Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 119/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 32/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der als Zahnarzt in L niedergelassene und zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassene Kläger wendet sich gegen eine sachlich-rechnerische Berichtigung seiner Zahnersatzabrechnungen.
Der Kläger kooperierte in den Jahren 2007 und 2008 mit der inzwischen insolventen N AG, deren Geschäftsidee es war, Patienten Zahnersatz aus China ohne Zuzahlung anzubieten. Einbezogen in das System "N" war u.a. die Fa. T Dienstleistungs- und Dentalhandelsgesellschaft mbH (Fa. T GmbH), von der der Kläger seit Dezember 2007 Zahnersatz aus China bezog.
Mit Bescheid "über sachlich-rechnerische Berichtigung der Zahnersatz-Abrechnung April 2008" vom 21.05.2008 berichtigte die Beklagte die von dem Kläger eingereichte Abrechnung und stellte die Auszahlung von Zahnersatzleistungen für April 2008 "bis auf weiteres" zurück. Zur Begründung gab die Beklagte an, der eingereichten Abrechnung für Zahnersatz seien Konformitätserklärungen unter dem Briefkopf des Zahntechnikermeisters T beigefügt gewesen, die nicht unterzeichnet seien. Es bestünden begründete Zweifel an der Korrektheit der Konformitätserklärungen.
Mit Bescheid vom 02.06.2008 forderte die Beklagte mit entsprechender Begründung von dem Kläger für die von ihm im Zeitraum vom 01.12.2007 bis zum 30.04.2008 erbrachten Zahnersatzleistungen ohne Reparaturen einen Betrag von insgesamt 77.844,04 EUR zurück.
Der Kläger bezog sich in seinem gegen diese Entscheidung eingelegten Widerspruch auf eine Konformitätserklärung der Fa. T GmbH sowie eine Bescheinigung des Zahnarztes Dr. E, dass der ausgelieferte Zahnersatz den Konformitätsrichtlinien entsprochen habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2008 zurück. Den Abrechnungen über Zahnersatz seien keine oder aber Konformitätserklärungen unter dem Briefkopf des Zahntechnikermeisters T beigefügt gewesen. Diese Konformitätserklärungen stammten jedoch nicht von dem Zahntechnikermeister T. Sie seien vielmehr unbefugter Weise unter Verwendung seines Namens und seines Kopfbogens abgegeben worden. Somit lägen keine den Erfordernissen entsprechenden Konformitätserklärungen vor; die Voraussetzungen für die Abrechnung von Zahnersatz hätten daher nicht bestanden. Konformitätserklärungen seien nach den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen den Zahnersatzabrechnungen der Zahnärzte beizufügen; sie dienten der Sicherung der Qualität bei importiertem Zahnersatz. Nach den Begriffsbestimmungen der EWG-Richtlinie 93/42/EWG vom 14.06.1993 sei Zahnersatz eine Sonderanfertigung, die nach schriftlicher Verordnung eines entsprechend qualifizierten Arztes unter dessen Verantwortung nach spezifischen Auslegungsmerkmalen eigens angefertigt werde und zur ausschließlichen Anwendung bei einem namentlich genannten Patienten bestimmt sei. Darüber hinaus sei eine Dokumentation erforderlich, aus der die Auslegung, die Herstellung und die Leistungsdaten des Produkts einschließlich der vorgesehenen Leistung hervorgingen, sodass sich hiermit beurteilen lasse, ob es den Anforderungen der Richtlinie entspreche. Soweit der Kläger nachträglich Konformitätserklärungen eingereicht habe, rechtfertige dies keine andere Beurteilung. Die Konformitätserklärungen seien nach § 87 Abs. 1a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) bei Rechnungslegung beizufügen. Die Kosten für Regelversorgungsleistungen seien mit dem Versicherten nach Bema und BEL II abzurechnen; auch dieser Rechnung sei die Erklärung nach der EWG-Richtlinie 93/42/EWG beizufügen (vgl. Anlage 3 zum Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) bzw. Anlage 4 zum Ersatzkassen-Vertrag (EKV-Z)). Zum Zeitpunkt der Abrechnung seien diese Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen. Weder seien mit der Abrechnung rechtsgültige Konformitätserklärungen eingereicht noch seien dem Versicherten solche Konformitätserklärungen mit der Rechnung ausgehändigt worden. Deshalb würden neben den für den Monat April 2008 bereits einbehaltenen 24.370,18 EUR weitere 53.473,86 EUR zurückgefordert.
Mit seiner Klage vom 04.08.2008 hat der Kläger u.a. vorgetragen, er lasse Zahnersatz zu einem wesentlichen Teil in China herstellen, um den Patienten eine preisgünstige Versorgung zu ermöglichen. Mit der Beschaffung und Lieferung des Zahnersatzes habe er die Fa. T GmbH beauftragt. Den ausgelieferten Arbeiten habe die Fa. T GmbH jeweils eine sich auf die Arbeit beziehende Konformitätserklärung des Zahntechnikermeisters T beigefügt. Ende Mai 2008 habe es Hinweise gegeben, dass Zahntechnikermeister T die Auffassung vertrete, die Zusammenarbeit mit der Fa. T GmbH schon seit Monaten beendet zu haben und dass die Fa. T GmbH Konformitätserklärungen ohne seine Zustimmung erstelle. Auf Bitte von Herrn C, dem alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer der Fa. T GmbH und ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der N AG, habe der Zahnarzt Dr. E, ehemaliges Vorstandsmitglied der N AG, der Fa. T GmbH bestätigt, dass der von ihr ausgelieferte Zahnersatz den grundlegenden Anforderungen der Konformitätsrichtlinie entspreche. Dr. E habe sich sowohl in den von der Fa. T GmbH genutzten Räumlichkeiten der N AG in X als auch in dem von ihr beauftragten Labor in Shenzen/China von den verwandten Materialien und den durchgeführten Qualitätskontrollen überzeugt. Die Bestätigung des Dr. E habe die Fa. T GmbH zusammen mit einer eigenen Sammelerklärung bei der Beklagten eingereicht. Er sei auch bereit, individuelle Einzelkonformitätserklärungen erstellen zu lassen und nachzureichen. Mängel der Abrechnung hinderten nicht, diese nachträglich zu beheben und zu korrigieren. Nicht entscheidend sei, ob Zahntechnikermeister T an der Erstellung der Konformitätserklärungen persönlich über einen bestimmten Zeitpunkt hinaus mitgewirkt habe oder nicht. Es habe sich nämlich nicht um Konformitätserklärungen des Zahntechnikermeisters T gehandelt, sondern um Konformitätserklärungen des Bevollmächtigten des Herstellers, nämlich der Fa. T GmbH. Rechtlich handele es sich bei der Konformitätserklärung um eine Garantieerklärung des Herstellers oder seines Bevollmächtigten in der Europäischen Gemeinschaft. Nur eine solche Konformitätserklärung hätte der Anforderungen der EWG-Richtlinie entsprochen. Im Übrigen habe Zahntechnikermeister T die Fa. T GmbH ermächtigt, bei den von ihr abzugebenden Konformitätserklärungen seinen Namen zu verwenden.
Der Kläger hat beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 02.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 02.07.2008 betreffend die Rückforderung der Zahnersatzabrechnungen Dezember 2007 bis März 2008 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, den Betrag der Abrechnung für April 2008 in Höhe von 24.370,18 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 23.05.2008 an den Kläger auszuzahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat u.a. vorgetragen, der Kläger sei verpflichtet gewesen, bei Rechnungslegung ordnungsgemäße Konformitätserklärungen beizulegen. Diesem Erfordernis habe der Kläger nicht genügt; die eingereichten Konformitätserklärungen hätten nicht von dem vermeintlichen Aussteller gestammt. Ein Verstoß gegen formale oder inhaltliche Voraussetzungen zur Teilnahme am vertragszahnärztlichen System berechtige zu einer sachlich-rechnerischen Berichtigung.
Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Klage mit Urteil vom 11.03.2009 abgewiesen. Der Kläger sei durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert; diese seien rechtmäßig. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung sei § 19 Buchst. a) BMV-Z bzw. § 17 Abs. 1 EKV-Z. Danach obliege es der Beklagten, die von den Vertragszahnärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen. Die erfolgte Korrektur der Zahnersatzabrechnungen sei rechtsfehlerfrei. Nach § 87 Abs. 1 a Sätze 2 ff. SGB V seien im Bundesmantelvertrag im Einzelnen beschriebene Regelungen zu treffen. So seien im Heil- und Kostenplan Angaben zum Herstellungsort des Zahnersatzes zu machen (Satz 4). Ferner habe der Vertragszahnarzt bei Rechnungslegung eine Durchschrift der Rechnung des gewerblichen oder des praxiseigenen Labors über zahntechnische Leistungen und die Erklärung nach Anhang VIII der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14.06.1993 über Medizinprodukte (ABI. EG Nr. L 169 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung beizufügen (Satz 9). Diese Vorgaben hätten die Partner der Bundesmantelverträge entsprechend umgesetzt. Nach Nr. 6 der Anlage 3 zum BMV-Z bzw. Nr. 6 der Anlage 4 zum EKV-Z (Vereinbarung zwischen der KZBV und den Spitzenverbänden der Krankenkassen nach § 87 Abs. 1a SGB V über die Versorgung mit Zahnersatz) seien die Kosten für Regelversorgungsleistungen mit den Versicherten nach Bema und BEL II abzurechnen. Wählten Versicherte einen über die Regelversorgung gemäß § 56 Abs. 2 hinausgehenden gleichartigen Zahnersatz, hätten sie die Mehrkosten gegenüber den in § 56 Abs. 2 Satz 10 aufgelisteten Leistungen selbst zu tragen. Diese würden nach GOZ/BEB in Rechnung gestellt. Der Rechnung sei eine Durchschrift der Rechnung des gewerblichen oder des Praxislabors über zahntechnische Leistungen und die Erklärung nach Anhang VIII der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14.06.1993 über Medizinprodukte beizufügen (Konformitätserklärung). Für die zahntechnischen Leistungen sei darüber hinaus der Herstellungsort des Zahnersatzes mitzuteilen. Mit diesen bundesmantelvertraglichen Regelungen, die für die Vertragszahnärzte verbindlich seien, sei hinreichend klargestellt, dass für Regelversorgungen und gleichartige Versorgungen mit Zahnersatz der Rechnung eine Konformitätserklärung beizufügen sei. Eine dahingehende Verpflichtung ergebe sich zudem aus § 9 des BEL II sowie Nr. 8 der Festzuschuss-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses. Dementgegen seien den streitbefangenen Abrechnungen keine wirksamen Konformitätserklärungen beigefügt worden. Der Zahntechnikermeister T habe die Konformitätserklärungen nicht erstellt, die verwandten Erklärungen seien gefälscht worden. Soweit die Fa. T GmbH als Bevollmächtigte des Herstellers (Art. 11 Ziffer 6 der Richtlinie) eine Konformitäts-Sammelerklärung abgegeben habe, reiche diese nicht aus. Konformitätserklärungen seien bei Rechnungslegung des Zahnarztes, auf jeden einzelnen Behandlungsfall bezogen, beizufügen. Eine pauschale Sammelerklärung ohne konkreten Bezug zum einzelnen Patienten, dass die zahntechnischen Sonderanfertigungen den im Anhang der Richtlinie benannten grundlegenden Anforderungen entsprächen, und das Angebot des Klägers, ggf. konkrete Konformitätserklärungen nachzureichen, seien nicht geeignet, Abrechnungsmanipulationen mit hinreichender Sicherheit auszuschließen.
Gegen das am 23.04.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.05.2009 Berufung eingelegt und zu deren Begründung vorgetragen, seinen seit Dezember 2007 erfolgten Zahnersatzabrechnungen hätten Konformitätserklärungen der Fa. T GmbH beigelegen, die sich dabei des Zahntechnikermeisters T als Bevollmächtigten bedient habe. Bereits im Juni 2007 sei nämlich mit der Beklagten vereinbart worden, dass die Konformitätserklärungen von dem Zahntechnikermeister T auszustellen seien. Ob die Erklärungen seit Dezember 2007 nicht von dem Zahntechnikermeister T ausgestellt worden seien, habe das SG nicht bzw. nicht hinreichend aufgeklärt; es habe lediglich unterstellt, dass die Erklärungen gefälscht seien. Er, der Kläger, sei auch nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Konformitätserklärungen ggf. nicht von dem Zahntechnikermeister T stammten; er habe deshalb darauf vertrauen können, dass die Erklärungen von der Beklagten anerkannt werden. Im Übrigen habe er nach Bekanntwerden der Differenzen zwischen Zahntechnikermeister T und der Fa. T GmbH eine Sammelerklärung dieser Firma eingereicht und sich bemüht, entsprechende Einzelkonformitätserklärungen zu beschaffen. Die Beklagte habe diese jedoch nicht anerkannt. Sie sei aber verpflichtet gewesen, ihm die Möglichkeit einer ordnungsgemäßen Abrechnung einzuräumen, zumal sie selber das Bekanntwerden des Verdachts der Abrechnungsmanipulation verzögert bzw. verhindert habe. Schließlich stehe der Totalverlust des Honoraranspruchs nicht mehr in einem rechtmäßigen Verhältnis zu den Regelungen der Qualitätssicherung bei Zahnersatz. Die Anwendung der zugrundeliegenden Vorschriften dürfe keinen Eingriff bewirken, der so schwer wiege, dass er außer Verhältnis zu dem der Regelung innewohnenden Zweck stehe. Im Übrigen stelle die Nichteinreichung der Konformitätserklärungen lediglich einen Formverstoß dar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.03.2009 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 02.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.07.2008 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, den aus der Abrechnung für April 2008 einbehaltenen Betrag in Höhe von 24.370,18 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 % über Basiszinssatz seit dem 23.05.2008 an den Kläger auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, es komme allein darauf an, dass keine Konformitätserklärungen verwandt worden seien, für die der Zahntechnikermeister T verantwortlich gezeichnet habe und die mit seinem Wissen in den Rechtsverkehr gelangt seien. Der Einwand des Klägers, sie hätte Zweifel an der Konformität der Produkte bei der Prüfung des Heil- und Kostenplans geltend gemacht werden müssen, gehe fehl. Insoweit obliege ihr keine Prüfung, sondern ausschließlich der Krankenkasse. Aus der Genehmigung eines Heil- und Kostenplans ergäbe sich im Übrigen auch kein Anspruch auf eine bestimmte Honorarhöhe oder auf Erstattung von Materialkosten. Der von dem Kläger angeführte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei dann zu beachten, wenn Ausschlussfristen für nachträgliche Abrechnungen normiert würden, gelte aber nicht für eine sachlich-rechnerische Berichtigung.
Der Senat hat den Zeugen T vernommen; auf die Sitzungsniederschrift vom 07.03.2012 wird verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Akten der Staatsanwaltschaft X - xxx - sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; der Kläger ist durch den Bescheid der Beklagten vom 02.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.07.2008 nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Dem Begehren des Klägers steht nicht entgegen, dass der Bescheid der Beklagten vom 21.05.2008 von dem Kläger nicht angegriffen und damit bestandskräftig geworden ist. Der Bescheid wurde nämlich aufgrund der Bescheide vom 02.06.2008 und 02.07.2008 obsolet. Er hat bei verständiger Würdigung seines Regelungsgehalts nur den vorläufigen ("bis auf Weiteres") Einbehalt der Zahnersatzerstattungen bis zur endgültigen Entscheidung, die dann mit den Bescheiden vom 02.06.2008 und 02.07.2008 getroffen wurde, zum Inhalt. In diesen Bescheiden wurden die Abrechnungen des Klägers für die von ihm im Zeitraum vom 01.12.2007 bis zum 30.04.2008 erbrachten Zahnersatzleistungen ohne Reparaturen berichtigt und wurde insgesamt ein Betrag i.H.v. 77.844,04 EUR zurückgefordert, von dem der schon einbehaltene Betrag i.H.v. 24.370,18 EUR schließlich rechnerisch in Abzug gebracht wurde.
Das SG hat die Klage mit zutreffenden Entscheidungsgründen, auf die der Senat Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG), abgewiesen. Ergänzend führt der Senat aus, dass das SG zu Recht davon ausgegangen ist, dass den Abrechnungen des Klägers keine Konformitätserklärungen i.S.d. EWG-Richtlinie 93/42/EWG beigefügt waren. Beigefügt waren mit "Konformitätserklärung für Sonderanfertigungen nach § 6 Abs. 5 der MPV" überschriebene Schriftstücke, die ausweislich des Briefkopfs "Jörg T Zahntechnikermeister" als Aussteller auswiesen. Der Zeuge T war weder Hersteller (vgl. dazu § 3 Nr. 15 Gesetz über Medizinprodukte - Medizinproduktegesetz (MPG)), noch Bevollmächtigter i.S.d. § 3 Nr. 16 MPG, noch war er mit dem Inverkehrbringen (vgl. § 3 Nr. 11 MPG) des Produkts beschäftigt. Der Zeuge T hat vielmehr nach dem Vorbringen der Beteiligten im Auftrag der Fa. T GmbH Konformitätserklärungen erstellt. Unerheblich ist, dass dem Zeugen bei seiner Aussage am 07.03.2012 selber eine genaue Zuordnung seines Auftraggebers dahingehend, ob es sich um die Fa. T GmbH oder die N AG gehandelt hat, nicht möglich war, da dies keinen Einfluss auf die Entscheidung hat. Denn der Zeuge hat ausgesagt, im September 2007 seine vorliegend relevante Tätigkeit bei der Fa. T GmbH bzw. N AG eingestellt zu haben; danach seien sein Name und sein Briefkopf ohne Einwilligung benutzt worden. Mithin können nach der Aussage des Zeugen T die von dem Kläger mit seinen Abrechnungen vorgelegten Konformitätserklärungen nicht von dem Zeugen erstellt worden sein. Es handelt sich, da sie als Aussteller den Zeugen T ausweisen, um Fälschungen. Wer diese Fälschungen hergestellt bzw. verwandt hat, ist im Ergebnis unerheblich; denn dadurch verändert sich der Rechtscharakter als Fälschung nicht. An der Aussage des Zeugen bestehen auch keine Zweifel. Die Aussage wird durch die Bekundungen des Zahnarztes Dr. E in dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft X - xxx - bestätigt. Dr. E hat dort mehrfach sinngemäß angegeben (z.B. Vernehmung am 14./15.05.2009, Anlage zum Schriftsatz vom 12.08.2010), der Geschäftsführer C habe ihm gegenüber geäußert, dass der Zahntechniker T ab September 2007 keine Konformitätserklärung mehr unterschrieben und dann er selber, C, die Erklärungen geschrieben bzw. organisiert habe. Sinngemäß das Gleiche hat der Wirtschaftsinformatiker M bei seiner Vernehmung am 15.06.2009 angegeben. Im November 2007 sei Klärung versucht worden, wer denn nun die Konformitätserklärungen fertige, nachdem man ja mit dem Zahnlabor T nicht mehr zusammenarbeite.
Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf die Konformitätssammelerklärung der Fa. T GmbH vom 20.05.2008, die Bestätigung des Dr. E vom 20.05.2008 und das Angebot, patientenbezogene Konformitätserklärungen nachzureichen, berufen. § 87 Abs. 1a Satz 8 SGB V gibt vor, dass der Vertragszahnarzt die Konformitätserklärungen bei Rechnungslegung beizufügen hat. Von diesen gesetzlichen Regelungen abzuweichen, besteht kein Anlass. Im Übrigen hat das SG darüber hinaus bereits zu Recht im Einzelnen ausgeführt, dass pauschale Sammelkonformitätserklärungen nicht den Vorgaben der Richtlinie 93/42/EWG entsprechen. Gleiches gilt für die pauschale Bestätigung des Dr. E. Bei Zahnersatz handelt es sich um eine Sonderanfertigung i.S.d. § 3 Nr. 8 MPG, da er nach schriftlicher Verordnung nach spezifischen Auslegungsmerkmalen eigens angefertigt wird und zur ausschließlichen Anwendung bei einem namentlichen Patienten bestimmt ist. Damit ist nach Punkt 2.1. des Anhangs VIII der Richtlinie 93/42/EWG bei Sonderanfertigungen anzugeben:
- die zur Identifizierung des betreffenden Produkts notwendigen Daten;
- die Versicherung, dass das Produkt ausschließlich für einen bestimmten Patienten bestimmt ist, und der Name dieses Patienten;
- der Name des Arztes oder der hierzu befugten Person, der / die das betreffende Produkt verordnet hat, und gegebenenfalls der Namen der betreffenden medizinischen Einrichtung;
- die spezifischen Merkmale des Produkts, die sich aus der betreffenden ärztlichen Verordnung ergeben;
- die Versicherung, dass das betreffende Produkt den in Anhang I genannten grundlegenden Anforderungen entspricht, und gegebenenfalls die Angabe der grundlegenden Anforderungen, die nicht vollständig eingehalten worden sind, mit Angabe der Gründe.
In Anhang I zu der Richtlinie 93/42/EWG werden schließlich die umfangreichen "Grundlegenden Anforderungen" an von der Verordnung betroffene Produkte aufgeführt, deren Erfüllung nach o.a. Punkt 2.1. des Anhangs VIII der Richtlinie 93/42/EWG versichert werden muss.
Aus diesen Vorgaben folgt zunächst zwingend, dass pauschale Erklärungen wie sog. Sammelkonformitätserklärungen nicht genügen können. Gleichermaßen liegt aber nicht nur aufgrund dieser Vorgaben auch auf der Hand, dass die Konformität des Zahnersatzes bereits vor Einbringung bei dem jeweiligen Patienten geklärt sein muss. Die Konformitätserklärung soll nicht nur Abrechnungsmanipulationen vorbeugen; sie stellt u.a. auch eine Qualitätsbestätigung dahin gehend dar, dass der Zahnersatz den grundlegenden Anforderungen der EU-Richtlinie entspricht (s. auch Bundestagdrucksache 15/1525 vom 08.09.2003).
Bereits angesichts der Regelungen in § 87 Abs. 1a Satz 8 SGB V geht das Vorbringen des Klägers fehl, die Beklagte habe ihm die Möglichkeit einer nachträglichen ordnungsgemäßen Abrechnung zu Unrecht verweigert. Im Übrigen erschließt sich schon im Hinblick auf den streitigen Abrechnungszeitraum auch nicht, inwiefern die Beklagte, die erst Ende April 2008 Hinweise darauf erhalten hat, dass Zahnärzten Zahnersatz mit gefälschten Konformitätserklärungen geliefert worden ist, durch Hinweise darauf eine rechtzeitige ordnungsgemäße Abrechnung hätte ermöglichen können.
Die Rechtsprechung (z.B. BSG, Urteil vom 29.08.2007 - B 6 KA 29/06 R -), dass ein Abrechnungsausschluss wegen Überschreitens einer Abrechnungsfrist ggf. einen unverhältnismäßigen Eingriff in den grundrechtlich geschützten Vergütungsanspruch des Vertragsarztes darstellen kann, ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Denn die dort entscheidende Frage, welche Auswirkungen einer in einem Honorarverteilungsmaßstab vertraglich geregelten Ausschlussfrist durch die Ermächtigungsgrundlage des § 85 Abs. 4 SGB V gedeckt sind (BSG, Urteil vom 22.06.2005 - B 6 KA 19/04 R -), stellt sich vorliegend nicht. Im Übrigen steht auch kein Totalverlust eines Honoraranspruchs in Rede.
Schließlich führt auch das Vorbringen des Klägers, die Nichteinreichung der Konformitätserklärungen stelle lediglich einen Formverstoß dar, nicht weiter. Auch in den Fallgestaltungen, in denen der Vertrags(zahn)arzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat, besteht die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Berichtigung der Honoraranforderung (BSG, Urteil vom 2.03.2006 - B 6 KA 76/04 R -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Der als Zahnarzt in L niedergelassene und zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassene Kläger wendet sich gegen eine sachlich-rechnerische Berichtigung seiner Zahnersatzabrechnungen.
Der Kläger kooperierte in den Jahren 2007 und 2008 mit der inzwischen insolventen N AG, deren Geschäftsidee es war, Patienten Zahnersatz aus China ohne Zuzahlung anzubieten. Einbezogen in das System "N" war u.a. die Fa. T Dienstleistungs- und Dentalhandelsgesellschaft mbH (Fa. T GmbH), von der der Kläger seit Dezember 2007 Zahnersatz aus China bezog.
Mit Bescheid "über sachlich-rechnerische Berichtigung der Zahnersatz-Abrechnung April 2008" vom 21.05.2008 berichtigte die Beklagte die von dem Kläger eingereichte Abrechnung und stellte die Auszahlung von Zahnersatzleistungen für April 2008 "bis auf weiteres" zurück. Zur Begründung gab die Beklagte an, der eingereichten Abrechnung für Zahnersatz seien Konformitätserklärungen unter dem Briefkopf des Zahntechnikermeisters T beigefügt gewesen, die nicht unterzeichnet seien. Es bestünden begründete Zweifel an der Korrektheit der Konformitätserklärungen.
Mit Bescheid vom 02.06.2008 forderte die Beklagte mit entsprechender Begründung von dem Kläger für die von ihm im Zeitraum vom 01.12.2007 bis zum 30.04.2008 erbrachten Zahnersatzleistungen ohne Reparaturen einen Betrag von insgesamt 77.844,04 EUR zurück.
Der Kläger bezog sich in seinem gegen diese Entscheidung eingelegten Widerspruch auf eine Konformitätserklärung der Fa. T GmbH sowie eine Bescheinigung des Zahnarztes Dr. E, dass der ausgelieferte Zahnersatz den Konformitätsrichtlinien entsprochen habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2008 zurück. Den Abrechnungen über Zahnersatz seien keine oder aber Konformitätserklärungen unter dem Briefkopf des Zahntechnikermeisters T beigefügt gewesen. Diese Konformitätserklärungen stammten jedoch nicht von dem Zahntechnikermeister T. Sie seien vielmehr unbefugter Weise unter Verwendung seines Namens und seines Kopfbogens abgegeben worden. Somit lägen keine den Erfordernissen entsprechenden Konformitätserklärungen vor; die Voraussetzungen für die Abrechnung von Zahnersatz hätten daher nicht bestanden. Konformitätserklärungen seien nach den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen den Zahnersatzabrechnungen der Zahnärzte beizufügen; sie dienten der Sicherung der Qualität bei importiertem Zahnersatz. Nach den Begriffsbestimmungen der EWG-Richtlinie 93/42/EWG vom 14.06.1993 sei Zahnersatz eine Sonderanfertigung, die nach schriftlicher Verordnung eines entsprechend qualifizierten Arztes unter dessen Verantwortung nach spezifischen Auslegungsmerkmalen eigens angefertigt werde und zur ausschließlichen Anwendung bei einem namentlich genannten Patienten bestimmt sei. Darüber hinaus sei eine Dokumentation erforderlich, aus der die Auslegung, die Herstellung und die Leistungsdaten des Produkts einschließlich der vorgesehenen Leistung hervorgingen, sodass sich hiermit beurteilen lasse, ob es den Anforderungen der Richtlinie entspreche. Soweit der Kläger nachträglich Konformitätserklärungen eingereicht habe, rechtfertige dies keine andere Beurteilung. Die Konformitätserklärungen seien nach § 87 Abs. 1a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) bei Rechnungslegung beizufügen. Die Kosten für Regelversorgungsleistungen seien mit dem Versicherten nach Bema und BEL II abzurechnen; auch dieser Rechnung sei die Erklärung nach der EWG-Richtlinie 93/42/EWG beizufügen (vgl. Anlage 3 zum Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) bzw. Anlage 4 zum Ersatzkassen-Vertrag (EKV-Z)). Zum Zeitpunkt der Abrechnung seien diese Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen. Weder seien mit der Abrechnung rechtsgültige Konformitätserklärungen eingereicht noch seien dem Versicherten solche Konformitätserklärungen mit der Rechnung ausgehändigt worden. Deshalb würden neben den für den Monat April 2008 bereits einbehaltenen 24.370,18 EUR weitere 53.473,86 EUR zurückgefordert.
Mit seiner Klage vom 04.08.2008 hat der Kläger u.a. vorgetragen, er lasse Zahnersatz zu einem wesentlichen Teil in China herstellen, um den Patienten eine preisgünstige Versorgung zu ermöglichen. Mit der Beschaffung und Lieferung des Zahnersatzes habe er die Fa. T GmbH beauftragt. Den ausgelieferten Arbeiten habe die Fa. T GmbH jeweils eine sich auf die Arbeit beziehende Konformitätserklärung des Zahntechnikermeisters T beigefügt. Ende Mai 2008 habe es Hinweise gegeben, dass Zahntechnikermeister T die Auffassung vertrete, die Zusammenarbeit mit der Fa. T GmbH schon seit Monaten beendet zu haben und dass die Fa. T GmbH Konformitätserklärungen ohne seine Zustimmung erstelle. Auf Bitte von Herrn C, dem alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer der Fa. T GmbH und ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der N AG, habe der Zahnarzt Dr. E, ehemaliges Vorstandsmitglied der N AG, der Fa. T GmbH bestätigt, dass der von ihr ausgelieferte Zahnersatz den grundlegenden Anforderungen der Konformitätsrichtlinie entspreche. Dr. E habe sich sowohl in den von der Fa. T GmbH genutzten Räumlichkeiten der N AG in X als auch in dem von ihr beauftragten Labor in Shenzen/China von den verwandten Materialien und den durchgeführten Qualitätskontrollen überzeugt. Die Bestätigung des Dr. E habe die Fa. T GmbH zusammen mit einer eigenen Sammelerklärung bei der Beklagten eingereicht. Er sei auch bereit, individuelle Einzelkonformitätserklärungen erstellen zu lassen und nachzureichen. Mängel der Abrechnung hinderten nicht, diese nachträglich zu beheben und zu korrigieren. Nicht entscheidend sei, ob Zahntechnikermeister T an der Erstellung der Konformitätserklärungen persönlich über einen bestimmten Zeitpunkt hinaus mitgewirkt habe oder nicht. Es habe sich nämlich nicht um Konformitätserklärungen des Zahntechnikermeisters T gehandelt, sondern um Konformitätserklärungen des Bevollmächtigten des Herstellers, nämlich der Fa. T GmbH. Rechtlich handele es sich bei der Konformitätserklärung um eine Garantieerklärung des Herstellers oder seines Bevollmächtigten in der Europäischen Gemeinschaft. Nur eine solche Konformitätserklärung hätte der Anforderungen der EWG-Richtlinie entsprochen. Im Übrigen habe Zahntechnikermeister T die Fa. T GmbH ermächtigt, bei den von ihr abzugebenden Konformitätserklärungen seinen Namen zu verwenden.
Der Kläger hat beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 02.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 02.07.2008 betreffend die Rückforderung der Zahnersatzabrechnungen Dezember 2007 bis März 2008 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, den Betrag der Abrechnung für April 2008 in Höhe von 24.370,18 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 23.05.2008 an den Kläger auszuzahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat u.a. vorgetragen, der Kläger sei verpflichtet gewesen, bei Rechnungslegung ordnungsgemäße Konformitätserklärungen beizulegen. Diesem Erfordernis habe der Kläger nicht genügt; die eingereichten Konformitätserklärungen hätten nicht von dem vermeintlichen Aussteller gestammt. Ein Verstoß gegen formale oder inhaltliche Voraussetzungen zur Teilnahme am vertragszahnärztlichen System berechtige zu einer sachlich-rechnerischen Berichtigung.
Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Klage mit Urteil vom 11.03.2009 abgewiesen. Der Kläger sei durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert; diese seien rechtmäßig. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung sei § 19 Buchst. a) BMV-Z bzw. § 17 Abs. 1 EKV-Z. Danach obliege es der Beklagten, die von den Vertragszahnärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen. Die erfolgte Korrektur der Zahnersatzabrechnungen sei rechtsfehlerfrei. Nach § 87 Abs. 1 a Sätze 2 ff. SGB V seien im Bundesmantelvertrag im Einzelnen beschriebene Regelungen zu treffen. So seien im Heil- und Kostenplan Angaben zum Herstellungsort des Zahnersatzes zu machen (Satz 4). Ferner habe der Vertragszahnarzt bei Rechnungslegung eine Durchschrift der Rechnung des gewerblichen oder des praxiseigenen Labors über zahntechnische Leistungen und die Erklärung nach Anhang VIII der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14.06.1993 über Medizinprodukte (ABI. EG Nr. L 169 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung beizufügen (Satz 9). Diese Vorgaben hätten die Partner der Bundesmantelverträge entsprechend umgesetzt. Nach Nr. 6 der Anlage 3 zum BMV-Z bzw. Nr. 6 der Anlage 4 zum EKV-Z (Vereinbarung zwischen der KZBV und den Spitzenverbänden der Krankenkassen nach § 87 Abs. 1a SGB V über die Versorgung mit Zahnersatz) seien die Kosten für Regelversorgungsleistungen mit den Versicherten nach Bema und BEL II abzurechnen. Wählten Versicherte einen über die Regelversorgung gemäß § 56 Abs. 2 hinausgehenden gleichartigen Zahnersatz, hätten sie die Mehrkosten gegenüber den in § 56 Abs. 2 Satz 10 aufgelisteten Leistungen selbst zu tragen. Diese würden nach GOZ/BEB in Rechnung gestellt. Der Rechnung sei eine Durchschrift der Rechnung des gewerblichen oder des Praxislabors über zahntechnische Leistungen und die Erklärung nach Anhang VIII der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14.06.1993 über Medizinprodukte beizufügen (Konformitätserklärung). Für die zahntechnischen Leistungen sei darüber hinaus der Herstellungsort des Zahnersatzes mitzuteilen. Mit diesen bundesmantelvertraglichen Regelungen, die für die Vertragszahnärzte verbindlich seien, sei hinreichend klargestellt, dass für Regelversorgungen und gleichartige Versorgungen mit Zahnersatz der Rechnung eine Konformitätserklärung beizufügen sei. Eine dahingehende Verpflichtung ergebe sich zudem aus § 9 des BEL II sowie Nr. 8 der Festzuschuss-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses. Dementgegen seien den streitbefangenen Abrechnungen keine wirksamen Konformitätserklärungen beigefügt worden. Der Zahntechnikermeister T habe die Konformitätserklärungen nicht erstellt, die verwandten Erklärungen seien gefälscht worden. Soweit die Fa. T GmbH als Bevollmächtigte des Herstellers (Art. 11 Ziffer 6 der Richtlinie) eine Konformitäts-Sammelerklärung abgegeben habe, reiche diese nicht aus. Konformitätserklärungen seien bei Rechnungslegung des Zahnarztes, auf jeden einzelnen Behandlungsfall bezogen, beizufügen. Eine pauschale Sammelerklärung ohne konkreten Bezug zum einzelnen Patienten, dass die zahntechnischen Sonderanfertigungen den im Anhang der Richtlinie benannten grundlegenden Anforderungen entsprächen, und das Angebot des Klägers, ggf. konkrete Konformitätserklärungen nachzureichen, seien nicht geeignet, Abrechnungsmanipulationen mit hinreichender Sicherheit auszuschließen.
Gegen das am 23.04.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.05.2009 Berufung eingelegt und zu deren Begründung vorgetragen, seinen seit Dezember 2007 erfolgten Zahnersatzabrechnungen hätten Konformitätserklärungen der Fa. T GmbH beigelegen, die sich dabei des Zahntechnikermeisters T als Bevollmächtigten bedient habe. Bereits im Juni 2007 sei nämlich mit der Beklagten vereinbart worden, dass die Konformitätserklärungen von dem Zahntechnikermeister T auszustellen seien. Ob die Erklärungen seit Dezember 2007 nicht von dem Zahntechnikermeister T ausgestellt worden seien, habe das SG nicht bzw. nicht hinreichend aufgeklärt; es habe lediglich unterstellt, dass die Erklärungen gefälscht seien. Er, der Kläger, sei auch nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Konformitätserklärungen ggf. nicht von dem Zahntechnikermeister T stammten; er habe deshalb darauf vertrauen können, dass die Erklärungen von der Beklagten anerkannt werden. Im Übrigen habe er nach Bekanntwerden der Differenzen zwischen Zahntechnikermeister T und der Fa. T GmbH eine Sammelerklärung dieser Firma eingereicht und sich bemüht, entsprechende Einzelkonformitätserklärungen zu beschaffen. Die Beklagte habe diese jedoch nicht anerkannt. Sie sei aber verpflichtet gewesen, ihm die Möglichkeit einer ordnungsgemäßen Abrechnung einzuräumen, zumal sie selber das Bekanntwerden des Verdachts der Abrechnungsmanipulation verzögert bzw. verhindert habe. Schließlich stehe der Totalverlust des Honoraranspruchs nicht mehr in einem rechtmäßigen Verhältnis zu den Regelungen der Qualitätssicherung bei Zahnersatz. Die Anwendung der zugrundeliegenden Vorschriften dürfe keinen Eingriff bewirken, der so schwer wiege, dass er außer Verhältnis zu dem der Regelung innewohnenden Zweck stehe. Im Übrigen stelle die Nichteinreichung der Konformitätserklärungen lediglich einen Formverstoß dar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.03.2009 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 02.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.07.2008 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, den aus der Abrechnung für April 2008 einbehaltenen Betrag in Höhe von 24.370,18 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 % über Basiszinssatz seit dem 23.05.2008 an den Kläger auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, es komme allein darauf an, dass keine Konformitätserklärungen verwandt worden seien, für die der Zahntechnikermeister T verantwortlich gezeichnet habe und die mit seinem Wissen in den Rechtsverkehr gelangt seien. Der Einwand des Klägers, sie hätte Zweifel an der Konformität der Produkte bei der Prüfung des Heil- und Kostenplans geltend gemacht werden müssen, gehe fehl. Insoweit obliege ihr keine Prüfung, sondern ausschließlich der Krankenkasse. Aus der Genehmigung eines Heil- und Kostenplans ergäbe sich im Übrigen auch kein Anspruch auf eine bestimmte Honorarhöhe oder auf Erstattung von Materialkosten. Der von dem Kläger angeführte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei dann zu beachten, wenn Ausschlussfristen für nachträgliche Abrechnungen normiert würden, gelte aber nicht für eine sachlich-rechnerische Berichtigung.
Der Senat hat den Zeugen T vernommen; auf die Sitzungsniederschrift vom 07.03.2012 wird verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Akten der Staatsanwaltschaft X - xxx - sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; der Kläger ist durch den Bescheid der Beklagten vom 02.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.07.2008 nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Dem Begehren des Klägers steht nicht entgegen, dass der Bescheid der Beklagten vom 21.05.2008 von dem Kläger nicht angegriffen und damit bestandskräftig geworden ist. Der Bescheid wurde nämlich aufgrund der Bescheide vom 02.06.2008 und 02.07.2008 obsolet. Er hat bei verständiger Würdigung seines Regelungsgehalts nur den vorläufigen ("bis auf Weiteres") Einbehalt der Zahnersatzerstattungen bis zur endgültigen Entscheidung, die dann mit den Bescheiden vom 02.06.2008 und 02.07.2008 getroffen wurde, zum Inhalt. In diesen Bescheiden wurden die Abrechnungen des Klägers für die von ihm im Zeitraum vom 01.12.2007 bis zum 30.04.2008 erbrachten Zahnersatzleistungen ohne Reparaturen berichtigt und wurde insgesamt ein Betrag i.H.v. 77.844,04 EUR zurückgefordert, von dem der schon einbehaltene Betrag i.H.v. 24.370,18 EUR schließlich rechnerisch in Abzug gebracht wurde.
Das SG hat die Klage mit zutreffenden Entscheidungsgründen, auf die der Senat Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG), abgewiesen. Ergänzend führt der Senat aus, dass das SG zu Recht davon ausgegangen ist, dass den Abrechnungen des Klägers keine Konformitätserklärungen i.S.d. EWG-Richtlinie 93/42/EWG beigefügt waren. Beigefügt waren mit "Konformitätserklärung für Sonderanfertigungen nach § 6 Abs. 5 der MPV" überschriebene Schriftstücke, die ausweislich des Briefkopfs "Jörg T Zahntechnikermeister" als Aussteller auswiesen. Der Zeuge T war weder Hersteller (vgl. dazu § 3 Nr. 15 Gesetz über Medizinprodukte - Medizinproduktegesetz (MPG)), noch Bevollmächtigter i.S.d. § 3 Nr. 16 MPG, noch war er mit dem Inverkehrbringen (vgl. § 3 Nr. 11 MPG) des Produkts beschäftigt. Der Zeuge T hat vielmehr nach dem Vorbringen der Beteiligten im Auftrag der Fa. T GmbH Konformitätserklärungen erstellt. Unerheblich ist, dass dem Zeugen bei seiner Aussage am 07.03.2012 selber eine genaue Zuordnung seines Auftraggebers dahingehend, ob es sich um die Fa. T GmbH oder die N AG gehandelt hat, nicht möglich war, da dies keinen Einfluss auf die Entscheidung hat. Denn der Zeuge hat ausgesagt, im September 2007 seine vorliegend relevante Tätigkeit bei der Fa. T GmbH bzw. N AG eingestellt zu haben; danach seien sein Name und sein Briefkopf ohne Einwilligung benutzt worden. Mithin können nach der Aussage des Zeugen T die von dem Kläger mit seinen Abrechnungen vorgelegten Konformitätserklärungen nicht von dem Zeugen erstellt worden sein. Es handelt sich, da sie als Aussteller den Zeugen T ausweisen, um Fälschungen. Wer diese Fälschungen hergestellt bzw. verwandt hat, ist im Ergebnis unerheblich; denn dadurch verändert sich der Rechtscharakter als Fälschung nicht. An der Aussage des Zeugen bestehen auch keine Zweifel. Die Aussage wird durch die Bekundungen des Zahnarztes Dr. E in dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft X - xxx - bestätigt. Dr. E hat dort mehrfach sinngemäß angegeben (z.B. Vernehmung am 14./15.05.2009, Anlage zum Schriftsatz vom 12.08.2010), der Geschäftsführer C habe ihm gegenüber geäußert, dass der Zahntechniker T ab September 2007 keine Konformitätserklärung mehr unterschrieben und dann er selber, C, die Erklärungen geschrieben bzw. organisiert habe. Sinngemäß das Gleiche hat der Wirtschaftsinformatiker M bei seiner Vernehmung am 15.06.2009 angegeben. Im November 2007 sei Klärung versucht worden, wer denn nun die Konformitätserklärungen fertige, nachdem man ja mit dem Zahnlabor T nicht mehr zusammenarbeite.
Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf die Konformitätssammelerklärung der Fa. T GmbH vom 20.05.2008, die Bestätigung des Dr. E vom 20.05.2008 und das Angebot, patientenbezogene Konformitätserklärungen nachzureichen, berufen. § 87 Abs. 1a Satz 8 SGB V gibt vor, dass der Vertragszahnarzt die Konformitätserklärungen bei Rechnungslegung beizufügen hat. Von diesen gesetzlichen Regelungen abzuweichen, besteht kein Anlass. Im Übrigen hat das SG darüber hinaus bereits zu Recht im Einzelnen ausgeführt, dass pauschale Sammelkonformitätserklärungen nicht den Vorgaben der Richtlinie 93/42/EWG entsprechen. Gleiches gilt für die pauschale Bestätigung des Dr. E. Bei Zahnersatz handelt es sich um eine Sonderanfertigung i.S.d. § 3 Nr. 8 MPG, da er nach schriftlicher Verordnung nach spezifischen Auslegungsmerkmalen eigens angefertigt wird und zur ausschließlichen Anwendung bei einem namentlichen Patienten bestimmt ist. Damit ist nach Punkt 2.1. des Anhangs VIII der Richtlinie 93/42/EWG bei Sonderanfertigungen anzugeben:
- die zur Identifizierung des betreffenden Produkts notwendigen Daten;
- die Versicherung, dass das Produkt ausschließlich für einen bestimmten Patienten bestimmt ist, und der Name dieses Patienten;
- der Name des Arztes oder der hierzu befugten Person, der / die das betreffende Produkt verordnet hat, und gegebenenfalls der Namen der betreffenden medizinischen Einrichtung;
- die spezifischen Merkmale des Produkts, die sich aus der betreffenden ärztlichen Verordnung ergeben;
- die Versicherung, dass das betreffende Produkt den in Anhang I genannten grundlegenden Anforderungen entspricht, und gegebenenfalls die Angabe der grundlegenden Anforderungen, die nicht vollständig eingehalten worden sind, mit Angabe der Gründe.
In Anhang I zu der Richtlinie 93/42/EWG werden schließlich die umfangreichen "Grundlegenden Anforderungen" an von der Verordnung betroffene Produkte aufgeführt, deren Erfüllung nach o.a. Punkt 2.1. des Anhangs VIII der Richtlinie 93/42/EWG versichert werden muss.
Aus diesen Vorgaben folgt zunächst zwingend, dass pauschale Erklärungen wie sog. Sammelkonformitätserklärungen nicht genügen können. Gleichermaßen liegt aber nicht nur aufgrund dieser Vorgaben auch auf der Hand, dass die Konformität des Zahnersatzes bereits vor Einbringung bei dem jeweiligen Patienten geklärt sein muss. Die Konformitätserklärung soll nicht nur Abrechnungsmanipulationen vorbeugen; sie stellt u.a. auch eine Qualitätsbestätigung dahin gehend dar, dass der Zahnersatz den grundlegenden Anforderungen der EU-Richtlinie entspricht (s. auch Bundestagdrucksache 15/1525 vom 08.09.2003).
Bereits angesichts der Regelungen in § 87 Abs. 1a Satz 8 SGB V geht das Vorbringen des Klägers fehl, die Beklagte habe ihm die Möglichkeit einer nachträglichen ordnungsgemäßen Abrechnung zu Unrecht verweigert. Im Übrigen erschließt sich schon im Hinblick auf den streitigen Abrechnungszeitraum auch nicht, inwiefern die Beklagte, die erst Ende April 2008 Hinweise darauf erhalten hat, dass Zahnärzten Zahnersatz mit gefälschten Konformitätserklärungen geliefert worden ist, durch Hinweise darauf eine rechtzeitige ordnungsgemäße Abrechnung hätte ermöglichen können.
Die Rechtsprechung (z.B. BSG, Urteil vom 29.08.2007 - B 6 KA 29/06 R -), dass ein Abrechnungsausschluss wegen Überschreitens einer Abrechnungsfrist ggf. einen unverhältnismäßigen Eingriff in den grundrechtlich geschützten Vergütungsanspruch des Vertragsarztes darstellen kann, ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Denn die dort entscheidende Frage, welche Auswirkungen einer in einem Honorarverteilungsmaßstab vertraglich geregelten Ausschlussfrist durch die Ermächtigungsgrundlage des § 85 Abs. 4 SGB V gedeckt sind (BSG, Urteil vom 22.06.2005 - B 6 KA 19/04 R -), stellt sich vorliegend nicht. Im Übrigen steht auch kein Totalverlust eines Honoraranspruchs in Rede.
Schließlich führt auch das Vorbringen des Klägers, die Nichteinreichung der Konformitätserklärungen stelle lediglich einen Formverstoß dar, nicht weiter. Auch in den Fallgestaltungen, in denen der Vertrags(zahn)arzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat, besteht die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Berichtigung der Honoraranforderung (BSG, Urteil vom 2.03.2006 - B 6 KA 76/04 R -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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