Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 37 R 710/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 253/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 26.03.2012 geändert. Der Bescheid vom 21.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 07.05.2010 wird aufgehoben. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen trägt die Beklagte. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist die Nachforderung von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung Sozialversicherung i.H.v. 11.645,62 EUR für den Zeitraum vom 1.3.2008 bis zum 31.5.2009, in dem der Kläger freiwillig krankenversichert und auf dieser Grundlage in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert war.
Der Kläger war im Streitzeitraum bei der T Service AG, Team N, als Servicetechniker beschäftigt. Das Unternehmen hat seinen Geschäftssitz in der Schweiz, der Kläger wird jedoch in Deutschland eingesetzt. In seinem Anstellungsvertrag heißt es unter Ziffer 4:
"Das Salär beträgt Euro 2.800,00 x 13. Alle gesetzlich vorgeschriebenen Steuern, Versicherungen, Prämien usw. sind selbständig durch den Mitarbeitenden gegenüber dem Wohnsitzstaat zu erfüllen. (Sozialversicherungen, Steuern, Arbeitslosenversicherung, Krankenkasse, Rentenversicherung). Die T AG bezahlt monatlich an diese Sozialversicherungen durchschnittlich (Basis: Techniker Krankenkasse Deutschland, Stand 1.1.2008): Rentenversicherung 9,95 %‚ Krankenversicherung 6,95 %‚ Pflegeversicherung 0,85 %‚ Arbeitslosenkasse 1,65 %. Der Mitarbeitende hat die entsprechenden Belege der Personalabteilung der T AG in U vorzulegen."
Unter dem 29.1.2009 wandte sich die Beklagte an den Kläger und wies darauf hin, dass sie mindestens alle vier Jahre verpflichtet sei, bei den Arbeitgebern zu prüfen, ob diese ihre Pflichten nach dem Vierten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) erfüllen. Grundsätzlich habe der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Wenn der Arbeitgeber jedoch ein ausländischer Staat, eine über- oder zwischenstaatliche Organisation oder eine Person sei, die nicht der inländischen Gerichtsbarkeit unterstehe und ihre Zahlungspflicht nicht erfülle, habe der Beschäftigte den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Der Kläger sei seit dem 1.3.2008 bei der in der Schweiz ansässigen Firma T AG als Servicetechniker beschäftigt. Zur Überprüfung, ob die Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß abgeführt wurden, müsse der Kläger seinen Anstellungsvertrag, die monatlichen Lohnabrechnungen seit dem 1.3.2008, Beitragsnachweise, die Betriebsnummer, unter der die Beiträge abgeführt wurden, seine Sozialversicherungsnummer, seine letzte Krankenkasse sowie einen Nachweis über eine etwaige Elterneigenschaft vorlegen. An die Erledigung wurde der Kläger unter dem 17.3.2009 sowie unter dem 29.4.2009 noch einmal erinnert. Der Kläger reagierte hierauf jedoch nicht.
Für die Zeit vom 1.3.2008 bis zum 31.5.2009 führte die Beklagte sodann gem. § 28p Abs. 1 SGB IV eine Beitragsüberwachung durch und hörte den Kläger mit Schreiben vom 22.6.2009 zu der beabsichtigten Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 30.098,35 Euro durch einen Summenbeitragsbescheid an. Zur Begründung wurde ausgeführt, da der Kläger nicht auf die Schreiben vom 29.1.2009, 17.3.2009 und 29.4.2009 reagiert habe, habe die Höhe der gezahlten Arbeitsentgelte nicht ermittelt werden können. Sie hätten daher geschätzt werden müssen; dabei habe man für das zu ermittelnde monatliche Arbeitsentgelt das Arbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu Grunde gelegt. Er sei laut der Auskunft seines Arbeitgebers seit dem 1.3.2008 als Servicetechniker für Deutschland beschäftigt. Aufgrund seines Wohnortes und der überwiegenden Tätigkeit in Deutschland würden für ihn die deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit gelten. Den grundsätzlich vom Arbeitgeber zu zahlende Gesamtsozialversicherungsbeitrag habe der Beschäftigte u.a. dann selbst zu zahlen, wenn sein Arbeitgeber - wie hier - nicht der inländischen Gerichtsbarkeit unterstehe und seine Zahlungspflicht nicht erfülle.
In der Folgezeit wandte sich die Ehefrau des Klägers telefonisch an die Beklagte und teilte mit, sie habe die angeforderten Unterlagen übersandt. Im Übrigen habe die Beklagten auch ein viel zu hohes Arbeitsentgelt zu Grunde gelegt, da der Kläger nur 2.900,00 Euro monatlich verdiene. Mit Schreiben vom 9.7.2009 übersandte die Ehefrau des Klägers (erneut) die von der Beklagten erbetenen Unterlagen. Aus einer Zusammenfassung über die gezahlten Entgelte ergibt sich, dass der Kläger im Jahr 2008 insgesamt 34.573,64 Euro brutto sowie in der Zeit vom 1.1.2009 bis zum 31.5.2009 15.946,79 Euro brutto verdient hatte. Unter demselben Datum wandte sich auch der Kläger an die Beklagte und wies darauf hin, sein Einkommen sei zu hoch geschätzt worden. Im Übrigen habe er die von seinem Arbeitgeber ausgezahlten Gelder im Vertrauen auf die Auskunft der Beigeladenen zu 1), dass keine Versicherungspflicht bestehe, verbraucht.
Mit Bescheid vom 21.7.2009 forderte die Beklagte von dem Kläger für die Zeit vom 1.3.2008 bis zum 31.5.2009 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 11.645,62 Euro nach. Die Begründung entsprach weitestgehend derjenigen des Anhörungsschreibens. Ergänzend wurde ausgeführt, eine Rückfrage bei der Beigeladenen zu 1) habe ergeben, dass er dort aufgrund seines Antrags zur freiwilligen Krankenversicherung als freiwilliges Mitglied zur Kranken- und Pflegeversicherung aufgenommen worden sei. Die Beigeladene zu 1) habe indes keine schriftliche Entscheidung über die Renten- und Arbeitslosenversicherung getroffen. Es sei auch kein Verwaltungsakt zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung in der Renten- und Arbeitslosenversicherung erlassen worden. Insoweit sei es auch nicht von Bedeutung, dass der Kläger die vom Arbeitgeber gesondert gezahlten Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung zwischenzeitlich verbraucht habe. Er könne bei der Beigeladenen zu 1) jedoch einen Antrag auf Stundung der Beiträge stellen. Von der Erhebung von Säumniszuschlägen sehe man ab, da er glaubhaft gemacht habe, keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt zu haben. Bei der Berechnung habe man nunmehr das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt, welches sich aus den Zusammenstellungen der Lohnzahlungen ergeben habe.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit bei der Beklagten am 18.8.2009 eingegangenem Schreiben vom 17.8.2009 Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Zur Begründung führte er ergänzend aus, die Beigeladene zu 1) habe ihm im Februar 2008 die Auskunft erteilt, dass für ihn keine Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung bestehe. Daher habe er sich auch freiwillig krankenversichert. Es sei ihm nicht zumutbar gewesen, sich weiter kundig zu machen. Die Rechtsquellen, auf die sich die Beklagte berufe, seien zudem sehr versteckt und offenbar auch der Beigeladenen zu 1) nicht bekannt gewesen.
Die vorgebrachten Einwände leitete die Beklagte der Beigeladenen zu 1) mit der Bitte um Prüfung und Mitteilung zu, ob sich in ihren Akten eine explizite schriftliche Beurteilung bzw. eine Gesprächsnotiz über eine telefonische oder mündliche Auskunft darüber befinde, dass der Kläger nicht der Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung unterliege. Die Beigeladene zu 1) teilte daraufhin unter dem 5.10.2009 mit, dass sich in ihren Akten kein entsprechender Vermerk befinde. Da der Kläger aber in der Schweiz nicht durch seinen Arbeitgeber krankenversichert worden sei, habe man ihm aber möglicherweise die Auskunft erteilt, dass er nicht krankenversicherungspflichtig sei. Daher habe man ihn auch freiwillig versichert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7.5.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zwar habe die Beigeladene zu 1) den Kläger als freiwilliges Mitglied zur Krankenversicherung aufgenommen habe. Sie habe damit jedoch keine Entscheidung über die Rentenversicherungspflicht getroffen. Die Feststellungen zur Krankenversicherung hätten auch keine rechtlichen Auswirkungen auf die Nachforderung der Beiträge zur Rentenversicherung und Arbeitsförderung. Im Anstellungsvertrag des Klägers sei vielmehr ausdrücklich geregelt gewesen, dass die vorgeschriebenen Versicherungen von ihm in Deutschland selbst abzuführen seien. Er habe monatlich von seinem Arbeitgeber die Arbeitgeberanteile zur deutschen Sozialversicherung ausbezahlt bekommen. Die Arbeitgeberanteile zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie zur Arbeitsförderung seien auch gesondert in der Gehaltsabrechnung ausgewiesen worden. Sein Argument, es sei ihm nicht zumutbar gewesen, sich weiter kundig zu machen, greife daher nicht ein, weil ihm die Pflicht zur Abführung der Beiträge arbeitsvertraglich übertragen worden sei. Auch der Einwand, er habe die Beträge bereits verbraucht, sei unbeachtlich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei ein Beitragsschuldner durch die vierjährige Verjährungsfrist vor unzumutbaren Beitragsnachforderungen hinreichend geschützt. Eine Verwirkung der Ansprüche setze voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraumes unterlassen habe und weitere besondere Umstände hinzuträten, die eine verspätete Geltendmachung als illoyal erscheinen ließen. Solche besonderen Umstände würden vorliegen, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf habe vertrauen dürfen, dass das Recht nicht mehr geltend gemacht werde, der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut und sich infolgedessen so eingerichtet habe, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. Dabei sei ein strenger Maßstab anzulegen. Da die Beigeladene zu 1) keine Aussage über Versicherungspflicht bzw. -freiheit in der Rentenversicherung und der Arbeitsförderung getroffen habe, bestehe insoweit kein Vertrauensschutz.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 9.6.2010 zum Sozialgericht (SG) Duisburg Klage erhoben. Er hat unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens die Ansicht vertreten, dass er nicht zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen werden könne. Man könne ihn auch nicht darauf verweisen, dass er anhand seines Arbeitsvertrages die Pflicht zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen habe erkennen können, da selbst die Beigeladene zu 1) ihm trotz Vorlage seines Arbeitsvertrages eine falsche Auskunft erteilt habe. Seine (rechtswidrige) Aufnahme als freiwillig Krankenversicherter beinhalte zugleich die Feststellung, dass eine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung nicht bestehe. Sie begründe zudem ein Verwirkungsverhalten der Beigeladenen zu 1), das sich die Beklagte zurechnen lassen müsse.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 21.7.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.5.2010 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist weiterhin der Ansicht gewesen, dass der Kläger zur Zahlung der geltend gemachten Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet sei. Die Auskunft der Beigeladenen zu 1), dass keine Versicherungspflicht bestehe, habe sich lediglich auf die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung bezogen. Da aber seitens der Beigeladenen zu 1) über das Nichtbestehen von Versicherungspflicht kein Verwaltungsakt erteilt worden sei, könne sich der Kläger auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Man habe dem der Beigeladenen zu 1) entgegen gebrachten Vertrauen aber dadurch Rechnung getragen, dass nur Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung nachgefordert und auf die Erhebung von Säumniszuschlägen verzichtet worden sei. Es sei auch keine Pflichtverletzung der Beigeladenen zu 1) zu erkennen, die einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen könnte. Insbesondere lägen bezüglich der etwaigen Anfrage des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) keine Gesprächsnotizen vor, so dass auch nicht zu ermitteln sei, mit welcher konkreten Fragestellung er sich an die Beigeladene gewandt habe.
Die Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt und sich den Ausführungen der Beklagten angeschlossen. Ergänzend hat sie ausgeführt, man habe offenbar die Auskunft erteilt, dass keine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung bestehe; dies habe aber keine Auswirkung auf die Nachforderung von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung. Eine Feststellung betreffend das Vorliegen von Versicherungspflicht zur Rentenversicherung durch sie sei nicht erfolgt.
Das SG hat am 29.11.2011 einen Erörterungstermin durchgeführt und die Beteiligten angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Das SG hat mit Urteil vom 26.3.2012 die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihm am 29.3.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.4.2012 Berufung eingelegt. Er wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen. Er beruft sich erneut auf Vertrauensschutz sowie auf Verwirkung der streitigen Beitragsforderung. Die Entscheidung der Beigeladenen zu 1) über die freiwillige Versicherung enthalte zwangsläufig eine Statusentscheidung mit Bindungswirkung für die übrigen Sozialversicherungsträger. Er, der Kläger, sei nicht der richtige Adressat der Beitragsforderung. Die Beklagte habe keine einschlägige Ermächtigungsgrundlage angegeben. Aus einem privatrechtlichen Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer lasse sich nie eine Ermächtigungsgrundlage für hoheitliches Handeln ableiten. Die Tatsache, dass die privatrechtliche Vereinbarung keine befreiende Wirkung für den Arbeitgeber habe, unterstreiche, dass diese Vereinbarung nur im Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Rolle spiele. Schuldner gegenüber der Einzugsstelle sei der Arbeitgeber. Aus diesem Grund komme es nicht darauf an, ob hier nationales Recht verdrängt werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 26.3.2012 zu ändern und den Bescheid vom 21.7.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.5.2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen,
die Arbeitgeberin des Klägers nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGG beizuladen,
die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland (DVKA), Postfach 20 04 64, 53134 Bonn, als sachverständige Stelle schriftlich anzuhören,
die Revision zuzulassen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Begründung des angefochtenen Bescheides sei zwar fehlerhaft, die Beitragsforderung dennoch zutreffend. Die Voraussetzungen des § 28m SGB IV lägen zwar nicht vor, da der Arbeitgeber des Klägers kein sog. exterritorialer Arbeitgeber sei. Der Kläger sei aber dennoch der richtige Adressat der Beitragsforderung. Seine Pflicht zur Beitragszahlung als Beitragsschuldner im Sinne des § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV folge aus dem Anstellungsvertrag vom 28.1.2008, Ziff. 4, i.V.m. mit dem nachfolgend genannten Gemeinschaftsrecht. Habe der Arbeitgeber keine Niederlassung in dem EU-/EWR-Staat (einschließlich der Schweiz), in dem der Arbeitnehmer beschäftigt sei, könne er mit dem Arbeitnehmer vereinbaren, dass dieser an seiner Stelle die Zahlung der Beiträge vornehme (Art. 21 Abs. 2 der EG-VO Nr. 987/2009, Art. 109 der EWG-VO Nr. 574/72). Diese Vereinbarung sei zu ihrer Wirksamkeit der zuständigen Krankenkasse anzuzeigen. Sie habe für den Arbeitgeber jedoch insoweit keine befreiende Wirkung, als dessen Haftung wie ein selbstschuldnerischer Bürge unberührt bleibe. Im Rahmen der Betriebsprüfung erlasse sie - die Beklagte - den Beitragsbescheid nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV gegenüber dem Beitragsschuldner. In der Vorschrift werde wörtlich lediglich der Arbeitgeber als Beitragsschuldner genannt, obgleich hier eine Ausnahmeregelung z.B. in Gestalt des § 28m SGB IV bestehe. Im vorliegenden Rechtsstreit sei über die höchstrichterlich noch nicht entschiedene Rechtsfrage zu entscheiden, ob die vorgenannte Vereinbarung (Anstellungsvertrag vom 28.1.2008) zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgrund Zulassung durch das zwischenstaatliche Recht (§ 30 Abs. 2 SGB I) das nationale Recht (§ 28e Abs. 1 Satz 1, § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV) verdränge.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und schließt sich dem Vortrag der Beklagten an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen zu 1), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Der Senat kann entscheiden, ohne die Arbeitgeberin des Klägers beizuladen.
a) Die Voraussetzungen der notwendigen Beiladung gem. § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind nicht erfüllt. Nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG sind Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies ist dann der Fall, wenn durch die Entscheidung über das streitige Rechtsverhältnis zugleich in die Rechtssphäre des Dritten unmittelbar eingegriffen wird, wenn also eine Entscheidung nicht getroffen werden kann, ohne dass dadurch unmittelbar Rechte Dritter gestaltet werden (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 75 Rdnr. 10 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Denn eine Entscheidung des streitigen Rechtsverhältnisses gestaltet nicht unmittelbar Rechte der Arbeitgeberin und greift nicht in diese ein. Denn die Entscheidung des Senats wirkt sich nicht unmittelbar auf eine etwaige Beitragspflicht der Arbeitgeberin und deren Durchsetzbarkeit durch die Sozialversicherungsträger ihr gegenüber aus. Streitentscheidend ist vielmehr allein, ob für den Erlass des Beitragsbescheides gegenüber dem Kläger eine Ermächtigungsgrundlage für die Beklagte gegeben ist. Dieser rechtliche Aspekt betrifft ausschließlich die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und der Beklagten.
b) Dem Antrag der Beklagten, die Arbeitgeberin des Klägers gem. § 75 Abs. 1 Satz 1 SGG einfach beizuladen, hat der Senat in Ausübung des ihm insoweit gesetzlich eingeräumten Ermessens nicht entsprochen. Rechtliche Interessen der Arbeitgeberin sind nicht erkennbar. Die Rechtsfragen, ob der Kläger Schuldner der Beitragsforderung ist und dies zu etwaigen Ausgleichsansprüchen des Klägers gegen seine Arbeitgeberin führen kann, werden in vorliegendem Verfahren mangels Erheblichkeit nicht beantwortet. Soweit die Beklagte ihren Antrag damit begründet, dass der Senat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass die Arbeitgeberin der deutschen Gerichtsbarkeit unterliege und eine Beitragsforderung nach § 28e Abs. 1 SGB IV ihr gegenüber geltend zu machen wäre, handelt es sich ebenfalls um rechtliche Gesichtspunkte, die für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erheblich sind. Etwaige Beitragsansprüche der inländischen Sozialversicherungsträger gegen die Arbeitgeberin und deren Durchsetzbarkeit werden von der Entscheidung im vorliegenden Verfahren nicht beeinflusst und damit nicht berührt. Weitere etwaige Interessen sind von der Beklagten nicht aufgezeigt worden und für den Senat nicht ersichtlich.
2. Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Bescheid vom 21.7.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.5.2010 ist rechtswidrig und beschwert den Kläger somit im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
a) Die Heranziehung des Klägers zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen im Wege des Verwaltungsaktes stellt - unabhängig von der Frage, ob sie ihn in seiner Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) oder "nur" in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betrifft - eine belastende Regelung dar, die einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Das ergibt sich einfachgesetzlich aus § 31 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (zu dessen Anwendbarkeit auch auf Beitragspflichten siehe nur Weselski in jurisPK-SGB I § 31 Rdnrn. 14, 18; zum Gesetzesvorbehalt bei der Indienstnahme Privater Schlegel, FS 50 Jahre Bundessozialgericht, 2004, 265 [280]; jeweils m.w.N.) und folgt im Übrigen aus dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG). Eine derartige Ermächtigungsgrundlage enthält grundsätzlich § 28h Abs. 2 SGB IV zugunsten der Einzugsstellen, d.h. der zuständigen Krankenkassen (§ 28h Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Darüber hinaus erlassen nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber dem Arbeitgeber. Nur "insoweit" gilt § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV nicht, wie § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV ausdrücklich regelt. Eine diese allgemeine Zuständigkeit verdrängende Kompetenz des prüfenden Rentenversicherungsträgers besteht mithin nur bei Entscheidungen, die kumulativ zwei Voraussetzungen erfüllen: Sie ergehen im Rahmen einer Prüfung beim Arbeitgeber und gegenüber diesem. In anderen Fällen bleibt es bei der Zuständigkeit der Einzugsstelle (vgl. zu vorstehenden Ausführungen für den Fall der Inanspruchnahme von Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts: Senat, Urteil v. 25.1.2012, L 8 R 67/09, juris). Ausgehend hiervon fehlt es an der erforderlichen Rechtsgrundlage für eine Inanspruchnahme des Klägers durch die Beklagte als prüfenden Rentenversicherungsträger. Denn der Kläger ist weder Arbeitgeber im Sinne von § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV (dazu unter b)), noch kann diese Vorschrift dahingehend ausgelegt werden, dass er als zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags verpflichteter Beschäftigter als Arbeitgeber anzusehen ist (dazu unter c)). § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV kann schließlich im vorliegenden Fall auch nicht analog angewandt werden (dazu unter d)).
b) Der Kläger ist nicht Arbeitgeber im Sinne von § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV.
aa) Arbeitgeber im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist regelmäßig derjenige, zu dem ein anderer - der Beschäftigte - in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis steht. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen (in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung) sowie eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Arbeitgeber insbesondere im Sinne der §§ 28e Abs. 1 Satz 1, 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV ist mithin derjenige, dem der Anspruch auf die von dem Beschäftigten nach Maßgabe des Weisungsrechts geschuldete Arbeitsleistung zusteht und der dem Beschäftigten dafür als Gegenleistung zur Entgeltzahlung verpflichtet ist (vgl. BSG, Urteil v. 27.7.2011, B 12 KR 10/09 R, m.w.N., juris; Senat, Beschluss v. 21.7.2011, L 8 R 280/11 B ER, juris).
bb) Nach diesen Kriterien ist der Kläger gerade kein Arbeitgeber, sondern vielmehr Beschäftigter, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Der Kläger steht zur T Service AG, Team N, in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis. Letztgenannter steht der Anspruch auf die vom Kläger als Beschäftigten nach Maßgabe ihres Weisungsrechts geschuldete Arbeitsleistung zu und ist dem Kläger als Beschäftigten dafür als Gegenleistung zur Entgeltzahlung verpflichtet.
c) Entgegen der Auffassung der Beklagten und einer in der Literatur vertretenen Ansicht (Scheer in jurisPK-SGB IV, § 28m Rdnr. 33) kann § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV nicht dahingehend ausgelegt werden, dass diese Vorschrift zum Erlass eines Beitragsbescheides durch den Rentenversicherungsträger gegenüber dem Schuldner des Gesamtsozialversicherungsbeitrags auch dann berechtigt, wenn es sich dabei um den Beschäftigten selbst handelt.
aa) Dem Wortlaut des § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV nach beschränkt sich die Ermächtigung zum Erlass von Verwaltungsakten über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe auf Arbeitgeber. Da sich die Eigenschaft als Arbeitgeber und die als Beschäftigter nach der oben dargestellten Definition des Begriffs des Arbeitgebers gegenseitig ausschließen, lässt der Wortlaut keine Erweiterung auf Beschäftigte als Adressaten von Beitragsbescheiden im Rahmen der Prüfungen nach § 28p SGB IV zu.
bb) Auch mit Blick auf die Gesetzessystematik lässt sich die von der Beklagten vertretene Auslegung nicht begründen. Dies zeigen zum Einen bereits die vorstehenden Ausführungen zur Kompetenzverteilung zwischen prüfendem Rentenversicherungsträger und Einzugsstelle auf. Zum Anderen wird dieses Ergebnis durch die Systematik der Regelungen zu den Arbeitgeber- und Beschäftigtenpflichten bestätigt.
Die Systematik der Regelungen des dritten Abschnitts "Meldepflichten des Arbeitgebers, Gesamtsozialversicherungsbeitrag" des SGB IV verdeutlicht, dass die weitgehende Indienstnahme der Arbeitgeber grundsätzlich nicht auf die Beschäftigten übertragbar ist, sondern für die einzelnen Regelungsbereiche die Pflichten der Beschäftigten ausdrücklich und im Wesentlichen abweichend von denen der Arbeitgeber ausgestaltet worden sind.
Der zweite Titel "Verfahren und Haftung bei der Beitragszahlung" des dritten Abschnitts enthält in den §§ 28e bis 28g grundlegende Regelungen über Pflichten und Rechte der Arbeitgeber. § 28m enthält nach seiner amtlichen Überschrift "Sonderregelungen für bestimmte Personengruppen". Im Hinblick auf Beschäftigte wird abweichend von den Regelungen des dritten Abschnitts in Abs. 1 dieser Vorschrift nur die Pflicht zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages (Abweichung von § 28e Abs. 1 SGB IV) sowie die Meldepflicht geregelt. Sämtliche sonstige Pflichten des Arbeitgebers werden gerade nicht dem Beschäftigten auferlegt. Auch der dritte Titel "Auskunfts- und Vorlagepflicht, Prüfung, Schadensersatzpflicht und Verzinsung" enthält getrennte und unterschiedliche Bestimmungen zu den Pflichten der Beschäftigten (§ 28o) und der Arbeitgeber (§ 28p). Nach § 28o SGB IV treffen den Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber und dem zuständigen Versicherungsträger lediglich Auskunfts- und Vorlagepflichten, jedoch nicht die Pflicht, Prüfungen der Rentenversicherungsträger zu dulden und daran mitzuwirken. Aus der inneren Systematik des § 28p wird ebenfalls deutlich, dass Beschäftigte der Prüfung und der damit verbundenen Ermächtigung der prüfenden Rentenversicherungsträger zum Erlass von Verwaltungsakten zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe nicht unterliegen. § 28p enthält in Abs. 6 ausdrückliche Regelungen darüber, wer neben den Arbeitgebern sonst noch zu prüfen ist: Dies sind steuerberatende Stellen, Rechenzentren und vergleichbare Einrichtungen, die im Auftrag des Arbeitgebers oder einer von ihm beauftragten Person Löhne und Gehälter abrechnen oder Meldungen erstatten, und damit gerade nicht die Beschäftigten.
cc) Auch der Entstehungsgeschichte des § 28p SGB IV ist für die Ansicht der Beklagten nichts zu entnehmen.
Die am 1.1.1989 eingeführte Vorschrift verpflichtete zunächst die Krankenkassen als Einzugsstellen zur Beitragsüberwachung und Prüfung der Arbeitgeber (Art. 19 Abs. 1 des Melderecht- und Beitragseinzug-Einordnungsgesetzes vom 20.12.1988, BGBl. I 1988, 2330), wodurch die Rentenversicherungsträger ihr bis dahin bestehendes Prüfrecht verloren (vgl. auch zu nachfolgenden Ausführungen Jochim in jurisPK-SGB IV § 28p Rdnrn. 1, 71; Wehrhahn in Kass. Komm. SGB IV § 28p Rdnr. 3). Diese Regelung ging von den Strukturen der gesetzlichen Krankenversicherung vor dem Inkrafttreten des Gesundheitsstrukturgesetzes - GSG - vom 21.12.1992 (BGBl I 1992, 2266) aus, nach denen es Kassenwahlfreiheit nur für Angestellte gab. Mit der Ausdehnung der Wahlfreiheit auf alle Versicherten sah der Gesetzgeber die Notwendigkeit, ab dem 1.1.1996 die Pflicht zur Prüfung der Arbeitgeber in drei Jahresschritten auf die Rentenversicherungsträger zu übertragen (Art. 2 § 15c Abs. 1 des 3. Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuches - 3. SGB-ÄndG - vom 30.6.1995, BGBl I 1995, 890). Vor dem Hintergrund eines zu erwartenden umfassenden Wettbewerbs um Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung wollte er damit eine objektive Prüfung der Arbeitgeber gewährleisten. Da die Betriebe ein wichtiges Feld für die Werbung von Mitgliedern seien, sei dieser Umstand mit der Erforderlichkeit einer neutralen Arbeitgeberprüfung nicht mehr vereinbar (vgl. BT-Drs. 13/1205, S. 6).
Die Gesetzgebungsgeschichte zeigt somit, dass der Gesetzgeber den Krankenkassen die Prüfung von Versicherungspflicht und Beitragshöhe nur hinsichtlich der Arbeitgeberprüfungen entzogen hat, um deren Neutralität sicherzustellen. Die dieser Entscheidung zugrunde liegende Problemlage (Betriebe als wichtiges Feld für die Werbung von Mitgliedern) stellt sich bei der Prüfung im Verhältnis zu dem einzelnen Beschäftigten nicht in vergleichbarer Weise. Insoweit konnte der Gesetzgeber es also bei den Prüfungsbefugnissen der Einzugsstellen gemäß § 28h Abs. 2 SGB IV belassen. Dementsprechend ist nichts dafür ersichtlich, dass mit der Änderung der Zuständigkeit eine Erweiterung über den Kreis der Arbeitgeber hinaus erfolgen sollte.
dd) Der Gesetzeszweck des § 28p SGB IV gibt für die Ansicht der Beklagten ebenfalls nichts her. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift prüfen die Rentenversicherungsträger bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a) mindestens alle vier Jahre. Es wird damit unmittelbar an die speziell den Arbeitgebern auferlegten umfangreichen Pflichten angeknüpft. § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV ermächtigt die Rentenversicherungsträger zum Erlass von Verwaltungsakten zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe nur "im Rahmen der Prüfung"; insoweit gilt insbesondere nicht § 28h Abs. 2 SGB IV. Außerhalb einer Prüfung durch die Rentenversicherungsträger soll es bei der Prüfungs- und Entscheidungskompetenz der Krankenkassen als Einzugsstellen nach § 28h Abs. 2 SGB IV bleiben. Dies gilt danach in den Fällen, in denen eine Prüfung schon gar nicht stattfindet. In Bezug auf die Beschäftigten hat der Gesetzgeber in den §§ 28m und 28o SGB IV hinlänglich zum Ausdruck gebracht, dass er bei diesen eine Prüfung der Rentenversicherungsträger nicht für erforderlich hält, selbst dann, wenn ein Beschäftigter ausnahmsweise - wie im Fall des § 28m Abs. 1 SGB IV - Schuldner der Beitragsforderung ist.
d) Eine analoge Anwendung des § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV für vorliegende Fallkonstellation kommt nicht in Betracht. Es fehlt bereits aus den vorstehenden Gründen an einer dafür erforderlichen planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes (sog. planwidrige Regelungslücke; zu deren Erforderlichkeit statt aller: BSG, Urteil v. 15.8.2012, B 6 KA 48/11 R, SozR 4-2500 § 101 Nr. 13 m.w.N.). Die dargestellten Regelungen zur Kompetenzverteilung zwischen Einzugsstellen und prüfenden Rentenversicherungsträgern sind erkennbar - nicht zuletzt vor dem historischen Hintergrund der Übertragung der Arbeitgeberprüfungen auf die Rentenversicherungsträger - abschließend.
e) Da die streitgegenständlichen Bescheide schon wegen einer fehlenden Ermächtigungsgrundlage für die Inanspruchnahme des Klägers durch die Beklagte aufzuheben sind, kann der Senat dahinstehen lassen, ob der Kläger materiell-rechtlich - insbesondere gem. Art. 109 EWG-Verordnung Nr. 574/72 i. V. m. dem Freizügigkeitsabkommen EG-Schweiz v. 21.6.1996 (BGBl. II 2001, 810) - überhaupt zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages verpflichtet ist, sodass er dem Antrag der Beklagten, die DVKA als sachverständige Stelle anzuhören, mangels Erheblichkeit nicht folgen muss. Namentlich kann unentschieden bleiben, ob eine Pflicht des Klägers zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags im Verhältnis zur Einzugsstelle wirksam erst dann entsteht, wenn diese durch den Arbeitgeber gem. Art. 109 Abs. 2 EWG-Verordnung Nr. 574/72 informiert worden ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183 Abs. 1 Satz 1, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
4. Der Senat hat die Revision gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, da sich nach Auskunft der Vertreter der Beklagten im Verhandlungstermin die streitige Rechtsfrage regelmäßig und in einer Vielzahl von Fällen stellt und eine höchstrichterliche Klärung bisher nicht erfolgt ist.
Tatbestand:
Im Streit ist die Nachforderung von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung Sozialversicherung i.H.v. 11.645,62 EUR für den Zeitraum vom 1.3.2008 bis zum 31.5.2009, in dem der Kläger freiwillig krankenversichert und auf dieser Grundlage in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert war.
Der Kläger war im Streitzeitraum bei der T Service AG, Team N, als Servicetechniker beschäftigt. Das Unternehmen hat seinen Geschäftssitz in der Schweiz, der Kläger wird jedoch in Deutschland eingesetzt. In seinem Anstellungsvertrag heißt es unter Ziffer 4:
"Das Salär beträgt Euro 2.800,00 x 13. Alle gesetzlich vorgeschriebenen Steuern, Versicherungen, Prämien usw. sind selbständig durch den Mitarbeitenden gegenüber dem Wohnsitzstaat zu erfüllen. (Sozialversicherungen, Steuern, Arbeitslosenversicherung, Krankenkasse, Rentenversicherung). Die T AG bezahlt monatlich an diese Sozialversicherungen durchschnittlich (Basis: Techniker Krankenkasse Deutschland, Stand 1.1.2008): Rentenversicherung 9,95 %‚ Krankenversicherung 6,95 %‚ Pflegeversicherung 0,85 %‚ Arbeitslosenkasse 1,65 %. Der Mitarbeitende hat die entsprechenden Belege der Personalabteilung der T AG in U vorzulegen."
Unter dem 29.1.2009 wandte sich die Beklagte an den Kläger und wies darauf hin, dass sie mindestens alle vier Jahre verpflichtet sei, bei den Arbeitgebern zu prüfen, ob diese ihre Pflichten nach dem Vierten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) erfüllen. Grundsätzlich habe der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Wenn der Arbeitgeber jedoch ein ausländischer Staat, eine über- oder zwischenstaatliche Organisation oder eine Person sei, die nicht der inländischen Gerichtsbarkeit unterstehe und ihre Zahlungspflicht nicht erfülle, habe der Beschäftigte den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Der Kläger sei seit dem 1.3.2008 bei der in der Schweiz ansässigen Firma T AG als Servicetechniker beschäftigt. Zur Überprüfung, ob die Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß abgeführt wurden, müsse der Kläger seinen Anstellungsvertrag, die monatlichen Lohnabrechnungen seit dem 1.3.2008, Beitragsnachweise, die Betriebsnummer, unter der die Beiträge abgeführt wurden, seine Sozialversicherungsnummer, seine letzte Krankenkasse sowie einen Nachweis über eine etwaige Elterneigenschaft vorlegen. An die Erledigung wurde der Kläger unter dem 17.3.2009 sowie unter dem 29.4.2009 noch einmal erinnert. Der Kläger reagierte hierauf jedoch nicht.
Für die Zeit vom 1.3.2008 bis zum 31.5.2009 führte die Beklagte sodann gem. § 28p Abs. 1 SGB IV eine Beitragsüberwachung durch und hörte den Kläger mit Schreiben vom 22.6.2009 zu der beabsichtigten Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 30.098,35 Euro durch einen Summenbeitragsbescheid an. Zur Begründung wurde ausgeführt, da der Kläger nicht auf die Schreiben vom 29.1.2009, 17.3.2009 und 29.4.2009 reagiert habe, habe die Höhe der gezahlten Arbeitsentgelte nicht ermittelt werden können. Sie hätten daher geschätzt werden müssen; dabei habe man für das zu ermittelnde monatliche Arbeitsentgelt das Arbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu Grunde gelegt. Er sei laut der Auskunft seines Arbeitgebers seit dem 1.3.2008 als Servicetechniker für Deutschland beschäftigt. Aufgrund seines Wohnortes und der überwiegenden Tätigkeit in Deutschland würden für ihn die deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit gelten. Den grundsätzlich vom Arbeitgeber zu zahlende Gesamtsozialversicherungsbeitrag habe der Beschäftigte u.a. dann selbst zu zahlen, wenn sein Arbeitgeber - wie hier - nicht der inländischen Gerichtsbarkeit unterstehe und seine Zahlungspflicht nicht erfülle.
In der Folgezeit wandte sich die Ehefrau des Klägers telefonisch an die Beklagte und teilte mit, sie habe die angeforderten Unterlagen übersandt. Im Übrigen habe die Beklagten auch ein viel zu hohes Arbeitsentgelt zu Grunde gelegt, da der Kläger nur 2.900,00 Euro monatlich verdiene. Mit Schreiben vom 9.7.2009 übersandte die Ehefrau des Klägers (erneut) die von der Beklagten erbetenen Unterlagen. Aus einer Zusammenfassung über die gezahlten Entgelte ergibt sich, dass der Kläger im Jahr 2008 insgesamt 34.573,64 Euro brutto sowie in der Zeit vom 1.1.2009 bis zum 31.5.2009 15.946,79 Euro brutto verdient hatte. Unter demselben Datum wandte sich auch der Kläger an die Beklagte und wies darauf hin, sein Einkommen sei zu hoch geschätzt worden. Im Übrigen habe er die von seinem Arbeitgeber ausgezahlten Gelder im Vertrauen auf die Auskunft der Beigeladenen zu 1), dass keine Versicherungspflicht bestehe, verbraucht.
Mit Bescheid vom 21.7.2009 forderte die Beklagte von dem Kläger für die Zeit vom 1.3.2008 bis zum 31.5.2009 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 11.645,62 Euro nach. Die Begründung entsprach weitestgehend derjenigen des Anhörungsschreibens. Ergänzend wurde ausgeführt, eine Rückfrage bei der Beigeladenen zu 1) habe ergeben, dass er dort aufgrund seines Antrags zur freiwilligen Krankenversicherung als freiwilliges Mitglied zur Kranken- und Pflegeversicherung aufgenommen worden sei. Die Beigeladene zu 1) habe indes keine schriftliche Entscheidung über die Renten- und Arbeitslosenversicherung getroffen. Es sei auch kein Verwaltungsakt zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung in der Renten- und Arbeitslosenversicherung erlassen worden. Insoweit sei es auch nicht von Bedeutung, dass der Kläger die vom Arbeitgeber gesondert gezahlten Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung zwischenzeitlich verbraucht habe. Er könne bei der Beigeladenen zu 1) jedoch einen Antrag auf Stundung der Beiträge stellen. Von der Erhebung von Säumniszuschlägen sehe man ab, da er glaubhaft gemacht habe, keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt zu haben. Bei der Berechnung habe man nunmehr das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt, welches sich aus den Zusammenstellungen der Lohnzahlungen ergeben habe.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit bei der Beklagten am 18.8.2009 eingegangenem Schreiben vom 17.8.2009 Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Zur Begründung führte er ergänzend aus, die Beigeladene zu 1) habe ihm im Februar 2008 die Auskunft erteilt, dass für ihn keine Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung bestehe. Daher habe er sich auch freiwillig krankenversichert. Es sei ihm nicht zumutbar gewesen, sich weiter kundig zu machen. Die Rechtsquellen, auf die sich die Beklagte berufe, seien zudem sehr versteckt und offenbar auch der Beigeladenen zu 1) nicht bekannt gewesen.
Die vorgebrachten Einwände leitete die Beklagte der Beigeladenen zu 1) mit der Bitte um Prüfung und Mitteilung zu, ob sich in ihren Akten eine explizite schriftliche Beurteilung bzw. eine Gesprächsnotiz über eine telefonische oder mündliche Auskunft darüber befinde, dass der Kläger nicht der Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung unterliege. Die Beigeladene zu 1) teilte daraufhin unter dem 5.10.2009 mit, dass sich in ihren Akten kein entsprechender Vermerk befinde. Da der Kläger aber in der Schweiz nicht durch seinen Arbeitgeber krankenversichert worden sei, habe man ihm aber möglicherweise die Auskunft erteilt, dass er nicht krankenversicherungspflichtig sei. Daher habe man ihn auch freiwillig versichert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7.5.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zwar habe die Beigeladene zu 1) den Kläger als freiwilliges Mitglied zur Krankenversicherung aufgenommen habe. Sie habe damit jedoch keine Entscheidung über die Rentenversicherungspflicht getroffen. Die Feststellungen zur Krankenversicherung hätten auch keine rechtlichen Auswirkungen auf die Nachforderung der Beiträge zur Rentenversicherung und Arbeitsförderung. Im Anstellungsvertrag des Klägers sei vielmehr ausdrücklich geregelt gewesen, dass die vorgeschriebenen Versicherungen von ihm in Deutschland selbst abzuführen seien. Er habe monatlich von seinem Arbeitgeber die Arbeitgeberanteile zur deutschen Sozialversicherung ausbezahlt bekommen. Die Arbeitgeberanteile zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie zur Arbeitsförderung seien auch gesondert in der Gehaltsabrechnung ausgewiesen worden. Sein Argument, es sei ihm nicht zumutbar gewesen, sich weiter kundig zu machen, greife daher nicht ein, weil ihm die Pflicht zur Abführung der Beiträge arbeitsvertraglich übertragen worden sei. Auch der Einwand, er habe die Beträge bereits verbraucht, sei unbeachtlich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei ein Beitragsschuldner durch die vierjährige Verjährungsfrist vor unzumutbaren Beitragsnachforderungen hinreichend geschützt. Eine Verwirkung der Ansprüche setze voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraumes unterlassen habe und weitere besondere Umstände hinzuträten, die eine verspätete Geltendmachung als illoyal erscheinen ließen. Solche besonderen Umstände würden vorliegen, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf habe vertrauen dürfen, dass das Recht nicht mehr geltend gemacht werde, der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut und sich infolgedessen so eingerichtet habe, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. Dabei sei ein strenger Maßstab anzulegen. Da die Beigeladene zu 1) keine Aussage über Versicherungspflicht bzw. -freiheit in der Rentenversicherung und der Arbeitsförderung getroffen habe, bestehe insoweit kein Vertrauensschutz.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 9.6.2010 zum Sozialgericht (SG) Duisburg Klage erhoben. Er hat unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens die Ansicht vertreten, dass er nicht zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen werden könne. Man könne ihn auch nicht darauf verweisen, dass er anhand seines Arbeitsvertrages die Pflicht zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen habe erkennen können, da selbst die Beigeladene zu 1) ihm trotz Vorlage seines Arbeitsvertrages eine falsche Auskunft erteilt habe. Seine (rechtswidrige) Aufnahme als freiwillig Krankenversicherter beinhalte zugleich die Feststellung, dass eine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung nicht bestehe. Sie begründe zudem ein Verwirkungsverhalten der Beigeladenen zu 1), das sich die Beklagte zurechnen lassen müsse.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 21.7.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.5.2010 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist weiterhin der Ansicht gewesen, dass der Kläger zur Zahlung der geltend gemachten Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet sei. Die Auskunft der Beigeladenen zu 1), dass keine Versicherungspflicht bestehe, habe sich lediglich auf die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung bezogen. Da aber seitens der Beigeladenen zu 1) über das Nichtbestehen von Versicherungspflicht kein Verwaltungsakt erteilt worden sei, könne sich der Kläger auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Man habe dem der Beigeladenen zu 1) entgegen gebrachten Vertrauen aber dadurch Rechnung getragen, dass nur Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung nachgefordert und auf die Erhebung von Säumniszuschlägen verzichtet worden sei. Es sei auch keine Pflichtverletzung der Beigeladenen zu 1) zu erkennen, die einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen könnte. Insbesondere lägen bezüglich der etwaigen Anfrage des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) keine Gesprächsnotizen vor, so dass auch nicht zu ermitteln sei, mit welcher konkreten Fragestellung er sich an die Beigeladene gewandt habe.
Die Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt und sich den Ausführungen der Beklagten angeschlossen. Ergänzend hat sie ausgeführt, man habe offenbar die Auskunft erteilt, dass keine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung bestehe; dies habe aber keine Auswirkung auf die Nachforderung von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung. Eine Feststellung betreffend das Vorliegen von Versicherungspflicht zur Rentenversicherung durch sie sei nicht erfolgt.
Das SG hat am 29.11.2011 einen Erörterungstermin durchgeführt und die Beteiligten angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Das SG hat mit Urteil vom 26.3.2012 die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihm am 29.3.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.4.2012 Berufung eingelegt. Er wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen. Er beruft sich erneut auf Vertrauensschutz sowie auf Verwirkung der streitigen Beitragsforderung. Die Entscheidung der Beigeladenen zu 1) über die freiwillige Versicherung enthalte zwangsläufig eine Statusentscheidung mit Bindungswirkung für die übrigen Sozialversicherungsträger. Er, der Kläger, sei nicht der richtige Adressat der Beitragsforderung. Die Beklagte habe keine einschlägige Ermächtigungsgrundlage angegeben. Aus einem privatrechtlichen Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer lasse sich nie eine Ermächtigungsgrundlage für hoheitliches Handeln ableiten. Die Tatsache, dass die privatrechtliche Vereinbarung keine befreiende Wirkung für den Arbeitgeber habe, unterstreiche, dass diese Vereinbarung nur im Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Rolle spiele. Schuldner gegenüber der Einzugsstelle sei der Arbeitgeber. Aus diesem Grund komme es nicht darauf an, ob hier nationales Recht verdrängt werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 26.3.2012 zu ändern und den Bescheid vom 21.7.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.5.2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen,
die Arbeitgeberin des Klägers nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGG beizuladen,
die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland (DVKA), Postfach 20 04 64, 53134 Bonn, als sachverständige Stelle schriftlich anzuhören,
die Revision zuzulassen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Begründung des angefochtenen Bescheides sei zwar fehlerhaft, die Beitragsforderung dennoch zutreffend. Die Voraussetzungen des § 28m SGB IV lägen zwar nicht vor, da der Arbeitgeber des Klägers kein sog. exterritorialer Arbeitgeber sei. Der Kläger sei aber dennoch der richtige Adressat der Beitragsforderung. Seine Pflicht zur Beitragszahlung als Beitragsschuldner im Sinne des § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV folge aus dem Anstellungsvertrag vom 28.1.2008, Ziff. 4, i.V.m. mit dem nachfolgend genannten Gemeinschaftsrecht. Habe der Arbeitgeber keine Niederlassung in dem EU-/EWR-Staat (einschließlich der Schweiz), in dem der Arbeitnehmer beschäftigt sei, könne er mit dem Arbeitnehmer vereinbaren, dass dieser an seiner Stelle die Zahlung der Beiträge vornehme (Art. 21 Abs. 2 der EG-VO Nr. 987/2009, Art. 109 der EWG-VO Nr. 574/72). Diese Vereinbarung sei zu ihrer Wirksamkeit der zuständigen Krankenkasse anzuzeigen. Sie habe für den Arbeitgeber jedoch insoweit keine befreiende Wirkung, als dessen Haftung wie ein selbstschuldnerischer Bürge unberührt bleibe. Im Rahmen der Betriebsprüfung erlasse sie - die Beklagte - den Beitragsbescheid nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV gegenüber dem Beitragsschuldner. In der Vorschrift werde wörtlich lediglich der Arbeitgeber als Beitragsschuldner genannt, obgleich hier eine Ausnahmeregelung z.B. in Gestalt des § 28m SGB IV bestehe. Im vorliegenden Rechtsstreit sei über die höchstrichterlich noch nicht entschiedene Rechtsfrage zu entscheiden, ob die vorgenannte Vereinbarung (Anstellungsvertrag vom 28.1.2008) zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgrund Zulassung durch das zwischenstaatliche Recht (§ 30 Abs. 2 SGB I) das nationale Recht (§ 28e Abs. 1 Satz 1, § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV) verdränge.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und schließt sich dem Vortrag der Beklagten an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen zu 1), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Der Senat kann entscheiden, ohne die Arbeitgeberin des Klägers beizuladen.
a) Die Voraussetzungen der notwendigen Beiladung gem. § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind nicht erfüllt. Nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG sind Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies ist dann der Fall, wenn durch die Entscheidung über das streitige Rechtsverhältnis zugleich in die Rechtssphäre des Dritten unmittelbar eingegriffen wird, wenn also eine Entscheidung nicht getroffen werden kann, ohne dass dadurch unmittelbar Rechte Dritter gestaltet werden (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 75 Rdnr. 10 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Denn eine Entscheidung des streitigen Rechtsverhältnisses gestaltet nicht unmittelbar Rechte der Arbeitgeberin und greift nicht in diese ein. Denn die Entscheidung des Senats wirkt sich nicht unmittelbar auf eine etwaige Beitragspflicht der Arbeitgeberin und deren Durchsetzbarkeit durch die Sozialversicherungsträger ihr gegenüber aus. Streitentscheidend ist vielmehr allein, ob für den Erlass des Beitragsbescheides gegenüber dem Kläger eine Ermächtigungsgrundlage für die Beklagte gegeben ist. Dieser rechtliche Aspekt betrifft ausschließlich die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und der Beklagten.
b) Dem Antrag der Beklagten, die Arbeitgeberin des Klägers gem. § 75 Abs. 1 Satz 1 SGG einfach beizuladen, hat der Senat in Ausübung des ihm insoweit gesetzlich eingeräumten Ermessens nicht entsprochen. Rechtliche Interessen der Arbeitgeberin sind nicht erkennbar. Die Rechtsfragen, ob der Kläger Schuldner der Beitragsforderung ist und dies zu etwaigen Ausgleichsansprüchen des Klägers gegen seine Arbeitgeberin führen kann, werden in vorliegendem Verfahren mangels Erheblichkeit nicht beantwortet. Soweit die Beklagte ihren Antrag damit begründet, dass der Senat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass die Arbeitgeberin der deutschen Gerichtsbarkeit unterliege und eine Beitragsforderung nach § 28e Abs. 1 SGB IV ihr gegenüber geltend zu machen wäre, handelt es sich ebenfalls um rechtliche Gesichtspunkte, die für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erheblich sind. Etwaige Beitragsansprüche der inländischen Sozialversicherungsträger gegen die Arbeitgeberin und deren Durchsetzbarkeit werden von der Entscheidung im vorliegenden Verfahren nicht beeinflusst und damit nicht berührt. Weitere etwaige Interessen sind von der Beklagten nicht aufgezeigt worden und für den Senat nicht ersichtlich.
2. Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Bescheid vom 21.7.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.5.2010 ist rechtswidrig und beschwert den Kläger somit im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
a) Die Heranziehung des Klägers zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen im Wege des Verwaltungsaktes stellt - unabhängig von der Frage, ob sie ihn in seiner Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) oder "nur" in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betrifft - eine belastende Regelung dar, die einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Das ergibt sich einfachgesetzlich aus § 31 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (zu dessen Anwendbarkeit auch auf Beitragspflichten siehe nur Weselski in jurisPK-SGB I § 31 Rdnrn. 14, 18; zum Gesetzesvorbehalt bei der Indienstnahme Privater Schlegel, FS 50 Jahre Bundessozialgericht, 2004, 265 [280]; jeweils m.w.N.) und folgt im Übrigen aus dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG). Eine derartige Ermächtigungsgrundlage enthält grundsätzlich § 28h Abs. 2 SGB IV zugunsten der Einzugsstellen, d.h. der zuständigen Krankenkassen (§ 28h Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Darüber hinaus erlassen nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber dem Arbeitgeber. Nur "insoweit" gilt § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV nicht, wie § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV ausdrücklich regelt. Eine diese allgemeine Zuständigkeit verdrängende Kompetenz des prüfenden Rentenversicherungsträgers besteht mithin nur bei Entscheidungen, die kumulativ zwei Voraussetzungen erfüllen: Sie ergehen im Rahmen einer Prüfung beim Arbeitgeber und gegenüber diesem. In anderen Fällen bleibt es bei der Zuständigkeit der Einzugsstelle (vgl. zu vorstehenden Ausführungen für den Fall der Inanspruchnahme von Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts: Senat, Urteil v. 25.1.2012, L 8 R 67/09, juris). Ausgehend hiervon fehlt es an der erforderlichen Rechtsgrundlage für eine Inanspruchnahme des Klägers durch die Beklagte als prüfenden Rentenversicherungsträger. Denn der Kläger ist weder Arbeitgeber im Sinne von § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV (dazu unter b)), noch kann diese Vorschrift dahingehend ausgelegt werden, dass er als zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags verpflichteter Beschäftigter als Arbeitgeber anzusehen ist (dazu unter c)). § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV kann schließlich im vorliegenden Fall auch nicht analog angewandt werden (dazu unter d)).
b) Der Kläger ist nicht Arbeitgeber im Sinne von § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV.
aa) Arbeitgeber im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist regelmäßig derjenige, zu dem ein anderer - der Beschäftigte - in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis steht. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen (in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung) sowie eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Arbeitgeber insbesondere im Sinne der §§ 28e Abs. 1 Satz 1, 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV ist mithin derjenige, dem der Anspruch auf die von dem Beschäftigten nach Maßgabe des Weisungsrechts geschuldete Arbeitsleistung zusteht und der dem Beschäftigten dafür als Gegenleistung zur Entgeltzahlung verpflichtet ist (vgl. BSG, Urteil v. 27.7.2011, B 12 KR 10/09 R, m.w.N., juris; Senat, Beschluss v. 21.7.2011, L 8 R 280/11 B ER, juris).
bb) Nach diesen Kriterien ist der Kläger gerade kein Arbeitgeber, sondern vielmehr Beschäftigter, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Der Kläger steht zur T Service AG, Team N, in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis. Letztgenannter steht der Anspruch auf die vom Kläger als Beschäftigten nach Maßgabe ihres Weisungsrechts geschuldete Arbeitsleistung zu und ist dem Kläger als Beschäftigten dafür als Gegenleistung zur Entgeltzahlung verpflichtet.
c) Entgegen der Auffassung der Beklagten und einer in der Literatur vertretenen Ansicht (Scheer in jurisPK-SGB IV, § 28m Rdnr. 33) kann § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV nicht dahingehend ausgelegt werden, dass diese Vorschrift zum Erlass eines Beitragsbescheides durch den Rentenversicherungsträger gegenüber dem Schuldner des Gesamtsozialversicherungsbeitrags auch dann berechtigt, wenn es sich dabei um den Beschäftigten selbst handelt.
aa) Dem Wortlaut des § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV nach beschränkt sich die Ermächtigung zum Erlass von Verwaltungsakten über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe auf Arbeitgeber. Da sich die Eigenschaft als Arbeitgeber und die als Beschäftigter nach der oben dargestellten Definition des Begriffs des Arbeitgebers gegenseitig ausschließen, lässt der Wortlaut keine Erweiterung auf Beschäftigte als Adressaten von Beitragsbescheiden im Rahmen der Prüfungen nach § 28p SGB IV zu.
bb) Auch mit Blick auf die Gesetzessystematik lässt sich die von der Beklagten vertretene Auslegung nicht begründen. Dies zeigen zum Einen bereits die vorstehenden Ausführungen zur Kompetenzverteilung zwischen prüfendem Rentenversicherungsträger und Einzugsstelle auf. Zum Anderen wird dieses Ergebnis durch die Systematik der Regelungen zu den Arbeitgeber- und Beschäftigtenpflichten bestätigt.
Die Systematik der Regelungen des dritten Abschnitts "Meldepflichten des Arbeitgebers, Gesamtsozialversicherungsbeitrag" des SGB IV verdeutlicht, dass die weitgehende Indienstnahme der Arbeitgeber grundsätzlich nicht auf die Beschäftigten übertragbar ist, sondern für die einzelnen Regelungsbereiche die Pflichten der Beschäftigten ausdrücklich und im Wesentlichen abweichend von denen der Arbeitgeber ausgestaltet worden sind.
Der zweite Titel "Verfahren und Haftung bei der Beitragszahlung" des dritten Abschnitts enthält in den §§ 28e bis 28g grundlegende Regelungen über Pflichten und Rechte der Arbeitgeber. § 28m enthält nach seiner amtlichen Überschrift "Sonderregelungen für bestimmte Personengruppen". Im Hinblick auf Beschäftigte wird abweichend von den Regelungen des dritten Abschnitts in Abs. 1 dieser Vorschrift nur die Pflicht zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages (Abweichung von § 28e Abs. 1 SGB IV) sowie die Meldepflicht geregelt. Sämtliche sonstige Pflichten des Arbeitgebers werden gerade nicht dem Beschäftigten auferlegt. Auch der dritte Titel "Auskunfts- und Vorlagepflicht, Prüfung, Schadensersatzpflicht und Verzinsung" enthält getrennte und unterschiedliche Bestimmungen zu den Pflichten der Beschäftigten (§ 28o) und der Arbeitgeber (§ 28p). Nach § 28o SGB IV treffen den Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber und dem zuständigen Versicherungsträger lediglich Auskunfts- und Vorlagepflichten, jedoch nicht die Pflicht, Prüfungen der Rentenversicherungsträger zu dulden und daran mitzuwirken. Aus der inneren Systematik des § 28p wird ebenfalls deutlich, dass Beschäftigte der Prüfung und der damit verbundenen Ermächtigung der prüfenden Rentenversicherungsträger zum Erlass von Verwaltungsakten zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe nicht unterliegen. § 28p enthält in Abs. 6 ausdrückliche Regelungen darüber, wer neben den Arbeitgebern sonst noch zu prüfen ist: Dies sind steuerberatende Stellen, Rechenzentren und vergleichbare Einrichtungen, die im Auftrag des Arbeitgebers oder einer von ihm beauftragten Person Löhne und Gehälter abrechnen oder Meldungen erstatten, und damit gerade nicht die Beschäftigten.
cc) Auch der Entstehungsgeschichte des § 28p SGB IV ist für die Ansicht der Beklagten nichts zu entnehmen.
Die am 1.1.1989 eingeführte Vorschrift verpflichtete zunächst die Krankenkassen als Einzugsstellen zur Beitragsüberwachung und Prüfung der Arbeitgeber (Art. 19 Abs. 1 des Melderecht- und Beitragseinzug-Einordnungsgesetzes vom 20.12.1988, BGBl. I 1988, 2330), wodurch die Rentenversicherungsträger ihr bis dahin bestehendes Prüfrecht verloren (vgl. auch zu nachfolgenden Ausführungen Jochim in jurisPK-SGB IV § 28p Rdnrn. 1, 71; Wehrhahn in Kass. Komm. SGB IV § 28p Rdnr. 3). Diese Regelung ging von den Strukturen der gesetzlichen Krankenversicherung vor dem Inkrafttreten des Gesundheitsstrukturgesetzes - GSG - vom 21.12.1992 (BGBl I 1992, 2266) aus, nach denen es Kassenwahlfreiheit nur für Angestellte gab. Mit der Ausdehnung der Wahlfreiheit auf alle Versicherten sah der Gesetzgeber die Notwendigkeit, ab dem 1.1.1996 die Pflicht zur Prüfung der Arbeitgeber in drei Jahresschritten auf die Rentenversicherungsträger zu übertragen (Art. 2 § 15c Abs. 1 des 3. Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuches - 3. SGB-ÄndG - vom 30.6.1995, BGBl I 1995, 890). Vor dem Hintergrund eines zu erwartenden umfassenden Wettbewerbs um Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung wollte er damit eine objektive Prüfung der Arbeitgeber gewährleisten. Da die Betriebe ein wichtiges Feld für die Werbung von Mitgliedern seien, sei dieser Umstand mit der Erforderlichkeit einer neutralen Arbeitgeberprüfung nicht mehr vereinbar (vgl. BT-Drs. 13/1205, S. 6).
Die Gesetzgebungsgeschichte zeigt somit, dass der Gesetzgeber den Krankenkassen die Prüfung von Versicherungspflicht und Beitragshöhe nur hinsichtlich der Arbeitgeberprüfungen entzogen hat, um deren Neutralität sicherzustellen. Die dieser Entscheidung zugrunde liegende Problemlage (Betriebe als wichtiges Feld für die Werbung von Mitgliedern) stellt sich bei der Prüfung im Verhältnis zu dem einzelnen Beschäftigten nicht in vergleichbarer Weise. Insoweit konnte der Gesetzgeber es also bei den Prüfungsbefugnissen der Einzugsstellen gemäß § 28h Abs. 2 SGB IV belassen. Dementsprechend ist nichts dafür ersichtlich, dass mit der Änderung der Zuständigkeit eine Erweiterung über den Kreis der Arbeitgeber hinaus erfolgen sollte.
dd) Der Gesetzeszweck des § 28p SGB IV gibt für die Ansicht der Beklagten ebenfalls nichts her. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift prüfen die Rentenversicherungsträger bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a) mindestens alle vier Jahre. Es wird damit unmittelbar an die speziell den Arbeitgebern auferlegten umfangreichen Pflichten angeknüpft. § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV ermächtigt die Rentenversicherungsträger zum Erlass von Verwaltungsakten zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe nur "im Rahmen der Prüfung"; insoweit gilt insbesondere nicht § 28h Abs. 2 SGB IV. Außerhalb einer Prüfung durch die Rentenversicherungsträger soll es bei der Prüfungs- und Entscheidungskompetenz der Krankenkassen als Einzugsstellen nach § 28h Abs. 2 SGB IV bleiben. Dies gilt danach in den Fällen, in denen eine Prüfung schon gar nicht stattfindet. In Bezug auf die Beschäftigten hat der Gesetzgeber in den §§ 28m und 28o SGB IV hinlänglich zum Ausdruck gebracht, dass er bei diesen eine Prüfung der Rentenversicherungsträger nicht für erforderlich hält, selbst dann, wenn ein Beschäftigter ausnahmsweise - wie im Fall des § 28m Abs. 1 SGB IV - Schuldner der Beitragsforderung ist.
d) Eine analoge Anwendung des § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV für vorliegende Fallkonstellation kommt nicht in Betracht. Es fehlt bereits aus den vorstehenden Gründen an einer dafür erforderlichen planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes (sog. planwidrige Regelungslücke; zu deren Erforderlichkeit statt aller: BSG, Urteil v. 15.8.2012, B 6 KA 48/11 R, SozR 4-2500 § 101 Nr. 13 m.w.N.). Die dargestellten Regelungen zur Kompetenzverteilung zwischen Einzugsstellen und prüfenden Rentenversicherungsträgern sind erkennbar - nicht zuletzt vor dem historischen Hintergrund der Übertragung der Arbeitgeberprüfungen auf die Rentenversicherungsträger - abschließend.
e) Da die streitgegenständlichen Bescheide schon wegen einer fehlenden Ermächtigungsgrundlage für die Inanspruchnahme des Klägers durch die Beklagte aufzuheben sind, kann der Senat dahinstehen lassen, ob der Kläger materiell-rechtlich - insbesondere gem. Art. 109 EWG-Verordnung Nr. 574/72 i. V. m. dem Freizügigkeitsabkommen EG-Schweiz v. 21.6.1996 (BGBl. II 2001, 810) - überhaupt zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages verpflichtet ist, sodass er dem Antrag der Beklagten, die DVKA als sachverständige Stelle anzuhören, mangels Erheblichkeit nicht folgen muss. Namentlich kann unentschieden bleiben, ob eine Pflicht des Klägers zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags im Verhältnis zur Einzugsstelle wirksam erst dann entsteht, wenn diese durch den Arbeitgeber gem. Art. 109 Abs. 2 EWG-Verordnung Nr. 574/72 informiert worden ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183 Abs. 1 Satz 1, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
4. Der Senat hat die Revision gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, da sich nach Auskunft der Vertreter der Beklagten im Verhandlungstermin die streitige Rechtsfrage regelmäßig und in einer Vielzahl von Fällen stellt und eine höchstrichterliche Klärung bisher nicht erfolgt ist.
Rechtskraft
Aus
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