Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 40 AS 2888/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 1491/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 19.08.2015 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerinnen auch im Beschwerdeverfahren. Den Antragstellerinnen wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin U aus L beigeordnet.
Gründe:
I.
Die 1987 geborene Antragstellerin zu 1) ist bulgarische Staatsangehörige. Nach eigenen Angaben besuchte sie in Bulgarien bis zum 4. Schuljahr die Schule. Sie verfügt über keine Berufsausbildung. In Bulgarien arbeitete sie als Reinigungskraft sowie Küchenhilfe. Sie hält sich seit September 2012 in der Bundesrepublik auf. Am 00.00.2013 gebar sie die Antragstellerinnen zu 2) und 3) sowie am 00.00.2015 die Antragstellerin zu 4). Sie spricht bulgarisch und serbisch und kann sich auf Deutsch verständigen.
Am 10.12.2013 sprach die Antragstellerin zu 1), die Kindergeld i.H.v. 368,00 EUR sowie Unterhaltsvorschussleistungen i.H.v. insgesamt 266,00 EUR für die Antragstellerinnen zu 2) und 3) bezieht, beim Antragsgegner vor und gab an, dass sie seit ihrer Ankunft in der Bundesrepublik bei Verwandten wohne. Sie habe bislang ihren Lebensunterhalt durch das Sammeln von Flaschen bestritten. Durch Bescheid vom 06.03.2014 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellerinnen zu 1) bis zu 3) vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 11.12.2013 bis zum 10.06.2014 in Höhe der Regelbedarfe. Die nachfolgenden Fortbewilligungsanträge lehnte der Antragsgegner ab. Hiergegen sind Klagen anhängig. In Ausführung von stattgebenden Beschlüssen in einstweiligen Rechtsschutzverfahren gewährte der Antragsgegner den Antragstellerinnen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bis einschließlich 02.08.2015.
Am 01.07.2015 nahm die Antragstellerin zu 1) eine geringfügige Beschäftigung auf. Diese gab sie nach eigenen Angaben nach vier Tagen wieder auf, da die Antragstellerin zu 4) auf ihre Betreuung angewiesen sei. Am 03.08.2015 überwies der Arbeitgeber einen Betrag von 221,01 EUR auf das Konto der Antragstellerin zu 1).
Durch Bescheid vom 31.07.2015 lehnte der Antragsgegner den Fortbewilligungsantrag der Antragstellerin zu 1) vom 14.07.2015 unter Berufung auf § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II ab. Hiergegen erhoben die Antragstellerinnen Widerspruch, den der Antragsgegner durch Widerspruchsbescheid vom 21.08.2015 zurückwies. Am 24.08.2015 erhoben die Antragstellerinnen dagegen Klage (S 40 AS 3042/15).
Am 11.08.2015 haben die Antragstellerinnen vorläufigen Rechtsschutz beantragt.
Sie haben vorgetragen, die Bearbeitung der Anträge der Antragstellerin zu 1) auf Kindergeld und Elterngeld für die Antragstellerin zu 4) verzögere sich wegen des Verlustes ihrer Ausweispapiere. Sie hätten Stromschulden, wobei der Energieversorgungsträger eine Ratenzahlung ablehne.
Durch Beschluss vom 19.08.2015 hat das Sozialgericht Köln den Antragsgegner vorläufig verpflichtet, den Antragstellerinnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 11.08.2015 bis zum 10.02.2016, längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Auf die Gründe wird Bezug genommen. Der Antragsgegner hat den Beschluss ausgeführt.
Gegen den ihm am 25.08.2015 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 28.08.2015 Beschwerde eingelegt.
Er beruft sich auf den sich aus § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II ergebenden Leistungsausschluss. Aufgrund der Schwangerschaften der Antragstellerin zu 1) sowie der Geburt der Antragstellerinnen zu 2) bis zu 4) seien wegen der fehlenden Kinderbetreuung keine Maßnahmen zur Arbeitsberatung, Eingliederung und Arbeitsförderung erfolgt. Der Vater der Antragstellerin zu 4), Herr Z, habe weder in der Vergangenheit noch aktuell Leistungen nach dem SGB II bezogen.
Die Antragstellerinnen tragen vor, Herr Z habe in den Jahren 2010 bis 2012 gearbeitet. Anschließend habe er keine Arbeit gefunden. Er bestreite seinen Lebensunterhalt aus seinem Verdienst, den er durch den Verkauf von Trödel (50,00 EUR bis 100,00 EUR wöchentlich) erziele.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs (d. h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie eines Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus.
Dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang das gewähren, was er im Hauptsacheverfahren erreichen kann. Dabei dürfen Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren für Anfechtungs- und (wie hier) Vornahmesachen grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 06.08.2014 - 1 BvR 1453/12 - SGb 2015, 175, m.w.N. und vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/12 - BVerfGK 20, 196). Die summarische Prüfung kann sich insbesondere bei schwierigen Fragen auch auf Rechtsfragen beziehen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 16c), wobei dann die Interessen- und Folgenabwägung stärkeres Gewicht gewinnt. Hierbei ist dem Gewicht der in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten nach Möglichkeit zu verhindern (BVerfG, Beschluss vom 13.04.2010 - 1 BvR 216/07 - BVerfGE 126, 1 (27 f.), m.w.N.; vgl. zur Prüfungsdichte von rechtlichen Fragen: BVerfG, Beschluss vom 27.05.1998 - 2 BvR 378/98 -, NVwZ-RR 1999, 217). Dabei ist eine weitergehende tatsächliche und rechtliche Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs von Verfassungs wegen dann erforderlich, wenn dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten droht, die durch eine nachträgliche Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann. Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/12, a.a.O.). Ist einem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. In diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen.
Nach diesen Maßgaben entscheidet der Senat auf Grund einer Folgenabwägung, weil nach dem derzeitigen Sachstand mehr für als gegen ein Obsiegen der Antragstellerinnen in der Hauptsache spricht.
Der Anordnungsgrund ergibt sich aus dem glaubhaft gemachten Fehlen von Eigenmitteln zur Deckung des Bedarfs. Verbleibende Zweifel sind der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Ebenfalls ist ein Anordnungsanspruch nach summarischer Prüfung glaubhaft gemacht. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, d.h. der guten Möglichkeit, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. zum Begriff der Glaubhaftmachung BSG, Beschluss vom 07.04.2011 - B 9 VG 15/10 B -; BSG, Beschluss vom 08.08.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4).
Die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II liegen vor.
Die Antragstellerin zu 1) hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II). Sie ist ferner erwerbsfähig im Sinne von §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 8 SGB II. Anhaltspunkte für eine fehlende (gesundheitliche) Erwerbsfähigkeit liegen nicht vor. Die Antragstellerin zu 1) hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II i.V.m. § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I (vgl. hierzu Urteil vom 30.01.2013 - B 4 AS 54712 R - BSGE 113, 60).
Die Antragstellerin zu 1), die mit den Antragstellerinnen zu 2) bis zu 4) eine Bedarfsgemeinschaft i.S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II bildet, hat auch ihre Hilfebedürftigkeit i.S.v. §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 SGB II glaubhaft gemacht. Sie hat in der Zeit seit dem 11.08.2015 nicht über ausreichendes Einkommen, auch nicht in Form von überschießendem Kindergeld, oder Vermögen verfügt, um ihren Lebensbedarf zu sichern. Der Bedarf der Antragstellerinnen zu 2) und zu 3) von insgesamt 399,57 EUR (234,00 EUR Regelbedarf + 165,25 Miete (1/4 von 661,00 EUR) wird durch die Leistungen nach dem UVG (133,00 EUR) und dem Kindergeld (184,00 EUR) i.H.v. insgesamt 317,00 EUR nicht gedeckt. Allein die Tatsache, dass auch ohne Leistungen durch den Träger der Grundsicherung jedenfalls das Lebensnotwendige offenbar gesichert ist, lässt eine Hilfebedürftigkeit nicht entfallen. Entscheidend ist, ob Einkommen in Geld oder Geldeswert im jeweils zu beurteilenden Zeitraum in einer Höhe konkret zur Verfügung steht, das den Gesamtbedarf vollständig deckt (vgl. BSG Urteil vom 18.02.2010 - B 14 AS 32/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr. 9). Dafür, dass die Antragstellerin zu 1) ab Antragstellung bei Gericht über unbekanntes Einkommen oder Vermögen verfügt hat, liegen keine durchgreifenden Anhaltspunkte vor.
Die Kinder erfüllen die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 S. 2 SGB II.
Soweit die Auffassung vertreten wird, dass die in § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II normierten Leistungsvoraussetzungen um die ungeschriebene Anspruchsvoraussetzung des Bestehens eines (materiellen) Aufenthaltsrechts zu erweitern sei (so das LSG Hessen, Beschluss vom 11.12.2014 - L 7 AS 528/14 B ER), folgt der Senat dem nicht (vgl. Urteil des Senats vom 01.06.2015 - L 19 AS 1923/14 (Revision anhängig B 14 AS 35/15 R)).
Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren möglichen Prüfungsdichte unterliegt die Antragstellerin zu 1) nicht dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II. Nach dieser Vorschrift werden Ausländerinnen und Ausländer vom Leistungsanspruch ausgenommen, wenn sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche (§ 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU) ergibt. Die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II fordert eine "fiktive Prüfung" des Grundes bzw. der Gründe des Aufenthaltsrechts am Maßstab des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) und ggf. des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG; vgl. BSG, Vorlagebeschluss vom 12.12.2013 - B 4 AS 9/13 R m.w.N). Es muss positiv festgestellt werden, dass dem Ausländer ein Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitsuche in der Bundesrepublik zusteht (BSG, Urteil vom 30.01.2013 - B 4 AS 54/12 R - BSGE 113, 60, m.w.N.).
Die Voraussetzungen für Aufenthaltsrechte gemäß § 2 Abs. 2 Nrn. 1, 2 - 7 FreizügG/EU liegen nicht vor. Ebenfalls ist der Tatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU - Aufenthalt zur Arbeitsuche - nicht erfüllt. Danach haben Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, bis zu sechs Monaten und darüber hinaus solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden, ein Aufenthaltsrecht. Nach Ablauf der Sechsmonatsfrist besteht ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche damit nur dann, wenn ein Unionsbürger nachweisen kann, dass er ernsthaft und mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit sucht, wobei dies objektivierbar nach außen hin zum Ausdruck gebracht werden muss (vgl. EuGH, Urteile vom 23.03.2004 - C-138/02 - Collins, vom 20.02.1997 - C-344/95; und vom 26.02.1991 - C-292/89 - Antonissen; OVG Sachsen, Beschluss vom 07.08.2014 - 3 B 507/13 m.w.N.; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.06.2014 - 4 LB 22/13; VGH Bayern, Beschluss vom 11.02.2014 - 10 C 13.2241). Vorliegend hat die Antragstellerin zu 1) keine konkreten Bewerbungsbemühungen im streitbefangenen Zeitraum glaubhaft gemacht. Ebenso ist im Hinblick auf die fehlende Sicherstellung der Kinderbetreuung unwahrscheinlich, dass die Antragstellerin zu 1) in naher Zukunft eine Arbeitsstelle antreten kann. Die am 01.07.2015 aufgenommene geringfügige Beschäftigung musste die Antragstellerin zu 1) wegen fehlender Kinderbetreuung bereits nach vier Tagen wieder aufgeben. Eine realistische Chance auf Erlangung eines Arbeitsplatzes besteht vor diesem Hintergrund nicht.
Offen ist, ob der Antragstellerin zu 1) ein Aufenthaltsrecht aus § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU i.V.m. § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG und Art. 18 AEUV zusteht. Soweit Aufenthaltsrechte von Unionsbürgern nach § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU i.V.m. den Vorschriften des AufenthG zu prüfen sind, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 30.01.2013 - B 4 AS 54/12 R - BSGE 113, 60) unerheblich, ob dem Unionsbürger ein Aufenthaltstitel nach dem AufenthG erteilt worden ist. Entscheidend ist, ob ihm ein solcher Titel zu erteilen wäre. Nach § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU findet das AufenthG vorrangig vor dem FreizügG/EU Anwendung, wenn es eine günstigere Rechtsstellung vermittelt als das FreizügG/EU. § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG sieht vor, dass einem ausländischen Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge - auch ohne Existenzsicherung i.S.v. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG - eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen ist, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. In der Literatur wird vertreten, dass § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG aufgrund des in Art. 18 AEUV statuierten Gleichbehandlungsgrundsatzes auf minderjährige Unionsbürger und ihre Eltern Anwendung finde (vgl. Dienelt, a.a.O., § 11 FreizügG/EU Rn. 38f; a.A. Kösel/Christ/Häußer, Deutsches Aufenthalts- und Ausländerrecht, Stand Dezember 2013, § 11 FreizügG/EU Rn. 107). Die Antragstellerin zu 1) übt das alleinige Sorgerecht für drei minderjährige Unionsbürger aus. Aus dieser Rechtsstellung kann sie allenfalls unter Berücksichtigung des in Art. 18 AEUV statuierten Inländergleichbehandlungsgebot ein Aufenthaltsrecht nach § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU a.F. i.V.m. § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG ableiten, wenn die Kinder ein materielles Aufenthaltsrecht haben (vgl. Urteil des Senats vom 01.06.2015 - L 19 AS 1923/14). Das Bestehen eines Aufenthaltsrechts der Kinder als Familienangehörige i.S.v. § 3 Abs. 2 Nr.1 FreizüG/EU kommt in Betracht, wenn ihre Väter ein Aufenthaltsrecht i.S.v. § 2 FreizügG/EU innehaben. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU haben Familienangehörige der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 genannten Unionsbürger das Recht nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU, wenn sie den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen. Die Tatsache, dass die Kinder nicht mit ihren Vätern zusammenwohnen, lässt ein etwaiges Aufenthaltsrecht aus § 3 Abs. 1, 2 Nr. 1 FreizügG/EU nicht entfallen (vgl. BSG, Urteil vom 25.01.2012 - B 14 AS 138/11 R -, SozR 4-4200 § 7 Nr. 28). Zumindest bei dem Vater der Antragstellerin zu 4), Herrn Z, bestehen Anhaltspunkte, dass er aufgrund einer mehr als 12- monatigen abhängigen Beschäftigung einen Arbeitnehmerstatus i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU erlangt hat. Die Antragstellerin zu 1) hat angegeben, Herr Z habe in den Jahren 2010 bis 2012 gearbeitet. Ob es sich bei diesen Beschäftigungen um abhängige Beschäftigungen gehandelt hat, die einen Arbeitnehmerstatus begründet haben, oder ob Herr Z als Selbständiger ein Aufenthaltsrecht innehat, wird im Hauptsacheverfahren zu klären sein.
Wenn ein Aufenthaltsrecht der Antragstellerin zu 1) aus § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU i.V.m. § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG und Art. 18 AEUV verneint wird, handelt es sich bei ihr um eine Unionsbürgerin ohne materielles Aufenthaltsrecht, die sich aber wegen der fehlenden Verlustfeststellung nach §§ 2 Abs. 7, 5 Abs. 4, 6 FreizügG/EU formell rechtmäßig in der Bundesrepublik aufhält (siehe hierzu Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., § 11 Rn. 13, § 7 Rn. 10). Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats (zuletzt Senatsurteil vom 01.06.2015 - L 19 AS 1923/14 m.w.N. (Revision anhängig B 14 AS 35/15 R )) ist der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II auf diesen Personenkreis nicht anwendbar. Der Senat folgt nicht der Auffassung, dass diese Vorschrift im Wege teleologischer Auslegung neben Unionsbürgern mit einem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche auch Unionsbürger ohne materielles Aufenthaltsrecht erfasst (so aber LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.06.2015 - L 1 AS 2338/15 B ER - und Urteil vom 28.11.2014 - L 12 AS 3227/14; LSG Bayern, Beschluss vom 14.04.2015 - L 7 AS 225/15 B ER; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.02.2015 - L 2 AS 14/15 B ER; LSG NRW, Beschlüsse vom 16.07.2015 - L 2 AS 399/15 B ER m.w.N. und vom 09.01.2015 - L 12 AS 2209/14 B ER; LSG Hamburg, Beschluss vom 01.12.2014 - L 4 AS 444/14 B ER). Der Wortlaut der Vorschrift stellt nur auf das Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ab und ist wegen des Ausnahmecharakters des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II einer erweiternden Auslegung im Wege des "Erst-Recht-Schlusses" nicht zugängig (so auch LSG Hessen, Beschlüsse vom 07.04.2015 - L 6 AS 62/15 B ER und vom 05.02.2015 - L 6 AS 883/14 B ER und Urteile vom 27.11.2013 - L 6 AS 378/12 (Revision B 14 AS 15/14 R) und - L 6 AS 726/12 (Revision B 14 AS 18/14 R); LSG NRW, Beschluss vom.03.2015 - L 7 AS 2376/14 B ER; LSG Thüringen, Beschluss vom 25.04.2014 - L 4 AS 306/14 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 06.03.2014 - L 31 AS 1348/13 -, vom 19.03.2015 - L 31 AS 1268/14 (Revision anhängig B 14 AS 15/15 R) und vom 18.06.2015 - L 31 AS 100/14 -, wonach der Leistungsausschluss sich auf Unionsbürger bezieht, die sich - ohne eine tatsächliche noch andauernde Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt erlangt zu haben - zur Arbeitsuche in der Bundesrepublik aufhalten und bei denen sich - in Abgrenzung zu den Fällen eines bloßen Sozialleistungsmissbrauchs - die Ernsthaftigkeit dieser Arbeitsuche konkret manifestiert hat).
Im Hinblick auf die vorstehend skizzierte, in der Rechtsprechung umstrittene Anwendung des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II auf Unionsbürger ohne materielles Aufenthaltsrecht und der offenen Frage, ob die Antragstellerin zu 1) als sorgeberechtigtes Elternteil eines nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU aufenthaltsberechtigten Kindes ein materielles Aufenthaltsrecht zusteht, sieht der Senat den Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen an. Es besteht die gute Möglichkeit, dass die Antragstellerinnen im Hauptsachverfahren obsiegen. Im Hinblick auf die Bedeutung der durch den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II betroffenen grundrechtlichen Belange der Antragstellerinnen - Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums - hält der Senat es deshalb für gerechtfertigt, im Wege einer Folgenabwägung, die die grundrechtlichen Belange der Antragstellerinnen, die existenzsichernde, aber auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichternde Leistungen begehren, und das Interesse des Antragsgegners an einer Verhinderung einer rechtswidrigen Mittelvergabe berücksichtigt, zu entscheiden.
Nach dieser Abwägung tritt das Vollzugsinteresse des Antragsgegners, d.h. bei ungeklärter Rechtslage keine finanziellen Aufwendungen an die Antragstellerinnen zu erbringen, hinter dem Interesse der Antragstellerinnen zurück. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass es sich um eine faktische Vorwegnahme der Hauptsache handelt. Jedoch dienen existenzsichernde Leistungen - wie die des SGB II - nach ihrer Konzeption dazu, eine gegenwärtige Notlage zu beseitigen. Die spätere, nachträgliche Erbringung von existenzsichernden Leistungen verfehlt insoweit ihren Zweck. In die Abwägung hat der Senat auch die Überlegung mit eingestellt, dass der Staat verfassungsrechtlich zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 GG verpflichtet ist (vgl. hierzu BVerfG, Urteile vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 und vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - BVerfGE 132, 134; siehe auch Kirchhof, Die Entwicklung des Sozialverfassungsrechts, NZS 2015, 1, 4). Zudem hat der Senat bei der Abwägung auch berücksichtigt, dass der Antragsgegner seine finanziellen Belange durch die Anmeldung eines Erstattungsanspruchs nach §§ 102 ff. SGB X beim örtlichen Sozialhilfeträger wahren kann. Denn bei einem Eingreifen des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II kommt ein Anspruch der Antragstellerinnen auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII in Betracht. § 21 S. 1 SGB XII greift bei Hilfebedürftigen, die von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind, nicht ein (Beschlüsse des Senats vom 29.06.2012 - L 19 AS 973/12 B ER m.w.N. und vom 02.10.2012 - L 19 AS 1393/12 B ER m.w.N.; LSG Hamburg, Beschluss vom 01.12.2014 - L 4 AS 444/14 B ER m.w.N.; LSG Niedersachen-Bremen, Beschluss vom 23.05.2014 - L 8 SO 129/14 B ER mit Zusammenfassung des Meinungstandes in Rechtsprechung und Literatur; sowohl auch BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 8 SO 24/12 R - SozR 4-3500 § 67 Nr. 1; siehe ferner BSG, Urteil vom 16.05.2011 - B 4 AS 105/11 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 30; ablehnend LSG NRW, Beschluss vom 20.08.2015 - L 12 AS 1180/15 B ER; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.06.2015 - L 1 AS 2338/15 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.06.2015 - L 31 AS 100/14 und Beschluss vom 10.12.2014 - L 20 AS 2697/14 B ER; LSG Hessen, Beschluss vom 22.05.2015 - L 4 SO 31/15 B ER; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.02.2015 - L 2 AS 14/15 B ER; kritisch auch LSG NRW, Beschluss vom 15.05.2013 - L 9 AS 466/13 B ER). Zwar kann § 23 SGB XII einen Anspruch der Antragstellerinnen auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII ausschließen, jedoch besteht auch bei Eingreifen des Leistungsausschlusses nach § 23 Abs. 3 SGB XII ein Anspruch auf Sozialhilfe im Ermessenswege, wenn dies im Einzelfall gerechtfertigt ist (Coseriu in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 23 Rn. 75 ff; Greiser in jurisPK-SGB XII Anhang zu § 23 Rn. 119 ff; Armborst in LPK-SGB II, 5 Aufl., § 8 Rn. 30; Birk in LPK-SGB XII, 9. Aufl., § 23 Rn. 21; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand VII/12, § 23 Rn. 50; vgl. auch OVG Berlin Beschluss von 22.04.2003 - 6 S 9.03; BVerwG Urteil vom 10.12.1987 - 5 C 32/85 zur Vorgängervorschrift des § 120 BSHG; vgl. auch LSG NRW Beschlüsse vom 18.11.2011 - L 7 AS 614/11 B ER und vom 28.11.2012 - L 7 AS 2109/11 B ER; offengelassen: BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R; a.A. anscheinend LSG NRW, Beschluss vom 20.08.2015 - L 12 AS 1180/15 B ER). Bei Ermessensleistungen sind bei Art und Umfang der Leistungen Einschnitte möglich, die ihre Grenze bei dem zum Lebensunterhalt Unerlässlichen haben dürften (Coseriu, a.a.O., § 23 Rn. 76). Insoweit ist auch der Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG in die Erwägungen einzubeziehen, wonach das Existenzminimum eines Ausländers auch bei kurzer Aufenthaltsdauer oder kurzer Aufenthaltsperspektive in Deutschland in jedem Fall und zu jeder Zeit sichergestellt sein muss (BVerfG Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - BVerfGE 132, 134; siehe auch Kirchhof, a.a.O.).
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO liegen vor. Gemäß § 119 Abs. 1 S. 2 ZPO erfolgt eine Prüfung der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung nicht, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat. Im vorliegenden Falle hat der Antragsgegner Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 19.08.2015 eingelegt. Die Antragstellerinnen sind nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auch außerstande, die Kosten der Prozessführung aufzubringen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die 1987 geborene Antragstellerin zu 1) ist bulgarische Staatsangehörige. Nach eigenen Angaben besuchte sie in Bulgarien bis zum 4. Schuljahr die Schule. Sie verfügt über keine Berufsausbildung. In Bulgarien arbeitete sie als Reinigungskraft sowie Küchenhilfe. Sie hält sich seit September 2012 in der Bundesrepublik auf. Am 00.00.2013 gebar sie die Antragstellerinnen zu 2) und 3) sowie am 00.00.2015 die Antragstellerin zu 4). Sie spricht bulgarisch und serbisch und kann sich auf Deutsch verständigen.
Am 10.12.2013 sprach die Antragstellerin zu 1), die Kindergeld i.H.v. 368,00 EUR sowie Unterhaltsvorschussleistungen i.H.v. insgesamt 266,00 EUR für die Antragstellerinnen zu 2) und 3) bezieht, beim Antragsgegner vor und gab an, dass sie seit ihrer Ankunft in der Bundesrepublik bei Verwandten wohne. Sie habe bislang ihren Lebensunterhalt durch das Sammeln von Flaschen bestritten. Durch Bescheid vom 06.03.2014 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellerinnen zu 1) bis zu 3) vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 11.12.2013 bis zum 10.06.2014 in Höhe der Regelbedarfe. Die nachfolgenden Fortbewilligungsanträge lehnte der Antragsgegner ab. Hiergegen sind Klagen anhängig. In Ausführung von stattgebenden Beschlüssen in einstweiligen Rechtsschutzverfahren gewährte der Antragsgegner den Antragstellerinnen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bis einschließlich 02.08.2015.
Am 01.07.2015 nahm die Antragstellerin zu 1) eine geringfügige Beschäftigung auf. Diese gab sie nach eigenen Angaben nach vier Tagen wieder auf, da die Antragstellerin zu 4) auf ihre Betreuung angewiesen sei. Am 03.08.2015 überwies der Arbeitgeber einen Betrag von 221,01 EUR auf das Konto der Antragstellerin zu 1).
Durch Bescheid vom 31.07.2015 lehnte der Antragsgegner den Fortbewilligungsantrag der Antragstellerin zu 1) vom 14.07.2015 unter Berufung auf § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II ab. Hiergegen erhoben die Antragstellerinnen Widerspruch, den der Antragsgegner durch Widerspruchsbescheid vom 21.08.2015 zurückwies. Am 24.08.2015 erhoben die Antragstellerinnen dagegen Klage (S 40 AS 3042/15).
Am 11.08.2015 haben die Antragstellerinnen vorläufigen Rechtsschutz beantragt.
Sie haben vorgetragen, die Bearbeitung der Anträge der Antragstellerin zu 1) auf Kindergeld und Elterngeld für die Antragstellerin zu 4) verzögere sich wegen des Verlustes ihrer Ausweispapiere. Sie hätten Stromschulden, wobei der Energieversorgungsträger eine Ratenzahlung ablehne.
Durch Beschluss vom 19.08.2015 hat das Sozialgericht Köln den Antragsgegner vorläufig verpflichtet, den Antragstellerinnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 11.08.2015 bis zum 10.02.2016, längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Auf die Gründe wird Bezug genommen. Der Antragsgegner hat den Beschluss ausgeführt.
Gegen den ihm am 25.08.2015 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 28.08.2015 Beschwerde eingelegt.
Er beruft sich auf den sich aus § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II ergebenden Leistungsausschluss. Aufgrund der Schwangerschaften der Antragstellerin zu 1) sowie der Geburt der Antragstellerinnen zu 2) bis zu 4) seien wegen der fehlenden Kinderbetreuung keine Maßnahmen zur Arbeitsberatung, Eingliederung und Arbeitsförderung erfolgt. Der Vater der Antragstellerin zu 4), Herr Z, habe weder in der Vergangenheit noch aktuell Leistungen nach dem SGB II bezogen.
Die Antragstellerinnen tragen vor, Herr Z habe in den Jahren 2010 bis 2012 gearbeitet. Anschließend habe er keine Arbeit gefunden. Er bestreite seinen Lebensunterhalt aus seinem Verdienst, den er durch den Verkauf von Trödel (50,00 EUR bis 100,00 EUR wöchentlich) erziele.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs (d. h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie eines Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus.
Dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang das gewähren, was er im Hauptsacheverfahren erreichen kann. Dabei dürfen Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren für Anfechtungs- und (wie hier) Vornahmesachen grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 06.08.2014 - 1 BvR 1453/12 - SGb 2015, 175, m.w.N. und vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/12 - BVerfGK 20, 196). Die summarische Prüfung kann sich insbesondere bei schwierigen Fragen auch auf Rechtsfragen beziehen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 16c), wobei dann die Interessen- und Folgenabwägung stärkeres Gewicht gewinnt. Hierbei ist dem Gewicht der in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten nach Möglichkeit zu verhindern (BVerfG, Beschluss vom 13.04.2010 - 1 BvR 216/07 - BVerfGE 126, 1 (27 f.), m.w.N.; vgl. zur Prüfungsdichte von rechtlichen Fragen: BVerfG, Beschluss vom 27.05.1998 - 2 BvR 378/98 -, NVwZ-RR 1999, 217). Dabei ist eine weitergehende tatsächliche und rechtliche Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs von Verfassungs wegen dann erforderlich, wenn dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten droht, die durch eine nachträgliche Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann. Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/12, a.a.O.). Ist einem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. In diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen.
Nach diesen Maßgaben entscheidet der Senat auf Grund einer Folgenabwägung, weil nach dem derzeitigen Sachstand mehr für als gegen ein Obsiegen der Antragstellerinnen in der Hauptsache spricht.
Der Anordnungsgrund ergibt sich aus dem glaubhaft gemachten Fehlen von Eigenmitteln zur Deckung des Bedarfs. Verbleibende Zweifel sind der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Ebenfalls ist ein Anordnungsanspruch nach summarischer Prüfung glaubhaft gemacht. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, d.h. der guten Möglichkeit, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. zum Begriff der Glaubhaftmachung BSG, Beschluss vom 07.04.2011 - B 9 VG 15/10 B -; BSG, Beschluss vom 08.08.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4).
Die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II liegen vor.
Die Antragstellerin zu 1) hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II). Sie ist ferner erwerbsfähig im Sinne von §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 8 SGB II. Anhaltspunkte für eine fehlende (gesundheitliche) Erwerbsfähigkeit liegen nicht vor. Die Antragstellerin zu 1) hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II i.V.m. § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I (vgl. hierzu Urteil vom 30.01.2013 - B 4 AS 54712 R - BSGE 113, 60).
Die Antragstellerin zu 1), die mit den Antragstellerinnen zu 2) bis zu 4) eine Bedarfsgemeinschaft i.S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II bildet, hat auch ihre Hilfebedürftigkeit i.S.v. §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 SGB II glaubhaft gemacht. Sie hat in der Zeit seit dem 11.08.2015 nicht über ausreichendes Einkommen, auch nicht in Form von überschießendem Kindergeld, oder Vermögen verfügt, um ihren Lebensbedarf zu sichern. Der Bedarf der Antragstellerinnen zu 2) und zu 3) von insgesamt 399,57 EUR (234,00 EUR Regelbedarf + 165,25 Miete (1/4 von 661,00 EUR) wird durch die Leistungen nach dem UVG (133,00 EUR) und dem Kindergeld (184,00 EUR) i.H.v. insgesamt 317,00 EUR nicht gedeckt. Allein die Tatsache, dass auch ohne Leistungen durch den Träger der Grundsicherung jedenfalls das Lebensnotwendige offenbar gesichert ist, lässt eine Hilfebedürftigkeit nicht entfallen. Entscheidend ist, ob Einkommen in Geld oder Geldeswert im jeweils zu beurteilenden Zeitraum in einer Höhe konkret zur Verfügung steht, das den Gesamtbedarf vollständig deckt (vgl. BSG Urteil vom 18.02.2010 - B 14 AS 32/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr. 9). Dafür, dass die Antragstellerin zu 1) ab Antragstellung bei Gericht über unbekanntes Einkommen oder Vermögen verfügt hat, liegen keine durchgreifenden Anhaltspunkte vor.
Die Kinder erfüllen die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 S. 2 SGB II.
Soweit die Auffassung vertreten wird, dass die in § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II normierten Leistungsvoraussetzungen um die ungeschriebene Anspruchsvoraussetzung des Bestehens eines (materiellen) Aufenthaltsrechts zu erweitern sei (so das LSG Hessen, Beschluss vom 11.12.2014 - L 7 AS 528/14 B ER), folgt der Senat dem nicht (vgl. Urteil des Senats vom 01.06.2015 - L 19 AS 1923/14 (Revision anhängig B 14 AS 35/15 R)).
Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren möglichen Prüfungsdichte unterliegt die Antragstellerin zu 1) nicht dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II. Nach dieser Vorschrift werden Ausländerinnen und Ausländer vom Leistungsanspruch ausgenommen, wenn sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche (§ 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU) ergibt. Die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II fordert eine "fiktive Prüfung" des Grundes bzw. der Gründe des Aufenthaltsrechts am Maßstab des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) und ggf. des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG; vgl. BSG, Vorlagebeschluss vom 12.12.2013 - B 4 AS 9/13 R m.w.N). Es muss positiv festgestellt werden, dass dem Ausländer ein Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitsuche in der Bundesrepublik zusteht (BSG, Urteil vom 30.01.2013 - B 4 AS 54/12 R - BSGE 113, 60, m.w.N.).
Die Voraussetzungen für Aufenthaltsrechte gemäß § 2 Abs. 2 Nrn. 1, 2 - 7 FreizügG/EU liegen nicht vor. Ebenfalls ist der Tatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU - Aufenthalt zur Arbeitsuche - nicht erfüllt. Danach haben Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, bis zu sechs Monaten und darüber hinaus solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden, ein Aufenthaltsrecht. Nach Ablauf der Sechsmonatsfrist besteht ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche damit nur dann, wenn ein Unionsbürger nachweisen kann, dass er ernsthaft und mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit sucht, wobei dies objektivierbar nach außen hin zum Ausdruck gebracht werden muss (vgl. EuGH, Urteile vom 23.03.2004 - C-138/02 - Collins, vom 20.02.1997 - C-344/95; und vom 26.02.1991 - C-292/89 - Antonissen; OVG Sachsen, Beschluss vom 07.08.2014 - 3 B 507/13 m.w.N.; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.06.2014 - 4 LB 22/13; VGH Bayern, Beschluss vom 11.02.2014 - 10 C 13.2241). Vorliegend hat die Antragstellerin zu 1) keine konkreten Bewerbungsbemühungen im streitbefangenen Zeitraum glaubhaft gemacht. Ebenso ist im Hinblick auf die fehlende Sicherstellung der Kinderbetreuung unwahrscheinlich, dass die Antragstellerin zu 1) in naher Zukunft eine Arbeitsstelle antreten kann. Die am 01.07.2015 aufgenommene geringfügige Beschäftigung musste die Antragstellerin zu 1) wegen fehlender Kinderbetreuung bereits nach vier Tagen wieder aufgeben. Eine realistische Chance auf Erlangung eines Arbeitsplatzes besteht vor diesem Hintergrund nicht.
Offen ist, ob der Antragstellerin zu 1) ein Aufenthaltsrecht aus § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU i.V.m. § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG und Art. 18 AEUV zusteht. Soweit Aufenthaltsrechte von Unionsbürgern nach § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU i.V.m. den Vorschriften des AufenthG zu prüfen sind, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 30.01.2013 - B 4 AS 54/12 R - BSGE 113, 60) unerheblich, ob dem Unionsbürger ein Aufenthaltstitel nach dem AufenthG erteilt worden ist. Entscheidend ist, ob ihm ein solcher Titel zu erteilen wäre. Nach § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU findet das AufenthG vorrangig vor dem FreizügG/EU Anwendung, wenn es eine günstigere Rechtsstellung vermittelt als das FreizügG/EU. § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG sieht vor, dass einem ausländischen Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge - auch ohne Existenzsicherung i.S.v. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG - eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen ist, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. In der Literatur wird vertreten, dass § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG aufgrund des in Art. 18 AEUV statuierten Gleichbehandlungsgrundsatzes auf minderjährige Unionsbürger und ihre Eltern Anwendung finde (vgl. Dienelt, a.a.O., § 11 FreizügG/EU Rn. 38f; a.A. Kösel/Christ/Häußer, Deutsches Aufenthalts- und Ausländerrecht, Stand Dezember 2013, § 11 FreizügG/EU Rn. 107). Die Antragstellerin zu 1) übt das alleinige Sorgerecht für drei minderjährige Unionsbürger aus. Aus dieser Rechtsstellung kann sie allenfalls unter Berücksichtigung des in Art. 18 AEUV statuierten Inländergleichbehandlungsgebot ein Aufenthaltsrecht nach § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU a.F. i.V.m. § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG ableiten, wenn die Kinder ein materielles Aufenthaltsrecht haben (vgl. Urteil des Senats vom 01.06.2015 - L 19 AS 1923/14). Das Bestehen eines Aufenthaltsrechts der Kinder als Familienangehörige i.S.v. § 3 Abs. 2 Nr.1 FreizüG/EU kommt in Betracht, wenn ihre Väter ein Aufenthaltsrecht i.S.v. § 2 FreizügG/EU innehaben. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU haben Familienangehörige der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 genannten Unionsbürger das Recht nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU, wenn sie den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen. Die Tatsache, dass die Kinder nicht mit ihren Vätern zusammenwohnen, lässt ein etwaiges Aufenthaltsrecht aus § 3 Abs. 1, 2 Nr. 1 FreizügG/EU nicht entfallen (vgl. BSG, Urteil vom 25.01.2012 - B 14 AS 138/11 R -, SozR 4-4200 § 7 Nr. 28). Zumindest bei dem Vater der Antragstellerin zu 4), Herrn Z, bestehen Anhaltspunkte, dass er aufgrund einer mehr als 12- monatigen abhängigen Beschäftigung einen Arbeitnehmerstatus i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU erlangt hat. Die Antragstellerin zu 1) hat angegeben, Herr Z habe in den Jahren 2010 bis 2012 gearbeitet. Ob es sich bei diesen Beschäftigungen um abhängige Beschäftigungen gehandelt hat, die einen Arbeitnehmerstatus begründet haben, oder ob Herr Z als Selbständiger ein Aufenthaltsrecht innehat, wird im Hauptsacheverfahren zu klären sein.
Wenn ein Aufenthaltsrecht der Antragstellerin zu 1) aus § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU i.V.m. § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG und Art. 18 AEUV verneint wird, handelt es sich bei ihr um eine Unionsbürgerin ohne materielles Aufenthaltsrecht, die sich aber wegen der fehlenden Verlustfeststellung nach §§ 2 Abs. 7, 5 Abs. 4, 6 FreizügG/EU formell rechtmäßig in der Bundesrepublik aufhält (siehe hierzu Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., § 11 Rn. 13, § 7 Rn. 10). Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats (zuletzt Senatsurteil vom 01.06.2015 - L 19 AS 1923/14 m.w.N. (Revision anhängig B 14 AS 35/15 R )) ist der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II auf diesen Personenkreis nicht anwendbar. Der Senat folgt nicht der Auffassung, dass diese Vorschrift im Wege teleologischer Auslegung neben Unionsbürgern mit einem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche auch Unionsbürger ohne materielles Aufenthaltsrecht erfasst (so aber LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.06.2015 - L 1 AS 2338/15 B ER - und Urteil vom 28.11.2014 - L 12 AS 3227/14; LSG Bayern, Beschluss vom 14.04.2015 - L 7 AS 225/15 B ER; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.02.2015 - L 2 AS 14/15 B ER; LSG NRW, Beschlüsse vom 16.07.2015 - L 2 AS 399/15 B ER m.w.N. und vom 09.01.2015 - L 12 AS 2209/14 B ER; LSG Hamburg, Beschluss vom 01.12.2014 - L 4 AS 444/14 B ER). Der Wortlaut der Vorschrift stellt nur auf das Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ab und ist wegen des Ausnahmecharakters des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II einer erweiternden Auslegung im Wege des "Erst-Recht-Schlusses" nicht zugängig (so auch LSG Hessen, Beschlüsse vom 07.04.2015 - L 6 AS 62/15 B ER und vom 05.02.2015 - L 6 AS 883/14 B ER und Urteile vom 27.11.2013 - L 6 AS 378/12 (Revision B 14 AS 15/14 R) und - L 6 AS 726/12 (Revision B 14 AS 18/14 R); LSG NRW, Beschluss vom.03.2015 - L 7 AS 2376/14 B ER; LSG Thüringen, Beschluss vom 25.04.2014 - L 4 AS 306/14 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 06.03.2014 - L 31 AS 1348/13 -, vom 19.03.2015 - L 31 AS 1268/14 (Revision anhängig B 14 AS 15/15 R) und vom 18.06.2015 - L 31 AS 100/14 -, wonach der Leistungsausschluss sich auf Unionsbürger bezieht, die sich - ohne eine tatsächliche noch andauernde Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt erlangt zu haben - zur Arbeitsuche in der Bundesrepublik aufhalten und bei denen sich - in Abgrenzung zu den Fällen eines bloßen Sozialleistungsmissbrauchs - die Ernsthaftigkeit dieser Arbeitsuche konkret manifestiert hat).
Im Hinblick auf die vorstehend skizzierte, in der Rechtsprechung umstrittene Anwendung des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II auf Unionsbürger ohne materielles Aufenthaltsrecht und der offenen Frage, ob die Antragstellerin zu 1) als sorgeberechtigtes Elternteil eines nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU aufenthaltsberechtigten Kindes ein materielles Aufenthaltsrecht zusteht, sieht der Senat den Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen an. Es besteht die gute Möglichkeit, dass die Antragstellerinnen im Hauptsachverfahren obsiegen. Im Hinblick auf die Bedeutung der durch den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II betroffenen grundrechtlichen Belange der Antragstellerinnen - Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums - hält der Senat es deshalb für gerechtfertigt, im Wege einer Folgenabwägung, die die grundrechtlichen Belange der Antragstellerinnen, die existenzsichernde, aber auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichternde Leistungen begehren, und das Interesse des Antragsgegners an einer Verhinderung einer rechtswidrigen Mittelvergabe berücksichtigt, zu entscheiden.
Nach dieser Abwägung tritt das Vollzugsinteresse des Antragsgegners, d.h. bei ungeklärter Rechtslage keine finanziellen Aufwendungen an die Antragstellerinnen zu erbringen, hinter dem Interesse der Antragstellerinnen zurück. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass es sich um eine faktische Vorwegnahme der Hauptsache handelt. Jedoch dienen existenzsichernde Leistungen - wie die des SGB II - nach ihrer Konzeption dazu, eine gegenwärtige Notlage zu beseitigen. Die spätere, nachträgliche Erbringung von existenzsichernden Leistungen verfehlt insoweit ihren Zweck. In die Abwägung hat der Senat auch die Überlegung mit eingestellt, dass der Staat verfassungsrechtlich zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 GG verpflichtet ist (vgl. hierzu BVerfG, Urteile vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 und vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - BVerfGE 132, 134; siehe auch Kirchhof, Die Entwicklung des Sozialverfassungsrechts, NZS 2015, 1, 4). Zudem hat der Senat bei der Abwägung auch berücksichtigt, dass der Antragsgegner seine finanziellen Belange durch die Anmeldung eines Erstattungsanspruchs nach §§ 102 ff. SGB X beim örtlichen Sozialhilfeträger wahren kann. Denn bei einem Eingreifen des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II kommt ein Anspruch der Antragstellerinnen auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII in Betracht. § 21 S. 1 SGB XII greift bei Hilfebedürftigen, die von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind, nicht ein (Beschlüsse des Senats vom 29.06.2012 - L 19 AS 973/12 B ER m.w.N. und vom 02.10.2012 - L 19 AS 1393/12 B ER m.w.N.; LSG Hamburg, Beschluss vom 01.12.2014 - L 4 AS 444/14 B ER m.w.N.; LSG Niedersachen-Bremen, Beschluss vom 23.05.2014 - L 8 SO 129/14 B ER mit Zusammenfassung des Meinungstandes in Rechtsprechung und Literatur; sowohl auch BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 8 SO 24/12 R - SozR 4-3500 § 67 Nr. 1; siehe ferner BSG, Urteil vom 16.05.2011 - B 4 AS 105/11 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 30; ablehnend LSG NRW, Beschluss vom 20.08.2015 - L 12 AS 1180/15 B ER; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.06.2015 - L 1 AS 2338/15 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.06.2015 - L 31 AS 100/14 und Beschluss vom 10.12.2014 - L 20 AS 2697/14 B ER; LSG Hessen, Beschluss vom 22.05.2015 - L 4 SO 31/15 B ER; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.02.2015 - L 2 AS 14/15 B ER; kritisch auch LSG NRW, Beschluss vom 15.05.2013 - L 9 AS 466/13 B ER). Zwar kann § 23 SGB XII einen Anspruch der Antragstellerinnen auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII ausschließen, jedoch besteht auch bei Eingreifen des Leistungsausschlusses nach § 23 Abs. 3 SGB XII ein Anspruch auf Sozialhilfe im Ermessenswege, wenn dies im Einzelfall gerechtfertigt ist (Coseriu in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 23 Rn. 75 ff; Greiser in jurisPK-SGB XII Anhang zu § 23 Rn. 119 ff; Armborst in LPK-SGB II, 5 Aufl., § 8 Rn. 30; Birk in LPK-SGB XII, 9. Aufl., § 23 Rn. 21; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand VII/12, § 23 Rn. 50; vgl. auch OVG Berlin Beschluss von 22.04.2003 - 6 S 9.03; BVerwG Urteil vom 10.12.1987 - 5 C 32/85 zur Vorgängervorschrift des § 120 BSHG; vgl. auch LSG NRW Beschlüsse vom 18.11.2011 - L 7 AS 614/11 B ER und vom 28.11.2012 - L 7 AS 2109/11 B ER; offengelassen: BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R; a.A. anscheinend LSG NRW, Beschluss vom 20.08.2015 - L 12 AS 1180/15 B ER). Bei Ermessensleistungen sind bei Art und Umfang der Leistungen Einschnitte möglich, die ihre Grenze bei dem zum Lebensunterhalt Unerlässlichen haben dürften (Coseriu, a.a.O., § 23 Rn. 76). Insoweit ist auch der Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG in die Erwägungen einzubeziehen, wonach das Existenzminimum eines Ausländers auch bei kurzer Aufenthaltsdauer oder kurzer Aufenthaltsperspektive in Deutschland in jedem Fall und zu jeder Zeit sichergestellt sein muss (BVerfG Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - BVerfGE 132, 134; siehe auch Kirchhof, a.a.O.).
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO liegen vor. Gemäß § 119 Abs. 1 S. 2 ZPO erfolgt eine Prüfung der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung nicht, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat. Im vorliegenden Falle hat der Antragsgegner Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 19.08.2015 eingelegt. Die Antragstellerinnen sind nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auch außerstande, die Kosten der Prozessführung aufzubringen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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