Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 8 AS 752/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 430/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 13.11.2013 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt nach dem im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsatz vom 20.08.2015 weitere Kosten für Unterkunft und Heizung.
Der am 00.00.1967 geborene Kläger steht im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Er erhielt im Zeitraum vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau D G (geboren 00.00.1971), seinem Sohn L (geboren 00.00.1991) und seiner Tochter O (geboren 00.00.1996), mit denen er ein Eigenheim in L in der N Straße bewohnt, Grundsicherung (Bescheid vom 12.05.2011). Dabei legte der Beklagte monatlich Leistungen für Unterkunft von (kopfteilig) 101,18 EUR bzw. 101,17 EUR (insgesamt 404,69 EUR) und (anteilige) Heizkosten von 28,11 EUR bzw. 28,13 EUR (insgesamt 112,50 EUR) zugrunde.
Mit Bescheid vom 01.07.2011 wies der Beklagte den mit Schreiben vom 23.05.2011 erhobenen Widerspruch, den der Kläger nicht begründete, zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 05.08.2011 bei dem Sozialgericht Aachen Klage erhoben. Die Jahresrechnung der S vom 22.05.2012 beruhe auf Schätzungen und enthalte eine willkürliche Verteilung von Verbräuchen in verschiedene Veranlagungszeiträume. Die S-Schlussrechnung vom 22.05.2012 führe zu einem Trugschluss. Der durchschnittliche Jahresverbrauch liege in einer Größenordnung von 25.000 kwh bis 27.000 kwh.
Das Sozialgericht hat bei der S Vertrieb AG Kundenservice die Abrechnungen seit 2009 für die Gasversorgung sowie weitere Auskünfte angefordert. Nach der Stellungnahme der S fand seit 2007 eine Schätzung der Verbräuche statt, da der Kläger einerseits die Zählerstände nicht mitteilte und andererseits den Zugang zu den Meßeinrichtungen verweigerte. Nach der Rechnung vom 22.05.2012 stellte die S im Zeitraum vom 08.05.2011 bis 01.04.2012 für den Verbrauch von Gas 1.043,21 EUR in Rechnung. Den Zahlbetrag bezifferte die S mit 1.444,37 EUR (Inkassokosten 216,46 EUR, Mahnkosten 20,00 EUR, Sperrkosten 164,70 EUR). Der Kläger hat das Angebot des Beklagten, für den Abrechnungszeitraum 08.05.2011 bis 01.04.2012 Heizkosten in Höhe von 1.043,21 EUR zu übernehmen, am 11.10.2012 in dem im Verfahren L 6 AS 1255/12 B ER durchgeführten Erörterungstermin angenommen.
Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung beantragt:
"Ich beantrage, das Verfahren auszusetzen, da die verwehrte Akteneinsicht bei der Behörde vor Ort nach Treu und Glauben vorsätzliches rechtswidriges Verhalten bevorteilen würde. Gleiches ist auch in den Verfahren S 8 AS 152/12, S 8 AS 971/12, S 8 AS 424/13, S 8 AS 797/13, S 8 AS 1044/12, S 14 AS 754/11, S 14 AS 753/11 und S 14 AS 750/11 der Fall. Einen weitergehenden Sachantrag möchte ich ausdrücklich nicht stellen."
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass der Betrag aus der Schlussrechnung ohne Berücksichtigung der weiteren monatlichen Zahlung von 112,50 EUR für April bis September 2011 übernommen worden sei. Die für Mai 2011 bis April 2012 übernommenen Heizkosten von insgesamt 1.718,21 EUR lägen somit über dem maßgeblichen Höchstwert des bundesweiten Heizspiegels. Mit diesem Betrag seien auch die weiteren in der Schlussrechnung vom 22.05.2012 gelisteten Forderungen abgedeckt.
Der Kläger hat am 20.08.2013 von 9.30 Uhr bis 15.55 Uhr beim Sozialgericht Akteneinsicht genommen. Zur Verfügung gestanden haben dabei die Gerichtsakten S 8 AS 971/12, S 8 AS 1044/12, S 8 AS 424/13, S 8 AS 797/13, S 8 AS 752/11, S 8 AS 152/12 sowie sieben Bände Verwaltungsakten aus dem Verfahren S 8 AS 424/13 und fünf Bände aus dem Verfahren S 8 AS 152/12. Den zweiten, vom Kläger für den 22.08.2013 erbetenen Termin zur Akteneinsicht, hat der Kläger nicht wahrgenommen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 13.11.2013 abgewiesen. Eine Entscheidung in der Sache sei trotz des im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellten Aussetzungsantrags möglich gewesen. Denn die Voraussetzungen des § 114 Abs. 2 S. 2 SGG lägen nicht vor. Diese Vorschrift beziehe sich allein auf Verfahrens- und Formfehler nach § 41 SGB X, die nicht schon nach § 42 SGB X unbeachtlich seien. Hierzu zähle die von dem Kläger behauptete vorenthaltene Akteneinsicht nicht. Vielmehr liege dann ein Verstoß gegen den in § 128 Abs. 2 SGG verankerten Grundsatz rechtlichen Gehörs vor, welcher zur Folge habe, dass die der Kenntnis des Beteiligten entzogenen Vorgänge nicht im Rahmen der Entscheidungsfindung verwertet werden dürften. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers sei hier jedoch nicht ersichtlich. Der Kläger habe am 20.08.2013 in der Zeit von 09:30 bis 15:55 Uhr auf der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Akteneinsicht genommen. Sämtliche Verfahrensakten zu den bei dem Sozialgericht anhängigen Klageverfahren sowie sämtliche von dem Beklagten übersandten Verwaltungsakten hätten zur Verfügung gestanden. Einen weiteren Termin zur Akteneinsicht am 22.08.2013 habe der Kläger nicht mehr wahrgenommen. Zudem habe der Kläger auch im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens vor dem LSG Nordrhein-Westfalen (L 7 AS 81/13 B ER) Einsicht in die Verwaltungsvorgänge des Beklagten genommen. Somit sei dem Recht des Klägers auf Akteneinsicht hinreichend Rechnung getragen worden.
Das Klagebegehren werde im wohlverstandenen Interesse des Klägers so ausgelegt, dass dieser die Zahlung weiterer Heizkosten begehre. Grundsätzlich obliege es den Beteiligten, mit ihrem Antrag den Streitgegenstand festzulegen. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung müsse deutlich werden, welches Ziel die Klage verfolge. Bei Zweifeln hinsichtlich des Streitgegenstandes habe das Gericht darauf hinzuwirken, dass unklare Anträge erläutert und sachdienliche Anträge gestellt würden. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung vom 13.11.2013 ausdrücklich erklärt, keinen Sachantrag stellen zu wollen. Die schriftlichen Stellungnahmen des Klägers verstehe die Kammer so, dass er die von dem Beklagten berücksichtigten Heizkosten nicht für ausreichend halte. Auch der am 27.02.2012 durchgeführte Erörterungstermin habe die Heizkosten zum Gegenstand gehabt.
Die zulässige Klage sei unbegründet. Der Bescheid vom 12.05.2011 sei rechtmäßig. Ein Anspruch auf Übernahme weiterer Heizkosten für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 bestehe nicht. Dies gelte auch dann, wenn - obwohl der Kläger die Klage nur in eigenem Namen erhoben habe - sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bei der Berechnung berücksichtigt würden. Wie dem Bescheid vom 12.05.2011 zu entnehmen sei, habe der Beklagte im Zeitraum vom 01.04.2011 bis 30.09.2011 monatlich 112,50 EUR, d.h. insgesamt 675,00 EUR, als Bedarf für Heizkosten anerkannt. Darüber hinaus habe der Beklagte im Parallelverfahren S 8 AS 152/12 die sich für die Zeit vom 08.05.2011 bis zum 01.04.2012 aus der S- Schlussrechnung vom 22.05.2012 ergebenden tatsächlichen Heizkosten in Höhe von 1.043,21 EUR vollständig anerkannt. Dabei habe der Beklagte übersehen, dass für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 bereits monatliche Abschläge für Heizkosten in Höhe von 112,50 EUR berücksichtigt worden waren. Für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 01.04.2012 habe der Beklagte damit insgesamt Heizkosten in Höhe von 1.718,21 EUR übernommen, wobei jedenfalls die Heizkosten für den Zeitraum vom 08.05.2011 bis zum 30.09.2011 doppelt Berücksichtigung gefunden hätten. Denn zum einen seien sie Bestandteil der von dem Beklagten vollständig übernommenen S- Schlussrechnung vom 22.05.2012 gewesen und zum anderen bereits als monatliche Abschläge berücksichtigt worden. Lege man dies zugrunde, habe der Beklagte sogar höhere als die tatsächlich angefallenen Heizkosten übernommen. Denn bei lebensnaher Betrachtung sei davon auszugehen, dass sich die tatsächlichen Heizkosten für den nicht von der S-Schlussrechnung vom 22.05.2012 erfassten, aber hier streitgegenständlichen Zeitraum (01.04.2011 - 07.05.2011) auf nicht mehr als 675,00 EUR belaufen. Weitere Heizkosten seien von dem Beklagten nicht zu übernehmen.
Gegen das dem Kläger am 17.12.2013 zugestellte Urteil hat er am 15.01.2014 Berufung eingelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 13.11.2013 zu ändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 12.05.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2011 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 weitere Kosten für Unterkunft und weitere Heizkosten zu zahlen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verweist auf die Entscheidung des Sozialgerichts.
Der Senat hat den Kläger mit Schreiben vom 25.06.2015 um Darlegung gebeten, in welcher Höhe tatsächlich weitere Heizkosten über den vom Beklagten übernommenen Betrag hinaus entstanden sind und um Vorlage von Belegen gebeten. Der Kläger hat keine Unterlagen für den streitigen Zeitraum vorgelegt. Ausgehend davon, dass zwischen der S und ihm die Aufteilung der Verbräuche auf die Jahre streitig sei, könne die Schlussrechnung aus Mai 2012 insoweit nicht als Grundlage für den Verbrauch herangezogen werden. Der durchschnittliche Verbrauch habe in den letzten sechs Jahren bei 2.600 kwh gelegen.
Mit Schreiben vom 29.07.2015 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG beabsichtigt ist, weil der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ausdrücklich keinen Sachantrag gestellt habe. Der Kläger hat mit Schreiben vom 20.08.2015 beantragt, weitere Heizkosten bzw. weitere Kosten für die Unterkunft zu gewähren. Beispielsweise seien im Zeitraum von November 2010 bis März 2011 keine Kosten für Unterkunft für seinen Sohn L übernommen worden, obwohl dieser zur Bedarfsgemeinschaft gehört habe. Die Schlussrechnung könne nicht als Berechnungsgrundlage für die tatsächlichen Heizkosten dienen. Dies würde zu einem Trugschluss führen. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung trotz komplexer Sach- und Rechtslage lege einen Ermessensfehler nahe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten vorbereitenden Schriftsätze, den übrigen Akteninhalt, die Verfahrensakte L 6 AS 1255/12 B ER sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten.
II.
Der Senat konnte die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Er hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, weil der Fall keine Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht aufweist und zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes eine weitere mündliche Verhandlung nicht erforderlich erscheint. Die Anhörung der Beteiligten hierzu erfolgte mit Schreiben vom 29.07.2015.
Das Sozialgericht hat den Antrag des Klägers auf Aussetzung des Verfahrens nach § 114 Abs. 2 S. 2 SGG wegen "verwehrter Akteneinsicht" zu Recht abgelehnt. Eine Versagung der Akteneinsicht nach § 25 SGB X im Verwaltungsverfahren kann wegen der Sachnähe zum Recht auf rechtliches Gehör wie die Anhörung nach § 24 SGB X behandelt werden und somit in entsprechender Anwendung des § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz geheilt werden (BSG, Urteil vom 31.10.2002 - B 4 RA 15/01 R; BSG, Urteil vom 05.02.2008 - B 2 U 6/07 R; Siefert in v. Wulfen, SGB X, § 25 Rn. 44; Schütze, a.a.O., § 41 Rn. 16 m.w.N.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 114 Rn. 3b; Anhang § 54 Rn. 33b). Hinsichtlich des Vortrags des Klägers, die Akteneinsicht sei im gerichtlichen Verfahren nicht vollständig gewährt worden, verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angegriffenen Urteil, die er sich nach Prüfung zu eigen macht (§ 153 Abs. 2, 4 SGG).
Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klage war unzulässig. Der Kläger hat bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht keinen Sachantrag gestellt.
Nach § 92 Abs. 1 S. 1 SGG muss der Kläger den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Zudem soll die Klage einen bestimmten Sachantrag enthalten (S. 3). Die Anforderungen des S. 1 sind bereits erfüllt, wenn der Sachverhalt, über den das Gericht entscheiden soll, angegeben oder umrissen werden. Die Klage soll jedoch einen bestimmten Antrag enthalten, da erst mit der Angabe des Gegenstands des Klagebegehrens und der Stellung eines bestimmten Antrags das Gericht in die Lage versetzt wird, den Streitgegenstand des Verfahrens zu bestimmen. Zwar ist die Stellung eines bestimmten Antrags nach § 92 Abs. 1 S. 3 SGG nur eine Sollvorschrift, nach allgemeinen prozessrechtlichen Grundsätzen ist jedoch für die Zulässigkeit einer Klage zwingend, dass bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bestimmt werden kann, was der Kläger begehrt (Jaritz, in: Roos/Wahrendorf, SGG, § 92 Rn. 46; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 92 Rn. 12; Kühl, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 92 Rn. 3,1).
Der Antrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 13.11.2013 genügt diesen Anforderungen nicht. Der Kläger hat nur einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens wegen der unvollständigen Gewähr der Akteneinsicht gestellt. Einen weitergehenden Sachantrag hat er "ausdrücklich" nicht gestellt. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung konnte nicht bestimmt werden, für wen der Kläger welche(n) Anspruch (Ansprüche) geltend macht. Der (erst) im Berufungsverfahren mit Schreiben vom 20.08.2015 gestellte Sachantrag führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt nach dem im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsatz vom 20.08.2015 weitere Kosten für Unterkunft und Heizung.
Der am 00.00.1967 geborene Kläger steht im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Er erhielt im Zeitraum vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau D G (geboren 00.00.1971), seinem Sohn L (geboren 00.00.1991) und seiner Tochter O (geboren 00.00.1996), mit denen er ein Eigenheim in L in der N Straße bewohnt, Grundsicherung (Bescheid vom 12.05.2011). Dabei legte der Beklagte monatlich Leistungen für Unterkunft von (kopfteilig) 101,18 EUR bzw. 101,17 EUR (insgesamt 404,69 EUR) und (anteilige) Heizkosten von 28,11 EUR bzw. 28,13 EUR (insgesamt 112,50 EUR) zugrunde.
Mit Bescheid vom 01.07.2011 wies der Beklagte den mit Schreiben vom 23.05.2011 erhobenen Widerspruch, den der Kläger nicht begründete, zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 05.08.2011 bei dem Sozialgericht Aachen Klage erhoben. Die Jahresrechnung der S vom 22.05.2012 beruhe auf Schätzungen und enthalte eine willkürliche Verteilung von Verbräuchen in verschiedene Veranlagungszeiträume. Die S-Schlussrechnung vom 22.05.2012 führe zu einem Trugschluss. Der durchschnittliche Jahresverbrauch liege in einer Größenordnung von 25.000 kwh bis 27.000 kwh.
Das Sozialgericht hat bei der S Vertrieb AG Kundenservice die Abrechnungen seit 2009 für die Gasversorgung sowie weitere Auskünfte angefordert. Nach der Stellungnahme der S fand seit 2007 eine Schätzung der Verbräuche statt, da der Kläger einerseits die Zählerstände nicht mitteilte und andererseits den Zugang zu den Meßeinrichtungen verweigerte. Nach der Rechnung vom 22.05.2012 stellte die S im Zeitraum vom 08.05.2011 bis 01.04.2012 für den Verbrauch von Gas 1.043,21 EUR in Rechnung. Den Zahlbetrag bezifferte die S mit 1.444,37 EUR (Inkassokosten 216,46 EUR, Mahnkosten 20,00 EUR, Sperrkosten 164,70 EUR). Der Kläger hat das Angebot des Beklagten, für den Abrechnungszeitraum 08.05.2011 bis 01.04.2012 Heizkosten in Höhe von 1.043,21 EUR zu übernehmen, am 11.10.2012 in dem im Verfahren L 6 AS 1255/12 B ER durchgeführten Erörterungstermin angenommen.
Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung beantragt:
"Ich beantrage, das Verfahren auszusetzen, da die verwehrte Akteneinsicht bei der Behörde vor Ort nach Treu und Glauben vorsätzliches rechtswidriges Verhalten bevorteilen würde. Gleiches ist auch in den Verfahren S 8 AS 152/12, S 8 AS 971/12, S 8 AS 424/13, S 8 AS 797/13, S 8 AS 1044/12, S 14 AS 754/11, S 14 AS 753/11 und S 14 AS 750/11 der Fall. Einen weitergehenden Sachantrag möchte ich ausdrücklich nicht stellen."
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass der Betrag aus der Schlussrechnung ohne Berücksichtigung der weiteren monatlichen Zahlung von 112,50 EUR für April bis September 2011 übernommen worden sei. Die für Mai 2011 bis April 2012 übernommenen Heizkosten von insgesamt 1.718,21 EUR lägen somit über dem maßgeblichen Höchstwert des bundesweiten Heizspiegels. Mit diesem Betrag seien auch die weiteren in der Schlussrechnung vom 22.05.2012 gelisteten Forderungen abgedeckt.
Der Kläger hat am 20.08.2013 von 9.30 Uhr bis 15.55 Uhr beim Sozialgericht Akteneinsicht genommen. Zur Verfügung gestanden haben dabei die Gerichtsakten S 8 AS 971/12, S 8 AS 1044/12, S 8 AS 424/13, S 8 AS 797/13, S 8 AS 752/11, S 8 AS 152/12 sowie sieben Bände Verwaltungsakten aus dem Verfahren S 8 AS 424/13 und fünf Bände aus dem Verfahren S 8 AS 152/12. Den zweiten, vom Kläger für den 22.08.2013 erbetenen Termin zur Akteneinsicht, hat der Kläger nicht wahrgenommen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 13.11.2013 abgewiesen. Eine Entscheidung in der Sache sei trotz des im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellten Aussetzungsantrags möglich gewesen. Denn die Voraussetzungen des § 114 Abs. 2 S. 2 SGG lägen nicht vor. Diese Vorschrift beziehe sich allein auf Verfahrens- und Formfehler nach § 41 SGB X, die nicht schon nach § 42 SGB X unbeachtlich seien. Hierzu zähle die von dem Kläger behauptete vorenthaltene Akteneinsicht nicht. Vielmehr liege dann ein Verstoß gegen den in § 128 Abs. 2 SGG verankerten Grundsatz rechtlichen Gehörs vor, welcher zur Folge habe, dass die der Kenntnis des Beteiligten entzogenen Vorgänge nicht im Rahmen der Entscheidungsfindung verwertet werden dürften. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers sei hier jedoch nicht ersichtlich. Der Kläger habe am 20.08.2013 in der Zeit von 09:30 bis 15:55 Uhr auf der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Akteneinsicht genommen. Sämtliche Verfahrensakten zu den bei dem Sozialgericht anhängigen Klageverfahren sowie sämtliche von dem Beklagten übersandten Verwaltungsakten hätten zur Verfügung gestanden. Einen weiteren Termin zur Akteneinsicht am 22.08.2013 habe der Kläger nicht mehr wahrgenommen. Zudem habe der Kläger auch im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens vor dem LSG Nordrhein-Westfalen (L 7 AS 81/13 B ER) Einsicht in die Verwaltungsvorgänge des Beklagten genommen. Somit sei dem Recht des Klägers auf Akteneinsicht hinreichend Rechnung getragen worden.
Das Klagebegehren werde im wohlverstandenen Interesse des Klägers so ausgelegt, dass dieser die Zahlung weiterer Heizkosten begehre. Grundsätzlich obliege es den Beteiligten, mit ihrem Antrag den Streitgegenstand festzulegen. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung müsse deutlich werden, welches Ziel die Klage verfolge. Bei Zweifeln hinsichtlich des Streitgegenstandes habe das Gericht darauf hinzuwirken, dass unklare Anträge erläutert und sachdienliche Anträge gestellt würden. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung vom 13.11.2013 ausdrücklich erklärt, keinen Sachantrag stellen zu wollen. Die schriftlichen Stellungnahmen des Klägers verstehe die Kammer so, dass er die von dem Beklagten berücksichtigten Heizkosten nicht für ausreichend halte. Auch der am 27.02.2012 durchgeführte Erörterungstermin habe die Heizkosten zum Gegenstand gehabt.
Die zulässige Klage sei unbegründet. Der Bescheid vom 12.05.2011 sei rechtmäßig. Ein Anspruch auf Übernahme weiterer Heizkosten für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 bestehe nicht. Dies gelte auch dann, wenn - obwohl der Kläger die Klage nur in eigenem Namen erhoben habe - sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bei der Berechnung berücksichtigt würden. Wie dem Bescheid vom 12.05.2011 zu entnehmen sei, habe der Beklagte im Zeitraum vom 01.04.2011 bis 30.09.2011 monatlich 112,50 EUR, d.h. insgesamt 675,00 EUR, als Bedarf für Heizkosten anerkannt. Darüber hinaus habe der Beklagte im Parallelverfahren S 8 AS 152/12 die sich für die Zeit vom 08.05.2011 bis zum 01.04.2012 aus der S- Schlussrechnung vom 22.05.2012 ergebenden tatsächlichen Heizkosten in Höhe von 1.043,21 EUR vollständig anerkannt. Dabei habe der Beklagte übersehen, dass für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 bereits monatliche Abschläge für Heizkosten in Höhe von 112,50 EUR berücksichtigt worden waren. Für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 01.04.2012 habe der Beklagte damit insgesamt Heizkosten in Höhe von 1.718,21 EUR übernommen, wobei jedenfalls die Heizkosten für den Zeitraum vom 08.05.2011 bis zum 30.09.2011 doppelt Berücksichtigung gefunden hätten. Denn zum einen seien sie Bestandteil der von dem Beklagten vollständig übernommenen S- Schlussrechnung vom 22.05.2012 gewesen und zum anderen bereits als monatliche Abschläge berücksichtigt worden. Lege man dies zugrunde, habe der Beklagte sogar höhere als die tatsächlich angefallenen Heizkosten übernommen. Denn bei lebensnaher Betrachtung sei davon auszugehen, dass sich die tatsächlichen Heizkosten für den nicht von der S-Schlussrechnung vom 22.05.2012 erfassten, aber hier streitgegenständlichen Zeitraum (01.04.2011 - 07.05.2011) auf nicht mehr als 675,00 EUR belaufen. Weitere Heizkosten seien von dem Beklagten nicht zu übernehmen.
Gegen das dem Kläger am 17.12.2013 zugestellte Urteil hat er am 15.01.2014 Berufung eingelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 13.11.2013 zu ändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 12.05.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2011 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 weitere Kosten für Unterkunft und weitere Heizkosten zu zahlen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verweist auf die Entscheidung des Sozialgerichts.
Der Senat hat den Kläger mit Schreiben vom 25.06.2015 um Darlegung gebeten, in welcher Höhe tatsächlich weitere Heizkosten über den vom Beklagten übernommenen Betrag hinaus entstanden sind und um Vorlage von Belegen gebeten. Der Kläger hat keine Unterlagen für den streitigen Zeitraum vorgelegt. Ausgehend davon, dass zwischen der S und ihm die Aufteilung der Verbräuche auf die Jahre streitig sei, könne die Schlussrechnung aus Mai 2012 insoweit nicht als Grundlage für den Verbrauch herangezogen werden. Der durchschnittliche Verbrauch habe in den letzten sechs Jahren bei 2.600 kwh gelegen.
Mit Schreiben vom 29.07.2015 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG beabsichtigt ist, weil der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ausdrücklich keinen Sachantrag gestellt habe. Der Kläger hat mit Schreiben vom 20.08.2015 beantragt, weitere Heizkosten bzw. weitere Kosten für die Unterkunft zu gewähren. Beispielsweise seien im Zeitraum von November 2010 bis März 2011 keine Kosten für Unterkunft für seinen Sohn L übernommen worden, obwohl dieser zur Bedarfsgemeinschaft gehört habe. Die Schlussrechnung könne nicht als Berechnungsgrundlage für die tatsächlichen Heizkosten dienen. Dies würde zu einem Trugschluss führen. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung trotz komplexer Sach- und Rechtslage lege einen Ermessensfehler nahe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten vorbereitenden Schriftsätze, den übrigen Akteninhalt, die Verfahrensakte L 6 AS 1255/12 B ER sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten.
II.
Der Senat konnte die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Er hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, weil der Fall keine Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht aufweist und zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes eine weitere mündliche Verhandlung nicht erforderlich erscheint. Die Anhörung der Beteiligten hierzu erfolgte mit Schreiben vom 29.07.2015.
Das Sozialgericht hat den Antrag des Klägers auf Aussetzung des Verfahrens nach § 114 Abs. 2 S. 2 SGG wegen "verwehrter Akteneinsicht" zu Recht abgelehnt. Eine Versagung der Akteneinsicht nach § 25 SGB X im Verwaltungsverfahren kann wegen der Sachnähe zum Recht auf rechtliches Gehör wie die Anhörung nach § 24 SGB X behandelt werden und somit in entsprechender Anwendung des § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz geheilt werden (BSG, Urteil vom 31.10.2002 - B 4 RA 15/01 R; BSG, Urteil vom 05.02.2008 - B 2 U 6/07 R; Siefert in v. Wulfen, SGB X, § 25 Rn. 44; Schütze, a.a.O., § 41 Rn. 16 m.w.N.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 114 Rn. 3b; Anhang § 54 Rn. 33b). Hinsichtlich des Vortrags des Klägers, die Akteneinsicht sei im gerichtlichen Verfahren nicht vollständig gewährt worden, verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angegriffenen Urteil, die er sich nach Prüfung zu eigen macht (§ 153 Abs. 2, 4 SGG).
Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klage war unzulässig. Der Kläger hat bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht keinen Sachantrag gestellt.
Nach § 92 Abs. 1 S. 1 SGG muss der Kläger den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Zudem soll die Klage einen bestimmten Sachantrag enthalten (S. 3). Die Anforderungen des S. 1 sind bereits erfüllt, wenn der Sachverhalt, über den das Gericht entscheiden soll, angegeben oder umrissen werden. Die Klage soll jedoch einen bestimmten Antrag enthalten, da erst mit der Angabe des Gegenstands des Klagebegehrens und der Stellung eines bestimmten Antrags das Gericht in die Lage versetzt wird, den Streitgegenstand des Verfahrens zu bestimmen. Zwar ist die Stellung eines bestimmten Antrags nach § 92 Abs. 1 S. 3 SGG nur eine Sollvorschrift, nach allgemeinen prozessrechtlichen Grundsätzen ist jedoch für die Zulässigkeit einer Klage zwingend, dass bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bestimmt werden kann, was der Kläger begehrt (Jaritz, in: Roos/Wahrendorf, SGG, § 92 Rn. 46; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 92 Rn. 12; Kühl, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 92 Rn. 3,1).
Der Antrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 13.11.2013 genügt diesen Anforderungen nicht. Der Kläger hat nur einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens wegen der unvollständigen Gewähr der Akteneinsicht gestellt. Einen weitergehenden Sachantrag hat er "ausdrücklich" nicht gestellt. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung konnte nicht bestimmt werden, für wen der Kläger welche(n) Anspruch (Ansprüche) geltend macht. Der (erst) im Berufungsverfahren mit Schreiben vom 20.08.2015 gestellte Sachantrag führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
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