiner Sicht zutreffenden erstinstanzlichen Entscheidungsgründe.
Mit Beschluss vom 31.10.2012 hat der Senat den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren mangels Erfolgsaussicht abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit der ordnungsgemäß zu dem Termin geladenen Beteiligten entscheiden, die in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene und statthafte Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgericht Detmold vom 22.11.2011 ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht mit Urteil vom 22.11.2011 bzgl. des nur noch streitigen Zeitraumes vom 01.05. bis 30.06.2008 die Klage abgewiesen. Bezüglich dieses Zeitraumes ist die Klage, wie zutreffend vom Sozialgericht festgestellt, unzulässig. Bei Klageerhebung hat sich die Klägerin über ihren damaligen Prozessbevollmächtigten uneingeschränkt gegen den Bescheid vom 28.05.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2009 gewandt und Leistungen für die Monate März bis Juni 2008 begehrt. Mit Schriftsatz ihres früheren Prozessbevollmächtigten vom 18.08.2009 ist jedoch der streitgegenständliche Leistungszeitraum auf März und April 2008 beschränkt und der Klageantrag dahingehend angepasst worden. Darin liegt unzweifelhaft eine teilweise Klagerücknahme im Sinne von § 102 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Als Prozesshandlung kann diese u. a. schriftlich gegenüber dem Gericht, wie vorliegend geschehen, erklärt werden. § 269 Abs. 2 S. 2 ZPO ("Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.") ist über § 202 SGG anwendbar (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 102 RdNr. 7). Zwar hat der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Klagerücknahme nicht explizit erklärt. Dies ist aber auch nicht notwendig. Insbesondere in der Beschränkung des klägerischen Antrages - wie vorliegend erfolgt - wird eine konkludent erklärte Klagerücknahme gesehen (Leitherer, a. a. O., RdNr. 7b mwN). Damit ist bezüglich des im Berufungsverfahren noch streitigen Zeitraums die Rechtsfolge des § 102 Abs. 1 S. 2 SGG eingetreten, dass nämlich insoweit der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt und der angefochtene Bescheid teilweise bestandskräftig geworden ist.
Als Prozesshandlung ist die Erklärung der Klagerücknahme auch nicht mit Erfolg anfecht- bzw. widerrufbar (vgl. bspw. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., § 156 RdNr. 2a mwN auf die höchstrichterliche Rechtsprechung). Da ein wirksames Mandatsverhältnis vorlag, konnte der damalige Prozessbevollmächtigte die Erklärung auch mit für die Klägerin bindender Wirkung abgeben. Sollte im Innenverhältnis tatsächlich die Beschränkung des Leistungszeitraumes auf einem Missverständnis beruhen, so kann dies allenfalls Regressansprüche gegen den Anwalt auslösen.
Die im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 17.05.2011 von der Klägerin sinngemäß abgegebene Erklärung, sie begehre nach wie vor Leistungen auch für Mai und Juni 2008, stellt im Hinblick auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2009 keine fristgemäße - neue - Klageerhebung dar. Auch eine Deutung als Klageänderung im Sinne von § 99 Abs. 1 SGG bzw. Klageerweiterung gem. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG führt nicht zu einer Zulässigkeit der Klage, denn auch in diesem Fall steht dem die Versäumung der Klagefrist entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren darum, ob die Klägerin von dem Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Zeitraum vom 01.03.2008 bis 30.06.2008 beanspruchen kann; im Berufungsverfahren sind Leistungsansprüche nur noch für Mai und Juni 2008 streitig.
Die am 00.00.1950 geborene Klägerin stand seit ihrem Zuzug aus O im August 2007 im Leistungsbezug bei dem Beklagten. Sie beantragte u. a. anteilige Kosten der Unterkunft für die 110 qm große 3-Zimmer-Wohnung in der L-straße 00 in Q (Kaltmiete: 350 EUR), die zum 01.09.2007 von ihrer Tochter T1 C angemietet worden war. Neben dieser war im Mietvertrag - offensichtlich nachträglich eingefügt - die Klägerin als Mieterin vermerkt. Im Antragsvordruck ließ die Klägerin die Frage nach dem Bestehen von Erwerbsfähigkeit unbeantwortet. Sie legte ein ärztliches Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. L aus O vom 17.07.2007 vor. Danach stand die Klägerin bei diesem fortlaufend seit dem 2. Quartal 2006 in Behandlung und war durchweg seitdem arbeitsunfähig erkrankt. Auf deren Antrag vom 31.07.2007 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 04.10.2008 für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis 29.02.2008 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 577 EUR. Über ihren damaligen Prozessbevollmächtigten ließ die Klägerin sodann Ende November 2007 erklären, sie stehe "für eine Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung", habe bei der DRV Bund die Gewährung einer abschlagsfreien Altersrente beantragt. Der Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit, dass die Voraussetzungen des § 65 Abs. 4 SGB II bei dieser nicht vorlägen, da sie das 58. Lebensjahr noch nicht erreicht habe.
Da die Klägerin in der Folgezeit Einladungen zu Meldeterminen (zwecks Einleitung der Überprüfung der Erwerbsfähigkeit) nicht nachkam und fortlaufend Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des o. g. Dr. L aus O vorlegte, beauftragte der Beklagte am 20.03.2008 seinen Außendienst mit der Überprüfung der Erreichbarkeit der Klägerin. Diese konnte an fünf verschiedenen Tagen zu unterschiedlichen Uhrzeiten im Zeitraum vom 20.03. bis zum 28.04.2008 nicht unter ihrer mitgeteilten Wohnanschrift angetroffen werden. Am 14.04.2008 wurde die Tochter T1 C angetroffen, die angab, ihre Mutter halte sich wegen eines ärztlichen Behandlungstermins in O auf. Der Vermieter erklärte auf Nachfrage, dass er ausschließlich mit der Tochter der Klägerin den Mietvertrag geschlossen habe. Sein Exemplar weise die Klägerin nicht als Mieterin aus, die er im Übrigen - im Gegensatz zu der Tochter - nur sehr selten sehe.
Den am 28.01.2008 gestellten Fortzahlungsantrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 28.05.2008 daraufhin ab: Die Klägerin halte sich nicht in seinem, des Beklagten Zuständigkeitsbereich auf. Den dagegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.01.2009, dem Bevollmächtigten mit Schreiben vom 19.02.2009 übersandt, als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 12.03.2009 Klage zum Sozialgericht Detmold erhoben. Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, die Behauptung des Beklagten, sie habe zum Antragszeitpunkt nicht mehr in dessen Zuständigkeitsbereich gewohnt, sei schlicht unwahr, und hat dies näher ausgeführt. Erst Ende April 2008 sei sie vorübergehend zu dem Zeugen T C, ihrem Sohn, nach Q gezogen, Anfang Juli 2008 dann endgültig aus dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten verzogen. Grund hierfür sei allein gewesen, dass sie von dem Beklagten nicht mehr unterstützt worden sei. Für den Zeitraum vom 01.03.2008 bis zum 30.04.2008, d. h. bis zum Umzug nach Q Ende April 2008, bestehe ein Leistungsanspruch. Der ursprünglich auf Leistungsgewährung ab dem 01.03.2008 gerichtete Klageantrag sei dahingehend zu berichtigen, dass nunmehr nur noch Leistungen für die Zeit vom 01.03. bis zum 30.04.2008 begehrt würden. In einem Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.05.2011 hat die Klägerin sodann mitgeteilt, dass die Beschränkung auf den Zeitraum März bis April 2008 nicht richtig sei. Ihr vorheriger Bevollmächtigter müsse das versehentlich falsch verstanden haben.
Die Klägerin hat sodann beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 28.05.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2009 zu verurteilen, der Klägerin auf ihren Antrag vom 28.01.2008 für die Zeit vom 01.03.2008 bis 30.06.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er ausgeführt, die Klägerin habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt im streitgegenständlichen Zeitraum nicht in seinem, des Beklagten, Zuständigkeitsbereich gehabt. Im Übrigen erhalte gemäß § 7 Abs. 4 a SGB II auch derjenige keine Leistungen, der sich ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches aufhalte.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das Sozialgericht eine schriftliche Auskunft der Vermieter der Klägerin, der Eheleute D und I N, betreffend den tatsächlichen Aufenthalt der Klägerin im Zeitraum vom 01.03.2008 bis 30.04.2008 eingeholt. Das Sozialgericht hat weiter Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen T C und T1 C. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 09.11.2010 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 22.11.2011 hat das Sozialgericht Detmold sodann den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 28.05.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2009 verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum vom 01.03.2008 bis 30.04.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren, und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Klage habe teilweise Erfolg. Soweit die Klägerin Leistungen von dem Beklagten für die Zeit vom 01.05.2008 bis zum 30.06.2008 begehre, sei die Klage bereits unzulässig. Hinsichtlich des Zeitraumes vom 01.03.2008 bis zum 30.04.2008 sei die Klage zulässig und begründet.
Bezüglich des Zeitraumes vom 01.05.2008 bis 30.06.2008 sei die Klage bereits unzulässig, da der angefochtene Bescheid insoweit bestandskräftig geworden sei. Die Klägerin habe den Streitgegenstand auf den Zeitraum März bis April 2008 beschränkt. Bis zur mündlichen Verhandlung am 17.05.2011 habe diese stets ausgeführt, dass streitgegenständlicher Zeitraum die Monate März und April 2008 sein sollten. So sei zwar zunächst in der Klageschrift vom 12.03.2009 ein zeitlich unbeschränkter Klageantrag angekündigt worden. Auf die Klageerwiderung des Beklagten habe die Klägerin sodann aber mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 18.08.2009 eindeutig erklärt, dass streitgegenständlich der Leistungszeitraum vom 01.03.2008 bis 30.04.2008 sein solle. Insoweit sei in dem Schriftsatz auch der Klageantrag dahingehend angepasst worden. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass es sich bei dem Datum 30.04.2008 um einen Schreibfehler handele; dagegen spreche bereits, dass das Datum 30.04.2008 in dem Schriftsatz vom 28.08.2009 zwei Mal erwähnt worden sei. Zudem sei in dem Schriftsatz ausdrücklich von dem "unstreitigen Umzug der Klägerin nach Q zu Ende April 2008" die Rede. Dass weitere Zeiträume streitgegenständlich sein sollten, sei dann erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.05.2011 erwähnt worden. Hinsichtlich dieser Klageerweiterung sei aber die einmonatige Klagefrist gemäß § 87 Abs. 1 S. 1 SGG nicht gewahrt. Soweit die Klägerin hierzu im Termin zur mündlichen Verhandlung ausgeführt habe, dass sie dem nicht zu folgen vermöge, da die Klage sich auf den gesamten Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides beziehe, so könne die Kammer dem nicht folgen. Zutreffend sei, dass die Klage zunächst ohne Beschränkung auf einen Teilzeitraum erhoben worden war. Jedenfalls mit Schriftsatz vom 18.08.2009 sei der Klagegegenstand dann aber zulässigerweise auf die Monate März und April 2008 beschränkt worden.
Soweit die Klägerin Leistungen für den Zeitraum März und April 2008 begehre, sei die Klage zulässig und begründet. Die Klägerin sei insoweit durch den angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 28.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2009 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG, da der Bescheid rechtswidrig sei. Die Klägerin habe gegen den Beklagten im maßgeblichen Zeitraum einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Zur weiteren Begründung wird auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihrer Prozessbevollmächtigten am 14.12.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.11.2011 Berufung eingelegt, mit der sie die Verpflichtung des Beklagten zur Leistungsgewährung für den Zeitraum vom 01.05.2008 bis zum 30.06.2008 begehrt. Auch in den Monaten Mai und Juni 2008 hätten sämtliche Leistungsvoraussetzungen vorgelegen, insbesondere habe sie sich im Zuständigkeitsbereich des Beklagten aufgehalten. Dies hätten auch die Zeugen bestätigt. Dass das Sozialgericht die Klage diesbezüglich als unzulässig angesehen habe, könne nicht nachvollzogen werden. Die von dem früheren Prozessbevollmächtigten erklärte Beschränkung des streitgegenständlichen Zeitraums sei mit ihr, der Klägerin, nicht abgesprochen gewesen; es habe ein Anwaltsversehen vorgelegen. Deshalb sei die Erklärung nicht wirksam.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 22.11.2011 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 28.05.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2009 zu verurteilen, ihr auf ihren Antrag vom 28.01.2008 auch für die Zeit vom 01.05.2008 bis 30.06.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich auf die aus seiner Sicht zutreffenden erstinstanzlichen Entscheidungsgründe.
Mit Beschluss vom 31.10.2012 hat der Senat den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren mangels Erfolgsaussicht abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit der ordnungsgemäß zu dem Termin geladenen Beteiligten entscheiden, die in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene und statthafte Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgericht Detmold vom 22.11.2011 ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht mit Urteil vom 22.11.2011 bzgl. des nur noch streitigen Zeitraumes vom 01.05. bis 30.06.2008 die Klage abgewiesen. Bezüglich dieses Zeitraumes ist die Klage, wie zutreffend vom Sozialgericht festgestellt, unzulässig. Bei Klageerhebung hat sich die Klägerin über ihren damaligen Prozessbevollmächtigten uneingeschränkt gegen den Bescheid vom 28.05.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2009 gewandt und Leistungen für die Monate März bis Juni 2008 begehrt. Mit Schriftsatz ihres früheren Prozessbevollmächtigten vom 18.08.2009 ist jedoch der streitgegenständliche Leistungszeitraum auf März und April 2008 beschränkt und der Klageantrag dahingehend angepasst worden. Darin liegt unzweifelhaft eine teilweise Klagerücknahme im Sinne von § 102 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Als Prozesshandlung kann diese u. a. schriftlich gegenüber dem Gericht, wie vorliegend geschehen, erklärt werden. § 269 Abs. 2 S. 2 ZPO ("Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.") ist über § 202 SGG anwendbar (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 102 RdNr. 7). Zwar hat der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Klagerücknahme nicht explizit erklärt. Dies ist aber auch nicht notwendig. Insbesondere in der Beschränkung des klägerischen Antrages - wie vorliegend erfolgt - wird eine konkludent erklärte Klagerücknahme gesehen (Leitherer, a. a. O., RdNr. 7b mwN). Damit ist bezüglich des im Berufungsverfahren noch streitigen Zeitraums die Rechtsfolge des § 102 Abs. 1 S. 2 SGG eingetreten, dass nämlich insoweit der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt und der angefochtene Bescheid teilweise bestandskräftig geworden ist.
Als Prozesshandlung ist die Erklärung der Klagerücknahme auch nicht mit Erfolg anfecht- bzw. widerrufbar (vgl. bspw. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., § 156 RdNr. 2a mwN auf die höchstrichterliche Rechtsprechung). Da ein wirksames Mandatsverhältnis vorlag, konnte der damalige Prozessbevollmächtigte die Erklärung auch mit für die Klägerin bindender Wirkung abgeben. Sollte im Innenverhältnis tatsächlich die Beschränkung des Leistungszeitraumes auf einem Missverständnis beruhen, so kann dies allenfalls Regressansprüche gegen den Anwalt auslösen.
Die im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 17.05.2011 von der Klägerin sinngemäß abgegebene Erklärung, sie begehre nach wie vor Leistungen auch für Mai und Juni 2008, stellt im Hinblick auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2009 keine fristgemäße - neue - Klageerhebung dar. Auch eine Deutung als Klageänderung im Sinne von § 99 Abs. 1 SGG bzw. Klageerweiterung gem. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG führt nicht zu einer Zulässigkeit der Klage, denn auch in diesem Fall steht dem die Versäumung der Klagefrist entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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