Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 7 KA 3/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 144/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 05.11.2011 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Beklagte der Beigeladenen zu 7) zu Recht eine Sonderbedarfszulassung erteilt hat.
Die Beigeladene zu 7) ist Internistin mit dem Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie und seit Juni 2006 in der hämatologisch-onkologischen Gemeinschaftspraxis Dr. N und H tätig. Seit April 2008 ist sie im Rahmen eines sog. Job-Sharings in dieser Praxis zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Im August 2008 beantragte sie eine Sonderbedarfszulassung als Fachärztin für Innere Medizin - Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie - für das Plangebiet Aachen-Land. Mit Beschluss vom 17.02.2009 (Sitzung vom 04.02.2009) lehnte der Zulassungsausschuss ihren Antrag ab. Die Voraussetzung eines besonderen Versorgungsbedarfs sei unter anderem auch deshalb nicht gegeben, weil die Praxis Dr. N und H die Versorgung mit den als Sonderbedarf geltend gemachten Leistungen sicherstelle. Überdies würden im Planungsbereich insgesamt 27 Vertragsärzte an der sog. Onkologie-Vereinbarung teilnehmen, wovon sieben Ärzte über die Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung der Chemotherapie nach Nr. 86505 EBM verfügten.
Gegen diese Entscheidung legte die Beigeladene zu 7) am 17.03.2009 Widerspruch ein. Die Feststellungen des Zulassungsausschusses genügten nicht dessen Verpflichtung zu einer ausreichenden und adäquaten Ermittlung der Tatsachengrundlage. So seien die in diesem Bereich niedergelassenen Ärzte weder nach dem konkreten Leistungsangebot noch nach deren Aufnahmekapazität befragt worden. Die Praxis Dr. N und H verzeichne seit dem zweiten Quartal 2008 eine stetig wachsende Patientenzahl. Im Quartal I/2008 seien 957 Patienten betreut worden, wovon 856 an hämatologisch-onkologischen Krankheitsbildern gelitten und eine intravenöse Chemotherapie erhalten hätten. Im Quartal II/2008 habe die Praxis 1.203 Patienten behandelt, wiederum überwiegend mit hämato-onkologischen Krankheitsbildern. Überdies sei die Ermächtigung von Prof. Dr. Q, der im C Krankenhaus in T tätig sei, zu Anfang Oktober 2008 weggefallen. Auf Basis der derzeit erteilen Zulassung sei eine Verbesserung der Versorgungssituation nicht möglich, weil die Praxis Dr. N und H aufgrund des Job-Sharings einer Leistungsmengenbeschränkung unterliege.
Unter dem 21.07.2009 übersandte die Klägerin Frequenztabellen zu den bereits im Plangebiet Aachen zugelassenen Ärzten, die die Leistung nach Kapitel 13.3.4 EBM bzw. die Leistung nach Nr. 86505 der Onkologie-Vereinbarung abrechneten. Zudem machte sie die Vertragsärzte namhaft, die über eine Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung der Leistungen nach Nr. 86505 der Onkologie-Vereinbarung verfügen.
Mit der Klägerin am 24.07.2008 zugegangenen Beschluss vom 21.08.2009 (Sitzung vom 22.07.2009) ließ der Beklagte die Beigeladene zu 7) als Fachärztin für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und internistische Onkologie unter Beschränkungen der Leistungen auf diese Schwerpunkte für den Vertragsarztsitz der Praxis Dr. N und H zur vertragsärztlichen Versorgung zu. Das Leistungsangebot dieser Praxis reiche nicht aus, um die Versorgung der Versicherten im Planungsgebiet auf dem Gebiet der Hämatologie und internistischen Onkologie sicherzustellen. Die Leistungen des Abschnitts 13.3.4 EBM würden nach den Frequenztabellen ausschließlich von den Ärzten der Praxis Dr. N und H erbracht. Dies entspreche im Übrigen der Leistungslegende zu diesem Abschnitt des EBM, wonach die dort aufgeführten Leistungen nur von Fachärzten für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie berechnet werden könnten. Die vorliegenden Frequenzübersichten wiesen für die Praxis für die Quartale III/2008 bis I/2009 Fallzahlen von 1.074, 1.173 und 1.090 aus. Die Praxis liege damit über dem nach der Onkologie-Vereinbarung als wünschenswert angenommen Durchschnitt von 300 bis 500 Fällen pro Arzt und Quartal. Das Leistungsangebot der Ärzte der Berufsausübungsgemeinschaft Dr. B, Dr. Q2 und Dr. X habe außer Betracht zu bleiben. Als Teilnehmer der Onkologie-Vereinbarung habe sich ihre Abrechnung im wesentlichen auf die Gebührenziffer 86503 bezogen und sich zudem auf das von den Ärzten vertretene Gebiet der Urologie beschränkt. Dies gelte gleichermaßen für das Leistungsspektrum der ebenfalls als Teilnehmer der Onkologie-Vereinbarung benannten Internisten Dr. L und Dr. O, die einen diabetologischen Schwerpunkt hätten.
Hiergegen hat sich die am 23.09.2009 erhobene Klage der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein gerichtet. Dem Beschluss des Beklagten lasse sich nicht entnehmen, auf welche Bedarfsermittlung er die Schlussfolgerung gestützt habe, dass die Praxis Dr. N und H nicht ausreiche, um die Versorgung sicherzustellen. Insbesondere könne die Schlussfolgerung nicht auf die Fallzahlen der Praxis für die Quartale III/2008 und I/2009 gestützt werden, da es sich bei diesen Zahlen zum einen um die Gesamtfallzahl der Praxis handele, zu anderen die Anzahl der behandelten Patienten auch keine Rückschlüsse auf einen bestehenden weiteren Bedarf zur Behandlung von Patienten mit Leistungen aus dem Gebiet der Hämatologie und internistische Onkologie zulasse. In der Onkologie-Vereinbarung sei nicht festgehalten, dass ein Durchschnitt von 300 bis 500 Ärzten pro Arzt und Quartal wünschenswert sei. Zudem habe Herr H im Zusammenhang mit einem im Juli 2008 gestellten Antrag auf Genehmigung einer Zweigpraxis in T angegeben, dass in seiner Praxis keine Wartezeiten bei der Terminvergabe bestünden. Des Weiteren habe der Zulassungsausschuss in seiner Sitzung am 24.06.2009 auf Antrag des Medizinischen Versorgungszentraums (MVZ) T die Anstellung der Fachärztin für Innere Medizin - Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie - Dr. Q1 zum 01.07.2009 in Teilzeit für 20 Stunden wöchentlich genehmigt. Durch Beschluss vom 23.09.2009 sei der Tätigkeitsumfang ab 01.10.2009 auf Vollzeit 31 Stunden pro Woche erhöht worden. Auf Anfrage habe das MVZ T mitgeteilt, Dr. Q1 verfüge über freie Kapazitäten zur Erbringung von Leistungen nach den Ziffern 13490 - 13502 EBM sowie den Symbolnummern 86502, 86503, 86504, 86505 der Onkologie-Vereinbarung und es bestünden keine Wartezeiten. Auch könnten hinsichtlich der Frage, ob im Planungsbereich eine Versorgungslücke auf dem Gebiet der Hämatologie und internistische Onkologie bestehe, diejenigen Ärzte, die an der Onkologie-Vereinbarung teilnehmen, jedoch nicht über die Bezeichnung Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Onkologie verfügten, nicht außer Acht bleiben. Auch diese nähmen an der Versorgung von Patienten auf dem Gebiet der internistischen Onkologie teil. Ergänzend hat die Klägerin unter dem 02.11.2010 mitgeteilt, mit Wirkung vom 01.10.2010 sei die Genehmigung zur Anstellung von Dr. Q1 im MVZ T mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 22.09.2010 von 31 Stunden auf 20 Stunden pro Woche reduziert worden. Gleichzeitig sei dem MVZ T die Genehmigung zur Anstellung der Fachärztin für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie Frau Dr. N im Umfang von 20 Wochenstunden erteilt worden.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Beschlusses vom 22.07.2009 zu verpflichten, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 7) gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 04.02.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat an der angefochtenen Entscheidung festgehalten und ergänzend ausgeführt, dass ihm zum Zeitpunkt der Entscheidung am 22.07.2009 die Entscheidung des Zulassungsausschusses betreffend das MVZ T nicht bekannt gewesen sei und ihm auch nicht hätte bekannt sein müssen.
Die Beigeladene zu 7) hat unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens die Auffassung vertreten, aus Gründen des Vertrauensschutzes sei für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten abzustellen. Spätere Veränderungen könnten keine Berücksichtigung finden. Das Leistungsangebot anderer Fachgebiete sei vorliegend irrelevant und daher vom Beklagten zu Recht nicht berücksichtigt worden, da es vorliegend um die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung zur Erbringung von hämatologischen und internistisch-onkologischen Leistungen gehe.
Mit Urteil vom 05.11.2010 hat das Sozialgericht (SG) Aachen den Beklagten zur Neubescheidung des Widerspruchs der Beigeladenen zu 7) gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 04.02.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt. Der Entscheidung des Beklagten läge ein unvollständig ermittelter Sachverhalt zu Grunde. Dies folge für die Kammer bereits aus dem Umstand, dass der Beklagte die Entscheidung des Zulassungsausschusses für Ärzte Köln vom 24.06.2009 betreffend die dem MVZ T erteilte Genehmigung zur Beschäftigung von Dr. Q1 nicht berücksichtigt habe. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass ihm die Entscheidung des Zulassungsausschusses vom 24.06.2009 zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Zulassungsentscheidung vom 22.07.2009 noch nicht vorgelegen habe. Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Sonderbedarfszulassung seien grundsätzlich alle bis zur letzten mündlichen Verhandlung im gerichtlichen Verfahren eintretenden Tatsachen- und Rechtsänderungen zu berücksichtigen. In Zeiten moderner Kommunikationsmittel sei es dem Beklagten zuzumuten, sich vor einer Änderungsentscheidung bei dem Zulassungsausschuss für Ärzte rückzuversichern, dass in absehbarer Zeit keine Zulassung für den Bereich erteilt wird, den die Änderungsentscheidung betreffe. Vertrauensschutzgesichtspunkte der Beigeladenen zu 7) stünden dem nicht entgegen. Ihr Vertrauen sei nur von äußerst kurzer Dauer gewesen. Sie habe im Hinblick auf die erteilte Zulassung erstmals mit der Bekanntgabe des Beschlusses vom 22.07.2009 überhaupt ein schutzwürdiges Vertrauen bilden können. Außerdem habe sie spätestens mit der Bekanntgabe des Beiladungsbeschlusses am 02.11.2009 damit rechnen müssen, dass ihr die verliehene Rechtsposition aufgrund der Drittanfechtung der Klägerin wieder entzogen werde. Die weiteren Entscheidungen des Zulassungsausschusses betreffend das MVZ T vom 23.09.2009 und 22.09.2010 hätten für die Beantwortung der Frage nach einem entsprechenden Sonderbedarf jedoch wegen Vertrauensschutzgesichtspunkten der Beigeladenen zu 7) außer Betracht zu bleiben. Eine unvollständige Ermittlung des Sachverhalts liege darüber hinaus auch deswegen vor, weil sich der Beklagte für die Beurteilung des Sonderbedarfs allein auf die beigezogenen Frequenzübersichten und die Angaben des Beigeladenen zu 7) im Verwaltungsverfahren bezogen habe. Der Beklagte hätte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), Urteil vom 02.09.2009 - B 6 KA 21/08 R -, zunächst systematische Ermittlungen durch Einholung von Auskünften bei den im Versorgungsgebiet zugelassenen Arztpraxen anstellen und diese anschließend anhand geeigneter Methoden, z.B. durch Anfragen bei den zuständigen Krankenkassen betreffend Beschwerden über Wartezeiten, verifizieren müssen.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 06.12.2010 zugestellte Urteil am 27.12.2010 Berufung eingelegt. Er habe nicht gegen seine Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung verstoßen. Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hätten die Beteiligten bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken. Die Klägerin verstoße gegen diese Mitwirkungspflicht, wenn sie erstmals im Klageverfahren Tatsachen vortrage, die in die Entscheidung des Berufungsausschusses hätten einfließen müssen, die aber mangels Unterrichtung durch die Klägerin nicht beachtet worden seien. Die Amtsermittlung finde dort ihre Grenzen, wo man von ihr verlange, dass sie einen Sachverhalt vermuten oder erahnen solle. Das SG stelle überzogene Anforderungen an die vorzunehmende Amtsermittlung, wenn es die Auffassung vertrete, es sei in Zeiten moderner Kommunikationsmittel ihm - dem Beklagten - zuzumuten, sich vor seiner Entscheidung beim Zulassungsausschuss für Ärzte rückzuversichern, dass in absehbarer Zeit keine Zulassung für den Bereich erteilt werde, den die Änderungsentscheidung betreffe. Zudem habe im vorliegenden Fall überhaupt kein Anlass bestanden, systematische Erhebungen durch die Befragung der im Versorgungsgebiet zugelassenen Ärzte vorzunehmen. Weder die Kapazitäten der Praxen oder Wartezeiten der Patienten im Bereich der Hämatologie und internistischen Onkologie bei dem im Versorgungsgebiet zugelassenen Vertragsärzte seien im vorliegenden Verfahren strittig gewesen. Eine Verpflichtung, grundsätzlich systematische Erhebungen durch Befragung der im Versorgungsgebiet zugelassenen Ärzte vorzunehmen, bestehe nicht.
Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 05.11.2011 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Nach ihrer Auffassung ist das SG zutreffend davon ausgegangen, dass dem Beschluss vom 22.07.2009 ein unvollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde gelegen hat. Der Beklagte habe gemäß § 20 Abs. 1 SGB X die Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Die in § 21 Abs. 2 Satz 1 SGB X normierte Mitwirkungspflicht ändere nichts daran, dass die für die Entscheidung erheblichen Beweise durch die Zulassungsgremien von Amts wegen zu erheben seien. Auch sei das SG zutreffend insofern von einer unvollständigen Sachverhaltsermittlung ausgegangen, als systematische Erhebungen durch Befragen der im Versorgungsgebiet zugelassenen Ärzte nicht durchgeführt worden seien. Es fehlten Feststellungen über etwaige Wartezeiten. Der Beschluss sei auch insofern aufzuheben, als die vom Beklagten getätigten weiteren Feststellungen die ausgesprochene Sonderbedarfszulassung nicht getragen hätten. Aus der beigezogenen Zulassungsakte könnte nicht nachvollzogen werden, wann sie Kenntnis von der Anstellungsgenehmigung von Frau Dr. Q1 erhalten habe.
Die Beigeladene zu 7) vertritt wie der Beklagte die Auffassung, dass der Amtsermittlungsgrundsatz dort seine Grenzen finden müsse, wo Verfahrensbeteiligte ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen. Die Klägerin sei gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 Ärzte-ZV Beteiligte an einem Genehmigungsverfahren nach § 95 Abs. 9 Satz 1 SGB V i.V.m. § 32 Ärzte-ZV. Dies sei der Beklagte als "Widerspruchsbehörde" gerade nicht. Der Beklagte habe im konkreten Fall alle Informationen zur Feststellung des onkologisch/hämatologischen Versorgungsgebiets im Planungsbereich eingeholt und auf dieser Grundlage seine Sachentscheidung ermessensfehlerfrei getroffen. Der Beklagte habe sich dabei gerade nicht auf Aussagen onkologisch/hämatologisch tätiger Ärzte im Versorgungsgebiet zurückgezogen und verlassen. Er habe entsprechend den Anforderungen der Rechtsprechung des BSG das Versorgungsangebot durch die Anforderung der Frequenzübersicherten objektiviert. Dabei sei nicht zu beanstanden, dass er das hämatologisch-onkologische Versorgungsangebot solcher Vertragsärzte ausgeblendet habe, die nicht als fachärztlich tätige Internisten an der Onkologie-Vereinbarung teilnehmen. Onkologisch tätige Urologen würden keine hämatologisch-onkologischen Krankheitsbilder versorgen. Unproblematisch sei, dass der Beklagte auf die Erhebung von Wartezeiten der internistischen Onkologen/Hämatologen im Planungsbereich Aachen verzichtet habe. Wegen des Krankheitsbildes seien Wartezeiten unvertretbar. Die Aufnahme der Tätigkeit von Dr. Q1 im MVZ T habe bis zum heutigen Tag nicht zu einer Schließung der onkologisch-hämatologischen Versorgungslücke geführt. Die Abrechnungszahlen der Praxis Dr. N und H belegten die weiterhin überdurchschnittlich hohe Leistungsfrequenz. Dies werde auch dadurch belegt, dass die Zulassungsgremien zwischenzeitlich die Herrn Dr. T erteilte Ermächtigung verlängert hätten. Außerdem ergebe sich aus der Zulassungsakte Dr. Q1 nicht, wann die Klägerin über die Genehmigung dieser Anstellung Kenntnis erlangt habe oder hätte erlangen müssen. Allerdings müsse Dr. Q1 noch vor dem 01.07.2009 eine lebenslange Arztnummer durch die Klägerin zugeteilt worden sein. Zudem habe die Teilnahme an der Onkologie-Vereinbarung zum 01.07.2009 genehmigt werden müssen. Für beides sei die Klägerin zuständig. Sie müsse daher zwingend unmittelbar nach der Beschlussfassung des Zulassungsausschusses vom 24.06.2009 über die Genehmigung der Anstellung informiert worden sein. An der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der Praxis habe der Beklagte weder Zweifel haben können noch Zweifel haben müssen. Die wirtschaftliche Tragfähigkeit sei durch die überdurchschnittlichen Fallzahlen und durch die Frequenztabellen belegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Arztregisterakte von Dr. Q1 Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht zur Neubescheidung des Widerspruchs der Beigeladenen zu 7) gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 04.02.2009 verurteilt.
Der Beschluss des Beklagten vom 22.07.2009 ist rechtswidrig. Der Beklagte hat die Beigeladene zu 7) zu Unrecht im Rahmen einer Sonderbedarfszulassung zur vertragsärztlichen Versorgung unter Beschränkung auf Leistungen aus dem Gebiet Hämatologie und internistische Onkologie zugelassen.
Zulassungen sind in Planungsbereichen, für die der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs. 1 und 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) wegen Überversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet hat, für die davon betroffenen Arztgruppen nur im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs. 4 SGB V) oder Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs. 7 SGB V) oder aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. SGB V i.V.m. §§ 36 bis 38 Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) i.d.F. vom 20.12.2012) möglich.
In Planungsbereichen, in denen Neuzulassungen wegen Überversorgung beschränkt sind, lässt das Gesetz nur ausnahmsweise die Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze zu, nämlich gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V dann, wenn diese zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung unerlässlich sind. Die Vorgabe solcher Ausnahmeregelungen dient dem Ziel, im Einzelfall sicherzustellen, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken und die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Die Beschränkungen gelten deshalb dann nicht, wenn in der konkreten örtlichen Situation ein Versorgungsdefizit besteht. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 SGB V dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) übertragen, der dementsprechend in Richtlinien die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat (§ 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V i.V.m. § 23 Satz 1 Buchst. a bis e, § 25, § 26 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (zum Ganzen siehe BSG, Urteil vom 05.11.2008 - B 6 KA 56/07 -).
Von den Tatbeständen des § 26 Satz 1 Buchst a bis e Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) hat hier der Beklagte eine (Sonderbedarfs-) Zulassung der Beigeladenen zu 7) nach § 36 Satz 1 Buchst. b angenommen. Im vorliegenden Verfahren findet die BedarfsplRL i.d.F. vom 20.12.2012 Anwendung. Somit gelten gemäß der Präambel des 8. Abschnitts der BedarfsplRL vom 20.12.2012 inhaltlich die Regelungen der BedarfsplRL in der Fassung vom 15.02.2007 weiter, nunmehr allerdings in den §§ 36 bis 38 anstatt der §§ 24 bis 26 BedarfsplRL. Die in der Präambel des 8. Abschnitts der ab 01.01.2013 geltenden BedarfsplRL vorgesehenen Neuregelung der §§ 36 bis 38 BedarfsplRL bis zum 30.04.2013 durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) ist zwar am 16.05.2013 erfolgt, aber noch nicht wirksam geworden, da die Neuregelung erst am 03.07.2013 im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde und damit erst nach der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2013 am 04.07.2013 in Kraft getreten ist.
Die Anerkennung eines Sonderbedarfs gemäß § 101 Satz 1 Nr. 3 SGB V i.V.m. § 36 Satz 1 Buchst. b BedarfsplRL erfordert die Prüfung und Feststellung einer besonderen Qualifikation des Arztes und eines entsprechenden Versorgungsbedarfs.
Bei der Beurteilung, ob bzw. inwieweit die bereits zugelassenen Ärzte eine ausreichende Versorgung gewährleisten oder ob in diesem Versorgungsbereich der Versorgungsbedarf nicht gedeckt ist, verfügen die Zulassungsgremien in weitem Umfang über einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum (BSG, Urteile vom 05.11.2008 - B 6 KA 56/07 R und vom 17.6.2009 - B 6 KA 38/08 R -). Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob a) der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, b) die durch Auslegung des Begriffs besonderer Versorgungsbedarf zu ermittelnden Grenzen eingehalten sind und c) die Subsumtionserwägungen so hinreichend in der Begründung der Entscheidung deutlich wurden, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (BSG, Urteile vom 16.01.1991 - 6 RKa 37/90, - 27.02.1992 - 6 RKa 15/91 - und vom 14.01.1993 - 6 RKa 71/91-).
Der Beklagte hat seine Beurteilung, dass im Planungsbereich ein Sonderbedarf für die fachärztlich internistische Tätigkeit im Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie besteht, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet.
Entgegen der Auffassung des SG lag der Verwaltungsentscheidung allerdings nicht allein deswegen ein unvollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde, weil der Beklagte bei seiner Entscheidung am 22.07.2009 nicht berücksichtigt hat, dass dem MVZ T mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24.06.2009 die Genehmigung zur Beschäftigung von Dr. Q1 erteilt worden ist. Die Klägerin kann sich auf diesen Umstand nicht berufen. Zwar sind bei der Entscheidung über einen Antrag auf Sonderbedarfszulassung grundsätzlich alle bis zur letzten mündlichen Verhandlung im gerichtlichen Verfahren eintretenden Tatsachen- und Rechtsänderungen zu berücksichtigen. Es sind damit im Hinblick auf die Frage des maßgeblichen Zeitpunkts für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage die bei einer Vornahmeklage maßgeblichen Grundsätze anzulegen und zwar auch dann, wenn die Kassenärztliche Vereinigung die Zulassungserteilung an den Arzt anficht. Lediglich in Ausnahmefällen kann die Berücksichtigung nachteiliger Änderungen verwehrt sein, wenn ein Arzt auf eine Entscheidung aufgrund einer früheren bestimmten Sach- und Rechtslage, die ihm Zulassungschancen bot, vertrauen durfte (BSG, Urteil vom 02.09.2009 - B 6 KA 61/07 R -). Bereits in seinem Urteil vom 18.02.1998 - L 11 Ka 152/97 - hat der erkennende Senat ausgeführt, dass die Amtsermittlungspflicht nicht schrankenlos gilt. Denn die Pflicht des Beklagten zur Ermittlung des Sachverhalts und zur Darstellung der für seine Entscheidung maßgeblichen Gründe wird auch dadurch näher bestimmt, inwieweit entscheidungserhebliche Umstände von den Beteiligten vorgetragen werden. Auf der Grundlage von § 20 SGB X sind die Zulassungsgremien zwar verpflichtet, den Sachverhalt erschöpfend zu ermitteln, doch endet die Sachaufklärungspflicht jedenfalls da, wo weitere Bemühungen der Behörde im Verhältnis zum Erfolg nicht mehr vertretbar und zumutbar sind oder die Mitwirkungspflicht eines der Verfahrensbeteiligten die Amtsermittlungspflicht begrenzt. In der Regel sei es tunlich und geboten, dass die Zulassungsgremien die Frequenztabellen der niedergelassenen Ärzte anfordern und für eine Bedarfsprüfung auswerten. Im dortigen Fall hat der Senat die Auffassung vertreten, dass es die Amtsermittlungspflicht des Beklagten überspanne, wenn von ihm verlangt würde zu prüfen, ob und welche Ermächtigungen einer Sonderbedarfszulassung entgegenstehen. Verstoße ein Verfahrensbeteiligter gegen eine ihm obliegende Mitwirkungspflicht, in dem er auf ihm bekannte Umstände nicht hinweise, so könne er im Gerichtsverfahren nicht mehr rügen, die angefochtene Entscheidung beruhe auf unzureichender Sachverhaltsfeststellung und führe insoweit zu einem Beurteilungsfehler. In einem solchen Fall liege der Entscheidung zwar ein unzutreffender Sachverhalt zugrunde, indessen folge hieraus kein Beurteilungsfehler, weil der Beklagte angesichts der Mitwirkungspflicht der Klägerin nicht gehalten gewesen sei, den Sachverhalt allumfassend aufzuklären.
Die Klägerin war Beteiligte im Verwaltungsverfahren. Beteiligte sind gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 SGB X diejenigen, die nach Absatz 2 von der Behörde zum Verfahren hinzugezogen worden sind. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift kann die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen. Für die Form der Hinzuziehung gibt es keine besondere Regel. Der Hinzuziehungsakt erfolgt in der Regel förmlich und schriftlich, damit der Betroffene die Rechtswirkung seiner Beteiligung erkennen kann. Ausnahmsweise kann die Bekanntgabe der Hinzuziehung auch konkludent durch faktische Beteiligung, etwa mit der Bitte um eine Stellungnahme, geschehen (Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31.07.2009 - 19 B 484/09 -; Vogelsang in Hauck/Noftz, SGB X, Stand 3/07, K § 12 Rdn. 27; Porz in Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, 2. Auflage 2010, § 13 Rdn. 4; Ritgen in Knack/Henneke, VwVfG, 9. Auflage 2010, § 13 Rdn. 6; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Auflage 2011, § 13 Rdn. 30). Aus dem Verwaltungsvorgang des Beklagten ergibt sich, dass die Klägerin unter dem 23.03.2009 zu dem Widerspruchsverfahren die Arztregisterakte und den Original-Vorgang der Beigeladenen zu 7) übersandt hat. Mit Schreiben vom 24.06.2009 wurde die Klägerin gebeten, eine mit der Bedarfssituation vertraute Auskunftsperson zum Termin zu entsenden. Unter dem 07.07.2009 übersandte die Beklagte zudem u.a. der Klägerin die Widerspruchsbegründung der Beigeladenen zu 7) vom 07.07.2009. Die Hinzuziehung ist durch die Aufforderung der Entsendung einer Auskunftsperson zum Termin und Übersendung der Widerspruchsbegründung erfolgt.
Auch hatte die Klägerin vor der Sitzung des Berufungsausschusses am 22.07.2009 Kenntnis von der dem MVZ erteilten Anstellungsgenehmigung für Dr. Q1 zum 01.07.2009. Zwar ist der Beschluss des Zulassungsausschusses über die Zulassung von Dr. Q1 laut der beigezogenen Arztregisterakte von Dr. Q1 erst am 24.08.2009 und damit erst nach der Sitzung des Beklagten abgeschickt worden. Die Anstellungsgenehmigung ist jedoch zum 01.07.2009 erteilt worden. Dr. Q1 musste daher zwingend vor der Aufnahme ihrer Tätigkeit am 01.07.2009 eine Abrechnungsnummer erteilt werden. Somit hatte die Klägerin vor dem 01.07.2009 und damit vor der Entscheidung des Beklagten Kenntnis von der Zulassung von Dr. Q1.
Der Beklagte hat jedoch aus anderen Gründen den Sachverhalt unzutreffend ermittelt, so dass der Beschluss wegen Begründungsmängeln aufzuheben war.
Dem Beschluss des Beklagten lässt sich nicht entnehmen, warum das - auch ohne die Berücksichtigung von Dr. Q1 - vorhandene Leistungsangebot im Zulassungsgebiet nicht ausreichen soll. Eine entsprechende Bedarfsermittlung, auf die diese Schlussfolgerung gestützt werden konnte, liegt nicht vor. Sofern der Beklagte eine durchschnittliche Fallzahl von 300 bis 500 Fällen pro Arzt und Quartal als wünschenswert erachtet, ist nicht ersichtlich, woraus er diese Zahl ableitet. Entgegen seinen Ausführungen findet sich in der Onkologie-Vereinbarung kein entsprechender Passus. Hinzu kommt, dass auch die Frage der wirtschaftlichen Tragfähigkeit hätte geklärt werden müssen. Sofern man von 500 Fällen pro Arzt und Quartal als angestrebte Fallzahl ausgeht, könnte der Bedarf von 1.000 Fällen durch die Zulassungen von Dr. N und H als gedeckt angesehen werden. Da die Frequenzübersichten für die Praxis Dr. N und H aber für die Quartale III/2008 bis I/2009 Fallzahlen von 1.074, 1.173 und 1.090 ausweisen, bliebe für die Beigeladene zu 7) nur ein Bedarf von ca. 70 Fällen übrig. Bei 300 Fällen pro Arzt und Quartal bliebe hingegen ein rechnerischer Bedarf von mehr als 470 Fällen, der dann als ausreichend bewertet werden könnte.
Außerdem ist das Zahlenmaterial, das der Beklagte seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat, unzutreffend. Es handelt sich dabei um die Gesamtfallzahl ohne Differenzierung. Soweit der Beklagte diese Zahlen dann im Gerichtsverfahren übersandt hat, hat dies nicht zu einer Heilung nach § 41 Nr. 2 SGB X geführt.
Zwar indiziert alleine der Umstand, dass eine Ermächtigung erteilt wurde, einen Versorgungsbedarf. Jedoch lässt sich dem vom Beklagten ermittelten Sachverhalt nicht entnehmen, dass und in welchem Umfang der ermächtigte Krankenhausarzt Dr. T von seiner Ermächtigung Gebrauch gemacht hat.
Bei seiner erneuten Entscheidung wird der Beklagte die dem MVZ T für Dr. Q1 erteilte Anstellungsgenehmigung berücksichtigten müssen. Vertrauensgesichtspunkte der Beigeladenen zu 7) stehen dem nicht entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Beklagte der Beigeladenen zu 7) zu Recht eine Sonderbedarfszulassung erteilt hat.
Die Beigeladene zu 7) ist Internistin mit dem Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie und seit Juni 2006 in der hämatologisch-onkologischen Gemeinschaftspraxis Dr. N und H tätig. Seit April 2008 ist sie im Rahmen eines sog. Job-Sharings in dieser Praxis zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Im August 2008 beantragte sie eine Sonderbedarfszulassung als Fachärztin für Innere Medizin - Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie - für das Plangebiet Aachen-Land. Mit Beschluss vom 17.02.2009 (Sitzung vom 04.02.2009) lehnte der Zulassungsausschuss ihren Antrag ab. Die Voraussetzung eines besonderen Versorgungsbedarfs sei unter anderem auch deshalb nicht gegeben, weil die Praxis Dr. N und H die Versorgung mit den als Sonderbedarf geltend gemachten Leistungen sicherstelle. Überdies würden im Planungsbereich insgesamt 27 Vertragsärzte an der sog. Onkologie-Vereinbarung teilnehmen, wovon sieben Ärzte über die Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung der Chemotherapie nach Nr. 86505 EBM verfügten.
Gegen diese Entscheidung legte die Beigeladene zu 7) am 17.03.2009 Widerspruch ein. Die Feststellungen des Zulassungsausschusses genügten nicht dessen Verpflichtung zu einer ausreichenden und adäquaten Ermittlung der Tatsachengrundlage. So seien die in diesem Bereich niedergelassenen Ärzte weder nach dem konkreten Leistungsangebot noch nach deren Aufnahmekapazität befragt worden. Die Praxis Dr. N und H verzeichne seit dem zweiten Quartal 2008 eine stetig wachsende Patientenzahl. Im Quartal I/2008 seien 957 Patienten betreut worden, wovon 856 an hämatologisch-onkologischen Krankheitsbildern gelitten und eine intravenöse Chemotherapie erhalten hätten. Im Quartal II/2008 habe die Praxis 1.203 Patienten behandelt, wiederum überwiegend mit hämato-onkologischen Krankheitsbildern. Überdies sei die Ermächtigung von Prof. Dr. Q, der im C Krankenhaus in T tätig sei, zu Anfang Oktober 2008 weggefallen. Auf Basis der derzeit erteilen Zulassung sei eine Verbesserung der Versorgungssituation nicht möglich, weil die Praxis Dr. N und H aufgrund des Job-Sharings einer Leistungsmengenbeschränkung unterliege.
Unter dem 21.07.2009 übersandte die Klägerin Frequenztabellen zu den bereits im Plangebiet Aachen zugelassenen Ärzten, die die Leistung nach Kapitel 13.3.4 EBM bzw. die Leistung nach Nr. 86505 der Onkologie-Vereinbarung abrechneten. Zudem machte sie die Vertragsärzte namhaft, die über eine Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung der Leistungen nach Nr. 86505 der Onkologie-Vereinbarung verfügen.
Mit der Klägerin am 24.07.2008 zugegangenen Beschluss vom 21.08.2009 (Sitzung vom 22.07.2009) ließ der Beklagte die Beigeladene zu 7) als Fachärztin für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und internistische Onkologie unter Beschränkungen der Leistungen auf diese Schwerpunkte für den Vertragsarztsitz der Praxis Dr. N und H zur vertragsärztlichen Versorgung zu. Das Leistungsangebot dieser Praxis reiche nicht aus, um die Versorgung der Versicherten im Planungsgebiet auf dem Gebiet der Hämatologie und internistischen Onkologie sicherzustellen. Die Leistungen des Abschnitts 13.3.4 EBM würden nach den Frequenztabellen ausschließlich von den Ärzten der Praxis Dr. N und H erbracht. Dies entspreche im Übrigen der Leistungslegende zu diesem Abschnitt des EBM, wonach die dort aufgeführten Leistungen nur von Fachärzten für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie berechnet werden könnten. Die vorliegenden Frequenzübersichten wiesen für die Praxis für die Quartale III/2008 bis I/2009 Fallzahlen von 1.074, 1.173 und 1.090 aus. Die Praxis liege damit über dem nach der Onkologie-Vereinbarung als wünschenswert angenommen Durchschnitt von 300 bis 500 Fällen pro Arzt und Quartal. Das Leistungsangebot der Ärzte der Berufsausübungsgemeinschaft Dr. B, Dr. Q2 und Dr. X habe außer Betracht zu bleiben. Als Teilnehmer der Onkologie-Vereinbarung habe sich ihre Abrechnung im wesentlichen auf die Gebührenziffer 86503 bezogen und sich zudem auf das von den Ärzten vertretene Gebiet der Urologie beschränkt. Dies gelte gleichermaßen für das Leistungsspektrum der ebenfalls als Teilnehmer der Onkologie-Vereinbarung benannten Internisten Dr. L und Dr. O, die einen diabetologischen Schwerpunkt hätten.
Hiergegen hat sich die am 23.09.2009 erhobene Klage der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein gerichtet. Dem Beschluss des Beklagten lasse sich nicht entnehmen, auf welche Bedarfsermittlung er die Schlussfolgerung gestützt habe, dass die Praxis Dr. N und H nicht ausreiche, um die Versorgung sicherzustellen. Insbesondere könne die Schlussfolgerung nicht auf die Fallzahlen der Praxis für die Quartale III/2008 und I/2009 gestützt werden, da es sich bei diesen Zahlen zum einen um die Gesamtfallzahl der Praxis handele, zu anderen die Anzahl der behandelten Patienten auch keine Rückschlüsse auf einen bestehenden weiteren Bedarf zur Behandlung von Patienten mit Leistungen aus dem Gebiet der Hämatologie und internistische Onkologie zulasse. In der Onkologie-Vereinbarung sei nicht festgehalten, dass ein Durchschnitt von 300 bis 500 Ärzten pro Arzt und Quartal wünschenswert sei. Zudem habe Herr H im Zusammenhang mit einem im Juli 2008 gestellten Antrag auf Genehmigung einer Zweigpraxis in T angegeben, dass in seiner Praxis keine Wartezeiten bei der Terminvergabe bestünden. Des Weiteren habe der Zulassungsausschuss in seiner Sitzung am 24.06.2009 auf Antrag des Medizinischen Versorgungszentraums (MVZ) T die Anstellung der Fachärztin für Innere Medizin - Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie - Dr. Q1 zum 01.07.2009 in Teilzeit für 20 Stunden wöchentlich genehmigt. Durch Beschluss vom 23.09.2009 sei der Tätigkeitsumfang ab 01.10.2009 auf Vollzeit 31 Stunden pro Woche erhöht worden. Auf Anfrage habe das MVZ T mitgeteilt, Dr. Q1 verfüge über freie Kapazitäten zur Erbringung von Leistungen nach den Ziffern 13490 - 13502 EBM sowie den Symbolnummern 86502, 86503, 86504, 86505 der Onkologie-Vereinbarung und es bestünden keine Wartezeiten. Auch könnten hinsichtlich der Frage, ob im Planungsbereich eine Versorgungslücke auf dem Gebiet der Hämatologie und internistische Onkologie bestehe, diejenigen Ärzte, die an der Onkologie-Vereinbarung teilnehmen, jedoch nicht über die Bezeichnung Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Onkologie verfügten, nicht außer Acht bleiben. Auch diese nähmen an der Versorgung von Patienten auf dem Gebiet der internistischen Onkologie teil. Ergänzend hat die Klägerin unter dem 02.11.2010 mitgeteilt, mit Wirkung vom 01.10.2010 sei die Genehmigung zur Anstellung von Dr. Q1 im MVZ T mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 22.09.2010 von 31 Stunden auf 20 Stunden pro Woche reduziert worden. Gleichzeitig sei dem MVZ T die Genehmigung zur Anstellung der Fachärztin für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie Frau Dr. N im Umfang von 20 Wochenstunden erteilt worden.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Beschlusses vom 22.07.2009 zu verpflichten, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 7) gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 04.02.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat an der angefochtenen Entscheidung festgehalten und ergänzend ausgeführt, dass ihm zum Zeitpunkt der Entscheidung am 22.07.2009 die Entscheidung des Zulassungsausschusses betreffend das MVZ T nicht bekannt gewesen sei und ihm auch nicht hätte bekannt sein müssen.
Die Beigeladene zu 7) hat unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens die Auffassung vertreten, aus Gründen des Vertrauensschutzes sei für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten abzustellen. Spätere Veränderungen könnten keine Berücksichtigung finden. Das Leistungsangebot anderer Fachgebiete sei vorliegend irrelevant und daher vom Beklagten zu Recht nicht berücksichtigt worden, da es vorliegend um die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung zur Erbringung von hämatologischen und internistisch-onkologischen Leistungen gehe.
Mit Urteil vom 05.11.2010 hat das Sozialgericht (SG) Aachen den Beklagten zur Neubescheidung des Widerspruchs der Beigeladenen zu 7) gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 04.02.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt. Der Entscheidung des Beklagten läge ein unvollständig ermittelter Sachverhalt zu Grunde. Dies folge für die Kammer bereits aus dem Umstand, dass der Beklagte die Entscheidung des Zulassungsausschusses für Ärzte Köln vom 24.06.2009 betreffend die dem MVZ T erteilte Genehmigung zur Beschäftigung von Dr. Q1 nicht berücksichtigt habe. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass ihm die Entscheidung des Zulassungsausschusses vom 24.06.2009 zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Zulassungsentscheidung vom 22.07.2009 noch nicht vorgelegen habe. Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Sonderbedarfszulassung seien grundsätzlich alle bis zur letzten mündlichen Verhandlung im gerichtlichen Verfahren eintretenden Tatsachen- und Rechtsänderungen zu berücksichtigen. In Zeiten moderner Kommunikationsmittel sei es dem Beklagten zuzumuten, sich vor einer Änderungsentscheidung bei dem Zulassungsausschuss für Ärzte rückzuversichern, dass in absehbarer Zeit keine Zulassung für den Bereich erteilt wird, den die Änderungsentscheidung betreffe. Vertrauensschutzgesichtspunkte der Beigeladenen zu 7) stünden dem nicht entgegen. Ihr Vertrauen sei nur von äußerst kurzer Dauer gewesen. Sie habe im Hinblick auf die erteilte Zulassung erstmals mit der Bekanntgabe des Beschlusses vom 22.07.2009 überhaupt ein schutzwürdiges Vertrauen bilden können. Außerdem habe sie spätestens mit der Bekanntgabe des Beiladungsbeschlusses am 02.11.2009 damit rechnen müssen, dass ihr die verliehene Rechtsposition aufgrund der Drittanfechtung der Klägerin wieder entzogen werde. Die weiteren Entscheidungen des Zulassungsausschusses betreffend das MVZ T vom 23.09.2009 und 22.09.2010 hätten für die Beantwortung der Frage nach einem entsprechenden Sonderbedarf jedoch wegen Vertrauensschutzgesichtspunkten der Beigeladenen zu 7) außer Betracht zu bleiben. Eine unvollständige Ermittlung des Sachverhalts liege darüber hinaus auch deswegen vor, weil sich der Beklagte für die Beurteilung des Sonderbedarfs allein auf die beigezogenen Frequenzübersichten und die Angaben des Beigeladenen zu 7) im Verwaltungsverfahren bezogen habe. Der Beklagte hätte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), Urteil vom 02.09.2009 - B 6 KA 21/08 R -, zunächst systematische Ermittlungen durch Einholung von Auskünften bei den im Versorgungsgebiet zugelassenen Arztpraxen anstellen und diese anschließend anhand geeigneter Methoden, z.B. durch Anfragen bei den zuständigen Krankenkassen betreffend Beschwerden über Wartezeiten, verifizieren müssen.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 06.12.2010 zugestellte Urteil am 27.12.2010 Berufung eingelegt. Er habe nicht gegen seine Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung verstoßen. Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hätten die Beteiligten bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken. Die Klägerin verstoße gegen diese Mitwirkungspflicht, wenn sie erstmals im Klageverfahren Tatsachen vortrage, die in die Entscheidung des Berufungsausschusses hätten einfließen müssen, die aber mangels Unterrichtung durch die Klägerin nicht beachtet worden seien. Die Amtsermittlung finde dort ihre Grenzen, wo man von ihr verlange, dass sie einen Sachverhalt vermuten oder erahnen solle. Das SG stelle überzogene Anforderungen an die vorzunehmende Amtsermittlung, wenn es die Auffassung vertrete, es sei in Zeiten moderner Kommunikationsmittel ihm - dem Beklagten - zuzumuten, sich vor seiner Entscheidung beim Zulassungsausschuss für Ärzte rückzuversichern, dass in absehbarer Zeit keine Zulassung für den Bereich erteilt werde, den die Änderungsentscheidung betreffe. Zudem habe im vorliegenden Fall überhaupt kein Anlass bestanden, systematische Erhebungen durch die Befragung der im Versorgungsgebiet zugelassenen Ärzte vorzunehmen. Weder die Kapazitäten der Praxen oder Wartezeiten der Patienten im Bereich der Hämatologie und internistischen Onkologie bei dem im Versorgungsgebiet zugelassenen Vertragsärzte seien im vorliegenden Verfahren strittig gewesen. Eine Verpflichtung, grundsätzlich systematische Erhebungen durch Befragung der im Versorgungsgebiet zugelassenen Ärzte vorzunehmen, bestehe nicht.
Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 05.11.2011 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Nach ihrer Auffassung ist das SG zutreffend davon ausgegangen, dass dem Beschluss vom 22.07.2009 ein unvollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde gelegen hat. Der Beklagte habe gemäß § 20 Abs. 1 SGB X die Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Die in § 21 Abs. 2 Satz 1 SGB X normierte Mitwirkungspflicht ändere nichts daran, dass die für die Entscheidung erheblichen Beweise durch die Zulassungsgremien von Amts wegen zu erheben seien. Auch sei das SG zutreffend insofern von einer unvollständigen Sachverhaltsermittlung ausgegangen, als systematische Erhebungen durch Befragen der im Versorgungsgebiet zugelassenen Ärzte nicht durchgeführt worden seien. Es fehlten Feststellungen über etwaige Wartezeiten. Der Beschluss sei auch insofern aufzuheben, als die vom Beklagten getätigten weiteren Feststellungen die ausgesprochene Sonderbedarfszulassung nicht getragen hätten. Aus der beigezogenen Zulassungsakte könnte nicht nachvollzogen werden, wann sie Kenntnis von der Anstellungsgenehmigung von Frau Dr. Q1 erhalten habe.
Die Beigeladene zu 7) vertritt wie der Beklagte die Auffassung, dass der Amtsermittlungsgrundsatz dort seine Grenzen finden müsse, wo Verfahrensbeteiligte ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen. Die Klägerin sei gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 Ärzte-ZV Beteiligte an einem Genehmigungsverfahren nach § 95 Abs. 9 Satz 1 SGB V i.V.m. § 32 Ärzte-ZV. Dies sei der Beklagte als "Widerspruchsbehörde" gerade nicht. Der Beklagte habe im konkreten Fall alle Informationen zur Feststellung des onkologisch/hämatologischen Versorgungsgebiets im Planungsbereich eingeholt und auf dieser Grundlage seine Sachentscheidung ermessensfehlerfrei getroffen. Der Beklagte habe sich dabei gerade nicht auf Aussagen onkologisch/hämatologisch tätiger Ärzte im Versorgungsgebiet zurückgezogen und verlassen. Er habe entsprechend den Anforderungen der Rechtsprechung des BSG das Versorgungsangebot durch die Anforderung der Frequenzübersicherten objektiviert. Dabei sei nicht zu beanstanden, dass er das hämatologisch-onkologische Versorgungsangebot solcher Vertragsärzte ausgeblendet habe, die nicht als fachärztlich tätige Internisten an der Onkologie-Vereinbarung teilnehmen. Onkologisch tätige Urologen würden keine hämatologisch-onkologischen Krankheitsbilder versorgen. Unproblematisch sei, dass der Beklagte auf die Erhebung von Wartezeiten der internistischen Onkologen/Hämatologen im Planungsbereich Aachen verzichtet habe. Wegen des Krankheitsbildes seien Wartezeiten unvertretbar. Die Aufnahme der Tätigkeit von Dr. Q1 im MVZ T habe bis zum heutigen Tag nicht zu einer Schließung der onkologisch-hämatologischen Versorgungslücke geführt. Die Abrechnungszahlen der Praxis Dr. N und H belegten die weiterhin überdurchschnittlich hohe Leistungsfrequenz. Dies werde auch dadurch belegt, dass die Zulassungsgremien zwischenzeitlich die Herrn Dr. T erteilte Ermächtigung verlängert hätten. Außerdem ergebe sich aus der Zulassungsakte Dr. Q1 nicht, wann die Klägerin über die Genehmigung dieser Anstellung Kenntnis erlangt habe oder hätte erlangen müssen. Allerdings müsse Dr. Q1 noch vor dem 01.07.2009 eine lebenslange Arztnummer durch die Klägerin zugeteilt worden sein. Zudem habe die Teilnahme an der Onkologie-Vereinbarung zum 01.07.2009 genehmigt werden müssen. Für beides sei die Klägerin zuständig. Sie müsse daher zwingend unmittelbar nach der Beschlussfassung des Zulassungsausschusses vom 24.06.2009 über die Genehmigung der Anstellung informiert worden sein. An der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der Praxis habe der Beklagte weder Zweifel haben können noch Zweifel haben müssen. Die wirtschaftliche Tragfähigkeit sei durch die überdurchschnittlichen Fallzahlen und durch die Frequenztabellen belegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Arztregisterakte von Dr. Q1 Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht zur Neubescheidung des Widerspruchs der Beigeladenen zu 7) gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 04.02.2009 verurteilt.
Der Beschluss des Beklagten vom 22.07.2009 ist rechtswidrig. Der Beklagte hat die Beigeladene zu 7) zu Unrecht im Rahmen einer Sonderbedarfszulassung zur vertragsärztlichen Versorgung unter Beschränkung auf Leistungen aus dem Gebiet Hämatologie und internistische Onkologie zugelassen.
Zulassungen sind in Planungsbereichen, für die der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs. 1 und 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) wegen Überversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet hat, für die davon betroffenen Arztgruppen nur im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs. 4 SGB V) oder Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs. 7 SGB V) oder aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. SGB V i.V.m. §§ 36 bis 38 Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) i.d.F. vom 20.12.2012) möglich.
In Planungsbereichen, in denen Neuzulassungen wegen Überversorgung beschränkt sind, lässt das Gesetz nur ausnahmsweise die Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze zu, nämlich gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V dann, wenn diese zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung unerlässlich sind. Die Vorgabe solcher Ausnahmeregelungen dient dem Ziel, im Einzelfall sicherzustellen, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken und die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Die Beschränkungen gelten deshalb dann nicht, wenn in der konkreten örtlichen Situation ein Versorgungsdefizit besteht. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 SGB V dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) übertragen, der dementsprechend in Richtlinien die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat (§ 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V i.V.m. § 23 Satz 1 Buchst. a bis e, § 25, § 26 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (zum Ganzen siehe BSG, Urteil vom 05.11.2008 - B 6 KA 56/07 -).
Von den Tatbeständen des § 26 Satz 1 Buchst a bis e Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) hat hier der Beklagte eine (Sonderbedarfs-) Zulassung der Beigeladenen zu 7) nach § 36 Satz 1 Buchst. b angenommen. Im vorliegenden Verfahren findet die BedarfsplRL i.d.F. vom 20.12.2012 Anwendung. Somit gelten gemäß der Präambel des 8. Abschnitts der BedarfsplRL vom 20.12.2012 inhaltlich die Regelungen der BedarfsplRL in der Fassung vom 15.02.2007 weiter, nunmehr allerdings in den §§ 36 bis 38 anstatt der §§ 24 bis 26 BedarfsplRL. Die in der Präambel des 8. Abschnitts der ab 01.01.2013 geltenden BedarfsplRL vorgesehenen Neuregelung der §§ 36 bis 38 BedarfsplRL bis zum 30.04.2013 durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) ist zwar am 16.05.2013 erfolgt, aber noch nicht wirksam geworden, da die Neuregelung erst am 03.07.2013 im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde und damit erst nach der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2013 am 04.07.2013 in Kraft getreten ist.
Die Anerkennung eines Sonderbedarfs gemäß § 101 Satz 1 Nr. 3 SGB V i.V.m. § 36 Satz 1 Buchst. b BedarfsplRL erfordert die Prüfung und Feststellung einer besonderen Qualifikation des Arztes und eines entsprechenden Versorgungsbedarfs.
Bei der Beurteilung, ob bzw. inwieweit die bereits zugelassenen Ärzte eine ausreichende Versorgung gewährleisten oder ob in diesem Versorgungsbereich der Versorgungsbedarf nicht gedeckt ist, verfügen die Zulassungsgremien in weitem Umfang über einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum (BSG, Urteile vom 05.11.2008 - B 6 KA 56/07 R und vom 17.6.2009 - B 6 KA 38/08 R -). Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob a) der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, b) die durch Auslegung des Begriffs besonderer Versorgungsbedarf zu ermittelnden Grenzen eingehalten sind und c) die Subsumtionserwägungen so hinreichend in der Begründung der Entscheidung deutlich wurden, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (BSG, Urteile vom 16.01.1991 - 6 RKa 37/90, - 27.02.1992 - 6 RKa 15/91 - und vom 14.01.1993 - 6 RKa 71/91-).
Der Beklagte hat seine Beurteilung, dass im Planungsbereich ein Sonderbedarf für die fachärztlich internistische Tätigkeit im Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie besteht, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet.
Entgegen der Auffassung des SG lag der Verwaltungsentscheidung allerdings nicht allein deswegen ein unvollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde, weil der Beklagte bei seiner Entscheidung am 22.07.2009 nicht berücksichtigt hat, dass dem MVZ T mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24.06.2009 die Genehmigung zur Beschäftigung von Dr. Q1 erteilt worden ist. Die Klägerin kann sich auf diesen Umstand nicht berufen. Zwar sind bei der Entscheidung über einen Antrag auf Sonderbedarfszulassung grundsätzlich alle bis zur letzten mündlichen Verhandlung im gerichtlichen Verfahren eintretenden Tatsachen- und Rechtsänderungen zu berücksichtigen. Es sind damit im Hinblick auf die Frage des maßgeblichen Zeitpunkts für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage die bei einer Vornahmeklage maßgeblichen Grundsätze anzulegen und zwar auch dann, wenn die Kassenärztliche Vereinigung die Zulassungserteilung an den Arzt anficht. Lediglich in Ausnahmefällen kann die Berücksichtigung nachteiliger Änderungen verwehrt sein, wenn ein Arzt auf eine Entscheidung aufgrund einer früheren bestimmten Sach- und Rechtslage, die ihm Zulassungschancen bot, vertrauen durfte (BSG, Urteil vom 02.09.2009 - B 6 KA 61/07 R -). Bereits in seinem Urteil vom 18.02.1998 - L 11 Ka 152/97 - hat der erkennende Senat ausgeführt, dass die Amtsermittlungspflicht nicht schrankenlos gilt. Denn die Pflicht des Beklagten zur Ermittlung des Sachverhalts und zur Darstellung der für seine Entscheidung maßgeblichen Gründe wird auch dadurch näher bestimmt, inwieweit entscheidungserhebliche Umstände von den Beteiligten vorgetragen werden. Auf der Grundlage von § 20 SGB X sind die Zulassungsgremien zwar verpflichtet, den Sachverhalt erschöpfend zu ermitteln, doch endet die Sachaufklärungspflicht jedenfalls da, wo weitere Bemühungen der Behörde im Verhältnis zum Erfolg nicht mehr vertretbar und zumutbar sind oder die Mitwirkungspflicht eines der Verfahrensbeteiligten die Amtsermittlungspflicht begrenzt. In der Regel sei es tunlich und geboten, dass die Zulassungsgremien die Frequenztabellen der niedergelassenen Ärzte anfordern und für eine Bedarfsprüfung auswerten. Im dortigen Fall hat der Senat die Auffassung vertreten, dass es die Amtsermittlungspflicht des Beklagten überspanne, wenn von ihm verlangt würde zu prüfen, ob und welche Ermächtigungen einer Sonderbedarfszulassung entgegenstehen. Verstoße ein Verfahrensbeteiligter gegen eine ihm obliegende Mitwirkungspflicht, in dem er auf ihm bekannte Umstände nicht hinweise, so könne er im Gerichtsverfahren nicht mehr rügen, die angefochtene Entscheidung beruhe auf unzureichender Sachverhaltsfeststellung und führe insoweit zu einem Beurteilungsfehler. In einem solchen Fall liege der Entscheidung zwar ein unzutreffender Sachverhalt zugrunde, indessen folge hieraus kein Beurteilungsfehler, weil der Beklagte angesichts der Mitwirkungspflicht der Klägerin nicht gehalten gewesen sei, den Sachverhalt allumfassend aufzuklären.
Die Klägerin war Beteiligte im Verwaltungsverfahren. Beteiligte sind gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 SGB X diejenigen, die nach Absatz 2 von der Behörde zum Verfahren hinzugezogen worden sind. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift kann die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen. Für die Form der Hinzuziehung gibt es keine besondere Regel. Der Hinzuziehungsakt erfolgt in der Regel förmlich und schriftlich, damit der Betroffene die Rechtswirkung seiner Beteiligung erkennen kann. Ausnahmsweise kann die Bekanntgabe der Hinzuziehung auch konkludent durch faktische Beteiligung, etwa mit der Bitte um eine Stellungnahme, geschehen (Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31.07.2009 - 19 B 484/09 -; Vogelsang in Hauck/Noftz, SGB X, Stand 3/07, K § 12 Rdn. 27; Porz in Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, 2. Auflage 2010, § 13 Rdn. 4; Ritgen in Knack/Henneke, VwVfG, 9. Auflage 2010, § 13 Rdn. 6; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Auflage 2011, § 13 Rdn. 30). Aus dem Verwaltungsvorgang des Beklagten ergibt sich, dass die Klägerin unter dem 23.03.2009 zu dem Widerspruchsverfahren die Arztregisterakte und den Original-Vorgang der Beigeladenen zu 7) übersandt hat. Mit Schreiben vom 24.06.2009 wurde die Klägerin gebeten, eine mit der Bedarfssituation vertraute Auskunftsperson zum Termin zu entsenden. Unter dem 07.07.2009 übersandte die Beklagte zudem u.a. der Klägerin die Widerspruchsbegründung der Beigeladenen zu 7) vom 07.07.2009. Die Hinzuziehung ist durch die Aufforderung der Entsendung einer Auskunftsperson zum Termin und Übersendung der Widerspruchsbegründung erfolgt.
Auch hatte die Klägerin vor der Sitzung des Berufungsausschusses am 22.07.2009 Kenntnis von der dem MVZ erteilten Anstellungsgenehmigung für Dr. Q1 zum 01.07.2009. Zwar ist der Beschluss des Zulassungsausschusses über die Zulassung von Dr. Q1 laut der beigezogenen Arztregisterakte von Dr. Q1 erst am 24.08.2009 und damit erst nach der Sitzung des Beklagten abgeschickt worden. Die Anstellungsgenehmigung ist jedoch zum 01.07.2009 erteilt worden. Dr. Q1 musste daher zwingend vor der Aufnahme ihrer Tätigkeit am 01.07.2009 eine Abrechnungsnummer erteilt werden. Somit hatte die Klägerin vor dem 01.07.2009 und damit vor der Entscheidung des Beklagten Kenntnis von der Zulassung von Dr. Q1.
Der Beklagte hat jedoch aus anderen Gründen den Sachverhalt unzutreffend ermittelt, so dass der Beschluss wegen Begründungsmängeln aufzuheben war.
Dem Beschluss des Beklagten lässt sich nicht entnehmen, warum das - auch ohne die Berücksichtigung von Dr. Q1 - vorhandene Leistungsangebot im Zulassungsgebiet nicht ausreichen soll. Eine entsprechende Bedarfsermittlung, auf die diese Schlussfolgerung gestützt werden konnte, liegt nicht vor. Sofern der Beklagte eine durchschnittliche Fallzahl von 300 bis 500 Fällen pro Arzt und Quartal als wünschenswert erachtet, ist nicht ersichtlich, woraus er diese Zahl ableitet. Entgegen seinen Ausführungen findet sich in der Onkologie-Vereinbarung kein entsprechender Passus. Hinzu kommt, dass auch die Frage der wirtschaftlichen Tragfähigkeit hätte geklärt werden müssen. Sofern man von 500 Fällen pro Arzt und Quartal als angestrebte Fallzahl ausgeht, könnte der Bedarf von 1.000 Fällen durch die Zulassungen von Dr. N und H als gedeckt angesehen werden. Da die Frequenzübersichten für die Praxis Dr. N und H aber für die Quartale III/2008 bis I/2009 Fallzahlen von 1.074, 1.173 und 1.090 ausweisen, bliebe für die Beigeladene zu 7) nur ein Bedarf von ca. 70 Fällen übrig. Bei 300 Fällen pro Arzt und Quartal bliebe hingegen ein rechnerischer Bedarf von mehr als 470 Fällen, der dann als ausreichend bewertet werden könnte.
Außerdem ist das Zahlenmaterial, das der Beklagte seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat, unzutreffend. Es handelt sich dabei um die Gesamtfallzahl ohne Differenzierung. Soweit der Beklagte diese Zahlen dann im Gerichtsverfahren übersandt hat, hat dies nicht zu einer Heilung nach § 41 Nr. 2 SGB X geführt.
Zwar indiziert alleine der Umstand, dass eine Ermächtigung erteilt wurde, einen Versorgungsbedarf. Jedoch lässt sich dem vom Beklagten ermittelten Sachverhalt nicht entnehmen, dass und in welchem Umfang der ermächtigte Krankenhausarzt Dr. T von seiner Ermächtigung Gebrauch gemacht hat.
Bei seiner erneuten Entscheidung wird der Beklagte die dem MVZ T für Dr. Q1 erteilte Anstellungsgenehmigung berücksichtigten müssen. Vertrauensgesichtspunkte der Beigeladenen zu 7) stehen dem nicht entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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