Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 37 AS 2103/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 1144/15 B ER und L 7 AS 1145/15 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerden der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 11.06.2015 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs nach dem SGB II ohne Anrechnung der Zahlungen aus dem KfW-Studienkredit für die Zeit vom 01.06.2015 bis zur Beendigung des Studiums "Bachelor Ergotherapie" an der HSG C, längstens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens, zu zahlen. Der Antragstellerin wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin L, C, beigeordnet. Der Antragsgegner hat die Kosten der Antragstellerin für beide Rechtszüge zu erstatten. Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin L beigeordnet.
Gründe:
I.
Die am 00.00.1977 geborene Klägerin ist gelernte Hotelkauffrau und war in diesem Beruf bis 2010 tätig. Aus gesundheitlichen Gründen ist ihr die weitere Ausübung dieses Berufs nicht mehr möglich. Mit Schreiben vom 02.08.2012 teilte die Antragstellerin dem Antragsgegner mit, dass sie zum Wintersemester 2012/2013 ein Studium (Ergotherapeutin) an der Hochschule für Gesundheit, C, aufnehmen wolle. Ein Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG stehe ihr aufgrund ihres Alters nicht mehr zu, ihr entsprechender Antrag sei mit Bescheid vom 30.07.2012 vom Amt für Ausbildungsförderung abgelehnt worden. Anderweitige Finanzierungsmöglichkeiten habe sie derzeit nicht. Deshalb bitte sie, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als Darlehen zu bewilligen.
Mit Schreiben vom 15.08.2012 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit:
"Bezüglich ihrer Anfrage vom 02.08.2012 teile ich Ihnen mit, dass das Jobcenter C für die Zeit Ihrer Ausbildung weiterhin Leistungen nach dem SGB II als Beihilfe zahlt. Gibt es einen schriftlichen Bescheid über die Ablehnung des Bafögs? Reichen Sie bitte zu gegebener Zeit eine Schulbescheinigung ein."
Die Antragstellerin nahm das Studium im Wintersemester 2012/2013 auf. Die Regelstudienzeit beträgt sieben Semester. Die Antragstellerin erhält von der KfW einen Studienkredit in Höhe von z.Zt. 565,80 EUR monatlich. Diesen Kredit hatte sie am 14.05.2013 bei der KfW beantragt. Mit Schreiben vom 10.05.2013 hatte der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin ausgeführt:
"Hiermit teile ich Ihnen mit, dass ein Bildungs- bzw. Studienkredit nicht als Einkommen berücksichtigt wird."
Der Antragsgegner bewilligte der Klägerin und ihrer Tochter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bis zum 30.11.2014. Der Antragstellerin wurden zuletzt 674,53 EUR bewilligt (Bescheid vom 11.12.2014). Der Antragsgegner rechnete auf den Bedarf der Antragstellerin kein Einkommen an.
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 22.10.2014 bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 02.12.2014 (nur) der Tochter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i. H. v. insgesamt zuletzt 345,63 EUR monatlich. Leistungen für die Antragstellerin lehnte der Antragsgegner gestützt auf § 7 Abs. 5 SGB II ab, da die Antragstellerin eine nach dem BAföG förderungsfähige Ausbildung absolviere.
Gegen diese Entscheidung legte die Antragstellerin am 08.12.2014 Widerspruch ein. Sie berief sich auf die Zusicherung vom 15.08.2012. Diese sei seinerzeit erteilt worden, weil das Studium angesichts ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen als Reha-Maßnahme angesehen worden sei.
Mit Bescheid vom 11.12.2014 bewilligte der Antragsgegner unter Änderung des Bescheides vom 02.12.2014 der Tochter der Antragstellerin einen Mehrbedarf für Alleinerziehende.
Mit Bescheid vom 19.12.2014 nahm der Antragsgegner die Zusicherung vom 15.08.2012 gestützt auf § 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB X ab 03.12.2014 zurück, da sie ohne rechtliche Grundlage erteilt worden sei. Hiergegen legte die Antragstellerin am 06.01.2015 Widerspruch ein, den der Antragsgegner mit Bescheid vom 18.03.2015 zurückwies. Gegen diese Entscheidung erhob die Antragstellerin Klage (SG Dortmund, S 37 AS 1515/15).
Mit Beschluss vom 14.01.2015 verpflichtete das Sozialgericht Dortmund den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, der Antragstellerin bis zum 31.05.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i. H. v. zuletzt 54,72 EUR zu zahlen. Mit Bescheid vom 04.05.2015 bewilligte der Antragsgegner der Tochter der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 01.06.2015 bis zum 31.05.2016 i. H. v. 397, 74 EUR. In diesem Betrag ist ein Mehrbedarf für Alleinerziehende i. H. v. 52,11 EUR enthalten.
Am 29.05.2015 hat die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr ab 01.06.2015 Arbeitslosengeld II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen. Sie hat vorgetragen, mit dem Studienkredit ihre studienbedingten Aufwendungen tragen zu müssen und im übrigen nicht über Einkommen oder Vermögen zu verfügen.
Mit Beschluss vom 11.06.2015 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Der Regelbedarf der Antragstellerin sei durch den KfW-Kredit gedeckt, hinsichtlich der Unterkunftskosten liege kein Anordnungsgrund vor. Mit Beschluss vom 12.06.2015 (S 37 AS 1981/15 ER) hat das Sozialgericht einen Antrag der Antragstellerin auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 19.12.2014 abgelehnt, da einstweiliger Rechtsschutz gegen die Nichtbewilligung von Leistungen zu gewährleisten sei und für den Antrag daher das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Im Übrigen sei die Zusicherung vom 15.08.2012 wahrscheinlich nichtig, da sie ohne gesetzliche Grundlage erfolgt sei.
Gegen den Beschluss vom 11.06.2015 hat die Antragstellerin am 26.06.2015 Beschwerde eingelegt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Der Antragstellerin stehen dem Grunde nach in der tenorierten Höhe und für den tenorierten Zeitraum Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Wege der einstweiligen Anordnung nach dem SGB II zu. Sie hat insoweit einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund i. S. d. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG glaubhaft gemacht.
1) Die Antragstellerin kann sich auf einen Anordnungsanspruch berufen.
a) Sie hat die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II glaubhaft gemacht. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten (zum Studienkredit vergl. unten b).
Sie ist nicht gem. § 7 Abs. 5 SGB II von Leistungen ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift haben (u.a.) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist, über den Anspruch nach § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Diese Vorschrift steht einem Anspruch auf Leistungen allein deshalb nicht entgegen, weil der Antragsgegner mit Schreiben vom 15.08.2012 zugesichert hat, trotz des ihm bekannten, nach dem BAföG dem Grunde nach förderfähigen Studiums, Leistungen während des Studiums zu bewilligen. Dieses Schreiben stellt, wie auch vom Antragsgegner richtig erkannt wurde, eine wirksame Zusicherung i. S. d. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X dar, an die der Antragsgegner grundsätzlich gebunden ist. Im Gegensatz zu den Ausführungen des Sozialgerichts in der angefochtenen Entscheidung spricht nichts dafür, dass diese Zusicherung nichtig i. S. d. §§ 34 Abs. 2, 40 SGB X ist. Hiernach ist eine Zusicherung - vorbehaltlich der ersichtlich nicht erfüllten Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 SGB X - nur nichtig, wenn die Zusicherung an einem besonders schweren Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Es ist bereits fraglich und abschließend im Verfahren gegen die Rücknahme der Zusicherung zu prüfen, ob die Zusicherung überhaupt fehlerhaft ist. Die Antragstellerin hat vorgetragen, das Studium sei im Einverständnis mit dem Antragsgegner als Reha-Maßnahme bewilligt worden, da sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr im Hotelgewerbe tätig sein konnte. § 7 Abs. 5 SGB II ist nicht einschlägig, wenn der Betroffene eine nach objektiven Kriterien als Weiterbildungsmaßnahme i. S. d. SGB III zu bewertende Bildungsmaßnahme durchläuft (näher BSG, Urteil vom 30.08.2010 - B 4 AS 97/09 R). Für die Nichtigkeit streitet im Gegensatz zu den Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung auch nicht das Urteil des BSG vom 02.04.2014 - B 4 AS 26/13 R. Tragender Grund für die Annahme der Nichtigkeit war in diesem vom BSG entschiedenen Fall, dass gesetzlich zustehende Leistungen zwischen den dortigen Beteiligten einer Eingliederungsvereinbarung ausgehandelt wurden. Diesen Umstand hat das BSG als "einen von jedem Urteilsfähigen erkennbaren Fehler" bezeichnet (Juris Rn 44). Im vorliegenden Fall liegt jedoch kein Aushandeln gesetzlich gebundener Leistungen vor, sondern der Antragsgegner hat einseitig die Bewilligung von Leistungen zugesagt und insoweit gehandelt, wie bei einem üblichen einseitigen Bewilligungsbescheid.
Der Umstand, dass der Antragsgegner die Zusicherung mit Bescheid vom 19.12.2014 zurückgenommen hat, steht einer Herleitung des Anordnungsanspruchs aus der Zusicherung nicht entgegen. Allerdings haben Widerspruch und Anfechtungsklage - im Gegensatz zur Meinung der Antragstellerin und den Ausführungen des Sozialgerichts im Beschluss vom 14.01.2015 - keine aufschiebende Wirkung. Dies folgt aus § 39 Nr. 1 SGB II, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, keine aufschiebende Wirkung haben. Diese Vorschrift gilt auch für die Aufhebung von Zusicherungen über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, da diese nicht stärker geschützt sein können, als die Leistungsbewilligung selbst. Aus der vom Sozialgericht im Beschluss vom 14.01.2015 angeführten Entscheidung des OVG Hamburg vom 18.07.2000 - 4 BS 165/00 - folgt nichts anderes, den diese Entscheidung ist zum Sozialhilferecht vor Erlass des SGB II ergangen und äußert sich nur zu § 80 VwGO.
Das Fehlen einer gesetzlich angeordneten aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage bedeutet indes nicht, dass im jetzt zu entscheidenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren von einer Wirksamkeit der Aufhebung der Zusicherung auszugehen ist. Vielmehr ist nunmehr - zumal nach Ablehnung des Antrags auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage durch den Beschluss des Sozialgerichts vom 12.06.2015 wegen nach Auffassung des Sozialgerichts fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unter Verweisung auf Rechtsschutz gegen die Verweigerung der Zahlung von Leistungen - inzidenter zu prüfen, ob die Anfechtungsklage gegen die Aufhebung der Zusicherung voraussichtlich Aussicht auf Erfolg haben wird. Dies bejaht der Senat: Gem. § 34 Abs. 2 SGB X findet auf die Rücknahme der Zusicherung § 45 SGB X entsprechende Anwendung. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1, 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Diese Voraussetzungen sind bei der Antragstellerin - bei der Vertrauensausschlussgründe i. S. d. § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht vorliegen - erfüllt. Die Antragstellerin hat ersichtlich darauf vertraut, ihren Lebensunterhalt (einschließlich Krankenversicherungsschutz) während des Studiums über Leistungen nach dem SGB II finanzieren zu können. Mit der Aufnahme des Studiums und dem damit einhergehenden Studienkredit der KfW hat sie eine Vermögensdisposition getroffen, die sie nicht mehr rückgängig machen kann. Die Antragstellerin hat sich bereits verschuldet, die sie nunmehr belastenden Verbindlichkeiten wären sinnlos, wenn sie das Studium abbrechen müsste, weil ihr Lebensunterhalt nicht mehr sichergestellt ist. Im Übrigen sieht der Senat auch die Durchführung des Studiums selbst als Vermögensdisposition an, denn die Antragstellerin hat aufgrund des Studiums ggfs. darauf verzichtet, eine Erwerbstätigkeit auszuüben oder eine bezahlte Ausbildung aufzunehmen. Eine Unterstellung dahingehend, die Antragstellerin hätte auch ohne das Studium voraussichtlich keine Einnahmen erzielt, hält der Senat angesichts des Alters und der Erwerbsbiografie der Antragstellerin nicht für zulässig.
Vor diesem Hintergrund kann der Senat offen lassen, ob der Rücknahme der Zusicherung auch die Zwei-Jahresfrist gem. §§ 34 Abs. 2, 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X entgegensteht. Dies dürfte allerdings zu bejahen sein, da die auf die Zeit der Ausbildung bezogene Zusicherung einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung entsprechen dürfte. Der Umstand, dass für die Erfüllung der sich aus der Zusicherung ergebenden Verpflichtungen weitere Regelungsakte (Bewilligungsbeschiede) erforderlich sind, steht einer Charakterisierung als Zusicherung mit Dauerwirkung nicht entgegen (abweichend insoweit für Verwaltungsakte Schütze, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 45 Rn. 64) , da es gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X definitionsgemäß im Wesen der Zusicherung liegt, auf später zu erlassende Verwaltungsakte gerichtet zu sein.
Vor dem Hintergrund der Wirksamkeit der Zusicherung kann der Senat dahinstehen lassen, ob die Antragstellerin auch ohne diese einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts jedenfalls als Darlehen hätte. Hierfür spricht indes einiges: Gem. § 27 Abs. 4 SGB II können Leistungen als Darlehen bewilligt werden, sofern der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II eine besondere Härte bedeuten würde. Eine besondere Härte kann vorliegen, wenn die Ausbildung bereits weit fortgeschritten ist und ohne die Leistungen der Abbruch droht (vergl. ausführlich Thie, in: LPK SGB II, 5. Aufl. § 27 Rn. 11 m. w. N.). Dies gilt insbesondere, wenn die Ausbildung bislang für einen nennenswerten Zeitraum vom Leistungsträger (wenn auch nach dessen Auffassung ohne Rechtsgrund) gefördert wurde (in diesem Sinne auch LSG Hessen, Beschluss vom 11.08.2005 - L 9 AS 14/05 ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.04.2005 - L 8 AS 36/05 ER). Die Absolvierung eines Studiums stellt eine erhebliche Investition in finanzielle, zeitliche und psychische Ressourcen des Betroffenen dar, die nicht einfach sinnentwertet werden darf, weil der Leistungsträger die Rechtslage nunmehr (zu Recht oder zu Unrecht) nach einiger Zeit anders beurteilt, als zuvor.
b) Der Antragstellerin stehen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen in gesetzlicher Höhe (§ 130 SGG) ohne Anrechnung des Studienkredits der KfW zu. Ungeachtet der Frage, ob der Studienkredit nach § 11 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen ist, ergibt sich ein Anordnungsanspruch auch insoweit aus § 34 SGB X. Der Antragsgegner hat mit Schreiben vom 10.05.2013 zugesichert, einen Bildungs- bzw. Studienkredit nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Eine Aufhebung dieser Zusicherung ist offenbar nicht erfolgt; im Übrigen ist auf die Ausführungen unter a) zu verweisen.
2) Die Antragstellerin kann sich auf einen Anordnungsgrund berufen. Dies gilt auch, soweit sie die Zahlung von Leistungen ohne Anrechnung des Studienkredits begehrt. Zwar stehen diese Leistungen faktisch als bereite Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung, so dass - entsprechend dem Beschluss des Sozialgerichts vom 14.01.2015 (S 37 AS 5245/14 B ER) - grundsätzlich eine Leistungsverpflichtung des Antragsgegners nur unter Anrechnung des Studienkredits unter Einschluss der Unterkunftskosten (hierzu Beschluss des Senats vom 04.05.2015 - L 7 AS 139/15 B ER) in Betracht kommt. Allerdings ist im vorliegenden Fall die Besonderheit zu beachten, dass - wie dargelegt - der Anordnungsanspruch auf der Wirksamkeit der Zusicherungen des Antragsgegners vom 15.08.2012 und 10.05.2013 beruht. Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Aufhebung dieser Zusicherungen richtet sich nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG (Anfechtungssachen). Bei Anfechtungssachen ist die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage anzuordnen, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Eine besondere Eilbedürftigkeit ist dann nicht erforderlich (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 86b Rn. 12 f m. w. N.). Da - wie dargelegt - der Aufhebungsbescheid vom 19.12.2014 offensichtlich rechtswidrig und der Bescheid vom 10.05.2013 (soweit ersichtlich) nicht einmal aufgehoben worden ist, hält der Senat weitere Anforderungen an die Eilbedürftigkeit - obwohl es sich formal um ein Vornahmeverfahren nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG handelt - nicht für geboten. Nur diese Annahme wird im Übrigen dem durch die Zusicherungen gegenüber der Antragstellerin begründeten Vertrauensschutz gerecht.
3) Der Senat hat in Ausübung seines Anordnungsermessens (§§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG, 938 Abs. 1 ZPO) abweichend von der sonstigen Übung, den Anordnungszeitraum auf sechs Monate zu begrenzen, die Leistungsverpflichtung auf die gesamte Dauer des Studiums ausgedehnt, um der Antragstellerin die Möglichkeit zu geben, ihre Ausbildung in Rechtssicherheit und unbelastet von finanziellen Unsicherheiten zu beenden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Antragstellerin steht für beide Instanzen Prozesskostenhilfe zu (§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 114 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die am 00.00.1977 geborene Klägerin ist gelernte Hotelkauffrau und war in diesem Beruf bis 2010 tätig. Aus gesundheitlichen Gründen ist ihr die weitere Ausübung dieses Berufs nicht mehr möglich. Mit Schreiben vom 02.08.2012 teilte die Antragstellerin dem Antragsgegner mit, dass sie zum Wintersemester 2012/2013 ein Studium (Ergotherapeutin) an der Hochschule für Gesundheit, C, aufnehmen wolle. Ein Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG stehe ihr aufgrund ihres Alters nicht mehr zu, ihr entsprechender Antrag sei mit Bescheid vom 30.07.2012 vom Amt für Ausbildungsförderung abgelehnt worden. Anderweitige Finanzierungsmöglichkeiten habe sie derzeit nicht. Deshalb bitte sie, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als Darlehen zu bewilligen.
Mit Schreiben vom 15.08.2012 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit:
"Bezüglich ihrer Anfrage vom 02.08.2012 teile ich Ihnen mit, dass das Jobcenter C für die Zeit Ihrer Ausbildung weiterhin Leistungen nach dem SGB II als Beihilfe zahlt. Gibt es einen schriftlichen Bescheid über die Ablehnung des Bafögs? Reichen Sie bitte zu gegebener Zeit eine Schulbescheinigung ein."
Die Antragstellerin nahm das Studium im Wintersemester 2012/2013 auf. Die Regelstudienzeit beträgt sieben Semester. Die Antragstellerin erhält von der KfW einen Studienkredit in Höhe von z.Zt. 565,80 EUR monatlich. Diesen Kredit hatte sie am 14.05.2013 bei der KfW beantragt. Mit Schreiben vom 10.05.2013 hatte der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin ausgeführt:
"Hiermit teile ich Ihnen mit, dass ein Bildungs- bzw. Studienkredit nicht als Einkommen berücksichtigt wird."
Der Antragsgegner bewilligte der Klägerin und ihrer Tochter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bis zum 30.11.2014. Der Antragstellerin wurden zuletzt 674,53 EUR bewilligt (Bescheid vom 11.12.2014). Der Antragsgegner rechnete auf den Bedarf der Antragstellerin kein Einkommen an.
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 22.10.2014 bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 02.12.2014 (nur) der Tochter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i. H. v. insgesamt zuletzt 345,63 EUR monatlich. Leistungen für die Antragstellerin lehnte der Antragsgegner gestützt auf § 7 Abs. 5 SGB II ab, da die Antragstellerin eine nach dem BAföG förderungsfähige Ausbildung absolviere.
Gegen diese Entscheidung legte die Antragstellerin am 08.12.2014 Widerspruch ein. Sie berief sich auf die Zusicherung vom 15.08.2012. Diese sei seinerzeit erteilt worden, weil das Studium angesichts ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen als Reha-Maßnahme angesehen worden sei.
Mit Bescheid vom 11.12.2014 bewilligte der Antragsgegner unter Änderung des Bescheides vom 02.12.2014 der Tochter der Antragstellerin einen Mehrbedarf für Alleinerziehende.
Mit Bescheid vom 19.12.2014 nahm der Antragsgegner die Zusicherung vom 15.08.2012 gestützt auf § 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB X ab 03.12.2014 zurück, da sie ohne rechtliche Grundlage erteilt worden sei. Hiergegen legte die Antragstellerin am 06.01.2015 Widerspruch ein, den der Antragsgegner mit Bescheid vom 18.03.2015 zurückwies. Gegen diese Entscheidung erhob die Antragstellerin Klage (SG Dortmund, S 37 AS 1515/15).
Mit Beschluss vom 14.01.2015 verpflichtete das Sozialgericht Dortmund den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, der Antragstellerin bis zum 31.05.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i. H. v. zuletzt 54,72 EUR zu zahlen. Mit Bescheid vom 04.05.2015 bewilligte der Antragsgegner der Tochter der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 01.06.2015 bis zum 31.05.2016 i. H. v. 397, 74 EUR. In diesem Betrag ist ein Mehrbedarf für Alleinerziehende i. H. v. 52,11 EUR enthalten.
Am 29.05.2015 hat die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr ab 01.06.2015 Arbeitslosengeld II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen. Sie hat vorgetragen, mit dem Studienkredit ihre studienbedingten Aufwendungen tragen zu müssen und im übrigen nicht über Einkommen oder Vermögen zu verfügen.
Mit Beschluss vom 11.06.2015 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Der Regelbedarf der Antragstellerin sei durch den KfW-Kredit gedeckt, hinsichtlich der Unterkunftskosten liege kein Anordnungsgrund vor. Mit Beschluss vom 12.06.2015 (S 37 AS 1981/15 ER) hat das Sozialgericht einen Antrag der Antragstellerin auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 19.12.2014 abgelehnt, da einstweiliger Rechtsschutz gegen die Nichtbewilligung von Leistungen zu gewährleisten sei und für den Antrag daher das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Im Übrigen sei die Zusicherung vom 15.08.2012 wahrscheinlich nichtig, da sie ohne gesetzliche Grundlage erfolgt sei.
Gegen den Beschluss vom 11.06.2015 hat die Antragstellerin am 26.06.2015 Beschwerde eingelegt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Der Antragstellerin stehen dem Grunde nach in der tenorierten Höhe und für den tenorierten Zeitraum Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Wege der einstweiligen Anordnung nach dem SGB II zu. Sie hat insoweit einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund i. S. d. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG glaubhaft gemacht.
1) Die Antragstellerin kann sich auf einen Anordnungsanspruch berufen.
a) Sie hat die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II glaubhaft gemacht. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten (zum Studienkredit vergl. unten b).
Sie ist nicht gem. § 7 Abs. 5 SGB II von Leistungen ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift haben (u.a.) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist, über den Anspruch nach § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Diese Vorschrift steht einem Anspruch auf Leistungen allein deshalb nicht entgegen, weil der Antragsgegner mit Schreiben vom 15.08.2012 zugesichert hat, trotz des ihm bekannten, nach dem BAföG dem Grunde nach förderfähigen Studiums, Leistungen während des Studiums zu bewilligen. Dieses Schreiben stellt, wie auch vom Antragsgegner richtig erkannt wurde, eine wirksame Zusicherung i. S. d. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X dar, an die der Antragsgegner grundsätzlich gebunden ist. Im Gegensatz zu den Ausführungen des Sozialgerichts in der angefochtenen Entscheidung spricht nichts dafür, dass diese Zusicherung nichtig i. S. d. §§ 34 Abs. 2, 40 SGB X ist. Hiernach ist eine Zusicherung - vorbehaltlich der ersichtlich nicht erfüllten Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 SGB X - nur nichtig, wenn die Zusicherung an einem besonders schweren Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Es ist bereits fraglich und abschließend im Verfahren gegen die Rücknahme der Zusicherung zu prüfen, ob die Zusicherung überhaupt fehlerhaft ist. Die Antragstellerin hat vorgetragen, das Studium sei im Einverständnis mit dem Antragsgegner als Reha-Maßnahme bewilligt worden, da sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr im Hotelgewerbe tätig sein konnte. § 7 Abs. 5 SGB II ist nicht einschlägig, wenn der Betroffene eine nach objektiven Kriterien als Weiterbildungsmaßnahme i. S. d. SGB III zu bewertende Bildungsmaßnahme durchläuft (näher BSG, Urteil vom 30.08.2010 - B 4 AS 97/09 R). Für die Nichtigkeit streitet im Gegensatz zu den Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung auch nicht das Urteil des BSG vom 02.04.2014 - B 4 AS 26/13 R. Tragender Grund für die Annahme der Nichtigkeit war in diesem vom BSG entschiedenen Fall, dass gesetzlich zustehende Leistungen zwischen den dortigen Beteiligten einer Eingliederungsvereinbarung ausgehandelt wurden. Diesen Umstand hat das BSG als "einen von jedem Urteilsfähigen erkennbaren Fehler" bezeichnet (Juris Rn 44). Im vorliegenden Fall liegt jedoch kein Aushandeln gesetzlich gebundener Leistungen vor, sondern der Antragsgegner hat einseitig die Bewilligung von Leistungen zugesagt und insoweit gehandelt, wie bei einem üblichen einseitigen Bewilligungsbescheid.
Der Umstand, dass der Antragsgegner die Zusicherung mit Bescheid vom 19.12.2014 zurückgenommen hat, steht einer Herleitung des Anordnungsanspruchs aus der Zusicherung nicht entgegen. Allerdings haben Widerspruch und Anfechtungsklage - im Gegensatz zur Meinung der Antragstellerin und den Ausführungen des Sozialgerichts im Beschluss vom 14.01.2015 - keine aufschiebende Wirkung. Dies folgt aus § 39 Nr. 1 SGB II, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, keine aufschiebende Wirkung haben. Diese Vorschrift gilt auch für die Aufhebung von Zusicherungen über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, da diese nicht stärker geschützt sein können, als die Leistungsbewilligung selbst. Aus der vom Sozialgericht im Beschluss vom 14.01.2015 angeführten Entscheidung des OVG Hamburg vom 18.07.2000 - 4 BS 165/00 - folgt nichts anderes, den diese Entscheidung ist zum Sozialhilferecht vor Erlass des SGB II ergangen und äußert sich nur zu § 80 VwGO.
Das Fehlen einer gesetzlich angeordneten aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage bedeutet indes nicht, dass im jetzt zu entscheidenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren von einer Wirksamkeit der Aufhebung der Zusicherung auszugehen ist. Vielmehr ist nunmehr - zumal nach Ablehnung des Antrags auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage durch den Beschluss des Sozialgerichts vom 12.06.2015 wegen nach Auffassung des Sozialgerichts fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unter Verweisung auf Rechtsschutz gegen die Verweigerung der Zahlung von Leistungen - inzidenter zu prüfen, ob die Anfechtungsklage gegen die Aufhebung der Zusicherung voraussichtlich Aussicht auf Erfolg haben wird. Dies bejaht der Senat: Gem. § 34 Abs. 2 SGB X findet auf die Rücknahme der Zusicherung § 45 SGB X entsprechende Anwendung. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1, 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Diese Voraussetzungen sind bei der Antragstellerin - bei der Vertrauensausschlussgründe i. S. d. § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht vorliegen - erfüllt. Die Antragstellerin hat ersichtlich darauf vertraut, ihren Lebensunterhalt (einschließlich Krankenversicherungsschutz) während des Studiums über Leistungen nach dem SGB II finanzieren zu können. Mit der Aufnahme des Studiums und dem damit einhergehenden Studienkredit der KfW hat sie eine Vermögensdisposition getroffen, die sie nicht mehr rückgängig machen kann. Die Antragstellerin hat sich bereits verschuldet, die sie nunmehr belastenden Verbindlichkeiten wären sinnlos, wenn sie das Studium abbrechen müsste, weil ihr Lebensunterhalt nicht mehr sichergestellt ist. Im Übrigen sieht der Senat auch die Durchführung des Studiums selbst als Vermögensdisposition an, denn die Antragstellerin hat aufgrund des Studiums ggfs. darauf verzichtet, eine Erwerbstätigkeit auszuüben oder eine bezahlte Ausbildung aufzunehmen. Eine Unterstellung dahingehend, die Antragstellerin hätte auch ohne das Studium voraussichtlich keine Einnahmen erzielt, hält der Senat angesichts des Alters und der Erwerbsbiografie der Antragstellerin nicht für zulässig.
Vor diesem Hintergrund kann der Senat offen lassen, ob der Rücknahme der Zusicherung auch die Zwei-Jahresfrist gem. §§ 34 Abs. 2, 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X entgegensteht. Dies dürfte allerdings zu bejahen sein, da die auf die Zeit der Ausbildung bezogene Zusicherung einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung entsprechen dürfte. Der Umstand, dass für die Erfüllung der sich aus der Zusicherung ergebenden Verpflichtungen weitere Regelungsakte (Bewilligungsbeschiede) erforderlich sind, steht einer Charakterisierung als Zusicherung mit Dauerwirkung nicht entgegen (abweichend insoweit für Verwaltungsakte Schütze, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 45 Rn. 64) , da es gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X definitionsgemäß im Wesen der Zusicherung liegt, auf später zu erlassende Verwaltungsakte gerichtet zu sein.
Vor dem Hintergrund der Wirksamkeit der Zusicherung kann der Senat dahinstehen lassen, ob die Antragstellerin auch ohne diese einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts jedenfalls als Darlehen hätte. Hierfür spricht indes einiges: Gem. § 27 Abs. 4 SGB II können Leistungen als Darlehen bewilligt werden, sofern der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II eine besondere Härte bedeuten würde. Eine besondere Härte kann vorliegen, wenn die Ausbildung bereits weit fortgeschritten ist und ohne die Leistungen der Abbruch droht (vergl. ausführlich Thie, in: LPK SGB II, 5. Aufl. § 27 Rn. 11 m. w. N.). Dies gilt insbesondere, wenn die Ausbildung bislang für einen nennenswerten Zeitraum vom Leistungsträger (wenn auch nach dessen Auffassung ohne Rechtsgrund) gefördert wurde (in diesem Sinne auch LSG Hessen, Beschluss vom 11.08.2005 - L 9 AS 14/05 ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.04.2005 - L 8 AS 36/05 ER). Die Absolvierung eines Studiums stellt eine erhebliche Investition in finanzielle, zeitliche und psychische Ressourcen des Betroffenen dar, die nicht einfach sinnentwertet werden darf, weil der Leistungsträger die Rechtslage nunmehr (zu Recht oder zu Unrecht) nach einiger Zeit anders beurteilt, als zuvor.
b) Der Antragstellerin stehen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen in gesetzlicher Höhe (§ 130 SGG) ohne Anrechnung des Studienkredits der KfW zu. Ungeachtet der Frage, ob der Studienkredit nach § 11 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen ist, ergibt sich ein Anordnungsanspruch auch insoweit aus § 34 SGB X. Der Antragsgegner hat mit Schreiben vom 10.05.2013 zugesichert, einen Bildungs- bzw. Studienkredit nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Eine Aufhebung dieser Zusicherung ist offenbar nicht erfolgt; im Übrigen ist auf die Ausführungen unter a) zu verweisen.
2) Die Antragstellerin kann sich auf einen Anordnungsgrund berufen. Dies gilt auch, soweit sie die Zahlung von Leistungen ohne Anrechnung des Studienkredits begehrt. Zwar stehen diese Leistungen faktisch als bereite Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung, so dass - entsprechend dem Beschluss des Sozialgerichts vom 14.01.2015 (S 37 AS 5245/14 B ER) - grundsätzlich eine Leistungsverpflichtung des Antragsgegners nur unter Anrechnung des Studienkredits unter Einschluss der Unterkunftskosten (hierzu Beschluss des Senats vom 04.05.2015 - L 7 AS 139/15 B ER) in Betracht kommt. Allerdings ist im vorliegenden Fall die Besonderheit zu beachten, dass - wie dargelegt - der Anordnungsanspruch auf der Wirksamkeit der Zusicherungen des Antragsgegners vom 15.08.2012 und 10.05.2013 beruht. Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Aufhebung dieser Zusicherungen richtet sich nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG (Anfechtungssachen). Bei Anfechtungssachen ist die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage anzuordnen, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Eine besondere Eilbedürftigkeit ist dann nicht erforderlich (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 86b Rn. 12 f m. w. N.). Da - wie dargelegt - der Aufhebungsbescheid vom 19.12.2014 offensichtlich rechtswidrig und der Bescheid vom 10.05.2013 (soweit ersichtlich) nicht einmal aufgehoben worden ist, hält der Senat weitere Anforderungen an die Eilbedürftigkeit - obwohl es sich formal um ein Vornahmeverfahren nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG handelt - nicht für geboten. Nur diese Annahme wird im Übrigen dem durch die Zusicherungen gegenüber der Antragstellerin begründeten Vertrauensschutz gerecht.
3) Der Senat hat in Ausübung seines Anordnungsermessens (§§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG, 938 Abs. 1 ZPO) abweichend von der sonstigen Übung, den Anordnungszeitraum auf sechs Monate zu begrenzen, die Leistungsverpflichtung auf die gesamte Dauer des Studiums ausgedehnt, um der Antragstellerin die Möglichkeit zu geben, ihre Ausbildung in Rechtssicherheit und unbelastet von finanziellen Unsicherheiten zu beenden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Antragstellerin steht für beide Instanzen Prozesskostenhilfe zu (§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 114 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved