L 18 KN 160/12

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KN 41/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 KN 160/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 314/13 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.11.2012 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die (teilweise) Nachzahlung von Rente für einen zurückliegenden Zeitraum.

Die Klägerin ist die frühere Lebensgefährtin und Alleinerbin des 1938 geborenen und am 00.00.2012 verstorbenen Versicherten P (fortan: Versicherter). Der Versicherte war von 1967 bis 1983 mit der im August 1946 geborenen und am 00.00.2011 verstorbenen W (fortan: frühere Ehefrau) verheiratet. Im Zuge des zusammen mit der Scheidung durchgeführten Versorgungsausgleichs wurden vom Rentenkonto des Versicherten Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 249,40 DM auf das Rentenkonto der früheren Ehefrau übertragen (Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 4.3.1983, Aktenzeichen (Az) 24 F 112/82). Der Versicherte erhielt von der Beklagten von Juli 1993 bis zu seinem Tod jeweils um die übertragenen Versorgungsanwartschaften verminderte Rente, zunächst Rente wegen Berufsunfähigkeit, seit August 1998 Altersrente für Schwerbehinderte (seit Juli 2001 unter der neuen Bezeichnung "Altersrente für schwerbehinderte Menschen").

Im August 2011 wies der Versicherte die Beklagte auf den Tod der früheren Ehefrau vor Inanspruchnahme von Leistungen aus den übertragenen Anwartschaften hin und bat um Prüfung, ob ihm die einbehaltenen Beträge wieder ausgezahlt und der Rentenausgleich "zurückgedreht" werden könne.

Die DRV Bund bestätigte der Beklagten als zuständiger Rentenversicherungsträger für die frühere Ehefrau, dass diese bis zu ihrem Tod keine Leistungen aus den durch den Versorgungsausgleich erworbenen Anrechten bezogen hat (Schreiben vom 22.9.2011). Die Beklagte setzte die Kürzung der Rente aus und gewährte dem Versicherten ab dem 1.9.2011 die Altersrente unter Mitberücksichtigung der 1983 übertragenen Anwartschaften (sog. Rückausgleich). Eine Rückabwicklung für die Zeit vor dem 1.9.2011 lehnte sie ab. Die Anpassung nach dem Tod der ausgleichsberechtigten Person wirke erst ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Antragstellung folge; eine rückwirkende (vollständige) Rückabwicklung sei seit dem 1.9.2009 nicht mehr vorgesehen (Bescheide vom 2.11. und 15.12.2011; Widerspruchsbescheid vom 28.2.2012, abgesandt am 13.3.2012).

Mit seiner am 16.4.2012, einem Montag, erhobenen Klage hat der Versicherte geltend gemacht, das zum 1.9.2009 in Kraft getretene Versorgungsausgleichsgesetz stelle einen verfassungswidrigen Rückschritt gegenüber dem aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.2.1980 geschaffenen, zuvor geltenden Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich dar. Das gelte besonders für vor dem 1.7.1977 geschlossene Ehen (sog. "Altehen").

Nach dem Tod des Versicherten hat die Klägerin den Rechtsstreit als Rechtsnachfolgerin fortgeführt und beantragt,

den Bescheid vom 02.11.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28.02.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die ungekürzte Rente des verstorbenen Versicherten rückwirkend auszuzahlen; hilfsweise das Verfahren auszusetzen und das Bundesverfassungsgericht zur Beantwortung der Frage anzurufen, ob § 38 Abs. 2 iVm § 34 Versorgungsausgleichsgesetz mit der Verfassung im Einklang steht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen: Die Rente sei zutreffend erst ab dem 1.9.2011 ungekürzt auszuzahlen gewesen, weil der Wegfall der Kürzung erst mit dem ersten Tag des auf einen entsprechenden Antrag des Ausgleichsverpflichteten folgenden Monats eintrete. Die eindeutigen Vorschriften des neuen Versorgungsausgleichsgesetzes seien keiner (verfassungskonformen) Auslegung zugänglich. Im Hinblick auf das Versicherungsprinzip und die steigende Belastung der Altersversorgung durch die demographische Entwicklung bestünden auch unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28.2.1980 keine verfassungsrechtlichen Bedenken (Urteil vom 14.11.2012, zugestellt am 20.11.2012).

Mit ihrer am 20.12.2012 eingelegten Berufung hat die Klägerin weiter begehrt, die übertragenen Versorgungsanwartschaften ex tunc zurück zu übertragen. Ein Versorgungsbezug "nicht länger als 36 Monate" umfasse nicht einen Fall gänzlich ohne Versorgungsbezug. Jedenfalls seien die Vorschriften des Versorgungsausgleichsgesetzes verfassungskonform auszulegen. Nach einem allgemeinen Gerechtigkeitsprinzip sei eine Korrektur staatlichen Handelns erforderlich, wenn der Fortbestand der Wirkungen eines staatlichen Eingriffs - wie hier - einen eklatant ungerechten Zustand bewirke.

Die Klägerin beantragt,

nach dem Schlussantrag erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert, weil sie nicht rechtwidrig sind, § 54 Abs 2 S 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Beklagte hat zu Recht abgelehnt, den Rückausgleich rückwirkend vorzunehmen und den entsprechenden Teil der Rente für die Zeit vor dem 1.9.2011 nachzuzahlen.

Die als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage statthafte, fristgerecht erhobene (vgl § 64 Abs 1-3 SGG) und auch sonst zulässige Klage ist unbegründet. Gegenstand der Klage ist der Bescheid vom 2.11.2011 in der Gestalt des ergänzenden Bescheids vom 15.11.2011 (§ 86 SGG), beide in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.2.2012 (§ 95 SGG). Während der Bescheid vom 2.11.2011 nur den ersten Antrag auf Wiederauszahlung der vollen Rente behandelt, beschäftigt sich erst das Schreiben vom 15.11.2011 mit dem weiteren Antrag, den "Rentenausgleich zurückzudrehen", und ist wegen dieser ergänzenden Regelung, auf die sich Widerspruch und Widerspruchsbescheid allein beziehen, ebenfalls als Regelung iS von § 31 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu werten. Vor diesem Hintergrund umfassen Klageantrag und erstinstanzliche Entscheidung (auch) den Bescheid vom 15.11.2011, obwohl sie ihn nicht ausdrücklich benennen.

Die Klägerin ist nach dem Tod des Versicherten legitimiert, den streitigen Anspruch als Rechtsnachfolgerin im eigenen Namen geltend zu machen, weil vorrangige Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) offenbar nicht vorhanden sind. Ihre sachliche Berechtigung zur Fortführung des Rechtsstreits nach dem Tod des Versicherten ergibt sich aus ihrer Stellung als Alleinerbin, § 58 S 1 SGB I. Von dieser geht der Senat aufgrund der in Ablichtung vorgelegten Unterlagen (Testament; Beschluss über die Testamentseröffnung) aus, obwohl die Klägerin den für diese Zwecke gedachten Erbschein (§§ 2359, 2365 des Bürgerlichen Gesetzbuches) nicht vorgelegt hat.

II. Die Klägerin hat keinen vom Versicherten auf sie übergegangenen Anspruch auf Nachzahlung von Rente.

Der streitige Anspruch auf Rückausgleich, also auf rückwirkende nachträgliche Berücksichtigung der im Wege des Versorgungsausgleichs vom Konto des Versicherten auf das Konto der früheren Ehefrau übertragenen Entgeltpunkte beim Wert des Stammrechts auf Rente und damit bei den sich daraus ergebenden monatlichen Zahlungsansprüchen, richtet sich ausschließlich nach den Vorschriften des seit dem 1.9.2009 geltenden Gesetzes über den Versorgungsausgleich - Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG und nicht mehr nach dem bis zum 31.8.2009 geltenden Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich - VersorgAusglHärteG - VAHRG (im Folgenden: 1). Die danach maßgeblichen Vorschriften der §§ 37 Abs 1, 38 Abs 2, 34 Abs 3 VersAusglG sehen - anders als der zuvor geltende § 4 Abs 1 VAHRG - einen rückwirkenden Rückausgleich ausdrücklich nicht mehr vor, sondern beschränken den Rückausgleich auf zukünftige Rentenbezugszeiträume (im Folgenden: 2). Das steht mit dem Grundgesetz (GG) in Einklang (im Folgenden: 3).

1. Ein Anspruch auf rückwirkenden Rückausgleich nach § 4 Abs 1 VAHRG besteht nicht. § 4 Abs 1 VAHRG gewährte zwar nicht nach seinem Wortlaut, aber nach der Auslegung durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) einen Anspruch auf rückwirkenden, zeitlich unbegrenzten Rückausgleich (BSG SozR 4-5795 § 4 Nr 3; BSG SozR 3-5795 § 4 Nr 7). Diese Vorschrift ist indes mit Ablauf des 31.8.2009 außer Kraft getreten, Art 23 Nr 2 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs vom 3.4.2009 (BGBl I 2009, S 700), und erfasst deshalb den vorliegenden Fall nicht mehr.

§ 4 VAHRG ist auch nach der Übergangsvorschrift des § 49 VersAusglG nicht anwendbar, weil der Versicherte bis zum 1.9.2008 bei der Beklagten keinen Antrag (§ 9 VAHRG) auf Wegfall der Kürzung nach dem Tod der Berechtigten gestellt hatte. Nach § 49 VersAusglG gelten die §§ 4 -10 VAHRG auch nach dem 31.8.2009 weiter, wenn bis zum 1.9.2009 ein Antrag auf Rückausgleich beim Versorgungsträger eingegangen ist. Der Antrag des Versicherten auf Wegfall der Kürzung und Rückzahlung der Beträge nach dem Tod seiner geschiedenen Ehefrau ist jedoch erst am 19.8.2011 und damit lange nach dem Stichtag bei der Beklagten eingegangen.

Die Voraussetzungen der danach einzig als Anspruchsgrundlage für den streitigen rückwirkenden Rückausgleich in Betracht kommenden §§ 37 Abs 1, 38 Abs 2, 34 Abs 3 VersAusglG liegen nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik und Sinn und Zweck der Regelungen nicht vor. Nach § 37 Abs 1 VersAusglG wird ein Anrecht der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag nicht länger auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt, wenn die ausgleichsberechtigte Person gestorben ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist § 37 Abs 1 und 2 VersAusglG grundsätzlich einschlägig, obwohl die am 9.8.2011 verstorbene frühere Ehefrau des Versicherten nach Auskunft der DRV Bund überhaupt keine Versorgung aus den übertragenen Anwartschaften bezogen hat. Nicht länger als 36 Monate Versorgung bezogen iS von § 37 Abs 2 VersAusglG hat (sprachlich und logisch) auch, wer überhaupt keine Versorgung bezogen hat. Null Monate sind (auch) nicht mehr als 36 Monate. Das Gesetz geht bei der Regelung der Anspruchsberechtigung (nur) von zwei sich ausschließenden Gruppen ausgleichsberechtigter Personen aus, nämlich denjenigen, die länger als 36 Monate und denjenigen, die nicht länger als 36 Monate Versorgung bezogen haben (logisch: von "a" und "nicht a"), und knüpft daran für die ausgleichspflichtige Person die Rechtsfolgen "nicht rückausgleichberechtigt" oder "rückausgleichsberechtigt". Eine dritte Gruppe etwa derjenigen, die überhaupt keine Versorgung bezogen haben, findet im Gesetz keine Erwähnung. Die ausgleichsberechtigte frühere Ehefrau unterfällt nicht der ersten und damit nach Wortsinn, Systematik und Regelungsabsicht automatisch der zweiten Personengruppe. Die Argumentation der Klägerin geht im Übrigen ins Leere, weil sie übersieht, dass die Anwendung einer die Rückausgleichsberechtigung regelnden Norm (hier: § 37 Abs 1 und 2 VersAusglG) denklogisch Voraussetzung für den streitigen Anspruch ist. Unmittelbar aus dem Grundgesetz herleiten lässt sich ein solcher individueller Leistungsanspruch regelmäßig nicht.

2. Der Versicherte war danach rückausgleichsberechtigt, weil die frühere Ehefrau nicht länger als 36 Monate Versorgung bezogen hatte, § 37 Abs 1 und 2 VersAusglG. Diese Rückausgleichberechtigung setzt kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung mit dem ersten Tag des auf einen entsprechenden Antrag des Ausgleichsverpflichteten folgenden (Kalender-)Monats ein, §§ 38 Abs 2 iVm 34 Abs 3 VersAusglG. Dies korrespondiert mit der Formulierung "nicht länger" in § 37 Abs 1 VersAusglG. Ein rückwirkender Wegfall der (Renten-)Kürzung ist danach nach dem Wortlaut und der Regelungsabsicht des Gesetzgebers (BTDrucks 16/10144 S 76) nicht mehr vorgesehen. Einen Ansatzpunkt für eine Wortlaut, Regelungsabsicht und Sinn der Norm ignorierende "verfassungskonforme Auslegung" sieht der Senat nicht.

3. Es besteht keine Veranlassung, das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, Art 100 Abs 1 S 1 GG.

a. Der Senat hält den aus §§ 38 Abs 2, 34 Abs 3 VersAusglG folgenden Ausschluss eines rückwirkenden Rückausgleichs nicht für verfassungswidrig (ebenso: LSG Saarland, Urt v 29.3.2012, Az L 1 R 78/11). Er verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1, 14 Abs 1 oder 20 Abs 3 GG.

Eine vollständige Rückabwicklung ist auch beim Versterben der ausgleichsberechtigten Person vor Inanspruchnahme von Leistungen aus den übertragenen Anwartschaften verfassungsrechtlich nicht geboten. Das folgt mit hinlänglicher Klarheit bereits aus den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts vom 28.2.1980 und vom 5.7.1989 (BVerfGE 53, 257ff = SozR 4100 § 168 Nr 12; BVerfGE 80, 297ff = SozR 4-5795 § 4 Nr 8). Danach war und ist zur Beseitigung von Härten eine § 4 Abs 1 VAHRG in der durch das BSG vorgenommenen Auslegung entsprechende Regelung verfassungsrechtlich nicht erforderlich. Der Gesetzgeber war nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.3.1980 (BVerfGE 53, 257ff = SozR 4100 § 168 Nr 12) lediglich gehalten, eine Härteregelung zu schaffen, und bei deren Ausgestaltung die beschriebene Härtelage - Vorversterben des Berechtigten vor dem Ausgleichsverpflichteten - grundsätzlich zu berücksichtigen. Im Übrigen lag und liegt es in seiner Gestaltungsfreiheit, die Grenzen für die "Rückabwicklung des Versorgungsausgleichs" zu ziehen und damit zugleich die Gruppe der Ausgleichsverpflichteten zu bestimmen, die bei Vorversterben des Ausgleichsberechtigten einen Anspruch auf ihre ungekürzte Versorgung zurückgewinnen. Soweit dabei der Regelungsgehalt von Art 3 Abs 1 und Art 14 Abs 1 GG berührt wird, muss sich die sachliche Vertretbarkeit aus der Eigenart des zu regelnden Sachverhältnisses heraus entwickeln lassen; der Grund muss sachbezogen sein und unter diesem Gesichtspunkt vertretbar erscheinen (vgl BVerfGE 26, 72, 76); ferner muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein (BVerfGE 80, 297ff = SozR 4-5795 § 4 Nr 8 Rn 48). Diese Voraussetzungen erfüllen §§ 38 Abs 2, 34 Abs 3 VersAusglG.

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber für die Rückabwicklung des Versorgungsausgleichs einen weiten Gestaltungsspielraum zugebilligt (BVerfGE 80, 297ff= SozR 4-5795 § 4 Nr 8). Dass die Kürzung der Rente nach der Neuregelung nur noch mit dem ersten Tag des auf den Antrag des Ausgleichsverpflichteten folgenden Monats eintritt, verstößt im Gesamtkontext des VersAusglG nicht gegen Vorschriften des GG.

Dem Bundesgesetzgeber waren bei der Schaffung des VersAusglG sowohl § 4 VAHRG als auch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 28.2.1980 und 5.7.1989 bekannt. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks aaO S 76) sollte mit der Neuregelung zum Beginn des Rückausgleichs in Beachtung dieser Rechtsprechung ein Gleichlauf mit den anderen Anpassungsfällen und dem Abänderungsverfahren hergestellt werden sowie eine Beschränkung der Anpassung mit ex nunc - Wirkung erfolgen, um die Versorgungsträger vor einer weitergehenden Rückabwicklung zu schützen. Die Regelung, die an den Tod des Ausgleichsberechtigten als Grund für den Wegfall der Kürzung und den daraufhin zu stellenden Antrag des Ausgleichsverpflichteten als zeitliche Grenze für den Anspruch aus § 37 VersAusglG anknüpft, ist sachgerecht. Der Gesetzgeber sah sich (erneut) zwei Anforderungen gegenüber: Zum einen galt es, den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts zu beachten, zum anderen mussten im Interesse der Versichertengemeinschaft die mit der Härteregelung einhergehenden Mehrkosten für die Versicherungsträger in Grenzen gehalten werden (so schon BVerfGE 80, 297ff = SozR 4-5795 § 4 Nr 8 Rn 56). Eine Unzumutbarkeit der Regelung im Sinne des Verhältnismäßigkeitsprinzips im engeren Sinne wäre nur dann gegeben, wenn das Maß der Belastung des Einzelnen außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von ihm hinzunehmenden Einbußen stünde. Das ist nicht der Fall.

Der eigentliche Eingriff in die versorgungsrechtliche Position des Ausgleichsverpflichteten aus Art 14 Abs 1 GG findet bereits im Zeitpunkt des Vollzugs des Versorgungsausgleichs statt und ist durch Art 6 Abs 1 und Art 3 Abs 2 GG legitimiert. Nach Durchführung des Versorgungsausgleichs bestehen zwei selbständige Versicherungsverhältnisse; die rentenrechtlichen Schicksale der geschiedenen Ehegatten sind grundsätzlich unabhängig voneinander zu sehen. Daraus folgt, dass der Versicherungsverlauf des Ausgleichsverpflichteten regelmäßig nicht von dem des Ausgleichsberechtigten beeinflusst werden kann. Des Weiteren ist zu berücksichtigten, dass Rentenversicherungsansprüche und Rentenversicherungsanwartschaften in einem ausgeprägten sozialen Bezug stehen; sie sind Bestandteil eines Leistungssystems, dem eine besondere soziale Funktion zukommt. Der ausgleichspflichtige Ehegatte hat in diesem System keinen Anspruch auf eine von den übrigen Rentenversicherungsverhältnissen völlig losgelöste Regelung seiner Versorgungsansprüche. Die Berechtigung des einzelnen "Eigentümers" lässt sich nicht von den Rechten und Pflichten Anderer lösen. Bei diesen "Anderen" ist es ausgeschlossen, dass der Tod des Versicherten - selbst wenn der Versicherungsträger keine Leistungen erbracht hat - zu einer Übertragung seiner Anwartschaften auf Dritte führt. Insoweit stellt jede Härteregelung ohnehin ein Sonderrecht für geschiedene Eheleute dar (vgl BVerfGE 80, 297ff = SozR 4-5795 § 4 Nr 8 Rn 57). Die Anbindung der Härteregelung an dieses System der gesetzlichen Rentenversicherung ist ein vertretbarer sachlicher Gesichtspunkt (BVerfGE 80, 297ff = SozR 4-5795 § 4 Nr 8 Rn 51). Diesen hat der Gesetzgeber des VersAusglG aufgegriffen, wenn er ausführt, Ziel des Versorgungsausgleichs sei es, frühzeitig eigenständige Versorgungsanrechte der ausgleichberechtigten Personen zu schaffen und damit die Versorgungsschicksale der geschiedenen Eheleute möglichst bei der Scheidung endgültig zu trennen (BT-Drucks 16/10144 S. 30). Mit einer Anpassung nach § 37 Abs 1 und 2 VersAusglG wird bereits das Versicherungsprinzip zulasten der Versichertengemeinschaft durchbrochen. Es ist nicht unzumutbar, dass der Wegfall der Kürzung nur unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 38 Abs 2, 34 Abs 3 VersAusglG erfolgt. Vor ihrem Tod standen der ausgleichsberechtigten Person aufgrund des Versorgungsausgleichs Rentenanwartschaften zu und gewährten ihr den in der gesetzlichen Rentenversicherung vorgesehenen Versicherungsschutz. Dieser bewirkt, dass Versicherte bei Verwirklichung des versicherten Risikos Leistungen erhalten. Ob der Versicherungsfall tatsächlich eintritt, und Leistungen zu gewähren sind, ist ohne Belang. Daraus ergibt sich, dass die übertragenen Rentenanwartschaften der früheren Ehefrau ihr bis zu ihrem Tod lückenlos Versicherungsschutz geboten haben. Erst mit dem Tod stand endgültig fest, dass sich dieser Schutz nicht mehr verwirklichen wird. Diese Zäsur "Ende des Versicherungsschutzes" ist ein sachlicher Grund, den Rückausgleich auf den Zeitraum zu beschränken, der nach dem Zeitpunkt des Wegfalls des Versicherungsschutzes liegt. Der Versicherte konnte bis dahin zu keiner Zeit damit rechnen, von den Folgen des Versorgungsausgleichs verschont zu bleiben. Die Anpassung der Versorgung hing (sowohl nach dem VAHRG als auch nach dem VersAusglG) von einem grundsätzlich ungewissen Ereignis, nämlich dem Vorversterben des Ausgleichsberechtigten nach allenfalls kurzer Rentenbezugsdauer ab (VG Trier, Urteil vom 31.1.2012, Az 1 K 1349/11). Ein Rückausgleich ex tunc würde in solchen Fällen im Gegenteil einen gegenüber anderen Versicherten kaum zu rechtfertigenden doppelten (Lebzeiten-)Versicherungsschutz aus einer einzigen Anwartschaft bedeuten.

Die Regelungen der §§ 38 Abs 2, 34 Abs 3 VersAusglG sind auch im Rahmen des gesamten Regelungskonzepts des VersAusglG sachgerecht und durch den weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers gedeckt, weil sie zwar einerseits - wie vorliegend - eine Einschränkung, aber andererseits (bei Hinterbliebenen von Ausgleichsberechtigten) auch eine Ausweitung von Leistungsansprüchen vorsehen, und sich beides in etwa die Waage hält. Die (zeitlich begrenzte) Kürzung der Anrechte der ausgleichspflichtigen Person wird über den Zuwachs an Versorgungen bei der ausgleichsberechtigten Person (und deren Hinterbliebenen) kompensiert (BT-Drucks 16/10144 S 44 zu VI. 1.).

Leistungen aus dem Versorgungsausgleich, zu denen Versicherten- und Hinterbliebenenrenten zählten, wurden nach § 4 Abs 2 VAHRG auf die rückausgleichsbedingte Rentenerhöhung angerechnet. Eine solche Anrechnung von Leistungen sieht das VersAusglG nicht mehr vor. Nach § 37 Abs 1 und 2 VersAusglG wird ein Anrecht des Ausgleichspflichtigen nicht länger auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt, wenn die ausgleichsberechtigte Person gestorben ist und die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht nicht länger als 36 Monate bezogen hat. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, erhält die ausgleichspflichtige Person eine ungekürzte Rente. Gleichzeitig und davon unabhängig erhalten auch die Hinterbliebenen der ausgleichsberechtigten Person ungekürzte Hinterbliebenenrenten auf der Grundlage der (familien-)gerichtlichen Versorgungsausgleichsentscheidung, so dass es im Ergebnis zu Doppelleistungen aus dem übertragenen Anrecht kommt. Um dies auszugleichen, verlagert § 38 Abs 2 iVm § 34 Abs 3 VersAusglG den Beginn der Anpassung wegen Todes der ausgleichsberechtigten Person auf den ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Antragstellung folgt. Damit entfällt die Rentenkürzung bei der ausgleichspflichtigen Person frühestens am Ende des Monats, in dem die ausgleichsberechtigte Person gestorben ist, und nicht mehr - wie nach bisherigem Recht - rückwirkend ab Durchführung des Versorgungsausgleichs (BSG, Urt v 20.3.2013, Az B 5 R 2/12 R).

b. Der Gesetzgeber war verfassungsrechtlich auch nicht gehalten, für "Altehen" eine Sonderregelung zu treffen. Das Bundesverfassungsgericht ist zwar davon ausgegangen, dass vor allem bei diesen (vor dem 1.7.1977 geschlossenen) Ehen nach längerem Getrenntleben oder aus anderen Gründen Umstände vorliegen können, die den mit dem Versorgungsausgleich verbundenen Eingriff als unverhältnismäßig erscheinen lassen. Daraus folgt aber nicht die Verpflichtung, bei der Regelung des Härtefalls "Vorversterben des Ausgleichsberechtigten" zwischen Alt- und Neuehen zu differenzieren und die sachlich vertretbare Grenze in § 4 Abs 2 VAHRG zugunsten geschiedener Ehegatten, die vor dem 1.7.1977 geheiratet haben, weiter zu ziehen (BVerfGE 80, 297ff = SozR 4-5795 § 4 Nr 8). Nichts anderes gilt für §§ 37, 38 VersAusglG (so auch VG Ansbach, Urteil vom 1.2.2011, Az. AN 1 K 10.02237). Der Gesetzgeber war von Verfassungs wegen nicht daran gehindert, das Scheidungsfolgenrecht des Ersten Eherechtsreformgesetzes auch auf Altehen zu erstrecken. Soweit er rentenversicherungsrechtliche Positionen durch den Versorgungsausgleich umgestaltet hat, war er gehalten, deren Schutz durch Art 14 Abs 1 GG für Alt- und Neuehen in gleicher Weise zu wahren. Die Ausgangslage ist für alle Verheirateten, die Inhaber grundrechtlich gesicherter Versorgungspositionen sind, grundsätzlich gleich, so dass dem Zeitpunkt der Eheschließung keine wesentliche Bedeutung zukommt. Davon durfte der Gesetzgeber auch bei der Gestaltung der Härteregelung ausgehen (BVerfGE 80, 297ff = SozR 4-5795 § 4 Nr 8).

c. Es bestehen schließlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Übergangsregelung des § 49 VersAusglG (so auch: LSG Saarland, Urt v 29.3.2012, Az L 1 R 78/11). Ihr liegt der allgemein geltende (Verfassungs-)Grundsatz zugrunde, dass ein Gesetz mit dem Inkrafttreten jedenfalls Geltung für die von ihm erfassten, neu auftretenden Sachverhalte (hier: Tod der früheren Ehefrau) beansprucht. Auch ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot (Vertrauensschutz; Verhältnismäßigkeit) liegt nicht vor. Denn ein Sachverhalt, der als Anknüpfungspunkt für ein Vertrauen des Versicherten auf eine rückwirkenden Rückausgleich dienen könnte, lag bis zum Tod der früheren Ehefrau zu keinem Zeitpunkt vor. Überdies ist der Gesetzgeber grundsätzlich von Verfassungs wegen selbst dann nicht gehindert, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, wenn dies unvermeidbar gewisse Härten mit sich bringt (vgl BVerfG Beschluss vom 20.4.2011, Az 1 BvR 1811/08 mwN).

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 S 1, 193 Abs 1 S 1 SGG.

III. Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 Abs 2 SGG. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil für die Entscheidung keine ungeklärten Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung ausschlaggebend sind.
Rechtskraft
Aus
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