L 20 AS 39/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
20
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 31 AS 294/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 AS 39/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 55/10 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wir nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit stehen Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

Der 1970 geborene Kläger beantragte erstmals am 13.05.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Bis zum 26.05.2005 stand er im Bezug von Arbeitslosengeld I. Zudem erhielt er - zumindest bis Ende 2004 - Wohngeldleistungen.

Bei Antragstellung verneinte der Kläger - wie auch in Anträgen auf Fortzahlung der Leistungen vom 27.10.2005 und 19.04.2006 - das Vorhandensein von Vermögen. Ihm wurden daraufhin bis einschließlich November 2006 Leistungen ohne Berücksichtigung von Vermögen bewilligt.

Aufgrund eines Datenabgleichs gemäß § 52 SGB II (Abgleichszeitraum 3. Quartal 2005) beim Bundesamt für Finanzen erhielt die Beklagte Kenntnis von dem Umstand, dass der Kläger im Jahr 2004 aus Vermögen bei der (früheren) D AG Kapitaleinkünfte in Höhe von 158,00 EUR erzielt hatte.

Mit Schreiben vom 14.02.2006 (Aufforderung zur Mitwirkung nach § 60 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I)) forderte die Beklagte den Kläger unter anderem auf, Art und Höhe von Vermögen sowie Kapitalerträgen für das Jahr 2005 zu belegen. Sofern das Vermögen nicht mehr vorhanden sei, werde um Vorlage entsprechender Unterlagen über die Auflösung und weitere Verwertung erbeten. Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 20.02.2006, er verfüge aktuell über ein Vermögen von 10 EUR zuzüglich Hausrat und gekauften Lebensmitteln, deren Wert er auf circa 35 EUR schätze. Nach Mai 2005 habe er keine Kapitalerträge erzielt. Zu Kapitalerträgen im Jahre 2004 werde er sich nicht äußern, da er in diesem Jahr keine Sozialleistungen bezogen habe. Sofern er jemals Vermögen besessen habe, habe er dies zur Tilgung von Schulden, Anschaffung von Hausrat und zur Lebenshaltung verwendet. Dabei handele es sich um eine Vielzahl kleiner Einzelposten, die er im Einzelnen nicht nachweisen könne.

Die Beklagte forderte den Kläger nachfolgend auf, Nachweise über dessen Vermögen an den Stichtagen 30.06.2004, 31.12.2004 sowie 13.05.2005 vorzulegen. Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 06.03.2006, er habe an den genannten Stichtagen kein Vermögen bei der D AG gehabt. Mit Schreiben vom 07.04.2006 teilte er mit, es sei logisch unmöglich, die geforderten Nachweise beizubringen. Seines Wissens habe im Jahr 2004 und später kein Unternehmen mit dem Namen "D AG" existiert. Aus diesem Grund könne er dort auch kein Vermögen gehabt haben. Offensichtlich habe das Bundesamt für Finanzen falsche Daten mitgeteilt. Der Kläger übermittelte eine Antwort-E-Mail der Deutschen Bundesbank, ausweislich derer die D AG mit Sitz in O zum 30.09.2003 ihre Erlaubnisse zurückgegeben und ihre Geschäftstätigkeit eingestellt habe.

Das Sozialgericht (SG) Dortmund wies den Kläger in einem gegen die zwischenzeitliche Zahlungseinstellung von bis zum 31.05.2006 bewilligten Leistungen gerichteten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes darauf hin, dass "bei summarischer Prüfung das Ansinnen der Antragsgegnerin, vom Antragsteller die Höhe der früheren Vermögens beziffert und belegt sowie den Verbrauch des Vermögens belegt zu erhalten, berechtigt erscheint."

Auf einen neuerlichen Antrag auf Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 24.10.2006 forderte die Beklagte den Kläger unter Hinweis auf § 60 SGB I mit Schreiben vom 23.11.2006 erneut auf, Nachweise über die Höhe und Verwendung des vormals vorhandenen Vermögens bei der D AG zu führen. Mit Schreiben vom 24.11.2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, im Rahmen eines weiteren Datenabgleichs sei festgestellt worden, dass für das Meldejahr 2005 Kapitalerträge in Höhe von 84 EUR bei dem Kreditinstitut D1 in O erzielt worden seien. Nachweise über die Höhe des Vermögens sowie die Höhe des erzielten Kapitalertrags seien bis spätestens 11.12.2006 vorzulegen. Die Beklagte wies auf die Folgen fehlender Mitwirkung gemäß § 66 SGB I hin.

Mit "Versagungs-/Entziehungsbescheid nach § 66 SGB I" vom 11.12.2006 "entzog" die Beklagte dem Kläger Leistungen ab 01.12.2006. Zur Begründung führte sie aus, Nachweise über vormals vorhandenes Vermögen seien trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vorgelegt worden. Dadurch sei der Kläger seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und habe die Aufklärung des Sachverhaltes erheblich erschwert. Die Anspruchsvoraussetzungen könnten deshalb nicht geprüft werden. Grundlage für diese Entscheidung seien die §§ 60 und 66 SGB I.

Im Rahmen des nachfolgenden Widerspruchverfahrens wies der Kläger zunächst darauf hin, die von der Beklagten genannten Unternehmen gebe es nicht. Mit E-Mail vom 08.01.2007 fragte er nach, ob ggf. die D1 S.A. gemeint sei.

Mit Beschluss vom 02.03.2007 (L 1 B 2/07 AS ER) verpflichtete das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen (NRW) die Beklagte im Wege einstweiliger Anordnung, dem Kläger für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.03.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 276 EUR (80 % der Regelleistung) sowie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 277,35 EUR zu gewähren. In dem Beschluss ist ausgeführt, es werde nicht verkannt, dass der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin die gebotene Mitwirkung habe vermissen lassen. Auch wenn sich der Wert des Depots am 18.02.2005 auf 5.001,57 EUR belaufen habe und damit unter dem für den Antragsteller einschlägigen Freibetrag gelegen habe, lasse sich nicht ausschließen, dass er auch aktuell noch über ein Vermögen verfüge, das den Freibetrag überschreite. Der Senat gehe davon aus, dass es dem Antragsteller bei Verstärkung seiner Bemühungen gelingen werde, die für eine abschließende Bewilligung erforderlichen Informationen vollständig zur Verfügung zu stellen.

In diesem Verfahren wurde durch Beiziehung von Akten des Verwaltungsgerichts Arnsberg (xxx) festgestellt, dass der Depotwert im Jahr 2004 15.381,54 EUR und am 18.02.2005 5001,57 EUR betragen habe. Der Kläger hatte hinsichtlich der Differenz angegeben, er sei im November 2004 umgezogen und habe Möbel angeschafft und Außenstände beglichen.

Der Kläger vertrat gegenüber der Beklagten nachfolgend die Auffassung, seine Weigerungshaltung sei gemäß § 65 Abs. 3 SGB I gerechtfertigt.

Am 16.05.2007 und am 24.05.2007 stellte der Kläger weitere Anträge auf Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, die die Beklagte mit Bescheid vom 04.06.2007 ablehnte, da die Hilfebedürftigkeit des Klägers nicht nachgewiesen sei. Hiergegen wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 18.06.2007. Die Beklagte forderte ihn unter dem 28.06.2007 erneut auf, Nachweise darüber vorzulegen, ob und wann das vormals bestehende Aktiendepot aufgelöst worden, wann und in welcher Höhe eine Auszahlung erfolgt und inwiefern das Vermögen verbraucht sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 11.12.2006 zurück. Die Leistungen seien zu Recht wegen fehlender Mitwirkung versagt worden. Soweit eine Ermessensentscheidung erforderlich gewesen sei, habe eine andere als die getroffene Entscheidung nicht erfolgen können, da wegen fehlender Mitwirkung über den Antrag nicht habe entschieden werden können.

Mit Beschluss vom 26.09.2007 wies das LSG NRW (L 19 B 127/07 AS ER) eine gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes durch das SG gerichtete Beschwerde des Klägers mit der Begründung zurück, die Einkommens- und Vermögenssituation des Klägers sei nach wie vor ungeklärt. Dieser habe die vom Ersten Senat des LSG im Beschluss vom 02.03.2007 (a.a.O.) eingeräumte Zeitspanne wiederum ungenutzt verstreichen lassen. Angesichts des nachgewiesenen Depotwertes zumindest in der Zeit vor Beantragung von Leistungen nach dem SGB II, liege es am Kläger, den Verbleib bzw. Verbrauch des Vermögens zu erklären bzw. zu belegen. Die Erklärung des Klägers, er sei völlig mittellos und lebe von Straftaten wie Unterschlagung und Kreditbetrug, genüge nicht.

Mit Widerspruchbescheid vom 25.10.2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 04.06.2007 zurück.

Einen weiteren Fortzahlungsantrag vom 27.11.2007 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.12.2007 wegen nicht nachgewiesener Hilfebedürftigkeit des Klägers ab. Zur Begründung seines hiergegen gerichteten Widerspruchs führte der Kläger aus, er sei nicht verpflichtet, den Vermögensverbrauch nachzuweisen. Das tatsächliche Vermögen zum Zeitpunkt der Antragstellung habe er nachgewiesen. Einkünfte habe er keine.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2008 wies die Beklagte auch diesen Widerspruch des Klägers zurück.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 20.07.2007 hat der Kläger am 16.08.2007 Klage beim SG Dortmund erhoben (S 31 AS 294/07). Er hat die Auffassung vertreten, er habe alle erforderlichen Angaben bei Antragstellung gemacht und einen aktuellen Kontoauszug eingereicht. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit die Vermögensverhältnisse vor erstmaliger Antragstellung von Bedeutung sein könnten. Der Nachweis der Vermögenslosigkeit im Zeitpunkt der Antragstellung sei durch Vorlage der Kontoauszüge geführt. Er halte die Überprüfung seiner Vermögensverhältnisse in der Vergangenheit nicht für statthaft. Die durch Datenabgleiche gewonnenen Erkenntnisse seien nicht verwertbar. Die Datenabgleiche seien rechtswidrig und unter Verstoß gegen die Verfassung durchgeführt worden. Er sehe sich in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Umstände der Vergangenheit dürften nur insoweit herangezogen werden, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage des Anspruchstellers ermöglichten. Aus dem Umstand, dass er Krankenversicherungsbeiträge nicht bezahlt habe und seine Krankenkasse das Zwangsvollstreckungsverfahren gegen ihn eingeleitet habe, könne ersehen werden, dass er nicht über Vermögen verfüge. Eine bei ihm durch einen Gerichtsvollzieher durchgeführte Pfändung sei fruchtlos geblieben. Verpflichtungen gegenüber den Stadtwerken C GmbH sei er nicht nachgekommen. Vom Zeitpunkt der Antragstellung an habe sein gesamtes tatsächliche Vermögen stets weniger als 5.250 EUR betragen.

Gegen den Bescheid vom 04.06.2007 hat der Kläger am 08.10.2007 noch vor Erlass des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2007 Klage beim SG eingelegt (S 31 AS 390/07). Auch in diesem Verfahren hat er die Auffassung vertreten, er habe im Antragsformular alle erforderlichen Angaben gemacht. Seine Einkommens- und Vermögenssituation sei geklärt. Er sei in diesem Verfahren nicht zu weiterer Mitwirkung aufgefordert worden. Weitere Ermittlungen habe die Beklagte trotz der sie treffenden Verpflichtung zur Ermittlung von Amts wegen nicht angestrengt. Aus den Antragsunterlagen gehe hervor, dass er mittellos sei. Es überspanne seine Möglichkeiten, seine genauen Vermögensverhältnisse seit Januar 2004 darzulegen. Es sei lediglich in groben Zügen nachvollziehbar, wo er Geld erhalten habe, wo er Kredite aufgenommen und wofür er Geld ausgegeben habe. Unterlagen aus dieser Zeit seien vernichtet und ließen sich zumeist nicht wieder beschaffen. Viele Geschäfte des täglichen Lebens würden bar und ohne Belege abgewickelt. Es sei möglich, dass er durch die Offenbarung seiner Ein- und Ausgaben im Jahr 2004 eine ihm nahestehende Person mit einer Straftat belaste. Daher berufe er sich auf § 65 Abs. 3 SGB I. Der Kläger hat die Kopie eines Strafbefehls des Amtsgerichts C wegen Untreue in drei Fällen sowie versuchter Untreue übersandt. Dem Kläger war zur Last gelegt worden, als Vorstandsvorsitzender eines gemeinnützigen Vereins in den Monaten Mai, Juni und Juli 2007 Beträge vom Vereinskonto auf das Konto seines Vermieters zur Begleichung privater Mietschulden überwiesen zu haben.

Gegen den Bescheid vom 11.12.2007 hat der Kläger ebenfalls noch vor Erlass des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2008 Klage beim SG Dortmund erhoben (S 31 AS 489/07). Leistungen würden ihm allein aufgrund von Umständen der Vergangenheit verweigert. Die Beklagte scheine ihn lebenslang von Sozialleistungen ausschließen zu wollen, um just diese Umstände der Vergangenheit und nicht die gegenwärtige Bedarfslage zu ermitteln. Dies stelle eine vom Gesetz nicht gedeckte Bestrafung dar und widerspreche der Würde des Menschen und dem Sozialstaatsprinzip.

In der alle drei genannten Verfahren betreffenden mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Kläger erklärt, es sei schlichtweg unmöglich gewesen, bei D1 AG im Jahre 2004 ein Depot zu unterhalten, weil es diese Firma damals gar nicht mehr gegeben habe. Er wolle sich nicht dazu äußern, ob er woanders ein Depot gehabt habe. Er sei der Auffassung, dass sein Vermögen vor 2005 keine Bedeutung für die Streitsache habe. Auf die Frage des Vorsitzenden, wo die etwa 15.000 EUR verblieben seien, hat der Kläger ausgeführt, dazu könne er nach so langer Zeit nichts mehr sagen. Das sei zu lange her. Außerdem halte er die Erforschung und Ermittlung für unzulässig. Es gebe schließlich 1000 Gründe, warum sich Vermögensverhältnisse ändern könnten. Er wolle sich auch nicht dazu äußern, ob das Vermögen tatsächlich sein Eigentum gewesen sei oder nicht.

Der Kläger hat in dem Verfahren S 31 AS 294/07 erstinstanzlich beantragt,

den Bescheid vom 11.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für Dezember 2006 bis Mai 2007 Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen.

Der Kläger hat in dem Verfahren S 31 AS 390/07 erstinstanzlich beantragt,

den Bescheid vom 04.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für Juni bis November 2007 Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen.

Der Kläger hat in den Verfahren S 31 AS 489/07 erstinstanzlich beantragt,

den Bescheid vom 11.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit ab Dezember 2007 Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen.

Zudem hat der Kläger in den genannten Verfahren beantragt,

2. festzustellen, dass die Durchführung des Datenabgleichs für das Jahr 2004 rechtswidrig war und die gewonnenen Daten rechtswidrig verwendet wurden, kurz, dass die Erhebung, Speicherung, Verwendung, Weitergabe und die Bereithaltung zum Abruf der oben genannten Daten rechtswidrig war,

3. festzustellen, dass die Durchführung des Datenabgleichs für das Jahr 2005 rechtswidrig war und die gewonnenen Daten rechtswidrig verwendet wurden, kurz, dass die Erhebung, Speicherung, Verwendung, Weitergabe und Bereithaltung zum Abruf der oben genannten Daten rechtswidrig war,

4. festzustellen, dass die Daten aus dem Datenabgleich für die Jahre 2004 und 2005 von Amts wegen zu löschen sind,

5. die Beklagte zu verpflichten, die Verfassungsmäßigkeit des § 52 SGB II gemäß Art. 100 Grundgesetz vom Verfassungsgericht prüfen zu lassen,

6. die Beklagte zu verpflichten, für die Zukunft bei ihm einen Datenabgleich gemäß § 52 SGB II zu unterlassen,

7. festzustellen, dass Erkenntnisse über seine Vermögensverhältnisse aus dem Jahr 2004 für die Ermittlungen seiner Bedarfslagen im Jahr 2006, 2007, 2008 und darüber hinaus nicht erforderlich sind und waren und somit die Erhebung, Speicherung, Verwendung, Weitergabe und Bereithaltung zum Abrufe solche Daten rechtswidrig waren,

8. festzustellen, dass er getäuscht wurde, was die Erforderlichkeit der Erhebung von Vermögensverhältnissen aus dem Jahre 2004 anbelangt, und dass es sich dabei um ein Dienstvergehen handelt,

9. festzustellen, dass er zu keinem Zeitpunkt seine Mitwirkungspflichten verletzt habe, weder seine prozessualen Mitwirkungspflichten gemäß § 103 SGG noch seine Mitwirkungsverpflichtungen im Verwaltungsverfahren,

10. festzustellen, dass die Beklagte ihrer Ermittlungspflicht nicht nachgekommen ist, insbesondere für die Anträge aus Mai 2007 und November 2007, und dass es sich dabei um ein Dienstvergehen handelt,

11. festzustellen, dass die Beklagte bzw. der Staat seine verfassungsrechtliche Pflicht zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens verletzt hat, die aus dem gebotenen Schutz der Menschenwürde im Rahmen des Sozialstaatsgebots folgt, und

12. festzustellen, dass die Verweigerung der ihm zustehenden existenzsichernden Leistungen eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 europäische Menschenrechtskonvention darstellt.

Die Beklagte hat in den genannten Streitsachen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das SG hat im Verfahren S 31 AS 294/07 den Bescheid vom 11.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2007 mit Urteil vom 09.06.2008 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei der Entscheidung gemäß §§ 66 SGB I handele es sich um eine Ermessensentscheidung. Es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden Ermessen ausgeübt habe. Dies führe zur Aufhebung der Bescheide.

Das SG hat die Klagen im Übrigen mit Urteilen vom 09.06.2008 abgewiesen, da die Hilfebedürftigkeit des Klägers nicht nachgewiesen sei. Insbesondere sei nicht geklärt, ob der Kläger noch über Vermögen oberhalb der Freibeträge verfüge. Es stehe fest, dass der Kläger vor Beginn des erstmaligen Leistungsbezuges über Vermögen oberhalb der Freigrenzen verfügt habe. Ohne Angaben des Klägers sei nicht festzustellen, dass das Vermögen des Klägers im begehrten Leistungszeitraum unter die Freigrenzen gesunken sei. Es sei schlichtweg lebensfremd, dass der Kläger nicht hätte darlegen und belegen können, ob und inwieweit das Vermögen verbraucht worden sei. Diversen Beweisanträgen sei nicht nachzugehen gewesen, da die begehrte Beweiserhebung nicht hätte klären können, ob und in welchem Umfang der Kläger das Vermögen verbraucht habe und welche Einkünfte er tatsächlich habe. Hinsichtlich der Klageanträge zu 2ff. sei die Klage zumindest unbegründet. Der Kammer sei keine Anspruchsgrundlage für diese Klagebegehren ersichtlich. Im Übrigen habe die Kammer auch keinen Zweifel an der Verfassungsgemäßheit von § 52 SGB II.

Gegen die ihm am 05.07.2008 zugestellten Urteile richten sich die Berufungen des Klägers vom 12.07.2008.

Der Kläger hält an seiner Auffassung fest, dass sämtliche ihn betreffenden Daten für Zeiträume vor Antragstellung im Oktober/November 2006 illegal erlangt und deshalb im Verfahren nicht verwertbar seien. Er widerspreche der Speicherung, Verwendung und Übermittlung freiwillig zugänglich gemachter, nicht erforderlicher und illegal erlangter Daten. Seine Bedürftigkeit sei erwiesen. Wegen des Gegenwärtigkeitsprinzips sei maßgeblich das Einkommen und Vermögen zum Antragszeitpunkt. Der Obergerichtsvollzieher C aus C möge als Zeuge gehört werden, da er aufgrund einer durchgeführten Pfändung über seine Bedarfslage im relevanten Zeitraum Angaben machen könne. Das beizuziehende Pfändungsprotokoll zeige, welchen Erfolg eine Vollstreckung in sein "Vermögen" gehabt habe. Professor Dr. C, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Bank- und Finanzwirtschaft, Fernuniversität I solle als Zeuge und Sachverständiger gehört werden. Dieser sei in der Bewertung von Bankunterlagen bestens bewandert. Insbesondere könne er Auskunft dazu geben, welche Bedeutung ein Minuszeichen bzw. ein "S" für "Soll" auf einem Kontoauszug habe. Ferner könne er über die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse von kurzfristig fälligen Einlagen aufklären.

Der Senat hat die Berufungsverfahren L 20 AS 39/08, L 20 AS 40/08 und L 20 AS 41/08 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen L 20 AS 39/08 verbunden. In einem Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 02.11.2009 hat der Kläger erklärt, es treffe zu, dass nach März 2007 keine Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende mehr erfolgt seien. Er werde keine Auskunft dazu geben, wie er seither seinen Lebensunterhalt bestritten habe, weil er sich nicht selber mit Straftaten belasten wolle. Seit etwa April 2008 sei er im Rechenzentrum der Ruhr-Universität in C angestellt. Er weise darauf hin, dass wegen Untreue ein Strafbefehl gegen ihn ergangen sei. Konkrete Angaben werde er nur machen, wenn ganz konkret deutlich werde, welche wiederum konkreten Angaben benötigt würden. Er bleibe dabei, dass Vermögensverhältnisse vor Antragstellung niemanden, weder die Beklagte noch das Gericht, etwas angingen. Die ermittelten Daten sagten im Übrigen nichts darüber aus, ob es sich um sein Vermögen handele. Er wolle offen lassen, ob er das Vermögen für jemand anderen verwaltet habe. Jedenfalls habe er nach 2004 keine Wertpapiere gehabt, die unter Zugrundelegung des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs ihm gehört hätten. Bei einer Entscheidung solle der Senat die in der ersten Instanz gestellten Anträge zugrundelegen. Auf seinen erstinstanzlichen Vortrag hat er ausdrücklich Bezug genommen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend erklärt, dass Beginn des streitigen Zeitraums der 01.12.2006 sei.

Trotz entsprechender Ankündigung hat der Kläger nicht mitgeteilt, bis zu welchem Zeitpunkt er Leistungen von der Beklagten beanspruche und ab wann er bei der Ruhr-Universität C beschäftigt ist.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

1. ihm für Dezember 2006 bis Mai 2007 Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen,

2. den Bescheid vom 04.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für Juni bis November 2007 Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen,

3. den Bescheid vom 11.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit ab Dezember 2007 Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen,

4. festzustellen, dass die Durchführung des Datenabgleichs für das Jahr 2004 rechtswidrig war und die gewonnenen Daten rechtswidrig verwendet wurden, kurz, dass die Erhebung, Speicherung, Verwendung, Weitergabe und die Bereithaltung zum Abruf der oben genannten Daten rechtswidrig war,

5. festzustellen, dass die Durchführung des Datenabgleichs für das Jahr 2005 rechtswidrig war und die gewonnenen Daten rechtswidrig verwendet wurden, kurz, dass die Erhebung, Speicherung, Verwendung, Weitergabe und Bereithaltung zum Abruf der oben genannten Daten rechtswidrig war,

6. festzustellen, dass die Daten aus dem Datenabgleich für die Jahre 2004 und 2005 von Amts wegen zu löschen sind,

7. die Beklagte zu verpflichten, die Verfassungsmäßigkeit des § 52 SGB II gemäß Art. 100 Grundgesetz vom Verfassungsgericht prüfen zu lassen,

8. die Beklagte zu verpflichten, für die Zukunft bei ihm einen Datenabgleich gemäß § 52 SGB II zu unterlassen,

9. festzustellen, dass Erkenntnisse über seine Vermögensverhältnisse aus dem Jahr 2004 für die Ermittlungen seiner Bedarfslagen im Jahr 2006, 2007, 2008 und darüber hinaus nicht erforderlich sind und waren und somit die Erhebung, Speicherung, Verwendung, Weitergabe und Bereithaltung zum Abrufe solcher Daten rechtswidrig waren,

10. festzustellen, dass er getäuscht wurde, was die Erforderlichkeit der Erhebung von Vermögensverhältnissen aus dem Jahre 2004 anbelangt, und dass es sich dabei um ein Dienstvergehen handelt,

11. festzustellen, dass er zu keinem Zeitpunkt seine Mitwirkungspflichten verletzt habe, weder seine prozessualen Mitwirkungspflichten gemäß § 103 SGG noch seine Mitwirkungsverpflichtungen im Verwaltungsverfahren,

12. festzustellen, dass die Beklagte ihren Ermittlungspflicht nicht nachgekommen ist, insbesondere für die Anträge aus Mai 2007 und November 2007, und dass es sich dabei um ein Dienstvergehen handelt,

13. festzustellen, dass die Beklagte bzw. der Staat seine verfassungsrechtliche Pflicht zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens verletzt hat, die aus dem gebotenen Schutz der Menschenwürde im Rahmen des Sozialstaatsgebots folgt, und

14. festzustellen, dass die Verweigerung der ihm zustehenden existenzsichernden Leistungen eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention darstellt.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte, des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten sowie der beigezogenen Prozessakten zu den Verfahren L 19 B 12707 AS ER und L 1 B 25/07 AS ER (Aktenzeichen der Beschwerdeverfahren beim LSG NRW) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte nach erfolgter vorheriger Anhörung der Beteiligten über die Berufung durch Beschluss entscheiden, weil er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des SG Dortmund vom 09.06.2010 sind zulässig. Sie sind jedoch unbegründet.

I. Berufung gegen das Urteil des SG Dortmund vom 09.06.2008 in der Streitsache S 31 AS 294/07 - Anspruch auf Arbeitslosengeld II

Noch streitig ist nach Aufhebung des Bescheides vom 11.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2007 durch das SG, ob die Beklagte dem Kläger im Zeitraum Dezember 2006 bis Mai 2007 Leistungen nach dem SGB II zu erbringen hatte. Mangels Berufung der Beklagten ist dem Senat die Überprüfung der sozialgerichtlichen Entscheidung in Bezug auf die Aufhebung der genannten Bescheide verwehrt.

1. Im Ergebnis kann dahinstehen, ob das auf die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung von SGB II-Leistungen mit der Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) verfolgte Begehren zulässig ist. Die Entscheidung des SG verhält sich zu dieser Frage nicht.

Nach § 54 Abs. 4 SGG kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsaktes gleichzeitig die Leistung verlangt werden, wenn der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung betrifft, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Die Regelung setzt aber voraus, dass die Verwaltung über die begehrte Leistung entschieden hat. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn der Leistungsträger die Leistung ohne abschließende Ermittlung bis zur Nachholung der Mitwirkung nach § 66 SGB I versagt. Gegen einen solchen Versagensbescheid ist grundsätzlich nur die Anfechtungsklage eröffnet (vgl. zuletzt - auch zu von der Rechtsprechung zugelassenen Ausnahmen - BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 78/08 R m.w.N.). Bei dem streitig gewesenen Bescheid vom 11.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2007 handelte es sich um eine vorläufige Versagung der Zahlung von Arbeitslosengeld II (Alg II) ab 01.12.2006.

Das BSG (a.a.O.) erwägt jedoch eine Ausnahme auch für den Fall, dass sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 SGB I das bisherige Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde. Dafür könnte hier sprechen, dass auch für die nachfolgenden Zeiträume - allerdings bei Entscheidung in der Sache selbst - Leistungen wegen nicht nachgewiesener Hilfebedürftigkeit abgelehnt wurden.

2. Jedenfalls aber ist das SG zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger sowohl im Zeitraum Dezember 2006 bis Mai 2007 als auch danach keine Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen waren.

Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr bzw. die maßgebliche Altersgrenze noch nicht vollendet haben (Nr. 1), die erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4).

Der 1970 geborene Kläger hatte und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Im streitigen Zeitraum bestehen an seiner Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II keine Zweifel.

Jedoch ist die Hilfebedürftigkeit des Klägers nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Wer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beantragt, trägt die Folgen einer objektiven Beweislosigkeit, wenn sich nach Ausschöpfung der verfügbaren Beweismittel die Leistungsvoraussetzungen nicht feststellen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 10/08 R = ZFSH/SGB 2009, 282-285). So hat das Bundessozialgericht etwa entschieden, dass es materiell-rechtlich zu Lasten des Leistungen Beanspruchenden geht, wenn dieser sich weigert, im Rahmen der ihn treffenden Obliegenheit Kontoauszüge vorzulegen und so das Vorliegen seiner Bedürftigkeit und damit seine Leistungsberechtigung nicht festgestellt werden kann (BSG, a.a.O., RdNr. 21).

Nichts anderes kann gelten, wenn der existenzsichernde Leistungen Beanspruchende - wie der Kläger - trotz diverser Hinweise der Beklagten und der Gerichte nicht bereit ist, substantiiert zum Verbleib des im Jahre 2004 noch vorhandenen - jedenfalls auf seinen Namen angelegten - Vermögens beizutragen. Es ist auch im Rahmen der Beklagten bzw. dem Senat obliegenden Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen nicht festzustellen, ob der Kläger weiterhin über Vermögen zur Bestreitung seines Lebensunterhalts verfügt(e). Der Kläger hat - ausgehend von seiner (nicht zutreffenden) Rechtsauffassung ggf. konsequent - keinerlei konkrete Angaben zum Verbleib des Vermögens gemacht und aussagekräftige Unterlagen (auch Kontoauszüge, Depotunterlagen etc.) vorgelegt. Seine Angaben zur Herkunft des Vermögens, möglichem Eigentum Dritter und zum Verbleib des Vermögens sind dermaßen unkonkret, dass eine Überprüfung durch die Beklagte oder die Gerichte ausscheidet.

Dabei beruht die Leistungsablehnung durch die Beklagte (und auch das SG) ersichtlich nicht auf reinen Mutmaßungen. Vielmehr ergibt sich aus dem Vorhandensein von Vermögen in der Vergangenheit ohne jede nachvollziehbare Erklärung zum Verbleib ein hinreichender Anhaltspunkt für die fortbestehende Möglichkeit der Bedarfsdeckung aus eigenem Einkommen und Vermögen, zumal der Kläger auch jede Erklärung dazu verweigert hat, wovon er seinen Lebensunterhalt etwa seit März 2007 - dem Zeitpunkt der Einstellung der Leistungen aufgrund des Beschlusses des LSG NRW vom 02.03.2007 (a.a.O.) - bestritten hat. Die schlichte Andeutung, sich strafbarer Handlungen bedient zu haben, um den Lebensunterhalt sicherzustellen, vermag die Hilfebedürftigkeit des Klägers nicht zu belegen, auch wenn wegen dreifacher Untreue ein Strafbefehl nachgewiesenermaßen erging. Auch der Umstand, dass der Kläger in der Vergangenheit Zahlungsverpflichtungen nicht nachkam und Pfändungsversuche erfolglos verliefen, mag ggf. für das Nichtvorhandensein von Einkommen und Vermögen sprechen, belegt dies aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit. Die vom Kläger angeregte Beweiserhebung hätte zur Frage des Vorhandenseins von Einkommen und Vermögen, insbesondere zum Verbleib des zumindest bis zum Jahre 2004 vorhandenen Vermögens, nichts Substantielles beizutragen vermocht. Auf die - ohnehin zum Entscheidungsmaßstab im einstweiligen Rechtsschutz ergangene - Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05) kann sich der Kläger damit nicht mit Erfolg berufen.

Die verbleibenden Zweifel an seiner Hilfebedürftigkeit gehen zu Lasten des Klägers und stehen einem Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entgegen.

II. Berufung gegen das Urteil des SG Dortmund vom 09.06.2008 in der Streitsache S 31 AS 390/07 - Anspruch auf Arbeitslosengeld II

Die Berufung des Klägers bleibt auch insoweit ohne Erfolg. Die zulässige Anfechtungs- und Leistungsklage des Klägers ist vom SG zu Recht als unbegründet abgewiesen worden. Für den insoweit streitbefangenen Zeitraum von Juni bis November 2007 kann auf die vorstehenden Ausführungen (I. 2.) Bezug genommen werden. Besondere Bedeutung kommt für diesen Zeitraum dem bereits vorstehend erwähnten Umstand zu, dass der Kläger keinerlei nachvollziehbare Angaben dazu gemacht hat, wie er seinen Lebensunterhalt im streitigen Zeitraum bestritten hat.

III. Berufung gegen das Urteil des SG Dortmund vom 09.06.2008 in der Streitsache S 31 AS 489/07 - Anspruch auf Arbeitslosengeld II

Die Berufung des Klägers bleibt auch in dieser Streitsache ohne Erfolg. Die zulässige Anfechtungs- und Leistungsklage des Klägers ist vom SG auch in diesem Verfahren zu Recht als unbegründet abgewiesen worden. Zu Gunsten des Klägers, der den streitigen Zeitraum trotz entsprechender Ankündigung nicht konkretisiert hat, geht der Senat davon aus, dass Leistungen seit Dezember 2007 bis zur Entscheidung des Senats in der Sache streitbefangen sind. Auch für diesen Zeitraum wird zunächst auf die obigen Ausführungen (I. 2. und II.) verwiesen. Jedenfalls seit April 2008 steht der Kläger zudem - wie erst auf ausdrückliches Befragen im Termin zur Erörterung eingeräumt worden ist - zumindest in einem Beschäftigungsverhältnis bei der Ruhruniversität C (ggf. übt er - was dahinstehen kann - auch eine weitere Dozententätigkeit bei der Fachhochschule Gelsenkirchen aus).

III. Anträge zu 4. bis 8. betreffend § 52 SGB II

Die Berufung des Klägers bleibt auch hinsichtlich der § 52 SGB II und den danach möglichen automatisierten Datenabgleich betreffenden Anträge ohne Erfolg.

Der Senat teilt die Auffassung des Klägers nicht, dass die durch § 52 SGB II eingeräumten Befugnisse nicht mit Verfassungsrecht, insbesondere dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, vereinbar sind. Dies gilt insbesondere für den von der Beklagten vorgenommenen Datenabgleich mit dem Bundesamt für Finanzen (vgl. hierzu auch Brünner in LPK-SGB II, 3. Auflage 2009, § 52 Rn. 7; vgl. zur vergleichbaren Regelung des § 41 Abs. 4 Bundesausbildungsförderungsgesetz Verwaltungsgericht Würzburg, Urteil vom 27.02.2009 - W 3 K 06.584).

Zwar gewährt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) insbesondere Schutz gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe von individualisierten oder individualisierbaren Daten. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird jedoch nicht schrankenlos gewährt. § 52 SGB II wird als gesetzliche Grundlage des Datenabgleichs den verfassungsrechtlichen Anforderungen (vgl. hierzu zuletzt BVerfG, Nichtannahmebeschlüsse vom 17.02.2009 - 2 BvR 1372/07, 2 BvR 1742/07), insbesondere dem rechtstaatlichen Gebot der Normenklarheit gerecht. Der Zweck des Gesetzes - Vermeidung der rechtswidrigen Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II - wird aus dem Gesetzestext in Verbindung mit den Materialien (wie im Übrigen bereits bei der Vorgängernorm des § 117 Bundessozialhilfegesetz) hinreichend deutlich. Die Vorschrift regelt zudem, welche Behörde sich zu diesem Zweck des automatisierten Datenabgleichs bedienen darf. Auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist gewahrt. Insbesondere stellt die Überprüfung der Hilfebedürftigkeit, sprich der Leistungsberechtigung, einen legitimen Zweck dar. Die schutzwürdigen Interessen des Klägers müssen - unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne - insoweit gegenüber dem Interesse der Allgemeinheit an der Bekämpfung des Missbrauchs von Sozialleistungen zurückstehen.

IV. Anträge zu 9. bis 14.

Den vom Kläger gestellten Feststellungsanträgen fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse. Ungeachtet der sich daraus ergebenden Unzulässigkeit der Feststellungsklagen sind diese jedenfalls aber unbegründet. Dies ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen des Senats, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Es bestand kein Anlass, die Revision zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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