L 16 KR 813/12

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 8 KR 259/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 813/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 7/15 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Rev. des Beklagten mit Urteil zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 19.10.2012 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.159,21 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 2 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.12.2008 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert für das Verfahren wird auf 3.159,21 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Vergütung für eine vollstationäre Krankenhausbehandlung im Jahr 2004.

Die Klägerin ist Trägerin der Klinik für Manuelle Therapie, einem Plankrankenhaus gemäß § 108 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), die sich als "Spezialklinik für Rheuma-, Wirbelsäulen- und Gelenksleiden" bezeichnet. Der am 00. 00 1986 geborene D. F. (im Folgenden: Versicherter) ist Mitglied der Klägerin. Er leidet seit Geburt an einer infantilen Cerebralparese mit beinbetonter Tetraparese, die bei ihm zu Gangstörungen wechselnden Ausmaßes führt. Vom 9.8.2004 bis 20.8.2004 wurde der Versicherte zum achten Mal in die Klinik der Beklagten stationär aufgenommen und dort mit einer Kombination aus manualmedizinischer und osteopathischer Technik begleitet von Krankengymnastik und physikalischer Therapie behandelt. Die Klägerin beglich den von der Beklagten in Rechnung gestellten Betrag von 3159, 21 Euro. Vergleichbare stationäre Behandlungen fanden auch in den Folgejahren statt.

Im Zusammenhang mit der Beantragung einer weiteren stationären Behandlung im Jahr 2008 legte der Versicherte der Klägerin die Entlassungsberichte der Behandlungen der Vorjahre, darunter auch den Entlassungsbericht vom 13.9.2004 vor. Der von der Klägerin eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) vertrat die Auffassung, eine Indikation für eine Krankenhausbehandlung im Jahre 2008 bestehe nicht. Nach dem letzten Entlassungsbericht sei die Behandlung in der Klinik der Beklagten rehabilitativ ausgerichtet gewesen. Der Versicherte wurde in der Klinik vom 30.6.2008 bis 11.7.2008 erneut stationär behandelt; die Klägerin lehnte die Kostenübernahme für diese stationäre Behandlung ab und beglich auch die Rechnung i.H. von 2791,26 Euro nicht.

Wegen dieses Betrages erhob die Beklagte am 13.10.2008 Klage (SG Dortmund S 8 KR 204/08, inzwischen L 16 KR 819/12). Im Rahmen dieses Verfahrens hat die Klägerin am 18.12.2008 Widerklage erhoben, mit der sie die Rückzahlung des Betrages von 3159,21 EUR begehrt, die sie für die Behandlung im Jahre 2004 geleistet hat.

Mit Beschluss vom 2.9.2009 hat das Sozialgericht die beiden Klagen getrennt und die Widerklage als eigenes Verfahren fortgeführt.

Zur Begründung der Widerklage hat die Klägerin ausgeführt, erst die Sachverhaltsermittlung zum Antrag auf Kostenübernahme für die im Jahre 2008 durchgeführte Krankenhausbehandlung habe es ihr ermöglicht, die Entlassungsberichte über die Aufenthalte ab dem Jahr 2004 einzusehen. Dabei sei festgestellt worden, dass schon während der Voraufenthalte tatsächlich keine Krankenhausbehandlungen von der Beklagten durchgeführt worden seien und der Versicherte jeweils nicht aktuell so schwer krank gewesen sei, dass nur die besonderen Mittel des Krankenhauses für die adäquate Therapie in Betracht gekommen seien. Insoweit würden die diesbezüglichen Kostenübernahmeerklärungen und Zahlungen wegen Irrtums angefochten. Ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot (zeitnahe Überprüfung) liege nicht vor. Als die Beklagte seinerzeit die Krankenhausbehandlung des Versicherten angezeigt und in Rechnung gestellt habe, habe keine Veranlassung bestanden, den MDK einzuschalten. Die mitgeteilten Diagnosen und die Abrechnung seien in sich schlüssig gewesen und hätten keinen Ansatzpunkt für eine Falschabrechnung aufgezeigt. Durch die Entlassungsberichte habe sich aber herausgestellt, dass tatsächlich keine Krankenhausbehandlungen mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses durchgeführt worden seien. Die Beklagte hat dazu Gutachten des MDK vom 19.2.2009 und (nach Beiziehung der Krankenunterlagen) vom 18.5.2010 vorgelegt. In beiden Gutachten wird ausgeführt, die Voraussetzungen einer stationären Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V seien nicht erfüllt. Die Behandlung sei rein rehabilitativ ausgerichtet gewesen und habe keiner ständigen ärztlichen Präsenz in der Klinik bedurft.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens vom dem Arzt für Neurologie Dr. T ... In seinem Gutachten vom 18.4.2012 hat der Sachverständige ausgeführt, auch aus der ex-ante-Sicht sei nicht erkennbar, dass eine notwendige medizinische Behandlung ausschließlich mit den Mitteln eines Krankenhauses erforderlich gewesen sei. Für die Behandlung des Krankheitsbildes sei eine teilstationäre, gegebenenfalls vollstationäre neurologische Rehabilitationsbehandlung ausreichend und sinnvoll gewesen. Eine besondere ärztliche Kontrolldichte sei nicht geboten gewesen, die verantwortliche und unmittelbare Mitwirkung der Ärzte habe nicht im Vordergrund der Behandlung gestanden. Es sei auch nicht erkennbar, dass den durchgeführten Maßnahmen ein von Krankenhausärzten erstellter, laufend fortgeschriebener und überwachter Behandlungsplan zu Grunde gelegen habe. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten sowie die ergänzende Stellungnahme vom 19.6.2012 Bezug genommen.

Mit Urteil vom 19.10.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne mit ihren Einwänden gegen die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 SGB V nicht mehr gehört werden. Einer Verwertung der Behandlungsunterlagen des Krankenhauses stehe § 275 Abs. 1c SGB V entgegen. Zwar sei die Vorschrift nicht direkt anwendbar. Gleichwohl bestehe eine Verpflichtung der Krankenkassen, Abrechnungen der Krankenhäuser innerhalb kurzer Zeit auf ihre sachliche und rechnerische Richtigkeit zu überprüfen, nicht erst seit der Gesetzesänderung ab April 2007, sondern aus dem schon zuvor geltenden, auf dem Grundsatz von Treu und Glauben beruhenden Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Für den umgekehrten Fall der verspäteten Korrektur einer Schlussrechnung eines Krankenhauses habe schon nach der alten Rechtslage gegolten, dass korrigierende Nachforderungen jedenfalls dann nicht mehr möglich seien, wenn sie mehr als zwei Jahre nach der Rechnungsstellung erfolgten. Wegen des Gebots der Waffengleichheit müssten medizinische Überprüfungen der Krankenkassen nach denselben Kriterien beurteilt werden. Danach sei es nicht hinnehmbar, wenn sich eine Krankenkasse nach einer Rechnungserteilung ohne zureichenden Grund für die medizinische Prüfung nach § 275 SGB V mehr als vier Jahre Zeit lasse. Wegen der treuwidrigen Verzögerung der Prüfung sei eine Begrenzung der Amtsermittlungspflicht des Gerichts nach § 103 SGG eingetreten, die einer weiteren medizinischen Aufklärung durch das Gericht entgegenstehe so dass dem Gericht die Verwertung des Gutachtens von Dr. T. verwehrt sei.

Gegen das ihr am 26.11.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.12.2012 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe zu Unrecht die Klage abgewiesen. Es liege keine atypische Missbrauchskonstellation vor, in der sie mit ihrem Erstattungsanspruch ausgeschlossen sei. Ebenso wenig liege ein gravierender Fall eines vertragswidrigen Verhaltens vor. Ihr könne der Vorwurf vertragswidrigen Verhaltens schon deshalb nicht gemacht werden, weil die Beklagte entscheidungserhebliche Daten zurückgehalten und sie daher erst spät Informationen darüber erhalten habe, dass die Voraussetzungen einer Krankenhausbehandlung nicht vorgelegen hätten. Die Frage des Rechtsmissbrauchs könne nur durch Abwägung der beiderseitigen Interessen beantwortet werden. Hier sei ihr Interesse am Ausgleich des Rechnungsfehlbetrages schutzwürdiger als das Vermögensinteresse der Beklagten. Letztlich handle es sich im vorliegenden Fall um einen von der Beklagten durchgeführten Leistungsmissbrauch zulasten der Versichertengemeinschaft. Sie habe auch nicht gegen das Beschleunigungsgebot verstoßen. Die Mindestangaben nach § 301 SGB V hätten nicht ausgereicht, um die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung zu beurteilen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 19.10.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 3159,21 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 2% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.12.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, die Klägerin sei mit der Rückforderung ausgeschlossen, denn es sei nach Treu und Glauben nicht hinnehmbar, wenn sich eine Krankenkasse nach einer Rechnungserteilung ohne hinreichenden Grund für die medizinische Prüfung nach § 275 SGB V mehr als drei Jahre Zeit lasse. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe sie keine unvollständigen Angaben übermittelt. Ein Sonderfall, der die Übermittlung zusätzlicher Informationen erfordert hätte, habe nicht vorgelegen, vielmehr habe die Klägerin im Rahmen der Behandlung und Abrechnung alle erforderlichen Angaben erhalten.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der die Behandlung des Versicherten im Jahr 2004 betreffenden Krankenakte verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

I. Die fristgerecht eingelegte Berufung ist auch sonst zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg, denn das Sozialgericht hat zu Unrecht die Klage abgewiesen. Die Klägerin kann von der Beklagten die Rückzahlung des für die Behandlung des Versicherten im Jahr 2004 geleisteten Betrages verlangen.

Die Klage ist zulässig. Die Klägerin verfolgt ihren Anspruch auf Rückzahlung des Betrages von 3.159,21 Euro, den sie für die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten im Jahr 2004 geleistet hat, zutreffend im Wege einer echten Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG), denn ebenso wie bei der Klage auf Zahlung von Behandlungskosten gegen eine Krankenkasse liegt ein Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis vor, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2002 - B 3 KR 64/01 R, juris Rdn. 13). Dass die Klägerin zunächst Widerklage in dem Verfahren auf Zahlung der Vergütung für die stationäre Behandlung im Jahr 2008 erhoben hat, ist prozessual nach der vom Sozialgericht vorgenommenen Trennung ohne Bedeutung (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 100 Rdn. 7 m.w.N.).

II. Der Klägerin steht wegen der im Jahr 2004 durchgeführten stationären Behandlung des Versicherten in der Klinik für Manuelle Therapie ein Erstattungsanspruch zu, denn eine stationäre Behandlung war nicht erforderlich, so dass die Klägerin den Rechnungsbetrag von 3.1059,21 Euro zu Unrecht gezahlt hat (dazu 1.). Dieser Erstattungsanspruch ist nicht verjährt oder verwirkt (dazu 2.).

Die Forderung der Klägerin stützt sich auf den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, nach dem Leistungen, die auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts ohne Rechtsgrund erbracht worden sind, zu erstatten sind. Ein solcher Erstattungsanspruch kommt im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Abrechnungsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern in Betracht, wenn Zahlungen zur Erfüllung einer tatsächlich nicht bestehenden Verbindlichkeit erbracht worden sind (BSG, Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R, juris Rdn. 15 ff.; Senat, Urteil vom 22.11.2012 - L 16 KR 600/11, juris Rdn. 46).

1. Der Beklagten stand wegen der vom 09.08. bis 20.08.2004 durchgeführten Behandlung des Versicherten kein Vergütungsanspruch zu, denn eine stationäre Krankenhausbehandlung war nicht erforderlich. Auf der Grundlage von § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntG), § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) entsteht der Vergütungsanspruch eines zugelassenen Krankenhauses und die korrespondierende Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, sofern die Behandlung im Krankenhaus im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht auf andere Weise, etwa durch ambulante oder teilstationäre Behandlung erreicht werden kann. Ob die notwendige medizinische Versorgung nur mit den besonderen Mitteln des Krankenhauses durchgeführt werden kann, ist anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles zu beurteilen. Die Notwendigkeit einer stationären Behandlung ist auch dann vollständig zu überprüfen, wenn die Leistungspflicht für einen zurückliegenden Zeitraum bestritten wird (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/08 KR R, juris Rn. 22).

a) Nach der vom Sozialgericht durchgeführten Beweisaufnahme war eine Krankenhausbehandlung nicht erforderlich. Der Sachverständige Dr. T. hat in seinem Gutachten vom 18.04.2012 ausgeführt, auch aus der ex-ante-Perspektive sei nicht erkennbar, dass eine notwendige medizinische Behandlung ausschließlich mit den Mitteln eines Krankenhauses erforderlich gewesen sei. Eine spezifische, an den Leitlinien der zuständigen Fachgesellschaft orientierte ärztliche Therapie sei nicht erkennbar. Für sämtliche Behandlungsmaßnahmen sei eine teilstationäre, ggfls. stationäre Rehabilitationsbehandlung ausreichend und sinnvoll gewesen. Die durchgeführten Therapiemaßnahmen, insbesondere Manualtherapie und Osteopathie, stünden in der Bundesrepublik im ambulanten Bereich ausreichend zur Verfügung. Eine stationäre Aufnahme und Behandlung sei hierfür nicht erforderlich gewesen. Es sei auch nicht erkennbar, dass eine besondere ärztliche Kontrolldichte geboten gewesen sei, denn die verantwortliche und unmittelbare Mitwirkung der Ärzte habe nicht im Vordergrund der Behandlung gestanden. Ebenso wenig lasse sich feststellen, dass den durchgeführten Maßnahmen ein von Krankenhausärzten erstellter, laufend fortgeschriebener und überwachter Heilplan zugrunde gelegen habe. Eine spezifisch neurologische Behandlung des bei dem Versicherten vorliegenden neurologischen Krankheitsbildes sei mangels neurologisch ausgebildeter Ärzte in der Klinik der Beklagten nicht möglich gewesen. Weder seien eine ausreichende neurologische Untersuchung noch eine gezielte neurologische Therapie erkennbar und ausreichend dokumentiert.

Diese Beurteilung des Sachverständigen stimmt mit der Beurteilung des MDK in den Gutachten vom 19.02.2009 und 18.05.2010 überein, in denen der MDK zu dem Ergebnis gelangt ist, die Behandlung sei rein rehabilitativ mit dem Ziel der Harmonisierung des Gangbildes gewesen; ein akut stationärer Behandlungsbedarf habe nicht bestanden. Fundierte Einwendungen gegen die Beurteilung des Sachverständigen hat die Beklagte nicht erhoben, insbesondere hat sie nicht dargelegt, inwiefern seine Einschätzung, dass die ärztliche Mitwirkung nicht im Vordergrund der Behandlung gestanden habe, nicht zutrifft. Sie hat auch keine Einwendungen gegen die Aussage des Sachverständigen erhoben, dass im Falle des Versicherten keine Befunde dokumentiert seien, die auf eine besondere Verschlechterung seines Zustandes hindeuteten, die im fraglichen Zeitraum eine stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich gemacht hätten; ebenso wenig hat sie seinem Hinweis widersprochen, bei dem vorliegenden Krankheitsbild werde typischerweise die Behandlung in neurologischen Rehabilitationskliniken durchgeführt. Soweit die Beklagte erstinstanzlich beantragt hat, den damals behandelnden Oberarzt als Zeugen zur stationären Behandlungsbedürftigkeit zu hören, ist unabhängig davon, dass sie diesen Beweisantrag im Berufungsverfahren nicht wiederholt hat, darauf hinzuweisen, dass das Zeugnis des behandelnden Arztes zur Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung grundsätzlich ein ungeeignetes Beweismittel ist. Der behandelnde Arzt kann als (sachverständiger) Zeuge nur zu Tatsachen gehört werden, deren Wahrnehmung ihm aufgrund seiner Sachkunde möglich war. Dagegen obliegt die Bewertung, ob sich aus diesen Tatsachen die medizinische Notwendigkeit stationärer Behandlung herleiten lässt, allein dem gerichtlich bestellten Sachverständigen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 09.07.2009 - 10 U 959/08, NJW - RR 2010, 41). Der Oberarzt hätte somit allenfalls dazu gehört werden können, dass im vorliegenden Fall Befunde vorlagen oder Behandlungsmaßnahmen durchgeführt worden sind, die der Sachverständige (mangels Dokumentation) in seinem Gutachten nicht berücksichtigt hat. Dass hat aber die Beklagte selbst nicht behauptet, sie hat zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, die vorliegende Dokumentation gebe den medizinischen Sachverhalt nicht vollständig wieder.

Auf der Grundlage der Behandlungsunterlagen ist die Beurteilung des Sachverständigen nachvollziehbar und plausibel, so dass der Senat keine Bedenken hat, seiner Beurteilung zu folgen. Seine Ausführungen zur fehlenden intensiven ärztlichen Mitwirkung während der streitigen Behandlung und einer eher rehabilitativ ausgerichteten therapeutischen Versorgung solcher Krankheitsbilder lassen schon Zweifel aufkommen, ob überhaupt die erbrachten Leistungen als stationäre Krankenhausbehandlung zu qualifizieren sind (zur Abgrenzung zwischen Krankenhausbehandlung und Rehabilitation nach der Intensität der ärztlichen Tätigkeit und den verfolgten Behandlungszielen vgl. BSG, Urteil vom 10.04.2008 - B 3 KR 14/02 R, juris Rdn. 19 f.). Der Senat kann diese Frage aber offenlassen, da jedenfalls die Erforderlichkeit einer stationären Krankenhausbehandlung zu verneinen ist. Vielmehr wären nach der Beurteilung des Sachverständigen ambulante Behandlungsmaßnahmen, ggfls. wegen der Therapiedichte teilstationäre oder stationäre Rehabilitationsbehandlungen (optimal in einer neurologischen Rehabilitationsklinik mit gleichzeitiger Abteilung für Orthopädie) indiziert gewesen. Mangels Erforderlichkeit einer stationären Krankenhausbehandlung bestand somit für die vom 09.08. bis 20.08.2004 durchgeführte Behandlung in der Klinik der Beklagten kein Vergütungsanspruch, so dass die Klägerin die in Rechnung gestellten Kosten zu Unrecht beglichen hat.

b) Die Einwendungen der Beklagten gegen die Kompetenz des Sachverständigen greifen nicht durch. Es war keineswegs geboten, einen Arzt mit "Erfahrung in der medizinischen Ausrichtung der Klinik für Manuelle Therapie" zu beauftragen. Soweit sich die Beklagte für diese Forderung auf das Urteil des BSG vom 10.04.2008 - B 3 KR 14/07 R, juris Rn. 38 beruft, übersieht sie, dass vorrangig der gerichtliche Sachverständige auf dem zu beurteilenden medizinischen Fachgebiet ausgewiesen sein muss. Da bei dem Versicherten mit der infantilen Cerebralparese ein neurologisches Krankheitsbild vorliegt, ist Dr. T. als Facharzt für Neurologie sehr wohl kompetent, die Behandlung dieses Krankheitsbildes zu beurteilen (wohingegen es eher zweifelhaft erscheint, worin die Kompetenz einer "Spezialklinik für Rheuma-, Wirbelsäulen- und Gelenkleiden" für die Behandlung einer neurologischen Erkrankung begründet liegt). Der Sachverständige hat auch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19.06.2012 überzeugend seine Erfahrung mit akut-medizinischen Behandlungsmaßnahmen begründet und zudem darauf hingewiesen, dass die Übergänge zwischen Akut-Medizin und rehabilitativer Medizin in der Neurologie fließend sind, so dass er bei seiner Tätigkeit als Chefarzt einer neurologischen Rehabilitationsklinik auch akut-medizinischer Erfahrung bedarf. Da vorliegend die Frage einer primären Fehlbelegung und nicht die ordnungsgemäße Abrechnung der durchgeführten Behandlung streitig ist, ist irrelevant, ob der Sachverständige Erfahrung mit dem Abrechnungssystem nach Fallpauschalen (DRG) hat.

c) Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ist die Verwertung des auf die Behandlungsunterlagen gestützten Gutachtens von Dr. T. nicht entsprechend § 275 Abs. 1 c SGB V ausgeschlossen. Nach dieser zum 01.04.2007 eingeführten Vorschrift ist das Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Satz 1 SGB V spätestens 6 Wochen nach Eingang der Abrechnung des Krankenhauses einzuleiten: Bei Versäumung der Frist ist nach der Rechtsprechung des BSG zwar die Krankenkasse nicht grundsätzlich mit Einwendungen ausgeschlossen, die Rechnungskontrolle ist aber beschränkt auf die nach § 301 SGB V und ggfls. ergänzend nach einer landesvertraglichen Regelung übermittelten Daten des Krankenhauses, während eine weitere medizinische Sachverhaltsaufklärung durch den MDK nicht mehr möglich ist. Diese Ausschlusswirkung soll sich in das sozialgerichtliche Verfahren "verlängern" und zur Begrenzung der Amtsermittlungspflicht führen. Im Klageverfahren soll keine weitere medizinische Sachverhaltsermittlung durch Beiziehung der Behandlungsunterlagen oder sonstiger Sozialdaten mehr erfolgen dürfen; Beweisergebnisse, die auf gleichwohl vorgenommenen Ermittlungen beruhen, dürfen nicht verwertet werden (grundlegend: BSG, Urteil vom 16.05.2012 - B 3 KR 14/11 R, juris Rdn. 22 ff.; zustimmend BSG, Urteil vom 14.11.2012 - B 1 KR 14/12 R. juris Rdn. 28). Diese Begrenzung der Amtsermittlungspflicht greift hier aber nicht ein, denn - wie auch das Sozialgerichtlich nicht verkennt - die genannte Vorschrift galt noch nicht im Zeitpunkt der streitigen Behandlung. Sie kann aber auch nicht entsprechend angewandt werden. Das Sozialgericht nimmt unzutreffend an, § 275 Abs. 1c SGB V habe nur einen schon vor dem Inkrafttreten der Vorschrift geltenden "Beschleunigungsgrundsatz" konkretisiert, so dass auch schon für Rechnungsüberprüfungen vor Inkrafttreten der Vorschrift die genannten Beschränkungen gelten würden. Das BSG hat vielmehr ausdrücklich die Anwendung der Ausschlussfrist auf vor Inkrafttreten abgeschlossene Behandlungsfälle abgelehnt, weil sich eine Rückwirkung auch nicht im Sinne einer Klarstellung einer bereits geltenden Rechtslage begründen lasse (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/08 KR R, juris Rdn. 7; s. auch BSG, Urteil vom 16.05.2013 - B 3 KR 32/12 R, juris Rdn. 27).

2. Der Erstattungsanspruch ist weder verjährt (dazu a.)) noch verwirkt (dazu b.)).

a.) Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch unterliegt einer vierjährigen Verjährungsfrist, deren Lauf mit Ablauf des Jahres beginnt, in dem er entstanden ist (BSG, Urteil vom 28.09.2006 - B 3 KR 20/05 R, juris Rdn. 11). Die Klägerin hat noch vor Ablauf der demnach am 31.12.2008 endenden Verjährungsfrist Widerklage erhoben, so dass nach § 45 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) i.V.m. § 204 Abs. 1 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Verjährung gehemmt ist. Soweit die Beklagte die Frage nach der Verjährung des Anspruchs auf Herausgabe der Behandlungsunterlagen aufgeworfen hat, kommt es darauf schon deshalb nicht an, weil sie diese zur Verfügung gestellt hat, ohne sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Im Übrigen umfasst die Verjährungshemmung auch den Anspruch auf Vorlage der Behandlungsunterlagen, der als Hilfsanspruch verjährungsrechtlich das gleiche Schicksal wie der Erstattungsanspruch als Hauptanspruch hat (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2007 - B 3 KR 12/06 R, juris Rdn. 25), so dass die Vorlage der Behandlungsunterlagen auch noch nach dem 31.12.2008 verlangt werden konnte.

b.) Der Erstattungsanspruch der Klägerin ist auch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und aufgrund besonderer Umstände die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) erscheinen lassen (Umstandsmoment). Der Verpflichtete muss bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen dürfen, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde und er muss sich im Vertrauen auf dieses Verhalten so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (vgl. nur Roth/Schubert in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 242 Rdn. 336 mit Nachweisen der Rechtsprechung).

aa) Hier fehlt es bereits an einem Verwirkungsverhalten der Klägerin. Die bloße vorbehaltlose Zahlung der Rechnung reicht für die Begründung von Vertrauensschutz nicht aus, denn nach § 15 Abs. 4 Satz 1 des in Nordrhein-Westfalen anzuwendenden Sicherstellungsvertrages nach § 112 Abs. 2 Satz 1 SGB V können Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht werden. Somit besteht nach der vertraglichen Regelung die Möglichkeit einer Rückforderung auch nach Begleichung der Rechnung. Der Vertrag ist zwar gekündigt, die Vertragspartner haben sich aber darauf verständigt, den Vertrag bis zu einer Neuregelung weiter zu praktizieren. Ein neuer Vertrag ist bislang nicht zustande gekommen, so dass der gekündigte Vertrag weiter anzuwenden ist.

Ebenso wenig ist von Bedeutung, dass die Klägerin in den Folgejahren bis einschließlich 2007 die Kosten für vergleichbare stationäre Behandlungen übernommen hat. Da für jeden stationären Aufenthalt die Erforderlichkeit gesondert zu beurteilen ist, kann bei objektiver Betrachtung nicht aus der Bezahlung von in den Jahren 2005 bis 2007 durchgeführten Behandlungen die berechtigte Erwartung erwachsen, die Erforderlichkeit einer zeitlich früheren stationären Behandlung werde dadurch nicht mehr in Frage gestellt. Die Klägerin hat auch sonst nicht zu erkennen gegeben, sie werde wegen der streitigen Behandlung keine Ansprüche gegen die Beklagte stellen. Vielmehr ist die Klägerin lediglich untätig geblieben, und hat den Fall erst im Zusammenhang mit der Beantragung einer weiteren Behandlung im Jahre 2008 aufgegriffen, als die ihr vom Versicherten überlassenen Entlassungsberichte Anlass gaben, die Erforderlichkeit der jeweils durchgeführten stationären Behandlungen zu überprüfen. Der bloße Zeitablauf allein genügt aber nicht, um die Ausübung eines Rechts für unzulässig anzusehen (BSG, Urteil vom 13.11.2012 -B 1 KR 24/11 R, juris Rdn. 38). Dafür dass hier ausnahmsweise das Unterlassen zur Verwirkung führen könnte, weil die Beklagte das "Nichtstun" der Klägerin als bewusst und planmäßig erachten durfte (vgl. dazu BSG, Urteil vom 19.06.1980 - 7 RAr 14/79 m.w.N.) ist nichts ersichtlich. Vor allem ist zu berücksichtigen, dass grundsätzlich bei Eingreifen einer kurzen (hier vierjährigen) Verjährungsfrist deren weitere Verkürzung durch Verwirkung das Vorliegen ganz besonderer Umstände voraussetzt (BGH, Urteil vom 29.01.2013 - EnZR 16/12, juris Rdn. 13; Urteil vom 11.10.2012 - VII ZR 10/11, juris Rdn. 20). Für die Annahme solcher besonderen Umstände fehlt es an jeglicher Grundlage.

bb) Soweit sich die Beklagte zur Begründung der Verwirkung auf den Beschluss des 3. Senats des BSG vom 30.04.2013 (B 3 KR 7/13 B, BeckRS 2013, 69329) bezieht, übersieht sie, dass die diesbezüglichen Ausführungen des 3. Senats (a.a.O., Rn. 10) im Zusammenhang mit dem Vorwurf des Fehlens einer ordnungsgemäßen Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde stehen. Der 3. Senat führt dort aus, zur Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage (Verjährungshemmung durch die Prüfung des MDK entsprechend § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB) hätte mit Blick auf die Rechtsprechung des BSG zur Begrenzung der Nachforderung von Krankenhäusern (zuletzt Urteile vom 13.11.2012 - B 1 KR 61/12 R und 22.11.2012 - B 3 KR 1/12 R) eine mögliche Verwirkung des Erstattungsanspruchs erörtert werden müssen. Dem Beschluss kann also keineswegs der Rechtssatz entnommen werden, dass Krankenkassen nicht innerhalb der Verjährungsfrist bereits bezahlte Rechnungen zur Überprüfung stellen dürfen.

cc) Sollte in dem genannten Beschluss zum Ausdruck gebracht werden, dass der 3. Senat des BSG in Anlehnung an die Rechtsprechung zur zeitlichen Begrenzung der Nachforderungen von Krankenhäusern meint, Krankenkassen dürften nach dem "Prinzip der Waffengleichheit" Abrechnungen eines Krankenhauses nach Ablauf eines vollen Geschäftsjahres nicht mehr überprüfen (worauf auch der Terminbericht 39/13 vom 19.09.2013 zu 2) und 3) hindeuten könnte), könnte dem der Senat nicht folgen.

(1) Bereits in seinem Urteil vom 22.11.2012 (L 16 KR 600/11, Revision anhängig unter B 1 KR 2/13 R) hat der Senat die Annahme einer Verwirkung wegen verspäteter Überprüfung jedenfalls in Fällen der Prüfung der Ordnungsgemäßheit der Abrechnung abgelehnt.

Auch der 3. Senat des BSG ist in seinem Urteil vom 28.09.2006 (B 3 KR 20/05 R) noch ohne Weiteres davon ausgegangen, dass innerhalb der Verjährungsfrist auch bei vorbehaltloser Bezahlung der Schlussrechnung wegen einer zu Unrecht abgerechneten Fallpauschale ein Erstattungsanspruch gegeben ist. Im damaligen Fall hatte die klagende Krankenkasse den Erstattungsanspruch erst nach mehr als vier Jahren nach Abschluss der Behandlung geltend gemacht und ihre Klage kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist erhoben. Der 3. Senat hat sich in dem genannten Urteil lediglich mit der (von ihm bejahten) Frage befasst, ob auch eine unspezifizierte Klage die Verjährung gehemmt (nach damaligen Recht unterbrochen) habe; die Möglichkeit einer Verwirkung hat er ersichtlich nicht in Betracht gezogen. Das jetzt im Beschluss vom 30.4.2013 (a.a.O.) postulierte "systembedingte Beschleunigungsgebot", das angeblich schon vor Inkrafttreten des § 275 Abs. 1c SGB V gegolten habe, und zur Verwirkung eines verspätet geltend gemachten Erstattungsanspruchs führen soll, hat er seinerzeit offensichtlich nicht für relevant erachtet. Ebenso hat er in seinem Urteil vom 28.02.2007 (B 3 KR 12/06 R), in dem eine im Jahr 2000 durchgeführte Behandlung im August 2002 einer Prüfung unterzogen werden sollte, den Einwand einer verspäteten Einleitung des Prüfungsverfahrens zurückgewiesen (juris Rdn. 18 ff.). Soweit er in diesem Zusammenhang darauf abgestellt hat, es habe sich nur um die Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung und nicht die Prüfung von Notwendigkeit und Dauer gehandelt, bei der es im Gegensatz zu den letztgenannten Fällen auf das "frische Erinnerungsvermögen der behandelnden Ärzte" nicht ankomme, hat es sich ersichtlich nicht um ein tragendes Argument gehandelt, denn auch für die Prüfung einer primären oder sekundären Fehlbelegung soll ein Ausschluss des Prüfungsrechts nach § 242 BGB nach dieser Entscheidung nur greifen, wenn die Krankenkasse die zeitnahe Prüfung "in gravierender Weise" unterlassen hat (a.a.O., juris Rdn. 19). Ohnehin dürften unterschiedliche Maßstäbe bezüglich einer Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung und einer Prüfung von Notwendigkeit und Dauer im Licht des (später ergangenen) Beschlusses des Großen Senates des BSG (Beschluss vom 25.09.2009 - GS 1/06) nicht mehr in Betracht kommen (vgl. Urteil des 1. Senats des BSG vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/08 KR R, juris Rdn. 35).

(2) Durch die Rechtsprechung des BSG zur Begrenzung der Nachforderung von Krankenhäusern (zuletzt Urteile vom 13.11.2012 - B1 KR 61/12 R und 22.11.2012 -B 3 KR 1/12 R) hat sich im Vergleich zu den genannten Entscheidungen keine neue Lage ergeben. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass sich in Anbetracht dieser Rechtsprechung die Frage "aufdrängen" solle, warum nicht die Krankenkassen in gleicher Weise nach Abschluss eines Geschäftsjahres mit Überprüfungen ausgeschlossen sein sollen. Unabhängig davon, ob überhaupt Zeitgrenzen für die Nachforderung von Krankenhäusern sachlich begründbar sind (vgl. dazu Knispel, NZS 2013, 685, 689 f) beruht die Rechtsprechung des BSG zur Beschränkung von Rechnungskorrekturen durch Krankenhäuser auf dem Gesichtspunkt, dass den Krankenhäusern alle erforderlichen Informationen für eine ordnungsgemäße Abrechnung vorliegen und von ihnen daher eine den tatsächlichen Umständen entsprechende Abrechnung erwartet werden kann. Andererseits benötigten die Krankenkassen für die Kalkulation des Ausgabevolumens tragfähige Berechnungsunterlagen und müssten sich daher auf die Endgültigkeit einer Schlussrechnung verlassen können (so BSG, Urteil vom 08.09.2009 - B 1 KR 11/09 R, juris Rdn. 17). Ferner sollen die Krankenkassen darauf vertrauen können, dass die Erteilung der Schlussrechnung grundsätzlich auf den endgültigen Abschluss des Abrechnungsverfahrens gerichtet ist und nicht ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand für eine erneute Überprüfung im Falle einer Nachforderung anfällt (so BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 12/08 R, juris Rdn. 13). Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung ist somit, dass den Krankenhäusern die erforderlichen Informationen für eine zeitnahe ordnungsgemäße Abrechnung vorliegen, so dass es ihnen (in Grenzen) zugemutet werden kann, auf einen Teil der Vergütung verzichten zu müssen, wenn sie fehlerhaft bei der Schlussrechnung nicht alle abrechnungserheblichen Informationen verwendet haben. Eine vergleichbare Situation liegt aber bei der Überprüfung von Krankenhausrechnungen durch die Krankenkassen nicht vor (darauf weist schon der 1. Senat des BSG, a.a.O., hin). Die ihnen routinemäßig übermittelten Daten nach § 301 SGB V und die Angaben in der Schlussrechnung reichen nicht aus, um ihnen die unverzügliche Überprüfung der Erforderlichkeit der durchgeführten Behandlungen zu ermöglichen. Die Klägerin hat zu Recht darauf hingewiesen, die mitgeteilten Diagnosen und die Abrechnungen seien in sich schlüssig gewesen und hätten keinen Ansatzpunkt für eine Falschabrechnung aufgezeigt, so dass für sie seinerzeit keine Veranlassung bestanden habe, den MDK einzuschalten. Weitere Informationen über die Behandlung im Jahr 2004 hat die Klägerin erst im Jahr 2008 erlangt, erst nach Vorlage des Entlassungsberichts vom13.09.2004 konnte sich für die Klägerin die Frage nach der Erforderlichkeit der hier streitigen Behandlung stellen. Eine Begrenzung des Zeitraums für Rückforderungen der Krankenkassen nach dem "Prinzip der Waffengleichheit" lässt sich nicht begründen. Die ohne Anknüpfungspunkt im Gesetzeswortlaut entwickelte Metapher der "Waffengleichheit" hält der Senat bislang weder für systematisch zwingend, noch vor dem Hintergrund des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebots, das auch für Richterrecht gelten muss, für hinreichend konturiert. Diese Rechtsfigur fußt offenbar auf der Annahme einer Vergleichbarkeit der Situation von Krankenkassen und Krankenhäusern in ihrer Eigenschaft als (Rück)Forderungsgläubiger. Jedenfalls in der hier zu entscheidenden Konstellation kann davon aber, wie dargelegt, nicht die Rede sein. Daher ist die genannte Metapher jedenfalls hier ungeeignet, das Prüfungsrecht der Krankenkassen über die - erst seit dem 01.04.2007 bestehende - gesetzliche Beschränkung in § 275 Abs. 1c SGB V hinaus weiter zu beschneiden.

(3) Eine solche Beschränkung wäre auch kaum mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs. 1 SGB V) vereinbar, das durch das Prüf- und Beanstandungsrecht der Krankenkassen konkretisiert wird. Der 1. Senat des BSG hat ausdrücklich betont, eine Verpflichtung der Krankenkassen zu rechtsgrundlosen Zahlungen an Krankenhäuser sei mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot unvereinbar (Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 27/11 R, juris Rdn. 34). Eine Beschränkung des Prüfungsrechts der Krankenkassen jenseits der gesetzlich geregelten Fälle bedeutet aber, dass die Krankenkassen nicht erforderliche Behandlungen bezahlen müssen. Wenn vor diesem Hintergrund der 1. Senat es für unzulässig angesehen hat, dass in Verträgen nach § 112 Abs. 1 Satz 1 SGB V die Vertragspartner vertragliche Ausschlussfristen für Rechnungsprüfungen vereinbaren, obwohl sie ausdrücklich zur Regelung der Abrechnung der Entgelte (Nr. 1 lit. b) und der Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung (Nr. 2) ermächtigt sind, erscheint es fernliegend, dass es mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot vereinbar wäre, wenn man die Befugnis der Krankenkassen zur Prüfung von Krankenhausrechnungen beschränken und damit die (Verjährungs-)Frist für Erstattungsansprüche wegen zu Unrecht gezahlter Krankenhausrechnungen durch Verwirkung kürzen würde.

Der Anspruch auf Prozesszinsen ergibt sich aus § 291 BGB i.V.m. § 288 Abs. 1 BGB. Der Zinsanspruch beginnt am 18.12.2008, da mit dem Eingang der Klage bei dem Sozialgericht Dortmund an diesem Tag die Rechtshängigkeit (§§ 94, 90 SGG) eingetreten ist. Entsprechend § 15 Abs. 1 Satz 3 des Sicherstellungsvertrages nach § 112 Abs. 2 Satz 1 SGB V besteht der Zinsanspruch in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (Senat, Urteil vom 20.11.2012 - L 16 KR 600/11, juris Rn. 69).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).

Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, da er eine höchstrichterliche Klärung der Frage der Beschränkung des Prüfungsrechts der Krankenkassen für erforderlich hält.
Rechtskraft
Aus
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