L 1 KR 158/12

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 316/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 KR 158/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 14.02.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erstattung von 77,64 EUR für im Jahre 2010 geleistete Zuzahlungen nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).

Der im Jahr 1971 geborene Kläger war im Jahr 2010 bei der der BKK Gesundheit gesetzlich krankenversichert. Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der BKK Gesundheit, die durch Fusion zum 01.01.2012 mit der DAK in der DAK Gesundheit aufging.

Der Kläger leidet an einer schwerwiegenden chronischen Krankheit und war im Jahr 2010 deshalb in ärztlicher Dauerbehandlung. Er hatte im Jahr 2010 Bruttoeinnahmen in Höhe von insgesamt 14.999,81 EUR. Diese setzten sich aus einer Erwerbsminderungsrente (monatlich 896,15 EUR, jährlich 10.753,80 EUR) sowie aus den Einkünften aus zwei Altersvorsorgeverträgen (insgesamt 4.246,01 EUR) zusammen. Der eingetragene Lebenspartner des Klägers, mit dem er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, ist als Bundesbeamter nach beamtenrechtlichen Grundsätzen beihilfeberechtigt (70%) sowie zusätzlich (30%) privat krankenversichert. Im Jahre 2010 erzielte er Bruttoeinkünfte (aus Versorgungsbezügen) von insgesamt 25.685,01 EUR; seine Eigenanteile im Rahmen der Beihilfe betrugen im Jahr 2010 253,50 EUR.

Im Jahr 2010 erbrachte der Kläger Zuzahlungen nach dem SGB V in Höhe von insgesamt 185,00 EUR (vier Praxisgebühren zu je 10,00 EUR und Zuzahlungen zu Arzneimitteln von insgesamt 145,00 EUR). Am 28.03.2011 beantragte er die Erstattung dieser Zuzahlungen. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 05.04.2011 ab. Im Jahre 2010 habe der Kläger die Belastungsgrenze von 360,86 EUR gemäß § 62 SGB V nicht erreicht, weil er Zuzahlungen nur in Höhe von 185,00 EUR geleistet habe. Die Beklagte errechnete die Belastungsgrenze wie folgt:

Bruttoeinnahmen des Klägers 14.999,81 EUR
Bruttoeinnahmen des Lebenspartners 25.685,01 EUR
= 40.684,82 EUR

abzüglich Angehörigen-Freibetrag - 4.599,00 EUR
= 36.085,82 EUR

Hiervon 1 % (Chroniker-)Belastungsgrenze 360,86 EUR
abzüglich Zuzahlungen des Klägers -185,00 EUR
Rest unterhalb Belastungsgrenze = 175,86 EUR

Mit seinem Widerspruch hiergegen vom 06.04.2011 rügte der Kläger, dass die nachgewiesenen Beihilfe-Eigenanteile seines Lebenspartners in Höhe von 253,50 EUR nicht berücksichtigt worden seien. Bei diesen handele es sich um berücksichtigungsfähige Zuzahlungen. Zum 01.01.2007 seien die Regelungen zur Beihilfefähigkeit von Medikamenten geändert und den Arzneimittelrichtlinien der Gesetzlichen Krankenversicherung angeglichen worden; hierdurch habe sich die Rechtslage geändert. Die Nichtanerkennung geleisteter Eigenanteile eines Beihilfeempfängers stelle einen Gesetzesverstoß dar.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2011 zurück. Zur Begründung führte sie aus, bei der Ermittlung der Belastungsgrenze nach § 62 Abs. 1 SGB V würden zwar die Zuzahlungen und die Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Versicherten und seines Lebenspartners jeweils zusammengerechnet und um 15 % der jährlichen Bezugsgröße (2010: 4.599 EUR) vermindert. Bei dem Betrag, um den im Jahr 2010 die beihilfefähigen Aufwendungen des Lebenspartners nach beihilferechtlichen Regelungen gemindert worden seien, handele es sich jedoch nicht um eine gesetzliche Zuzahlung nach § 61 SGB V, die nach § 62 SGB V hätte berücksichtigt werden können. Deshalb habe sie nur die geleisteten gesetzlichen Zuzahlungen nach § 61 SGB V in Höhe von 185 EUR berücksichtigt.

Dagegen hat der Kläger am 08.11.2011 Klage vor dem Sozialgericht (SG) erhoben. Er ist der Auffassung, entweder hätten sowohl die Einnahmen als auch die Eigenanteile seines Lebenspartners in die Berechnung einbezogen oder aber beides außer Acht gelassen werden müssen. Die Einbeziehung nur einer der beiden Werte verfälsche das Ergebnis und verstoße gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Der Kläger ist der Auffassung, beihilferechtliche Eigenbehalte nach § 49 der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) seien Zuzahlungen im Sinne von § 62 SGB V. Das von der Beklagten herangezogene Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19.02.2002 (B 1 KR 20/02 R) sei nicht anwendbar, weil es sich mit der alten Beihilfeverordnung und deren Ausgestaltung befasse; die neue Beihilfeverordnung nehme explizit auf das SGB V Bezug. Bei Einbeziehung der Eigenbehalte seines Lebenspartners für das Jahr 2010 in Höhe von 253,50 EUR als berücksichtigungsfähige Zuzahlungen ergebe sich statt des von der Beklagten errechneten Betrages von 175,86 EUR unterhalb der Belastungsgrenze ein die Belastungsgrenze übersteigender und zu erstattender Betrag von 77,64 EUR.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05.04.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2011 zu verurteilen, ihm 77,64 EUR zu erstatten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung verblieben.

Mit Urteil vom 14.02.2012 hat das SG Aachen die Klage abgewiesen und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung der Zuzahlungen, die er für das Jahr 2010 geleistet habe, weil diese Zuzahlungen die für ihn maßgebliche Belastungsgrenze nicht überstiegen. Zu Recht habe die Beklagte die beihilferechtlichen Eigenbehalte des Lebenspartners des Klägers in Höhe von 253,50 EUR unberücksichtigt gelassen.

Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz SGB V müssten Versicherte während jedes Kalenderjahres Zuzahlungen nur bis zur Belastungsgrenze leisten. Welche Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze zu leisten seien, ergebe sich aus § 61 SGB V. Es handele sich danach um "Zuzahlungen, die Versicherte zu leisten haben". Versicherte im Sinne des § 61 SGB V seien Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert sind. Zuzahlungen, die Versicherte zu leisten hätten, seien z.B. die so genannte (frühere) "Praxisgebühr" gemäß § 28 Abs. 4 i. V. m. § 61 Satz 2 SGB V und die Zuzahlungen für Arzneimittel (§ 31 Abs. 3 SGB V), für Heilmittel (§ 32 Abs. 2 SGB V) und für Hilfsmittel (§ 33 Abs. 8 SGB V). Keine Zuzahlungen im Sinne von § 61 SGB V, die bei Überschreiten der Belastungsgrenze nach § 62 SGB V erstattungsfähig wären, seien deshalb alle Eigenleistungen, die außerhalb des Systems der GKV zu leisten seien, z.B. Zuzahlungen gemäß § 32 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bei stationären Leistungen der medizinischen Rehabilitation zu Lasten eines Rentenversicherungsträgers, Zuzahlungen nach § 40 Abs. 3 Satz 4 bis 6 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) für Hilfsmittel aus der Pflegeversicherung oder Eigenbehalte, um die beihilfefähige Aufwendungen nach beihilferechtlichen Regelungen (z.B. §§ 49, 50 BBhV) gemindert werden. So sei es auch in den vom GKV-Spitzenverband herausgegebenen "Verfahrensgrundsätze[n] zu § 62 SGB V" vom 04./05.10.2010 unter Ziffer 4.3 Abs. 5 Satz 1, letzter Spiegelstrich bestimmt. Bei diesen Verfahrensgrundsätzen handele es sich allerdings nicht um eine für das Gericht verbindliche Norm, sondern um eine Auslegungshilfe; sie werde aber dem Gesetzeswortlaut und der Intention der §§ 61, 62 SGB V gerecht.

Das BSG habe bereits durch Urteil vom 19.02.2002 (B 1 KR 20/00 R) entschieden, dass bei der Ermittlung der Belastungsgrenze zwar die Einkünfte aller mit dem Versicherten im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen - die hier maßgebliche Fassung des § 62 Abs. 2 SGB V beziehe inzwischen auch einen Lebenspartner mit ein - zusammenzurechnen seien, unabhängig davon, ob sie gesetzlich krankenversichert seien oder nicht. Jedoch seien als Belastung nur die von der GKV erhobenen Eigenanteile zu berücksichtigen. Eine Zusammenrechnung mit beihilferechtlichen Selbstbehalten anderer Haushaltsangehöriger finde nicht statt.

Dem Kläger sei zuzugeben, dass diese Grundsatzentscheidung noch unter Geltung der im Jahre 1998 geltenden Fassung des § 62 SGB V und dem damals geltenden Beihilferecht ergangen sei und sich diese Rechtsvorschriften seitdem erheblich verändert hätten. Dies begründe jedoch keine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Der Gesetzgeber habe zwar § 62 SGB V und die BBhV geändert, ohne jedoch - in Kenntnis des Grundsatzurteils vom 19.02.2002 - die Entscheidung des BSG korrigiert zu haben, wonach als Belastung nur die von der gesetzlichen Krankenversicherung erhobenen Eigenanteile maßgeblich seien und eine Zusammenrechnung mit beihilferechtlichen Selbstbehalten bei anderen Haushaltsangehörigen nicht stattfinde. Das BSG habe dementsprechend seine Rechtsprechung aus dem Jahre 2002 auch unter der Geltung des neuen Beihilferechts und des geänderten § 62 SGB V beibehalten (Verweis auf BSG, Beschluss vom 10.08.2010 - B 1 KR 58/10 B).

Entgegen der Auffassung des Klägers liege in der Nichteinbeziehung beihilferechtlicher Eigenbehalte im Rahmen der Prüfung geleisteter Zuzahlungen nach §§ 61, 62 SGB V kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Der Gesetzgeber habe die Zuzahlungen in den jeweiligen Rechtsgebieten unterschiedlich geregelt, im Recht der Krankenversicherung nach den §§ 61, 62 SGB V, im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 32 SGB VI, im Recht der sozialen Pflegeversicherung nach § 40 Abs. 3 SGB XI und im Beihilferecht nach den §§ 49, 50 BBhV. Da es sich um unterschiedliche Rechtsbereiche, unterschiedliche Personengruppen und unterschiedliche Systeme handele, sei der Gesetzgeber nicht gehindert, dieser Unterschiedlichkeit auch durch unterschiedliche Regelungen Rechnung zu tragen. Er habe den eingeräumten weiten Gestaltungsspielraum nicht in verfassungswidriger Weise überschritten.

Gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 17.02.2012 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 15.03.2012 Berufung erhoben.

Er ist nach wie vor der Auffassung, die beihilferechtlichen Eigenanteile seines Lebenspartners seien bei seinen Zuzahlungen nach dem SGB V zu berücksichtigen. Etwas anderes ergebe sich aus dem Wortlaut des § 62 SGB V nicht. Für seine Rechtsauffassung spreche auch, dass gemäß § 50 Abs. 2 BBhV Einnahmen von Ehegatten nicht berücksichtigt würden, wenn der Ehegatte Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung oder selbst beihilfeberechtigt sei. Das vom SG zitierte Urteil des BSG aus dem Jahr 2002 beziehe sich auf die alte beihilferechtliche Rechtslage. Die §§ 61 und 62 SGB V sähen zudem ab dem Jahr 2004 keine Härtefallregelungen mehr vor, sondern nur noch die einheitliche Zuzahlungsregelung des § 61 SGB V und die Regelung über die Belastungsgrenze des § 62 SGB V. Der Beschluss des BSG vom 10.08.2010 (B 1 KR 58/10 B) sei nicht ergiebig, weil die Beschwerde dort als unzulässig verworfen worden sei. Wenn bei der Berechnung des Eigenanteils die kompletten Einnahmen des Klägers berücksichtigt werden, seien auch die Ausgaben in voller Höhe in Ansatz zu bringen. Andernfalls liege eine ungleiche Behandlung zwischen gesetzlich Versicherten und beihilfeberechtigten Personen vor, weil diese unangemessen benachteiligt würden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG Aachen vom 14.02.2012 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05.04.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2011 zu verurteilen, ihm 77,64 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, für das Begehren des Klägers fehle es an einer Rechtsgrundlage. Ferner könne angesichts § 4 BBhV, wonach Lebenspartner bei der Beihilfe berücksichtigt werden, von einer Ungleichbehandlung nicht die Rede sein. Die Regelung des § 62 (Abs. 2 Satz 2) SGB V ordne an, dass bei der Berechnung der Zuzahlungspflicht ein Freibetrag für Angehörige bestehe; dieser sei hier ordnungsgemäß berücksichtigt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache nicht begründet. Das SG Aachen hat seine zulässig erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 und Abs. 4, § 56 SGG) zu Recht als unbegründet abgewiesen.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung von Zuzahlungen, die er für das Jahr 2010 geleistet hat. Als Rechtsgrundlage für ein solches Begehren kommt § 62 SGB V i.V.m. dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Betracht (BSG, Urteil vom 22.04.2008, B 1 KR 20/07 R, Juris Rn. 9). Der Kläger kann einen solchen Erstattungsanspruch jedoch nicht mit Erfolg geltend machen, weil seine Zuzahlungen die für ihn maßgebliche Belastungsgrenze nicht übersteigen, so dass er sie nicht rechtsgrundlos, sondern im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben erbracht hat.

a) Die Belastungsgrenze des § 62 Abs. 1 Satz 2 Hs.1 SGB V beträgt seit der am 01.01.2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG - vom 14.11.2003, BGBl. I S. 2190) 2% der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Für chronisch Kranke, die - wie es bei dem Kläger im Jahr 2010 der Fall war - wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind, beträgt sie nach dem dortigen Hs. 2 1% der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt.

Bei der Ermittlung der Belastungsgrenzen werden gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1 SGB V (in der hier maßgeblichen Fassung bis zum 08.04.2013) die Zuzahlungen und die Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt der mit dem Versicherten im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten und des Lebenspartners jeweils zusammengerechnet. Hierbei sind gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB V die jährlichen Bruttoeinnahmen für den ersten in dem gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten um 15 vom Hundert und für jeden weiteren in dem gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten und des Lebenspartners um 10 vom Hundert der jährlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) zu vermindern.

Gemäß § 18 Abs. 1 SGB IV ist Bezugsgröße im Sinne der Vorschriften für die Sozialversicherung, soweit in den besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes bestimmt ist, das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag. Das Durchschnittsentgelt in der gesetzlichen Rentenversicherung wird nach § 69 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates jeweils für das vergangene Kalenderjahr in Anlage 1 zum SGB VI bestimmt. Maßgebend ist die Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter der Arbeitnehmer. Die Bruttolöhne und -gehälter werden nach § 68 Abs. 2 SGB VI auf der Grundlage von Werten, die das Statistische Bundesamt ermittelt, festgelegt. Der Begriff des "Entgeltes" entspricht dem des Arbeitsentgelts i.S.d. § 14 Abs. 1 SGB IV. Die Aufrundung des Durchschnittsentgeltes in der gesetzlichen Rentenversicherung für das vorvergangene Jahr auf den nächsthöheren durch 420 teilbaren Betrag ergibt die Bezugsgröße: Das Durchschnittsentgelt in Anlage 1 zum SGB VI für das Jahr 2007 (29.951 EUR) ergibt für das Jahr 2009 als nächsthöheren durch 420 teilbaren Betrag 30.240 EUR als Bezugsgröße. Über dem Durchschnittsentgelt in der Anlage 1 zum SGB VI für das Jahr 2008 (30.625 EUR) ist als nächster Betrag 30.660 durch 420 teilbar; die Bezugsgröße für das Jahr 2010 beträgt daher 30.660 EUR jährlich (zum Vorstehenden: Fischer in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 18 SGB IV Rn. 25-28).

b) Diese einfach-rechtlichen Vorgaben hat die Beklagte bei dem Kläger zutreffend umgesetzt.

Sie hat bei der Berechnung der Belastungsgrenze des Klägers im Sinne von § 62 Abs. 1 SGB V die Bruttojahreseinkommen 2010 des Klägers (14.999,81 EUR) und seines Lebenspartners (25.685,01 EUR) auf 40.684,82 EUR addiert, hiervon den Freibetrag nach § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB V in Höhe von 15 % der jährlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV für das Jahr 2010 (30.660 EUR, s.o.) in Höhe von 4.599 EUR abgezogen, woraus sich ein maßgebliches Gesamtbruttoeinkommen von 36.085,82 EUR ergibt. Das Einkommen des Klägers ist von der Berücksichtigung nicht gemäß § 62 Abs. 2 Satz 4 SGB V ausgenommen.

Zu den Bruttoeinnahmen gehören insbesondere auch die Einkünften des Klägers aus seinen zwei Altersvorsorgeverträgen (bzw. der betrieblichen Altersversorgung). Der Begriff der Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt ist in § 62 SGB V nicht erläutert oder definiert (BSG, Urteil vom 19.09.2007, B 1 KR 7/07, Juris Rn. 14 f.; Albers in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 62 Rn. 35). Die Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) orientiert sich mit Verweis auf die Gesetzesmaterialien insoweit an der früheren Rechtsprechung zu § 180 Abs. 4 Reichsversicherungsordnung (RVO). Einnahmen zum Lebensunterhalt sollten nach der Begründung des Entwurfs zum Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (GRG v. 20.12.1988) wie schon nach geltendem Recht (§ 180 Abs. 4 RVO) die persönlichen Einnahmen sein, die dem tatsächlichen Lebensunterhalt dienen, also Einnahmen, die der typischen Funktion des Arbeitsentgelts bei Pflichtversicherten entsprechen (Bundestags-Drucksache 11/2237, S. 187). Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt sind daher neben regelmäßigem Arbeitsentgelt auch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit, Kapitalerträge und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Renten, sonstige Geldleistungen aus der Sozialversicherung oder von der Bundesagentur für Arbeit und Sachbezüge (zum Vorstehenden: Albers a.a.O.). Die Einkünfte des Klägers aus seinen zwei Altersvorsorgeverträgen sind persönliche Einnahmen, die dem tatsächlichen Lebensunterhalt dienen, und damit Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt gemäß § 62 SGB V.

Für den Kläger als chronisch Krankem, der wegen derselben schwerwiegenden Krankheit im Jahr 2010 in Dauerbehandlung gewesen ist, betrug die Belastungsgrenze 1 % der jährlichen Bruttoeinnahmen (§ 62 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 SGB V), somit 360,86 EUR (1% von 36.085,82 EUR). Da der Kläger im Jahre 2010 nur 185 EUR an Zuzahlungen geleistet hat, erreichte er die Belastungsgrenze für das Jahr 2010 nicht. Einen Anspruch auf Erstattung von oberhalb der Belastungsgrenze geleisteten Zuzahlungen kann er somit mit Erfolg nicht beanspruchen.

c) Eine Abänderung bzw. Korrektur dieser eindeutigen einfach-rechtlichen Vorgaben ist sowohl der Beklagten als auch dem erkennenden Senat aufgrund ihrer Gesetzesbindung sowohl einfach-rechtlich (§ 31, § 37 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)) als auch verfassungsrechtlich (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1, Art. 97 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) untersagt.

d) Der Senat war von der Verfassungswidrigkeit der maßgeblichen §§ 61 und 62 SGB V nicht überzeugt, so dass weder eine verfassungskonforme Auslegung dieser Normen noch eine Aussetzung des Verfahrens gemäß Art. 100 Abs. 1 GG für eine konkrete Normenkontrolle an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erforderlich war. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist entgegen der Rechtsauffassung des Klägers, der sich mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht auseinandergesetzt hat, nicht zu erkennen. Andere etwaige Verfassungsverstöße sind von vornherein nicht ersichtlich.

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 (385); vgl. zuletzt und m.w.N. BVerfG, Beschluss vom 03.06.2013, 1 BvR 131/13 u.a., Juris Rn. 11 ff.). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 (17); 126, 400 (416); 129, 49 (68)), wobei es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers ist, zu entscheiden, welche Merkmale er beim Vergleich von Lebenssachverhalten als maßgebend ansieht, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln (vgl. BVerfGE 50, 57 (77)).

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 (30); 122, 1 (23); 126, 400 (416); 129, 49 (68)). Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht nur, dass die Ungleichbehandlung an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpft, sondern verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist (vgl. BVerfGE 124, 199 (220); 129, 49 (68 f.)). Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 55, 72 (88); 88, 87 (97); 93, 386 (397); 99, 367 (389); 105, 73 (110); 107, 27 (46); 110, 412 (432); 129, 49 (69)).

Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 (157); 93, 319 (348 f.); 107, 27 (46); 126, 400 (416); 129, 49 (69)). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 (96); 129, 49 (69)) oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 124, 199 (220); 129, 49 (69)). Eine großzügige Prüfung ist insbesondere dann angezeigt, wenn eine Regelung Ungleiches gleich behandelt (vgl. BVerfGE 90, 226 (239)).

bb) Gemessen an diesem verfassungsrechtlichen und bundesverfassungsgerichtlich konkretisierten Maßstab sind die hier maßgeblichen Normen des SGB V (§§ 61 und 62) nicht zu beanstanden. Ein Gleichheitsverstoß ist nicht zu erkennen.

(1) Der Parlamentsgesetzgebung war es von Verfassungs wegen nicht verwehrt, Haushalte mit unterschiedlich Versicherten einerseits und Haushalte mit ausschließlich gesetzlich Versicherten andererseits bei der Bestimmung der Zuzahlungspflicht insofern ungleich zu behandeln, als bei der Belastungsgrenze Zuzahlungen und Eigenanteile, die Angehörige und Lebenspartner, die mit einem gesetzlich Krankenversicherten in einem Haushalt leben, nach Regelungen außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung - und insbesondere solchen des Beihilferechts - selbst aufbringen und tragen müssen, nicht berücksichtigt werden.

Es kann dahinstehen, ob die Personengruppen der Haushalte mit unterschiedlich Versicherten einerseits und der Haushalte mit ausschließlich gesetzlich Versicherten andererseits überhaupt wesentlich gleich und damit vergleichbar sind. Für die Ungleichbehandlung ist jedenfalls ein hinreichender sachlicher Grund vorhanden. Denn die Gesetzgebung hat nicht nach Persönlichkeitsmerkmalen der Versicherten, sondern nach dem Versicherungssystem differenziert, dem sie angehören, und dabei Zuzahlungen ausschließlich innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung (und auch insoweit nur selektiv, also nicht umfassend bzw. konsequent, dazu unten (2)) berücksichtigt. Da es sich bei der privaten Krankenversicherung einerseits und der gesetzlichen Krankenversicherung andererseits um grundlegend unterschiedliche Sicherungssysteme mit unterschiedlichen Strukturprinzipien und unterschiedlicher gesetzlicher Ausgestaltung handelt, existiert für diese Differenzierung ein hinreichender sachlicher Grund. Zudem hat die Gesetzgebung bei der Berechnung der Zuzahlungspflicht in § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB V einen Freibetrag für Angehörige und Lebenspartner vorgesehen, die als weitere Belastungsgrenze nicht gesetzlich krankenversicherte Angehörige und Lebenspartner des Haushaltes erfasst.

Auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts ist dem Gesetzgeber wegen der fortwährenden schnellen Veränderungen des Arbeits-, Wirtschafts- und Soziallebens eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen, die nur einer eingeschränkten verfassungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. BVerfGE 81, 156 (205 f.)). Es ist insbesondere nicht zu prüfen, ob der Gesetzgeber im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. BVerfGE 71, 255 (271); 81, 156 (206); 89, 365 (376); zuletzt BVerfG, Beschluss vom 03.06.2013, 1 BvR 131/13 u.a ... Juris Rn. 14).

(2) Auch das BSG vermochte einen Verstoß des § 62 SGB V gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des GG nicht zu erkennen. Es hat zu § 62 SGB V i.d.F. bis zum 31.12.2003 vielmehr entschieden (BSG, Urteil vom 19.02.2002 , B 1 KR 20/00 R, Juris Rn. 28 ff.):

"Dem Begehren der Klägerin ist schließlich entgegenzuhalten, dass ihm auch dann kein Erfolg beschieden wäre, wenn die Unvereinbarkeit des § 62 Abs. 1 Satz 4 SGB V mit dem Grundgesetz festgestellt würde. Denn eine durch Art. 3 GG eventuell gebotene Gleichbehandlung von Haushalten mit unterschiedlich Versicherten und solchen mit gesetzlich Versicherten könnte nach Auffassung des Senats aus verfassungsrechtlichen Gründen nur dadurch erreicht werden, dass die erörterte Regelung gestrichen wird, da sie eine verfassungsrechtlich problematische Vergünstigung enthält.

Insofern ist von Bedeutung, dass die Kumulierung von Zuzahlungen auch innerhalb des Krankenversicherungsrechts nicht etwa verfassungsrechtlich geboten, sondern im Lichte des Gleichheitssatzes problematisch ist, so dass ihre Ausdehnung verfassungsrechtlich nicht gefordert werden kann. Der Sinn der Zusammenrechnung kann nur darin liegen, die Entscheidung über die Befreiung von der effektiven Gesamtbelastung des verfügbaren Einkommens durch Krankheitskosten abhängig zu machen. Dieser Grundgedanke ist jedoch mit der tatsächlich getroffenen Regelung nicht verwirklicht. Denn die krankenversicherungsrechtlichen Ausnahmen von der kostenfreien Versorgung werden nur teilweise erfasst. Zuzahlungen zu bestimmten Hilfsmitteln nach § 33 Abs. 2 Satz 3 SGB V in der Fassung des 2. GKV-NOG (23. Juni 1997, BGBl. I 1520) sind ebenso wenig berücksichtigt wie Zuzahlungen bei stationären Aufenthalten nach § 39 Abs. 4, § 40 Abs. 5 SGB V oder Eigenanteile zum Zahnersatz nach § 30 Abs. 2, § 62 Abs. 2a SGB V. In Bezug auf stationäre Aufenthalte mag die Ausnahme damit erklärt werden, dass die Zuzahlung keine oder nur eine teilweise finanzielle Belastung bedeutet, weil ihr zumindest faktisch die ersparten Verpflegungskosten des Behandelten gegenüberstehen ( ). Im Übrigen belegt jedoch die nur selektive Berücksichtigung der Eigenanteile, dass die finanzielle Belastung der Familie für die Zusammenrechnung nach § 62 Abs. 1 Satz 4 SGB V nicht maßgebend sein soll. Insbesondere durch Zahnersatzbehandlungen können erhebliche Eigenleistungen notwendig werden, die mehrere Angehörige derselben Familie gleichzeitig treffen können. Trotzdem wird auf derartige kumulierte Belastungen weder in der hier anzuwendenden Vorschrift noch in § 62 Abs. 2a SGB V Rücksicht genommen. Sähe der Gesetzgeber die in § 62 Abs. 1 Satz 2 SGB V festgelegten Prozentsätze als Richtschnur für die Zumutbarkeit einer finanziellen Gesamtbelastung, dürfte er nicht zulassen, dass sie in bestimmten Konstellationen - etwa durch teuere Zahnersatzbehandlungen - ganz massiv überschritten werden. Deren im Verhältnis zu den sonstigen Zuzahlungen geringere Häufigkeit ist bei einer für jedes Kalenderjahr getrennten Zusammenrechnung kein Gegenargument.

Eine weitere Unstimmigkeit betrifft das Verhältnis der Kumulierung zum globalen, nach der Zahl der Angehörigen gestaffelten Abschlag vom Einkommen nach § 62 Abs. 2 SGB V. Die finanzielle Belastung des Haushaltseinkommens durch die Aufwendungen für die Angehörigen des Versicherten werden dadurch an zwei Stellen, aber ohne eindeutige Trennung berücksichtigt: auf der Einkommensseite durch einen pauschalen Freibetrag und auf der Belastungsseite durch bestimmte, aber nicht alle Arten von Zuzahlungen. Schließlich ist auf Unstimmigkeiten bei Dauerbehandlungen hinzuweisen. Hier sind in erster Linie der zeitliche Abstand und die Reihenfolge des jeweiligen Behandlungsbeginns bzw. der jeweiligen Zuzahlungspflicht und erst in zweiter Linie die Höhe der Zuzahlungslast dafür maßgebend, welche Zuzahlungen zu übernehmen sind und wer von der Zuzahlungspflicht zu befreien ist. Wie bereits ausgeführt wurde, können die Zuzahlungen bei Dauerbehandlungen grundsätzlich nur bei deren Beginn im selben Kalenderjahr kumuliert werden. Das kann dazu führen, dass einerseits ein Angehöriger trotz niedriger Zuzahlungen jahrelang befreit bleibt, weil seine Belastung im ersten Jahr der Dauerbehandlung mit hohen Zuzahlungen eines Hausgenossen zusammengetroffen war, oder dass andererseits relativ hohe Zuzahlungen nicht zur Befreiung führen, weil ein anderer Angehöriger bereits wegen Dauerbehandlung befreit ist, so dass für ihn nur sein Einkommen, aber keine Belastung in die Berechnung einzustellen ist.

Diese bereits innerhalb des Krankenversicherungsrechts zu beobachtende Problematik schließt die von der Klägerin befürwortete Ausdehnung auf den beihilferechtlichen Selbstbehalt aus. Zur geschilderten Ungleichbehandlung der verschiedenen Arten von krankenversicherungsrechtlichen Zuzahlungen und von Haushalten mit gleicher Einkommens- und Belastungssituation, aber unterschiedlicher Reihenfolge von Dauer- bzw. Akutbehandlungen würden weitere schwer nachvollziehbare Differenzierungen zwischen Beihilferecht und Krankenversicherungsrecht treten. Dabei wären auch Benachteiligungen von Haushalten denkbar, die nur dem Beihilferecht unterfallen. Unter diesen Umständen kann die Klägerin mit Blick auf den Gleichheitssatz nicht erreichen, dass die Selbstbeteiligung ihres Ehemanns auf ihre Belastungsgrenze angerechnet wird, denn eine Gleichbehandlung mit gemeinsam gesetzlich versicherten Ehepaaren wäre verfassungskonform nur dadurch denkbar, dass bei diesen die Kumulierung von Zuzahlungen beseitigt wird.”

Der erkennende Senat schließt sich diesen Ausführungen des BSG nach eigener Prüfung an.

(3) Sie haben entgegen der Rechtsauffassung des Klägers auch (weiterhin) Geltung für § 62 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung ab dem 01.01.2004 (ebenso Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 13.12.2006, L 5 KR 1/06, Juris Rn. 21 ff.). Denn nach alter und neuer Rechtslage waren bzw. sind trotz unterschiedlicher Rechtsfolgen gleiche Tatbestandsmerkmale für die Ermittlung der Belastungsgrenze maßgeblich und auszulegen (BSG, Beschluss vom 10.08.2010, B 1 KR 58/10 B, Juris Rn. 4). Das neue Recht bezeichnet ebenso wie das alte Recht die zusammenzurechnenden Belastungen im Einzelnen (Kraftberger in: LPK-SGB V, 4. Aufl. 2012, § 61 Rn. 75). Die Art und Weise, wie die Berechnung funktioniert, ist dabei dieselbe geblieben. Das BSG hat insoweit ausgeführt (Beschluss vom 10.08.2010, B 1 KR 58/10 B, Juris Rn. 4):

"Die Klägerin hält zwar die Frage für grundsätzlich bedeutsam, "ob der bei der Ermittlung der Belastungsgrenzen nach § 62 Abs. 1 S. 1 SGB V anzuwendende Begriff der Zuzahlungen i.S.d. § 62 Abs. 2 S. 1 SGB V in den Fassungen vom 14.11.2003 und 30.07.2004 nur Zuzahlungen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung oder auch Zuzahlungen und Eigenbehalte anderer Krankenversicherungssysteme umfasst". Es wird indessen nicht dargelegt, dass die so formulierte Frage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig und klärungsbedürftig bzw. entscheidungserheblich ist. Dem steht schon entgegen, dass es im Rechtsstreit schwerlich auf die umfassende Bewertung von Zuzahlungen und Eigenbehalten "anderer Krankenversicherungssysteme" im Rahmen des § 62 SGB V ankommen kann, wenn es im Falle der Klägerin allein um Selbstbehalte eines beihilfeberechtigten Ehemannes aufgrund der Beihilfevorschriften des Landes Niedersachsen geht. Darüber hinaus wird in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt, dass sich bei Beantwortung der Rechtsfrage im Sinne der Klägerin tatsächlich eine niedrigere Belastungsgrenze ergäbe. Schließlich wird nicht ausreichend darauf eingegangen, dass die Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt, wenn ihre Beantwortung nach dem Inhalt der maßgeblichen Rechtsvorschriften bzw. dazu vorliegender höchstrichterlicher Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel (mehr) unterliegen kann ( ), die Frage also "geklärt" ist. Unter diesem Blickwinkel genügt es nicht schon, wenn die Beschwerdebegründung pauschal darauf verweist, das BSG-Urteil vom 19.02.2002 (SozR 3-2500 § 62 Nr. 1) betreffe nur das bis Ende 2003 geltende Recht. Wie schon die Vorinstanzen dargelegt haben, waren bzw. sind nach alter und neuer Rechtslage trotz unterschiedlicher Rechtsfolgen jedenfalls gleiche Tatbestandsmerkmale für die Ermittlung der Belastungsgrenze maßgeblich und auszulegen. Da das BSG - ohne anschließend vom Gesetzgeber ausdrücklich korrigiert worden zu sein - mit ausführlicher Begründung entschieden hat (a.a.O., Leitsatz 2 und S. 4 ff.), dass "als Belastung nur die von der gesetzlichen Krankenversicherung erhobenen Eigenanteile" maßgeblich sind und dass "eine Zusammenrechnung mit beihilferechtlichen Selbstbehalten bei anderen Haushaltsangehörigen" nicht stattfindet, durfte sich die Klägerin hier nicht auf den abstrakten Hinweis einer Gesetzesänderung beschränken.”

Auch die (damals noch bestehende) Pflicht zur Zuzahlung von 10 Euro je Kalendervierteljahr für den Arztbesuch ("Praxisgebühr") verstieß nicht gegen verfassungsrechtlich geschützte Rechte der Versicherten (BSG, Urteil vom 25.06.2009, B 3 KR 3/08 R).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

3. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), lagen nicht vor. Insbesondere eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) ist nicht zu erkennen. Die maßgebliche Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, weil sie sich zum einen durch die einfach-rechtlichen Vorgaben ohne Auslegungsschwierigkeiten eindeutig beantworten lässt und zum anderen durch das BSG, wie zuvor dargelegt, auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bereits beantwortet worden ist (Urteil vom 19.02.2002, B 1 KR 20/00 R, und Beschluss vom 10.08.2010, B 1 KR 58/10 B).
Rechtskraft
Aus
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