L 8 R 900/11

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 12 (14) RJ 55/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 900/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 R 21/13 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.12.2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers aus dem gesamten Verfahren zu 1/3. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zunächst ist streitig gewesen, ob der Kläger für die Beigeladene zu 1) Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, Kranken- und Pflegeversicherung - bezogen auf den Zeitraum vom 5.9.1995 bis 31.12.1995 - i.H.v. insgesamt 756,78 DM, umgerechnet 386,94 Euro, zu entrichten hat.

Der Kläger betrieb im angegebenen Zeitraum eine Sozialstation und erbrachte Leistungen der Grund- und Behandlungspflege sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung. Die Leistungen wurden, insbesondere wenn es um die Behandlungspflege ging, ärztlich verordnet und erfolgten aufgrund einer Bewilligung durch die Kranken- und Pflegekassen bzw. durch die Sozialhilfeträger. Der Kläger hatte im Streitzeitraum 33 fest angestellte Kräfte, davon 10 in Voll- und 23 in Teilzeit. Daneben beschäftigte er 36 Honorarkräfte, unter ihnen die Beigeladene zu 1). Mit diesen schloss er Honorarverträge, die auch im Falle der Beigeladenen zu 1) im Streitzeitraum einen Stundenlohn von 20 DM an Werktagen und 25 DM an Wochenenden vorsahen. Vielfach sahen die Verträge vor, dass Fahrgeld nach Tarifen der Stadtwerke T gezahlt werde. Es handele sich nicht um eine Tätigkeit im arbeitsrechtlichen Sinne. Die als freier Mitarbeiter bezeichnete Honorarkraft werde von ihm, dem Kläger, nicht lohnversteuert oder sozialversichert. Die Mitarbeiter mussten "auf Wunsch des Kostenträgers" an regelmäßigen Gesprächen mit der Einsatzleitung und an Weiterbildungsgesprächen (ohne Entgelt) teilnehmen.

Die Beigeladene zu 1) verrichtete für den Kläger in diesem Zusammenhang hauswirtschaftliche Tätigkeiten bei zu betreuenden Personen in deren Privathaushalt. Die Tätigkeit wurde auf Stundenbasis in monatlichem Rhythmus auf der Grundlage von Stundenzetteln vergütet. In der streitigen Zeit erhielt die Beigeladene zu 1) Altersvollrente. Wegen der von ihr geleisteten Stunden und der Höhe der gezahlten Vergütung im Einzelnen wird auf die vom Kläger im Berufungsverfahren überreichte Aufstellung (Bl. 112 GA) Bezug genommen.

Aufgrund einer Mitteilung des Arbeitsamtes T führte die Beklagte bei dem Kläger für den Prüfzeitraum 1.1.1995 bis 31.12.1998 eine Betriebsprüfung durch. Nach der Schlussbesprechung am 13.1.1999 forderte die Beklagte Gesamtsozialversicherungsbeiträge von insgesamt 269.117,92 DM, bezogen auf die Beigeladene zu 1) Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung von 756,78 DM, nach. Zur Begründung führte sie aus, die vom Kläger eingesetzten Pflegekräfte - unter ihnen die Beigeladene zu 1) - seien bei ihm sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen und dementsprechend zu Unrecht als selbstständige freie Mitarbeiter auf Honorarbasis geführt worden. Gesamtsozialversicherungsbeiträge seien bis zum 31.12.1996 nachzuzahlen. Ab dem 1.1.1997 seien keine Pflegekräfte als freie Mitarbeiter mehr beschäftigt gewesen, da die Vertragsverhältnisse beendet, als sozialversicherungspflichtige bzw. wegen Geringfügigkeit sozialversicherungsfreie Beschäftigungsverhältnisse behandelt worden seien. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.3.1999 zurück.

Mit seiner hiergegen am 6.4.1999 erhobenen Klage hat der Kläger weiter die Aufhebung des Beitragsbescheids begehrt. Er ist der Ansicht gewesen, dass auch die Beigeladene zu 1) als Selbstständige tätig geworden sei. Sie habe über die Annahme eines jeden Pflegeauftrages frei entscheiden können. Ein Arbeitsplan sei erst nach Einverständnis der Beigeladenen zu 1) erstellt worden. Eine organisatorische Eingliederung habe nicht vorgelegen. Er, der Kläger, habe kein Direktionsrecht ausgeübt. Darüber hinaus hätten die Honorarkräfte überwiegend neben dem Vertragsverhältnis zu ihm (hauptberuflich) in Arbeitsverhältnissen entweder zu Krankenhäusern oder Altenheimen gestanden, in denen sie ihre Arbeitsleistung mit üblicher Arbeitszeit erbracht hätten. Der Umstand, dass typischerweise ein Arbeitsverhältnis neben dem freien Dienstverhältnis bestanden habe, weise eindeutig auf ein freies Dienstverhältnis hin. Die Honorarkräfte hätten im Übrigen bei der Hilfe zur Pflege und den hauswirtschaftlichen Hilfen (nicht unerhebliche) zeitliche Spielräume gehabt. In den gezahlten Vergütungen seien Pauschalen für Fahrtkosten und z.T. einkommensteuerfreie Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit enthalten, sodass insgesamt - wenn überhaupt - geringere Beiträge zur Sozialversicherung geschuldet würden.

Im Verfahren hat das Sozialgericht (SG) zunächst die Verfahren betreffend der ursprünglich Beigeladenen zu 3) (C), zu 7) (H) und zu 10) (I) abgetrennt, da bezüglich dieser Beigeladenen auch streitig war, ob Versicherungsfreiheit aufgrund ihrer Eigenschaft als ordentliche Studierende bestand. Die Beklagte hat die Versicherungsfreiheit für einzelne Beigeladene sodann mit Bescheiden vom 23.8.2004 und 4.10.2005 anerkannt und die Forderung insgesamt auf 222.131,76 DM reduziert. Die Beitragsforderung bzgl. der Beigeladenen zu 1) ist unberührt geblieben.

Der Kläger hat beantragt,

die Bescheide vom 15.1.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.3.1999 und die Bescheide vom 23.8.2004 sowie 4.10.2005 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht gewesen, dass nach Anerkennung der Versicherungsfreiheit für bestimmte Beigeladene die Bescheide der Sach- und Rechtslage entsprächen.

Das SG hat die Angelegenheit mit den Beteiligten mehrfach erörtert und u.a. im Erörterungstermin vom 7.8.2001 den Geschäftsführer des Klägers Böhm zum Sachverhalt informatorisch befragt. Hinsichtlich des Inhalts seiner Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Es hat sodann die Klage mit Urteil vom 13.12.2005 abgewiesen. Auf den Inhalt des Urteils wird Bezug genommen.

Gegen das dem Kläger am 10.2.2006 zugestellte Urteil hat dieser am 27.2.2006 Berufung eingelegt, die er im Wesentlichen unter Intensivierung seines bisherigen Vorbringens begründet. Es fehle an jedem Direktionsrecht, insbesondere an der durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) geforderten Überwachung und Beaufsichtigung der Honorarkräfte. Diese seien nicht in den Betriebsablauf organisatorisch eingegliedert gewesen. Es fehle auch an jeder Vereinbarung über Urlaub und Kündigungsfristen. Anders als abhängig Beschäftigte hätten die Honorarkräfte die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft in vollem Umfang erhalten und diese auch anderweitig eingesetzt. Im Übrigen sei die den Pflegekräften gezahlte Wochenendzulage von 5,00 DM pro Stunde in jedem Fall beitragsfrei, da sie nach § 3b Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei sei.

Auf Hinweis des Senates, dass die Beigeladenen zu 1) im Streitzeitraum Altersvollrente bezogen habe, hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung den Bescheid vom 15.1.1999 und die ihn ersetzenden Bescheide bezogen auf die Beigeladene zu 1) hinsichtlich einer Beitragsforderung in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 13,23 DM und hinsichtlich der gesetzlichen Krankenversicherung, soweit die Beitragsforderung den ermäßigten Beitrag übersteigt, aufgehoben. Der Kläger hat das darin liegende Teilanerkenntnis angenommen.

Sodann beantragt der Kläger,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.12.2005 zu ändern und den Bescheid vom 15.1.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.3.1999 sowie die Bescheide vom 23.8.2004 und 4.10.2005 aufzuheben, soweit sie Beitragsforderungen hinsichtlich der Beigeladenen zu 1) betreffen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist weiterhin der Ansicht, dass die Beitragsforderung hinsichtlich der Beigeladenen zu 1) rechtmäßig sei, da diese als Pflegehilfskraft in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu dem Kläger gestanden habe.

Der Senat hat im Verhandlungstermin vom 21.11.2012 den Zeugen N vernommen. Hinsichtlich der Details seiner Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

In das Verfahren sind zudem die nachfolgend genauer bezeichneten Protokollierungen des Senats zu ähnlich gelagerten Angelegenheiten eingeführt worden:

ET 20.10.2010, L8 (3,5,16) R 55/06 VT 23.2.2011, L8 (3,5,16) R 55/06, L 8 R 531/10 , L 8 R 532/10, L 8 R 534/10 VT 27.7.2011, L8 (3,5,16) R 55/06, L 8 R 531/10 , L 8 R 532/10, L 8 R 534/10 ET 20.10.2010, L 8 R 531/10 ET 20.10.2010, L 8 R 532/10 ET 20.10.2010, L 8 R 534/10.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Inhalte der Prozess- sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind nach dem Trennungsbeschluss des Senats vom 23.6.2010 lediglich diejenigen Beitragsforderungen aus dem angefochtenen Bescheid, soweit sie sich auf die Beigeladene zu 1) beziehen.

Der Senat kann in Abwesenheit der zum Verhandlungstermin am 21.11.2012 nicht er-schienenen Beigeladenen verhandeln und entscheiden, nachdem er sie mit der ordnungsgemäßen Terminsnachricht auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 15.1.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.3.1999 sowie der Bescheide vom 23.8.2004 und 4.10.2005 und dem Teilanerkenntnis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 21.11.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, soweit die Beklagte Beiträge für die Beigeladene zu 1) zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für den Zeitraum vom 5.9.1995 bis 31.12.1995 nachfordert.

Ermächtigungsgrundlage für die Nachforderung von Beiträgen durch die Beklagte ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen von Betriebsprüfungen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht zur Arbeitsförderung. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte zu Recht die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in der Kranken- und Pflegeversicherung angenommen und die Höhe der von dem Kläger zu zahlenden Beiträge festgesetzt.

Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung unterliegen grundsätzlich alle Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI)]). Zwar bestand für die Beigeladene zu 1) als Bezieherin einer Vollrente wegen Alters gemäß § 5 Abs. 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Versicherungsfreiheit, gleichwohl schuldete der Kläger nach § 172 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI den hälftigen Beitrag. Zur gesetzlichen Krankenversicherung ist - abweichend vom angefochtenen Bescheid - lediglich der ermäßige Beitragssatz zugrunde zu legen (§ 243 Abs. 1 SGB V).

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung, die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Eine Beschäftigung im Sinne dieser Vorschriften setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies regelmäßig der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (BSG, Urteil v. 22.6.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 5; v. 24.1.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7; v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45; v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125; Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgeblich ist die zwischen den Beteiligten praktizierte Rechtsbeziehung und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist. Ausgangspunkt der Prüfung sind dabei jeweils die (schriftlichen) vertraglichen Vereinbarungen, soweit solche bestehen.

Ausgehend davon hat die Beigeladene zu 1) im Streitzeitraum zum Kläger in einer abhängigen Beschäftigung gestanden. Wie bereits das SG zutreffend entschieden hat, zeigen die Bewertung und Gewichtung der genannten Abgrenzungsmerkmale, dass das tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis dem eines abhängigen Beschäftigten entspricht, der eine Tätigkeit als Teilzeittätigkeit verrichtet, wohingegen die Aspekte, die für eine Qualifikation der Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit sprechen, in den Hintergrund treten.

Da die Vereinbarungen des Klägers mit den Honorarkräften das beiderseitige Vertragsverhältnis nur rudimentär regeln, kommt es für die Beurteilung, ob eine abhängige Beschäftigung bestanden hat, in erster Linie auf die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit an. Der Senat legt seiner Beurteilung dabei die Beschreibung der Tätigkeit zugrunde, wie sie durch den Zeugen N in der mündlichen Verhandlung erfolgt ist. Ferner geht er davon aus, dass die Abwicklung der Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) im Wesentlichen so erfolgt ist wie die Tätigkeit anderer Pflegekräfte des Klägers, die diese und auch der Zeuge N in den sie betreffenden Verfahren zu den Aktenzeichen L8 (3,5,16) R 55/06, L 8 R 531/10, L 8 R 532/10 und L 8 R 534/10 beschrieben haben. Die diese Verfahren betreffenden Sitzungsniederschriften sind in das vorliegende Verfahren eingeführt worden. Der Senat folgert die weitestgehende Parallelität der einzelnen Vertragsverhältnisse in den für die vorzunehmende Abgrenzung wesentlichen Punkten zum einem aus dem Umstand, dass der Kläger in seinem gesamten schriftlichen Vortrag seit Ausbringung des Widerspruchs im Jahre 1999 eine Differenzierung der Tätigkeitsbeschreibung für die vorliegend betroffene Beigeladene zu 1) nicht vorgenommen hat, obwohl er hierzu vom Senat noch einmal ausdrücklich mit gerichtlichem Schreiben vom 6.11.2012 befragt worden ist. Zum anderen waren dem Kläger auch in der mündlichen Verhandlung besondere Aspekte der Ausgestaltung der Vertragsbeziehung mit der Beigeladenen zu 1) abgesehen von den Darstellungen des Zeugen nicht bekannt.

Danach hat die Beigeladene zu 1) für den Kläger hauswirtschaftliche Tätigkeiten und kleinere pflegerische Hilfeleistungen bei unterschiedlichen Patienten verrichtet. Die einzelnen Patienten hat sie durch den Kläger zugeteilt bekommen, wobei sie entsprechende Wünsche an den Zeugen N herangetragen hat. Dabei handelte es sich hauptsächlich um Stammpatienten, die sie regelmäßig betreut hat. Die Pflege ist von dem Zeugen N als Pflegedienstleiter des Klägers organisiert worden, er war verantwortlich für Pflegeaufnahmen und Personaleinteilung. Hierbei mussten Informationen über die Tätigkeiten, die jeweils zu verrichten waren, in der Regel nur beim ersten Mal bzw. im Rahmen der Einarbeitung gegeben werden. Das geschah entweder mündlich oder stand auf einem Plan. Bei einer Verhinderung, z.B. aufgrund Erkrankung, musste diese dem Büro angezeigt werden. Insbesondere der Zeuge N hat dann für eine Ersatzkraft gesorgt oder die zu erbringenden Tätigkeiten in eigener Person erledigt. Art und Umfang der Tätigkeiten, die bei den einzelnen Patienten verrichtet wurden, ergaben sich aus den entsprechenden Verordnungen der behandelnden Ärzte und der Bewilligung durch die Kranken- bzw. Pflegekasse bzw. durch die Bewilligungen der Sozialhilfeträger. Vertragliche Vereinbarungen zwischen der zu pflegenden Person und der Beigeladenen zu 1) gab es nicht.

Hilfsmittel, z.B. Einweghandschuhe wurden, soweit sie für die auszuführenden Tätigkeiten notwendig waren, vom Kläger gestellt oder waren in den Haushalten der zu betreuenden Patienten vorhanden.

Die Vergütung erfolgte etwa im Monatsturnus. Hierzu haben die Pflegekräfte Stundenzettel eingereicht, die der Zeuge N kontrolliert hat. Die Abrechnung erfolgte sodann durch die kaufmännische Assistenz des Zeugen N.

Entsprechend dem Vortrag des Klägers geht der Senat davon aus, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) mit 20,00 DM pro Stunde vergütet wurde. An Samstagen und Sonntagen wurden 25,00 DM pro Stunde gezahlt. Dies ergibt sich auch aus dem vorgelegten Honorarvertrag. Im Falle von Urlaub oder Erkrankung hat die Beigeladene zu 1) keine Vergütung erhalten. Der Senat geht darüber hinaus davon aus, dass die Beigeladene zu 1) für den Fall, dass bei ihr Fahrtkosten durch eigene Pkw-Nutzung angefallen sind, was nicht festgestellt werden konnte, Fahrtkostenerstattung erhalten hat. Er leitet das aus den Bekundungen der jeweiligen Beigeladenen zu 1) in den Verfahren L 8 R 531/10, L 8 R 532/10 und L 8 R 534/10 im Verhandlungstermin vom 20.7.2011 sowie aus den Angaben weiterer Pflegekräfte in den heutigen Verhandlungsterminen ab. Diese haben gegenteiligem Vortrag des Klägers ausdrücklich widersprochen. Sie haben übereinstimmend dargestellt, dass die Fahrtkosten "gesondert abgerechnet" wurden. Eine der seinerzeitigen Beigeladenen konnte sich sogar noch daran erinnern, dass sie es während der Tätigkeit bemerkenswert fand, dass die gezahlten Fahrtkosten das erwirtschaftete Stundenentgelt annähernd erreichten. Eine weitere konnte ihre Fahrtstreckenaufzeichnungen noch zu den Gerichtsakten reichen. Nach diesem Sachverhalt geht der Senat davon aus, dass die Beigeladene zu 1) bei ihrer Tätigkeit in die Organisation der von dem Kläger gegenüber den jeweiligen Patienten zu erbringenden Dienstleistungen und damit in die betriebliche Organisation des Klägers in ganz erheblichem Umfang eingegliedert war und dabei einem umfassenden Weisungsrecht des Klägers nach Art, Ort, Zeit und Dauer der Ausführung der Tätigkeit unterlegen hat.

Zunächst hat der Zeuge N als Pflegedienstleiter des Klägers die auszuführenden Tätigkeiten bei bestimmten Pflegepersonen zugewiesen, und die Pflegekräfte haben hinsichtlich der Art der Tätigkeit eine entsprechende Einweisung erhalten. Darüber hinaus ergab sich der Ort der Tätigkeit aus der Wohnung der zu pflegenden Menschen.

In zeitlicher Hinsicht musste die Beigeladene zu 1) Verhinderungen anzeigen, damit der Zeuge N - und nicht etwa, wie es bei Selbstständigen zu erwarten gewesen wäre, die Beigeladene zu 1) selbst - eine Vertretung organisieren konnte.

Insgesamt ergibt sich daraus, dass die Beigeladene zu 1) fest in die Organisation und Sicherstellung der umfassenden und lückenlosen Pflege des Einzelnen als "Gesamtprodukt" entsprechend den Vorgaben der Auftraggeber des Klägers eingebunden war. Diese Sicherstellung oblag allein dem Kläger, insbesondere dem damaligen Leiter der ambulanten Pflege, dem Zeugen N, der den Einsatz der bei dem Kläger beschäftigten Pflegekräfte organisiert hat. Die für den Kläger tätigen Pflegekräfte waren jeweils Teil der Organisation des Klägers zur Sicherstellung der Pflege und/oder Versorgung seiner Kunden/Patienten. Sie gingen in dieser Organisation insbesondere auch durch die Vertretungsregelungen, die beschriebenen Einweisungen, die Bindungen an die in den Haushalten ausliegenden Pflegedokumentationen und sonstigen Kontakte mit dem Pflegebüro bei Nachfragen oder notwendigen Koordinierungen mit anderen Pflegekräften auf und waren daher in dessen Betrieb eingegliedert.

Soweit der Kläger demgegenüber darauf abhebt, es habe den "Honorarkräften" jeweils freigestanden, zu welcher genauen Tagesstunde die erforderlichen Tätigkeiten bei den jeweils zu pflegenden Personen ausgeführt werden, stellt dies kein wesentliches Merkmal für eine selbstständige Tätigkeit dar. Flexible Arbeitszeiten sind häufig auch in abhängigen Beschäftigungen anzutreffen, da Arbeitgeber zunehmend durch flexible Arbeitszeitsysteme wie Gleitzeit etc. den persönlichen Bedürfnissen ihrer Arbeitnehmer entgegenkommen, aber solche Systeme auch zu ihrem Vorteil nutzen, um z.B. zum Teil schwankenden Arbeitsanfall abfedern und teure Arbeitskraft effektiver einsetzen zu können. Dies gilt umso mehr für Tätigkeiten, die nicht in Vollzeit, sondern - wie hier - in Teilzeit ausgeübt werden und so nicht die gesamte Arbeitskraft des Beschäftigten in Anspruch nehmen. Im Übrigen kann der Senat eine erhebliche Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der zeitlichen Einteilung der auszuführenden Tätigkeiten bei den einzelnen Pflegekräften nicht erkennen. Vielmehr war es so, dass diese sich an die vorgegebenen pflegerischen oder auch medizinischen Notwendigkeiten bei der Versorgung von pflegebedürftigen Personen, die auch Ausdruck in der Organisation durch die Pflegedienstleitung gefunden hatten, zu halten hatten. Diese Notwendigkeiten bedingen eben, dass Pflegebedürftige je nach Schweregrad der sie betreffenden gesundheitlichen Einschränkungen zu bestimmten Tageszeiten (morgens, mittags und oder abends) der Betreuung oder Pflege bedürfen. Von einer freien Zeiteinteilung kann daher nicht ausgegangen werden.

In der Gesamtbewertung hat zudem wenig Gewicht, dass die tägliche Ausgestaltung der konkret vorzunehmenden Tätigkeiten in den Privathaushalten der zu betreuenden Patienten durch eine gewisse Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit der Pflegekräfte geprägt war. Denn auch eine eigenständige Entscheidungs- und Gestaltungsbefugnis bei der konkreten Ausgestaltung einer Tätigkeit führt regelmäßig nicht zur Selbstständigkeit im Sinne einer unternehmerischen Tätigkeit. Vielmehr ist es gerade auch für abhängige Beschäftigung typisch, dass der Grad der Eigenständigkeit der Ausführung mit dem Grad der Qualifikation des Mitarbeiters und seiner Verantwortung für den Erfolg des Gesamtunternehmens wächst. Dabei wird das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht dadurch beseitigt, dass es nicht in jedem Detail ausgeübt wird. Dies ist bei - hier nicht vorliegenden - Diensten höherer Art sogar regelmäßig der Fall, so dass sich das Weisungsrecht des Arbeitgebers zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert, wenn der Betreffende in den Betrieb eingegliedert ist (vgl. z.B. BSG Urteil v. 21.2.1990, 12 RK 47/87, SozR 3-2940 § 3 Nr. 1). Von einer Eingliederung der Beigeladenen zu 1) in den Betrieb des Klägers ist aber nach den obigen Ausführungen zwingend auszugehen.

Soweit der Kläger behauptet, die Pflegekräfte hätten einzelne Aufträge ablehnen können bzw. seien umgekehrt auf die Akzeptanz durch die Pflegebedürftigen angewiesen gewesen, so gibt auch dieser Aspekt für die Beurteilung, ob es sich bei der Tätigkeit um eine abhängige oder selbstständige Beschäftigung handelt, wenig her. Lehnt nämlich eine Pflegekraft eine Pflegestelle ab, so hat sie regelmäßig keinen Anspruch auf Übertragung einer anderen. Dies entspricht aber auch der Situation einer angestellten Pflegekraft, die ebenfalls mit dem Risiko des Arbeitsplatzverlustes eine bestimmte Arbeit ablehnen kann (vgl. hierzu z.B. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 17.12.1999, L 4 KR 2023/98, juris). Im Übrigen müsste der von dem Kläger behaupteten theoretischen Freiheit, einzelne Aufträge abzulehnen, nur untergeordneter Indizwert beigemessen werden, weil dieser Möglichkeit in der Praxis der Beteiligten keine wesentliche Bedeutung zugekommen ist. Ein entsprechendes Beispiel ist jedenfalls von den Beteiligten nicht konkret beschrieben worden (vgl. zu diesem Kriterium BSG, Urteil v. 11.3.2009, a.a.O., zur Frage der Delegationsbefugnis). Parallel ist der Umstand zu bewerten, dass für die Beigeladene zu 1) (theoretisch) die Möglichkeit bestand, den Kläger zu bitten, sie von der Betreuung eines bestimmten Patienten zu entbinden, wenn der Umgang mit diesem durch persönliche Spannungen geprägt war. Auch dieser Aspekt gibt für die Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Arbeit wenig her, da im einen wie im anderen Fall beide Vertragsparteien kein Interesse haben dürften, dass die Pflegekraft einen Patienten betreut, der mit ihr oder mit dem sie nicht auskommt. Während - auch nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Zeugen N - der Auftraggeber einer selbständigen Pflegekraft dem Anliegen nachkommen wird, um die Zufriedenheit seines Kunden sicherzustellen, werden bei dem Arbeitgeber einer Pflegekraft auch noch Fürsorgegesichtspunkte hinzukommen. Darüber hinaus war die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) nicht durch ein typisches Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.) ist maßgebliches Kriterium hierfür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Eine solche Ungewissheit hat es hier jedoch nicht gegeben. Tatsächliche Mittel hat die Beigeladene zu 1) nicht eingesetzt, die notwendigen Hilfsmittel hat sie gestellt erhalten. Soweit die Beigeladene zu 1) ihren eigenen Pkw dazu benutzt haben sollte, die jeweiligen Patientenwohnungen zu erreichen, geht der Senat davon aus, dass sie dafür Fahrkostenersatz erhalten hat. Selbst wenn das nicht der Fall gewesen sein sollte, so läge hierin kein wesentliches unternehmerisches Risiko. Denn auch der typische Arbeitnehmer muss dafür Sorge tragen, seinen Arbeitsplatz zu erreichen. Ein Verlustrisiko hinsichtlich des Einsatzes ihrer Arbeitskraft hat die Beigeladene zu 1) nicht getragen, da sie eben nicht nach Erfolg, sondern nach Zeitaufwand entlohnt wurde.

Das Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos. Die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung ist nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche Chancen einer Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet (BSG, Urteil v. 11.3.2009, a.a.O.). Hierfür ist im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich.

Der Bescheid ist - nach erneuter Korrektur durch die Beklagte - auch in Bezug auf die Höhe der festgesetzten Beiträge rechtmäßig.

Dabei ist zwischen den Hauptbeteiligten unstreitig, dass die Beigeladene zu 1) für ihre Tätigkeiten in der streitigen Zeit eine Aufwandsentschädigung von zumindest 2.397,50 DM erhalten hat. Dies ergibt sich aus der Stundenaufstellung des Klägers (Anlage zum Schriftsatz vom 12.1.2012). Da es sich dabei um laufende Einnahmen aus einer Beschäftigung gehandelt hat, liegt beitragspflichtiges Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV vor, das der Beitragspflicht unterfällt (§§ 226 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, 162 Nr. 1 SGB VI, 57 Abs. 1 SGB XI).

Unerheblich ist, dass in diesem Betrag Zuschläge für an Sonntagen verrichtete Tätigkeiten i.H.v. 37,50 DM enthalten sind, da Beiträge von der Beklagten nur aus einem Betrag von 2.292,75 DM berechnet worden sind. Daher kann der Senat dahingestellt sein lassen, ob die gezahlten Zuschläge steuer- und damit beitragsprivilegiert sind.

Hinsichtlich der genauen Berechnung der Beiträge aus dem zugrunde gelegten Entgelt - deren Richtigkeit auch von dem Kläger nicht in Zweifel gezogen wird - wird gem. §§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Bescheid vom 15.1.1999 Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 193, 183 SGG. Sie berücksichtigt, dass die Beklagte im Rahmen des abgegeben Teilanerkenntnisses bezogen auf die Beigeladene zu 1) ihre ursprüngliche Forderung reduziert und damit dem Begehren des Klägers zum Teil ent-sprochen hat. § 197a SGG ist nicht anzuwenden, da die Klage vor dem 1.1.2002 erhoben wurde (Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Sechstes SGG-Änderungsgesetz, vgl. BSG, Urteil v. 30.1.2002, B 6 KA 12/01 R, SozR 3-2500 § 116 Nr. 24; Urteil v. 5.5.2003, B 13 SF 5/02 S, SozR 4-1500 § 183 Nr. 1).

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen bei dieser einzelfallbezogenen Entscheidung, die sich an der von dem BSG zu Betriebsprüfungen und Statusfeststellungsverfahren entwickelten Rechtsprechung orientiert, nicht vor. (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved