L 2 AS 1972/15 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 21 AS 4937/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 AS 1972/15 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.09.2015 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) zu Recht abgelehnt.

Beteiligte, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen können, erhalten gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 73 a Rn. 7a mwN). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte, darf der Antrag auf Gewährung von PKH abgelehnt werden (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R, bei juris Rn. 26). Durch diese Einschränkungen soll sichergestellt werden, dass einem Unbemittelten nicht durch PKH eine Rechtsverfolgung ohne finanzielles Risiko ermöglicht wird, die ein bemittelter und verständiger Beteiligter zur Schonung eigener Mittel unterlassen würde (vgl. BSG, Beschluss vom 23.04.2007 - B 10 KG 6/06 B, bei juris Rn. 5); denn durch PKH wird eine Gleichstellung und nicht eine Besserstellung von unbemittelten gegenüber bemittelten Rechtsschutzsuchenden angestrebt.

Der am 29.12.2014 bei dem Sozialgericht erhobenen Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG fehlt es an hinreichenden Erfolgsaussichten im o.g. Sinne. Zur Begründung nimmt der Senat entsprechend § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses des Sozialgerichts vom 28.09.2015 Bezug, denen es sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage vollinhaltlich anschließt. Mit dem Sozialgericht hat der Senat keine Zweifel, dass der Beklagte auf der Grundlage des von der Klägerin vorgelegten Arbeitsvertrages nicht erkennen konnte, dass das zu erzielende Arbeitsentgelt der Höhe nach Schwankungen unterworfen sein werde. Zwar hat das BSG zur Notwendigkeit der Bewilligung lediglich vorläufiger Leistungen bei schwankendem Einkommen entschieden (Urt. vom 29.11.2012 - B 14 AS 6/12 R, bei juris Rn. 17), dass der Erlass eines endgültigen Bescheides kein taugliches Instrumentarium in Fällen sei, in denen objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung insbesondere der Einkommenssituation bestehe. Wenn das zu erwartende Arbeitsentgelt etwa als Leistungsentlohnung beispielswese auf Basis einer Stückzahl oder als Zeitlohn ohne von vornherein fest vereinbarte Stundenzahl vertraglich geregelt sei, sei typischerweise der Anwendungsbereich des § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II iVm § 328 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) eröffnet. Eine solche Fallkonstellation sieht der Senat jedoch vorliegend mit dem Sozialgericht auf der Grundlage der einzig vorhanden gewesenen Erkenntnisquelle (Arbeitsvertrag) nicht. Aber selbst wenn von schwankendem Einkommen prognostisch hätte ausgegangen werden müssen mit der Folge, dass rechtmäßig nur eine lediglich vorläufige Bewilligung hätte erteilt werden können, sind Erfolgsaussichten der Klage nicht ersichtlich. In diesem Fall hätte die Aufhebung des maßgeblichen Bewilligungsbescheides ihre Rechtsgrundlage nicht in § 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), sondern in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nrn 2 und 3 SGB X gefunden. Insoweit wären weder formelle noch materielle Gesichtspunkte klagebegründend: Die angegriffene Verfügung des Beklagten wäre nicht etwa deshalb formell rechtswidrig, weil die Klägerin zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 SGB X nicht gemäß § 24 Abs. 1 SGB X ordnungsgemäß angehört worden ist. Denn bezüglich der Frage, ob ein Anhörungsfehler vorliegt, ist von der materiell-rechtlichen Rechtsansicht der handelnden Verwaltungsbehörde auszugehen, mag sie auch falsch sein (BSG, Urt. vom 29.11.2012, aaO, bei juris Rn. 21 mwN). Der Umstand, dass der Beklagte seine Aufhebungsverfügungen fehlerhaft auf § 48 SGB X gestützt hätte, würde ebenfalls keine Erfolgsaussichten der Klage begründen können. Weil die §§ 48 und 45 SGB X auf dasselbe Ziel, nämlich die Aufhebung eines Verwaltungsakts, gerichtet sind, ist das Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen grundsätzlich zulässig (dazu bereits BSG, Urt. vom 21.06.2011 - B 4 AS 21/10 R, bei juris Rn. 34 mwN). Vertrauensschutzgesichtspunkte auf Seiten der Klägerin, die einer Befugnis zur Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich; denn sie hätte aufgrund der einkommensmindernden Berücksichtigung des Arbeitsentgelts von Beginn an zumindest wissen müssen, dass sie zum einen eine Mitteilungspflicht trifft, wenn abweichend von der Berücksichtigung Einkommen in höherem oder geringerem Umfang erzielt wird bzw. dass die unzureichende Berücksichtigung von Einkommen zu einer Aufhebung der ursprünglichen Leistungsbewilligung führen müsse.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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