L 4 U 397/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 26 U 304/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 U 397/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 85/13 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB am 03.05.2013 zurückgenommen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 09.04.2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der am 19.01.2008 im Rahmen einer Jagdveranstaltung erlittene Unfall des Klägers als Arbeitsunfall anzuerkennen ist.

Der im Jahre 1957 geborene Kläger ist im Besitz eines Jagdscheins und führt als Mitglied des Deutschen C e.V. P 1927 seit mehr als 20 Jahren seine Deutschen C u.a. als Hundeführer der O Stöbergruppe, die auf Anforderung Forstämter mit Hundeführern versorgt.

Am 23.01.2008 erstattete das Amt für Forstwirtschaft U, Oberförsterei A, eine Unfallanzeige und gab zum Unfallgeschehen an, der Kläger sei am 19.01.2008 bei der Jagd als Hundeführer mit zwei vom Stand aus jagenden Hunden eingesetzt gewesen. Er habe den Auftrag gehabt, den Hunden zur Hilfe zu kommen, wenn diese in der Nähe Standlaut am Schwarzwild gäben. Beim dritten Mal sei plötzlich ein größeres Schwein auf ihn zugerannt und habe ihn umgeworfen. Der Durchgangsarzt I, F, diagnostizierte eine Teilruptur des vorderen Kreuzbandes, einen Innenbandriss sowie einen Korbhenkelriss des Außenmeniskus im rechten Kniegelenk, die im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung bis zum 25.01.2008 operativ behandelt wurden (Durchgangsarztbericht vom 19.01.2008 und Entlassungsbericht vom 04.04.2008).

Auf Anfrage gab Forstdirektor P, Amt für Forstwirtschaft U, unter Beifügung der Einladung zur Ansitzdrückjagd am 18. und 19.01.2008 und der allgemeinen Sicherheitsregeln schriftlich an (28.02.2008), der Kläger sei Jagdteilnehmer als Hundeführer gewesen, nicht aber Beschäftigter des Amtes für Forstwirtschaft U. Er habe auf Einladung der Oberförsterei A als Hundeführer an der Jagd zur Schwarzwildbejagung teilgenommen, ein Entgelt habe er nicht erhalten.

Schriftlich gab der Kläger am 22.04.2008 an, vom Amt für Forstwirtschaft als Hundeführer mit dem Ziel der aktiven Unterstützung der Jagd eingeladen worden zu sein. Als verantwortungsbewusster Jäger und Hundeführer sei es sein Ziel, mit seinen Deutschen C dafür zu sorgen, dass die Forstämter, bei denen er eingesetzt werde, erfolgreicher die Abschussplanerfüllung für das Wild erzielten. Dabei spiele sein eigener jagdlicher Erfolg eine sekundäre Rolle, im Vordergrund stünden die Abschüsse durch Dritte, die durch die ordentliche Arbeit seiner Hunde ermöglicht würden. Am Unfalltag sei ihm ein Hochsitz zugewiesen worden, von wo aus er seine zwei Hunde zum Stöbern geschickt habe, um das Wild auf die Läufe (in Bewegung) zu bringen. Als seine Hunde zum dritten Mal Standlaut gegeben hätten, sei er vom Hochsitz heruntergeklettert und laut schreiend in Richtung seiner Hunde gelaufen. Aus einer Fichtendickung sei plötzlich eine Sau herausgekommen und habe ihn oberhalb des rechten Kniegelenkes gerammt.

Auf weitere Anfrage teilte Forstdirektor P am 24.04.2008 schriftlich mit, der Kläger sei als Hundeführer eingeladen worden, da in den letzten Jahren die erfolgreichere Jagd mit Stöberhunden gegenüber Gesellschaftsjagden mit vielen Treibern eine größere Verbreitung finde. Aufgrund der hohen Anzahl der für die Jagd benötigten Stöberhunde und der vielen Jagden seien sie darauf angewiesen, den Kläger als aktiven Mitgestalter zur Teilnahme an den Jagden zu gewinnen. Ziel der Jagd sei es, waldverträgliche Wildbestände herzustellen und zu erhalten. Der Kläger habe am 19.01.2008 vom Leiter der Oberförsterei A die Befugnis zur Ausübung der Jagd erhalten. Er sei dort als Hundeführer eingesetzt gewesen. Da er auf einem Hochsitz gesessen habe und selbst Jäger sei, habe der Kläger natürlich auch Wild erlegen sollen. Dies sei Zweck der Jagd. Beim auftragsgemäßen Verlassen des Hochsitzes solle er nach den geltenden Sicherheitsbestimmungen kein Wild erlegen, sondern zum Aufstehen bewegen.

Mit Bescheid vom 23.05.2008 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 19.01.2008 als Arbeitsunfall ab und führte zur Begründung aus, bei Fehlen eines Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisses liege ein Versicherungsschutz gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) ebenso wenig vor wie im Rahmen eines "Wie-Beschäftigten" nach § 2 Abs. 2 SGB VII. Nach den Gesamtumständen sei sein Handeln von einer unversicherten jagdlichen Liebhaberei geprägt gewesen. Das nicht berufsmäßige Ausüben von jagdtypischen Tätigkeiten sei regelmäßig vom Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung ausgeschlossen. Schließlich sei der Kläger zum Unfallzeitpunkt auch nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII ehrenamtlich tätig geworden, da weder eine Auftragserteilung noch eine Einwilligung bei einem Projekt des Engagierten vorgelegen habe. Leistungen seien danach nicht zu erbringen.

Zur Begründung seines hiergegen am 26.05.2008 erhobenen Widerspruchs trug der Kläger vor, die Stöberhundeführer seien neben den eingeladenen Jagdgästen angestellt zur Unterstützung der Treiberwehr und der Jagdleitung. Als Hundeführer dürfe er gesundes Wild nur im Falle einer Notwehr oder eines Notstandes zu Gunsten der Hunde oder der eigenen Person bzw. krankes Wild erlegen. Die Hundeführer würden schon im Vorfeld der Jagd außerhalb der üblichen Einladungen angefordert. Normalerweise koordiniere der Leiter der Stöberhundgruppe die Einsätze zu den angegebenen Terminen, im vorliegenden Fall sei er aber direkt von der Oberförsterei angeschrieben worden, weil er seit mehreren Jahren dort tätig sein. Die Tätigkeit des Hundeführers könne ihrer Art nach von einer dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Person verrichtet werden. Im Unterschied zu der vom Landessozialgerichts Niedersachsen als unternehmerähnlich angesehenen Schweißhundeführerschaft habe hier durch den Jagdleiter eine Weisungsgebundenheit bestanden. Er sei zwar damit unstreitig nicht als Beschäftigter, wohl aber als "Wie-Beschäftigter" versichert gewesen. Die Handlungstendenz sei auch nicht wesentlich dadurch geprägt gewesen, für den Deutschen C Club, dessen Mitglied er sei, tätig zu werden. Maßgeblich sei vielmehr, dem Unternehmen der Oberförsterei bei der Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben unmittelbar zu dienen. Damit liege ferner eine Versicherung zur Unterstützung einer Diensthandlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 11 SGB VII vor. Der Versicherungsschutz sei auch nicht durch § 4 Abs. 2 SGB VII ausgeschlossen, da er nicht als Jagdgast eingestuft werden könne. Die zum Unfall führende Tätigkeit sei vergleichbar mit derjenigen des Treibers, der nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG SozR Nr. 19 zu § 539 RVO; Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 5/04 R - www.juris.de) der Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 2 SGB VII unterliege.

Sodann wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2008 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe nicht nur die Funktion als Treiber (Jagdhelfer) ausgeübt, sondern auch die Erlaubnis zur Teilnahme an der Jagd gehabt. Jedenfalls für den unfallbringenden Tag sei ihm damit der Status eines Jagdgastes zugekommen. Die Erfüllung des Abschussplanes auch in einem staatlichen Revier sei nicht als Heranziehung zu einer Diensthandlung im Sinne der Nr. 11 a des § 2 SGB VII anzusehen. Bei einer allenfalls gemischten Tätigkeit gehe insoweit das eigenwirtschaftliche Interesse an der Ausübung der Jagd einer etwaigen tatbestandlichen Annahme dieser Vorschrift im Sinne der Konkurrenzregelung des § 135 Abs. 6 SGB VII vor.

Der Kläger hat am 11.11.2008 Klage beim Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben und sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren bekräftigt. Bei der Einladung habe der Hundeeinsatz im Vordergrund gestanden, auch unterscheide sich seine, des Klägers, eine gewisse Erfahrung voraussetzende Tätigkeit als Hundeführer in vielen Punkten maßgeblich von derjenigen eines üblichen Jagdgastes. Im Hinblick auf die Gefährdung durch das Wild sei den Jagdgästen untersagt, den Stand zu verlassen. Abgesehen davon, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit am Unfalltag gerade in der Unterstützung der Treiberwehr gelegen habe, könne auch eine gemischte Tätigkeit eine Versicherungspflicht nach sich ziehen. Die Oberförsterei sei nach den landesrechtlichen Bestimmungen zudem verpflichtet, eine genügende Anzahl von Hunden zur Verfügung zu stellen. Da sie aus eigenen Beständen hierzu nicht in der Lage sei, müsse sie die Bereitstellung durch Fremdbedarf tätigen.

Ferner hat der Kläger dargelegt, dass er am Tag vor dem Unfall zu einer Treibergruppe gehört habe. Am Unfalltag habe er einen sogenannten Drückjagdbock zugewiesen bekommen, von dort aus könne man nicht besonders gut schließen. Die günstigsten Abschusspositionen würden den eigentlichen Jagdgästen zugewiesen. Als er seinen Bock verlassen habe, habe er das geladene Gewehr zurückgelassen. Um überhaupt zu einem solchen Ereignis eingeladen zu werden, müsse man etwa im Rahmen der Hessischen Stöberhundgruppe über geeignete Tiere verfügen und auch einen so genannten Schießnachweis erbringen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2008 verurteilen, das Unfallereignis, von dem er am 19.01.2008 betroffen worden ist, als einen Arbeitsunfall zu entschädigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, am Unfalltag habe allenfalls eine gemischte Tätigkeit vorgelegen, die bei natürlicher Betrachtungsweise nicht in einen jagdgastuntypischen Handlungskomplex aufgespalten werden könne. Jedenfalls sei aber nach Einnahme des Ansitzes nach dem Gesamterscheinungsbild die unternehmerähnliche Tätigkeit eines Hundeführers anzunehmen. Die Angaben des Zeugen M zum Geschehen am 19.01.2008 erweckten den Eindruck, als habe der Kläger wie am Vortag als Treiber teilgenommen. Jedoch sei ihm am Unfalltag eindeutig ein Hochsitz zugewiesen worden, von dem aus er habe jagen dürfen, so dass bei unterschiedlicher Handlungstendenz an den beiden Tagen am 19.01.2008 insgesamt eine jagende Tätigkeit verrichtet worden sei.

Das SG hat den Leiter der Oberförsterei A, den Zeugen M, schriftlich befragt. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Angaben des Zeugen vom 16.06.2009 verwiesen.

Durch Urteil vom 09.04.2010 hat das SG die Beklagte antragsgemäß verpflichtet, das Unfallereignis vom 19.01.2008 als Arbeitsunfall "zu entschädigen" und zur Begründung ausgeführt, die zum Unfall führende Tätigkeit des Klägers am 19.01.2008 entspreche derjenigen eines Treibers bei Jagdveranstaltungen, der als "Wie-Beschäftigter" Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII genieße. Der Kläger sei am Unfalltag auch nicht als versicherungsfreier Jagdgast im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII tätig geworden, da er als sogenannter Stöberhundeführer einem Treiber, der ohne eigene Jagderlaubnis tätig sei, in unfallversicherungsrechtlicher Hinsicht zumindest gleichzustellen sei. Eine lebensnahe Betrachtungsweise gebiete diese Sichtweise, weil Treiber seit einigen Jahren bei derartigen Jagdveranstaltungen zunehmend durch Stöberhundeführer ersetzt würden.

Gegen das ihr am 01.06.2010 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 24.06.2010, zu deren Begründung sie unter Hinweis auf die neuere Rechtsprechung des BSG den Verpflichtungsausspruch zu unbestimmten Leistungen für unzulässig und in der Sache aufgrund der fehlerhaften Beweiswürdigung des Gerichts die allein zulässige Feststellungsklage für nicht begründet erachtet. So habe das SG wesentlich auf den Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung abgestellt, die abweichenden schriftlichen Bekundungen des Zeugen M und des Forstdirektors P jedoch unberücksichtigt gelassen. Auch erscheine unter jagdlichen Gesichtspunkten die Absplitterung in eine kurze isolierte Treibertätigkeit unnatürlich und in Anbetracht der Einladung für das Gesamtjagdgeschehen an beiden Tagen auch nicht stimmig. Schließlich sei es wenig lebensnah, wenn man allein die selbstlose Miterfüllung von Abschussplänen des Landes Brandenburg, die sich über einen gewissen Zeitraum für die Person des Klägers jährlich wiederholt habe, im Hinblick auf die dafür anfallenden Kosten und den Aufwand des Klägers persönlich (Reise- und Übernachtungskosten) allein dadurch ausgeglichen sehe, dass er seine Hunde und sich selbst auch noch dem Risiko, bei solchen Jagden verletzt zu werden, ausgesetzt habe. Die Beklagte sieht sich bestätigt durch eine rechtskräftige Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg vom 17.02.2010 - L 3 U 139/07 - und das Ergebnis der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren. Die vom Kläger erneut hilfsweise angeführten Ausführungen zu § 2 Abs. 1 Nr. 11 a SGB VII seien schon allein von der Wortbedeutung und Etymologie im Hinblick auf die Jagdeinladung fragwürdig.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 09.04.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er pflichtet dem angefochtenen Urteil bei und meint, die zum Unfall führende Tätigkeit unterscheide sich wie diejenige des Anstellers - für den das LSG Rheinland-Pfalz Versicherungsschutz angenommen habe - von derjenigen eines Jagdgastes. Jedenfalls habe Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 11 a SGB VII vorgelegen, da die hier durchgeführte fiskalische Jagd eine Dienstaufgabe gewesen sei.

Ergänzend hat er auf die Jagdnutzungsvorschrift des Landes Brandenburg verwiesen. Bei der Teilnahme an den Veranstaltungen habe er alle Kosten selbst getragen und während seiner Berufstätigkeit Urlaub genommen. Allerdings habe er auch nicht die üblichen Standgebühren für Jäger oder die Beteiligung an der Haftpflichtversicherung zahlen müssen. Ohne seinen seit vielen Jahren bestehenden Jagdschein dürfe er überhaupt nicht an Jagden teilnehmen. Am Unfalltag habe er einen Stand zugewiesen bekommen und Wild schießen können, dies aber tatsächlich nicht getan.

Der zunächst als Zeuge geladene Forstdirektor P hat am 11.05.2011 schriftlich mitgeteilt, keine Erinnerung mehr an die Sache zu haben und auch nicht mehr im Dienst zu sein. Die sachliche Bearbeitung sei seinerzeit durch den Leiter der Oberförsterei M erfolgt.

Sodann ist der Zeuge M in nichtöffentlicher Sitzung am 03.08.2012 vernommen worden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug zugenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, denn das SG hat die Beklagte zu Unrecht - und im Übrigen unzulässig unbestimmt (vgl. BSG, Urteile vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R - und 18.03.2008 - B 2 U 2/07 R - www.juris.de) - zur "Entschädigung" des Ereignisses vom 19.01.2008 als Arbeitsunfall verpflichtet. Vielmehr hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zutreffend die Anerkennung (Feststellung) des Ereignisses als Arbeitsunfall abgelehnt.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung eines Arbeitsunfalls vom 19.01.2008. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit, Abs. 1 S. 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zum Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs. 1 S. 2). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Es muss eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Entscheidend für die Beurteilung, ob eine bestimmte Handlung in einem solchen rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit dem Kernbereich der versicherten Tätigkeit steht, ist die Gesamtheit aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalls. Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund. Maßgebend ist danach die Handlungstendenz des Versicherten (BSG, Urteil vom 12.04.2005, a.a.O.).

Zwar hat der Kläger am 19.01.2008 einen Unfall erlitten, als er sich von dem ihm zugewiesenen Stand aus zu seinen anlautgebenden Hunden begab und von einer Wildsau am Knie verletzt wurde. Diesen Unfall hat er aber nicht infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit erlitten. Dass der Kläger im Zusammenhang mit der Jagdveranstaltung nicht als Beschäftigter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII tätig war, ergibt sich bereits aus den im Verwaltungsverfahren beigezogenen schriftlichen Angaben des Amtes für Forstwirtschaft U und wird auch vom Kläger ausdrücklich bestätigt. Gleichermaßen unbestritten war der Kläger kein Jagdpächter und stand damit nicht unter Versicherungsschutz nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 123 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII.

Entgegen der Auffassung des SG bestand aber auch kein Versicherungsschutz als "Wie-Beschäftigter" nach § 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Dieser Versicherungsschutz setzt voraus, dass es sich um eine ernstliche, dem in Betracht kommenden fremden Unternehmen zu dienen bestimmte Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert handelt, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und ungeachtet des Beweggundes für den Entschluss, tätig zu werden, unter solchen Umständen tatsächlich geleistet wird, dass sie ihrer Art nach sonst von einer Person verrichtet werden könnte, welche in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht. Eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen ist ebenso wenig erforderlich wie eine Entgeltzahlung (vgl. BSG, Urteil vom 12.04.2005, a.a.O., m. w. N.).

Die Handlungstendenz war unter Zugrundelegung der eigenen Angaben des Klägers und des Zeugen M durch eigenwirtschaftliche Interessen an der Jagd mithilfe seiner C gerichtet und ähnelte damit derjenigen eines Unternehmers und nicht derjenigen eines Arbeitnehmers. Die Tätigkeit des Hundeführers übt der Kläger seit vielen Jahren aus und bedarf nicht nur der Kenntnisse eines Jägers, sondern darüber hinaus spezieller Kenntnisse und Erfahrungen mit besonderer ausgebildeten Stöberhunden (vgl. zum Unfallversicherungsschutz eines Schweißhundeführers: LSG Darmstadt, Urteil vom 01.12.2009 - L 3 U 229/06 - www.juris.de). Auch die vom Kläger mehrfach angegebene persönliche Motivation war darauf ausgerichtet, im Wesentlichen mit seinen ausgebildeten Stöberhunden zu arbeiten und an einer effektiven Bewegungsjagd teilzunehmen, auch wenn nach seinen Angaben der eigene jagdliche Erfolg eine sekundäre Rolle spielte. Der Kläger war zudem nach seinen Angaben und bestätigt durch die Ausführungen des Zeugen M offensichtlich nicht verpflichtet, einen solchen Auftrag anzunehmen. Für die unternehmerähnliche Tätigkeit des Klägers spricht ferner, dass er eigenen Angaben zufolge für mehrere Auftraggeber tätig war und aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen genau wusste, wie er seine konkreten Aufgaben als Stöberhundeführer auszuführen hatte. Die vom Kläger angeführte Weisungsgebundenheit gegenüber dem Jagdleiter konnte sich nach den Gesamtumständen nur darauf beziehen, dass der Kläger keinen Einfluss auf die konkrete Funktionszuweisung hatte und durch die ausgehändigte Standkarte über den zeitlichen Ablauf und die Freigabe des Wildes informiert war. Dass er im Rahmen der eigentlichen Jagdausübung am Unfalltag - mit Ausnahme der allseits zu beachteten Sicherheitsregeln - Weisungen des Jagdausübungsberechtigten unterworfen war, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Schließlich spricht gegen die Annahme einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit die Tatsache, dass der Kläger an den Jagdveranstaltungen im Allgemeinen und der konkreten Veranstaltung vom 18. bis 19. Januar 2008 keinerlei Kostenerstattung - auch nicht für seine Hunde - erhalten hat. Unabhängig davon übte der Kläger am Unfalltag einschließlich der konkret zum Unfall führenden Führung von Stöberhunden eine versicherungsfreie Tätigkeit als Jagdgast nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII aus. Danach sind von der Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 frei Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen. Im Hinblick auf diese gesonderte Regelung und den ausdrücklichen Ausschluss einer Versicherungsberechtigung auch im Rahmen der Versicherung kraft Satzung oder freiwilligen Versicherung nach § 3 Abs. 2 Nr. 3, § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wird deutlich, dass der betreffende Personenkreis keinen Unfallversicherungsschutz erhalten soll, und zwar auch dann nicht, wenn bei der Ausübung der Jagd zugleich Aufgaben des Jagdpächters, beispielsweise die Hege des Bestandes, wahrgenommen werden. Dass der Jagdgast neben seinem eigenen Interesse an der Jagd durch den Abschuss von Wild gegebenenfalls die Abschussquoten des Jagdpächters (§ § 21, 27 BJagdG) erfüllt, macht ihn deshalb angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung nicht zu dessen "Wie-Beschäftigtem". Nur wenn keine Jagd ausgeübt wurde und der Aufenthalt im Revier im wesentlichen Zwecken des Jagdpächters und seines Unternehmens gedient hat, kann die in Rede stehende Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 SGB VII versichert sein (vgl. BSG, Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 41/02 R - www.juris.de, m. w. N.). Zur Bestimmung dessen, was zur Jagdausübung gehört, sind die Vorschriften des Jagdrechts zu Grunde zu legen, da es einen hiervon unterschiedlichen Begriff der Jagdausübung in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht gibt (BSG, Urteil vom 11.11.2003, a.a.O.). Die Jagdausübung erstreckt sich danach auf das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild (§ 1 Abs. 4 BJagdG) und schließt damit das Treiben mit ein (BSG SozR Nr. 19 § 539 RVO).

Diese Voraussetzungen lagen aber im Rahmen der hier zu beurteilenden Geschehensabläufe und während des Unfalls vor. Der Kläger hatte jedenfalls am Unfalltag vom Jagdleiter M eine unentgeltliche Jagderlaubnis erhalten, damit er von dem ihm zugewiesenen Hochsitz aus nicht nur seine Hunde einsetzen, sondern ausdrücklich auch Schwarzwild jagen konnte. Im Unterschied zu den nach § 2 Abs. 2 SGB VII versicherten freiwilligen Treibern und den ebenfalls nicht die Jagd ausübenden Anstellern erschöpfte sich damit die Beteiligung des Klägers an der Jagdveranstaltung am Unfalltag nicht in einer Hilfsfunktion, sondern war geprägt durch die Einladung zur Jagd selbst sowie das Führen seiner Jagdhunde, mit deren Hilfe das Wild zum Zwecke des Abschusses auf die Läufe gebracht werden sollte. Zwar ist die Verrichtung der Stöberhunde selbst vergleichbar mit derjenigen von Treibern, denn deren Aufgabe besteht ebenfalls darin, das Wild in Bewegung zu bringen. Davon zu trennen ist aber die Tätigkeit des Klägers zum Unfallzeitpunkt, als er im Rahmen der ihm erteilten Jagderlaubnis an der Jagd teilgenommen hat, um seiner - privaten - Leidenschaft als Jäger und Hundeführer zu frönen. Daher ist es auch unerheblich, dass er in der zum Unfall führenden Situation als Hundeführer tätig war und damit - von Ausnahmen abgesehen - nicht befugt war, in dieser Situation selbst Wild zu erlegen. Ebenso wenig vermag der Umstand, dass seine eigentliche Schützenfunktion gegenüber derjenigen der reinen Jagdgäste nachrangig war, daran etwas zu ändern. In seiner zum Unfall führenden Funktion als Hundeführer hat er vielmehr eine Tätigkeit ausgeübt, die nicht nur nicht untypisch für die Jagdausübung durch Jagdgäste oder jagdfern gewesen ist (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.02.2010 a.a.O.), sondern ausdrücklich als Einsatz von Jagdgebrauchshunden im Rahmen der Jagd gesetzlich vorgesehen ist (vgl. § 37 Jagdgesetz für das Land Brandenburg vom 09.10.2003, www.juris.de).

Der Kläger kann auch keinen Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 5d SGB VII beanspruchen. Danach sind Personen versichert, die ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen. Neben den vom LSG Darmstadt (vgl. Urteil vom 01.12.2009, a.a.O.) aufgezeigten systematischen Gesichtspunkten - die Jagden sind in § 123 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII gesondert zu den in Nr. 7 aufgeführten landwirtschaftlichen Unternehmen genannt - handelte es sich im vorliegenden Fall aber auch insoweit um eine versicherungsfreie Tätigkeit als Jagdgast (§ 4 Abs. 2 Nr.1 SGB VII).

Schließlich bestand kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 11a SGB VII. Danach sind kraft Gesetzes Personen versichert, die von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden. Der Kläger ist - wie die Beklagte zutreffend im angefochtenen Widerspruchsbescheid ausgeführt hat - im Hinblick auf die Erfüllung des Abschussplanes in dem staatlichen Revier nicht zu einer Diensthandlung in diesem Sinne herangezogen worden. Zwar gehört die Jagdausübung zu den Aufgaben der Beschäftigten der Forstbehörden (vgl. Nr. 2.4.1 der Jagdnutzungsvorschrift des Landes Brandenburg vom 09.10.2003, GVBl. I S. 250). Führt aber die Forstbehörde - wie im vorliegenden Fall - eine Gesellschaftsjagd in Form einer Ansitzdrückjagd durch, zu der sie - ausweislich des aktenkundigen Mustereinladungsschreibens - Jagdgäste ohne sonstige Hinweise wie ein Pächter von Eigenjagdbezirken einlädt, kann schon begrifflich nicht von einer Heranziehung im Sinne einer Aufforderung ausgegangen werden. Zudem unterscheidet sich die Aufstellung und Erfüllung der jährlichen Abschusspläne (vgl. Nr. 2.6 der Jagdnutzungsvorschrift des Landes Brandenburg, a.a.O.) nicht von den Verpflichtungen sonstiger Jagdausübungsberechtigter (vgl. § 29 Jagdgesetz für das Land Brandenburg vom 09.10.2003,a.a.O.). Letztlich widerspricht die Auffassung des Klägers auch der vom Gesetzgeber ausdrücklich ausgeschlossenen Versicherungsberechtigung für alle Jagdgäste, die unabhängig davon gilt, ob die Jagd im Rahmen von Gesellschaftsjagden auf landeseigenen Flächen oder verpachteten Eigenjagdbezirken ausgeübt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Zur Revisionszulassung besteht keine Veranlassung, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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